Integration im Kindergarten Demographie, Probleme, Überwindung Prof.Dr. Rainer Dollase Universität Bielefeld,Abt.Psychologie und Institut für interdisziplinäre Konflikt und Gewaltforschung Paderborn, den 8.2.2008
Vielfältige Integrationsaufgaben: Integration der Kinder untereinander Integration der Eltern untereinander Integration ErzieherIn - Kinder Integration ErzieherIn - Eltern Integration ErzieherIn - ErzieherIn mit Migrationshintergrund
Gliederung 1. Die demographische Zukunft: mehr Kinder mit Migrationshintergrund 2. Die Problemzukunft: Fremdheit ist nicht das Problem 3. Die Integrationszukunft: Was muss getan werden?
1. Die demographische Zukunft: mehr Kinder mit Migrationshintergrund
Die größten Gruppen Türken Jugoslawen Italiener Griechen Polen Afro-Deutsche 1,9 Mill. 900 Tsd. 500 Tsd. 350 Tsd. 260 Tsd. 200 Tsd.
Menschen mit Migrationshintergrund haben mehr Kinder deren prozentualer Anteil im Kindergarten steigt Zunahme der Zahl von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund (z.b. Köln: 2002 = 42% der 3-6jährigen, nach Staatsangehörigkeit = 10,8%) Ungleichmäßige Verteilung im Land und in jeder Kommune, Ghettobildung
2. Die Problemzukunft: Fremdheit ist nicht das Problem
Was heißt eigentlich fremd?
Die hier lebenden Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund sind den einheimischen hochgradig ähnlich sie sind nicht fremd, weil sie hier sozialisiert wurden - und das hat Effekte Fremdheit ist deshalb nicht das Problem..
Problem: Ausgrenzung von ähnlichen Menschen ist schlimmer als die Ausgrenzung von Fremden...
Diskriminierungs- und Desintegrationsphänomene bei Kindern und Jugendlichen institutionelle Diskriminierung : Institutionen diskriminieren subtil (z.b. Gruppenzusammensetzung, sozialräumliche Polarisierung) Schulleistungs- und Sprachdefizit : Zugewanderte sind (im Durchschnitt) schlechter, stark durch Sprachdefizite bestimmt informelle Sozialintegration: Interpersonelle Akzeptanz und die soziale, religiöse, kulturelle Integration ist verbesserungsbedürftig - z.b. Einstellung von ErzieherInnen mit Migrationshintergrund
Problem: Können Kinder schon fremdenfeindlich sein? Müsste man nicht später im Lebensalter mit der Prävention von Fremdenfeindlichkeit beginnen?
Frühe Empirie und Phasenlehren (Piaget 1951, Allport 1954, Dennis & Blake 1943, Jahoda & Tajfel 1966, Lambert & Klineberg 1967) 1. Phase 1 2. Phase 2 3. Phase 3 0-6./8. Lebensjahr: Linguistische Präzedenz, nachplappern, Werturteilsübernahme, Präferenzen nach einfachen Kriterien 8-12 Lebensjahr: Periode der totalen Ablehnung, ethnozentrischer Höhepunkt, sprachliche Ablehnung im Spielkontakt, Dezentrierung auf verinnerlichte elterliche Werturteile ab 12. Lebensjahr: lernen der Ambivalenz, politisch korrekt reden-nonverbal ablehnen, kritische Auseinandersetzung mit Vorurteilen möglich
Typen des moralischen Urteils bei Orientierung an Bestrafung (über 70%) Unterwerfung unter Macht und Autorität Naiver instrumenteller Hedonismus (etwas über 20%) Belohnung für richtiges Verhalten anstreben, deswegen pragmatische Regelbeachtung, Gleichheit Kindern bis 6 Jahren Orientierung am Ideal des guten Kindes (5%) Konformität mit gebilligtem Mehrheitsverhalten
Entwicklung des Sozialverhaltens in Stufen 1. Bezugspersonenbeziehungen (Kita) 2. Satellitenbeziehungen (Kita) 3. Cliquenbeziehungen (Kita) 4. Großgruppenbeziehungen 5. Kategoriale Beziehungen
Problem: Wie fremdenfeindlich sind ErzieherInnen?
Kontaktbereitschaft und Bewertung
Wohnungsnachbar und Bewertung 40 35 J J J 30 B 25 20 J J B B J 15 10 5 0 B B J B B Teacher Preschool T. Students Police Pupils SI Pupils SII Employees B J % bad evaluations %rejection as residental neighbour
ErzieherInnen gehören zu den Gruppen der Gesellschaft, die relativ fremdenfreundlich sind
3. Die Integrationszukunft: Was muss getan werden?
Was tun? Gesellschaftliche Änderungen? MitarbeiterInnen mit Migrationshintergrund einsetzen! Sprachförderung und Bildungsförderung Programme gegen Fremdenfeindlichkeit?
Gesellschaftliche Änderungen? Vorsicht!
Verbreitete Einstellung: Ich alleine erreiche nichts im Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit Da muss die Gesellschaft, die Politik was tun...
Fremdenfeindlichkeit muß gesellschaftlich gelöst werden - korrepondiert mit größerer Fremdenfeindlichkeit/sozialer Distanz Der Einzelne kann Die Gesellschaft Stud L SI SII Erz Pol Ang BM -15-16 04-08 -06-15 -19 SD -22-29 07-04 -39-17 -19 BM 07 16 19 22 17 24 31 SD 21 20 32 36 17 25 15 muß Korrelationen der Factorenscores zu den Faktoren Der Einzelne... und Die Gesellschaft... mit den Variablen BM (=Bewertung der Muslime in Schulnoten von 1 bis 6) und SD (=soziale Distanz von 0 bis 4). Rote Werte sind signifikant.
Selbstwirksamkeitserwartung korreliert mit positiver Bewertung der Muslime Stud Lehr SI SII Erz Pol Ang KP J Ich persönlich erreiche so gut wie gar nichts -20-19 -07-15 04-16 -24-20 -19 Die Probleme können nur gesellschaftlich gelöst werden -15-15 07 00 06-18 -24-15 -13 Korrelationskoeffizienten zwischen der Geeignetheit von Ich persönlich erreiche so gut wie gar nichts bzw. Die Probleme können nur gesellschaftlich gelöst werden (von 1=richtig bis 6=falsch) und der Beurteilung von Muslimen (1=sehr gut bis 6 =sehr schlecht)
Sprachförderung und Bildungsförderung Sprechen im Handlungsvollzug, Erzieherin muss viel und richtig sprechen Flexible Arbeit um individualisieren zu können
Programme und Projekte?
Teacher proof curricula gibt es nicht: Du musst Dich ändern Programme und Projekte als Alibifunktion Programme und Projekte ändern oft den Alltag nicht Teuer und zeitaufwendig Nicht mit dem pädagogischen Alltag vereinbar
Du bist die Präventionsmethode Fremdenfeindlichkeit verschwindet im Kontakt von Mensch zu Mensch
Die Gesellschaft muß was tun.. - führt zu schlechter Bewertung individuell ansetzender Methoden Stud Lehr SI SII Erz Pol Ang SP KP Jou Mehr wissen übereinander 23 23 30 33 21 38 36 17 18 18 erwerben Zusammen arbeiten 24 29 31 29 25 33 35 21 20 14 Korrelation der beiden Variablen mit Factorenscore Die Gesellschaft muß was tun - alle signifikant. Personen, die die beiden Maßnahmen für ungeeignet halten, neigen zur positiven Bewertung gesellschaftlicher Aktivitäten.
Wissen - Menschen, die über Fremde etwas wissen, sind toleranter Kontakt - Menschen, die kooperativ an gemeinsamen Zielen mit den anderen arbeiten, verlieren Vorurteile und FF Identität - Menschen, die dekategorisieren und rekategorisieren mindern FF Ressourcen - Menschen, die ein positives Klima verbreiten, mindern FF
Wissen: über die anderen Bescheid wissen, subjektiv das Gefühl haben, die anderen zu kennen, hilft bei der Prävention von FF - objektives und umfangreiches Wissen weniger entscheidend
Kontakt: mindert FF unter folgenden Bedingungen - gleicher Status in der Situation - kooperatives Arbeiten für ein gemeinsames Ziel - persönliche Bekanntheit - nicht nur sporadisch - Autoritäten fördern den Kontakt
Identität: 1. Minimiere die Bedeutung sozialer Kategorien (Dekategorisierung und Rekategorisierung) 2. Vermeide die Bedrohung von Identität 3. Personalisation (=positive soziale Interaktion)
Ressourcen: ein positives soziales Klima, guter Unterricht und gute Arbeit vermindert Fremdenfeindlichkeit
Ende