Weißbuch Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern

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Transkript:

Gesundheit Mobilität Bildung Weißbuch Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern Hans-Holger Bleß, IGES Institut Fachtagung Versorgungssituation der Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern Berlin, 11. März 2016 Weißbuch Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern IGES Institut. Ein Unternehmen 11.03.2016 der IGES Gruppe. Seite 1

Was ist ein Weißbuch? Weißbücher ( White Papers ) Systematische Sichtung des vorhandenen Datenmaterials Umfassende Aufarbeitung aller Versorgungsaspekte und -bereiche Neutrale Information und verlässliche Daten zur Versorgungsgestaltung Identifizierung von Stärken und Versorgungsmängeln, Versorgungszielen bzw. Handlungsbedarf Referenzwerk über das Versorgungsgeschehen der Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern Beitrag für die zukünftige Versorgungsgestaltung Weißbuch Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern 11.03.2016 Seite 2

Welche Inhalte werden im Buch dargestellt? 1. Krankheitsbild Schlaganfall bei Vorhofflimmern 2. Epidemiologie 3. Diagnostik des Vorhofflimmerns 4. Versorgungssituation der oralen Antikoagulation für die Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern 5. Public Health-Relevanz des Schlaganfalls und des Vorhofflimmerns 6. Akteure der Versorgung 7. Probleme und Perspektiven der Versorgungssituation aus Sicht von Versorgungsakteuren (Prof. Näbauer) Weißbuch Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern 11.03.2016 Seite 3

Welche Experten wurden einbezogen? Stationäre Versorgung Kostenträger Anonym, Vertreter Gesetzliche Krankenversicherung Prof. Dr. Ulrich Laufs Prof. Dr. Harald Darius Prof. Dr. Matthias Endres Prof. Dr. Michael Näbauer Prof. Dr. Gerhard Steinbeck Versorgungsforschung Prof. Dr. Thomas Lichte Patientenvertreter Dr. Markus Wagner Dr. Barbara Keck Hausärztliche Versorgung Weißbuch Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern 11.03.2016 Seite 4

Gesundheit Mobilität Bildung Epidemiologie, Diagnosestellung und gesundheitsökonomische Relevanz Weißbuch Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern 11.03.2016 Seite 5

Vorhofflimmern ist ein bedeutsamer Risikofaktor für Schlaganfälle Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung des Erwachsenen (1) Das Schlaganfallrisiko bei Patienten mit Vorhofflimmern (VHF) ist ca. 5-fach erhöht (2) VHF-assoziierte ischämische Schlaganfälle haben schwerere Verläufe, eine höhere Mortalität und ein höheres Risiko für Bettlägerigkeit im Vergleich zu ischämischen Schlaganfällen anderer Ursache (3,4,5,6) Schätzungsweise 20% der ischämischen Schlaganfälle sind auf VHF zurückzuführen (5) Wirksame Schlaganfallprävention ist mit oraler Antikoagulation (OAK) möglich (7,8,9) Quellen: (1) Lewalter und Lüderitz 2007; (2) in Camm et al. 2010; (3) Kolominsky-Rabas und Heuschmann 2002; (4) Jorgensen et al. 1996; (5) Dulli et al. 2003; (6) Lin et al. 1996, (7) ESC 2012; (8) DGK 2013; (9) DEGAM 2013 Weißbuch Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern 11.03.2016 Seite 6

Bei ca. 1,8 Millionen Menschen in Deutschland ist die Diagnose eines Vorhofflimmerns dokumentiert Prävalenz VHF (%) 50 45 40 35 30 25 20 15 Prävalenz je nach Studie 2,13%- 2,50% (10,11) Prävalenz nimmt mit höherem Alter zu (10,11) Männer sind häufiger betroffen als Frauen (10,11) Ambulante Versorgung GKV Männer Ambulante Versorgung GKV Frauen Gutenberg-Gesundheitsstudie Männer Gutenberg-Gesundheitsstudie Frauen 10 5 0 35 39 40 44 45 49 50 54 55 59 60 64 65 69 70 74 75 79 80 84 85 89 90 Altersgruppen (Jahre) Quellen: (10) Schnabel et al. 2012; (11) Wilke et al. 2013 Weißbuch Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern 11.03.2016 Seite 7

Die Prävalenz des VHF wird in Zukunft steigen. Es besteht eine hohe Dunkelziffer Prognose: Anstieg der Prävalenz des VHF in Deutschland von ca. 2% (2008) auf rund 2,7% (2020) aufgrund (11) Demografischem Wandel Verbessertem Überleben kardialer Erkrankungen (z.b. Herzinfarkt) Zunahme Prävalenz der Herzinsuffizienz Intensiverer Diagnostik Große Anzahl an Patienten, bei denen das VHF unerkannt bleibt Erschwerte Diagnostik aufgrund (12) Asymptomatischer Verläufe (keine oder unspezifische Beschwerden) Episodenhafter Verläufe des paroxysmalen VHF Quelle: (11) Wilke et al. 2013; (12) ESC 2010, Weißbuch Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern 11.03.2016 Seite 8

Screening bedeutsam für Primärprävention des Schlaganfalls bei unbekanntem VHF Ziel Frühzeitige Entdeckung von Patienten mit asymptomatischen und paroxysmalen VHF, mit ebenfalls deutlich erhöhtem Schlaganfallrisiko Verbesserte Primärprävention des Schlaganfalls durch rechtzeitige Einleitung einer adäquaten oralen Antikoagulation (8) Empfehlung Screening nach VHF bei Patienten ab 65 Jahren durch Tasten des Pulses und anschließendem EKG bei irregulärem Puls Durchführung von Langzeit-EKG (8) Umsetzung Experten gehen von einer ungenügenden Umsetzung empfohlener Screeningmaßnahmen aus, u.a. durch fehlende Strukturen und Anreize in der ambulanten Versorgung (13) Quellen: (8) DGK 2013; (13) Weißbuch SPAF (Expertenkapitel) 2015 Weißbuch Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern 11.03.2016 Seite 9

Optimierte Primärprävention verhindert Schlaganfälle Jährlich könnten durch eine verbesserte Primärprävention gut 9.400 erstmalige Schlaganfälle in Deutschland verhindert werden (14) Bezogen auf die Lebenszeit der Patienten entspräche dies einem Einsparpotenzial von 400 Millionen Euro (14) Eine verbesserte Sekundärprävention könnte jährlich weitere 500 Schlaganfälle (Rezidive) in Deutschland verhindern (14) Quelle: (14) DAK 2014 Weißbuch Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern 11.03.2016 Seite 10

Gesundheit Mobilität Bildung Versorgungssituation von Patienten mit oraler Antikoagulation für die Schlaganfallprävention Weißbuch Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern 11.03.2016 Seite 11

Einsatz oraler Antikoagulation ist abhängig von Schlaganfall- und Blutungsrisiko Schlaganfallrisiko mit CHA 2 DS 2 VASc CHA 2 DS 2 VASc-Score (8) 0 Es wird keine antithrombotische Therapie empfohlen. 1 Orale Antikoagulation unter Berücksichtigung des Blutungsrisikos und des Patientenwillen soll in Erwägung gezogen werden. 2 Orale Antikoagulation adjustiertes Schlaganfallrisiko (%/Jahr) 20,0 15,0 10,0 5,0 0,0 15,2 9,8 9,6 6,7 6,7 4,0 3,2 2,2 1,3 0,0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 CHA 2 DS 2 -VASc-Score Risikofaktor P Herzinsuffizienz 1 Hypertonie 1 Alter 75 2 Diabetes mellitus 1 Schlaganfall, TIA, Thrombo-Embolie 2 Vaskuläre Vorerkrankungen 1 Alter 65-74 Jahre 1 Weibliches Geschlecht 1 Maximal-Score 9 Quelle: (8) DGK 2013 Weißbuch Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern 11.03.2016 Seite 12

Vor und während der OAK soll das Blutungsrisiko bestimmt werden Scorewerte von 3 implizieren ein hohes Blutungsrisiko (8) Ein hoher HAS-BLED-Score allein ist jedoch nicht ausreichend, Patienten eine eigentlich indizierte orale Antikoagulation vorzuenthalten Modifizierbare Risikofaktoren für Blutungen sind zu behandeln Buchstabe Klinische Variable Punkte H Hypertonie 1 A Abnormale Leber und/oder Nierenfunktion 1 oder 2 (je 1 Punkt) S Schlaganfall 1 B Blutungsneigung oder Prädisposition 1 L Labile INR (falls VKA-Therapie) 1 E Ältere Patienten (z.b. >65 Jahre) 1 D Medikamente (ASS/NSAID Komedikation) oder 1 oder 2 Alkoholabusus (je 1 Punkt) Maximal 9 Quelle: (8) DGK 2013 Weißbuch Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern 11.03.2016 Seite 13

Viele Patienten mit erhöhtem Schlaganfallrisiko erhalten keine OAK Unterversorgung 13% bis 43% der Patienten mit VHF erhalten in der spezialisierten Versorgung keine OAK (15,16,17) Spezialisierte stationäre und ambulante Versorgung Deutschland (AFNET, n=7.904 in 2004-2006) Kardiologische ambulante Versorgung Deutschland (MOVE-Studie, n=3.354 in 2009) Kardiologische stationäre und ambulante Versorgung Deutschland (PREFER in AF, n=1.771 in 2012) OAK gesamt TAH Sonstiges keine antithrombotische Therapie 0,0 20,0 40,0 60,0 80,0 100,0 Fehlversorgung VHF-Patienten (%) 8% bis 20% der Patienten mit VHF erhalten anstatt einer OAK Thrombozytenaggregationshemmer (TAH) (15,16,17) Quellen: (15) Näbauer et al. 2009; (16) Bonnemeier et al. 2011; (17) Kirchhof et al. 2014 Weißbuch Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern 11.03.2016 Seite 14

Ein signifikanter Anteil von Risikopatienten ist unterversorgt Unterversorgung in der hausärztlichen Versorgung 14% der Patienten mit hohem Schlaganfallrisiko (CHA 2 DS 2 VASc- Score 2) erhalten keine OAK (18) 27% der Patienten, die von einer OAK profitieren könnten CHA 2 DS 2 VASc-Score = 1), erhalten keine OAK (18) VKA VKA und TAH TAH keine antithrombotische Therapie CHA2DS2VASc 2 (n = 3.329) CHA2DS2VASc = 1 (n = 240) CHA2DS2VASc = 0 (n = 79) 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 100 VHF-Patienten (%) Trotz steigenden Schlaganfallrisikos mit zunehmendem Alter erhalten ältere Patienten seltener eine OAK (19) Quellen: (18) Meinertz et al. 2011, (19) Ohlmeier et al. 2013 Weißbuch Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern 11.03.2016 Seite 15

Kontinuierliche OAK bei VHF entscheidend für wirksame Schlaganfallprävention Analyse von Abrechnungsdaten der GKV (183.000 Versicherte) aus dem Jahr 2008 bezüglich einer OAK mit VKA (20) dauerhafte OAK sehr wahrscheinlich mögliche Unterversorgung dauerhafte OAK dauerhafte OAK wahrscheinlich definitive Unterversorgung OAK CHA2DS2-VASc > 1 (n=106.859, kein klinisches Risiko assoziiert mit OAK) CHA2DS2-VASc > 1 (n=69.959, keine KI gegen die OAK) 0,0 10,0 20,0 30,0 40,0 50,0 60,0 70,0 80,0 90,0 100,0 Patiententage (%) in 2008 Durchgehende OAK (mit VKA) lag bei nur ca. 30%-40% der Patiententage eines Jahres vor (20) An 40%-50% der Patiententage war gar keine Verordnung für einen VKA dokumentiert (20) Quelle: (20) Wilke et al. 2012 Weißbuch Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern 11.03.2016 Seite 16

OAK bei CHA 2 DS 2 VASc-Score = 0 erhöht das Blutungsrisiko unnötig Hausärztlich ambulante Versorgung (ATRIUM-Studie, n=3.667, 2009) (18) VKA VKA und TAH TAH keine antithrombotische Therapie CHA2DS2VASc 2 (n = 3.329) CHA2DS2VASc = 1 (n = 240) CHA2DS2VASc = 0 (n = 79) 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 100 VHF-Patienten (%) Patienten mit OAK ohne erhöhtes Schlaganfallrisiko sind überversorgt und haben dadurch ein unnötig erhöhtes Blutungsrisiko Quellen: (18) Meinertz et al. 2011 Weißbuch Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern 11.03.2016 Seite 17

Experten-Aktionsplan I: Diagnostik und Früherkennung des VHF verbessern Früherkennung/Diagnostik des Vorhofflimmerns (VHF) Früherkennung in der Hausarztpraxis unterstützen Stärkerer Einbezug von Assistenzpersonal: Pulsmessung ins Pflichtenheft VERAH Einbindung von Betriebsärzten Hinweise aus Blutdruck-/Pulsmessung von Patienten zu Hause/aus Apotheken nutzen Betroffene und Öffentlichkeit über VHF aufklären Kontinuierliche sachliche Aufklärung durch div. Player im Gesundheitswesen (Stiftungen, Verbände, Krankenkassen u.a.) Apotheken-Aktionswoche Vorhofflimmern Weißbuch Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern 11.03.2016 Seite 18

Experten-Aktionsplan II: Therapieauswahl versachlichen und Einnahmetreue stärken Therapieauswahl in der Antikoagulations-Behandlung Diskrepanzen bei Arzneistoffempfehlungen und Kostendebatte erschweren Therapiewahl Konsensus-Konferenz mit Beteiligten der Versorgung, Kostenträger, Experten (Therapie, Gesundheitsökonomie) Ziel: Handlungssicherheit der (Haus-)Ärzte fördern Akzeptanz und Sicherheit der oralen Antikoagulationstherapie (OAK) Patientenaufklärung in der Arztpraxis zur Erhöhung der Einnahmetreue Praxis- und Assistenzpersonal schulen und einbeziehen Sachliche und kontinuierliche Informationsvermittlung durch verschiedene Absender und Kanäle Weißbuch Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern 11.03.2016 Seite 19

Fazit Prävalenz des VHF steigt an bei gleichzeitig hoher Dunkelziffer Mit der OAK ist eine wirksame Therapie vorhanden, um Schlaganfälle bei Patienten mit VHF zu verhindern Zu viele Patienten mit VHF und mit Indikation für eine OAK erhalten diese nicht Zu viele Patienten mit VHF und mit Indikation für eine OAK erhalten eine andere Therapie Zu viele Patienten mit VHF, aber ohne Indikation für eine OAK, erhalten diese trotzdem Durch eine optimierte Primär- und Sekundärprävention ließe sich eine große Anzahl an VHF-assoziierten Schlaganfällen verhindern Erfolgreiche Schlaganfallprävention ist zugleich mit einem hohen Einsparpotenzial verbunden Weißbuch Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern 11.03.2016 Seite 20

Gesundheit Mobilität Bildung IGES Institut Hans-Holger Bleß www.iges.com Weißbuch Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern IGES Institut. Ein Unternehmen 11.03.2016 der IGES Seite Gruppe. 21