Vaterschaft Karrieresprung für Männer? WSI-Gleichstellungstagung Genderungleichheiten in der Arbeit September 2015

Ähnliche Dokumente
Der Beitrag der Väter zum beruflichen Wiedereinstieg ihrer Partnerinnen

Aufteilung der Erwerbsarbeit bei Paaren mit Kindern in Ost- und Westdeutschland

Workshop: Haus- und Elternarbeit in Paarbeziehungen

Zeitverwendung von Eltern Spagat zwischen Familie und Beruf

WENN PAARE ELTERN WERDEN

Auswirkungen von Vaterschaft auf Erwerbstätigkeit Veränderte Erwerbsbeteiligung von Vätern im Vergleich zu Müttern

KIND, PARTNER, CHEF*IN, VEREIN:

Geschlechtergerechte Arbeit

Veränderungen in der familialen Arbeitsteilung? Forschungsergebnisse zu geteilter Elternschaft

Aktive Väter in Deutschland

Partnerschaftliche Arbeitsteilung. Dr. Frank Meissner, DGB-Bundesvorstand EVG-Fachkonferenz Privatleben und Beruf, Fulda, 5.

Väter in Elternzeit Eine Analyse der Mikrozensen

Geschlechtergerechte Arbeitszeiten: Teilzeit für Frauen Vollzeit für Männer?

Aktive Vaterschaft in unterschiedlichen Familienformen und -phasen. Sabine Walper & Shih-cheng Lien Deutsches Jugendinstitut, München

Arbeitszeitwünsche von Frauen und Männern wovon hängen sie ab?

Auftaktveranstaltung zur Väterkampagne Vater ist, was Du draus machst Aktiven Vätern auf der Spur

Doppelbelastung Familie und Beruf

Gesellschaftliche und kulturelle Spannungen um Männlichkeiten

Das gehetzte Geschlecht

Lebenslage Alleinerziehender Zahlen und Fakten

Hintergrund. Eigenständige Existenzsicherung durch Erwerbsarbeit für Frauen und Männer?

Ressourcen oder Geschlechterrolle? Wie teilen Familienernährerinnen und ihre Partner die Hausarbeit?

VON NEUEN VÄTERN UND SUPERMÜTTERN

WER MACHT WAS? AUFTEILUNG VON BEZAHLTER UND UNBEZAHLTER ARBEIT IN HETEROSEXUELLEN PAAREN VOR UND NACH DER GEBURT DES ERSTEN KINDES

Väter Aktuelle Befunde aus dem DJI- Survey AID:A II

Gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften mit und ohne Kinder

Ergebnisse des 2. Väter-Barometer

Mütterliche Erwerbstätigkeit. Egalitäre Partnerschaften?

Wie sich Frauen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie vorstellen

Vereinbarkeit von Beruf und Kinderbetreuung Betriebliche Rahmenbedingungen aus Sicht berufstätiger Eltern

Alleinerziehende in der Grundsicherung für Arbeitsuchende

Wie sich Frauen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie vorstellen

Gendergerechte Arbeitszeiten im digitalen Zeitalter. Katharina Wrohlich, DIW Berlin

Gegeneinander, nebeneinander, miteinander - Rollenverständnis und Verteilung der Familienarbeit

Fragebogen zur Bedarfs- und Befindlichkeitsanalyse zur männlichen Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Arbeiten 4.0 und Ar bei tszei tp o li tik

Elterngeld Plus und Elternzeit Flex. Neuregelungen für Geburten ab dem

Die innerfamiliäre Arbeitsteilung und deren Konsequenzen für Normalarbeitsverhältnisse von Frauen

Familienarbeitszeit mit 32 Wochenstunden: Mütter und Väter in Deutschland auf dem Weg zu partnerschaftlichen Arbeitszeiten?

Arbeitsteilung im Haushalt nach der Elternzeit: Eine Betrachtung alternativer Erklärungen

ARBEITSTEILUNG UND ARBEITSZEITEN DER ZUKUNFT

Teilzeitbeschäftigung

Die Vereinbarkeit von Pflege/Betreuung und Erwerbsarbeit in Österreich eine personalpolitische Perspektive

Integration von Frauen in die Logistik

Perspektiven einer väterbewussten Politik. für Unternehmen

Väter im Spannungsfeld von Familie und Beruf

Wunsch und Wirklichkeit: Lebensentwürfe und ihre Umsetzung

(Alles) Anders als gedacht. Warum und unter welchen Bedingungen Frauen die Familie ernähren

Familienpolitik und Geburtenentwicklung Michaela Kreyenfeld

Wandel der Familie. Prof. Dr. Andrea Maihofer Zentrum Gender Studies Basel. Gliederung

Frauendomäne Teilzeitarbeit Wunsch oder Notlösung?

Warum üben Frauen und Männer einen Minijob als Nebentätigkeit aus?

Fachtagung 2013 Chancen und Risiken

Die gelebte Vereinbarkeit von Familie und Beruf im europäischen Vergleich

Arbeit und Geschlecht

Arbeit ohne Ende? Dr. Barbara Keddi Deutsches Jugendinstitut. Familienalltag und Erwerbstätigkeit aus der Sicht von Eltern und Kindern

Fragebogen zur Studie Häusliche Arbeitsteilung von homo- und heterosexuellen Paaren

Familienformen im sozialen Wandel

Wachsender Pflegebedarf in Hamburg Situation erwerbstätiger Pflegender und Herausforderungen für Hamburger Unternehmen

Zeit und Arbeitszeit neue Arbeitsmodelle

Der Alltag von Mehrkindfamilien

Vaterschaft in verschiedenen kulturellen Kontexten: zwischen Wochenendpapis und neuem Vater

Vereinbarkeit von Familie und Beruf Männer im Fokus

Freiwilliges Engagement von Frauen

Erwerbsverläufe aus der Perspektive von Alleinerziehenden

Statistisches Bundesamt

Familienarbeitszeit: Finanzielle Anreize für das dual earner/dual carer Modell

13 Gegenwärtige Familien- und Lebensformen

Wie leben und arbeiten Hamburgs Eltern?

Terminanfrage für eine Bildungsscheck-/Bildungsprämienberatung

Elterngeld Plus und Elternzeit Flex. Neuregelungen für Geburten ab dem

Frauen in Arbeit!? Viel erreicht, vieles offen

Erwerbsverläufe im Wandel oder: Warum die Gestaltung der eigenen Karriere notwendig geworden ist

VORTEILE MIT SELBSTORGANISIERTER ARBEIT?

Reduzierte Vollzeitarbeit Familienarbeitszeit Sinnvolle Erwerbsgestaltung für Frauen und Männer? Katharina Wrohlich DIW Berlin

Das neue Elterngeld und seine Konsequenzen für die Familiengestaltung

Ältere versus jüngere Väter. Unterschiede in der Ausübung der Vaterrolle und die Sicht von Müttern. Angelika Tölke München

Work-Life Balance: Ein zukunftsweisendes Konzept für die Nachhaltigkeitspolitik?

Karriere im Doppelpack. Chancen und Risiken von dual career Paaren.

Stand und Aussichten einer modernen Männer-und Väterpolitik

Familiengründung, eheliche Arbeitsteilung und eheliche Instabilität. (Aus den Unterlagen eines Dissertationsprojektes von Johannes Stauder)

Ergebnisse zur Work-Life. Life-Balance Forschung. Referentin: Simone Ränker

Ressort Frauen- und Gleichstellungspolitik. Vereinbarkeit von Arbeit und Leben gestalten!

Können Väter alles unter einen Hut bringen?

Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Delegiertenversammlung der IG Metall Verwaltungsstelle Saarbrücken

Höchster Anspruch. Ladies` Night Finanziell gut aussehen.

Arbeitslosigkeit, berufliche Qualifikation und Gesundheit

(Auswirkungen der 15 und 16 Bundeserziehungsgeldgesetz)

Mobil, flexibel, gebunden Familie und Beruf in der mobilen Gesellschaft

Pflegende Angehörige und Vereinbarkeit von Pflege und Beruf: Befunde aus dem Deutschen Alterssurvey 2008

Meinungen und Einstellungen zur Benachteiligung von Frauen

Hinweise zur Korrektur unvollständiger und fachlich invalider Teilnehmerdaten

Väter als neue Zielgruppe einer familienbewussten Personalpolitik

Familien mit Migrationshintergrund: Erwerbsintegration und Vereinbarkeitswünsche von Müttern mit Migrationshintergrund

Familienbericht NRW. Ergebnisse und künftige Themenfelder der Landespolitik

Familienformen im sozialen Wandel

Human Capital Investments or Norms of Role Transition? How Women s Schooling and Career Affect the Process of Family Formation

Väter und neues Elterngeld

Vom Paar zur Familie: Herausforderung in der Paarbeziehung

Erwerbsarbeit und Chancengleichheit im Lebensverlauf

Transkript:

Vaterschaft Karrieresprung für Männer? WSI-Gleichstellungstagung Genderungleichheiten in der Arbeit 17. - 18. September 2015 PD Dr. Matthias Pollmann-Schult

Einleitung Empirische Studien zum Einfluss der Elternschaft auf das Erwerbsverhalten fokussieren zumeist auf Frauen Familiengründung kann ebenfalls das Erwerbsverhalten von Männern beeinflussen. Unklarheit über die Richtung der beruflichen Reaktion von Vätern Zwei Modelle der Vaterschaft: - Ernährermodell => Intensivierung der beruflichen Anstrengungen - Engagierte Vaterschaft => Reduktion der beruflichen Bemühungen

Theoretische Grundlagen Ernährermodell Familienökonomie: Häusliche Arbeitsteilung (Becker 1991) Der Partner mit den höheren Einkommenschancen konzentriert sich auf die Erwerbsarbeit; der andere Partner übernimmt die Hausarbeit Doing-Gender: Reproduktion vorherrschender Geschlechterrollenvorstellungen durch das Alltagshandeln Positive Diskriminierung: Väter werden durch die Arbeitgeber bevorzugt Paternalistische Einstellung der Arbeitgeber Arbeitgeber unterstellen Vätern eine höhere Arbeitsproduktivität

Theoretische Grundlagen Modell der engagierten Vaterschaft Väter möchten sich zusehends stärker an der Erziehung und Kinderbetreuung beteiligen, auch auf Kosten der Erwerbstätigkeit Wandel der Vaterschaft weg vom Familienernährer und hin zum egalitär eingestellten Vater - 60% aller Väter wollen alle Aufgaben egalitär teilen - 70 % aller Vätern finden, Väter sollten sich stärker an der Kinderbetreuung beteiligen - 70% aller Väter finden Zeit für ihre Kinder wichtiger als die Karriere - 60% aller Väter denken, dass Väter weniger arbeiten sollten

Aspekte des väterlichen Erwerbsverhaltens - Einkommen: Überwiegend positive Effekte der Vaterschaft auf den Einkommenshöhe (bis 5%) - Arbeitszeit (Wochenstunden): Nur geringe Effekte der Vaterschaft auf die Arbeitszeit - Inanspruchnahmen von Elternzeit: ca. 30% aller Väter nehmen Elternzeit in Anspruch.

Welche Faktoren beeinflussen das Erwerbsverhalten von Vätern Individuelle Kontextfaktoren Geschlechterrollenvorstellungen Karrierechancen Familiale Kontextfaktoren Erwerbssituation der Partnerin Familienstand Gesellschaftliche Kontextfaktoren Familien- und sozialpolitische Rahmenbedingungen Arbeitsmarktstrukturen

Effekt der Vaterschaft auf Erwerbseinkommen und Arbeitszeit Einkommensveränderung in % Veränderung der Wochenarbeitszeit in Stunden +1,3 1 Kind -0,1 +2,1 2 Kinder +0,2 +2,6 3+ Kinder -0,1

Einkommensentwicklung differenziert nach Geschlechterrollenvorstellungen Traditionale Einstellung Nicht-traditionale Einstellung Kinderlos mit Partnerin (Referenz) +12,6 1 Kind +0,1 +16,0 2 Kinder +0,1 +12,1 3+ Kinder + 3,5 Einkommensabstand in % Einkommensabstand in %

1 2 3 Effekt von Kindern auf das Einkommen differenziert nach Qualifikationsniveau Prozentualer Einkommensabstand zu kinderlosen Männern mit Partnerin 15 Einkommensabstand (in %) 10 5 0-5 -10-1,9-1,9-4,4* 1 2 3+ Kinder keine Berufsausbildung 1,1 2,0* 2,4* 1 2 3+ Kinder Berufsausbildung 3,6* 6,3* 10,2* 1 2 3+ Kinder Hochschulabschluss Signifikanz: **=p<0,01; *=p<0,05

1 2 3 Effekt von Kindern auf das Einkommen nach Erwerbssituation der Patnerin Einkommensabstand (in %) 5 4 3 2 1 0-1 -2 Prozentualer Einkommensabstand zu kinderlosen Männer 2,8** 3,6** 4,0** 1 2 3+ Kinder Partnerin nichterwerbstätig 3,3** 1,7 3,5* 1 2 3+ Kinder Partnerin Teilzeit erwerbstätig 1 2 3+ Kinder -1,4-1,4-1,5 Partnerin Vollzeit erwerbstätig Signifikanz: **=p<0,01; *=p<0,05

Effekt von Kindern auf das Einkommen differenziert nach Familienstand 4 Prozentualer Einkommensabstand zu kinderlosen Männer Einkommensabstand (in %) 3 2 1 0-1 0,7* 1,4* 2,2* 1 2 3+ Kinder Verheiratet - 0,1-0,2-0,3 1 2 3+ Kinder Nicht-eheliche Lebensgemeinschaft 0,8* 1,7* 3,3* 1 2 3+ Kinder Getrennt lebend Signifikanz: **=p<0,01; *=p<0,05

Gewünschte Arbeitszeit von Vätern Möchten Väter möglicherweise ihre Arbeitszeit reduzieren, aber können diesen Wunsch aufgrund betrieblicher Widerstände nicht umsetzen?

Durchschnittliche gewünschte Arbeitszeit vor und nach der Familiengründung 40 Wochenstunden 39 38 37 39,2 38,8 36 2 Jahre vor der Familiengründung 1 Jahr nach der Familiengründung

1 2 3 Gewünschte Arbeitszeit differenziert nach dem Erwerbsstatus der Partnerin 0,9 Veränderung gewünschte AZ gegenüber kinderlosen Männern Wochenstunden 0,6 0,3 0-0,3 0,5* 0,7* 0,3 0-6 7-13 14-17 Alter jüngstes Kind 0,4 0,3 0,2 0-6 7-13 14-17 Alter jüngstes Kind Alter jüngstes Kind 0-6 7-13 14-17 -0,2-0,4* -0,5* -0,6 Partnerin nichterwerbstätig Partnerin Teilzeit erwerbstätig Partnerin Vollzeit erwerbstätig

Vor der Reform: 3% der Väter nehmen Elternzeit Quelle: Mareike Bünning

Heute: 30% der Väter nehmen Elternzeit Quelle: Mareike Bünning

Heute: 30% der Väter nehmen Elternzeit Davon ¾ für 2 Monate, ¼ länger

Heute: 30% der Väter nehmen Elternzeit Davon 2/3 gemeinsam mit der Partnerin, 1/3 alleine

Welche Väter nehmen Elternzeit in Anspruch? Ostdeutsche Männer Erstväter Männer mit höheren Bildungsabschlüssen Männer mit vergleichsweise hoher Bildung (in Relation zur Partnerin) Männer mit einer erwerbstätigen Partnerin beantragen überproportional häufig Elternzeit

Auswirkung der Elternzeit auf die Zeitverwendung von Vätern Elternzeit Befragung: vorher nachher Zeitverwendung Wöch. Arbeitszeit 46,79 43,39 Tägl. Kinderbetreuung 0,95 2,66 Tägl. Hausarbeit 0,74 0,90 Quelle: Mareike Bünning

Fazit Vaterschaft hat einen eher positiven Effekt auf das Erwerbsverhalten von Männern Auswirkungen der Vaterschaft sind stark von individuellen Eigenschaften abhängig. Positive Einkommenseffekte erzielen primär klassische Familienväter, also verheiratete Väter mit einer nichterwerbstätigen Partnerin. Abweichung von der gesellschaftlichen Norm des Haupternährers sind mit Einkommensabschlägen verbunden

Fazit Kaum empirische Unterstützung für Engagierte Vaterschaft : Verringerung der beruflichen Anstrengungen nur bei einer kleinen Gruppe von Vätern Arbeitszeitwünsche haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten nur geringfügig verändert. Konstante Arbeitszeiten der Väter sind nicht auf betriebliche Widerstände zurückführbar. Überwiegende Mehrheit der Männer möchte nach wie vor die traditionelle Rolle des Familienernährers ausfüllen, trotz Bekenntnis zur modernen Vaterschaft. Ulrich Beck: Verbale Aufgeschlossenheit bei weitgehender Verhaltensstarre

Vaterschaft Karrieresprung für Männer? Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit