Exekutive Funktionen. Lerninhalte

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Exekutive Funktionen Dr. phil. Esther Studer-Eichenberger Lerninhalte Kenntnisse der exekutiven Funktionen und ihre entsprechenden neuroanatomischen Strukturen Kenntnisse der verschiedenen Krankheitsbilder bei exekutiven Funktionsstörungen Kenntnisse der grundsätzlichen Förderüberlegungen 1

Exekutive Funktionen Es handelt sich dabei um motivationale und emotionale Funktionen sowie höhere kognitive Prozesse, die der sozial angepassten Verhaltenssteuerung und der zielgerichteten Handlungssteuerung des Individuums in seiner Umwelt dienen. Exekutive Funktionen Emotional/Motivationale Funktionen - Impulskontrolle / Angepasstes Sozialverhalten - Monitoring - -> hot" Metakognitive Funktionen - Arbeitsgedächtnis - Planung / Organisation - Kognitive Flexibilität/ Entscheidungsprozesse / Inhibitionskontrolle - -> cool 2

Impulskontrolle / Angepasstes Sozialverhalten Funktionen, welche die -Prosozialität (solidarisches, faires Verhalten), -Perspektivenübernahme, -Kompromiss- und Konfliktbereitschaft, -Fähigkeit zum Zuhören, -emotionale Stabilität, -Selbstwahrnehmung umfassen. Perspektivenübernahme (ToM) 3

IOWA Gambling Test Monitoring Funktionen, welche die - Fehler- und Konflikterkennung / Korrektur - Registrierung von Schmerzen - Erwartungshaltung auf bestimmte Informationen - Antizipation auf Belohnung beinhalten. 4

Arbeitsgedächtnis Visuelle Semantik Episodisches LZG Sprache / Sprechen / Klänge Planung / Organisation Funktionen, welche mit der zeitlichen Sequenzierung von - (sprech-)motorischen Programmen, - Kontexten - Laufenden Episoden - Bevorstehenden Ereignissen in Zusammenhang stehen. 5

Kognitive Flexibilität / Entscheidungsprozesse / Inhibition Funktionen, welche ein anderes (automatisiertes) (Sprech-)Verhalten zu Gunsten eines höher gestellten Zieles zur Lösung eines Problems unterdrückt. Kognitive Flexibilität / Entscheidungsprozesse / Inhibition 6

Kognitive Flexibilität / Entscheidungsprozesse / Inhibition Strukturen des Frontallappens 7

Orbitofrontaler Kortex -> Affekt - Motivation Erkundungs- vs. Vermeidungsverhalten (Annäherungs-Vermeidens-Konflikt) Risikobereitschaft Belohnungssystem Anteriores Cingulum -> Monitoring Fehlererkennung und korrektur Konflikterkennung und management Erwartungshaltung / Antizipation 8

Ventraler und dorsolateraler Präfrontalkortex -> Kognitive Kontrollmechanismen Aktualisierung und Aufrechterhaltung von Informationen Manipulation, Anpassung und Auswahl von Informationen Inhibitionskontrolle Reflexion bezüglich der Regelkomplexität Impulskontrolle / Angepasstes Sozialverhalten Emotionale und motivationale Beurteilung von Umweltinformationen unter Einbeziehung von Vorwissen (gelernt aus Konsequenzen). 9

Monitoring Kontrollfunktion, welche eingehende Informationen auf Fehler und Konflikte im Hinblick auf die aufgebaute Erwartung hin überprüft. Arbeitsgedächtnis Informationen werden aufrechterhalten, miteinander verknüpft (als Episode) und manipuliert. Relevante Informationen werden ausgewählt. 10

Auswahl relevanter Informationen Planung / Organisation 11

Regelkomplexität Univalent: gleichbleibende Regel Bivalent: bei bestimmten Bedingungen setzt Regelwechsel ein Höher geordnete Regeln: adaptiertes Einsetzen von Regeln zur Ereichung eines Zieles 12

Hierarchie des Broca-Areals links Broca-Areale (BA 44) Links Routinierte Repräsentation von motorischen Programmen und (Sprech-)Handlungen Rechts Umgang mit neuen Situationen und Reaktionsanpassung an wechselnde Umweltreize 13

Störungsbilder der exekutiven Funktionen (orbitofrontal) Autismus-Spektrum-Störungen (Asperger) Störungen des Sozialverhaltens Störungsbilder der exekutiven Funktionen (anteriores Cingulum) Apathie, Hypokinesie, emotionale Verflachung Akinetischer Mutismus Obsessive-Kompulsive-Störungen 14

Störungsbilder der exekutiven Funktionen (ventral und dorsolateral) ADHS / ADS Lernbeeinträchtigungen (AG), NLD Dysphasien Dysgrammatismus, Paragrammatismus Pragmatische Störungen Förderüberlegungen Kompensation: Bewusste Beeinflussung der neuronalen Netzwerke des Arbeitsgedächtnisses und der Selbstkontrolle / Selbstregulation Substitution: wenig sinnvoll Adaptation: vgl. Förderüberlegungen ADHS / ADS 15

Kompensation / Arbeitsgedächtnis Sofortige Imitation Verzögerte Imitation Item-Position- Zuordnung Kompensation / Arbeitsgedächtnis 16

Kompensation / Selbstkontrolle (PATHS, PFADE) Gefühle wahrnehmen, erkennen, benennen Gesundes Selbstwertgefühl ( Kind der Woche, Privileg, Kompliment) Selbstkontrolle (Gefühle vs. Verhalten, sich selber beruhigen) Soziale Problemlösefertigkeiten (Ablauf, wie bei Konflikt vorgegangen wird) Regeln und Manieren (gemeinsam aufstellen, thematisieren und reflektieren) Umgang mit Freundschaften, Beziehungen, Konflikten (Gruppenkultur) Lern- und Organisationsstrategien (Effizienz bei Gruppenarbeiten, Selbstorganisation) Einflussnehmende Faktoren Fähigkeit zur Symbolisierung / Fantasie -> Impulskontrolle, Aufschub der Bedürfnisbefriedigung Mehrsprachigkeit -> Inhibitionskontrolle, flexibles Wechseln zwischen den Sprachsystemen und das Unterdrücken eines Sprachsystems, während das andere aktiviert wird 17

Baddley, A. (2012). Working Memory: Theories, Models and Controversies. Annu. Rev. Psychol. 63,1-29. Berkman, E. T.; Graham, A. M. & Fisher, P. A. (2012). Training Self- Control: A Domain-General Translational Neuroscience Approach. Child Dev Perspect. 6(4), 374-384. Holmes, J., Gathercole, S. E. & Dunnin, D. L. (2009). Adaptive training leads to sustained enhancement of poor workig memory in children. Dev. Sci 12(4), pp F9-F15. Kam, C.-M., Greenberg, M. T. & Kusché, C. A. (2004). Sustained Effects of the PATHS Curriculum on the Social and Psychological Adjustment of Children in Special Education. Journal of Emotional and Behavioral Disorders, 12(2), 66-78. Powell, K. B. & Voeller, K. S. (2004). Prefrontal Executive Function Syndromes in Children. Journal of Child Neurology 19, 785-798. Zelazo, P. D., Carlson, S. M. & Kesek, A. (2008 2 ). The Development of Exekutive Function in Childhood. Nelson, C. A. & Luciana, M.. Handbook of Developmental Cognitive Neuroscience. A Bradford Book The MIT Press, Cambridge et al., 553-574. PFADE www.gewaltprävention-an-schulen.ch 18