Portfolioarbeit im Kindergarten - ein Einstieg

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Transkript:

http://www.bibernetz.de/portfolio-einstieg.php Elisabeth Schallhart, Diana Wieden-Bischof 02.04.2008 Portfolioarbeit im Kindergarten - ein Einstieg Portfolios helfen dabei, den Lernprozessen jedes einzelnen Kindes mehr Beachtung zu schenken. Sie dokumentieren den unverwechselbaren Weg der Entwicklung sowie des individuellen Lernens und stellen die Kompetenzen des Kindes dar. Das Portfolio im Bildungskontext Was ist ein Portfolio? "Portfolio" setzt sich aus den beiden lateinischen Wörtern "portare" (gleich "tragen") und "folium" (gleich "Blatt") zusammen. Angewandt wird der Begriff in sehr unterschiedlichen Zusammenhängen. In der Finanzwelt werden beispielsweise Aktien in Portfolios gesammelt und aufbewahrt. Auch eine Sammelmappe mit künstlerischen Arbeiten wird als Portfolio bezeichnet. Im Kontext dieses Artikels ist ein Portfolio eine Mappe, in der die Werke der Kinder gesammelt werden und die leicht zu transportieren ist. Portfolios können entweder in Form einer "realen" Sammelmappe oder mittels Computer als digitaler Ordner angelegt werden. In letzterem Fall kann der Inhalt der Mappe einfach auf CD gebrannt werden, um ihn bespielsweise den Eltern zu präsentieren. Unterschiedliche Definitionen In der Erziehungs- und Bildungswissenschaft wird der Begriff unterschiedlich definiert, je nachdem, zu welchem Zweck diese Methode eingesetzt werden soll. Dies wird deutlich anhand der Metaphern, welche sich in unterschiedlichen Bildungskontexten zur Konturierung des Begriffs herausgebildet haben: So werden Portfolios auch als "Spiegel des Lernens" (Keefe 1995), "Container" (zur zweckorientierten Aufbewahrung von Leistungsnachweisen, Collins 1992), "Portraits von Schüler- und Lehrerleistungen" (Wolf 1991) oder auch "Baustellen eines Entstehungsprozesses" (Bräuer 1998) bezeichnet. Kurz gesagt... Portfolios sind somit " eine (digitale) Sammlung von "mit Geschick gemachten Arbeiten", zum Beispiel Malarbeiten oder Werkarbeiten (lateinisch = Artefakte) einer Person, die das Produkt (Lernergebnis) und den Prozess (Lernpfad / Wachstum) der Kompetenzentwicklung in einer bestimmten Zeitspanne und für bestimmte Zwecke dokumentiert und veranschaulicht " (Salzburg Research 2006). Vorteile für die Arbeit im Kindergarten Durch die Portfolioarbeit können Pädagoginnen und Pädagogen die Fähigkeiten der einzelnen Kinder bewusster wahrnehmen und verfolgen. Die Portfolios dokumentieren das individuelle Lernen sowie die Lernfortschritte eines jeden Kindes. Sie begleiten die Lernenden kontinuierlich während ihrer Kindergartenzeit und 2009, Schulen ans Netz e.v. 1

helfen dabei, die Lernprozesse zu steuern und die persönlichen Interessen und Fähigkeiten der Kinder aufzuzeigen. Durch die anschauliche Darstellung eines Portfolios fällt es der pädagogischen Fachkraft leichter, den Kindern und Eltern die Lernergebnisse und -fortschritte aufzuzeigen und gemeinsam individuelle Fördermaßnahmen festzulegen. Papierbasiert oder digital? Vor- und Nachteile überdenken Ob Portfolios in Mappen gestaltet oder digital aufgearbeitet werden, hängt unter anderem von den technischen Kenntnissen der Erzieherinnen und Erzieher sowie der Medienausstattung der Institution ab. Der Wahl des Mediums sollten aber auch Überlegungen vorausgehen, die Faktoren wie Zeitaufwand oder Partizipation berücksichtigen. So vermitteln Portfoliomappen in Papierform zwar das Gefühl, "etwas in den Händen zu halten", sie erweisen sich aber in der Gestaltung als aufwändig, da beispielsweise digitale Bilder erst wieder ausgedruckt werden müssen, um sie dann in die entsprechende Kategorie der Mappe einordnen zu können. Die digitale Umsetzung hingegen gestaltet sich in dieser Beziehung schneller und leichter, jedoch fehlen auch heute noch kindgerechte Werkzeuge und Softwareprodukte, die die selbstständige Arbeit der Kinder mit den neuen Medien unterstützen. Portfolioarbeit am Computer kann deshalb nur mit Hilfe des pädagogischen Fachpersonals realisiert werden. Ein großer Vorteil der digitalen Aufarbeitung liegt darin, dass die unterschiedlichen Medien integriert werden können. So bietet ein E-Portfolio beispielsweise die Möglichkeit, Audio- und Video-Files einzubinden. Durch diese potenzielle Medienvielfalt lassen sich die individuellen Portfolios der Kinder noch authentischer und persönlicher gestalten. Ursprung und theoretische Basis der Portfolioarbeit Besonders in subjektwissenschaftlichen und konstruktivistischen Lerntheorien wird der Portfolio-Methode große Aufmerksamkeit zuteil. Ursprung und Entwicklung der Portfolioarbeit Die Idee des selbstgesteuerten Lernens und der Selbstorganisation wird schon seit geraumer Zeit in Bildungs- und Erziehungsdebatten aufgegriffen: So finden sich spezifische Elemente und Prinzipien der Portfoliomethode schon in den reformpädagogischen Ansätzen, wie zum Beispiel in Form der Pensenbücher bei Maria Montessori oder auch des Arbeitsplans und der Schultagebücher bei Célestin Freinet (1935), mithilfe derer das Verfolgen von individuellen Lernprozessen in die Hände der Kinder gelegt und so Raum für die Einbindung der einzelnen Persönlichkeiten und deren Bedürfnissen in den Unterricht geschaffen wurde. Ende der 60er Jahre sind diese Konzepte dann besonders im Bildungssektor der Schule thematisiert worden, was oftmals als Reaktion auf bildungspolitische Diskussionen über fremd bestimmtes Lernen geschah und dem Wunsch nach alternativen Lernformen Rechnung trug. Dabei rückten die Selbst- und Mitbestimmung der Schüler und Schülerinnen sowie Fragen nach der Rolle der Eltern im Bildungsprozess in das Zentrum des Interesses. In den nachfolgenden Jahren wurden Unterrichtskonzepte entwickelt, die den offenen, schülerzentrierten Unterricht, entdeckendes Lernen und die Individualisierung des Lernens unterstützen und fördern sollten. 2009, Schulen ans Netz e.v. 2

Lerntheoretische Hintergründe Wissenserwerb als subjektive Tätigkeit Warum soll das Lernen in die Hand der Lernenden gelegt werden? Um diese Frage zu erläutern, ist es hilreich, zwei wichtige Theoriestränge, die lerntheoretische Grundlagen und Zielsetzungen des selbstorganisierten Lernens formuliert haben, kurz vorzustellen. 1. der soziale Konstruktivismus beziehungsweise die systemischkonstruktivistische Didaktik nach Kersten Reich und 2. die subjektwissenschaftliche Lerntheorie nach Klaus Holzkamp. Leitgedanken der beiden Theorien Vertreterinnen und Vertreter beider Ansätze sind sich einig darüber, dass menschliches Lernen durch "Belehrung" in Frage gestellt werden muss, da das Individuum sich mittels Wahrnehmung seine eigene Welt konstruiert, in der der Wissenserwerb eine rein subjektive Tätigkeit und somit nicht objektivierbar ist. Der Konstruktivismus postuliert weiterhin, ausgehend von biologistischen Erklärungsmustern, dass Lernprozesse vor allem dort in Gang gesetzt werden, wo es zu einer "Störung" der bestehenden Wissensordnung kommt. Die Lernenden sind daraufhin gezwungen, ihre subjektive Wahrnehmung zu (über)prüfen und neue Strategien zu entwickeln, mit der sich im Rahmen einer adaptiven Reaktion die durch die Störung hervorgerufene "Lücke" im System schließen lässt. Dabei gilt es, vorhandene Strukturen und Kompetenzen der Lernenden zu nutzen und intensiv auszubauen. Die Gestaltung der Angebote und der Lernumgebung spielt dabei eine bedeutende Rolle - nur wenn die Konzeption durchdacht und zielorientiert aufgebaut ist, können diese Veränderungen in Gang gebracht werden. Die Lehrkraft hat deshalb die Aufgabe, für ein kommunikatives und multiperspektivisches Lernumfeld zu sorgen, welches eine kreative Selbstorientierung der Lernenden ermöglicht. Ihre Hauptaufgabe liegt demnach weniger in der dozierenden Unterweisung als vielmehr in der moderierenden Begleitung der Kinder. Begriffliche Unschärfen Der Ruf nach selbstgesteuertem und selbstorganisiertem Lernen wird heute in vielen Bildungsdebatten laut, wobei eine Unterscheidung dieser zwei Begrifflichkeiten nicht immer vorgenommen wird. Dabei muss zwischen beiden Termini durchaus differenziert werden: Selbstbestimmtes Lernen ermöglicht den Lernenden, die Auswahl von Inhalten, also was gelernt wird, und die Lernziele eigenständig mitzubestimmen. Selbstgesteuertes Lernen bezieht sich auf die Freiheiten der Lernenden, den Weg des Lernens, aber auch wie und wann gelernt wird, bei vorgegebenen Lerninhalten und - zielen eigenständig zu beschreiten. Selbstbestimmt in die Zukunft Verantwortung für die eigenen Bildungsprozesse tragen Selbstbestimmtes und selbstgesteuertes Lernen gelten heutzutage als wichtige Voraussetzungen für Erfolge im Erwachsenenalter. 2009, Schulen ans Netz e.v. 3

Während der Ausbildungszeit sowie im Berufsleben besteht zunehmend die Notwendigkeit, die eigene Lerngeschichte in die Hand zu nehmen und für das persönliche Lernen Verantwortung zu übernehmen. Früh übt sich Diese Entwicklung bereits im Kindergarten und in der Grundschule anzustoßen, ist Aufgabe der pädagogischen Fachkräfte. Sie unterstützen die Jungen und Mädchen dabei, Entscheidungen in Bezug auf ihr individuelles Lernen zu treffen und fördern die Kinder auf dem Weg zur eigenen Kompetenzentwicklung. Die didaktisch - pädagogischen Orientierungen und Maßnahmen der Erziehenden sowie der Institution tragen in großem Maß dazu bei, diese grundlegenden Erfahrungen zu ermöglichen oder aber, im negativen Fall, zu unterbinden. Gerade das Portfoliokonzept ist hervorragend dazu geeignet, kompetenzorientierte Ansätze praktisch umzusetzen. Die mit dieser Methode einhergehende positive Sicht auf Kompetenzförderung und Weiterentwicklung führt weg von der heute noch oft vorherrschenden "Fehlerkultur" hin zu einem offenen Verständnis für persönliche Stärken und Schwächen. Portfolioarbeit - Schritt für Schritt Als Orientierungshilfe und um die einzelnen Schritte der Portfolioarbeit besser strukturieren zu können, ist es hilfreich, sich an den folgenden fünf Prozessen der Portfolioarbeit zu orientieren Die fünf Prozesse der Portfolioarbeit 1. Klärung der Zielsetzung Zunächst muss eine Klärung der Zielsetzung und des Kontexts für die (digitale) Portfolioarbeit erfolgen: Zweck, Lernziele, Struktur, Dauer und Bewertungskriterien müssen dargestellt und/oder vereinbart werden. 2. Sammeln, auswählen und verknüpfen von Artefakten und deren Entwicklungsschritten Solche "geschickt gemachten Arbeiten" und deren Entwicklungsschritte beschränken sich nicht nur auf Malarbeiten, Werkarbeiten oder Beobachtungen, sondern können auch in weiterer Folge Zeugnisse, Publikationen und Arbeitsproben umfassen sowie Lerndokumente wie Lernzielvereinbarungen, Lerntagebücher und Lernreflexionen beinhalten. 3. Reflektieren und Steuern des Lernprozesses Der nächste Prozess schließt die Reflexion und Steuerung des Lernprozesses ein. Arbeitsmittel sind dabei unter anderem die Lernzielvereinbarungen und die Dokumentation der Lernprozesse, beispielsweise Einträge in einem Weblog. Dabei ist eine Selbstbefragung für die Planung weiterer Lernschritte hilfreich. Mögliche Fragen sind "Welche Ziele habe ich mir gesteckt, welche erreicht/nicht erreicht, was lief gut, wo gab es Schwierigkeiten?" oder "Was sind meine nächsten Schritte?". 4. Präsentieren und Weitergeben der Portfolio Artefakte Die Zusammenstellung von Präsentationsportfolios bietet die Möglichkeit, den Lernstand des einzelnen Kindes anhand von repräsentativen Arbeitsproben zu dokumentieren. 2009, Schulen ans Netz e.v. 4

Die Präsentation und die Weitergabe der Portfolio-Artefakte kann dabei in vielfältiger Weise geschehen: Arbeitsmappen in Papierform sind per se leicht zu transportieren; digitale Portfolios können auf CD gebrannt, auf einem USB-Stick gespeichert oder auf einer Lernplattform beziehungsweise einer Website, zum Beispiel der Homepage der Institution, als Download hinterlegt werden. 5. Bewerten und evaluieren der Lernprozesse und des Kompetenzaufbaus Mithilfe eines Bewertungsrasters, das sich an den Leitideen und Zielen des jeweiligen Kindergartens orientiert, ist es möglich den Kindern zu helfen, ihre eigenen Lernleistungen besser zu reflektieren und einzuschätzen. Für Eltern bietet dieses Raster eine gute Möglichkeit, die Entwicklung ihrer Kinder nachzuvollziehen. Salzburger Research, 2006 Rahmenbedingungen für die praktische Umsetzung Bevor die Portfolioarbeit im Kindergarten startet, gilt es, einige Voraussetzungen für die praktische Arbeit zu bedenken. Wichtige Vorüberlegungen Verschiedene Ressourcen und Rahmenbedingungen müssen berücksichtigt und in die Planung miteinbezogen werden. Hierzu gehören nicht nur Technik und Personal sondern auch die persönliche Motivation der Pädagoginnen und Pädagogen. Erfahrungsgemäß kann es vorkommen, dass sich Erziehende bei den ersten Versuchen der Portfolioeinführung übernehmen und unrealistische Erwartungen an das Endergebnis stellen. Häufig führt dann die zwangsläufig eintretende Enttäuschung dazu, dass das Projekt beendet wird, bevor es richtig angefangen hat. Deshalb ist es wichtig, nicht mit ausufernden Plänen zu beginnen, sondern sich langsam an die praktische Arbeit mit Portfolios heranzutasten und diese dann nach und nach zu erweitern. In diesem Zusammenhang ist es notwendig, dass die pädagogischen Fachkräfte gute Voraussetzungen für selbstständiges individuelles Lernen ermöglichen und verschiedene Lernsituationen schaffen, die be(ob)achtet und zu unterschiedlichen Gelegenheiten stattfinden sowie dokumentiert werden. 2009, Schulen ans Netz e.v. 5

Die Notwendigkeit der Schwerpunktsetzung Bedeutsam für die Konzeption der Portfolioarbeit ist eine Abklärung, welchen Stellenwert das Portfolio im Kindergartenalltag einnehmen soll. Die Kindergartenpädagogin, der -pädagoge befasst sich damit, ob die Beschäftigung mit den Portfolios den Kindergartenalltag dominiert und strukturiert, oder ob die Portfolios begleitend zum Kindergartenprogramm gestaltet werden. Die geeignete Schwerpunktsetzung hängt von den jeweiligen Institutionen ab und sollte im Team im Vorfeld besprochen werden. Elternarbeit Über die Portfolioarbeit aufklären Die meisten Eltern haben großes Interesse, ihren Kindern einen guten Start ins Leben zu ermöglichen. Ohne das Verständnis jedoch, was die Portfolioarbeit beinhaltet und welche Bedeutung sie im Hinblick auf das selbstständige Lernen der Mädchen und Jungen hat, ist es schwer zu vermitteln, warum bereits Vorschulkinder mit Portfolios arbeiten sollen. Mithilfe der Informationen können sich Eltern ein klares Bild über den Einsatz der Portfolios und deren Vorteile machen. Sie erkennen, dass Portfolios die Begabungen und Talente ihrer Kinder entfalten helfen und gezielt zum Lernen eingesetzt werden können. Eltern als Erziehungspartner einbinden Portfolios fördern die Zusammenarbeit und Kooperation mit den Eltern, denn durch die angestrebte Zusammenarbeit werden die Eltern ermutigt, den individuellen Lernprozessen ihrer Kinder mehr Beachtung zu schenken und in weiterer Folge die Entwicklung der gesamten kindlichen Persönlichkeit zu beobachten und zu unterstützen. Dadurch sind Eltern verstärkt in die Lernprozesse ihrer Kinder eingebunden. Die Inhalte eines Portfolios dienen auch als gute Gesprächsgrundlage, um die Entwicklungsschritte der Kinder besser analysieren zu können und im Gesamtzusammenhang zu betrachten. Einblick in den Kindergartenalltag fördert die Zusammenarbeit Durch die Portfolioarbeit erhalten die Eltern einen guten Einblick in die Tätigkeiten der Pädagoginnen und Pädagogen sowie in den Kindergartenalltag insgesamt. Für die meisten Eltern ist diese Lehr- und Lernform neu und sie wissen nicht, wie sie ihr Kind bei der Portfolioarbeit unterstützen sollen oder können. Durch einfache Aufgaben und Hinweise von Seiten der Erzieherinnen und Erzieher, wachsen die Eltern allmählich in ihre Rolle als Lernbegleiter hinein. Infoabend Ein Elternabend, welcher über den Sinn und Zweck von Portfolioarbeit im Kindergartenalltag aufklärt, hilft, die Eltern für die Portfolioarbeit zu gewinnen. Sie haben hier die Gelegenheit, Fragen zu stellen, Kritik oder Verbesserungsvorschläge zu geben, anzunehmen und zu berücksichtigen. Links und Literatur Quellenhinweise und weiterführende Literatur sowie Linktipps finden Sie hier. Einige Dokumente werden als PDF-Datei zum Download angeboten. 2009, Schulen ans Netz e.v. 6

Internetquellen E-Portfolio http://edumedia.salzburgresearch.at/images/stories/edumedia/studienzentrum/eportfoli o_srfg.pdf Hilzensauer, Wolf / Hornung-Prähauser, Veronika (2005): eportfolio - Methode und Werkzeug für kompetenzbasiertes Lernen. Studie der Salzburg Research Forschungsgesellschaft http://edumedia.salzburgresearch.at/images/stories/e-portfolio_studie_srfg_fnma.pdf Hornung-Prähauser, Veronika; Geser, Guntram; Hilzensauer, Wolf & Schaffert, Sandra (2007): Didaktische, organisatorische und technologische Grundlagen von E-Portfolios und Analyse internationaler Beispiele und Erfahrungen mit E- Portfolio-Implementierungen an Hochschulen. Salzburg. bildungsforschung.org http://www.bildungsforschung.org/archiv/2007-01/portfolio Wieden-Bischof, Diana & Schallhart, Elisabeth (2007). Mit Portfolios die Spuren des Lernens von Kindergartenkindern sichtbar machen [Praxisbericht]. 2009, Schulen ans Netz e.v. 7