Einfache Modelle der Neurodynamik.

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Transkript:

Vorlesung Einfache Modelle der Neurodynamik. Anregbarkeit und canards. Wintersemester 2015/16 12.01.2016 M. Zaks

Aufbau eines Neurons: Gesamtbild 2 / 16

neuron Aufbau eines Neurons: Axon und Dendriten 3 / 16

neuron Synaptische Verbindung 4 / 16

neuron Gemessene Membranenspannung an einem Neuronen in vitro 5 / 16

neuron Aktionspotential 6 / 16

neuron Ionenkanal (schematisch) 7 / 16

neuron Ionenkanal (Rontgenmikroskopie) 8 / 16

Hodgkin-Huxley Gleichungen Ionenstrom durch die Membrane: Ladungserhaltung krake I ext (t) g Na g K g L C M V Na V K V L Giant axon of the squid: wesentliche Strome sind K + und Na +. 9 / 16

Hodgkin-Huxley Gleichungen Ionenstrom durch die Membrane: Kirchhosche Gleichung C m dv /dt + I ion (V, t) = 0 beschreibung wesentliche Strome: K + und Na +. dv C = m dt g Na(V V Na ) g K (V V k ) g L (V V L ) + I app Leck- externer Strom Strom Aber: Leitfahigkeiten g K und g Na hangen von V ab (und zwar kompliziert). Hodgkin, Huxley: phanomenologische Berucksichtigung der Wahrscheinlichkeitsdynamik von Ionenkanalen. Gating variables ( Tor -Variablen) m, n, h: g K (t) = ḡ K n 4 (t), g Na (t) = ḡ Na m 3 (t) h(t) m, n, h andern sich zwischen 0 und 1 10 / 16

Hodgkin-Huxley Gleichungen phanomenologie Also: C dv dt = ḡ Na m 3 h(v V Na ) ḡ K n 4 K(V V k ) g L (V V L ) + I app dm = α m (1 m) β m m dt dn α m,n,h = α m,n,h (V ) = α n (1 n) β n n dt β m,n,h = β m,n,h (V ) dh = α h (1 h) β h h dt 25 V α m = 0.1, β m = 4 exp( V /18), exp(2.5 0.1V ) 1 α h = 0.07 exp( V /20), β h = (exp(3 0.1V ) + 1) 1, 10 V α n = 0.01, β n = 0.125 exp( V /80). exp(1 0.1V ) 1 [V ] = [mv ], [α m,h,n ] = [ms 1 ], [β m,h,n ] = [ms 1.] 11 / 16

Hodgkin-Huxley Gleichungen: Koezientenwerte ḡ Na =120, ḡ K =120, ḡ L =0.3, [ms/cm 2 ] V Na =115, V K =-12, V L =10.6 [mv ]. messwerte In Abwesenheit vom externen Strom I app : Gleichgewicht. Nach einem schwachen Impuls von I app : schnelle Relaxation. Nach einem genugend starkem (kurzen) Impuls: 12 / 16

man beobachtet... Hodgkin-Huxley Gleichungen: Eigenschaften von Losungen Angeschlossen an ein Zufallssignal I app, generiert das Neuron eine ungeordnete Impulssequenz. Bei konstantem genugend starken I app erfolgen die Impulse periodisch ( Grenzzyklus!) Unmittelbar nach Repolarisierung kann das Neuron nicht sofort wieder feuern (refraktare Zeit). Aus vier Variablen sind zwei langsam und zwei schnell. Die schnellen: V (Membranenpotential) und m (Aktivierung von Natriumkanalen); Die langsamen: n (Deaktivierung von Natriumkanalen) und h (Aktivierung von Kaliumkanalen). Beobachtung: Dynamik ist nahezu zweidimensional. 13 / 16

neuron FitzHugh-Nagumo-Gleichungen (Reduktion auf die Phasenebene) Zeitskalentrennung: Schnelle Variable x: Aktionspotential, aktivator ; Langsame Variable y : gating variable, inhibitor. ε dx dt dy dt = f (x) y = L(x, y) f (x) sigmoide N formige nichtlineare Funktion; L(x, y): lineare Fkt. ε 1: Zeitskalentrennung. 14 / 16

neuron FitzHugh-Nagumo-Gleichungen (Reduktion auf die Phasenebene) Zeitskalentrennung: Schnelle Variable x: Aktionspotential, aktivator ; Langsame Variable y : gating variable, inhibitor. ε dx dt dy dt = x x 3 3 = x + a y ε 1: Zeitskalentrennung. a: excitability parameter, Anregbarkeitsparameter. 14 / 16

ε 0: grenzfall. ε dx dt = x x 3 3 y 15 / 16

grenzfall ε 0: Langsame Mannigfaltigkeit und Stabilitat vom Gleichgewicht. y = f (x) = x x 3 3 15 / 16

grenzfall ε 0: Langsame Mannigfaltigkeit und Stabilitat vom Gleichgewicht 2 y = f (x) = x x 3 3 1 y 0-1 -2-2 -1 0 1 2 x Einziges Gleichgewicht: x = a, y = f (x) 15 / 16

ruhelage ε 0: Langsame Mannigfaltigkeit und Stabilitat vom Gleichgewicht 2 y = f (x) = x x 3 3 1 a>1 y 0-1 -2-2 -1 0 1 2 x a > 1: Stabiles Gleichgewicht 15 / 16

spiking ε 0: Langsame Mannigfaltigkeit und Stabilitat vom Gleichgewicht 2 y = f (x) = x x 3 3 1 a>1 y 0-1 -2-2 -1 0 1 2 x a > 1: Anregbarkeit (excitability) 15 / 16

bifurkation ε 0: Langsame Mannigfaltigkeit und Stabilitat vom Gleichgewicht 2 y = f (x) = x x 3 3 1 a=1 y 0-1 -2-2 -1 0 1 2 x. 15 / 16

destabilisierung ε 0: Langsame Mannigfaltigkeit und Stabilitat vom Gleichgewicht 2 y = f (x) = x x 3 3 1 a<1 y 0-1 -2-2 -1 0 1 2 x a < 1: instabiles Gleichgewicht (oszillierend. Zustand) 16 / 16

grenzzyklus ε 0: Langsame Mannigfaltigkeit und Stabilitat vom Gleichgewicht 2 y = f (x) = x x 3 3 1 a=0.998 y 0-1 -2-2 -1 0 1 2 x a < 1: instabiles Gleichgewicht (oszillierend. Zustand) 16 / 16

grenzzyklus ε 0: Langsame Mannigfaltigkeit und Stabilitat vom Gleichgewicht 2 y = f (x) = x x 3 3 1 a=0.997462 y 0-1 -2-2 -1 0 1 2 x a < 1: instabiles Gleichgewicht (oszillierend. Zustand) 16 / 16

ornithology ε 0: Langsame Mannigfaltigkeit und Stabilitat vom Gleichgewicht 2 y = f (x) = x x 3 3 1 a=0.997461 y 0-1 -2-2 -1 0 1 2 x a < 1: instabiles Gleichgewicht (oszillierend. Zustand) 16 / 16

ornithology ε 0: Langsame Mannigfaltigkeit und Stabilitat vom Gleichgewicht 2 y = f (x) = x x 3 3 1 a=0.997461 y 0-1 -2-2 -1 0 1 2 x a < 1: canard explosion ( Ente ) 16 / 16

ornithology ε 0: Langsame Mannigfaltigkeit und Stabilitat vom Gleichgewicht 2 y = f (x) = x x 3 3 1 a=0.997461 y 0-1 -2-2 -1 0 1 2 x a < 1: canard explosion ( Ente ) 16 / 16