Falllösungen am 15.05.2014 Fall: Trierer Weinversteigerung Ein Kaufvertrag ist zustande gekommen, wenn die Parteien sich wirksam über die Kaufvertragsbestandteile geeinigt haben. I. Diese Einigung könnte durch Angebot und Annahme zustande gekommen sein. K hat ein Angebot abgegeben, wenn er mit dem Handaufheben zum Ausdruck gebracht hat, dass er kaufen will und ihm dieses Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages zugerechnet werden kann. a) Nach den Umständen der Versteigerung und den örtlichen Gepflogenheiten in der Versteigerung kann der Versteigerer A davon ausgehen, dass durch das Handaufheben ein Kaufvertragangebot abgegeben werden soll. Deswegen konnte der A aus der Sicht eines objektiven Dritten davon ausgehen, dass der K die Absicht hatte, ein Kaufvertragsangebot abzugeben, indem er die Hand hob. Das Handaufheben lässt auf den bestimmten Geschäftswillen schließen. b) Allerdings ist es fraglich, ob ein für eine Willenserklärung ausreichender innerer Erklärungstatbestand gegeben ist. Denn der K wollte gar nicht eine Willenserklärung abgeben. Er hat gar nicht das Bewusstsein gehabt, rechtsgeschäftlich tätig zu werden. Ihm fehlte das Erklärungsbewusstsein. Ob trotz fehlendes Erklärungsbewusstsein eine Willenserklärung vorliegen kann, ist umstritten. aa) Ein Teil der Rechtswissenschaft nimmt an, dass eine Erklärung nur dann vorliegt, wenn aktuelles Erklärungsbewusstsein beim Erklärenden vorlag. Bei dem Gruß des K fehlt allerdings das Erklärungsbewusstsein. Er hat also gar keine Willenserklärung abgegeben.
bb) Die herrschende Meinung sieht eine Willenserklärung aber als gegeben an auch bei fehlendem Erklärungsbewusstsein, wenn der Erklärende bei der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, dass eine Erklärung als Willenserklärung aufgefasst wird. Dieses Erkennen können ersetzt zwar kein aktuell vorhandenen inneren Erklärungstatbestand, allerdings wird unter den genannten Voraussetzungen die Willenserklärung zugerechnet. cc) Für die herrschende Meinung spricht, dass die Situation des fehlenden Erklärungsbewusstseins mit dem in 119 Abs. 1 BGB geregelten Fall eines abweichenden Geschäftswillens vergleichbar ist. Es ist daher gerechtfertigt, die ohne Erklärungsbewusstsein abgegebene Erklärung dem Erklärenden als Willenserklärung zuzurechnen, wenn er bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, dass sein Verhalten als Willenserklärung gewertet wird. Dies war hier der Fall. Der K hätte erkennen können, dass das Handaufheben hier als Abgabe eines Kaufangebotes gewertet werden kann. Wer an einer Versteigerung teilnimmt, muss sich mit den dort herrschenden Gepflogenheiten bekannt machen. Diese sind, dass durch Handerheben ein Kaufvertragsangebot abgegeben wird. Wenn der K seinen Freund erst grüßen möchte, muss er eben in diesem Fall dann dies durch ein Kopfnicken oder einen ausgesprochenen Gruß tun. Deswegen wird dem K seine Erklärung zugerechnet. Das Angebot ist dem Versteigerer A zugegangen und deswegen wirksam geworden. Der Versteigerer A hat dem K den Zuschlag erteilt, also dessen Angebot angenommen. Es ist ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen. II. Der K kann jedoch seine Kaufvertragserklärung gemäß 119 BGB anfechten, weil sein geäußerter Erklärungstatbestand nicht mit der Erklärung übereinstimmt, die er mit dem Handaufheben abgeben wollte. Gemäß 142 BGB ist eine Erklärung und damit auch der Kaufvertrag nichtig.
III. Falls der Veranstalter der Versteigerung dadurch, dass er auf die Wirksamkeit der Erklärung des K vertraut hat, einen Schaden erleidet, ist K gemäß 122 BGB zum Ersatz des Vertrauensschadens verpflichtet. Fall: Hingegeben, abgegeben Anspruch des V gegen K auf Bezahlung der 30 Berber gemäß 433 Abs. 2 BGB I. Der Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises ist entstanden, wenn V und K einen wirksamen Kaufvertrag abgeschlossen haben. Der Kaufvertrag ist dann entstanden, wenn V und K zwei übereinstimmende Willenserklärungen abgegeben haben, insbesondere, wenn der K das Angebot des V angenommen hat. Der K hat in seinem Schreiben an V die Annahme erklärt. Diese Annahmeerklärung ist nur wirksam, wenn sie abgegeben worden und zugegangen ist gemäß 130 BGB. a) Der K hat den Brief der Auszubildenden A ausgehändigt, damit diese den Brief zur Post bringe. Der K hat dieses getan, um den Zugang zu bewirken und er konnte bei Zugrundlegung normaler Verhältnisse davon ausgehen, dass der Brief dem V ohne weiteres Zutun zugehen werde. Mit der Aushändigung des Briefes hat K zum Ausdruck gebracht, dass er sich endgültig entschieden hat, das Angebot anzunehmen. Daher hat K die Annahmeerklärung abgegeben. b) Weil der V den Brief erhalten und gelesen hat, ist die Annahmeerklärung auch zugegangen. c) Die Annahmeerklärung des K ist gemäß 130 Abs. 1 Satz 2 BGB dennoch nicht wirksam geworden, wenn dem V vorher und gleichzeitig ein Widerruf zugegangen ist. Doch der Widerruf des K erfolgte erst, nachdem die Annahmeerklärung dem V zugegangen war. Es
liegt eine wirksame Annahmeerklärung vor. Der Vertrag ist zustande gekommen. Damit ist der Anspruch auf Bezahlung und Abnahme entstanden. II. Die Annahmeerklärung ist gemäß 142 BGB nichtig, wenn K diese gemäß 119 ff. BGB anficht. Dann entfällt rückwirkend der Kaufvertrag und damit auch die Kaufpreiszahlungsverpflichtung. Ein Anfechtungsgrund könnte sich aus 119 BGB oder 120 BGB ergeben. a) Nach 119 Abs. 1 BGB kann K die Annahmeerklärung jedoch nicht anfechten, weil er im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung das, was er mit der Erklärung zum Ausdruck bringen wollte, auch wirklich erklärt hat. Bei der Abgabe war also Handlungswille, Erklärungsbewusstsein und Geschäftswille des K auf das von ihm im objektiven Erklärungstatbestand zum Ausdruck Gebrachte gerichtet. Der innere Geschäftswille und der im objektiven Erklärungstatbestand geäußerte Geschäftswille waren deckungsgleich. b) Nach 120 BGB kann der K die Annahmeerklärung nicht anfechten, weil die A die Annahmeerklärung so überbracht hat, wie es ihr von K aufgetragen worden war. Die A hat keine inhaltliche Veränderung an der Erklärung vorgenommen. Der Erklärende, der nach Abgabe seinen Willen ändert, kann nicht anfechten. Ein Anfechtungsgrund ist nur gegeben, wenn er sich im Zeitpunkt der Abgabe irrt. Weil der K im Zeitpunkt des Zugangs die mit der Erklärung zum Ausdruck gebrachte Rechtsfolge nicht mehr wollte und die Erklärungsbotin A entgegen der Anweisung den Brief zur Post aufgegeben hat, fragt es sich, ob K seine Annahmeerklärung analog 119 BGB oder 120 BGB anfechten kann. Dann müsste insoweit eine Regelungslücke vorhanden sein. Das ist aber nicht der Fall, denn der Gesetzgeber hat in 130 Abs. 1 BGB bestimmt, dass der Erklärende, der nach Abgabe seiner Willenserklärung den Willen ändert, das Wirksamwerden der Erklärung nur noch dann verhindern kann, wenn er den Zugang verhindert oder wenn er bewirkt, dass vor oder mit dem Zugang der abgegebenen Erklärung ein Widerruf zugeht. Geschieht dies nicht, wird die zugegangene Erklärung wirksam.
Fall: Falsch verstanden Der Anspruch der Firma A auf Lieferung weiterer 100 Ballen ergibt sich gemäß 433 Abs. 1 BGB, wenn zwischen A und B ein wirksamer Kaufvertrag über 200 Ballen Rohbaumwolle zustande gekommen ist. I. Dies setzt eine wirksame Einigung voraus. Hier könne der V als Vertreter der Firma A sich mit dem Geschäftsführer G als Vertreter der Firma B wirksam über die Lieferung von 200 Ballen geeinigt haben. Der V hat dem G erklärt, 200 Ballen kaufen zu wollen. Diese abgegebene Erklärung ist nur wirksam geworden, wenn sie dem Geschäftsführer der B zugegangen ist. Bei einer fernmündlichen Erklärung handelt es sich um eine Erklärung unter Anwesende gemäß 147 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Abgabe und der Zugang von empfangsbedürftigen Willenserklärungen unter Anwesenden ist gesetzlich nicht geregelt. Es gilt jedoch grundsätzlich Entsprechendes wie bei der Erklärung unter Abwesenden. Für die nicht verkörperte Willenserklärung, z.b. eine mündliche Erklärung oder die Geste, gilt grundsätzlich die Vernehmungstheorie: Nur dann, wenn die Erklärung vernommen worden ist, gelingt sie in den Machtbereich des Empfängers. Dabei ist allerdings nicht entscheidend, dass der Empfänger die Erklärung inhaltlich richtig verstanden hat, sondern akustisch vernommen hat, so dass der Erklärende damit rechnen konnte, dass der Empfänger seine Erklärung richtig verstanden hat. Der V deutlich erklärt, 200 Ballen Rohbaumwolle bestellen zu wollen, und er konnte davon ausgehen, dass der Geschäftsführer diese Erklärung verstanden hat. Daher ist dem Geschäftsführer G ein Angebot auf Lieferung von 200 Ballen Rohbaumwolle zugegangen. Da er dieses Angebot mit der Erklärung es gehe alles in Ordnung, einschränkungslos angenommen hat, ist ein Vertrag über 200 Ballen Rohbaumwolle zustande gekommen. Da bereits 100 Ballen geliefert worden sind, ist der Anspruch insoweit durch Erfüllung erloschen, 362 BGB. Es besteht noch ein Anspruch auf Lieferung von weiteren 100 Ballen.
(3) Die B kann, weil der Geschäftsführer G sich bei der Abgabe der Erklärung über deren Inhalt geirrt hat, die Willenserklärung anfechten gemäß 119 Abs. 1 BGB, 166 Abs. 1 BGB. Allerdings ist sie dann zum Schadenersatz gemäß 122 BGB ve