Gesundheitswesen: Unternehmerische Antworten auf die demografische Entwicklung Dr. Uwe Perlitz November 2008 Think Tank der Deutsche Bank Gruppe
Gesundheitswesen Agenda A B C D Boomender Arzneimittelmarkt Nachfrage im Wandel Anpassungsstrategien der Unternehmen Fazit
A Boomender Arzneimittelmarkt Weltpharmamarkt nach Regionen Nordamerika weltweit größter Pharmamarkt Anteile am Umsatz in %, 2007 12,2 9,2 29,9 Nordamerika EU Asien, Afrika, Australien Quelle: IMS World Review 42,7 6 Lateinamerika Japan Nordamerika wichtigster Pharmamarkt, gefolgt von EU In letzten fünf Jahren Anteilsverschiebungen zugunsten von Asien, EU und Lateinamerika
A Boomender Arzneimittelmarkt Arzneimittelweltmarkt wächst zweistellig Kontinuierliches Pharmawachstum Umsatz Welt; Mrd. EUR 800 700 600 500 400 300 200 100 0 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Arzneimittelumsatz wächst weltweit stärker als nominales BIP 2007 gegenüber 1999: Pharmaumsatz: +10% p.a. Welt-BIP: +7% p.a. Umsatztendenz setzt sich 2008 und 2009 fort Quelle: IMS Health
A Boomender Arzneimittelmarkt Pharmaproduktion in Deutschland weiter gewachsen Pharmaproduktion in Deutschland Mrd. EUR 30 25 20 15 10 5 0 1997 1999 2001 2003 2005 2007 Pharmaproduktion wuchs in Deutschland in letzten zehn Jahren um 4% p.a. etwa so stark wie Verarbeitendes Gewerbe insgesamt 2007: mit 11% weit überdurchschnittliche Zunahme der Pharmaproduktion (Industrie insgesamt: +8%) 2008: deutliche Wachstumsverlangsamung wegen Exportschwäche Quelle: Statistisches Bundesamt
A Boomender Arzneimittelmarkt Gesundheitsausgaben in Deutschland weiter gestiegen Gesundheitsausgaben deutlich über BIP 1997=100 140 130 120 110 100 90 80 Gesundheitsausgaben BIP 1997 1999 2001 2003 2005 2007 Gesundheitsausgaben nahmen mit rd. 3% p.a. stärker zu als das BIP (+2% p.a.) Tendenz dürfte sich in Zukunft fortsetzen Gründe: Veränderung der Altersstruktur zugunsten älterer Menschen, zunehmendes Gesundheitsbewusstsein Quellen: Statistisches Bundesamt, DB Research
A Boomender Arzneimittelmarkt Demografie begünstigt Gesundheitsmarkt in Deutschland Kontinuierlich rückläufige Bevölkerungszahl erwartet Mio. 82,5 82,0 81,5 81,0 80,5 80,0 79,5 79,0 78,5 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 Wanderungssaldo 100.000 Personen pro Jahr Quelle: Statistisches Bundesamt Anteil der über 65-Jährigen steigt in % 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 80+ 65-80 40-65 20-40 0-20 Wanderungssaldo 100.000 Personen pro Jahr Quelle: Statistisches Bundesamt
Gesundheitswesen Agenda A B C D Boomender Arzneimittelmarkt Nachfrage im Wandel Anpassungsstrategien der Unternehmen Fazit
B Nachfrage im Wandel Demografie große Herausforderung für Unternehmen Demografische Entwicklung führt zu mehr altersbedingten Krankheiten und zu höherer Nachfrage nach Erzeugnissen zur Behandlung Durch den demografischen Wandel relativieren sich die insgesamt positiven Gesundheitstrends der letzten Jahre Mit zunehmendem Alter nehmen vor allem Krankheiten zu, wie Diabetes, Osteoporose, Demenz und Schlaganfall Bei Jüngeren gewinnen Lifestyle-Produkte an Bedeutung (z.b. Fettreduzierer, Anti-Depressiva)
B Nachfrage im Wandel Stark zunehmende Zahl von Diabetes-Erkrankungen in Deutschland Hohes Wachstum von Diabetes- Erkrankungen in Deutschland 14 16 12 14 10 12 8 10 8 6 6 4 4 2 2 0 0 2000 2002 2004 2006 2008 2010 Anzahl Mio. (links) Anteil an Bevölkerung in % (rechts) Quellen: WHO, Statistisches Bundesamt, DB Research Derzeit gibt es in Deutschland etwa 10 Mio. Diabetiker Diabetes bei alten Menschen häufiger vertreten als bei Jüngeren aber Zunahme nicht allein durch Alterung zu erklären Weltweit dürfte sich die Zahl von Diabetes-Erkrankungen bis 2020 auf knapp 400 Mio. in etwa verdoppeln (dann rd. 6% der Menschen)
B Nachfrage im Wandel Mit steigendem Alter nimmt Osteoporoserisiko zu Frauen stärker betroffen als Männer Bevölkerungsgruppe Männer Frauen Anteil* % Anteil* % 50 bis 64 7 23 65 bis 74 11 47 > 75 16 59 * an jeweiliger Bevölkerungsgruppe Quelle: Institut für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES) An Osteoporose leiden besonders häufig über 65-Jährige Frauen stärker betroffen als Männer Direkte und indirekte Krankheitskosten kommen in Deutschland auf rd. EUR 3 Mrd. Anteil an Gesundheitsausgaben aber nur 1% Innerhalb Europas gibt es ein klares Nord-Süd-Gefälle
B Nachfrage im Wandel Zahl Demenzkranker in Deutschland wächst Zahl Demenzkranker dürfte sich nahezu verdreifachen 4 3 2 1 0 2000 2010 2020 2030 2040 2050 Krankenzahl (links); Mio. Anteil an Bevölkerung in % (rechts) Quellen: Deutsche Alzheimer Gesellschaft, DB Research 4 3 2 1 0 In Deutschland leben derzeit gut 1 Mio. Menschen mit einer altersabhängigen Demenz Zahl der Neuerkrankungen nimmt beträchtlich zu Nur 1% der 65-70-Jährigen sind betroffen, aber 35% der über 90- Jährigen Durchschnittliche Krankheitskosten etwa EUR 6 Mrd. pro Jahr Eine Heilung ist derzeit nicht möglich, wohl aber eine Verlangsamung durch Therapie
B Nachfrage im Wandel Schlaganfallrisiko steigt mit zunehmendem Alter Schlaganfälle* hauptsächlich bei über 65-Jährigen Anteile in %, 2007, Deutschland 0,7 12,1 87,2 < 40 40 bis 65 > 65 * Im Krankenhaus behandelte Fälle Die meisten Schlaganfälle treten bei den über 65-Jährigen auf Schlaganfall ist ein Hauptgrund für die Pflegebedürftigkeit Dritthäufigste Todesursache nach Herz-Kreislauf- und Tumorerkrankungen Therapeutische Möglichkeiten begrenzt Quelle: Statistisches Bundesamt
B Nachfrage im Wandel Bei jüngeren Menschen liegen Lifestyle-Drugs im Trend Erzeugnisse sollen Wohlbefinden und Aussehen der Konsumenten verbessern, z.b. Anti-Falten-Mittel, Fettreduzierer Bei Jüngeren wird Eitelkeit immer mehr zum Impulsgeber für Lifestyle- Medikamente Erschließung weiterer Felder für Lifestyle-Erzeugnisse möglich (z.b. im Dentalbereich) Marketing sehr wichtig, Design der Pillen gewinnt an Bedeutung. Unternehmen können Kostenbegrenzungen in den Gesundheitssystemen begegnen Hohe Wachstumsraten in diesem Segment erwartet (Umsatz: +10% p.a.) Enge Verknüpfung mit Entwicklung des verfügbaren Einkommens
Gesundheitswesen Agenda A B C D Boomender Arzneimittelmarkt Nachfrage im Wandel Anpassungsstrategien der Unternehmen Fazit
C Anpassungsstrategien der Unternehmen Kleine Pharma-Unternehmen verloren Marktanteile 160 140 120 Pharma-Unternehmen nach Größenklassen Index 2000=100; Anteile in % 100 80 28 35 93 60 40 37 35 82 86 89 20 0 35 Unternehmen Anteile 2000 30 Unternehmen Anteile 2007 14 Beschäftigte Anteile 2000 4 11 3 9 2 6 1 Beschäftigte Anteile 2007 Umsatz Anteile 2000 Umsatz Anteile 2007 Größenklasse, Mio. Umsatz: < 2 bis unter 10 10 bis 50 50 > Quellen: Statistisches Bundesamt, DB Research
C Anpassungsstrategien der Unternehmen Unternehmen müssen der demografischen Entwicklung Rechnung tragen Produktinnovationen in Richtung altersbedingte Krankheiten nehmen zu Verstärkte Anstrengungen in Forschung und Entwicklung Big Pharma ist angesichts der hohen Kosten im Vorteil Nischenstrategie für KMU oft überlebensnotwendig Möglichkeiten für Generika. 2010 laufen zahlreiche Patente von Originalpräparaten aus Markenpflege gewinnt an Bedeutung Bildung von Dachmarken immer wichtiger Angesichts der hohen Kosten verstärkte Zusammenarbeit kleiner Hersteller sowie zwischen Big Pharma und Biotech-Unternehmen Generell nimmt Internationalisierung zu Marktumfeld begünstigt größere Unternehmen sinkende Marktanteile bei KMU
C Anpassungsstrategien der Unternehmen Pharmainvestitionen in Deutschland sehr hoch Investitionen in % des Umsatzes 2006 Pharmazeutische Industrie Chemische Industrie Elektrotechnik 3,1 3,7 4,8 Investitionen der Pharmaindustrie (in % des Umsatzes) im Branchenvergleich hoch Verarbeitendes Gewerbe insgesamt Kraftfahrzeugbau 2,6 2,9 Rangfolge hat sich in den vergangenen fünf Jahren kaum geändert Maschinenbau 2,6 0 1 2 3 4 5 6 Quelle: Statistisches Bundesamt
C Anpassungsstrategien der Unternehmen Pharma-Ausgaben für Forschung und Entwicklung in Deutschland erreichten Höchststand Ausgaben für F&E verloren in Deutschland an Dynamik Mrd. EUR 7,0 6,0 5,0 4,0 3,0 2,0 1,0 0,0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Quelle: Stifterverband Wissenschaftsstatistik Ausgaben für Forschung stiegen in den vergangenen acht Jahren um knapp 9% p.a.; Anteil am Umsatz von 14% auf knapp 19% gewachsen In 2007/2008 jedoch unterdurchschnittlich Risiko des Scheiterns ist hoch: nur einer von 6.000 erprobten Wirkstoffen gelangt letztlich auf den Markt
C Anpassungsstrategien der Unternehmen Steigende Entwicklungskosten für neue Medikamente Stark gestiegene Entwicklungskosten weltweit Mio. USD 900 800 700 600 500 400 300 200 100 0 1991 1993 1997 1999 2001 Entwicklungsausgaben für neue Medikamente in zehn Jahren mehr als verdreifacht Etwa die Hälfte der Ausgaben entfallen auf klinische Tests Verlagerung von Forschungsaktivitäten nach Asien (z.b. Indien) attraktiv Quelle: VFA
C Anpassungsstrategien der Unternehmen Verschreibungspflichtige Medikamente entscheidend für Erfolg Verschreibungspflichtige Medikamente dominieren Anteile %, 2007 3,9 11,8 84,3 Verschreibungspflichtige Arzneimittel Verordnete rezeptfreie Arzneimittel Selbstmedikation mit rezeptfreien Arzneimitteln Quelle: IMS Health Verschreibungspflichtige Medikamente mit Abstand wichtigstes Segment im deutschen Apothekenmarkt Entwicklung aber abhängig von gesundheitspolitischen Entscheidungen Frei verkäufliche Medikamente haben nur einen geringen Anteil, erlauben den Herstellern aber mehr Flexibilität bei der Preisgestaltung
C Anpassungsstrategien der Unternehmen Auslandsumsatz überholt Inlandsumsatz Umsatzentwicklung der Pharmaindustrie in Deutschland Mrd. EUR 20 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 Inland Ausland 1997 1999 2001 2003 2005 2007 Seit 2002 ist der Auslandsumsatz der deutschen Pharmaindustrie höher als der Inlandsumsatz Inlandsmarkt verliert für die Hersteller in Deutschland wegen der zunehmenden Regulierungsdichte relativ an Bedeutung Quelle: Statistisches Bundesamt
Gesundheitswesen Agenda A B C D Boomender Arzneimittelmarkt Nachfrage im Wandel Anpassungsstrategien der Unternehmen Fazit
D Fazit Strukturwandel wird sich verstärken Pharmaindustrie kann sich weitgehend von schwacher Konjunktur abkoppeln Haupttreiber ist demografische Entwicklung Altersbedingte Krankheiten nehmen zu dadurch Forcierung passender Erzeugnisse Anpassungsstrategien der Unternehmen gehen in verschiedene Richtungen Alles in allem gute Aussichten für Pharmaindustrie in Deutschland
Copyright 2008. Deutsche Bank AG, DB Research, D-60262 Frankfurt am Main, Deutschland. Alle Rechte vorbehalten. Bei Zitaten wird um Quellenangabe Deutsche Bank Research gebeten. Die vorstehenden Angaben stellen keine Anlage-, Rechts- oder Steuerberatung dar. Alle Meinungsaussagen geben die aktuelle Einschätzung des Verfassers wieder, die nicht notwendigerweise der Meinung der Deutsche Bank AG oder ihrer assoziierten Unternehmen entspricht. Alle Meinungen können ohne vorherige Ankündigung geändert werden. Die Meinungen können von Einschätzungen abweichen, die in anderen von der Deutsche Bank veröffentlichten Dokumenten, einschließlich Research-Veröffentlichungen, vertreten werden. Die vorstehenden Angaben werden nur zu Informationszwecken und ohne vertragliche oder sonstige Verpflichtung zur Verfügung gestellt. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Angemessenheit der vorstehenden Angaben oder Einschätzungen wird keine Gewähr übernommen. In Deutschland wird dieser Bericht von Deutsche Bank AG Frankfurt genehmigt und/oder verbreitet, die über eine Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht verfügt. Im Vereinigten Königreich wird dieser Bericht durch Deutsche Bank AG London, Mitglied der London Stock Exchange, genehmigt und/oder verbreitet, die in Bezug auf Anlagegeschäfte im Vereinigten Königreich der Aufsicht der Financial Services Authority unterliegt. In Hongkong wird dieser Bericht durch Deutsche Bank AG, Hong Kong Branch, in Korea durch Deutsche Securities Korea Co. und in Singapur durch Deutsche Bank AG, Singapore Branch, verbreitet. In Japan wird dieser Bericht durch Deutsche Securities Limited, Tokyo Branch, genehmigt und/oder verbreitet. In Australien sollten Privatkunden eine Kopie der betreffenden Produktinformation (Product Disclosure Statement oder PDS) zu jeglichem in diesem Bericht erwähnten Finanzinstrument beziehen und dieses PDS berücksichtigen, bevor sie eine Anlageentscheidung treffen.