Behandlung von Non-Hodgkin-Lymphom mit Rituxan bzw. Zevalin TM im Vergleich 4. November 2007 Philipp Merz Simon Nicolussi Wahlfacharbeit in Metal-Based Drugs and Drug Development Masterstudium Pharmazeutische Wissenschaften ETH
1. Aufgabenstellung Ziel dieser Arbeit ist es, die Behandlungsmöglichkeiten von Non-Hodgkin-Lymphom mit einerseits Rituxan und andererseits mit Zevalin TM zu vergleichen. Es soll beschrieben werden, welches die Charakteristika der beiden Wirksubstanzen Rituximab und 90 Y-Ibritumomab- Tiuxetan sind und wie sie ihre immuntherapeutische bzw. radioimmuntherapeutische Wirkung in der gezielten Krebstherapie entfalten. Auch sollen die beiden Therapeutika direkt miteinander verglichen werden und ihre Vor- bzw. Nachteile in der Wirkung, Anwendung und in der Thearpie von Non- Hodgkin-Lymphomen aufgezeigt werden. Letztlich soll diskutiert werden, welche Behandlungsmöglichkeit mehr Vorteile bietet und warum sie als bessere Therapie gegen Non-Hodgkin-Lymphom betrachtet werden sollte. 2
Inhaltsverzeichnis 1. Aufgabenstellung...2 2. Einleitung...4 3. Behandlungsmöglichkeiten von Non-Hodgkin-Lymphom...5 3.1 Rituxan / MabThera...5 3.1.1 Wirksamkeitsstudie zu Rituximab...6 3.2 Zevalin TM...6 3.2.1 90 Yttrium-Ibritumomab-Tiuxetan, ein monoklonaler Antikörper zur Therapie des follikulären B-Zell-Lymphoms...6 3.3 Vergleich der beiden Therapeutika...7 3.3.1 Strukturelle Eigenschaften...7 3.3.2 Vergleich bezüglich Wirksamkeit...8 3.3.3 Phase III Studie mit Rituximab und 90 Yttrium-Ibritumomab-Tiuxetan...8 4. Schlussfolgerungen und Diskussion...9 5. Literatur...10 3
2. Einleitung [1][2][6][7] Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) bezeichnet einen Sammelbegriff von malignen Lymphomen, die nicht den Diagnosekriterien des Morbus Hodgkin entsprechen. Ein Lymphom beschreibt eine Vergrösserung der Lymphknoten aufgrund monoklonaler Neoplasien von B- oder T- Lymphozyten bzw. Zellen des retikulohistiozytären Systems. Die Erkrankung der NHL kann als Oberbegriff angesehen werden, für eine heterogene Gruppe an Erscheinungsformen, deren genetische Veränderungen und immunologischen Charakteristika als Einteilungskriterien gelten. 80% aller NHL gehören der B-Klassen an, wobei eine Entartung der B-Lymphozyten zu umgehemmter Zellteilung führt, gleichzeitig deren natürlichen Abbau durch Apoptose jedoch ausbleibt. Die beiden häufigsten B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphome bilden das follikuläre Lymphom sowie das diffuse, grosszellige B-Zell-NHL (DLBCL). Als Therapiemöglichkeiten werden standardmässig Chemotherapie und Strahlentherapie angewandt. Bei Nichtansprechen auf die Therapie oder rezidiven NHL kann alternativ oder begleitend der Behandlungsweg der Immunotherapie bzw. der neuartigen Radioimmunotherapie gewählt werden. Grundlage dafür ist jedoch, dass die entarteten B-Zellen die Oberflächenstruktur CD20 exprimieren, was aber bei 90% der B-Zell-NHL der Fall ist. Das CD20-Antigen dient als Target für die monoklonalen Antikörper der Immunotherapie. Durch Bindung der Antikörper an ihre Zielstruktur kann im Körper eine Immunantwort gegen die B-Lymphozyten ausgelöst werden, wodurch eine Rückbildung der Neoplasie zu verzeichnen ist. Der erste monoklonalen Antikörper dieser Art war Rituximab von Roche, welcher 1997 als Rituxan durch die FDA seine Zulassung erhielt. Bis heute zählt Rituximab zu den Blockbuster Drugs, da es die klassische Chemotherapie zur heute grösstenteils verwendeten Standard- CHOP-Rituximab-Kombinationstherapie für aggressive NHL bereichert hat. Es konnte die Prognose eindeutig verbessert werden und Studien belegen die erhöhte Wirksamkeit. Ein neuerer Therapieansatz ist die Radioimmuntherapie am Beispiel von 90 Yttrium- Ibritumomab-Tiuxetan am Produkt Zevalin (Bayer). Im Folgenden werden diese aktuellen Therapieoptionen auf Basis der Immuntherapie vergleichend vorgestellt. 4
3. Behandlungsmöglichkeiten von Non-Hodgkin-Lymphom [1][2][7] Je nach Histologie, Stadium und Beschwerden des Patienten wird die Therapiestrategie bei follikulären Lymphomen bzw. diffusem, grosszellige B-Zell-NHL bestimmt. Im lokalisierten Stadium I und II bedient man sich der Strahlentherapie, bei indolenten follikulären Lymphomen Grad I/II. Für die fortgeschrittenen Stadien III und IV wird nun die Behandlung mit dem monoklonalen Antikörper Rituximab beschrieben. 3.1 Rituxan / MabThera [1][3][7] Beim Wirkstoff von Rituxan bzw. MabThera handelt es sich um einen chimären, rekombinanten, murin/humanen, monoklonalen Antikörper, welcher auf der Struktur des humanen Immunoglobulin G (IgG) kappa Antikörpers basiert. Durch biotechnologische Modifikation wird eine murine, antigenbindende Domäne an IgG angekoppelt; die Anti-CD20- Region. Targets dieses Arzneistoffs sind wie bereits erwähnt die CD-20-Oberflächenstrukturen auf B-Lymphozyten. Durch spezifische Bindung an diese Antigenstruktur auf normalen und malignen pre- und reifen B-Lymphozyten wird entweder direkt die Apoptose induziert, oder eine Immunantwort gegen die gebundenen Zellen ausgelöst. Die Immunantwort erfolgt entweder durch Komplement-Aktivierung, welche zum Zelltod führt, oder durch antikörperabhängige, zellvermittelte Cytotoxizität ADCC. Der Antikörper, welcher die ADCC einleitet ist natürlichweise IgG, oder hier eben Rituximab, da die dafür benötigte Bindungsregion ja dem humanen IgG entspricht. Folglich führen entweder natürliche Killerzellen oder Makrophagen zum gewollten Zelltod. Abbildung 1: Wirkungsmechanismus von Rituximab. Quelle: Präsentation Therapeutische Proteine AK gegen Tumorzellen von Georg-B, Kresse, Roche Pharma Research, Penzberg 5
3.1.1 Wirksamkeitsstudie zu Rituximab [1] In einer ersten Studie 1998 wurden in einer multiinstitutionellen Untersuchung mit dem chimären Anti-CD20-Antikörper IDEC-C2B8 (Rituximab) 166 Patienten mit 375 mg/m 2 i.v. Dosen während 4 Wochen behandelt. Dabei wurden 4 Applikationen erteilt. Bei den Probanden handelte es sich um Patienten mit follikulärem Lymphom. Als Resultat zeigte sich, das sich bei 48% der intent-to-treat Gruppe eine Verbesserung abzeichnete. Vorgeschlagen wurde die Kombination mit Standard-Chemotherapien, wie sie heute angewendet wird. TM [4][5] 3.2 Zevalin 3.2.1 90 Yttrium-Ibritumomab-Tiuxetan, ein monoklonaler Antikörper zur Therapie des follikulären B-Zell-Lymphoms Sechs Jahre nach Einführung des ersten monoklonalen Anti-B-Zell-Antikörpers Rituximab (Mabthera ) zur Lymphomtherapie ist im April 2004 in der Schweiz mit dem Zevalin erstmals ein Radio-Immunotherapeutikum zur Behandlung rezidivierter follikulärer Lymphome zugelassen worden. Hinter dem Namen 90 Yttrium-Ibritumomab-Tiuxetan (Zevalin TM ) verbergen sich drei Substanzkomponenten. Eine erste Komponente, der monoklonale Antikörper (MAB) Ibritumomab, ist über die zweite Komponente, den Linker-Chelator Tiuxetan selber pharmakologisch inaktiv mit dem Radioisotop 90 Yttrium verbunden. Die MAB-Komponente des Zevalin, das Ibritumomab, ist ein muriner Anti-CD20-Antikörper, ein Vorgänger des Mabthera (mittlerweile ein «Blockbuster»-Medikament mit Verkäufen pro Jahr von > 500 Mio. US-Dollar) des chimären Anti-CD20-Antikörpers, welcher das gleiche Epitop als Target hat. CD-20 ist ein membrangebundenes Phosphoprotein. Es wird bei B-Lymphozyten während den meisten Stadien der Reifungszeit (Ausnahme: Stammzelle, prä-b-lymphozyt und reife Plasmazelle) in hoher Dichte exprimiert. Abbildung 2: 90 Yttrium-Ibritumomab-Tiuxetan (Zevalin) besteht aus drei Substanzkomponenten. Der monoklonale Anti-CD20 Antikörper Ibritumomab ist über den Linker-Chelator Tiuxetan mit dem Radioisotop 90 Yttrium verbunden. 6
Ibritumomab kann kovalent verbunden werden mit MX-DTPA Verbindungs-Chelator Tiuxetan, welcher für eine hohe Affinität zu 111 Indium oder 90 Yttrium sorgt. Ibritumomab Tiuxetan kann sowohl 111 In ( 111 In Zevalin) sowie auch 90 Y ( 90 Y Zevalin) komplexieren. 90 Y ist ein hoch energetischer (2.3 MeV), reiner Beta-Strahler/Emitter mit einer Halbwertszeit von 64h und einer Gewebeeindringtiefe von bis zu 5mm. Durch die hohe Energie, sowie die weit reichende Strahlung ist das Radionuklid 90 Y bei der Behandlung von relativ grossen, schlecht durchbluteten Tumorenmassen geeignet. Die Charakteristika von 90 Y machen es zu einem idealen Radionuklid für effektive Radioimmunotherapie auf ambulanter Basis. 3.3 Vergleich der beiden Therapeutika 3.3.1 Strukturelle Eigenschaften Der monoklonale Antikörper des 90 Yttrium-Ibritumomab-Tiuxetan ist ein muriner Anti-CD20-Antikörper. Damit ist dieser MAB ein Vorläufer des chimären Anti-CD20-Antikörpers des Rituxan (Rituximab). Weiter besteht das Zevalin, wie bereits erwähnt, aus drei Substanzkomponenten: - MAB-Komponente: muriner monoklonaler Anti-CD20-Antikörper - Linker: Chelator Tiuxetan - Radioisotop: 90 Yttrium Durch die Kopplung des Radionuklids an den monoklonalen Anti-CD20 Antikörper erhält man quasi einen zusätzlichen Strahlungseffekt durch die Betastrahlung des 90 Y. Rituximab hingegen ist nur ein chimärer murin/humaner anti-cd-20 monoklonaler Antikörper ohne Radionuklid. Abbildung 2: Schematischer Aufbau muriner und humaner Antikörper sowie deren Mischformen 7
3.3.2 Vergleich bezüglich Wirksamkeit Beide, Zevalin sowie auch Rituxan zeigen antiproliferative Effekte und direkte Apoptoseinduktion. Beide habe dasselbe Target CD20 und wirken daher vergleichbar. Der monoklonale Antikörper Ibritumomab kann aber auch benutzt werden, um gezielt Radionuklide spezifisch zu Tumorzellen zu führen. Radioaktiv markierte Antikörper sind sehr attraktiv für NHL Therapie, weil Lymphoma-Zellen grundsätzliche sensitiv gegenüber Bestrahlung sind. 3.3.3 Phase III Studie mit Rituximab und 90 Yttrium-Ibritumomab-Tiuxetan [2] Es wurden 73 Patienten mit Zevalin und 70 Patienten mit Rituximab behandelt. Die Patienten erhielten entweder eine einfache intravenöse Dosis von 0,4 mci/kg 90Y-Ibritumomab-Tiuxetan (n = 73) oder einmal pro Woche 375 mg/m 2 Rituximab intravenös für vier Zyklen (n = 70). Die Radioimmunotherapie-Gruppe wurde zudem mit zwei Rituximab-Dosen à 250 mg/m 2 vorbehandelt, um die Bioverteilung des Antikörpers zu verbessern. Eine weitere Dosis 111 In-Ibritumomab-Tiuxetan sollte zudem zu einer besseren Bildgebung und Dosimetrie führen. Resultate Die Remissionsraten (ORR = overall response rate) sprachen mit 80% versus 56% klar für das Zevalin, also zugunsten der Radioimmunotherapie. Die kompletten Remissions-Raten waren 30% im Falle von 90 Y-Ibritumomab-Tiuxetan und 16% bei der Rituximab-Gruppe. Die mittlere Dauer der Remissionen waren 14.2 Monate bei 90 Y-Ibritumomab-Tiuxetan-Gruppe und 12.1 Monate in der Kontroll-Gruppe (Rituximab). Die Zeit bis zur Krankeitsprogression betrug 11,2 bzw. 10,1 Monate und war damit in beiden Fällen etwa gleich. Nach mehr als 6 Monaten waren in den beiden Gruppen noch 64% bzw. 47% der Tumore nicht progrediert. Reversible Myelosuppression war die primäre Toxizität unter der 90 Y-Antikörper-Therapie. 8
4. Schlussfolgerungen und Diskussion Radioimmunotherapie mit 90 Y-Ibritumomab-Tiuxetan zeigt statistisch und klinisch signifikant höhere Ansprech-/Remissionsraten sowie auch komplette Remissionsraten verglichen mit Rituximab alleine. Dabei ist auch wichtig, dass Nebenwirkungen nur in geringem Ausmass auftreten. Die Kopplung von Yttrium-90 an den monoklonalen Antikörper Rituximab ist ein Fortschritt bei der Behandlung des rezidivierten oder refraktären Non-Hodgkin-Lymphoms. Allerdings gibt die Studie keine Hinweise darauf, ob sich die Therapie auch positiv auf das Gesamtüberleben auswirkt. 9
5. Literatur 1 McLaughlin P, Grillo-Lopez AJ, et al.: Rituximab chimeric anti-cd20 monoclonal antibody therapy for relapsed indolent lymphoma: half of patients respond to a four-dose treatment program. J Clin Oncol 1998; 16(8): s. 2825-33 2 Witzig T.E. et al: Randomized Conrolled Trial of Yttrium-90-Labeled Ibritumomab- Tiuxetan Radioimmunotherapy Versus Rituximab Immunotherapy for Patients With Relapsed or Refractroy Low-Grade, Follicular, or Transformed B-Cell Non-Hodgkin`s Lymphoma, Journal of Clinical Oncology, Vol 20, No 10 (May 15), 2002: pp 2453-2463 3 Plosker GL, Figgitt DP: Rituximab: a review of its use in non-hodgkin's lymphoma and chronic lymphocytic leukaemia. Drugs 2003;63(8):803-43 4 Andreas Lohri, Richard Herrmann: Zevalin-Radioimmunotherapie (RIT) als neue Therapieoption beim follikulären B-Zell-Lymphom. Nova Schweiz Med Forum 2004; 4:1145-1148 5 Reinhard Zenhäusern: Follikuäre Non-Hodgkin-Lymphome. Onkologie 5/2006 6 Wikipedia: Non-Hodgkin-Lymphom,1.11.2007, [online] http://de.wikipedia.org/wiki/non-hodgkin-lymphom 7 Arzneimittel-Kompendium der Schweiz, MabThera bzw. Zevalin, 1.11.2007, [online] www.kompendium.ch 10