1 Das gesundheitskompetente Krankenhaus Ergebnisse einer österreichischen Pilotstudie zum Wiener Konzept Gesundheitskompetenter Krankenbehandlungsorganisationen Christina Dietscher Senior Researcher, LBIHPR, Wien Jürgen M. Pelikan Direktor, WHO-CC für Gesundheitsförderung im Krankenhaus und in Gesundheitseinrichtungen am LBIHPR, Wien LBIHPR: A-1020 Vienna, Untere Donaustraße 47, Austria office@lbihpr.lbg.ac.at www.lbihpr.lbg.ac.at +43 1 2121493-10 FAX - 50 in co-operation with academic and practice partners
Eingeschränkte betrifft die Mehrheit der ÖsterreicherInnen & ist schlechter als im Durchschnitt der anderen untersuchten EU-Staaten! inadäquate GK-Ges 0-25 Pkt. problematische GK-Ges >25-33 Pkt. ausreichende GK-Ges >33-42 Pkt. exzellente GK-Ges >42-50 Pkt. Niederlande 1,8% 26,9% 46,3% 25,1% Irland 10,3% 29,7% 38,7% 21,3% Polen 10,2% 34,4% 35,9% 19,5% Griechenland 13,9% 30,9% 39,6% 15,6% Deutschland 11,0% 35,3% 34,1% 19,6% Gesamt 12,4% 35,2% 36,0% 16,5% ÖSTERREICH 18,2% 38,2% 33,7% 9,9% Spanien 7,5% 50,8% 32,6% 9,1% Bulgarien 26,9% 35,2% 26,6% 11,3% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% AT[N=979] BG[N=925] DE (NRW)[N=1045] EL[N=998] ES[N=974] IE[N=959] NL[N=993] PL[N=921] Eu [N=7795] 3 Basis für alltägliche Entscheidungen und Handlungen 1. In der Gesundheitsgesellschaft (Kickbusch, 2006) ist jede Entscheidung auch eine Gesundheitsentscheidung. 2. In der Multioptions-Gesellschaft (Gross, 1994) fällen wir als Berufstätige, KonsumentInnen, BürgerInnen, PatientInnen täglich viele Entscheidungen. 3. Unsere bestimmt mit, wie sich Entscheidungen auf Gesundheit und Lebensqualität auswirken sie ist eine täglich benötigte Ressource für gesundheitsbezogene Entscheidungen und Handlungen. 4. Wie Gesundheit ist empirisch ungleich verteilt und hängt auch mit sozio-ökonomischen Faktoren zusammen. 5. Damit ist eine soziale Determinante der Gesundheit. 6. Es gibt erprobte gesundheitsförderliche Interventionen zur Stärkung der der Bevölkerung gesundheitliche Ungleichheit kann auch durch Stärkung der bekämpft werden. 4
besonders wichtig für das Krankenbehandlungssystem Personen mit geringer nehmen weniger Vorsorgeangebote weniger in Anspruch brauchen mehr medizinische Notfallbehandlungen werden häufiger hospitalisiert verstehen Gesundheitsinformationen schlechter sind weniger gut in der Lage, Medikamente richtig einzunehmen haben eine schlechtere Mitwirkung an Behandlung und Pflege haben schlechtere Behandlungsergebnisse haben ein höheres Risiko, Komplikationen zu erleiden haben mehr ungeplante Wiederaufnahmen verursachen 3-5% der Behandlungskosten (Eichler, Wieser und Brügger 2009) die Verbesserung der kann Effektivität und Effizienz des Krankenbehandlungssystems erhöhen! (Vgl. Berkman et al. 2011 sowie zitierte Studien in Brach et al. 2012) 5 vier spezifische Fähigkeiten Gesundheitsrelevante Informationen Finden Verstehen Beurteilen Anwenden Teil der Definition der HLS-EU Studie (Sorensen et al. 2012) 6
Voraussetzungen GK Speziell Allgemein Wissenschafts-, Medien, IT- Kompetenz etc. Basis Bildung (Literacy) (Lese-, Schreib- und Rechenkompetenz) (PIACC, PISA) Kenntnisse der Landessprache & Kultur des Aufenthaltslandes 7 ein relationales Konzept Persönliche Kompetenzen / Fähigkeiten Situative Anforderungen / Komplexität Quelle: Parker, 2009 Kompetenzen / Fähigkeiten X Anforderungen / Komplexität = Gleichung : Quelle: Brach 2013 8
Kompetenzen/Fähigkeiten Fragen, Recherchieren, Kontakte, Basis-Bildung (Sprachen, Lesen, Rechnen, ) Lebenserfahrung, Urteilsvermögen, Praktische Fähigkeiten, Kreativität, Gesundheitsinformationen Finden Verstehen Beurteilen Anwenden Anforderungen/Komplexität Verfügbarkeit, Zugänglichkeit Sprache, Sprachniveau, Bilder, Layout, Ersichtlichkeit von Quellenangaben, Anwendungsorientierung und - unterstützung 9 Organisationale Erfahrungen in unterschiedlichen Settings (Städte, Schulen, Betriebe, Gesundheitseinrichtungen) WHO Regional Office for Europe (2013): Health Literacy. The Solid Facts. http://www.euro.who.int/ da ta/assets/pdf_file/0008/1906 55/e96854.pdf 10
Verankerung in der österreichischen Gesundheitsreform Rahmengesundheitsziele (RGZ) von 2012 RGZ 3: der Bevölkerung stärken Wirkungsziel 1: Das Gesundheitssystem unter Einbeziehung der Beteiligten und Betroffenen gesundheitskompetenter machen 11 Das Wiener Konzept der Gesundheitskompetenten Krankenbehandlungsorganisation : 12 inhaltliche und 3 Implementierungsbereiche von für BEREICH 1: Zugang zu, Leben und Arbeiten in der Einrichtung BEREICH 2: Diagnose, Behandlung und Pflege Stakeholder-Gruppen A) PatientInnen B) MitarbeiterInnen C) Bevölkerung A1 GK für Leben und Navigieren A2 GK für Ko- Produktion von Gesundheit B1 GK für Navigieren und Arbeiten B2 GK für gesundheitskompeten te Kommunikation mit PatientInnen C1 GK für Navigieren und Zugang C2 GK für Koproduktion in der kontinuierlichen Versorgung D) Organisationale Strategien, Kapazitäten Implementierungsprozesse D(i) Grundsätze und Kapazitätsentwicklung für die Implementierung BEREICH 3: Krankheitsmanagement und Prävention A3 GK für Krankheitsmanageme nt und -prävention B3 GK für Krankheitsmanageme nt und -prävention C3 GK für Krankheitsmanageme nt und -prävention D(ii) Monitoring von GK- Strukturen und - prozessen BEREICH 4: Lebensstilentwicklung A4 GK für Lebensstilentwicklung B4 GK für Lebensstilentwicklung C4 GK für Lebensstilentwicklung D(iii) Anwaltschaft und Netzwerken für die Dissemination 12
Die 9 Standards des Wiener Konzepts 1. Organisationale Kapazitäten, Infrastrukturen und Ressourcen für bereitstellen 2. Materialien und Angebote partizipativ entwickeln und evaluieren 3. MitarbeiterInnen für gesundheitskompetente Kommunikation mit PatientInnen qualifizieren 4. Eine unterstützende Umwelt schaffen - Navigationshilfen 5. Gesundheitskompetente Kommunikation mit PatientInnen sicherstellen mündlich, schriftlich / audi-visuell, muttersprachlich 6. von PatientInnen und Angehörigen verbessern 7. der MitarbeiterInnen verbessern für sich selbst 8. Zur in der Region beitragen 9. Dissemination und Vorbildwirkung 13 Eckdaten zur Pilot-Erhebung in Österreich Zeitraum: Oktober 2014 bis März 2015 TeilnehmerInnen: 9 KH aus 5 Bundesländern (Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Wien) Große wie kleine, städtische wie ländliche, Allgemein- und Sonderkrankenanstalten Forschungsfragen: Sind Standards, Sub-Standards und Items verständlich und relevant? Ist die Durchführung der Selbstbewertung verständlich und umsetzbar? Erscheinen die Ergebnisse für Organisationsdiagnose und Benchmarking geeignet? 14
Die Standards im Vergleich Erfüllung der Standards 1-9 im Überblick (Angaben in Prozent, n=9 Pilot-Häuser, Anzahl Items siehe jeweiliger Standard) 100 90 80 1 0 0 42 15 5 3 19 19 0 0 1 0 1,1 10 13 25 24 25,1 70 59 16 41 32 60 50 60 36 24 45 35,1 Fehlend Nein 40 38 Teilweise Voll und ganz 30 20 10 24 19 17 25 60 42 49 55 50 31 38,7 0 Standard 1 (15 Organisationale Anbindung Standard 2 (7 Standard 3 (15 Partizipation MA- Schulung Standard 4 (41 Standard 5 (41 Standard 6 (11 Standard 7 (11 Standard 8 (14 Standard 9 (5 Durchschnitt 15 Standard-Gesamterfüllung im Häuservergleich (Angaben in Prozent, n=160 16
Weiterentwicklungsbedarf Verbesserung der Partizipation mit PatientInnen z.b. im Rahmen eines nationalen Kompetenzzentrums Verstärkung der organisationalen Anbindung z.b. durch Bundesleitlinien zur organisationalen in die Ausbildung von Gesundheitsberufen integrieren z.b. Pflege (Altin / Stock 2015) Medizin (Brach, Dreyer, Schillinger 2014) Pharmazie (z.b. Crystal-clear Pharmacy ) 17 Nächste Schritte Bereitstellung Selbstbewertungs-Tool für organisationale ab Ende Mai Bereitstellung Themenpapier zur organisationalen mit Umsetzungs-Toolbox im November 2015 20. Österreichische Konferenz Gesundheitsfördernder Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen (ONGKG): Die von Gesundheitseinrichtungen entwickeln: Strategien und Beispiele 19.-20. November 2015 Wien http://www.ongkg.at/konferenzen.html 18
Ausgewählte Quellen für Interventionen & Maßnahmen Brach et al. (2012): Ten Attributes of Health Literate Health Care Organizations http://iom.edu/~/media/files/per spectives- Files/2012/Discussion- Papers/BPH_Ten_HLit_Attribute s.pdf WHO Regional Office for Europe (2013): Health Literacy. The Solid Facts. http://www.euro.who.int/ da ta/assets/pdf_file/0008/1906 55/e96854.pdf Pelikan, et al. (2013): verbessern. Handlungsoptionen für die Sozialversicherung. www.ooegkk.at/wissenschaft 19 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! christina.dietscher@lbihpr.lbg.ac.at LBIHPR: A-1020 Vienna, Untere Donaustraße 47, Austria office@lbihpr.lbg.ac.at www.lbihpr.lbg.ac.at +43 1 2121493-10 FAX - 50 in co-operation with academic and practice partners