Personalabbau in der Krise Dr. Dirk Freihube Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
1. Vorüberlegungen Abfindungsrisiko es gibt keine allgemeingültige Formel Annahmeverzugsrisiko Abfindungshöhe ist Kapitalisierung der Erfolgsaussichten im arbeitsgerichtlichen Verfahren 80 % der Kündigungsschutzverfahren werden durch Abfindungsvergleich in erster Instanz beendet
2. Kündigungsgründe einer ordentlichen Kündigung, 1 Abs. 2 KSchG a) Personenbedingte b) Verhaltensbedingte c) Betriebsbedingte
2. Kündigungsgründe einer ordentlichen Kündigung, 1 Abs. 2 KSchG a) Personenbedingte Kündigung Arbeitnehmer fehlt Fähigkeit und Eignung, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen Abgrenzung zur verhaltensbedingten Kündigung: will er oder kann er nicht Abgrenzung bereitet in der Praxis Schwierigkeiten Im Zweifel BR zu beiden Kündigungen anhören!
2. Kündigungsgründe einer ordentlichen Kündigung, 1 Abs. 2 KSchG b) Verhaltensbedingte Kündigung schuldhaftes Fehlverhalten des Arbeitnehmers (zumeist zugleich Vertragsverletzungen) grds vorherige Abmahnung erforderlich, 314 BGB
2. Kündigungsgründe einer ordentlichen Kündigung, 1 Abs. 2 KSchG c) Betriebsbedingte Kündigung I. Wegfall des Beschäftigungsbedarfs aufgrund betrieblicher Erfordernisse Prognose zum Kündigungszeitpunkt/keine Vorratskündigung (BAG 13.02.2008 2 AZR 79/06) Betriebliche Erfordernisse außerbetriebliche Gründe: Auftragsmangel, Umsatzrückgang, etc. aber: Nachweis erforderlich, dass außerbetrieblicher Grund 1:1 auf den Beschäftigungsbedarf durchgeschlagen hat innerbetriebliche Gründe: gestaltende unternehmerische Maßnahme: Outsourcing, Einschränkung der Produktion, Leistungsverdichtung, Verkürzung der Öffnungszeiten, etc.
2. Kündigungsgründe einer ordentlichen Kündigung, 1 Abs. 2 KSchG II. Fehlen einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit Achtung! Stellenausschreibungen auf der Homepage III. Sozialauswahl nur zwischen vergleichbaren Arbeitnehmern Austauschbarkeit im Wege des Direktionsrechts erforderlich
3. Massenentlassungsanzeige, 17 KSchG Anzeige erforderlich bei Kündigungen oder vom Arbeitgeber veranlasste Aufhebungen, wenn folgende Schwellenwerte im Betrieb erreicht werden: 21 59 Arbeitnehmer: mehr als 5 Arbeitnehmer 60 499 Arbeitnehmer: 10 % oder mehr als 25 Arbeitnehmer mindestens 500 Arbeitnehmer: mindestens 30 Arbeitnehmer innerhalb von 30 Kalendertagen (maßgeblich ist Kündigungszugang)
4. Interessenausgleich (IA), 111 BetrVG Pflicht zur Beratung einer Betriebsänderung und zum Versuch eines IA über Betriebsänderung in Unternehmen mit mehr als 20 AN und BR im betreffenden Betrieb. Wichtigster Fall der Betriebsänderung: Stilllegung oder Einschränkung des Betriebes Einschränkung: Personalabbau durch Kündigungen oder vom Arbeitgeber veranlasste Aufhebungen (Schwellenwerte des 17 Abs. 1 KSchG) IA regelt das Ob, Wann und Wie der Betriebsänderung. Unterbleiben des Versuchs eines IA führt ggf. zur Unterlassungsverfügung und zum Nachteilsausgleich gemäß 113 BetrVG
5. Sozialplan, 112, 112 a BetrVG Sozialplan regelt soziale Abfederung der Betriebsänderung (in der Regel durch Abfindungen) keine Sozialplanpflicht, wenn geplante Betriebsänderung allein in der Entlassung von Arbeitnehmern besteht und die in 112 a BetrVG genannten Schwellenwerte nicht erreicht werden: - Betriebe mit weniger als 60 Arbeitnehmern: 20 %, mindestens 6 Arbeitnehmer - Betriebe mit 60 249 Arbeitnehmern: 20 % oder mindestens 37 Arbeitnehmer - Betriebe 250 499 Arbeitnehmern: 15 % oder mindestens 60 Arbeitnehmer - Betrieb mit 500 Arbeitnehmern: 10 %, mindestens 60 Arbeitnehmer
6. Betriebsratsanhörung ( 102 BetrVG) Kündigungskiller Nr.1! Umfängliche Mitteilung, die keine eigenen Nachforschungen des BR erfordert. Stichwortartige und pauschale Umschreibungen genügen nicht Umstände, die dem BR nicht mitgeteilt wurden, können im Kündigungsschutzverfahren nicht berücksichtigt werden, daher dem BR im Zweifel lieber zu viel als zu wenig mitteilen ( vorgezogener Kündigungsschutzprozess )
7. Kündigungsausspruch a) Schriftform ( 623 BGB) Originalunterschrift erforderlich, Telefax/Kopie/E-Mail/SMS reichen nicht aus Keine Paraphe! b) Unterzeichnungs-/Vertretungsberechtigung gesetzliche Allein- oder Gesamtvertretung (i.d.r. Gesamtvertretung, 35 Abs. 2 GmbHG) Bei Gesamtvertretung, z.b. zwei Geschäftsführern, ist Originalbevollmächtigung des Alleinunterzeichners dem Kündigungsschreiben beizufügen Gefahr der Zurückweisung nach 174 BGB
7. Kündigungsausspruch c) Nennung des Kündigungsgrundes grundsätzlich nicht erforderlich Ausnahme: z.b. 22 Abs. 3 BBiG / Tarifverträge - 22 BBiG: Angabe des Kündigungsgrundes im Kündigungsschreiben ist Wirksamkeitsvoraussetzung für außerordentliche Kündigung - konkrete Angabe der Kündigungsgründe erforderlich - Achtung: Kündigung minderjähriger Auszubildender: Mitteilung der Kündigungsgründe und Kündigung hat gegenüber gesetzlichem Vertreter zu erfolgen
7. Kündigungsausspruch d) Zustellung bei krankheits- oder urlaubsbedingter Abwesenheit kann dennoch an Wohnadresse zugestellt werden keine Zugangsfiktion bei normaler Briefsendung auch Einschreiben/Rückschein bzw. Einwurfeinschreiben gewährleisten keinen Zugangsnachweis, da Zugang nicht schon mit Einwurf des Benachrichtigungsscheins, sondern erst mit Aushändigung des Briefes deshalb: Kündigung immer per Boten zustellen lassen. Bote sollte Schreiben lesen.
8. Wichtige Inhalte des Abwicklungsvertrages / gerichtlichen Vergleichs Genaue Bezeichnung der noch zu erbringenden Leistungen (Boni, Fixgehalt etc.) Abrechung nach Grundsätzen des EFZG Anrechungsklausel bezüglich Sozialplanabfindung Freistellung und Urlaub Ausgleichsklausel Vorsicht bei Arbeitgeberdarlehen
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!