Skript zur Vorlesung Soziale Sicherung (WS 2009) Teil 4 4.2 Adverse Selektion auf Versicherungsmärkten Ausgangssituation ohne Versicherung: zwei Zustände: W 1 und W 2 ohne Versicherung: W 1 = W 0 W 2 = W 0 L Risikoaverse Person mit Nutzenfunktion EU = πu(w 1 ) + (1 π)u(w 2 ) mit u > 0 und u < 0 Steigung Indifferenzkurven: dw 2 dw 1 = 1 π deu=0 π u (W 1 ) u (W 2 ) (1) Situation mit Versicherung: zwei Zustände: W 1 und W 2 mit Versicherung in Höhe von V bei Prämie P : W 1 = W 0 P W 2 = W 0 L + V P Risikoaverse Person mit Nutzenfunktion EU = πu(w 1 ) + (1 π)u(w 2 ) = πu(w 0 L + V P) + (1 π)u(w 0 P) mit u > 0 und u < 0 Unterscheidung: Preis-Angebote Preis pro Euro Schadensdeckung: p Preis-Mengen-Angebote 1
1. Wettbewerb, Preisangebote, 1 Risikotyp GG: Sozialversicherung und Markt-GG 2. Monopol, Preisangebote, 1 Risikotyp GG: GG Risiko Sozialversicherung und Markt-GG besser Gleiches Ergebnis bei Übergang von Monopol zu Wettbewerb! 2
3. Wettbewerb, Preis-Mengen-Angebote, 1 Risikotyp GG-Konzept? unterschiedliche Produkte auf Wettbewerbsmarkt 3 GG-Konzepte: Rothschild-Stiglitz-GG Wilson-GG Wilson-Spence-Miyazaki-GG 1. GG-Konzept: Rothschild-Stiglitz Ein RS-Gleichgewicht besteht aus einer Menge von Verträgen, für die gilt: 1. Die Versicherungsnehmer wählen aus der Menge jeweils den Vertrag, der ihren Erwartungsnutzen maximiert. 2. Kein Vertrag in der Menge verursacht einen Verlust. 3. Es gibt keinen Vertrag außerhalb der Menge, mit dem sich ein Gewinn erzielen läßt. 3. Wettbewerb, Preis-Mengen-A., 1 Risikotyp, RS-GG GG: Sozialversicherung und Markt-GG 3
4. Monopol, Preis-Mengen-A., 1 Risikotyp GG GG: vollständige Übertragung des Risikos vom risikoaversen auf den risikoneutralen Akteur Vergleich zu Preis-Angeboten: Verbot von Sozialversicherung und GG Gleiches Ergebnis bei: 5. Wettbewerb, Preis-Angebote, 2 unterscheidbare Risikotypen Unterschied: π H > π N GG: für jeden Risikotyp Vollversicherung zu fairer Prämie Sozialversicherung und Markt-GG unterschiedlich: besser für schlechter für Gleiches Ergebnis bei 4
6. Wettbewerb, Preis-Angebote, 2 nicht unterscheidbare Risikotypen Zwei unterschiedliche Gleichgewichte möglich: in beiden Fällen: adverse Selektion: Gleichgewichte Vergleich von PMA und PA: Verbot von PMA ( PA) Sozialversicherung Markt-GG Verbesserung Verbesserung 5
7. Wettbewerb, Preis-Mengen-Angebote, 2 unterscheidbare Risikotypen GG: für jeden Risikotyp Sozialversicherung und Markt-GG Gleiches Ergebnis bei 8. Wettbewerb, Preis-Mengen-Angebote, 2 nicht unterscheidbare Risikotypen Zwei mögliche Gleichgewichte vereinendes GG trennendes GG Vereinendes GG möglich? Steigung der Indifferenzkurve: dw 2 = 1 π u (W 1 ) dw 1 π u (W 2 ) (2) In jedem Punkt ist Indifferenzkurve Vereinendes GG 6
8. Wettbewerb, Preis-Mengen-Angebote, 2 nicht unterscheidbare Risikotypen Trennendes GG: Vollversicherung Teilversicherung kein GG, wenn Anteil der N-Typen zu groß Sozialversicherung und Markt-GG 7
Übersicht: Sozialversicherung im Vergleich zu: 1. Wettbewerb, Preisangebote, 1 Risikotyp 2. Monopol, Preisangebote, 1 Risikotyp 3. Wettbewerb, Preis-Mengen-A., 1 Risikotyp, RS-GG 4. Monopol, Preis-Mengen-Angebote, 1 Risikotyp 5. Wettbewerb, Preis-Angebote, 2 unterscheidbare Risikotypen 6. Wettbewerb, Preis-Angebote, 2 nicht unterscheidbare Risikotypen 7. Wettbewerb, Preis-Mengen-Angebote, 2 unterscheidbare Risikotypen 8. Wettbewerb, Preis-Mengen-Angebote, 2 nicht unterscheidbare Risikotypen Übersicht: Sozialversicherung im Vergleich zu Marktgleichgewicht keine Situation, häufig nur in manchen Fällen mehr Effizienz nur Alternative: 8
8a Wettbewerb, Preis-Mengen-Angebote, 2 nicht unterscheidbare Risikotypen, Zwangs-Teilversicherung Verbesserung Sozialversicherung bei alternativen GG-Konzepten Gleichgewichtskonzept 2: Wilson: Ein W-Gleichgewicht besteht aus einer Menge von Verträgen, für die gilt: 1. Die Versicherungsnehmer wählen aus der Menge jeweils den Vertrag, der ihren Erwartungsnutzen maximiert. 2. Kein Vertrag in der Menge verursacht einen Verlust. 3. Es gibt keinen Vertrag außerhalb der Menge, mit dem sich ein Gewinn erzielen läßt, nachdem die Verträge, die durch das Anbieten dieses Vertrages einen Verlust verursachen, aus der Menge entfernt wurden. Änderung: Gleichgewichtskonzept 3: Wilson-Spence-Miyazaki: Ein WSM-Gleichgewicht besteht aus einer Menge von Vertragspaaren, für die gilt: 1. Die Versicherungsnehmer wählen aus der Menge jeweils den Vertrag, der ihren Erwartungsnutzen maximiert. 2. Kein Vertragpaar in der Menge verursacht Verlust. 3. Es gibt kein Vertragspaar außerhalb der Menge, mit dem sich ein Gewinn erzielen läßt, nachdem die Vertragspaare, die durch das Anbieten dieses Vertragspaares einen Verlust verursachen, aus der Menge entfernt wurden. Änderung: Zusammenfassung: Verbesserung für beide Risikotypen möglich durch Sozialversicherung bei Wettbewerb, Preis-Angebote, 2 nicht unterscheidbare Risikotypen Teil-Sozialversicherung bei Wettbewerb, Preis-Mengen-Angeboten, 2 nicht unterscheidbare Risikotypen 9
6.1.5 Versicherung bei Existenz von Grundsicherung Schadensfall: L ein Risikotyp: π bekannt Personen unterscheiden sich in ihrem Einkommen W 0 Personen haben Anspruch auf Existenzminimum Ŵ für alle Personen gilt W 0 > Ŵ falls Sozialhilfe in Anspruch genommen wird, erhält Person S = (3) Finanzierung der Sozialhilfe nicht im Modell erklärt Zwei Fälle: W 0 L Ŵ auch ohne Versicherung hat Person im Krankheitsfall höheres Einkommen als Grundsicherung W 0 L < Ŵ im Krankheitsfall zwei Fälle: Person präferiert Versicherung ohne Sozialhilfe Person präferiert Sozialhilfe ohne Versicherung Ist der Abstand zwischen Ŵ und W 0 L groß genug, verzichtet Person auf Versicherung und nimmt im Krankheitsfall die Grundsicherung in Anspruch Situation da Person 10
Verlauf der Budget-Gerade Auswirkung einer Sozialversicherung? Nutzen der Person Pareto-verbessernder Staatseingriff möglich? Pareto-verbessernder Staatseingriff Sozialversicherung T = πs: Verbesserung für T = a: Verbesserung für a < T < πs: Verbesserung für Fazit: Effizienzbegründung von Sozialversicherung bei Existenz einer Grundsicherung möglich. Zu beachten: Pareto-Verbesserung durch Sozialhilfe 11
6.1.4 Prämienrisiko Wahrscheinlichkeit für Schadensfall kann sich im Zeitablauf verändern Prämienrisiko, falls risikoaverse Personen würden Zu untersuchen: Marktlösungen zur Absicherung von Prämienrisiko? Begründung einer Sozialversicherung? Marktlösungen zur Absicherung von Prämienrisiko: Modell: 2 Perioden in jeder Periode: Schadensfall L möglich Wahrscheinlichkeit in beiden Perioden beobachtbar Periode 1: π L Periode 2: π L oder π H Wahrscheinlichkeit für π L in Periode 2: λ Durchschnittswahrscheinlichkeit in Periode 2: π = Marktlösung: Wahrscheinlichkeit beobachtbar Prämienrisiko Alternative Marktlösung 1: Langfristiger Vertrag Prämie π L L in Periode 1 Prämie πl in Periode 2 damit Prämienrisiko versichert Problem dieser Lösung: niedrige Risiken Ersparnis: langfristige Bindung an eine Versicherung kann von Versicherung nur 12
Alternative Marktlösung 2: Vertragsverlängerungsgarantien Versicherung garantiert Prämienstabilität bei Zahlung einer Zusatzprämie Versicherungsnehmer können Versicherung in Periode 2 wechseln Prämienhöhe in 2: P 2 = Gesamtprämie in 1: GP 1 = Zusatzprämie damit: P1 Z = Prämien: P 1 = Welche Probleme gelöst? Vorteile: niedrige Risiken haben niedrige Risiken können Nachteil hohe Risiken sind Zusatzprämie Vertragsverlängerungsgarantien werden verwendet bei Alternative Marktlösung 3: Prämienversicherung eigene Versicherung für das Prämienrisiko Prämien-Versicherung zahlt Prämienaufschlag, falls Person hohes Risiko wird, gegen Zahlung einer Prämie Prämie: P PV = Welche Probleme gelöst? Vorteil keine langfristigen Verträge, die die niedrigen Risiken beenden wollen jeder kann Versicherung in Periode 2 frei wählen Nachteil Prämienversicherung ggf. nicht finanzierbar, falls Kreditbeschränkung wie falls durch Prämienanstieg, dann Anreiz für Prämienanstieg wegen Zusatzleistungen 13
Übersicht: langfristiger Vertrag keine Wechselmöglichkeit Vertragsverlängerungsgarantien keine Wechselmöglichkeit für hohe Risiken Prämienversicherung Nachweisproblem des Risikoanstiegs Sozialversicherung als Alternative? Sozialversicherung mit Prämiendifferenzierungsverbot versichert das Prämienrisiko falls Wettbewerbsmarkt für Versicherungen: Aufnahmezwang Versicherungspflicht um Risikoselektion zu vermeiden: Regulierung des Leistungspakets (bei KV) Risikostrukturausgleich Sozialversicherung durch Prämienrisiko begründbar. 14