5 3.2 Die Fouriertransformierte Eine Funktion f : R C heißt absolut integrabel, falls sie stückweise stetig und fx dx < ist. Definition: Sei f : R C absolut integrabel. Dann bezeichnen wir die durch fω : fxe j ωx dx definierte Funktion f : R C als die Fouriertransformierte von f. Man nennt f die Originalfunktion und f die Bildfunktion oder Spektralfunktion. f ft ist im sogenannten Zeitbereich angesiedelt, die Fouriertransformierte f fω im Spektralbereich. Man schreibt auch: ft fω. Wir studieren wichtige Eigenschaften dieser Funktion. Zunächst einige 3.2.. Beispiele A. Wir beginnen mit dem Rechteck-Impuls πt : { für t für t >. Die Fourier-Transformierte π ist gegeben durch πω e j ωt dt j ω e j ωt Mit der Schreibweise six : sin x/x erhalten wir: πt πω 2 siω. Der Graph von π sieht folgendermaßen aus: j ω e j ω e j ω 2 ω sinω. B. Als nächstes betrachten wir den symmetrisch abfallenden Impuls ft : e a t.
6 3 Die Fouriertransformation f ist integrierbar und ft dt 2 e at dt 2 e at a 2/a. Die Fourier-Transformierte ist gegeben durch fω e a t e j ωt dt e a+j ωt dt + a + j ω e a+j ωt a + j ω e a+j ωt a + j ω a + j ω 2a ω 2 a 2a 2 ω 2 + a. 2 t e a+j ωt dt Also haben wir: 2/a e a t 2a a 2 + ω 2. ω + t für t, C. Sei ft : t für t, sonst. Es ist und xe j ωx dx x j ω e j ωx x dx j ω e j ωx + e j ωx dx j ω j ω e j ω j ω 2 e j ωx j ω e j ω + e j ω ω 2
3.2 Die Fouriertransformierte 7 xe j ωx dx Daraus folgt: fω x j ω e j ωx dx x j ω e j ωx j ω ej ω j ω 2 e j ωx fxe j ωx dx e j ωx dx + j ω e j ωx xe j ωx dx + + e j ωx dx j ω j ω ej ω + ω 2 e j ω. j ω ej ω + ω 2 e j ω e j ωx dx xe j ωx dx j ω e j ωx + j ω e j ω e j ω ω 2 + e j ω e j ω e j ω + + e j ω + 2 e j ω e j ω ω 2 ω 2 e j ω 2 + e j ω ω 2 e j ω/2 e j ω/2 2 ω 2 2j sinω/2 2 4 ω 2 sin2 ω/2 siω/2 2. j ω Wir stellen nun einige Rechenregeln zur Fouriertransformation zusammen. Dabei setzen wir alle Funktionen als stückweise stetig und integrabel voraus. 3.2.2 Satz. Seien f, g : R R Funktionen wie oben gefordert. Dann erfüllt die Fouriertransformierte die folgenden Regeln: a Linearität: f + g f + ĝ und λf λ f. b Dilatationsregel: Ist a, und f a x : fax, so ist f a ω a f ω a. c. und 2. Translationsregel: Ist x R und τ x fx fx + x, so ist τ x fω e j ωx fω. Ist ω R, so gilt f e j ω x fω ω. d Wenn f gerade ist also f x fx, so ist f reellwertig. Ist f ungerade also f x fx, so hat f nur rein imaginäre Werte.
8 3 Die Fouriertransformation Beweis. besteht aus einfachen Integrationen. Die folgende Eigenschaft ist einer der Hauptgründe für die Einführung der Fouriertransformation. 3.2.3 Satz. Differentiationssatz, Transformierte der Ableitung: a Ist f k-mal stetig differenzierbar und f k wieder integrabel, so gilt Beweis. Wir rechnen für k. Dann ist R r f k ω j ω k fω f xe j ωx dx fxe j ωx R Da f integrabel ist, muss r R j ω fxe j ωx dx r fre j ωr fre j ωr + j ω lim fr und lim fr R r R r fxe j ωx dx sein. Daraus folgt: f j ω f. Der allgemeine Fall folgt induktiv. 3.2.4 Satz 2. Differentiationssatz, Ableitung der Transformierten: Sei f : R R stückweise stetig, und für ein ganzzahliges k sei die Funktion gx : x k fx absolut integrabel. Dann ist f k-mal stetig differenzierbar und f k j k ĝ. Beweis. Da fte j ωt j t fte j ωt t ft integrabel ist, ist das ω Parameterintegral ω fte j ωt dt nach einem allgemeinen Satz differenzierbar und kann abgeleitet werden, indem man unter dem Integralzeichen differenziert. Die Formel folgt aus f ω j ω fte j ωt dt tfte j ωt dt j ĝω für gt : tft. Als eine schöne Anwendung dieser Differentiationssätze berechnen wir die Fouriertransformierte von fx e ax2.
3.2 Die Fouriertransformierte 9 Beide Sätze sind auf f anwendbar. Es entsteht: f j ω f. Zum anderen ist aber f x 2axfx, also f f eine Lösung der Differentialgleichung 2a xf 2aj f. Damit ist f ω 2a f. Betrachten wir dazu die Ableitung der Funktion gω : fω e ω2 /4a, so finden wir, dass g ω ist, also gω C eine Konstante. Damit haben wir aber Dabei ist also C f fx dx fω fω Ce ω2 /4a. Wir tragen hier den Beweis der Formel e ax2 dx a π π /4a a e ω2 Dabei müssen wir etwas tricksen. Für x R sei F x : e +t2 x 2 a f ω 2a. e x2 dx π nach: + t 2 dt. e x2 dx π a, Die Ableitung dieses Parameter-Integrals bildet man wie üblich durch Differentiation unter dem Integral. So erhält man Einerseits ist jetzt F x x 2x e +t2 x 2 dt 2xe x2 e t2 x 2 dt x 2e x2 e u2 du F t dt F F x Substitution tx u. dt + t 2 F x π 4 F x und andererseits gilt mit ft : t e u2 du die Beziehung
3 Die Fouriertransformation x F t dt 2 Zusammen liefert das die Gleichung x x x 2e t2 t fx 2 e u2 du dt f tft dt 2 fx f x 2. e du u2 2 π e u2 du 4 F x. Da F x für x gegen Null konvergiert, folgt daraus e u2 du 2 π. v dv Wir beantworten jetzt die Frage, wann man eine integrable Funktion f aus ihrer Fouriertransformierten zurückgewinnen kann. Dazu beachten wir 3.2.5 Satz Parsevalsche Gleichung: Angenommen, es seien f, g : R R absolut integrabel, also f und g integrabel, ebenso f g. Dann gilt fωgω dω fηĝη dη. Beweis. Wir setzen die Definition der Fouriertransformierten ein und erhalten fωgω dω fηgωe j ωη dη dω fηgωe j ωη dω dη fηĝη dη Dass die Vertauschung der Integrationsreihenfolge unter den gegebenen Voraussetzungen möglich ist, wird in der Mathematik bewiesen. Damit können wir die Umkehrformel aufstellen: 3.2.6 SatzUmkehrformel: Wenn f : R R stetig ist und eine absolut integrierbare Fouriertransformierte besitzt, dann gilt fx 2π fωe j ωx dω.
3.2 Die Fouriertransformierte Beweis. Wir setzen gx : e ax2 mit a >. Dann ist ĝη Wenden wir die Parsevalgleichung auf f und g an, so ergibt sich: π a e η2 /4a. fωe aω2 dω π fη /4a a e η2 dη 2π f 2a ye y2 /2 dy. Dabei wurde die Substitution η 2ay benutzt. Da f als stetig und f als absolut integrabel vorausgesetzt wurde, darf man a auf beiden Seiten gegen gehen lassen. Dann folgt: fω dω 2πf e y2 /2 dy 2πf. Das ist die behauptete Formel für x. Ist x, so betrachten wir τ x ft ft + x. Es ist τ x f e j ωx f und deshalb fx τ x f τ x fω dω 2π 2π fxe j ωx dω. Das ist die Umkehrformel. Ist f nur stückweise stetig differenzierbar und absolut integrierbar, so gilt das allgemeinere Fourier-Integral-Theorem: M f x 2π C.H. : 2π lim R R R fωe j ωx dω fωe j ωx dω Cauchy scher Hauptwert. Eine interessante Anwendung der Umkehrformel ist die folgende Aussage: 3.2.7 Satz:. Ist f : R R stetig und absolut integrabel, A > und f außerhalb des Intervalls [ A, A] identisch Null, so ist f sogar beliebig oft differenzierbar. Beweis. Zunächst ist klar, dass f selbst und jede der Funktionen x k fx absolut integrabel ist. Mit dem 2. Differentiationssatz folgt daraus, dass die Fouriertransformierte f von f beliebig oft differenzierbar ist. Es gilt aber: 2πfx fωe j ωx dx fωe j ω x dx f x.
2 3 Die Fouriertransformation Definition: Sind f, g : R R zwei absolut integrable Funktionen, so definiert man ihre Faltung f g durch f gx : ftgx tdt. Dass f gx unter den gegebenen Voraussetzungen für jedes x R existiert und selbst wieder eine absolut integrable Funktion darstellt, wird in der Theorie der uneigentlichen Integrale bewiesen. Man kann außerdem zeigen: Ist ft 2 dt < und gt 2 dt <, so ist f g stetig und beschränkt. Nun gilt, ähnlich wie bei der periodischen Faltung: 3.2.8 Satz Faltungssatz: Sind f, g : R R absolut integrabel, so ist Auf den Beweis verzichten wir hier. 3.2.9. Beispiel f g f ĝ. Sei πx : auf [, ] und sonst der Rechteckimpuls. Dann ist π πt t πsπt s ds t+ πu du t+ t πt s ds πu du. Das Integral verschwindet, wenn t 2, weil sich dann [, ] und [t, t+] nicht treffen. t Sei nun t < 2. Ist etwa t >, so ist der Überlappungsbereich das Intervall [t, ] mit der Länge t 2 t, und diese Länge ist der Wert des Integrals. Aus Symmetriegründen erhält man für negatives t das gleiche Ergebnis. Deshalb ist { 2 t für t 2 π πt für t > 2. π π π
3.2 Die Fouriertransformierte 3 Damit ist π πt 2 ft/2, wobei f die Dreiecksfunktion aus Beispiel C vom Anfang dieses Paragraphen ist. Es folgt: π πω 2 2 f2ω 4 si 2 ω. Mit dem Faltungssatz geht es noch einfacher: π πω πω 2 2 siω 2 4 si 2 ω. Als Anwendungsbeispiel betrachten wir den RCL-Schaltkreis: R ft C V t L Wir analysieren einen Stromkreis aus Widerstand R, Induktivität L und Kapazität C. Gefragt ist nach der Ausgangs-Spannung V am Kondensator, wenn die Eingangs-Spannung f angelegt wird. Das Ohm sche Gesetz liefert die Differenzialgleichung LC V + RC V + V f. Die Anwendung der Fouriertransformation auf diese Gleichung führt auf LCj ω 2 + RCj ω + V f, also V LC f. j ω 2 + R j ω + L LC Wir berechnen nun die Fouriertransformierte einer gedämpften Schwingung { e hx ax sinbx wenn x wenn x <, für a >, b R. Bekanntlich ist sinbx 2j x. Sei e j bx e j bx, also hx 2j e ax e j bx e j bx für Hx : { für x, für x >.
4 3 Die Fouriertransformation Bei der Berechnung des symmetrisch abfallenden Impulses Beispiel B hatten wir herausgefunden: e ax Hx F ω : a + j ω. Daraus folgt: e ax e j bx Hx F ω b a + j ω b und also e ax e j bx Hx F ω + b a + j ω + b, hx ĥω [ 2j a + j b j b ] a + j b + j b 2j b 2j a + j ω 2 + b 2 b a 2 + b 2 ω 2 + 2aωj. Vergleicht man nun ĥ mit V, so kommt man zu folgender Fallunterscheidung:. Fall: Ist LC > R2 4L, so setzen wir a R 2 2L und b LC R2 4L. 2 Offensichtlich ist dann b reell und a 2 + b 2 /LC. Daraus folgt: V ω blc ĥω fω blc ĥ fω. { für s <, Ist fs :, so gilt für s. f V t h ft hsft s ds blc blc e as sinbsft s ds blc f blc t e as sinbs ds. Eine Stammfunktion von gs : e as sinbs ist die Funktion Gs : e as a 2 + b 2 a sinbs + b cosbs, mit G Setzt man das ein, so erhält man V t f b e at a sinbt + b cosbt + b. b a 2 + b 2. Hier sehen wir das Schaubild für a und b f 3, also V t 3 e t sin3t+ 3 cos3t.
3.2 Die Fouriertransformierte 5 4 2 2. Fall: Es sei Setzt man V π/3 2π/3 π LC R2 4L 2, also R 2 L/C. Dann ist LC [ j ω 2 + R/Lj ω + ] f LCω 2 + 2 LC j ω + f h x mit a / LC, so erhält man { für x xe ax für x j LCω + 2 f. ĥ ω xe a+j ωx ωx e a+j dx a + j ωx + a + j ω 2 a + j ω LC 2 + j ω LC. 2 Das liefert die Beziehung V a 2 ĥ f a 2 ĥ f, also V t a 2 h ft a 2 se as ft s ds Ist nun wieder f f auf [, und f sonst, so entsteht als Lösung t V t f a 2 se as ds f + ate at Für a f, also V t + te t, sieht das Schaubild von V so aus:..5 2 3 4 3. Fall: Sei jetzt LC < R2 4L. Setzt man a R 2 2L und b reell, a 2 b 2 /LC und R 2 4L, so ist b 2 LC
6 3 Die Fouriertransformation V LC j ω 2 + R/L j ω + /LC f LC j ω + a 2 b 2 f. Wir erinnern uns an die hyperbolischen Funktionen sinh x e x e x /2 und cosh x e x + e x /2 und setzen h 2 x blc e ax sinhbx e a bx e a+bx für x. Dann 2bLC ist und ĥ 2 ω e j ω+a bx e j ω+a+bx dx 2bLC 2bLC j ω + a b j ω + a + b LC j ω + a 2 b 2 V t h 2 ft f blc t wenn f wieder die Sprungfunktion mit { für t < ft f für t e as sinhbs ds, ist. Eine Stammfunktion von gs e as sinhbs ist die Funktion So erhält man V t F s e as a 2 b 2 a sinhbs + b coshbs. f b e at a sinhbt + b coshbt. blca 2 b 2 Für R 4, L, C /3 also a 2 und b, sowie f /3 ist dann V t e 2t 2 sinh t + cosh t /3.5e t +.5e 3t /3. Das Schaubild sieht in diesem Falle so aus: /3 2 3 4 5