Universität Würzburg SS Konversatorium für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht - Baurecht - Lösungsskizzen

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Transkript:

Universität Würzburg SS 2008 Konversatorium für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht - Baurecht - Lösungsskizzen Fall 1 Eine Klage des B hat Aussicht auf Erfolg, wenn alle Sachurteilsvoraussetzungen gegeben sind und sie begründet ist. A. Sachurteilsvoraussetzungen der Klage I. Verwaltungsrechtsweg, 40 I 1 VwGO (+) Die streitentscheidenden Normen entstammen dem öffentlichen Baurecht. Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit liegt also vor. Mangels doppelter Verfassungsunmittelbarkeit ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. II. Statthafte Klageart Klägerisches Begehren: Erteilung einer Baugenehmigung Baugenehmigung = VA (Art. 35 S. 1 BayVwVfG)? Verpflichtungsklage i.f.d. Versagungsgegenklage statthaft, 42 I 2. Alt. VwGO 1

III. Klagebefugnis, 42 II VwGO Mögliche Rechtsverletzung des Klägers? Hier: B hat zwar einen negativen Bescheid erhalten, er begehrt jedoch eine Rechtskreiserweiterung, daher: Adressatentheorie nicht anwendbar Aber: Möglicherweise Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung gem. Art. 68 I BayBO verletzt, daher: Klagebefugnis (+) IV. Vorverfahren, 68 I 1 VwGO In Bayern entfällt für Bescheide ab 1. Juli 2007 nach 68 I 2 1. Alt. VwGO i.v.m. Art. 15 Abs. 2 AGVwGO das Vorverfahren auch für baurechtliche Angelegenheiten. V. Frist, 74 I 2 VwGO Fristbeginn 2. März 2008, Fristende mit Ablauf des 1. April 2008, 57 II VwGO i.v.m. 222 II ZPO, 187 ff BGB. VI. Zuständiges Gericht Gemäß 45 VwGO ist das Verwaltungsgericht im ersten Rechtszug sachlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach 52 Nr. 1 VwGO i.v.m. Art. 1 II Nr. 5 AGVwGO. Danach ist das Verwaltungsgericht Würzburg örtlich zuständig. 2

VII. Form, 81, 82 VwGO (+) VIII. Beteiligungs- und Prozeßfähigkeit, 61, 62 VwGO B: Natürliche Person, 61 Nr. 1 1.Alt., 62 I Nr. 1 VwGO. BY: Jur. Person, 61 Nr. 1 2. Alt., 62 III VwGO, 5 I 1 lit. a LABV (Z/T Nr. 903). IX. Zwischenergebnis: Die Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. [Beiladung der Gemeinde, 65 II VwGO] B. Begründetheit der Klage Obersatz: Die Klage ist begründet, wenn sie sich gegen den richtigen Beklagten richtet, die Versagung der Baugenehmigung rechtswidrig ist und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, 78 I Nr. 1, 113 V 1 VwGO. Dies ist der Fall, wenn der Kläger einen Anspruch (!) auf die Erteilung der Baugenehmigung hat. I. Passivlegitimation, 78 I Nr. 1 VwGO Zuständige Behörde ist gem. Art. 53 I BayBO die KreisVERWALTUNGsbehörde als untere Bauaufsichtsbehörde. Bei kreisangehörigen Gemeinden ist also grds. das Landratsamt als Staatsbehörde i.s.v. Art. 37 I 2 LKrO, 54 I BayBO zuständig. Als dessen Rechtsträger ist der FS Bayern passivlegitimiert. 3

II. Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung, Art. 68 BayBO Anspruch des B auf Baugenehmigung besteht gemäß Art. 68 I BayBO, wenn a) das Vorhaben genehmigungspflichtig ist, UND b) das Vorhaben den hier zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht widerspricht (genehmigungsfähig ist). 1. Genehmigungspflichtigkeit Grds. gem. Art. 55 BayBO genehmigungspflichtig, soweit nichts anderes in Art. 56-58, 72, 73 BayBO bestimmt ist. a) Genehmigungspflicht des Vorhabens, Art. 55 I BayBO, grundsätzlich (+), da Errichtung einer Anlage i.s.d. Art. 2 I 1, 4 BayBO (+), da mit dem Erdboden verbunden (+) und aus Bauprodukten hergestellt, Art. 2 X Nr. 1 BayBO (+). b) Ausnahmen von der Genehmigungspflicht, hier Verfahrensfreiheit gem. Art. 57 I Nr. 1 c BayBO (-), da mehrgeschossig Genehmigungsfreistellung gem. Art. 58 I, II BayBO (-), da Sonderbau gem. Art. 2 IV Nr. 8 BayBO (Beherbergungsstätte) 4

2. Genehmigungsfähigkeit a) Keine Bindung der Verwaltung durch Vorbescheid o.ä. b) Prüfungsmaßstab bestimmt sich nach Art. 59, 60 BayBO hier: Sonderbau gem. Art. 2 IV Nr. 8 BayBO, daher: normales Genehmigungsverfahren gem. Art. 60 BayBO Praxis: Ausnahme c) Bauplanungsrechtliche Zulässigkeit, Art. 60 Nr. 1 BayBO, 29 ff BauGB Stehen dem Vorhaben des B Vorschriften des Bauplanungsrechts entgegen Hier inzidente Prüfung der 29 ff. BauGB (meist Schwerpunkt der Klausur) (1) Anwendbarkeit der 30 ff. BauGB Antragsgegenstand des B = Vorhaben i.s.d. 29 I BauGB?; Begriff bauliche Anlage in 29 I BauGB NICHT deckungsgleich mit demselben Begriff in Art. 2 I BayBO!? Dennoch stellt das Vorhaben des B auch eine bauliche Anlage i.s.d. 29 I BauGB dar ( bodenrechtliche Relevanz ), 30 ff. BauGB anzuwenden. 5

(2) Zulässigkeit gem. 30 I BauGB - Vorhaben liegt nicht im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans, daher (-) (3) Zulässigkeit gem. 34 BauGB - Vorhaben liegt nicht im unbeplanten Innenbereich, daher (-) (4) Zulässigkeit gem. 35 BauGB Vorhaben liegt im Außenbereich Privilegiertes Vorhaben nach 35 I Nr. 1 oder 4 BauGB? Ferienwohnungen selbst keine landwirtschaftliche Nutzung, da keine unmittelbare Bodenertragsnutzung, mitgezogene Privilegierung, wenn an sich landwirtschaftsfremde Nutzung in engem Zusammenhang damit steht, z.b. wenn nur durch Direktvermarktung landwirtschaftl. Erzeugnisse ein wirtschaftsfähiges Gut entsteht; bei Urlaub auf dem Bauernhof grds. möglich aber: nur Nebennutzungen, fortbestehende Landwirtschaft muss Haupterwerbsquelle bleiben und den Betrieb noch prägen, hier (-) auch keine subsidiäre Privilegierung nach Nr. 4 6

daher: Vorhaben nicht privilegiert nach 35 I BauGB deshalb: sonst. Vorhaben gem. 35 II BauGB Voraussetzungen: Keine Beeinträchtigung öffentlicher Belange i.s.d. 35 III BauGB Aber:? Darstellungen des FN-Plans = öffentlicher Belang, 35 III Nr. 1 BauGB Vorhaben widerspricht diesen, beeinträchtigt somit öffentliche Belange.? Entstehung einer Splittersiedlung = öffentlicher Belang, 35 III Nr. 7 BauGB Def.: Siedlungsansatz, dem es am für einen Ortsteil erforderl. Gewicht fehlt, Grund: Unterbindung einer Zersiedelung des Außenbereichs durch unorganische Streubebauung, auch in Hinblick auf Vorbildfunktion auf zukünftige Vorhaben? Vorhaben auch nicht nach 35 II BauGB zulässig. (5) Außerdem: Gemeindliches Einvernehmen nach 36 I BauGB nicht erteilt 7

(6) Zwischenergebnis: Vorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig, daher nicht genehmigungsfähig d) Übriges Pflichtprogramm des Art. 60 BayBO: Bauordnungsrechtliche Zulässigkeit, Nr. 2: Art. 3 ff. BayBO sonst. öff-rechtl. Vorschriften mit formeller Konzentrationswirkung, z.b. Art. 59, 61 II 3 BayWG, Art. 6 III DenkmalschutzG - hier keine Verstöße ersichtlich 3. Ergebnis Es besteht kein Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung Gesamtergebnis: Die Klage ist unbegründet und hat keine Aussicht auf Erfolg. 8

Fall 2 Die Klage des N hat Aussicht auf Erfolg, wenn die Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen und sie begründet ist. A. Sachurteilsvoraussetzungen der Klage I. Verwaltungsrechtsweg, 40 I 1 VwGO (+) Die streitentscheidenden Normen entstammen dem öffentlichen Baurecht. Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit liegt also vor. Mangels doppelter Verfassungsunmittelbarkeit ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. II. Statthafte Klageart Klägerisches Begehren: Aufhebung der Baugenehmigung für die B- GmbH Baugenehmigung = VA (Art. 35 S. 1 BayVwVfG), unerheblich, dass VA nicht gegenüber N erlassen wurde (kein relativer VA)? Anfechtungsklage statthaft, 42 I 1. Alt. VwGO III. Klagebefugnis, 42 II VwGO Mögliche Rechtsverletzung des Klägers? Hier: N ist nicht unmittelbarer Adressat der Baugenehmigung selbst, sondern nur einer Ausfertigung (Art. 66 Abs. 1 S. 6 BayBO), daher: Adressatentheorie nicht anwendbar 9

Aber: Möglicherweise Verletzung in eigenen subj.-öff. Rechten durch Verstoß gegen drittschützende Vorschriften des materiellen Baurechts Schutznormtheorie: Vorschrift muss ausschließlich oder zumindest auch dem Schutz von Individualinteressen zu dienen bestimmt sein und der Kläger muss zum Kreis der geschützten Personen gehören. Im Bauplanungsrecht Drittschutz aus einzelnen Festsetzungen und aus dem Gebot der Rücksichtnahme: Drittschutz, wenn nach den Umständen des konkreten Einzelfalls in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Nachbarschutz im Baurecht z.b. a) Bauplanungsrecht 30 Abs. 1 BauGB i.v.m. den Festsetzungen des Bebauungsplans 30 BauGB i.v.m. 15 Abs. 1 BauNVO (gesetzl. Normierung des allg. GdR) 31 Abs. 2 BauGB : Würdigung nachbarlicher Interessen 34 Abs. 1 BauGB: Einfügen 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BauGB: schädliche Umwelteinwirkungen 10

b) Bauordnungsrecht Art. 6 BayBO Abstandsflächen Art. 9 BayBO Baustellen Hier: Möglicherweise Verstoß gegen 30 Abs. 1 BauGB i.v.m. 15 Abs. 1 BauNVO sowie Art. 6 BayBO daher: Klagebefugnis (+) IV. Vorverfahren, 68 I 1 VwGO In Bayern entfällt für Bescheide ab 1. Juli 2007 nach 68 I 2 1. Alt. VwGO i.v.m. Art. 15 Abs. 2 AGVwGO das Vorverfahren auch für baurechtliche Angelegenheiten. V. Frist, 74 I 2 VwGO Fristbeginn 16. Februar 2008, Fristende mit Ablauf des 17. März 2008, 57 II VwGO i.v.m. 222 II ZPO, 187 I, 188 II, 193 BGB (Fristende eigentl. Samstag) 11

VI. Zuständiges Gericht Gemäß 45 VwGO ist das Verwaltungsgericht im ersten Rechtszug sachlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach 52 Nr. 1 VwGO i.v.m. Art. 1 II Nr. 5 AGVwGO. Danach ist das Verwaltungsgericht Würzburg örtlich zuständig. VII. Form, 81, 82 VwGO (+) VIII. Beteiligungs- und Prozeßfähigkeit, 61, 62 VwGO N: Natürliche Person, 61 Nr. 1 1.Alt., 62 I Nr. 1 VwGO. WÜ: Jur. Person, 61 Nr. 1 2. Alt., 62 III VwGO. IX. Zwischenergebnis: Die Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. [Beiladung der B-GmbH] B. Begründetheit der Klage Obersatz: Die Klage ist begründet, wenn sie sich gegen den richtigen Beklagten richtet, die erteilte Baugenehmigung rechtswidrig ist und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, 78 I Nr. 1, 113 I 1 VwGO. 12

I. Passivlegitimation, 78 I Nr. 1 VwGO Passivlegitimiert ist der Rechtsträger derjenigen Behörde, die den angefochtenen VA erlassen hat. Die Baugenehmigung wurde von der kreisfreien Stadt Würzburg erlassen, als ihr eigener Rechtsträger ist sie selbst passivlegitimiert. II. Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung 1. Rechtsgrundlage Rechtsgrundlage für die Erteilung der Baugenehmigung ist Art. 68 I BayBO i.v.m. Art. 59, 60 BayBO 2. Formelle Rechtmäßigkeit a) Zuständigkeit Sachlich zuständige Behörde ist gem. 53 I BayBO die KreisVERWALTUNGsbehörde als untere Bauaufsichtsbehörde. Bei kreisfreien Gemeinden ist gem. Art. 8 I, 9 I 1 GO, 54 I BayBO die Gemeinde im übertragenen Wirkungskreis zuständig. Örtlich zuständig ist gem. Art. 3 I Nr. 1 BayVwVfG die Bauaufsichtsbehörde, in deren Bezirk das Baugrundstück liegt. 13

b) Verfahren Antrag des Bauherrn. Art. 64 I BayBO Bauvorlageberechtigung, Art. 61 BayBO Nachbarbeteiligung, Art. 66 BayBO (nicht drittschützend) Vorlage bei Unzuständigkeit der Gemeinde, Art. 64 I 2 BayBO Schriftlicher Erlass der Baugenehmigung und Zustellung, Art. 68 II 1, 3 BayBO Begründung, Art. 68 II 2 (Nachbar), 67 III 1 BayBO (bei Ersetzung d. gemeindl. Einvernehmens) 3. Materielle Rechtmäßigkeit Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen wie bei der Verpflichtungsklage a) Genehmigungspflichtigkeit Grds. gem. Art. 55 BayBO genehmigungspflichtig, soweit nichts anderes in Art. 56-58, 72, 73 BayBO bestimmt ist. Ausnahmen von der Genehmigungspflicht, hier Verfahrensfreiheit gem. Art. 57 I BayBO (-) Genehmigungsfreistellung gem. Art. 58 I, II BayBO (-), da Anwendung durch örtl. Bauvorschrift gem. Art. 58 I 2, 81 II BayBO ausgeschlossen b) Genehmigungsfähigkeit (1) Keine Bindung der Verwaltung durch Vorbescheid o.ä. 14

(2) Prüfungsmaßstab hier: kein Sonderbau gem. Art. 2 IV BayBO, daher: vereinfachtes Genehmigungsverfahren gem. Art. 59 BayBO Regelfall (3) Bauplanungsrechtliche Zulässigkeit, Art. 59 Nr. 1 BayBO, 29 ff BauGB (a) Anwendbarkeit der 30 ff. BauGB Vorhaben der B-GmbH i.s.d. 29 I BauGB, bauliche Anlage ( bodenrechtliche Relevanz ), 30 ff. BauGB anzuwenden. (b) Zulässigkeit gem. 30 I BauGB Vorhaben liegt im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans Vorhaben entspricht Festsetzungen des B-Plans? Hier Art der baulichen Nutzung: Allgemeines Wohngebiet, 9 I Nr. 1 BauGB i.v.m. 1 II Nr. 3; 4 BauNVO: Bestandteil des B-Plans gem. 1 III 1, 2 BauNVO? Allgemeine Zulässigkeit für Läden gem. 4 II Nr. 2 BauNVO grds. (+), Laden mit 600 m² Verkaufsfläche bei typisierender Betrachtung noch zulässig 15

? Aber: Unzulässigkeit im Einzelfall gem. 15 I 2 BauNVO, da in diesem Einzelfall wegen der Erschließung von zwei Seiten erhebliche Belästigungen vom Vorhaben ausgehen, die nach der Eigenart des Baugebiets unzumutbar sind? Vorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig (4) Übriges Pflichtprogramm, Art. 59 S. 1 Nr. 1 (2.HS), 2, 3 BayBO keine Verstöße ersichtlich? Achtung: Abstandsflächen gem. Art. 6 BayBO sind nicht Inhalt des Prüfungsinhalt des Art. 59 BayBO! Dies entbindet den Bauherrn zwar nicht von der Einhaltung der Vorgaben der BayBO, Art. 55 II BayBO. Bei Verstößen wird aber nicht die Baugenehmigung versagt, sondern es kann ein eigenständiger bauaufsichtlicher VA gem. Art. 74 ff. BayBO ergehen. III. Rechtsverletzung des Klägers, 113 I 1 VwGO N müsste auch in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sein. 1.) Verstoß gegen 30 I BauGB i.v.m. 15 I 2 BauNVO = Verletzung eines nachbarschützenden Rechts? 15 I BauNVO ist gesetzl. Normierung des allgemeinen baurechtlichen Gebots der Rücksichtnahme für den beplanten Innenbereich. 16

GdR nicht per se nachbarschützend, sondern im Einzelfall zu prüfen: Aus den tatsächlichen Umständen ergibt sich, dass gerade auf N als unmittelbaren Nachbarn Rücksicht zu nehmen ist, daher Rechtsverletzung (+) 2.) Art. 6 BayBO ist zwar nachbarschützend (Gewährleistung ausreichender Belichtung, Belüftung, Besonnung), der Verstoß gegen diese Vorschrift begründet aber dennoch keine Rechtsverletzung des N:? Der Nachbar kann durch die Baugenehmigung bei Verletzung einer nachbarschützen-den Vorschrift nur dann in seinen Rechten verletzt sein, wenn gerade diese Norm zum Prüfungsumfang des Genehmigungsverfahrens gehört und damit an der Feststellungswirkung der Baugenehmigung teilnimmt. IV. Ergebnis: Die Klage ist begründet. C. Gesamtergebnis: Die Klage des N hat Aussicht auf Erfolg. 17

Fall 3 D könnte Klage zum zuständigen Verwaltungsgericht erheben. A. Sachurteilsvoraussetzungen der Klage I. Verwaltungsrechtsweg, 40 I 1 VwGO (+) II. Statthafte Klageart Klägerisches Begehren: Aufhebung der Beseitigungsanordnung (VA) (Bei Zwangmittelandrohung, Art. 38 I BayVwZVG)? Anfechtungsklage statthaft, 42 I 1. Alt. VwGO III. Klagebefugnis, 42 II VwGO Mögliche Rechtsverletzung des Klägers? Bescheid ist belastender VA: Adressatentheorie (+) IV. Vorverfahren, 68 I 1 VwGO In Bayern entfällt für Bescheide ab 1. Juli 2007 nach 68 I 2 1. Alt. VwGO i.v.m. Art. 15 Abs. 2 AGVwGO das Vorverfahren auch für baurechtliche Angelegenheiten. 18

V. Frist, 74 I 2 VwGO VI. Zuständiges Gericht VII. Form, 81, 82 VwGO VIII. Beteiligungs- und Prozeßfähigkeit, 61, 62 VwGO IX. Zwischenergebnis: Die Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. B. Begründetheit der Klage Obersatz: Die Klage ist begründet, wenn sie sich gegen den richtigen Beklagten richtet, die Baubeseitigungsanordnung rechtswidrig ist und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, 78 I Nr. 1, 113 I 1 VwGO. I. Passivlegitimation, 78 I Nr. 1 VwGO FS Bayern als Rechtsträger des LRA (Kreisverwaltungsbehörde) 19

II. Rechtswidrigkeit der Baubeseitigungsanordnung 1. Rechtsgrundlage Art. 76 S. 1 BayBO 2. Formelle Rechtmäßigkeit insb: Zuständigkeit der unteren Bauaufsichtsbehörde (LRA), Anhörung gem. Art. 28 I BayVwVfG, ggf. Heilung gem. Art. 45 BayVwVfG 3. Materielle Rechtmäßigkeit Bei Art. 76 BayBO: Doppelte Baurechtswidrigkeit erforderlich Formelle Baurechtswidrigkeit: Widerspruch zu öff.-rechtl. Vorschriften hier: keine Genehmigung trotz Genehmigungspflichtigkeit gem. Art. 55 BayBO Materielle Baurechtswidrigkeit: keine Abhilfe möglich, z.b. durch nachträgliche Erteilung der Baugenehmigung, Abweichungen gem. Art. 63 BayBO, Freistellungen gem. 31 II BauGB Hier: Wochenendhaus im Außenbereich grds. gem. 35 II BauGB unzulässig. Ermessen i.d.r. intendiert 20

4. Zwischenergebnis Die Baubeseitigungsanordnung ist rechtmäßig. III. Ergebnis: Die Klage ist unbegründet und hat keine Aussicht auf Erfolg. Baupolizeiliche Maßnahmen Baubeseitigungsanordnung, Art. 76 S. 1 BayBO: formelle u. materielle Illegalität Nutzungsuntersagung, Art. 76 S. 2 BayBO: formelle Illegalität ausreichend (str.) Baueinstellungsanordnung, Art. 75 BayBO: formelle Illegalität Generalklausel, Art. 54 II 2 BayBO: sonst. Maßnahmen 21