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Transkript:

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Elfte Vorlesung Dr. Lucia Draque Penso (Universität Ulm) Kombinatorik / 18

Formale Potenzreihe und erzeugende Funktion Definition 4.1 Ist (a n ) n N0 eine Folge komplexer Zahlen, so nennt man den Ausdruck der Form A(x) = a n x n eine formale Potenzreihe und erzeugende Funktion der Folge (a n ) n N0. Dr. Lucia Draque Penso (Universität Ulm) Kombinatorik 3 / 18

Formale Potenzreihe und erzeugende Funktion Definition 4.1 (Fortsetzung) Gleichheit, Summe und Produkt (Cauchy-Produkt, Faltung) zweier formaler Potenzreihen sind definiert durch A(x) = a n x n und B(x) = A(x) = B(x) a n = b n n N 0. A(x) + B(x) = (a n + b n )x n. A(x)B(x) = k=0 n a k b n k x n. b n x n Dr. Lucia Draque Penso (Universität Ulm) Kombinatorik 4 / 18

Ring der formalen Potenzreihen Bemerkung 4. Das Wort formal bezieht sich darauf, dass das x nicht notwendigerweise einer (komplexen) Zahl entspricht und wir anders als in der Analysis nicht vornehmlich am Konvergenzverhalten der Reihe für verschiedene x interessiert sind. Zusammen mit und I (x) = 0 = 0x 0 + 0x 1 +... E(x) = 1 = 1x 0 + 0x 1 + 0x +... bilden die formalen Potenzreihen einen kommutativen Ring mit Einselement. Es existiert zu einer formalen Potenzreihe A(x) = a n x n genau dann ein multiplikatives Inverses B(x) = b n x n, wenn a 0 0 gilt. Dr. Lucia Draque Penso (Universität Ulm) Kombinatorik 5 / 18

Ring der formalen Potenzreihen Bemerkung 4. (Fortsetzung) Beweis: Gibt es B(x) mit A(x)B(x) = E(x), so folgt für den Koeffizienten von x 0 in A(x)B(x), dass a 0 b 0 = 1 gilt, d.h. a 0 0. Gilt a 0 0 und definiert man (b n ) n N0 rekursiv durch so folgt { b n = d.h. A(x)B(x) = E(x). 1/a 0, n = 0, 1 a 0 (a n b 0 + a n 1 b 1 +... + a 1 b n 1 ), n N a n b 0 + a n 1 b 1 + + a 0 b n = { 1, n = 0, 0, n N, Dr. Lucia Draque Penso (Universität Ulm) Kombinatorik 6 / 18

Einige wichtige Reihen Beispiel 4.3 Aus der Analysis sind folgende Reihen bekannt, die jeweils für x < 1 konvergieren, d.h. die den Konvergenzradius 1 haben. (i) x n = 1/(1 x). (ii) (iii) (n + 1)x n = 1/(1 x). (n + 1) x n = (1 + x)/(1 x) 3. Wir fassen hier diese Gleichungen als Aussagen über formale Potenzreihen auf, d.h. (i) bedeutet zum Beispiel, dass die multiplikative Inverse der formalen Potenzreihe 1 x die formale Potenzreihe x n ist. Dies kann man folgendermaßen verifizieren. Man setzt Dr. Lucia Draque Penso (Universität Ulm) Kombinatorik 7 / 18

Einige wichtige Reihen Beispiel 4.3 (Fortsetzung) a n x n = (1 x) x n = (1 x)(1 + x + x +...) und bestimmt die a n durch Koeffizientenvergleich. Der Koeffizient von x 0 ist 1 1. Für n 1 ist der Koeffizient von x n gleich 1 1, d.h. { 1, n = 0, a n = 0, n 1. Es folgt 1 = (1 x) x n. Die Gleichungen (ii) und (iii) kann man analog beweisen. Dr. Lucia Draque Penso (Universität Ulm) Kombinatorik 8 / 18

Wechselgeld Beispiel 4.4 Wir haben fünf 1-Cent Münzen, vier 5-Cent Münzen und drei 0-Cent Münzen, wobei Münzen gleichen Wertes nicht zu unterscheiden sind. Bezeichnet c n die Anzahl der Möglichkeiten, mit unseren Münzen genau n Cent darzustellen, so gilt c n x n = c 0 x 0 + c 1 x 1 + c x +... + c 85 x 85 = (1 + x + x + x 3 + x 4 + x 5 ) (1 + x 5 + x 10 + x 15 + x 0 ) (1 + x 0 + x 40 + x 60 ). So ist es zum Beispiel auf c 50 = Weisen möglich, genau 50 Cent darzustellen. Dieses Beispiel ist ein Spezialfall einer allgemeineren Beobachtung zu Zahlpartitionen. Dr. Lucia Draque Penso (Universität Ulm) Kombinatorik 9 / 18

Wechselgeld Beispiel 4.4 (Fortsetzung) Der Koeffizient c n,k von x n im Produkt p k (x) = k i=1 j=0 x ij = (1 + x + x +...) (1 + x + x 4 +...) (1 + x k + x k +...) }{{} k Klammern ist die Anzahl der k-tupel (b 1,..., b k ) N k 0 mit n = b 1 + b + + kb k = 1 } + {{ + 1 } + } + {{ + } + + k } + {{ + k }, b 1 b k b Dr. Lucia Draque Penso (Universität Ulm) Kombinatorik 10 / 18

Wechselgeld Beispiel 4.4 (Fortsetzung) d.h. der Koeffizient c n,k ist gleich der Anzahl der Partitionen von n in positive ganze Summanden, die alle höchstens k betragen. Der Wert ib i entspricht dabei genau dem Exponenten des Faktors aus der i-ten Klammer. Mit Hilfe des Ferrers Diagramms aus Bemerkung folgt, dass c n,k ebenfalls gleich der Anzahl der Partitionen von n in höchstens k positive ganze Summanden ist, d.h. c n,k = P n, k. Es folgt p k (x) = P n, k x n. Dr. Lucia Draque Penso (Universität Ulm) Kombinatorik 11 / 18

Wechselgeld Beispiel 4.4 (Fortsetzung) Bezeichnet P n die Anzahl aller Partitionen von n in positive ganze Summanden ohne weitere Einschränkungen, so gilt P n = P n, k für k n und es folgt d.h. i=1 p(x) = = = i=1 1 1 x i i=1 j=0 x ij P n x n, 1 1 x i ist die erzeugende Funktion der Folge (P n ) n N0. Dr. Lucia Draque Penso (Universität Ulm) Kombinatorik 1 / 18

Fibonacci-Zahlen 10 Bemerkung 4.5 Ein fröhreifes und unsterbliches Kaninchenpaar zeuge ab dem Alter von einem Monat jeden Monat ein weiteres ebenso fröhreifes und unsterbliches Kaninchenpaar. Beginnt man mit einem neugeborenen Paar so hat man nach nach 0 Monaten 1 junges Paar und 0 geschlechtsreife Paare, nach 1 Monat 0 junge Paare und 1 geschlechtsreifes Paar, nach Monaten 1 junges Paar und 1 geschlechtsreifes Paar, nach 3 Monaten 1 junges Paar und geschlechtsreife Paare, nach 4 Monaten junge Paare und 3 geschlechtsreife Paare, nach 5 Monaten 3 junge Paare und 5 geschlechtsreife Paare,... nach n Monaten f n 1 junge Paare und f n geschlechtsreife Paare, nach n + 1 Monaten f n junge Paare und f n+1 = f n 1 + f n geschlechtsreife Paare,... Dr. Lucia Draque Penso (Universität Ulm) Kombinatorik 13 / 18

Fibonacci-Zahlen 10 Bemerkung 4.5 (Fortsetzung) wobei f n die n-te Fibonacci-Zahl bezeichne, d.h. 0, n = 0, f n = 1, n = 1 und f n + f n 1, n. Dr. Lucia Draque Penso (Universität Ulm) Kombinatorik 14 / 18

Erzeugende Funktion der Fibonacci-Zahlen Satz 4.6 Ist F (x) = f n x n die erzeugende Funktion der Fibonacci-Zahlen, so gilt und für n N 0. f n = 1 5 (( F (x) = x 1 x x 1 + ) n ( 5 1 ) n ) 5 Dr. Lucia Draque Penso (Universität Ulm) Kombinatorik 15 / 18

Erzeugende Funktion der Fibonacci-Zahlen Satz 4.6 (Fortsetzung) Beweis: Es gilt F (x) = f n x n = 0x 0 + 1x 1 + f n x n = x + (f n 1 + f n )x n n= n= ( ) ( ) = x + x f n 1 x n 1 + x f n x n n= n= = x + xf (x) + x F (x) und daher F (x) = x 1 x x = x ( ) ( ). 1 1+ 5 x 1 1 5 x Dr. Lucia Draque Penso (Universität Ulm) Kombinatorik 16 / 18

Erzeugende Funktion der Fibonacci-Zahlen Satz 4.6 (Fortsetzung) Der Ansatz für die Partialbruchzerlegung liefert α = β = α F (x) = 1 1+ 5 x + β 1 1 5 x 1 1 5 x 1 1+ 5 x x= 1+ 5 x x= 1 5 = ( = ( 1+ 5 x 1 (1 5) (1+ 5) 1 5 1 (1+ 5) (1 5) ) = 1 5 und ) = 1 5. Dr. Lucia Draque Penso (Universität Ulm) Kombinatorik 17 / 18

Erzeugende Funktion der Fibonacci-Zahlen Satz 4.6 (Fortsetzung) Insgesamt folgt F (x) = 1 ( 1 5 1 ax 1 ) ( = 1 ) (a n b n ) x n 1 bx 5 und daher per Koeffizientenvergleich f n = 1 5 (a n b n ). Dr. Lucia Draque Penso (Universität Ulm) Kombinatorik 18 / 18