Innenbeziehungen bei Personengesellschaften und Einklagen einer Forderung

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Transkript:

Zivilrecht Gesellschaftsrecht Übersichten Innenbeziehungen bei Personengesellschaften und Einklagen einer Forderung Gesellschafter Sozialansprüche 1 Gesellschafter Gesellschafter actio pro socio Gesellschaft bzw. Gesamthand (GbR) 3 Sozialverpflichtungen 2 Gesellschafter 4 Forderung Dritter 1 Ansprüche der Gesellschaft gegen einen Gesellschafter aufgrund des Gesellschaftsvertrages Bsp.: Leistung der Beiträge, 705, 706 BGB (ivm 105 III, 161 II HGB); Treuepflichten, 242 BGB; Wettbewerbsverbote bei OHG und KG, 112 HGB 2 Verpflichtungen der Gesellschaft gegenüber ihren Gesellschaftern aufgrund des Gesellschaftsvertrages Bsp.: Pflicht zur Gewinnauszahlung, 721, 722 BGB, 120, 121 HGB Achtung: Für Sozialverpflichtungen haften die Gesellschafter nicht nach 128 HGB, weil dies auf eine dem 707 BGB zuwiderlaufende Nachschusspflicht hinausliefe 3 Betrifft die Frage, ob ein einzelner oder nicht allein geschäftsführungsbefugter Gesellschafter gg. Mitgesellschafter auf Leistung an die Gesellschaft klagen kann. Bsp.: Anspruch auf Leistung des Beitrags. 432 BGB, der dies grds. zulässt, wird von 709 BGB verdrängt; In einer Klausur/Hausarbeit sind zu diskutieren: a) Existenz und Zulässigkeit der actio pro socio werden nicht bestritten b) Ob durch die actio pro socio ein eigener Anspruch des Gesellschafters oder ein solcher der Gesellschaft in Form der Prozessstandschaft geltend gemacht wird, war früher streitig. Heute ist hm, dass der Gesellschafter ein fremdes Recht im eigenem Namen geltend macht. 7 4 Betrifft die Frage, wie das Einklagen einer Gesellschaftsforderung erfolgt Grundsatz: Klage der Gesellschaft (sog. Gesamthandklage) Ausnahme: Klage eines Gesellschafters in eigenem Namen (sog. Gesamthänderklage), 432, 744 II BGB analog 7 Vgl. dazu: BGH NJW 1985, 2830, 2839; Hassold, JuS 1980, 32 ff.. Silke Wollburg - Blatt 8 -

Zivilrecht Gesellschaftsrecht Übersichten 3 Gewinn- und Verlustverteilung bei Personengesellschaften Gewinn Verlust GbR Sofern keine vertragliche Regelung vorhanden ist, erfolgt die Verteilung des Gewinns nach Köpfen bei Auflösung der Gesellschaft bzw. am Ende des Geschäftsjahres, 721, 722 BGB. Jeder Gesellschafter trägt Verlust mit gleichem Anteil, 721, 722 BGB OHG Sofern keine abweichende vertragliche Regelung eingreift, gelten die 120 ff. HGB. 120 ff. HGB: Verlust wird nach Köpfen verteilt, 121 III HGB. Gewinnverteilung erfolgt in zwei Stufen: 1. 121 I HGB: jeder Gesellschafter erhält vom Gewinn 4 % seines Anteils 2. 121 III HGB: dies übersteigender Betrag wird nach Köpfen verteilt Achtung: Wird das Kapitalkonto eines Gesellschafters hiernach negativ, besteht grds. keine Nachschusspflicht, 707 BGB, 105 III HGB. Ausnahmen: 735, 739 BGB Bitte verwechseln Sie nicht die Begriffe Kapitalkonto und Haftung!! KG Komplementär: wie OHG-Gesellschafter Komplementär: wie OHG-Gesellschafter Kommanditist: Sofern keine abweichende vertragliche Regelung vorhanden ist, gelten die 167-169 HGB. Der Kommanditist nimmt an der Gewinnverteilung ebenso teil wie die Komplementäre, 167 I HGB. Beachten Sie: Nach 167 II HGB besteht eine Entnahmepflicht, d.h., der Kommanditist darf überschüssige Beträge nicht auf seinem Kapitalkonto stehen lassen. Aber: kein Entnahmerecht i.s.v. 122 HGB lt. 169 I HGB Kommanditist: 167-169 HGB Kommanditist nimmt an Verlust ebenso teil wie Komplementär, aber nur bis zur Höhe seiner Einlage, 167 I HGB. Silke Wollburg - Blatt 6 -

Zivilrecht Gesellschaftsrecht Übersichten Verjährung der Haftung bei Austritt aus Personengesellschaften Ausgangssituation: Das Ausscheiden eines Gesellschafters beseitigt seine Haftung nach 128 HGB bzw. 427 BGB grds. nicht. Die Haftung unterliegt lediglich der Verjährung, 159 HGB, der gemäß 736 II BGB auch auf die GbR Anwendung findet und für den Kommanditisten gilt in den Fällen der 172 IV und 176 HGB. 159 I: Grundsatz: Ansprüche gegen einen ausgeschiedenen Gesellschafter verjähren in 5 Jahren nach dessen Ausscheiden 159 II: Legt Beginn der Verjährung fest: Eintragung des Ausscheidens im Handelsregister 159 III:: WICHTIGE ERGÄNZUNG ZU 159 I: Behandelt die Verjährung eines Anspruchs, der noch zum Zeitpunkt der Mitgliedschaft des Gesellschafters begründet wurde, aber erst nach dessen Ausscheiden fällig wird. Problem des endlos haftenden Gesellschafters bei Dauerschuldverhältnissen Hierzu gilt: Das Problem hat durch die Einführung des 160 I HGB n.f. seine Bedeutung verloren: Haftung für alle Verbindlichkeiten, die vor Ablauf von 5 Jahren nach Ausscheiden fällig werden und in dieser Zeit gerichtlich geltend gemacht werden. Silke Wollburg - Blatt 9 -

Zivilrecht Gesellschaftsrecht Übersichten Regress und Haftung bei den Personengesellschaften GbR OHG KG Regress/Ausgleich (betrifft das Innenverhältnis) 1. Ausgleichsanspruch gegen die OHG, 110 HGB 2. Ausgleichsanspruch gegen die übrigen Gesellschafter, 426 BGB Komplementär: wie OHG-Gesellschafter Kommanditist: 421, 426 BGB, wenn Einlage noch nicht erbracht Aufgrund der zwischenzeitlich auch vom BGH anerkannten Teilrechtsfähigkeit der GbR 1 ist die Haftung analog den Vorschriften des HGB wie bei der Haftung in der OHG ausgestaltet. Haftung (betrifft das Außenverhältnis) I. Haftung der OHG: II. 1. für rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten: 124 I HGB 2. deliktische Haftung 31 BGB analog Haftung der Gesellschafter: für 1. und 2. über 128 HGB für sämtliche Gesellschaftsschulden Komplementär: wie OHG-Gesellschafter Kommanditist: 1. rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten: a) Haftung (-), wenn Einlage (+) b) Haftung bis zur Höhe der Einlage, wenn Einlage noch (-), 171, 172 HGB ABER: 176 HGB Scharfe Haftung vor Eintragung und Bekanntmachung ohne summenmäßige Beschränkung! 2. deliktische Haftung: (-) I. Haftung der GbR: II. 1. für rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten: 124 I HGB analog 2. deliktische Haftung 31 BGB analog 2 Haftung der Gesellschafter: für 1. und 2. über 128 HGB analog für sämtliche Gesellschaftsschulden 3 1 BVerfG NJW 2002, 3533; BGH, NJW 2001, 1056 2 BGH NJW 2003, 1445 3 BGH NJW 2003, 1803 Silke Wollburg - Blatt 4 -

Zivilrecht Gesellschaftsrecht Übersichten Der Wechsel von Gesellschaftern bei Personengesellschaften GbR OHG KG 1. Übertragbarkeit der Gesellschafterstellung im ganzen: Grundsatz: (-), wegen des persönlichen Elements bei der GbR Ausnahme: gemeinsam mit dem Anteil am Gesellschaftsvermögen und alle übrigen Gesellschafter stimmen zu (vgl. 717, 719 BGB) 2. Ausscheiden von Gesellschaftern: aus verschiedenen Gründen denkbar: z.b. Tod, Kündigung, Ausschließung, Insolvenz; Vermögensanteil des Ausscheidenden wächst den. Übrigen zu, 738 BGB 1. Übertragbarkeit der Gesellschafterstellung: keine Abweichung zur GbR, 105 III HGB 2. Ausschließung von G (gegen deren Willen): Entweder bei vertraglicher Regelung möglich oder per Ausschließungsurteil, 140 HGB, dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung, 133 HGB, vorausgeht. Beachten Sie 142 HGB bei einer 2-Personen-OHG nur Kommanditist: 1. Übertragung des Kommanditistenanteils: (+), indem Ausscheidender dem Eintretenden seine Einlage überträgt Aber: Rechtsfolgevermerk im Handelsregister nötig! 2. Ausschließung von Gesellschaftern: ebenso wie bei der OHG möglich 3. Eintritt neuer Gesellschafter kann durch Vertrag oder Gesellschafterbeschluss herbeigeführt werden 3. Eintritt neuer Gesellschafter s. Regelung bei der GbR; Haftung des Neuen nach 130 HGB Sonderfall: Erben als Gesellschafter Grds.: bei Tod eines Gesellschafters, Ausscheiden (Neuregelung!) 131 III Nr1 HGB Ausnahme: vertragliche Regelung dann denkbar: Fortsetzung nur mit verbliebenen Gesellschaftern und Abfindungsanspruch für den Erben Fortsetzung mit dem Erben als neuem Gesellschafter für Erben gilt dann 139 3. Eintritt neuer Gesellschafter s. Regelung bei der GbR; Neuer Kommanditist haftet nach 173 HGB Silke Wollburg - Blatt 10 -

2. Fall Kommanditistensorgen Ihrem Rat folgend haben K und S die K & Co. KG mit K als Komplementär und S als Kommanditisten gegründet und im Handelsregister eintragen lassen. Die Geschäfte laufen zunächst gut. Die Möbel des S treffen den Geschmack des gewünschten Kundenkreises. Ende 1993 tritt als weiterer Kommanditist der Möbelschreiner M in die KG ein mit einer Einlage von 40.000,--. 30.000,-- zahlt M sofort an die Gesellschaft. Den Rest bringt er durch Stehen lassen von Gewinnen im Jahre 1994 auf. 1995 ist jedoch für die KG ein schlechtes Jahr. Der Kapitalanteil des M ist durch Verluste völlig erschöpft. Eine weitere Verlustzuschreibung Ende des Jahres 1996 führt zu einem Kapitalkonto mit einem Minus von 10.000,--. M, der mit S auch zunehmend über den Stil neuer Möbel in Streit gerät, will nicht länger in der Gesellschaft bleiben. Anfang 1997 scheidet er im Einvernehmen mit K und S aus der Gesellschaft aus und überträgt seinen Anteil an den gleichzeitig an seiner Stelle eintretenden L. Die Rechtsnachfolge wird im Handelsregister eingetragen. Zahlungen der KG an M erfolgen nicht. Stattdessen wendet sich die KG an M und fordert ihn auf, sein Kapitalkonto auszugleichen. Ebenfalls an M wendet sich der Gläubiger G und fordert ihn auf, eine Kaufpreisforderung in Höhe von 500,-- zu begleichen, die kurz vor M s Austritt entstanden ist. M verweist den G an seinen Nachfolger L. Er selbst habe damit nun nichts mehr zu schaffen. Fragen: 1. Kann die KG von M Ausgleich seines Kapitalkontos verlangen? 2. Kann G Zahlung von M oder L verlangen? Silke Wollburg - 8 -

Lösung: Blätter: Frage 1: 2. Fall, Teil 2: Kommanditistensorgen Innenbeziehungen bei Personengesellschaften und Einklagen einer Forderung Gewinn- und Verlustverteilung bei Personengesellschaften Verjährung und Haftung bei Austritt aus Personengesellschaften Regress und Haftung bei Personengesellschaften Der Wechsel von Gesellschaftern bei Personengesellschaften Ein Anspruch der KG gegen M auf Ausgleich des Kapitalkontos könnte sich aus 739 BGB i.v.m. 161 II, 105 III HGB ergeben. I. Bestehen der KG Hinsichtlich des Bestehens der KG bestehen gem. 161 II, 123 I HGB keine Bedenken II. Bestehen der Verbindlichkeit Die in 739 BGB geregelte Nachschusspflicht entspricht der des 735 BGB im Fall der Auflösung der Gesellschaft bzw. des Ausscheidens eines Gesellschafters. Anspruchsberechtigt ist die Gesamthand der übrigen Gesellschafter. Es handelt sich hierbei um einen sog. Sozialanspruch der Gesellschaft gegenüber dem ausscheidenden Gesellschafter. (vgl. Blatt : Innenbeziehungen bei Personengesellschaften und Einklagen einer Forderung) III. Umfang der Haftung des M Etwas anderes könnte sich für den Kommanditisten M jedoch aus 167 III HGB ergeben. Dieser könnte der Regelung des 739 BGB vorgehen. Denn über die 161 II, 105 III HGB sind die Regeln über die GbR nur dann anwendbar, wenn den 162 ff. HGB keine Sonderregelung zu entnehmen ist. Zwar nimmt auch der Kommanditist am Verlust ebenso wie der Komplementär teil, 167 I HGB. (Vgl. Gewinn- und Verlustverteilung bei Personengesellschaften) 167 III HGB regelt daher, dass auch das Kapitalkonto des Kommanditisten negativ werden kann. Selbst in diesem Fall soll sich die Haftung aber auf die zu erbringende Einlage beschränken. Somit regelt 167 III HGB den Fall des 739 BGB für den Kommanditisten abweichend. Ergebnis: Ein Anspruch der KG auf Ausgleich des Kapitalkontos gem. 739 BGB i.v.m. 105 III, 161 II HGB besteht daher nicht. Silke Wollburg - 9 -

Frage 2: Die Frage betrifft die Problematik der Haftung des Alt- und Neukommanditisten. I. Anspruch des G gegen M auf Zahlung von 500,00 EUR gem. 433 II BGB i.v.m. 171 I, 161 II, 124 I, 128 HGB Anspruchsgrundlage für einen Anspruch des G gegen den Altkommanditisten M könnten die 433 II BGB i.v.m. 171 I, 161 II, 124 I, 128 S. 1 HGB sein. 1. Haftung der KG, 433 II BGB i.v.m. 161 II, 124 I, HGB Zunächst müsste die KG gem. 433 II BGB i.v.m. 161 II, 124 I HGB für die Kaufpreisforderung haften. a) Bestehen der KG Die KG muss im Innen und Außenverhältnis wirksam entstanden sein. Vom Abschluss eines wirksamen Gesellschaftsvertrages kann ausgegangen werden. Die KG ist durch Eintragung ins Handelsregister nach 161 II, 123 I HGB auch im Außenverhältnis wirksam entstanden. b) Bestehen der Verbindlichkeit Fraglich ist jedoch, ob die KG auch Vertragspartner des Kaufvertrages geworden ist. Sie kann nicht selbst handeln, sondern für sie muss nach 161 II, 125 I HGB ein vertretungsberechtigter Gesellschafter handeln. Hier ist von dem Abschluss des Vertrages durch den vertretungsberechtigten Komplementär K auszugehen. Eine Verbindlichkeit der KG nach 433 II BGB i.v.m. 161 II, 124 I HGB besteht daher. 2. Haftung des M für diese Verbindlichkeiten, 128 S. 1 HGB Fraglich ist jedoch, ob M für diese Gesellschaftsverbindlichkeit auch haftet. a) Gesellschafterstellung des M M war Gesellschafter der KG, ist aber bereits ausgeschieden. Gleichwohl haftet er nach 161 II, 160 I HGB noch für die vor seinem Ausscheiden begründeten Verbindlichkeiten. Die Kaufpreisforderung wurde noch vor seinem Ausscheiden begründet, so dass er auch dem Grunde nach noch aus seiner früheren Gesellschafterstellung heraus haftet. b) zeitlicher Umfang der Haftung Fraglich ist jedoch, wie lange diese Forthaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters noch dauert. Nach 161 II, 160 I HGB haftet er nur für solche vor seinem Ausscheiden begründeten Verbindlichkeiten, die vor Ablauf von 5 Jahren nach seinem Ausscheiden fällig werden. Eine Kaufpreisforderung wird nach 271 I BGB im Zweifel sofort fällig, so dass hier sogar von einer Fälligkeit vor dem Ausscheiden des M auszugehen ist. (vgl. Blatt: Verjährung und Haftung bei Austritt aus Personengesellschaften) Silke Wollburg - 10 -

c) sachlicher Umfang der Haftung Der Umfang der Haftung ergibt sich aus den 171, 172 HGB. Grundsätzlich gilt gemäß 171 I HGB, dass der Kommanditist der seine Einlage voll erbracht hat, den Gesellschaftsgläubigern nicht haftet. M hat hier seine Einlage teilweise sofort, teilweise durch das Stehen lassen von Gewinnen erbracht, so dass er grundsätzlich nicht mehr haften würde. (Vgl. Blatt: Regress und Haftung bei den Personengesellschaften) Fraglich ist aber, ob es im Fall der Übertragung des Geschäftsanteils von einem Kommanditisten auf den anderen zur Haftung nach 171 I, 172 IV HGB kommt. Im Gegensatz zu der Regelung bei der GbR und der OHG, bei denen die Übertragbarkeit der Gesellschafterstellung nicht möglich ist, gilt für den Kommanditistenanteil anderes. (Vgl. Blatt: Der Wechsel von Gesellschaftern bei Personengesellschaften) Die Übertragbarkeit des Anteils ist möglich. Mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter kann ein neuer Kommanditist in die Gesellschaft eintreten. Zu klären ist für diesen Fall jedoch der Umfang der Haftung von Alt- und Neukommanditisten. Die Haftung des Altkommanditisten nach 172 IV HGB lebt dann wieder auf, wenn diesem die Einlage zurückbezahlt wurde oder ein sonstiger Fall des 172 IV HGB vorliegt. Der Sachverhalt enthält indes den Hinweis, dass Zahlungen der KG an den M nicht erfolgt sind, sondern dieser seinen gesamten Gesellschaftsanteil auf L übertragen hat, so dass eine Haftung des M daher nicht in Betracht kommt. M haftet daher nach 161 II, 128 S. 1 HGB nicht für die Gesellschaftsverbindlichkeit. Ergebnis: G kann daher nicht von M Zahlung seiner Kaufpreisforderung gem. 433 II BGB i.v.m. 171 I, 161 II, 124 I, 128 S. 1HGB verlangen. II. Anspruch des G gegen L auf Zahlung von 500,00 EUR gem. 433 II BGB i.v.m. 173, 171, 161 II, 124 I, 128 S. 1HGB Anspruchsgrundlage für einen Anspruch des G gegen den Neukommanditisten L könnten die 433 II BGB i.v.m. 173, 171 I, 161 II, 124 I, 128 S. 1 HGB sein. 1. Haftung der KG, 433 II BGB i.v.m. 161 II, 124 I HGB Die KG haftet für diese Kaufpreisforderung (s.o.). 2. Haftung des L für diese Verbindlichkeiten, 161 II, 128 S. 1 HGB Fraglich ist jedoch, ob L für diese Gesellschaftsverbindlichkeit auch haftet. a) Gesellschafterstellung des L L ist Gesellschafter der KG. Allerdings wurde die Verbindlichkeit vor seinem Eintritt begründet. Gleichwohl haftet er nach 173 HGB den Gläubigern der Gesellschaft ebenfalls nach 171, 172 HGB. Silke Wollburg - 11 -

b) sachlicher Umfang der Haftung Der Umfang der Haftung ergibt sich aus den 171, 172 HGB. Grundsätzlich gilt gemäß 171 I HGB, dass der Kommanditist der seine Einlage voll erbracht hat, den Gesellschaftsgläubigern nicht haftet. Indes enthält der Sachverhalt keinen Hinweis darauf, dass L eine Einlage erbracht hat, so dass an eine Haftung des L gedacht werden könnte. Allerdings ist L voll in die Gesellschafterstellung des M eingetreten. Dies gilt auch für die Höhe der Haftung. Da M seine Einlage voll erbracht hat und auch in der Gesellschaft belassen hat, ist dessen Haftung ausgeschlossen (s.o.). Aufgrund der Rechtsnachfolge des L wirkt die von M erbrachte Einlage auch zu seinen Gunsten, so dass G auch von L keine Zahlung der Restkaufpreisforderung verlangen kann. Ergebnis: G hat gegen L keinen Anspruch auf Zahlung von 500,00 EUR gem. 433 II BGB i.v.m. 173, 171, 161 II, 124 I, 128 S. 1 HGB [Exkurs: Haftung bei Übertragung des Kommanditistenanteils Sie sollten sich hier folgende Leitsätze merken: Die Leistung (der Einlage) durch den Altkommanditisten egal zu welchem Zeitpunkt wirkt auch für den Neukommanditisten; Die Leistung durch den Neukommanditisten egal zu welchem Zeitpunkt wirkt auch für den Altkommanditisten. Hat keiner die Einlage zu irgendeinem Zeitpunkt erbracht, haften beide. Die Rückzahlung an den Altkommanditisten egal zu welchem Zeitpunkt wirkt auch gegen den Neukommanditisten. Spätere Rückzahlung an den Neukommanditisten wirkt dann nicht gegen den Altkommanditisten, wenn Rechtsfolgevermerk eingetragen ist] Silke Wollburg - 12 -

Kontrollfragen 2. Fall Kommanditistensorgen 1. Definieren Sie die Begriffe: Sozialansprüche, Sozialverpflichtungen und die actio pro socio! 2. Wie können Gesellschaftsforderungen gegen Dritte eingeklagt werden? 3. Gilt 739 BGB auch für den Kommanditisten? 4. Beseitigt das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Personengesellschaft die Haftung? 5. Welche Bedeutung hat 159 HGB? 6. Kann ein Kommanditistenanteil übertragen werden? 7. Welche Leitsätze bei der Übertragung eines Kommanditistenanteils haben Sie sich gemerkt? Silke Wollburg - 13 -