Hydrodynamik - Euler- und Navier-Stokes-Gleichungen, Potential- und Wirbelströmung

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Transkript:

Hydrodynamik - Euler- und Navier-Stokes-Gleichungen, Potential- und Wirbelströmung ndrey Butkevich und Benjamin Schmiedel 14. Juli 2017 Ein Vortag über Euler- und Navier-Stokes-Gleichungen sowie Potential- und Wirbelströmung der Hydrodynamik im Rahmen des Seminars Mechanik bei Prof. Dr. Mielke. Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 2 2 Begriffsklärung 2 3 Ideale Fluide 2 3.1 Grundgleichungen der Hydrodynamik für ideale Fluide.................... 2 3.1.1 Kontinuitätsgleichung.................................. 2 3.1.2 Euler-Gleichungen.................................... 3 3.1.3 diabaten-gleichung................................... 4 3.1.4 Isentrope Bewegung................................... 5 3.2 Zirkulation............................................ 6 3.3 Potentialströmung........................................ 7 3.4 Wirbelströmung......................................... 9 4 Viskose Fluide 10 4.1 Eigenschaften von viskosen Fluiden............................... 10 4.2 Navier-Stokes-Gleichungen.................................... 10 1

1 Einleitung Dieser Vortrag dient als kurze Einführung in die Grundlagen der Hydrodynamik. Zunächst werden für ideale Fluide die Grundgleichungen der Hydrodynamik aufgestellt. nschließend wird zwischen Potentialund Wirbelströmung unterschieden und die wesentlichen Eigenschaften sowie Unterschiede dieser verdeutlicht. Unter Hinzunahme von zusätzlich wirkenden Kräften im Fluid wird zuletzt die Motivation für Navier-Stokes-Gleichungen aus den Euler-Gleichungen gegeben. 2 Begriffsklärung Zunächst sollen einige wichtige Begriffe geklärt werden: Die Hydrodynamik ist ein Gebiet der Kontinuumsmechanik, der Mechanik der deformierbaren Medien, das sich auf die Betrachtung der Bewegung von Fluiden mit bestimmten Eigenschaften konzentriert. Ein ideales Fluid besitzt weder Viskosität noch Wärmeleitfähigkeit. Wenn wir vom Fluid sprechen, dann meinen wir sowohl Flüssigkeiten als auch Gase, da alle folgenden Überlegungen für beide gleichermaßen zutreffen. Bei folgender Betrachtung beschränken wir uns hauptsächlich auf ideale Fluide. Der Zustand eines bewegten Fluids wird durch fünf Größen vollständig festgelegt: Drei Komponenten der Geschwindigkeitsverteilung v r, t) und zwei beliebige thermodynamische Größen, welche über die Zustandsgleichung alle anderen thermodynamischen Größen festlegen. Somit enthält das vollständige Gleichungssystem der Hydrodynamik fünf Gleichungen. Für ein ideales Fluid sind dies: Die Kontinuitätsgleichung, die Euler-Gleichungen mit drei Komponenten und die diabatengleichung. Es kommt in der Hydrodynamik vor, dass die Differentiation nach den Ortskoordinaten mit δ und die nach der Zeit mit d kennzeichnet wird, wenn beide gleichzeitig auftreten, um Verwechslungen zu vermeiden. Wir werden diese Schreibweise ebenfalls verwenden. 3 Ideale Fluide 3.1 Grundgleichungen der Hydrodynamik für ideale Fluide Im Folgendem wird das uns interessierende Grundgleichungssystem der Hydrodynamik für ideale Fluide aufgestellt. 3.1.1 Kontinuitätsgleichung Wir betrachten den Fluss Φ - die Flüssigkeitsmenge, die pro Zeiteinheit aus einem Volumen V herausfließt - durch ein Volumen V 0. Das Differenzial des Flusses durch die Oberfläche V 0 des Volumens V 0 ist gegeben durch dφ = ρv d, 1) 2

wobei d die Größe des Flächenelements darstellt und d in Richtung der äußeren Normalen zeigt. Somit ist der Fluss Φ selbst gegeben durch das Integral des differenziellen Flusses über die geschlossene Oberfläche von V 0 : Φ = ρv d. 2) V 0 Gleichzeitig nimmt die Flüssigkeitsmenge in V 0 mit folgendem Fluss Φ ab: Φ = ρ dv. 3) V 0 Offensichtlicherweise fließt aus einem Volumenelement im Fluid genau so viel raus wie rein, so dass Φ und Φ gleich sein müssen. Wir wenden zusätzlich den Gauß schen Satz an, so dass das Oberflächenintegral in ein Volumenintegral übergeht: ρ dv =! ρv d = ρv) dv 4) V 0 V 0 V 0 [ ] ρ = + ρv) dv =! 0. 5) V 0 Da dies für beliebiges Volumenelement V 0 gilt, folgt für den Integranden die Kontinuitätsgleichung: ρ ρ dρ ρ + ρv) = + ρ v + v ρ = + ρ v = + j = 0, 6) wobei j = ρv der Stromdichtevektor ist. Dieser weist in die Richtung des Geschwindigkeitsvektors v und sein Betrag j gibt die Flüssigkeitsmenge an, die pro Zeiteinheit durch eine zur Geschwindigkeit v orthogonale Flächeneinheit fließt. Die Kontinuitätsgleichung drückt die Massenerhaltung in der Hydrodynamik aus. Wie wir sehen werden, gilt diese neben Idealen auch für viskose Fluide. Noch zu erwähnen wären die inkompressiblen Fluide, also solche, bei denen die Dichte sich weder zeitlich noch örtlich ändert: ρ = const = für inkompressible Fluide: dρ = 0. us der Kontinuitätsgleichung folgt direkt die Bedingung v = 0. 7) Diese haben weitere interessante Eigenschaften, welche hier jedoch nicht weiter diskutiert werden. 3.1.2 Euler-Gleichungen Wir betrachten eine geschlossene Oberfläche eines Flüssigkeitsvolumens V 0 mit der Masse m. Nach dem zweitem Newtonschen Gesetz wirkt darauf unter Verwendung des Gauß schen Integralsatzes die Kraft: F = ma = p d = V 0 p dv. V 0 8) Die Bewegungsgleichungen für ein Volumenelement lauten somit nach der usführung des Integrals p = ρ dv mit ρ = m V 0. 9) Zu beachten ist, dass dv die globale Zeitableitung ist. Es ist nicht nur die lokale Geschwindigkeitsänderung des Fluids im festen Raumpunkt, sondern auch die eines sich im Raum bewegenden Fluieilchens im Zeitintervall. Folglich gibt es zwei nteile: Geschwindigkeitsänderung im Raumpunkt r während, also die lokale bleitung beim konstantem r = x, y, z) 10) 3

bbildung 1: Infinitesimale Verschiebung eines Teilchens Differenz der Geschwindigkeiten zum gleichen Zeitpunkt in zwei Raumpunkten mit bstand dr, also dem in zurückgelegten Weg: x dx + y welche auch als konvektive bleitung bezeichnet wird. dy + dz = dr ) v, 11) z Die gesamte infinitesimale Geschwindigkeitsänderung ist durch die Summe aus 10) und 11) gegeben: aus welcher die substantielle bleitung folgt: welche identisch mit dem totalen Differential ist. Somit können die Bewegungsgleichungen 9) umgeschrieben werden in dv = + dr ) v, 12) dv = + v ) v, 13) + v ) v = p ρ, 14) welche die Euler-Gleichungen für ideale Fluide darstellen. Wichtig ist, dass die Nichtlinearität im Konvektionsglied zweiter Term auf der linken Seite) das Superpositionsprinzip außer Kraft setzt, wodurch die Integration erheblich erschwert wird. Gleichzeitig ist die Nichtlinearität der Gleichung der Grund für mehrere hydrodynamische Phänomene, wie der Übergang zum chaotischen bzw. turbulenten Verhalten. Im Schwerefeld wirkt auf jede Volumeneinheit zusätzlich die Kraft ρg, so dass die Euler-Gleichungen im Schwerefeld lauten: + v ) v = p ρ + g. 15) Zu beachten ist, dass diese Gleichungen nur für ideale Fluide mit vernachlässigter Wärmeleitung und Zähigkeit gelten. Zusätzlich werden zur Lösung der Gleichungen Randbedingungen der jeweiligen Bewegung gebraucht. 3.1.3 diabaten-gleichung Für das vollständige Gleichungssystem der Hydrodynamik betrachten wir noch kurz die diabatengleichung. Da im idealen Fluid die Bewegung in jedem Teil der Flüssigkeit wegen des fehlenden Wärmeaustauschs zwischen den einzelnen Flüssigkeitsteilen ohne Energiedissipation und somit adiabatisch ist, bleibt die Entropie konstant. Unter Einführung der Entropie pro Masseneinheit s, welches eine verbreitete Bezeichnung in der Hydrodynamik ist, lässt sich folgende Gleichung für jedes Teilchen im Fluid aufstellen: ds = 0. 16) 4

Unter Berücksichtigung der totalen Zeitableitung bei der Entropieänderung eines sich bewegenden Fluidelements folgt direkt die diabatengleichung: ds = s + v s = 0 17) Mit der Kontinuitätsgleichung lässt sich diese zur Kontinuitätsgleichung für die Entropie umschreiben. Dazu wird 6) mit s und 17) mit ρ multipliziert und beide aufaddiert: d ρs) wobei das Produkt ρsv der Vektor der Entropiestromdichte ist. 3.1.4 Isentrope Bewegung + ρsv) = 0, 18) Man kann die diabatengleichung oft vereinfachen sowie die Euler-Gleichungen umschreiben. Ist die Entropie anfangs in allen Punkten des Flüssigkeitsvolumens gleich, so bleibt diese auch während der weiteren Bewegung des Fluids überall gleich und zeitlich unverändert, so dass die diabatengleichung in diesen Fällen in der einfachen Gestalt s r, t = 0) = const = s r, t) = const t. 19) geschrieben werden kann. Diese Bewegung heißt isentrope oder homentrope Bewegung. Nun betrachten wir die Enthalpie pro Masseneinheit w. Gehen wir vom Differential dieser, welches von den thermodynamischen Beziehungen geliefert wird, so erhalten wir dw = T ds + V dp = innere Energie + Verdraengungsarbeit), 20) wobei V = 1 ρ das spezifische Volumen und T die Temperatur angeben. Da wir von konstanter Entropie ausgehen, s = const = ds = 0, bekommen wir den usdruck Damit werden die Euler-Gleichungen 15) zu dw = V dp = dp ρ = w = 1 p. 21) ρ + v ) v = w + g. 22) Zum Teil ist es nützlich, eine solche Form der Euler-Gleichungen anzugeben, in welcher nur die Geschwindigkeit enthalten ist. Dazu wird auf beiden Seiten Rotation gebildet sowie zwei usdrücke aus der Vektoranalysis verwendet, = 0, sowie 23) v ) v = v2 v v). 24) 2 24) in 22) eingesetzt und umgeformt ergeben sich die Euler-Gleichungen für die isentrope Bewegung: ) v v) = w + v2 25) 2 rot = v) = v v)), 26) welche nur das Geschwindigkeitsfeld v r, t) enthalten. Zusätzlich kommen noch die jeweiligen Randbedingungen der Bewegung zur Lösung hinzu, welche an den 5

das Fluid begrenzenden Wänden erfüllt sein muss. Für feste Wände gilt somit offensichtlicherweise für ein ideales Fluid v n = 0, 27) also muss an unbeweglichen Wänden die Geschwindigkeitskomponente des Fluids senkrecht zur Wandfläche verschwinden, da ein Fluid eine feste Fläche nicht durchdringen kann. Desweiteren müssen an den Grenzen zwischen sich nicht mischenden Fluiden die Drücke und die zur Grenzfläche normalen Geschwindigkeitskomponenten in beiden Fluiden gleich sein. Mit Vorgabe von Randbedingungen lassen sich die Bewegungsgleichungen auch lösen. Bemerkung: Es ist noch zu bemerken, dass sowohl die Euler-Gleichungen als auch die diabatengleichung gern auf weiteren rten umgeschrieben werden können, je nach nnahmen. Da die ussagen komplett äquivalent sind und nur thermodynamische Beziehungen sowie Formeln aus Vektoranalysis verwendet werden, um diese herzuleiten, werden wir sie hier nicht weiter betrachten, da es nicht allzu interessant ist. Für Interessenten lässt sich empfehlen, die dazugehörige Literatur anzuschauen, vor allem weil die Herleitungen weder lang noch sonderlich kompliziert sind. Etwas was ebenfalls häufig verwendet wird, sind die Euler-Gleichungen im linearisierten Fall, welche es vor allem erlauben, mehrere Probleme analytisch zu lösen. Dies wird hier ebenfalls nicht weiter ausgebaut, jedoch ist es eine Erwähnung wert. 3.2 Zirkulation Die Zirkulation Γ längs einer geschlossenen Kurve ist definiert als das Integral Γ = v dl, 28) wobei dl ein Linienelement auf der Kurve angibt. Nun wird im Fluid eine geschlossene Kurve zum bestimmten Zeitpunkt betrachtet. Da das Fluid und somit jedes einzelne Teilchen in diesem Fluid sich bewegt, wird sich die Geschwindigkeit v sowie die ganze Gestalt der Kurve ändern, da die Letztere ebenfalls mitfießt. Die Änderung der Zirkulation längs dieser Kurve ist durch die totale Zeitableitung gegeben: dγ = d v dl, 29) wobei wir die Änderung der Zirkulation längs einer sich bewegenden Flüssigkeitskurve erhalten. Das Linienelement auf der Kurve dl kann als Differenz δr der Ortsvektoren r der beiden Endpunkte dieses Elements schreiben, so dass gilt: Γ = v δr. 30) Die zeitliche Differentiation der Zirkulation ist dann gegeben durch: dγ = d dv v dl = δr + v d δr), 31) da nicht nur die Geschwindigkeit sich ändert, sondern auch die Kurve selbst bzw. ihre Gestalt bb 2). Mit v d δr) = v δ dr v2 = v δv = δ 32) 2 und dessen, dass ein Integral über ein vollständiges Differential längs einer geschlossenen Kurve verschwindet, also δ v2 2 = 0 33) 6

bbildung 2: Änderung der Zirkulation ergibt sich für 31): dγ = d dv v δr = δr. 34) Wird nun eine isentrope Bewegung angenommen, so gilt für die Beschleunigung a = dv = + v ) v = w 35) und das Kurvenintegral in 34) lässt sich mit dem Satz von Stokes in ein Flächenintegral überführen: a dr = a) d. 36) Damit erhalten wir schließlich: dv r = da dv dv ) d = w)) d = 0, 37) = w und = 0. Wegen g = 0 gilt dies auch im Schwerefeld. us 37) folgt somit: d v dl = 0 = Γ = v dl = const 38) Dies ist der Thomson sche Satz, der Erhaltungssatz für die Zirkulation. Dieser besagt, dass in einem idealen Fluid die Zirkulation längs einer geschlossenen Kurve bei isentroper Strömung stets konstant ist. Wenden wir den Thomson schen Satz auf eine infinitesimale geschlossene Kurve δ, so ergibt sich mit Hilfe des Stokes schen Integralsatzes die Erhaltung der Wirbelung bzw. Wirbelstärke v der Fluidströmung: v dl = v) d v) δ =! const, 39) δ δ wobei d das Element der Fläche des Fluids ist, welches von der Kurve δ umschlossen ist. nschaulich lässt sich dieses Ergebnis so formulieren, dass die Wirbelung mit dem sich bewegenden Fluid mitgeht. 3.3 Potentialströmung Potentialströmungen sind solche Strömungen, für welche im ganzen Raum die Bedingung v = 0 40) erfüllt ist, d.h. sie sind wirbelfrei bis auf singuläre Punkte oder Linien bb. 3). us der Erhaltung der Zirkulation folgt zunächst für stationäre Strömungen - solche Strömungen, bei welchen sowohl die Strömungsgeschwindigkeit als auch die Querschnittfläche der Strömung also Durchfluss) keine zeitlichen Änderungen haben - die Wirbelfreiheit: Betrachtet wird eine Stromlinie, für welche 7

bbildung 3: Wirbelfreie links) und nicht wirbelfreie rechts) Strömungen bekannt ist, dass für einen Punkt dieser Stromlinie v = 0 gilt. Nun gebe es eine infinitesimale geschlossene Kurve δ, welche die Stromlinie in der Nähe dieses Punktes während der gesamten Betrachtungszeit umschließt und sich mit dem Fluid mitbewegt. Dann folgt aus der Konstanz des Integrals v dl = const = v) d, 41) dass δ v = 0 42) entlang der gesamten Stromlinie ist, also verschwindet die Rotation auch in allen anderen Punkten der Stromlinie. Ist die Strömung nicht stationär, dann gilt die ussage auch, nur muss anstelle der Stromlinie eine in der Zeit vom bestimmten Fluieilchen zurückgelegte Bahnkurve betrachtet werden. Die Bahnkurven stimmen bei nicht stationären Strömungen allgemein nicht mit den Stromlinien überein. Die Eigenschaften von Potentialströmungen sind: Bei der Herleitung des Erhaltungssatzes für die Zirkulation und allen weiteren Folgerungen daraus wurde eine isentrope Bewegung angenommen. Ist die Bewegung nicht isentrop, so gilt dieser Satz nicht. uch wenn die Strömung im gewissen Zeitpunkt eine Potentialströmung ist, wird in den folgenden Zeitpunkten die Rotation der Geschwindigkeit allgemein nicht Null sein müssen. Somit kann nur eine isentrope Strömung eine Potentialströmung sein. Die Zirkulation längs einer beliebigen geschlossenen Kurve ist gleich Null: Γ = vdl Stokes = v) d = 0. 43) Es existieren also keine geschlossenen Stromlinien in einer Potentialströmung, denn die Richtung der Stromlinie stimmt in jedem Punkt mit der Richtung der Geschwindigkeit überein und die Zirkulation längs einer solchen geschlossenen Linie wäre auf jeden Fall von Null verschieden. Wegen v = 0 kann bei Potentialströmungen v als Gradient eines Skalars dargestellt werden, welcher Geschwindigkeitspotential Φ heißt: v = Φ, 44) so dass die Euler-Gleichungen für die Geschwindigkeit sich mit dem Geschwindigkeitspotential zur Potentialgleichung umschreiben lassen: ) Φ + v2 2 + w = 0. 45) Somit muss bei Potentialströmungen gelten: Φ + v2 + w = f t), 46) 2 8

wobei f t) eine beliebige Zeitfunktion ist. Desweiteren wird in dieser Gleichung Geschwindigkeit mit Druck über w = p ρ verknüpft. Diese Gleichung ist das sogenannte erste Integral der Bewegungsgleichungen für eine Potentialströmung. Liegt nun eine stationäre Strömung vor, so ist Φ zeitunabhängig, Φ = 0, f t) = const, und somit bleibt nur der usdruck v 2 + w = const, 47) 2 welches der Bernoulli schen Gleichung entspricht, die für stationäre Strömungen somit offenbar direkt folgt. Noch zu beachten ist, dass für die Potentialströmung die Konstante in dieser Gleichung im gesamten Fluidvolumen gleich ist, bei beliebiger Strömung jedoch nur längs einer einzelnen Stromlinie und für verschiedene Stromlinien allgemein verschieden. 3.4 Wirbelströmung Bei Wirbelströmungen verschwindet die Rotation im Gegensatz zu den Potentialströmungen im llgemeinen nicht, welches als Wirbelstärke ω Vorticity) bezeichnet wird: ω := v 0. 48) In den meisten Fällen werden dabei 2-dimensionale Wirbel in der xy-ebene) um eine chse z-chse) betrachtet, da 3-dimensionale Wirbel wie z.b. Tornados schwer zu beschreiben sind. Die z-komponente wird dabei bezeichnet mit: y ζ = v) z = x ) x. 49) y Diese Wirbelstärke können wir uns nun für verschiedene Flüsse ansehen: Zunächst betrachten wir eine Rotation, beispielsweise eines Zylinders, um die z-chse. Geschwindigkeitsprofil soll mit nach außen zunehmender Geschwindigkeit sein. Hierbei können wir die Wirbelstärke berechnen. Dabei betrachten wir das System in Zylinderkoordinaten, wodurch wir v φ gleich angeben können ω z als Winkelgeschwindigkeit): v φ = ω z r 50) 1 z ω = v = r φ φ z, r z z r, 1 φ r r )) r 51) φ = 0, 0, 1 r 2 ) ) ω z 52) r r = ζ = 2ω z 53) Die Wirbelstärke ist dabei genau das 2-fache der Winkelgeschwindigkeit und kann veranschaulicht werden durch folgende Darstellungen bb. 4): bbildung 4: Darstellung der Wirbelströmung bei nicht verschwindender Wirbelstärke 9

lso durch eine Zelle, welche sich selbst mit dem Fluss mitdreht Wirbelstärke). ndere Herleitung aus der Zirkulation: Γ = v dl = v) d = ζ d) 54) δ Da Fläche senkrecht zu ζ ist, folgt: Γ ) ζ = lim 0 d = d v dl = dγ 55) d δ d Γ = v dl = 2πrv φ = 2πr 2 ω z 56) δ = ζ = dγ d = 2πr2 ω z πr 2 = 2ω z 57) Interessant wird es jedoch, wenn andere Zirkulationsbewegungen eines Fluids um eine chse angeschaut werden. Dabei kann beispielsweise zentral eine Zirkulationsquelle sitzen, welche das Fluid um sich selbst zirkulieren lässt, aber nach außen hin an ihrer Geschwindigkeit verliert v φ 1 r ). Rechnet man hierbei die Wirbelstärke aus, so erhält man folgendes: v φ = α, α = const 58) r = ζ = 1 r α ) = 1 ) α = 0 59) r r r r r Obwohl man einen zirkulären Fluss hat, wird die Wirbelstärke gleich 0! bbildung 5: Darstellung der Wirbelströmung bei verschwindender Wirbelstärke 4 Viskose Fluide 4.1 Eigenschaften von viskosen Fluiden Bevor wir zu den Navier-Stokes-Gleichungen übergehen, klären wir noch den Begriff eines viskosen bzw. zähen Fluids. Bei Strömungen viskoser Fluide werden die uswirkungen von Prozessen mit Energiedissipation auf die Strömung untersucht, welche aufgrund Viskosität / innerer Reibung und der Wärmeleitfähigkeit zustande kommen, weshalb die Strömung thermodynamisch irreversibel wird. Desweiteren ist zu bemerken, dass die Kontinuitätsgleichung bei viskosen Fluiden unverändert bleibt, welches aus ihrer bleitung ersichtlich wird, da sie in gleicher Form für die Strömung beliebiger Fluide gilt. 4.2 Navier-Stokes-Gleichungen Die Navier-Stokes-Gleichungen stellen modifizierte Euler-Gleichungen dar, bei welchen zusätzliche Terme eingeführt werden, um die Energiedissipation zu berücksichtigen. Letztendlich werden die Euler-Gleichungen um mehrere Kraftterme ergänzt. Dabei unterscheiden wir zwischen: 10

Spezifischen äußeren Kräfte, wie Gravitationsfelder, orioliskräfte, elektromagnetische Felder,... Spezifische Druckkraft, bereits bei Euler-Gleichungen miteinbezogen. inneren Kräfte, wie Reibung, Wärmeleitung, Zähigkeit,... Dabei sind Gravitations- und orioliskraft bekannt, elektromagnetische Kraft wird weggelassen und die Druckkraft ist bereits bestimmt. Kurze Motivation der Inneren Kräfte: Impulsüberträge in Fluiden können allgemein über den zähen Spannungstensor σ ik beschrieben werden. Unter der nnahme, dass die Geschwindigkeitsgradienten nicht sehr groß sind, kann zusätzlich angenommen werden, dass der von der Zähigkeit bewirkte Impulsübertrag nur von der ersten bleitung nach der Geschwindigkeit abhängt. Es muss nämlich gelten, dass σ = 0 für v = const. In allgemeinster Form sieht ein solcher Tensor 2. Stufe wie folgt aus: i σ ik = a + ) k + b l δ ik 60) x k x i x l Die Konstanten a,b ergeben sich mit langer Rechnung, einigen Überlegungen und einer mathematischen Forderung zu: a = 2η ; b = ζ 2 η) 61) 3 = σ ik = 2ηɛ ik + ζ 2 3 η)δ ik v), 62) ) wobei η > 0 der Viskositätskoeffizient, ζ > 0 der Zähigkeitskoeffizient und ɛ ik := 1 i 2 x k + k x i der Deformationstensor sind. Diese Koeffizienten sind im llgemeinen Funktionen von Druck p und Temperatur T, welche nicht im ganzen Fluid gleich sein müssen, und können sowohl Skalare als auch Tensoren sein. Näherungsweise können η und ζ als konstant gesetzt werden. Wendet man darauf nun die Divergenz an, so bekommen wir einen usdruck, welchen wir an die Navier-Stokes-Gleichungen addieren können. σ ik = σ ik x k 2 v i = η x 2 k + x i k 2 l x k 3 x i x l ) + ζ l = η 2 v i x i x l x 2 + ζ + η ) l 63) k 3 x i x l = σ = η v + ζ + η ) grad div v = η v + ζ + η ) v) 64) 3 3 Diese usdrücke für die Bewegung durch Kräfte können wir nun hinzufügen, so dass wir die Navier- Stokes-Gleichungen für zähe Fluide erhalten: ) ρ + v ) v = p + η v + ζ + η ) v) + ρg + f, 65) 3 wobei f für weitere Kräfte steht, welche zusätzlich berücksichtigt werden können. Mit dieser Gleichung kann nun eine große nzahl an Bewegungen beschrieben werden. Da es jedoch nur eine geringe nzahl an analytisch lösbaren Fällen gibt, wird die Gleichung oft abgeschätzt. Dies nennt sich dann die dimensionslose Navier-Stokes-Gleichung. Eine Eigenschaft, die oft ausgenutzt wird, ist dabei die Tatsache, dass bei stationären Strömungen die Gleichung durch drei Parameter beschrieben werden kann. Zum einen der Viskosität ν, der Geschwindigkeit U und der linearen bmessung des Systems L. Für nicht stationäre Strömungen wird dabei zusätzlich 11

eine charakteristische Zeit τ benötigt. x = x L ; v = v U ; τ = t τ ; g = g g ; p = p ρu 2 66) = τ ; = L 67) Ersetzung in den Navier-Stokes-Gleichungen möglich, wobei hier ζ = 0 gesetzt wird, was nach Stokes bei Gasen unter nicht zu hohen Drücken angenommen werden kann: + v ) v = 1 ρ p + ν v + ν v) + g 68) 3 = U τ + U 2 L v ) v = U 2 L p + Uν L 2 v + Uν 3L 2 v ) + g g 69) = L Uτ + v ) v = ρu 2 p p + ν UL v + ν 3UL v ) + g L U 2 g 70) Durch diese Faktoren kann abgeschätzt werden, welcher Term wichtig ist und welcher nicht. Dazu führen wir folgenden Bezeichnungen ein: wodurch 70) wird zu: Strouhal-Zahl St L Uτ, Fraude-Zahl F r U 2 Reynolds-Zahl Re UL ν, L g, 71) p Euler-Zahl Eu ρu 2, 72) St + v ) v = 1 Eu p + 1 Re v + 1 3Re v ) + 1 F r g. 73) Unterschied zwischen Termen ist oft deutlich erkennbar, dadurch können die Wichtigsten beibehalten werden. Beispiel Meeresströmung: Reibungsterm 10 19 und Druckterm 10 5. Natürlich werden für heutige Modelle numerische Lösungen angegeben, die beispielsweise Tornados oder Grundwasserbewegungen beschreiben können. Literatur [1] rnold Sommerfeld. Theoretische Physik, Band II: Mechanik der deformierbaren Medien, Verlag Harri Deutsch, Thun, 1978 [2] Georg Wolschin. Hydrodynamik. Vorlesungsscript 2016 [3] L. D. Landau, E. M. Lifschitz. Lehrbuch der theoretischen Physik: Hydrodynamik. 5. uflage. kademie Verlag, 1990 [4] Matthias Bartelmann, Theoretische Physik II: nalytische Mechanik und Grundlagen der Thermodynamik, Vorlesungsscript, 2016 12