Mittelbare (straf)rechtliche Konsequenzen betriebsbezogener Straftaten:

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Transkript:

Mittelbare (straf)rechtliche Konsequenzen betriebsbezogener Straftaten: - ZIVILRECHTLICHE Ersatzpflichten - ORDNUNGSWIDRIGKEITENRECHTLICHE Sanktionierung gegenüber Leitern der vertretenen Juristischen Person Geldbuße nach 130 OWiG - ORDNUNGSWIDRIGKEITENRECHTLICHE Sanktionierung gegenüber der vertretenen Juristischen Person selbst Verbandsgeldbuße nach 30 OWiG: - EVTL. 266 (TreubruchsTB) StGB 1 : => Voraussetzungen: - Vermögensfürsorgepflichtiger - Missbrauch: (-) kein im Außenverhältnis wirksames Rechtsgeschäft [also egal: Überscheiten des rechtlichen Dürfens auch bei internem EV?] - Treubruch: Verletzung der Vermögensfürsorgepflicht durch Gesetzesverstoß: Aufforderung zur/duldung von Straftaten 266 StGB infolge Bußgeldverursachung 2 - Vermögensschaden beim Geschäftsherrn (JP):?? - - - - - o Voraussetzungen für Geldbuße nach 30 OWiG: (a) taugliches Sanktionssubjekt: JP, nicht rechtsfähige Vereine, Personenhandelsgesellschaften (b) Anlasstat durch eine der in 30 I Nr. 1-5 bezeichneten Personen -- ggff.. 130 OWiG,, ss..u.. -- Handeln "als Vorstand" (usw): funktionaler Zusammenhang + Handeln im Interesse der JP 3 1 Hierzu Satzger NStZ 2009, 297 ff., sowie eingehend: Ibold, Unternehmerische Entscheidungen als pflichtwidrige Untreuehandlungen. Dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens; 2011. 2 Verbandsgeldbuße nach 30 OWiG. 3 S. aber auch u., Fn. 20! 1

(c) Verletzung betriebsbezogener 4 5 Pflicht (erstrebte) Bereicherung 6 o Rechtsfolge: - Geldbußen-Höhe 7 differenziert nach Straftat (Vorsatz o. Fahrlässigkeit) oder OWi - Zumessungskriterien: - 17 III OWiG 8 - ferner: Vorteilsabschöpfung (Netto- Prinzip 9 ): 30 III OWiG 10 o Geldbußen-Verfahren: - idr einheitliches Verfahren 11 ; Ausnahme: 30 IV OWiG zu(b): Anlasstat: 4 Pflicht aus Sonderdelikt (zb 266a StGB, 130 OWiG), aber auch Jedermanns-Pflichten (vgl. 30 II: "Pflichten, welche die JP als solche treffen"), zb Verkehrssicherungspflicht. 5 Wird eine betriebsbezogene Pflicht durch einen Mitarbeiter verletzt, der selbst nicht Normadressat der Vorschrift ist (zb keine Zurechnung einer "Anlieger"-Eigenschaft über 9 O- WiG), so hindert dies eine Sanktionierung aus 130 OWiG nicht, vgl. 130 I 1: "solche Zuwiderhandlung" (und nicht: "mit Geldbuße bedrohte Handlung"). 6 Ersatzansprüche Dritter gegen die JP (usw) schließen eine Bereicherung nicht aus. 7 Beachte die Sonderregelungen bei GWB-Verstößen ( 81 IV GWB): - Geldbuße bis zu einer Million Euro gegen natürl. Person - gegen Unternehmen höhere Geldbuße (bis zu 10% des Vorjahres- Gesamtumsatzes, und zwar ggf. des Konzerns (auch dann, wenn GWB- Verstoß Im Tochterunternehmen verübt). 8 Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und des Vorwurfs, der den Täter trifft; ferner: wirtschaftliche Verhältnisse des Täters; bei GWB-Verstößen beachte 81 IV GWB! 9 Also Berücksichtigung von Aufwendungen etc.; Berücksichtigung von zivilrechtlichen Ersatzansprüchen (zum Kartellrecht: 34 II, 34a II GWB) im OWi-Recht str. 10 So auch bei GWB-Verstößen ( 81 V GWB). 11 Also zusammen mit dem Straf- oder OWi-Verfahren, welches gegen das Organ geführt wird. 2

- rechtswidrige und vorwerfbare Straftat oder OWi - hieran ggf. Beteiligung 12 13 der Vorgesetzten als Mittäter oder Anstifter - evtl. auch Unterlassungstäterschaft Nichthindern von Straftat/OWi durch Betriebsangehörigen - Problem: Garantenstellung 14 / Kausalität 15 (!) - 130 OWiG als lückenschließender Auffang-TB 16 - (a) Täterqualifikation ( Betriebsinhaber 17 ) aber: Zurechnung der Betriebsinhaberschaft auf den konkret Unterlassenden über 9 OWiG: (wie bei 14 StGB!) TB-Ergänzung bei Sonderdelikten durch Merkmalsüberwälzung" 18 Merkmal wird transportiert 19 20 auf: 12 Relevant, sofern der Täter der Anlasstat nicht unter den Personenkreis des 30 I Nr. 1-5 OWiG fällt. 13 Zur Ergänzung: Bildet eine OWi die Anlasstat, so ist 14 OWiG zu beachten: Jeder Beteiligte wird - unabhängig vom Gewicht seines Tatbeitrages - als Täter erfasst (sog. Einheitstäterschaft). 14 Herleitbar aus Herrschaftsmacht über Betriebsangehörige (also ähnlich der Verkehrssicherungspflicht für gefährliche Betriebsteile). 15 Die unterlassene Aufsichtsmaßnahme müsste die Straftat/OWi-Begehung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert haben. 16 Schutzzweck: Vorverlagerung des Rechtsgüterschutzes gegenüber betriebsbezogenen Zuwiderhandlungen. 17 Bei einem in Form einer AG geführten Unternehmen: Nicht die Aktionäre, sondern die JP als solche. 18 Zur Schließung einer Sanktionslücke: Der Handelnde (zb GmbH-Geschäftsführer, 35 GmbHG) ist nicht ubr. Normadressat (zb bei 266a StGB Arbeitgeber ), der Normadressat (zb bei 266a StGB: GmbH als Arbeitgeber ) nicht Handelnder; gäbe es 9 O- WiG sowie den sachentsprechenden 14 StGB nicht, dann hätte dies zur Konsequenz, dass gar keine Sanktion verhängt werden könnte.. 19 Sehr str. für faktische Organe (Grundkonstellation der 14 III StGB, 9 III OWiG: intentionaler, aber rechtsunwirksamer Bestellungsakt - die Einbeziehung faktischer Organe dürfte die Wortlautgrenze - unwirksame Rechtshandlung - überschreiten [Art. 103 II GG]; hierzu vgl. LS-Homepage / Wirtschaftstrafrecht I / Wirtschaftliche Auslegung / Schein-und Umge- 3

- 9 I (gesetzliche Vertreter 21 ) - 9 II (gewillkürte Vertreter 22 ) - (b) Tathandlung: 23 24 Unterlassen von Aufsichtsmaßnahmen - (c) Vorsatz bzw. Fahrlässigkeit 25 - (d) objektive 26 Bedingung der Ahndung: Zuwiderhandlung gegen beettrri ieebssbeezzoo-- geenee 27 mit Strafe oder Geldbuße beedrroohttee hungshandlungen); nicht aber bei "Usurpation". 20 Ursprünglich verlangte die Rspr., dass das Organ im Interesse des Vertretenen (und nicht nur eigennützig) handeln muss; diese Voraussetzung wurde für 14 StGB von BGH NJW 2012, 2366 (auf Basis von BGH NJW 2009, 2225) aufgegeben; vgl. BeckOK- StGB/Momsen 14 Rn. 19 ff.; zu 9 OWiG s.a. KKOWiG-Rogall (3. Aufl., 2006 [!]) 14 Rn. 61: Interessenverfolgung als wichtiger Indikator für das Vorliegen eines Vertretungsbezuges. 21 Beispiele: Nr. 1 78 I AktG, 24 I GenG, 26 II BGB; Nr. 2 125 I, 161 I, 125 I HGB; Nr. 3 1626, 1629 BGB; ferner Insolvenzverwalter, Testamentsvollstrecker. 22 Betrieb iws / Beauftragter: nicht notwendig Betriebsangehöriger (zb. Drittunternehmer, Steuerberater). 23 Hierzu KK-Rogall, 130 Rn. 40: Leitungs-, Koordinations-, Organisations- und Kontrollpflichten. Insoweit kann man mit Rogall ebd. folgenden Pflichtenkanon unterscheiden: (1) sorgfältige Auswahl der Mitarbeiter, (2) sachgerecht organisierte Aufgabenverteilung, (3) hinreichende Instruktion der Mitarbeiter über ihre Aufgaben und Pflichten, (4) ausreichende Überwachung und Kontrolle der Mitarbeiter (im Rahmen des Zumutbaren: KK-Rogall, ebd. RN 49), (5) Einschreiten gegen Verstöße; zur Geeignetheit von Aufsichtsmaßnahmen: KK-Rogall, 130 Rn. 42 ff., zur gesteigerten Aufsichtspflicht ebd. Rn. 64 f., zum Organisationsmangel als solchem: KK-Rogall, 130 Rn. 53 f., 68. Die von 130 OWiG ebenfalls geforderte Oberaufsicht (bei Delegation der Aufsicht an Ebene unterhalb zb eines AG-Vorstandes) verlangt hinreichende Sorgfalt bezüglich Bestellung, Auswahl und Kontrolle der konkret zuständigen Aufsichtspersonen (KK-Rogall, 130 Rn. 69), s. 130 I 2 OWiG; liegt insoweit kein Fehlverhalten der "Spitze" vor, so löst eine Zuwiderhandlung auf der niederen Ebene keine OWi-Verantwortlichkeit der Betriebsinhaber (isv 9 OWiG) nach 130 OWiG und damit auch keine Möglichkeit einer Geldbuße nach 30 OWiG aus. 24 Bei mehrgliedrigem Organ (zb mehrere GmbH-Geschäftsführer) wirkt interne Aufgabenverteilung entlastend (Vertrauensgrundsatz); ist dieses Vertrauen aber normativ erschüttert, so ist auch ein unzuständiges Organ verantwortlich (Gesamtverantwortlichkeit aller Organe). 25 Jeweils bezogen auf die Vernachlässigung der Aufsichtspflicht (und nicht auf die Gefahr der Zuwiderhandlung - 130 OWiG als abstraktes Gefährdungsdelikt). 26 Also kein Bezugspunkt von Vorsatz oder Fahrlässigkeit (Parallele aus StGB: Rauschtat isv 323a StGB)! 4

PPffl licchtteen + Kaaussaal littäätt iwsi 28 zwischen Unterlassen und OWi 29 Verfahren: idr einheitliches Verfahren 126 ; Ausnahme: 30 IV 127 Diskussion einer Unternehmensstrafbarkeit - Problem: - Fehlende Handlungs- und Schuldfähigkeit sowie Strafempfänglichkeit einer JP einerseits - ungenügende Unrechtserfassung durch Sanktionierung der für die JP handelnden natürlichen Personen (so überhaupt ermittelbar organisierte Unverantwortlichkeit") sowie Bemessung der Sanktion an individuellem Verschulden (sowie ggf. Einkommensverhältnissen) andererseits nur de lege ferenda 30 : - akzessorische Strafbarkeit (also Zurechnung von Handlung und Schuld eines den Verband Repräsentierenden) oder - Maßregelverhängung (kein Konflikt mit dem Schuldprinzip) oder - eigenständige Unternehmensverantwortlichkeit: Originäre Verbandsverantwortlichkeit durch funktionsanaloge Übertragung der Zurechnungskategorien des Individualstrafrechts (zb Betriebsführungsschuld, systemische Organisationsherrschaft) 31 Gesetzestexte: 27 Also betriebsbezogenes Handeln erforderlich; aber auch sog. Allgemeindelikte (= auch von Nichtbetriebsangehörigen zu verwirklichen, zb 222 StGB), sofern izm Verbandstätigkeit: Unternehmensbezogenheit des Pflichtenverstoßes. 28 S. 130 I 1 OWiG: " oder wesentlich erschwert" Rückführung der Wahrscheinlichkeit eines Normverstoßes um 25 % (s. KK-Rogall, 130 Rn. 102); also der Sache nach vergleichbar mit der im Strafrecht überwiegend abgelehnten "Risikoerhöhungslehre" (Fahrlässigkeit/Unterlassen/Beihilfe; vgl. Kühl, AT, 17 Rn. 152 ff./ 18 Rn. 38 ff./ 20 Rn. 219). 29 Ferner Schutzzweckzusammenhang erforderlich: Zuwiderhandlung muss sich als Realisierung einer betriebstypischen Gefahr darstellen, die vom Betriebsinhaber hätte bekämpft werden sollen. 30 Hierzu Schönke/Schröder-Heine, vor 25 Rn. 119 ff., sowie Heine, Lampe-FS (2003), S. 577 ff.; Otto, Jura 1998, 415 ff.; instruktiver Überblick bei Queck, Die Geltung des nemo-tenetur- Grundsatzes zugunsten von Unternehmen, 2005, S. 73 ff. - Zur Verantwortlichkeit von Personenverbänden im Ausland: KK-Rogall, 30 Rn. 233 ff.; zum Europäischen Gemeinschaftsrecht: KK-Rogall, 30 Rn. 248 f. 31 Schönke/Schröder-Heine, vor 25 Rn. 129; s.a. KK-Rogall, 30 Rn. 8 ff. 5

9 OWiG - Handeln für einen anderen (1) Handelt jemand 1.als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs, 2.als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft oder 3.als gesetzlicher Vertreter eines anderen, so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände (besondere persönliche Merkmale) die Möglichkeit der Ahndung begründen, auch auf den Vertreter anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Vertretenen vorliegen. (2) 1 Ist jemand von dem Inhaber eines Betriebes oder einem sonst dazu Befugten 1.beauftragt, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten, oder 2.ausdrücklich beauftragt, in eigener Verantwortung Aufgaben wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebes obliegen, und handelt er auf Grund dieses Auftrages, so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Merkmale die Möglichkeit der Ahndung begründen, auch auf den Beauftragten anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Inhaber des Betriebes vorliegen. 2 Dem Betrieb im Sinne des Satzes 1 steht das Unternehmen gleich. 3 Handelt jemand auf Grund eines entsprechenden Auftrages für eine Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, so ist Satz 1 sinngemäß anzuwenden. (3) Die Absätze 1 und 2 sind auch dann anzuwenden, wenn die Rechtshandlung, welche die Vertretungsbefugnis oder das Auftragsverhältnis begründen sollte, unwirksam ist. 30 OWiG Geldbuße gegen juristische Personen und Personenvereinigungen (1) Hat jemand 1.als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs, 2.als Vorstand eines nicht rechtsfähigen Vereins oder als Mitglied eines solchen Vorstandes, 3.als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft, 4.als Generalbevollmächtigter oder in leitender Stellung als Prokurist oder Handlungsbevollmächtigter einer juristischen Person oder einer in Nummer 2 oder 3 genannten Personenvereinigung oder 5.als sonstige Person, die für die Leitung des Betriebs oder Unternehmens einer juristischen Person oder einer in Nummer 2 oder 3 genannten Personenvereinigung verantwortlich handelt, wozu auch die Überwachung der Geschäftsführung oder die sonstige Ausübung von Kontrollbefugnissen in leitender Stellung gehört, eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen, durch die Pflichten, welche die juristische Person oder die Personenvereinigung treffen, verletzt worden sind oder die juristische Person oder die Personenvereinigung bereichert worden ist oder werden sollte, so kann gegen diese eine Geldbuße festgesetzt werden. (2) 1 Die Geldbuße beträgt 1.im Falle einer vorsätzlichen Straftat bis zu einer Million Euro, 2.im Falle einer fahrlässigen Straftat bis zu fünfhunderttausend Euro. 2 Im Falle einer Ordnungswidrigkeit bestimmt sich das Höchstmaß der Geldbuße nach dem für die Ordnungswidrigkeit angedrohten Höchstmaß der Geldbuße. 3 Satz 2 gilt auch im Falle einer Tat, die gleichzeitig Straftat und Ordnungswidrigkeit ist, wenn das für die Ordnungswidrigkeit angedrohte Höchstmaß der Geldbuße das Höchstmaß nach Satz 1 übersteigt. (3) 17 Abs. 4 und 18 gelten entsprechend. (4) 1 Wird wegen der Straftat oder Ordnungswidrigkeit ein Straf- oder Bußgeldverfahren 6

nicht eingeleitet oder wird es eingestellt oder wird von Strafe abgesehen, so kann die Geldbuße selbständig festgesetzt werden. 2 Durch Gesetz kann bestimmt werden, daß die Geldbuße auch in weiteren Fällen selbständig festgesetzt werden kann. 3 Die selbständige Festsetzung einer Geldbuße gegen die juristische Person oder Personenvereinigung ist jedoch ausgeschlossen, wenn die Straftat oder Ordnungswidrigkeit aus rechtlichen Gründen nicht verfolgt werden kann; 33 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt. (5) Die Festsetzung einer Geldbuße gegen die juristische Person oder Personenvereinigung schließt es aus, gegen sie wegen derselben Tat den Verfall nach den 73 oder 73a des Strafgesetzbuches oder nach 29a anzuordnen. 130 OWiG - Verletzung der Aufsichtspflicht in Betrieben und Unternehmen] (1) 1 Wer als Inhaber eines Betriebes oder Unternehmens vorsätzlich oder fahrlässig die Aufsichtsmaßnahmen unterläßt, die erforderlich sind, um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, die den Inhaber treffen und deren Verletzung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist, handelt ordnungswidrig, wenn eine solche Zuwiderhandlung begangen wird, die durch gehörige Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre. 2 Zu den erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen gehören auch die Bestellung, sorgfältige Auswahl und Überwachung von Aufsichtspersonen. (2) Betrieb oder Unternehmen im Sinne des Absatzes 1 ist auch das öffentliche Unternehmen. (3) 1 Die Ordnungswidrigkeit kann, wenn die Pflichtverletzung mit Strafe bedroht ist, mit einer Geldbuße bis zu einer Million Euro geahndet werden. 2 Ist die Pflichtverletzung mit Geldbuße bedroht, so bestimmt sich das Höchstmaß der Geldbuße wegen der Aufsichtspflichtverletzung nach dem für die Pflichtverletzung angedrohten Höchstmaß der Geldbuße. 3 Satz 2 gilt auch im Falle einer Pflichtverletzung, die gleichzeitig mit Strafe und Geldbuße bedroht ist, wenn das für die Pflichtverletzung angedrohte Höchstmaß der Geldbuße das Höchstmaß nach Satz 1 übersteigt. Beispielsfall zu 30 I OWiG A, der Geschäftsführer der G-GmbH, führt die fälligen Sozialbeiträge der Arbeitnehmer der G-GmbH nicht ab. Sanktionierbar? A: Strafe gem. 266a I StGB: - A = tauglicher Täter - zwar A Arbeitgeber - aber: Überwälzung dieses Merkmals gem. 14 I Nr. 1 StGB G-GmbH: Geldbuße gem. 30 I Nr. 1 OWiG: - G-GmbH als taugliches Sanktionssubjekt (JP) - Anlasstat ( 266a StGB) des G als vertretungsberechtigtes Organ ( 35 GmbHG) 7

- funktionaler Zusammenhang (+ Handeln im Interesse der JP [als Voraussetzung str.]) - Verletzung betriebsbezogener Pflicht: G-GmbH hat Sozialversicherungsbeiträge ihrer AN abzuführen Abwandlung: Der Angestellte G kümmerte sich ursprünglich, ohne ausdrücklich hierzu beauftragt zu sein, um die Abführung der Beiträge; G unterlässt dies dann aber vorsätzlich. A hatte sich insoweit um gar nichts gekümmert. G. 266a I StGB - G tauglicher Täter - G Arbeitgeber - keine Überwälzung dieses Merkmals gem. 14 I Nr. 1, II StGB A: 266a I StGB - kein Vorsatz 130 OWiG: (+) Unterlassen von Aufsichtsmaßnahmen G-GmbH: 30 I Nr. 1 OWiG (+) Anlasstat des G: 130 OWiG! 8