Neue Leitbilder der Raumplanung
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- Oswalda Frank
- vor 8 Jahren
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1 Neue Leitbilder der Raumplanung Dr. Detlev Sträter MPS Beitrag auf der Tagung Naturschutz und gesellschaftliche Modernisierung bis auf der Insel Vilm Bundesamt für Naturschutz Internationale Naturschutzakademie
2 Gliederung Ungleichheit als Merkmal räumlicher Entwicklung Genese räumlicher Planung Bisherige Raumordnungskonzeptionen und ihre Leitbilder Gebietskategorien Punktaxiales System Regionenkonzeption Vorranggebietekonzeption Neue Leitbilder der Raumordnung Leitbilder und Handlungsstrategien für die Raumentwicklung Leitbild Wachstum und Innovation Leitbild Daseinsvorsorge sichern Leitbild Ressourcen bewahren, Kulturlandschaften gestalten Bewertungen
3 Ungleichheit als Merkmal räumlicher Entwicklung I Wirtschaftliche Standortentscheidungen prägen Raum- und Siedlungsstrukturen: Merkmale: ungleichmäßig; ungleichzeitig; unkoordiniert Akkumulationsprozess formt räumlichen Agglomerationsentwicklung aber: Regionale Entwicklung daher uneindeutig: Ergebnis von unterschiedlichen, gegenläufigen Akkumulationsbewegungen der Konzentration und Dekonzentration (Dispersion)
4 Ungleichheit als Merkmal räumlicher Entwicklung III Disparitäten in Deutschland: Agglomerationen und ländlich-periphere Räume (Stadt-Land- Gegensatz ) vielpoliges Städtesystem Nord-Süd-Gefälle; West-Ost-Gefälle Ungleiche Arbeits- und Lebensbedingungen
5 Genese räumlicher Planung in Deutschland I Regionale Disparitäten = gesellschaftliche Funktionsstörungen? Ungleiche Raumstrukturen eine öffentliche Gestaltungsaufgabe? Politische Halbgeschwister : Raumordnung: Initiierung und Koordinierung aller öffentlichen Maßnahmen (Planungen und Investitionen), die bedeutsam sind für die Zuordnung von Mensch und Raum Regionale Wirtschafts- und Strukturpolitik: adressiert private Unternehmen
6 Genese räumlicher Planung in Deutschland II Begriffsklärungen Raumordnung: Interessen und Anforderungen an den Raum abstimmen und ausgleichen Raumplanung: Vorsorge für notwendige Raumnutzungen und Raumfunktionen
7 Genese räumlicher Planung in Deutschland III Raumordnungspolitik umfasst: Regional- und Landesplanung Bundesraumordnung (ROG, BROP) Gegenstromprinzip (bisher) als Instrument: regionale Wirtschafts- und Strukturpolitik
8 Leitbilder räumlicher Ausgleichspolitik I Leitbild der Raumordnung: Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet (Art. 72 Abs. 2 GG): = sozialpolitisches Ausgleichsziel; = RO Aufforderung zum räumlichen Ausgleich Umsetzung entlang von Raumordnungskonzeptionen (Leitvorstellungen/ Ziele, Instrumente, Maßnahmen) Veränderte Anforderungen
9 Leitbilder räumlicher Ausgleichspolitik II: Kritik Verdichtung des Systems staatl. Raumplanungsinstitutionen erhöht nicht Fähigkeit zur Zielerreichung Potenziale für Ausgleichs- und Umverteilungspolitik schrumpfen Verdichtungsräume beklagen Entzugseffekte Schutz der natürlichen Umwelt vs. Ausgleichsziel Neue Problemlagen überdecken Ausgleichsziel (Internationalisierung, Alterung, Klima ) Territorialitätsprinzip nicht mehr gültig
10 Raumordnungskonzeptionen im Wandel Übersicht Gebietskategorien Punkt-axiales System: Zentrale Orte und Entwicklungsachsen Regionenkonzeption und ausgeglichene Funktionsräume Vorranggebietekonzeption
11 Raumordnungskonzeption: Gebietskategorien I In ROG 1965 Länderübergreifende Qualifizierung des Bundesgebietes Verdichtungsräume mit Überlastungserscheiungen Ländliche Räume mit besonderer Entwicklungsschwäche Stufenfolge unterschiedlicher Entwicklungsniveaus imaginäre Mitte
12 Raumordnungskonzeption: Gebietskategorien II Förderung durch - vor allem Wachstumsförderung mittels regionaler Wirtschaftspolitik (GRW) - flankierend: Ausgleichs- und Versorgungspolitik Zielerreichung?
13 Raumordnungskonzeption: Punktaxiales System Flächendeckendes Netz- und Knotenmuster Knoten: Hierarchie von Zentralen Orten Einstufungen anhand von definierten Ausstattungsmerkmalen und planerischen Versorgungsvorstellungen Netzkanten: Hierarchie von Entwicklungsachsen Problem: Fortschreibung vorhandener Siedlungsstrukturen, kein Leitmuster für jede konkrete Siedlungsstruktur
14 Raumordnungskonzeption: Regionenkonzeption I Indikatorengestütztes Verteilungsmodell für räumliche Entwicklungspotenziale zum Abbau kumulierter Strukturschwächen in bestimmten Regionen BROP 1975: flächendeckende Regionengliederung Kern und Umland, nach Fläche und Struktur vergleichbar Ziel der Gleichwertigkeit: Indikatoren und Mindeststandards
15 Raumordnungskonzeption: Regionenkonzeption II Regionale Defizite: Vergleich von Indikatoren und Mindeststandards Abbau von Defiziten: Verstärkte Mittelzuweisung Vorteile: RO in Verbindung mit Haushaltspolitik Nachteile: schrumpfende Verteilungsspielräume keine Ressourcen für interregionalen Ausgleich
16 RO-Konzeption: Regionenkonzeption Variante Ausgeglichene Funktionsräume Grundlage: Regionengliederung und regionale Mindeststandards Ziel: innerregionaler Ausgleich nach funktionsräumlichen Kriterien = Arbeitsteilung zwischen Vorranggebieten für Freizeit, ökologischen Ausgleich, landschaftliche Nutzung sowie Wohnen und Arbeiten
17 RO-Konzeption: Regionenkonzeption Variante Ausgeglichene Funktionsräume Endogene Regionalentwicklung Dezentrale Verdichtung für selbsttragendes Wachstum: Wie beschaffen?
18 RO-Konzeption: Vorranggebietekonzeption I Kommission für wirtschaftlichen und sozialen Wandel 1977 auch: Konzept. großräumiger Vorrangfunktionen auch: Konzept. funktionsräumlicher Arbeitsteilung Kritik: RO ist erfolglos bei Disparitätenabbau Leitidee: räumlich-funktionale Arbeitsteilung Teilräume bringen nach ihrer Eignung/Begabung Funktionen zugunsten eines teilräumlichen Optimums
19 RO-Konzeption: Vorranggebietekonzeption II Ländlicher Raum: nicht geeignet für gewerbliche und Siedlungsentwicklung LR erbringt räumliche Vorrangfunktionen für großräumige Freizeit und Erholung, ökologischen Ausgleich, Wasserwirtschaft, Land- und Forstwirtschaft, Rohstoffgewinnung, Reservefunktionen Flächiger, punktuller und linearer Vorrang
20 RO-Konzeption: Vorranggebietekonzeption III Paradigmenwechsel: nimmt passive Sanierung in Kauf Abkehr vom Ausgleichsziel Raumplanerisch bedeutet VGK: - Förderung der Verdichtungsräume = Hauptstandorte für Wirtschaft - Funktionalisierung der naturräumlichen Ressourcen für Belange der Verdichtungsräume
21 Neue Leitbilder der Raumplanung Raumordnungspolitischer Orientierungsrahmen (ORA 1993) Raumordnungspolitischer Handlungsrahmen (HRA 1995) Leitlinien und Handlungsperspektiven der Raumentwicklung in Deutschland (2006)
22 Neue Leitbilder der Raumplanung ORA 1993 und HRA 1995: Folgerungen aus Wiedervereinigung für RO Leitbild dezentrale Konzentration Neu: europäische Metropolregion als Umsetzungsebene Skepsis gegenüber Steuerungsmöglichkeiten der RO Teilräumliche Differenzierungen Stärkung endogener Potenziale
23 Neue Leitbilder der Raumplanung Veränderte Prämissen der RO: Zielvorstellungen und Konzepte vs. realer Raumentwicklung Leitbilder und Instrumente ungeeignet zur Beeinflussung der Raumentwicklung Geänderte Bedingungen für ihre Durchsetzung: Wachstum Stagnation Schrumpfung
24 Leitbilder und Handlungsstrategien für die Raumentwicklung in Deutschland I adaptives Konzept: größere Realitätsnähe, Gestaltbarkeit, Einflussmehrung der RO Notwendigkeit für neue Leitlinien - Wirtschaftliche Wachstumsschwäche - Globalisierung - demographischer Wandel EU: EUREK (1999), Lissabon-Strategie Förderalismusreform: konkurrierende G.
25 Leitbilder und Handlungsstrategien für die Raumentwicklung in Deutschland II 3 Leitbilder: Herausforderungen und Aufgabenschwerpunkte verdeutlichen und Entwicklungstendenzen gestalten (statt verhindern) Leitbild 1 Wachstum und Innovation Leitbild 2 Daseinsvorsorge sichern Leitbild 3 Ressourcen bewahren, Kulturlandschaften sichern
26 Leitbild 1 Wachstum und Innovation I Ziel: Förderung starker Standorte ( Stärken stärken ) mit Mitteln der RO; Wirtschaftliche Wachstumsimpulse Innovationen Entwicklung zur Wissensgesellschaft Alle Räume sollen dazu Beitrag leisten
27 Leitbild 1 Wachstum und Innovation II Starke Standorte = Metropolenregionen = Motoren der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung mit internationaler Bedeutung und Erreichbarkeit Flächendeckend 11 Metropolregionen (MR): Intern differenziert: engerer und weiterer metropolitaner Verflechtungsraum, Übergangszonen, Wachstumsräume außerhalb engerer VR, Stabilisierungsräume
28 Leitbild 1 Wachstum und Innovation III
29 Leitbild 1 Wachstum und Innovation IV Wachstumsziel ist verbunden mit Forderung nach Ausgleich der Lebensbedingungen in großräumigen Verantwortungsgemeinschaften (VG) VG von Metropolkern und strukturschwachen Räumen: durch Weiterentwicklung von Partnerschaften zwischen Stadt und Land die gemeinsame Verantwortung von Regionen stärken Regional Governance Appell zur Strukturanpassung
30 Leitbild 2 Daseinsvorsorge sichern I Kernaufgabe der RO: Daseinsvorsorge durch öffentliche und private Versorgungseinrichtungen in zumutbarer Entfernung Herausforderung demographischer Wandel Anpassungen und Konzentrationen: - Tragfähigkeit von Einrichtungen gefährdet - neue Anforderungen an Versorgungseinrichtungen und Dienstleistungen - Straffung Zentrale-Orte-System - neue Mindeststandards der Versorgung - kinder- und familienfreundliche Bedingungen
31 Leitbild 2 Daseinsvorsorge sichern II
32 Leitbild 3 Ressourcen bewahren, Kulturlandschaften gestalten I Traditionelle Kernaufgabe der RO Ziele: Abstimmung und Koordinierung von konkurrierenden Raumnutzungsansprüche Schutz des Freiraums und der natürlichen Ressourcen großräumiger Freiraumverbund Verminderung der Flächeninanspruchnahme Gestaltung von Kulturlandschaften harmonisches Nebeneinander verschiedener Landschaftstypen
33 Leitbild 3 Ressourcen bewahren, Kulturlandschaften gestalten II
34 Neue Leitbilder: Bewertungen I Zustimmung - MR: funktionale Ausdehnung der Stadt überfällige Annäherung an Realität - VG: angemessene Antwort, führt zum Abbau von regionaler Konkurrenz und zur Überwindung der wachstumsfeindlichen Ausgleichspolitik
35 Neue Leitbilder: Bewertungen II Kritik - MR: ihre einseitige Förderung ist mit Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen nicht vereinbar (z.b. Lkr.tag) - VR: sind in MR nicht möglich, weil Partner ungleich sind, nur Begriff der politischen Rhetorik, um Leitziel 1 und Leitziel 2 kompatibel erscheinen zu lassen
36 Neue Leitbilder: Bewertungen III Positiv: Kategorie ländlicher Raum überwunden; genauere Problemwahrnehmung in diesen Räumen möglich Positiv: latenter Antiurbanismus der RO überwunden; größere Offenheit für veränderte Bedingungen in Stadtregionen
37 Neue Leitbilder: Bewertungen IV Negativ: Widersprüche zwischen den Leitbildern und den Zielen innerhalb der Leitbilder - MR als Wachstumsgaranten? MR als Raumkulisse für erfolgreiche Zielumsetzung (wirtschaftliches Wachstum, gleichwertige Lebensbedingungen, nachhaltige Raumentwicklung)
38 Neue Leitbilder: Bewertungen V Leitbilder bewegen sich zwischen politischer Symbolik und Gestaltungsanspruch Leitbilder können eine Konsensplattform sein Aktueller Trend: Wachstumsziel dominiert ( Stärkung der Starken )
39 Neue Leitbilder: Bewertungen VI Zielsystem der Raumordnung Gleichwertigkeit Wachstum Ökologische Ziele
40 Neue Leitbilder: Bewertungen VII Aber: Leitbilder und Konzeptionen der RO werden bei Umsetzung vielfach gebrochen: - Fachpolitiken - Föderalistisches System - Akteure in Städten, Regionen, Ländern Insofern: keine planerische, sondern gesellschaftliche Aufgabe zu klären, welcher Preis für Ausgleich regionaler Disparitäten gezahlt werden soll.
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