Vertrauensbeziehungen zwischen Journalist*innen und Politiker*innen Eine qualitative Untersuchung
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- Arwed Bader
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1 Panel 4 Vertrauensbeziehungen zwischen Journalist*innen und Politiker*innen Eine qualitative Untersuchung Von Marco Rustemeyer Universität Münster Kontakt: marco.rustemeyer@gmx.de 1. Einleitung Journalist*innen und Politiker*innen sind auf vielfältige Weise miteinander verbunden und aufeinander angewiesen. Der Kern der Interdependenz lässt sich als Tausch von Informationen gegen Publizität beschreiben: Journalist*innen benötigen exklusive Informationen aus dem politischen System für ihre Arbeit während Politiker*innen Zugang zur massenmedialen Öffentlichkeit benötigen, um ihre politischen Inhalte zu kommunizieren. Selbstverständlich stellt sich dieser Austausch in der Praxis wesentlich komplexer dar, so genügt es Politiker*innen beispielsweise in aller Regel nicht, lediglich in der Berichterstattung vorzukommen. Vielmehr interessiert sie zudem die Art und Weise der Berichterstattung. Um die Austauschbeziehung für beide Seiten abzusichern, bedarf es verschiedener Regeln und Grundsätze. Beispielhaft sei hier der Schutz journalistischer Quellen erwähnt. Ferner, so legt die wissenschaftliche Literatur zum Thema nahe, ist ein regelmäßiges Austauschen, Verhandeln und die Verifikation von Informationen unabdingbar für das Gelingen der vielfältigen Austauschprozesse. (Vgl. Jarren/ Donges 2011; Mancini 1993; Pfetsch 2011) Es ist jedoch zu vermuten, dass aufgrund der Komplexität des Interaktionszusammenhangs Regeln und habitualisierte Verhaltensweisen allein nicht ausreichen, um ein für alle Beteiligten erfolgreiches Gelingen des Austauschs zu sichern. Vielmehr ist es wahrscheinlich, dass Vertrauen als notwendiger Faktor hinzutritt. Dieser Abstract stellt ein laufendes Dissertationsvorhaben vor, in welchem die Vertrauensbeziehungen zwischen Journalist*innen und Politiker*innen untersucht werden. Das Projekt fokussiert dabei folgende Forschungsfragen: 1. Was ist die Funktion von Vertrauen in der Beziehung zwischen Politiker*innen und Journalist*innen? 2. Wie wandelt sich das Vertrauen zwischen beiden im Laufe der Zeit? 3. Wie unterscheidet sich das Vertrauen zwischen Journalist*innen und Politiker*innen auf kommunaler und auf Bundesebene? 4. Welche Rolle spielt digital vermittelte Kommunikation bezogen auf Vertrauen zwischen Journalist*innen und Politiker*innen?
2 Anhand der Forschungsfragen sind zwei zentrale Anliegen der Arbeit ersichtlich. Zum einen soll das Vertrauen zwischen Journalist*innen und Politiker*innen beiderseitig erfasst werden. Dies unterscheidet das Dissertationsprojekt von ähnlichen Arbeiten, die zumeist das Vertrauen einer Akteursgruppe in eine andere erforschen, die Wechselseitigkeit der Vertrauensbeziehungen jedoch außer Acht lassen. Zum anderen sollen zwei Ebenen, nämlich die lokale und die Bundesebene, miteinander verglichen werden. Diese Vorgehensweise bietet sich an, da die Unterscheidung dieser beiden Ebenen im Hinblick auf die jeweiligen Vertrauensbeziehungen interessante Erkenntnisse verspricht. Darüber hinaus fällt auf, dass die Kommunalebene in der Forschung zur Beziehung zwischen Journalist*innen und Politiker*innen deutlich unterrepräsentiert ist. Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich im Bereich der Vertrauensbeziehungen zwischen den beiden hier besprochenen Akteursgruppen ein deutliches Forschungsdesiderat feststellen. Zwar gibt es sowohl einen reichhaltigen Forschungsstand zur Beziehung zwischen Journalist*innen und Politiker*innen als auch zum Thema Vertrauen. Doch liegt die Bedeutung des sozial-psychologischen Faktors Vertrauen in dieser Beziehung weitestgehend im Dunkeln. Daher ist es eine der zentralen Herausforderungen der Arbeit, die aktuellen Forschungsstände zur Beziehung von Journalist*innen und Politiker*innen mit adäquaten Ansätzen aus der Vertrauensforschung zusammenzubringen. Es wird deutlich, dass die Arbeit einen explorativen Charakter hat. Trotz dieses explorativen Charakters liegen der Arbeit einige Forschungsannahmen zugrunde, welche die theoretische und methodische Vorgehensweise leiten. Die erste dieser Annahmen ist, dass der professionelle Charakter der hier betrachteten Interaktionszusammenhänge zu berücksichtigen ist. Es ist davon auszugehen, dass sich das Vertrauen in der Arbeitsbeziehung zwischen Journalist*innen und Politiker*innen grundlegend von dem Vertrauen in einer privaten Beziehung, etwa einer Liebesbeziehung oder einer Freundschaft, unterscheidet (Boon/ Holmes 1991; Rempel/ Holmes/ Zanna 1985). Daher werden hier vor allem Ansätze der Vertrauensforschung verfolgt, die vertrauensrelevante Entscheidungen auf eine eher rationale Basis stellen (vgl. Mayer/ Davis/ Schoorman 1995; Rousseau et al. 1998). Eine weitere Forschungsannahme des Dissertationsvorhabens ist, dass Vertrauen nicht als statisches Phänomen, sondern eher als im Zeitverlauf veränderlich beschrieben werden sollte. Dieser Sichtweise liegt die Annahme zugrunde, dass die die Vertrauenshandlung determinierenden Faktoren sich wandeln, wenn sich die beteiligten Personen besser kennen lernen. In diesem Zusammenhang ist speziell der Ansatz der Autoren Roy Lewicki und Barbara Bunker interessant. Sie entwerfen ein Modell, welches die Entwicklungsstufen von Vertrauen abbildet. Vertrauen kann sich demnach von einer rein kalkulierenden Anfangsphase, über
3 eine Form von Vertrauen, die auf Wissen über das Gegenüber beruht, bis hin zu einer Identifikation mit dem Gegenüber entwickeln (Lewicki/ Bunker 1995). Ferner geht die Arbeit davon aus, dass sich das Vertrauen zwischen Journalist*innen und Politiker*innen auf kommunaler und auf Bundesebene aufgrund der Rahmenbedingungen unterscheidet. 2. Methodische Vorgehensweise Das hier vorgestellte Dissertationsvorhaben befasst sich mit den Vertrauensbeziehungen zwischen Journalist*innen und Politiker*innen. Wie bereits skizziert wurde, hat die Arbeit einen explorativen Charakter. Daher erscheint eine qualitative Methode, die es ermöglicht, einen weitreichenden Einblick in das Forschungsfeld zu gewinnen, besonders angebracht. Ferner ist es, wie bereits erwähnt, Ziel der Arbeit, verschiedene Fälle zu untersuchen. Insgesamt ergeben sich vier unterschiedliche Fälle, das journalistische Vertrauen in Politiker*innen und das Vertrauen von Politiker*innen in Journalist*innen jeweils auf kommunaler und auf Bundesebene. Dies erfordert eine Methode, die über solch unterschiedliche Fälle hinweg eine Vergleichbarkeit herstellen kann. Die Methode, die diesen Anforderungen am ehesten gerecht wird, ist das Leitfadeninterview. Ein Leitfadeninterview ähnelt einem natürlichen Gespräch. Durch die offen formulierten Fragen kann der Interviewer flexibel reagieren. Gleichzeitig ist jedoch durch den Leitfaden eine hinreichende Stringenz gesichert. Somit bleiben die Ergebnisse der Interviews vergleichbar (Vgl. Gläser/ Laudel 2010; Mayer 2013; Meyen et al. 2011). Es wurden für die Erhebung Leitfäden erstellt, die auf der theoretischen Annäherung an Vertrauen in professionellen Kontexten und auf den Beziehungen zwischen Journalist*innen und Politiker*innen beruhen. Die Leitfäden wurden an die vier besprochenen Fälle angepasst, jedoch wurde darauf geachtet, dass sie möglichst ähnlich sind. So ist eine bestmögliche Vergleichbarkeit in der Auswertung gewährleistet. 3. Ergebnisse und Diskussion Das Dissertationsvorhaben befindet sich derzeit in der Erhebungsphase. Erste Interviews konnten erfolgreich durchgeführt werden. Dabei zeigte sich einerseits, dass die gewählte Methode Leitfadeninterview zielführend ist. Die Interviewpartner konnten in der geleiteten Gesprächssituation motiviert werden, sich aus ihrer jeweiligen Perspektive zum Forschungsgegenstand zu äußern. Ferner erwiesen sich die Leitfäden selbst als angemessen. Die Formulierung der einzelnen Fragen und deren Komposition regte die Interviewpartner dazu an, umfangreich zu antworten und teils über die Fragen hinausgehende Einblicke in ihr Expertenwissen zu geben. Während der weiteren Interviews wird sich zeigen, ob die Leitfäden dennoch angepasst werden müssen. Diese Flexibilität ist
4 eine weitere Stärke der Methode. Es ist beabsichtigt, bis zum DFPK hinreichend viele Interviews geführt und ausgewertet zu haben, um einen ersten Zwischenstand präsentieren zu können. Die bisherigen Interviews stimmen zuversichtlich, dass interessante Erkenntnisse zum Vertrauen zwischen Journalist*innen und Politiker*innen gewonnen werden.
5 Literatur Boon, Susan/ Holmes, John (1991): The dynamics of interpersonal trust: resolving uncertainty in the face of risk. In: Cooperation and prosocial behaviour. Cambridge Gläser, Jochen/ Laudel, Grit (2010): Experteninterviews und qualitative Inhaltsanalyse. 4. Auflage. Wiesbaden. Jarren, Ottfried/ Donges, Patrick (2011): Politische Kommunikation in der Mediengsellschaft. Eine Einführung. Wiesbaden. Lewicky, Roy/ Bunker, Barbara (1995): Trust in Relationships: A Model of Development and Decline. In: Associates, Conflict, Cooperation, and Justice: Essays Inspired by the Work of Morton Deutsch Mancini; Paolo (1993): Between Trust and Suspicion: How Political Journalists Solve the Dilemma. In: European Journal of Communication. 8 (1) Mayer, Horst (2013): Interview und schriftliche Befragung. Grundlagen und Methoden empirischer Sozialforschung. 6. Auflage. München. Mayer, Roger/ Davis, James/ Schoorman, David (1995): An integrative model of organizational trust. In: Academy of Management Review. 20 (3) Meyen, Michael (2011): Qualitative Forschung in der Kommunikationswissenschaft. Eine praxisorientierte Einführung. Wiesbaden. Pfetsch, Barbara/ Mayerhöffer; Eva (2011): Vordergründige Nähe. Zur Kommunikation von Politik- und Medieneliten in Deutschland. In: Medien & Kommunikation. 59 (1) Rempel, John/ Holmes, John/ Zanna, Mark (1985): Trust in close relationships. In: Journal of Personality and Social Psychology. 49 (1) Rousseau, Denise et al. (1998): Not so different after all: A Cross-Discipline View of Trust. In: Academy of Management Review. 23 (3)
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