Update Incoterms 2010 Einige typische Praxisprobleme und ihre Lösung

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1 Update Incoterms 2010 Einige typische Praxisprobleme und ihre Lösung Die neue Version der Incoterms, die Incoterms 2010, ist nun seit gut einem halben Jahr d.h. seit dem in Kraft. Sie wird in der Praxis gut angenommen, so dass bereits nach kurzer Zeit ein positives Fazit gezogen werden kann und die ICC in ihrer Auffassung bestätigt werden muss, dass eine Neufassung der Incoterms Fassungen der Incoterms gibt es mittlerweile bereits seit 1936, nunmehr in der 8. Version absolut geboten war. Mit der Neuauflage wurde zwar keine Revolution vollzogen, aber es wurden die Bedürfnisse der Praxis stärker berücksichtigt, einige Unklarheiten beseitigt und insgesamt eine Modernisierung herbeigeführt, die den Weg ins kommende Jahrzehnt zumindest die Vergangenheit hat gezeigt, dass in 10-Jahreszyklen gedacht werden muss ebnet. Wir befinden uns derzeit in einer Phase, in der weitgehend noch keine Rechtsprechung zu den neuen Incoterms existiert, so dass in der praktischen Anwendung relativ großer Gestaltungsspielraum herrscht, von dem die Unternehmen Gebrauch machen können und auch sollen. Großes Anliegen der ICC ist es, durch die Revision und die mit ihr einhergehende Verschlankung des Klauselkatalogs auf nunmehr elf Klauseln zu gewährleisten, dass sämtliche Klauseln in der Praxis herangezogen werden und nicht einige von ihnen völlig unbeachtet bleiben. Insoweit hat die entsprechende Marketingoffensive der ICC, von Verbänden, Unternehmen, etc. erheblich dazu beigetragen, dass dieses Ziel der ICC erreicht werden wird. Im Folgenden sollen nun einige typische Probleme aus der unternehmerischen Praxis bei der Anwendung der Incoterms 2010 kurz beleuchtet werden. A. Übergangsregelung alt neu Der Übergang von den Incoterms 2000 auf die Incoterms 2010 wirft ähnlich wie bei der Änderung gesetzlicher Regelungen die Frage auf, ob die Incoterms 2000 für bestehende Verträge weiterhin gelten und auch in Zukunft noch vereinbart werden können. In diesem Zusammenhang wird auch oft ge- Frankfurter Straße Offenbach am Main Tel Fax service@offenbach.ihk.de Internet 1/7

2 fragt, ob es Übergangsfristen gibt bzw. ob die Incoterms 2000 auf unbestimmte Zeit weiter vereinbart werden können. Hierauf ist zu antworten, dass die Incoterms 2000 auf unbestimmte Zeit weiterhin in Kraft sind und vereinbart werden können. D.h. sie gelten zum einen fort für Altverträge, sofern nicht von den Parteien anders vereinbart wurde. Eine solche Vereinbarung der Parteien kann bspw. durch eine dynamische Klausel im Vertrag geschehen, die immer auf die jeweils gültige Fassung der Incoterms abstellt, wie es insbesondere in AGB häufig praktiziert wird. Zum anderen können die Incoterms 2000 auch für nach dem Stichtag dem abgeschlossene Verträge herangezogen werden, allerdings muss dann immer durch den entsprechenden Zusatz im Vertrag deutlich gemacht werden, dass auch die Incoterms 2000 gemeint sind. Eine in der Praxis sehr beliebte Klausel der Incoterms 2000 ist DDU, die es jetzt in der Neufassung nicht mehr gibt, so dass hier noch Interesse besteht, DDU weiter in Verträge unter Berufung auf die Incoterms 2000 aufzunehmen. Ergänzend sei hierzu allerdings angemerkt, dass insbesondere die beiden neuen Klauseln, DAT und DAP, einen guten Ersatz für DDU darstellen, so dass sie meines Erachtens bevorzugt für Neuverträge herangezogen werden sollten. Abschließend lässt sich festhalten, dass es somit keine Übergangsfristen von den Incoterms 2000 auf die Incoterms 2010 gibt. B. Einbeziehung der Incoterms 2010 in den Vertrag Entscheidend für die Einbeziehung der Incoterms 2010 (wie auch der Vorgängerversionen) ist immer der Vertragsschluss. Die Incoterms werden also nicht automatisch Gegenstand eines Vertrages, nur weil es sich um ein internationales Liefergeschäft handelt. Es sollte also deutlich gemacht werden, welche Klausel der Incoterms gewählt wird, der Ort für den Gefahrübergang (Lieferort) und welche Fassung der Incoterms gewählt wird (z.b. FCA, konkreter Ort mit Adresse, Incoterms 2010). In Bezug auf die C-Klauseln gelten hierbei Besonderheiten, auf die unten unter F. näher eingegangen wird. D.h., wenn beim Vertragsschluss die Incoterms 2010 einbezogen werden, dann gilt dies für den gesamten Vertrag. Incoterms können auch über Regelungen in AGB in den Vertrag einbezogen werden, was allerdings die wirksame Frankfurter Straße Offenbach am Main Tel Fax Internet 2/7

3 Einbeziehung dieser AGB in den Vertrag nach Maßgabe des anwendbaren Rechts, z.b. des UN-Kaufrechts bei grenzüberschreitenden Lieferverträgen - voraussetzt. Ein einfacher Rechnungshinweis auf die Incoterms 2010 oder Hinweis auf den Lieferpapieren, o.ä., wird i.d.r. erst nach Vertragsschluss gemacht, so dass er grundsätzlich unbeachtlich ist, es sei denn, die Vertragsgegenseite erkennt es nach Übersendung der Rechnung bzw. nach Erhalt der Lieferpapiere an. Eine solche Anerkennung kann ausdrücklich erfolgen oder durch sog. konkludentes Verhalten, d.h. durch Annahme bzw. Akzeptanz der Ware ohne Widerspruch insoweit. Widerspricht die Vertragsgegenseite jedoch einem Rechnungshinweis bzw. einem Hinweis in den Lieferpapieren, dann verbleibt es bei der Regelung bei Vertragsschluss und damit bei der Nichteinbeziehung der Incoterms. Eine immer wieder gestellte Frage ist, ob ein separater Rechnungshinweis auf die Incoterms 2010 ausreichend ist, um diese einzubeziehen, wenn die (wirksam in den Vertrag einbezogenen) AGB noch auf die Incoterms 2000 Bezug nehmen. In einem solchen Fall würden sich in Anbetracht des oben Gesagten die Incoterms 2000 durchsetzen, es sei denn, die Vertragsgegenseite bringt ihr Einverständnis mit dem Rechnungshinweis und der darin erfolgten Bezugnahme auf die Incoterms 2010 zum Ausdruck. Einige Unternehmen verwenden Abkürzungen bei der Einbeziehung der Incoterms 2010 (bspw. INCO2010 ) aus EDV-technischen Gründen und haben dann die Frage, ob dies für eine wirksame Einbeziehung ausreichend ist. Grundsätzlich wird es so wie in dem genannten Beispiel ("INCO2010") wohl ausreichend sein, da eine Auslegung durch ein Gericht/Schiedsgericht, dies wohl auch als die Incoterms 2010 ansehen würde. Allerdings geben Abkürzungen natürlich immer Raum für Auslegung, so dass es insoweit keine 100%- ige Sicherheit gibt. Daher sollte, falls möglich, von Abkürzungen bei der Einbeziehung der Incoterms in den Vertrag abgesehen werden. Wird bei nach dem Stichtag abgeschlossenen Verträgen nur der Zusatz Incoterms ohne genaue Bezeichnung der Version aufgenommen, so gilt grundsätzlich die jetzt gültige Version, nämlich die Incoterms Anders kann dies jedoch sein, wenn der Vertrag nicht selbst die Incoterms einbezieht, sondern dies über die beigefügten AGB geschieht und diese AGB noch aus der Frankfurter Straße Offenbach am Main Tel Fax service@offenbach.ihk.de Internet 3/7

4 Zeit vor dem stammen und auf die damals gültige Fassung Bezug nehmen. Daher sollte in diesen Fällen entweder eine Klarstellung im Vertrag durch Einbeziehung der Incoterms 2010 erfolgen oder die AGB entsprechend angepasst werden. C. Abgrenzung DAT DAP Bekanntermaßen ist Kern der Unterscheidung bei den beiden neuen Klauseln DAT und DAP, dass bei DAT die Ware von dem ankommenden Beförderungsmittel entladen zur Verfügung gestellt werden muss, bei DAP muss sie dagegen nur entladebereit sein. Des Weiteren bestimmt DAT, dass die Ware zu einem Terminal verbracht wird, wohingegen bei DAP jeder Bestimmungsort gewählt werden kann. Dies heißt in der Folge auch, dass DAP grundsätzlich auch dann verwendet werden kann, wenn an einem Terminal entladebereit geliefert werden soll. Denn da die Bezeichnung "Place" i.s.v. DAP weit ausgelegt wird, kann es auch ein Terminal sein. Der Kern der Abgrenzung zwischen Terminal (DAT) und Place (DAP) wird wohl darin liegen, dass mit Terminal ein neutraler Ort gemeint ist, d.h., nicht am Sitz des Unternehmens des Käufers. Dies ist allerdings in den Incoterms nicht ausdrücklich klargestellt, so dass insoweit die Rechtsprechung noch für Klarheit sorgen muss. Gleich zu behandeln sind DAT und DAP dagegen bei der Frage, was die Zahl/Art der Transporte vor Erreichen des Lieferorts (d.h. des Terminals oder des sonstigen Ortes) angeht. D.h., dass der komplette Haupttransport, z.b. per LKW, Bahn, LKW, dem Verkäufer zuzurechnen ist und er die Gefahr des zufälligen Untergangs trägt. Unterschieden wird dann allerdings insoweit, als bei DAT der Gefahrübergang erst nach Entladung der Ware stattfindet, bei DAP dagegen mit dem entladebereiten zur Verfügung stellen der Ware (s.o.). Frankfurter Straße Offenbach am Main Tel Fax Internet 4/7

5 D. Gefahrtragung: zufälliger Untergang In der Praxis taucht immer wieder die Frage auf, was mit Gefahrübergang i.s.d. Incoterms gemeint ist, d.h., ob damit nur der zufällige Untergang gemeint ist oder jede Art von Beschädigung, Verlust, etc. Gemeint ist bei den Incoterms mit Gefahrübergang immer der Übergang der Gefahr des zufälligen Untergangs (s. A 5/B 5). Damit ist der Untergang, Beschädigung oder Verlust der Ware etc. gemeint, der von keiner der beiden Parteien zu vertreten ist, d.h. es liegt kein Verschulden der Parteien vor. Vergleichbar ist diese Regelung mit 446, 447 BGB. Hat eine der beiden Parteien den Untergang, die Beschädigung oder den Verlust der Ware durch ihr Verschulden verursacht, so ist sie insoweit grundsätzlich auch dafür verantwortlich, unabhängig davon, ob bereits nach den Incoterms ein Gefahrübergang stattgefunden hat oder nicht. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ob es eine Fürsorgepflicht für die Ware nach den Incoterms gibt. Die Incoterms nehmen hierzu nicht ausdrücklich Stellung, allerdings lässt sich eine Fürsorgepflicht für die Ware wohl als immanent geregelter Grundsatz aus den Incoterms ableiten. Die Fürsorgepflicht obliegt dabei meines Erachtens grundsätzlich der Partei, die die Gefahr trägt. Eine Ausnahme bilden insoweit die C-Klauseln, bei denen wahrscheinlich der Verkäufer für den Haupttransport aufgrund der Organisation desselben bzw. der Kostentragung durch ihn auch die Fürsorgepflicht hat. E. Änderung der Incoterms im Vertrag Die Praxis stellt sich immer wieder die Frage, inwieweit eine Änderung der Incoterms durch vertragliche Änderungen im Einzelfall möglich ist. Hierzu ist zu sagen, dass die Incoterms grundsätzlich voll abänderbar sind, soweit nicht die Strukturprinzipien des gewählten Incoterms komplett verändert werden. Die abweichende Regelung setzt sich dann insoweit gegenüber den Regelungen der gewählten Incoterms -Klausel durch. Im Übrigen sind allerdings die Regeln der gewählten Incoterms -Klausel zu beachten. Daher ist Frankfurter Straße Offenbach am Main Tel Fax service@offenbach.ihk.de Internet 5/7

6 insoweit immer genau aufzupassen, dass nicht durch die Änderungen gewisse Widersprüche auftauchen, bzw. die Änderungen auf die Regelungen der eigentlich gewählten Incoterms -Klausel hinreichend abgestimmt sind. Als Beispiel für eine zulässige Abänderung der Incoterms 2010 kann der Fall von Lieferungen in die Schweiz genannt werden, bei dem der deutsche Lieferant anstelle von DDP eine C-Klausel verwenden wollte und hierbei aufnehmen wollte, dass er für die Einfuhr der Ware in die Schweiz verantwortlich ist, was eigentlich bei den C-Klauseln Aufgabe des Käufers wäre. Dies wird wohl zulässig sein, da es die Strukturprinzipien der C-Klauseln nicht in Abrede stellt, wenn insbesondere in Bezug auf den Gefahrübergang bzw. die Kostentragung die Regelungen der C-Gruppe beibehalten werden. Wichtig ist, dass die Abänderung immer ausdrücklich im Vertrag erfolgt, um insoweit Unklarheiten zu vermeiden. Problematisch wird es dagegen, wenn bspw. EXW von den Parteien gewählt wird, der Verkäufer dann aber nach dem Vertrag zur Lieferung der Ware an den Sitz des Käufers verpflichtet sein soll, dort auch erst die Gefahr übergeht und er auch für die Einfuhr der Ware ins Zielland verantwortlich ist. Hier wird EXW vollkommen konterkariert und eigentlich der Inhalt von DDP gewählt, so dass in einem solchen Fall wohl die Regelungen von DDP in vollem Umfang zur Anwendung kommen, nicht dagegen die Regelungen von EXW. F. Nennung von zwei Orten bei C-Klauseln Bekanntermaßen handelt es sich bei den C-Klauseln um sog. Zweipunktklauseln, d.h., dass der Ort des Gefahrübergangs (Lieferort) und der Ort des Kostenübergangs (Bestimmungsort) auseinanderfallen. Die ICC hat nun bei den Incoterms 2010 den Anwendungshinweis erteilt, grundsätzlich möglichst immer beide Orten in den Vertrag aufzunehmen (s. bspw. den Anwendungshinweis zu CIF nächster Absatz). Es stellt sich daher für die Praxis die Frage, wie dies in Verträgen am einfachsten geschieht. Empfehlenswert ist insoweit, dass zuerst der Lieferort/Verschiffungshafen (Gefahrübergang) genannt wird und dann der Bestimmungsort/-hafen (Kostenübergang). Beide Orte sind mit Bindestrich o.ä. zu trennen. D.h. bspw.: CIF Hamburg (Hafenadresse) - New York (Hafenadresse) Frankfurter Straße Offenbach am Main Tel Fax service@offenbach.ihk.de Internet 6/7

7 INCOTERMS Es geht aber auch anders, wobei immer entscheidend ist, dass klar wird, was der Verschiffungshafen (Lieferort) und was der Bestimmungshafen (Bestimmungsort) ist. Es ist deutlich geworden, wie intensiv sich die Praxis mit den Incoterms 2010 auseinandersetzt. Dies unterstreicht den Stellenwert dieses Regelwerks mit Blick auf den internationalen Handel. Allerdings sollen die Incoterms nun auch vermehrt im nationalen Handel zur Geltung kommen. Dies wurde teilweise auch bisher schon so praktiziert, hat aber insgesamt gesehen im Vergleich zum internationalen Geschäft noch großes Entwicklungspotenzial. Letzten Endes bietet sich den Unternehmen durch die Gleichschaltung ihrer nationalen wie internationalen Verträge in zentralen Punkten eine exzellente Möglichkeit der Harmonisierung bei der Vertragsgestaltung und damit einer Zerfaserung in Abgrenzung zwischen rein nationaler und internationaler Geschäftstätigkeit entgegenzuwirken. Dass das internationale Geschäft darüber hinaus noch Besonderheiten aufweist, die in Abgrenzung zur rein nationalen Vertragsgestaltung zu beachten sind, soll dabei nicht in Abrede gestellt werden. Die Incoterms können jedoch einen Beitrag dazu leisten, dass an den Stellen, an denen nicht zwingend zwischen nationalem und internationalem Geschäft differenziert werden muss, eine Harmonisierung stattfindet. Abschließend kann festgehalten werden, dass die exzellenten Gestaltungsmöglichkeiten der Incoterms 2010 für Lieferverträge national sowie international ihre Bedeutung im Warenhandel weiter verstärkt und einige interessante Entwicklungen bei der Anwendung in der Praxis zu erwarten sind. Es bleibt spannend! Autor: Dr. Michael Faatz, LL.M. Eur., LL.M. Int. Com., Rechtsanwalt, Noerr LLP, Delegierter der ICC Deutschland zu den Incoterms 2010 Dieses Merkblatt soll Ihnen erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Für die Richtigkeit und Aktualität der enthaltenen Angaben können wir trotz sorgfältiger Prüfung leider keine Gewähr übernehmen Frankfurter Straße Offenbach am Main Tel Fax Internet 7/7