Vorlesung Staatsrecht II. Prof. Dr. Dr. Durner
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1 Vorlesung Staatsrecht II Prof. Dr. Dr. Durner
2 Gliederung A. Allgemeine Grundrechtslehren B. Einzelne Grundrechte V. Grundrechte zur Gewährleistung geistiger Freiheit und Kommunikation 1. Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit (Art. 4 Abs. 1 GG) 2. Recht auf ungestörte Religionsausübung (Art. 4 Abs. 2 GG) 3. Meinungs-, Informations-, Presse-, Rundfunk- und Filmfreiheit (Art. 5 Abs. 1 und 2 GG) 4. Freiheit der Kunst und der Wissenschaft (Art. 5 Abs. 3 GG) 5. Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) 6. Vereinigungsfreiheit (Art. 9 GG) 7. Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Art. 10 GG) C. Grundrechtsschutz im Verfahren der Verfassungsbeschwerde 2
3 3. Freiheit der Kunst I. Schutzbereich I Formaler Kunstbegriff: Unterscheidung von bestimmten Werktypen wie Malerei, Musik, Literatur, Theater, Satire. BVerfGE 30, 173, 188f.: Das Wesentliche der künstlerischen Betätigung ist die freie schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden. (sog. materialer Kunstbegriff) These der Undefinierbarkeit und des staatlichen Definitionsverbots für Kunst. In Ergebnis greift ein weiter Kunstbegriff. 3
4 3. Freiheit der Kunst I. Schutzbereich II BVerfGE 83, 130, 138 f. Josephine Mutzenbacher": Ein pornographischer Roman kann Kunst im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG sein. BVerfGE 81, 278, 294: Darstellung des Urinierens auf die Bundesflagge als Karikatur. BVerfG NJW 1984, 1293 Sprayer von Zürich : Kunst, die notwendig mit der Beschädigung fremden Eigentums einhergeht, ist nicht durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützt. Anders jetzt Urt. v. 31. Mai BvR 1585/13 -, GWR 2016, 256: "Die von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geforderte kunstspezifische Betrachtung verlangt, die Übernahme von Ausschnitten urheberrechtlich geschützter Gegenstände als Mittel künstlerischen Ausdrucks und künstlerischer Gestaltung anzuerkennen. 4
5 3. Freiheit der Kunst I. Schutzbereich III Art. 5 Abs. 3 schützt sowohl den Werkbereich als auch den Wirkbereich, also die Erstellung des Kunstwerks und dessen Wirkung nach außen. 5
6 3. Freiheit der Kunst II. Beschränkungen Die Kunstfreiheit unterliegt als vorbehaltlos gewährleistetes Grundrecht nur verfassungsimmenanten Schranken. BVerfG: Urteil vom 31. Mai BvR 1585/13 -: Steht dieser Entfaltungsfreiheit ein Eingriff in Urheber- oder Leistungsschutzrechte gegenüber, der die Verwertungsmöglichkeiten nur geringfügig beschränkt, so können die Verwertungsinteressen der Rechteinhaber zugunsten der Kunstfreiheit zurückzutreten haben. Vgl. auch Fahl, Böhmermanns Schmähkritik als Beleidigung, NStZ 2016, 313,
7 3. Freiheit der Wissenschaft I. Schutzbereich I Wissenschaftsfreiheit: BVerfGE 35, 79 Hochschulurteil : Seine Freiheitsgarantie erstreckt sich vielmehr auf jede wissenschaftliche Tätigkeit, d. h. auf alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist. Dies folgt unmittelbar aus der prinzipiellen Unabgeschlossenheit jeglicher wissenschaftlichen Erkenntnis. Forschungsfreiheit: Freiheit in der Wahl des Gegenstandes, des methodischen Vorgehens sowie der Verbreitung der Ergebnisse. Lehrfreiheit: Freiheit der inhaltlichen und methodischen Gestaltung der Lehrveranstaltungen. 7
8 3. Freiheit der Wissenschaft I. Schutzbereich II Wissenschaftsfreiheit als Teil der objektiven Wertordnung: BVerfGE 35, 79 Hochschulurteil : Diese Wertentscheidung bedeutet nicht nur die Absage an staatliche Eingriffe in den zuvor gekennzeichneten Eigenbereich der Wissenschaft; sie schließt vielmehr das Einstehen des Staates, der sich als Kulturstaat versteht, für die Idee einer freien Wissenschaft und seine Mitwirkung an ihrer Verwirklichung ein und verpflichtet ihn, sein Handeln positiv danach einzurichten, d. h. schützend und fördernd einer Aushöhlung dieser Freiheitsgarantie vorzubeugen. [ ] Der Staat hat die Pflege der freien Wissenschaft und ihre Vermittlung an die nachfolgende Generation durch Bereitstellung von personellen, finanziellen und organisatorischen Mitteln zu ermöglichen und zu fördern. 8
9 3. Freiheit der Wissenschaft I. Schutzbereich III und II. Schranken Geschützt wird der einzelne Wissenschaftler aber auch etwa die Hochschulen, ggf. auch Studierende ( Lernfreiheit ), wobei hier auch Art.12 GG schützt. Umstritten ist, inwieweit die Wissenschaftsfreiheit eine institutionelle Garantie beinhaltet. Jedenfalls wird nicht der status quo des Hochschulsystems geschützt. BVerfG, NVwZ-RR 1998, 175 Schließung einer Affen- Station : Auch die Wissenschaftsfreiheit ist nicht schrankenlos garantiert. Schranken können sich aus anderen verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgütern ergeben. 9
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