HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK
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- Günter Becker
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1 HEUKING Auftragsberatungsstelle KÜHN LÜER WOJTEK Hamburg Informationsveranstaltung für Beschaffer Dr. Martin Schellenberg HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK Neuer Wall 63, Hamburg Tel: am Main 18. Februar 2015
2 Dringlichkeit 2
3 Fall: Container für Flüchtlingsunterbringung Mitteilung ZEA zu erwartende Zuweisung von Flüchtlingen im 1. Halbjahr 2015 bis Prüfung Verfügbarkeit bestehender Immobilien Haushaltsvorlage Anmietung Container Schätzung 1,7 Mio Freigabe Haushaltsmittel 3
4 Fall: Container für Flüchtlingsunterbringung Mitteilung ZEA: Zuweisung von 250 Flüchtlingen zum bis Erneute Prüfung Verfügbarkeit bestehender Immobilien, Schulen, Schiffe Aufforderung 3 Unternehmen zur Abgabe von Angeboten für Mieter Frist 14 Tage; Lieferfrist 3 Wochen Abendblatt: Bezirksamt will Millionenauftrag für Container ohne Ausschreibung vergeben 4
5 Ausnahme: Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb 3 Abs. 5 VOL Sachverhalt Ausnahme? Dringender Bedarf i.d.r. nein, nur bei Naturkatastrophen, höhere Gewalt sonst selbst verschuldet! 5
6 Tatbestand Für den Auftraggeber unvorhersehbares Ereignis Dringliche und zwingende Gründe, die die Einhaltung der in anderen Verfahren vorgeschrieben Fristen nicht zulassen Kausalzusammenhang zwischen dem Ereignis und den sich daraus ergebenden dringlichen, zwingenden Gründen Umstände für die Dringlichkeit dem Auftraggeber nicht zurechenbar Rechtsfolge: Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb 6
7 Unvorhersehbarkeit & fehlende Zurechenbarkeit Unvorhersehbarkeit der Dringlichkeit Vorhersehbar sind Umstände, die bei sorgfältiger Risikoabwägung unter Berücksichtigung der aktuellen Situation und deren möglicher Fortentwicklung nicht ganz unwahrscheinlich sind. Keine Zurechnung der Dringlichkeit Die Gründe der Dringlichkeit sind dem Auftraggeber zurechenbar, wenn sie in dessen Sphäre begründet worden sind. Ein Verschulden ist nicht erforderlich. 7
8 Auslegung und Anwendung Ausnahmetatbestand: hohe Anforderungen / enge Auslegung Nur akute Gefahrensituationen / höhere Gewalt Unmittelbare Gefährdung bedeutender Rechtsgüter Rechtsfolgenebene: punktuelle Engpasslage rechtfertigt nicht den Abschluss eines langfristigen Vertrags 8
9 Daseinsvorsorge Ausnahme vom Erfordernis der fehlenden Zurechenbarkeit Dringlichkeit aus besonderer Gefahrensituation auch dann gegeben, wenn sie im Übrigen auf vom Auftraggeber zu vertretenden Umständen beruht Abwägung: Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Zurechenbarkeit führt zu verkürzter Vertragsdauer Beteiligung anderer Bieter erforderlich, sofern dies ohne großen Zeitverlust möglich ist 9
10 Aufnahme von Flüchtlingen OLG Düsseldorf, Beschl. v , VII-Verg 57/08 Dringlichkeit kann daraus folgen, dass Auftraggeber Aufgaben der Daseinsvorsorge für Asylbewerber nach dem AsylG zu erfüllen hat, auch wenn der Auftraggeber die Eilbedürftigkeit im Übrigen wohl selbst zu vertreten hat. Unzulässig ist, die Verhandlungen auf einen einzigen von mehreren interessierten Bietern zu beschränken. OLG Düsseldorf, Beschl. v , VII-Verg 73/11 Ablehnung der Dringlichkeit wg. Vorhersehbarkeit 10
11 Lösung Fall Containermiete Schwellenwert überschritten Containermiete ist Dienstleistung i. S. v. 99 Abs. 4 GWB Container sind kein unbewegliches Vermögen i. S. d. Ausnahme gemäß 100 Abs. 5 Nr. 2 GWB 11
12 Keine europaweite Ausschreibung erforderlich, da Beherbergung i. S. v. Anhang I B, 1 Abs. 3 EG VOL/A Dringlichkeit i. S. v. 3 Abs. 4 VOL/A besonders dringlich: bei Flüchtlingsunterbringung (+) nicht vorhersehbar (+) nicht dem Verhalten des Auftraggebers zuzuschreiben 12
13 Leitlinien Dringlichkeitsausnahme kann grundsätzlich bei Naturkatastrophen in Anspruch genommen werden Selbstverschuldet ist die Dringlichkeit, wenn der Auftraggeber (nicht nur die Vergabestelle!) es versäumt, die Vergabe so rechtzeitig vorzubereiten, dass eine Ausschreibung im einschlägigen Verfahren erfolgen kann Der Auftraggeber muss vorausschauend die Vergabe vorbereiten, im Zweifel durch flexible Rahmenverträge die Voraussetzungen für eine kurzfristige Bedarfsbefriedigung schaffen 13
14 Produktneutralität 14
15 Fall: Stadt schreibt digitale Whiteboards mit manueller stufenloser Höhenverstellung mittels schräg verbauter doppelter Gasdruckfeder aus. Bieter rügt unzulässige Produktvorgabe gemäß 8 Abs. 7 EG VOL/A (VK Südbayern vom , Az.: Z /14 15
16 8 Abs.7 EG VOL/A (7) Soweit es nicht durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist, darf in den technischen Anforderungen nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren oder auf Marken, Patente, Typen, einen bestimmten Ursprung oder eine bestimmte Produktion verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden. Solche Verweise sind jedoch ausnahmsweise zulässig, wenn der Auftragsgegenstand nicht hinreichend genau und allgemein verständlich beschrieben werden kann; solche Verweise sind mit dem Zusatz "oder gleichwertig" zu versehen. 16
17 Rechtsprechung zur Produktneutralität Produktvorgabe gerechtfertigt, wenn: Die Bestimmung durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt ist, Vom Auftraggeber dafür nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Gründe angegeben worden sind und die Bestimmung folglich willkürfrei getroffen worden ist, solche Gründe tatsächlich vorhanden (festzustellen und notfalls erwiesen) sind und die Bestimmung andere Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminiert. Bewegt sich die Bestimmung in diesen Grenzen, gilt der Grundsatz der Wettbewerbsoffenheit der Beschaffung nicht mehr uneingeschränkt (OLG Düsseldorf, B. v Az.: VII-Verg29/13; B. v Az.: VII-Verg16/12; OLG Karlsruhe, B. v Az.: 15 Verg9/13; B. v Az.: 15 Verg 5/13; VK Baden-Württemberg, B. v Az.: 1 VI 15/13; 2. VK Bund, B. v Az.: VK 2 33/14). 17
18 Korrektur von Fehlern im laufenden Verfahren 18
19 Fall Auftraggeber stellt nach Submission fest, dass kein Bieter die geforderte Größe von Verblendplatten angeboten hat, weil diese nicht existiert. Was kann die Vergabestelle tun? 19
20 Korrektur von Fehlern im Vergabeverfahren Zurückversetzung des Verfahrens als mildestes Mittel (geeignete Maßnahme nach 114 GWB) Auftraggeber kann Verfahren auch selbst zurückversetzen Zurückversetzung i.d.r. mildestes Mittel, auch wenn Aufhebung möglich Zulässig aber auch, wenn wegen eigenem Fehler des Auftraggebers keine Aufhebung möglich / kein Aufhebungsgrund: Fehler/Irrtum, der sinnvoller Verfahrensfortführung entgegensteht keine beliebige Beendigung, Scheinaufhebung, Diskriminierung Schadenersatz? 20
21 Lösung Zurückversetzung des Verfahrens ist zulässig, wenn Korrektur die Preisstruktur der Angebote im übrigen nicht relevant beeinflussen kann (OLG Düsseldorf v Verg 29/14) 21
22 Leitlinien Vor Aufhebung ist zu prüfen, ob Fehler durch Korrektur geheilt werden kann Korrektur darf auch noch nach Angebotsöffnung erfolgen Änderung muss insgesamt unwesentlich sein Rangfolge kann sich verändern! Erneute Bekanntmachung nur bei wirklich inhaltlichen Änderungen erforderlich 22
23 Wertung Preis Leistung 23
24 Fall Bei Ausschreibung für Beratungsprojekt soll Preis mit 30 % bewertet werden. Preisformel wird nicht bekannt gegeben. 24
25 Grundlagen: Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien Verschärfung der Rügeobliegenheit gem. 107 Abs. 3 Satz 1 GWB Nunmehr: Uvon Bietern kann mittlerweile verlangt werden, dass das Verbot der Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien bekannt ist... 25
26 Grundlagen: Bekanntmachung von Zuschlagskriterien Umfang der Bekanntmachungspflicht Alle aufgestellten Unter-oder Hilfskriterien (= nähere Konkretisierung der Zuschlagskriterien) sind bekannt zu machen. Bekanntmachungspflicht gilt auch für Gewichtung der Unter- oder Hilfskriterien. 26
27 Verhältnis Preis - qualitative Kriterien Preis andere Kriterien Angemessenes Verhältnis erforderlich (Preis darf weder über- noch unterbewertet werden) Veröffentlichung der Gewichtung (Rechtssatz z.b. in 16 Abs. 7 VOB/A-EG) 27
28 Verhältnis Preis - qualitative Kriterien Preis 90 %, Leistung 10 % vergaberechtswidrig Preis 50 %, Leistung 50 % vergaberechtmäßig Preis 10 %, Leistung 90 %? OLG Dresden: Mindestquote Preis 30 %( , Wverg 0011/00) OLG Düsseldorf: Einzelfallentscheidung, keine bestimmte Mindestquote ( , Verg 22/01) Preis 27 %, Leistung 73 % vergaberechtmäßig 28
29 Wertung Aufstellung von Gewichtungsregeln und Bewertungsmatrizen muss den vergaberechtlichen Grundsätzen genügen Punktesystem 100 Punkte oder nichts für Wertung des Preises ist bei nur zwei Angeboten ungeeignet Bei Aufstellung des Wertungssystems ist zu beachten, dass keine Nivellierungen oder Aushöhlungen gegeben sind, insb. Nichtberücksichtigung ( Unter-den-Tisch-Fallen ) oder Umkehrung der Bieterreihenfolge ( Flipping-Effekt ). 29
30 Öffentlich-öffentliche Kooperation (Inhouse) nach neuem Recht (Richtlinie 24 EG 2014) 30
31 Auftrag an Tochter (Art. 12 Abs. 1) öffentlicher AG AN 31
32 Auftrag innerhalb des Konzerns (Art. 12 Abs. 1 a.e) Auftraggeber BeteiligungsGmbH 32
33 Auftrag an Mutter (Art. 12 Abs. 2 Alt. 1) Auftraggeber 33
34 Schwesterauftrag ( Art. 12 Abs Alt.) AöR Errichtet aufgrund Landesgesetz Auftrag Städtische GmbH 34
35 Kooperation mittels Gemeinschaftsunternehmen (Art. 12 Abs. 3) Kommune beauftragt Zweckverband, an dem sie mit anderen Kommunen beteiligt ist, mit Breitbanderschließungsleistungen 35
36 Kooperation ohne Gemeinschaftsunternehmen (Art. 12 Abs. 4) Stadtreinigung HH erbringt Müllverbrennungsleistung für Umland Kreise Kooperationsvertrag Umlandkreise Kontrolle Keine Verbindung 36
37 Fall: Tochterauftrag (Art. 12 Abs. 2 Alt. 1) öffentlicher AN Privater öffentlicher AG Bürger 37
38 Fall: Tochter GmbH als Auftraggeber Städtische Gesellschaft beauftragt Stadt mit Verwaltungsleistungen Kontrolle (+) Mutter kontrolliert Tochter Drittgeschäft 20 % (+) Tochter nur für Mutter tätig 38
39 Art. 12 Abs. 1 a Der Auftraggeber übt eine ähnliche Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle über den Auftragnehmer aus 39
40 Art. 12 Abs. 1 S. 2: Konkretisierung Das Dienststellenkriterium ist erfüllt, wenn Auftraggeber einen ausschlaggebenden Einfluss ausübt auf die strategischen Ziele und die wesentlichen Entscheidungen der kontrollierten Person 40
41 Art. 12 Abs. 3: Kooperation mittels Gemeinschaftsunternehmen Gemeinsame Beherrschung: Jeder Beteiligte muss in den beschlussfassenden Organen vertreten sein Einfluss auf Strategie und Entscheidungen muss gemeinsam ausübbar sein Gesellschaftsrechtliche Beteiligung nach Wortlaut nicht erforderlich (Kontrollierte Person darf keine widerstreitenden Interessen verfolgen) 41
42 Art. 12 Abs. 1c, Abs. 3 c: Keine private Beteiligung bei Auftragnehmer 42
43 Art. 12 Abs. 1c, Abs. 3 c: Keine private Beteiligung bei Auftragnehmer Private Beteiligung bei Auftraggeber ist unschädlich Nur direkte Beteiligung schadet indirekte Beteiligung wäre zulässig? Ausnahme wenn gesetzlich vorgeschrieben, ist für die Gestaltungspraxis irrelevant. 43
44 Art. 12 Abs. 1b, Abs. 3b: 80% der Tätigkeiten der kontrollierten Person muss erwirtschaftet werden im Konzern (Abs. 1b) oder für die Mutterunternehmen bei Gemeinschaftsunternehmen (Abs. 3b) Abs. 5: Zurechnungsregeln für Berechnung des Umsatzes auch im Fall von Start-up Unternehmen 44
45 Änderungen zur bisherigen Rechtsprechung Festlegung der 80% Schranke statt wesentliches Drittgeschäft 45
46 Änderungen zur bisherigen Rechtsprechung Festlegung der 80% Schranke statt wesentliches Drittgeschäft Umgehungsmöglichkeit durch Auslagerung von Drittgeschäft? Anknüpfung an juristische Person 46
47 Leitlinien Markterkundung durchführen Kontrollkriterium prüfen: Auftragsvergabe innerhalb des Konzerns oder gemeinsame Beherrschung mit anderen öffentlichen Auftraggebern Kontrolle muss sich auf alle Bereiche d. Unternehmens beziehen und keine Beteiligung Privater am Auftragnehmer Wesentlichkeitskriterium prüfen: max. 20% Drittgeschäft bei abhängigem Unternehmen Konditionen: Standardverträge nutzen Selbstkostenerstattung ohne Risiko-und Gewinnaufschlag 47
48 Leitlinien Kooperation ohne Kontrolle Markterkundung durchführen Gemeinsames Ziel ausschließlich im öffentlichen Interesse prüfen: Öffentliche Aufgabe obliegt allen Beteiligten nicht: ein Beteiligter hat öffentliche Aufgabe, der andere unterstützt bei Ausführung Keine Beteiligung Privater (auch nicht indirekt) Konditionen: Risikogemeinschaft statt marktübliche Risikoverteilung (vglb. Zweckverband) Selbstkostenerstattung ohne Risiko-und Gewinnaufschlag 48
49 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Berlin Unter den Linden Berlin T F Düsseldorf Georg-Glock-Straße Düsseldorf T F Hamburg Neuer Wall Hamburg T F München Prinzregentenstraße München T F Brüssel Rue Froissart Brüssel/Belgien T F Chemnitz Weststraße Chemnitz T F Frankfurt Goetheplatz Frankfurt am Main T F Köln Magnusstraße Köln T F Stuttgart Augustenstraße Stuttgart T F Zürich Bahnhofstrasse Zürich/Schweiz T F
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