Sozialverwaltung/ Verwaltungsrecht
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- Friederike Otto
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1 Sozialverwaltung/ Verwaltungsrecht Sommersemester 2010 Dozent: RA Prof. Dr. Niels Korte Vorlesungsinhalt - Grundlagen des Verwaltungsrechts und des Sozialrechts - Handlungsformen der Verwaltung: Verwaltungsakt und öffentlich-rechtlicher Vertrag - Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes - Nebenbestimmungen zum Verwaltungsakt - Aufhebung von Verwaltungsakten - Das Widerspruchsverfahren - Die Verwaltungsvollstreckung - Öffentlich-rechtliche Ansprüche - Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit
2 A) Der Staat - Begriff: jede politische Ordnung, die ein gemeinsames als Staatsgebiet abgegrenztes Territorium, ein dazugehöriges Staatsvolk und eine Machtausübung über dieses umfasst - Staatsformen: - Monarchie (Alleinherrschaft) - Tyrannis (Diktatur) - Aristokratie (Elitenherrschaft) - Oligarchie (Herrschaft einer kleinen Gruppe) - Ochlokratie (Pöbelherrschaft) - Plutokratie (Herrschaft der Vermögenden) - Kommunismus (klassenlose Gesellschaft) - Theokratie (Priesterstaat) - Kleptokratie (Bananenrepublik, schwacher Staat) - Demokratie (Volksherrschaft, autonome Selbstregierung des Volkes) Art 20 Grundgesetz (1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt. (3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden. (4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist
3 - Bundesrepublik Deutschland: Entscheidung für Demokratie - In Art. 20 GG sind fünf verfassungsrechtliche Grundprinzipien verankert, die vor allem die soziale und verfassungsgebundene Demokratie sichern sollen: - Republikprinzip - Demokratieprinzip - Bundesstaatsprinzip - Rechtsstaatsprinzip - Sozialstaatsprinzip I. Definition der Demokratie (Demokratieprinzip): Demokratie besteht erstens darin, dass grundsätzlich das Volk selbst die Staatsfunktionen ausübt, wobei allerdings aus praktischen Notwendigkeiten heraus niemals sämtliche Volksangehörigen und nicht einmal alle erwachsenen Angehörigen dieses Volkes die Herrschaft ausüben können, sondern immer nur eine möglichst große Zahl von ihnen, also die Mehrheit. Zweitens erfolgt diese Herrschaftsausübung der Mehrheit heute meistens nicht unmittelbar, also nicht durch direkte Entscheidung über die Regierungs- und Gesetzgebungsakte im Wege einer Volksabstimmung, sondern sie vollzieht sich regelmäßig [ ] durch die Wahl einer Volksvertretung, der Legislative, die ihrerseits wieder regelmäßig durch Wahl die Regierung, die Exekutive, bestellt. Endlich gehört zum Begriff der Demokratie, dass diese durch Wahlen erfolgende Bestellung der Staatsorgane auf Zeit, wenn nicht sogar auf Abruf, erfolgt sowie dass die Wahlen frei sind und auf Gleichheit des Wahlrechtes für alle erwachsenen Staatsbürger beruhen. Bruno Schmidt-Bleibtreu
4 II. Rechtsstaatsprinzip: - Garantie von Grundrechten und persönlichen und wirtschaftlichen Freiheiten - Gewaltenteilung - Vorrangstellung der Verfassung - Vorrang von Recht und Gesetz - garantierte Rechtssicherheit (insbesondere der Grundsatz, dass Recht nicht rückwirkend gelten darf) sowie Rechtsschutz - kontrollierende, unabhängige (Verfassungs-)Gerichtsbarkeit - Garantie, rechtliches Gehör vor unabhängigen Richtern zu bekommen III. Sozialstaatsprinzip: - Garantie sozialer Sicherheit - Anstreben von sozialer Gerechtigkeit - Gewährleistungen der Teilnahme aller an den gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen - Ausdruck des Sozialstaatsprinzips in Deutschland sind die Grundsicherung (Sozialhilfe und ALG II), verschiedene weitere Transferleistungen wie Kindergeld, Elterngeld, Bafög und Wohngeld sowie die Sozialversicherungen
5 B) Die Verwaltung - Staatsgewalt wird gemäß dem Gewaltenteilungsgrundsatz durch Legislative (Gesetzgebung), Exekutive (Verwaltung) und Judikative (Rechtsprechung) ausgeübt - Begriff der Verwaltung wird negativ bestimmt Verwaltung ist damit die Staatstätigkeit, die weder Gesetzgebung noch Rechtsprechung ist I. Gewaltenteilungslehre Gesetzgebung (Legislative) Vollziehende Gewalt (Exekutive) Rechtsprechung (Judikative) Regierung (Gubernative) Verwaltung (Administrative) Nach der Gewaltenteilungslehre stellt die öffentliche Verwaltung zusammen mit der Regierung die vollziehende Gewalt dar, welche ihrerseits von der Gesetzgebung und der Rechtsprechung zu unterscheiden ist (vgl. auch Art. 20 II 2 GG)
6 II. Das Verwaltungsrecht - Oberbegriff für das Recht des staatlichen Handelns auf dem Gebiet des nichtverfassungsrechtlichen öffentlichen Rechts - Verwaltungsrecht regelt die Rechtsgrundlagen für das Handeln der Verwaltung und damit die Voraussetzungen seiner Rechtsmäßigkeit - Allgemeines Verwaltungsrecht: Regeln, die grundsätzlich für die gesamte Verwaltung maßgebend sind - Besonderes Verwaltungsrecht: sachgebietsbezogene Normenkomplexe (Baurecht, Umweltrecht, Sozialrecht, Steuerrecht etc.) - Teilgebiete des besonderen Verwaltungsrechts sind aufgrund ihrer Bedeutung und Eigenheiten eigenen Gerichtszweigen zugeordnet und haben eine eigene Verfahrensordnung Sozialrecht, Steuerrecht III. Träger der Verwaltung - Staat Bund und Länder - Verwaltungsaufgaben werden grds. von den Ländern ausgeführt - vom Bund nur, wenn ihm eine Aufgabe grundgesetzlich übertragen ist (etwa Auswärtiger Dienst, Bundesgrenzschutz) - Bund und Länder sind juristische Personen des öffentlichen Rechts - Sind selbst nicht handlungsfähig, handeln durch ihre Organe = Behörden - Man unterscheidet dabei unmittelbare und mittelbare Staatsverwaltung
7 1. Behörde - Organ eines Verwaltungsträgers, welches gegenüber dem Verwaltungsträger berechtigt ist, mit Außenwirkung Aufgaben öffentlicher Verwaltung wahrzunehmen - Treten gegenüber dem Bürger im eigenen Namen auf, obwohl eigentlich Handeln für ihren Verwaltungsträger - Führen zumeist ein Wappen Bundesbehörden den Bundesadler, Behörden des Landes das jeweilige Landeswappen, Gemeindebehörden die Gemeindeinsignien - Zuständigkeiten sowie die wesentlichen Verfahrensabläufe sind durch Gesetz, Verordnung, Satzung, Geschäftsordnung oder anderweitig eindeutig und nachvollziehbar festgelegt - Häufig unterteilt in Abteilungen, diese wiederum in Referate (Dezernate) Behördenentscheidungen sind gerichtlich überprüfbar - Unterliegen zudem der Fachaufsicht durch übergeordnete Behörden - Interne Abläufe sind nicht einklagbar, unterliegen aber der Dienstaufsicht - Für Dienstaufsichtsbeschwerden gilt jedoch die Binsenweisheit: fristlos, formlos, fruchtlos
8 2. Unmittelbare Staatsverwaltung - Verwaltungsaufgaben werden von eigenen Organen des Staates (Bundes- oder Landesbehörden) ausgeführt - Staat handelt also selbst, da er nicht selbst handlungsfähig ist, bedient er sich seiner Organe, den Behörden - Regelmäßig dreistufiger Behördenaufbau (Oberste Behörde Mittelbehörde Untere Behörde, s. nachfolgendes Schaubild) Unmittelbare Bundesverwaltung Unmittelbare Landesverwaltung Oberste Behörde BM der Finanzen BM für Wirtschaft Innenministerium/ Senatsverwaltung Oberbehörde Bundeskartellamt LKA Mittelbehörde Oberfinanzdirektion Bezirksregierung Untere Behörde Zollamt Polizeipräsident
9 - Oberste Behörde: z.b. Bundes- oder Landesregierung, Bundeskanzler bzw. Ministerpräsident, Ministerien - Obere Behörde: unterstehen dem sachlich zuständigen Ministerium, nehmen die Verwaltungsausgaben zentral für das gesamte Bundes- bzw. Landesgebiet wahr, haben i.d.r. keine nachgeordneten Behörden, nur unselbständige Außenstellen (Kraftfahrt-Bundesamt, Umweltbundesamt) - Mittelbehörden: unterstehen dem sachlich zuständigen Ministerium, nehmen Verwaltungsaufgaben nur für einen Teil des Bundes-/Landesgebiets wahr (Bezirksregierungen) - Untere Behörde: unterstehen der jeweiligen Mittelbehörde und sind räumlich beschränkt auf einen bestimmten Teil des Verwaltungsgebiets Behördenaufbau Berlin und Brandenburg - Länder bestimmen ihre Verwaltungsorganisation selbst, daher unterschiedlicher Verwaltungsaufbau in den einzelnen Bundesländern - (s. Schaubilder) Berlin: - Untergliederung in Haupt- und Bezirksverwaltung - Hauptverwaltung: Senatsverwaltungen sowie nachgeordnete Sonderbehörden und nichtrechtsfähige Anstalten - Bezirksverwaltung: Bezirksverordnetenversammlung und Bezirksämter sowie nachgeordnete nichtrechtsfähige Anstalten
10 Brandenburg: - hat Landesorganisationsgesetz erlassen - zweistufiger Verwaltungsaufbau Verzicht auf Mittelbehörden - oberste Landesbehörden = Landesregierung - der Ministerpräsident und die derzeit neun Landesministerien - üben die Dienst- und Fachaufsicht gegenüber dem übrigen staatlichen Verwaltungsapparat aus - 13 nachgeordnete Landesoberbehörden - untere Landesbehörden: für Teile des Landes zuständig; allgemeine untere Landesbehörden - 14 Landräte und 4 Oberbürgermeister (zugleich Leiter ihrer jeweiligen Kreis- bzw. Stadtverwaltungen), darüber hinaus weitere untere Landesbehörden sowie Einrichtungen des Landes Länderfusion Berlin-Brandenburg: - 1. Fusionsanlauf: Unterzeichnung eines Staatsvertrag im Herbst 1995, jeweils mit Zwei-Drittel-Mehrheit bei beiden Parlamenten - Volksabstimmung am 5. Mai 1996 endete jedoch mit der Ablehnung dieses Vertrages - 2. Fusionsanlauf: Zusammenschluss beider Länder ursprünglich für das Jahr 2009 geplant; Zeitplan wurde jedoch von der Brandenburgischen Landesre-ierung im Oktober 2004 aufgekündigt erst soll Klarheit über die Finanzperspektiven beider Länder geschaffen werden - Seitdem verstärkte Zusammenarbeit: 19 Staatsverträge und 71 Verwaltungsvereinbarungen sowie eine Reihe gemeinsamer Institutionen, Zahl der gemeinsamen Behörden, Gerichte, Ämter, Einrichtungen und Anstalten wächst stetig - s. auch
11 3. Mittelbare Staatsverwaltung - Verwaltungsaufgaben werden an andere juristische Personen des öffentlichen Rechts (Körperschaften, Anstalten, Stiftungen) oder an Beliehene übertragen - Körperschaften: durch Hoheitsakt geschaffene Personenzusammenschlüsse, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen (Gemeinden, Ärztekammer, IHK) - Anstalten: durch Hoheitsakt geschaffene, organisatorisch verselbständigte Zusammenfassungen von sachlichen und personellen Mitteln, welche der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe dienen und i.d.r. dem Bürger zur Benutzung zur Verfügung gestellt werden (Sparkassen, ZVS, Schwimmbäder- BerlinerBäderBetriebe) Stiftungen: durch Hoheitsakt geschaffene, rechtlich verselbständigte Vermögensmassen, die einen bestimmten Zweck fördern sollen - Eigengesellschaften: private Gesellschaften, die sich in der Hand des Staates befinden (Anteilsmehrheit) und öff. Aufgaben erfüllen (Versorgungswerke) - Beliehene: Private oder juristische Personen des Privatrechts, die hoheitliche Verwaltungsaufgaben im eigenen Namen wahrnehmen (TÜV, Notar) der Private ist dann selbst Behörde - Verwaltungshelfer: Privatperson, die Hilfstätigkeiten im Auftrag und nach Weisung der ihn betrauenden Behörde wahrnimmt, sein Handeln wird der Behörde unmittelbar zugerechnet, er handelt nicht selbständig
12 C) Das deutsche Rechtssystem Rechtsgebiete Privatrecht Öffentliches Recht Zivilrecht Arbeitsrecht Verfassungsrecht Verwaltungsrecht Strafrecht Allgemeines Verwaltungsrecht Sozialrecht Finanzrecht - Unterscheidung zwischen den Hauptgebieten öffentliches Recht und privates Recht - Zur Wiederholung: Verwaltungsrecht = Recht des staatlichen Handelns auf dem Gebiet des nichtverfassungsrechtlichen öffentlichen Rechts - Abgrenzung mitunter schwierig, vor allem, wenn der Staat durch Private handelt oder selbst privatrechtlich auftritt
13 Fall 1: In B wurden an der Kreuzung A- und C-Straße Straßenbauarbeiten durchgeführt. Die Bauarbeiten und die Verkehrsregelung wurden im Auftrag der Stadt B durch den privaten Bauunternehmer F vorgenommen. F hatte eine Ampel aufgestellt. Als der G an die Kreuzung heranfuhr, zeigte die Ampel grün. Als G in die Kreuzung einfuhr, kam es zum Zusammenstoß mit H, welcher aus der Seitenstraße kam und welcher aufgrund eines Bedienungsfehlers des F ebenfalls grünes Licht hatte. G möchte die Stadt B auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Zu Recht? Mgl. ist ein Amtshaftungsanspruch gem. Art. 34 GG, 839 BGB Art. 34 GG Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden
14 839 BGB Haftung bei Amtspflichtverletzung (1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag. (2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung. (3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden Dann müsste eine öffentlich-rechtliche Tätigkeit der Verwaltung vorliegen - B selbst hat nicht gehandelt - Haftung der B aber dann, wenn sie sich das Handeln (den Bedienungsfehler) des F zurechnen lassen muss, F also Beliehener oder Verwaltungshelfer ist - F = Beliehener?: (-), da Beleihung nur aufgrund eines Gesetzes zulässig, die StVZO sieht jedoch keine Beleihung für das Aufstellen von Verkehrszeichen oder die Überwachung des Straßenverkehrs vor
15 - F = Verwaltungshelfer?: - Zurechnung dann, wenn der Privatperson kein oder nur ein begrenzter Entscheidungsspielraum eingeräumt ist, der ihn zum bloßen Erfüllungsgehilfen der öffentlichen Hand macht - Auf die Rechtsnatur der Beauftragung kommt es nicht an Privatperson wird oftmals aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages mit der Behörde tätig, so etwa der private Abschleppunternehmer - Keine Flucht ins Privatrecht - Je stärker der hoheitliche Charakter der Aufgabe in den Vordergrund tritt [..] und je enger der Entscheidungsspielraum des Privaten, desto näher liegt es, ihn als Beamten im haftungsrechtlichen Sinne anzusehen (BGH NJW 2005, 286 f.) - Hier: keine Einengung des Entscheidungsspielraums des F - Keine behördliche Anordnung zum Bedienen der Ampel - F kein Erfüllungsgehilfe und damit kein Verwaltungshelfer - Kein Anspruch des G gegen B Staat handelt selbst: - Ansatzpunkt für Unterscheidung öffentliches Recht oder Privatrecht kann der betroffene Aufgabenbereich sein Verwaltungsart Beispiele Rechtsnatur des Handelns Eingriffsverwaltung Polizeiverfügungen, Bußgeldbescheide Immer Öffentlich-rechtlich Leistungsverwaltung Fiskalverwaltung Theater, Sportanlagen, Kanalisation, Müllabfuhr Bedarfsdeckung, erwerbs wirtschaftliche Tätigkeit & Vermögensverwaltung Öffentlich-rechtlich Oder Privatrechtlich Immer Privatrechtlich
16 Eingriffsverwaltung: - diejenige Verwaltungstätigkeit, die in die Freiheits- und/ oder Vermögenssphäre des Bürgers einseitig und rechtsverbindlich eingreift mit dem Zweck, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten Leistungsverwaltung: - diejenige Verwaltungstätigkeit, die Leistungen gewährt, um das Dasein des Einzelnen in der Gemeinschaft zu sichern und zu verbessern - Daseinsvorsorge Fiskalverwaltung: Bedarfsdeckungsverwaltung (fiskalische Hilfsgeschäfte): - Beschaffung der für die Verwaltung erforderlichen Sachmittel (Büromaterial, Grundstücke, Gebäude) - zwar auch Verwaltungsaufgabe, dient aber dem Eigenbedarf erwerbswirtschaftliche Betätigung der Verwaltung: - Teilnahme des Staates am Wirtschaftsleben als Unternehmer nach wirtschaftlichen Grundsätzen und in der Absicht der Gewinnerzielung - durch eigene Tätigkeit oder über Handelsgesellschaften (Bsp.: Stadtbrauerei)
17 Verwaltungsprivatrecht: - Erledigung von Verwaltungsaufgaben unmittelbar in den Formen des Privatrechts - Die Freiheit zur Wahl privatrechtlichen Handlungsformen hat der Staat in diesem Bereich jedoch nur insoweit, als nicht zwingende öffentlichrechtliche Vorgaben die Wahl öffentlichrechtlicher Handlungsformen gebieten - So etwa im Ordnungsbereich, auf Zwangsmittel angewiesen - Wahlfreiheit bezieht sich auf Organisationsform der Einrichtung und Ausgestaltung des Leistungs- und Benutzungsverhältnisses - Allerdings entscheidet die Rechtsform nicht darüber, ob Verwaltungs- oder Privatrecht alles, was funktionell zur Daseinsvorsorge gehört, ist nach den Grundsätzen des öffentlichen und nicht des privaten Rechts zu beurteilen Gemeinde Betreibt Wasserwerk in eigener Regie (öffentlichrechtliche Organisationsform) Errichtet AG, die Wasserwerk betreibt (privatrechtliche Organisationsform) Benutzungsverhältnis öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich Benutzungsverhältnis privatrechtlich Bürger Bürger
18 Prüfung, ob eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vorliegt: 1. Festlegung des Streitgegenstandes - Was will der Bürger, worüber wird gestritten 2. Nach welchen Rechtsnormen beurteilt sich diese Streitigkeit? - Hier liegen die meisten Probleme, da oftmals mehrere Normen in Betracht kommen 3. Sind diese Normen dem öffentlichen Recht zuzuordnen? Fall 2: Der Kläger ist Leistungserbringer für den öffentlich-rechtlichen Rettungsdienst und führt Rettungsdiensteinsätze durch. Rechtliche Grundlage hierfür ist das Hessische Rettungsdienstgesetz (HRDG). Am transportierte der Kläger den Beklagten von der Giessener Innenstadt in das Evangelische Krankenhaus in Gießen. Da der Beklagte seit August 2005 nicht mehr über eine Mitgliedschaft in einer Krankenkasse verfügt, stellte der Kläger dem Beklagten die Kosten für den Krankentransport persönlich in Rechnung. Der Kläger begehrt vom Beklagten die Erstattung von Kosten für einen Krankenwagentransport in Höhe von 459 nebst Zinsen. Welches Gericht ist hier zuständig, das Amtsgericht oder das Verwaltungsgericht? VG Gießen Urteil vom (10 E 1179/07)
19 4 HRDG Träger und Durchführung (1) Träger der bodengebundenen Notfallversorgung einschließlich der Bergund Wasserrettung sind die Landkreise und kreisfreien Städte. [ ] (2) Zur Erfüllung ihrer Aufgabe können sich die Landkreise und kreisfreien Städte Dritter bedienen. [ ] 9 HRDG Genehmigungspflicht (1) Wer Leistungen im Krankentransport erbringen will, bedarf der Genehmigung. [ ] 19 HRDG Finanzierungsregelungen (1) Für die Leistungen im Krankentransport werden entsprechend den Vorschriften der 60 und 133 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch von den Leistungserbringern Vergütungen mit den Leistungsträgern vereinbart Dann müsste eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vorliegen - Hier stehen sich 2 Privatpersonen gegenüber an sich kein Über-Unterordnungs-, sondern Gleichordnungsverhältnis - Dennoch öffentlich-rechtlich, wenn das Verhältnis zwischen den Beteiligten seine Grundlage im öffentlichen Recht hat und einer der Beteiligten dem anderen gegenüber hoheitliche Befugnisse hat bzw. in Anspruch nehmen muss - Der Kläger muss daher als Beliehener oder als Verwaltungshelfer tätig geworden sein
20 Beleihung: - Beliehene sind Privatrechtssubjekte, die durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes mit öffentlich-rechtlichen Handlungsbefugnissen, vor allem der Verwaltungsaktbefugnis ausgestattet sind - Soweit sie davon Gebrauch machen, sind damit verknüpfte Streitigkeiten öffentlich-rechtlich - Träger der Notfallversorgung sind die Landkreise und kreisfreien Städte; sie können sich zur Erfüllung dieser Aufgabe der Hilfe Dritter bedienen ( 4 Abs. 1 und 2 HRDG) - Aus diesen Normen lässt sich jedoch nicht ableiten, dass den Dritten öffentlich-rechtliche Befugnisse übertragen werden - Es fehlt 1. an einem Beleihungsakt durch oder aufgrund eines Gesetzes sowie 2. an einer gesetzlichen Beleihungsermächtigung im HRDG - Kläger handelte daher nicht als Beliehener Verwaltungshelfer: - Verwaltungshelfer werden nicht selbst hoheitlich tätig, ihr Handeln wird vielmehr der Verwaltung zugerechnet - Die Aufgabenzuständigkeit und -verantwortung verbleibt bei dem Träger der öffentlichen Verwaltung - Rettungsdienstleister erbringen selbständig Dienstleistungen, die mit der Krankenversicherung abgerechnet werden ( 19 HRDG) - unterscheiden sich insoweit nicht von niedergelassenen Kassenärzten, die mit ihren Patienten privatrechtliche Behandlungsverträge schließen - Es fehlt die für Verwaltungshelfer typische und erforderliche Steuerung und Kontrolle ihrer Tätigkeit durch die beauftragende Behörde - Auch das Genehmigungserfordernis in 9 HRDG spricht gegen Zuordnung der Rettungsdienstleister zur öffentlichen Verwaltung
21 Ergebnis: - Da der Kläger weder als Beliehener noch als Verwaltungshelfer tätig wurde, liegt keine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor - Damit ist nicht das Verwaltungsgericht, sondern das Zivilgericht zuständig - Im vorliegenden Fall wurde der Rechtsstreit auch beim Zivilgericht anhängig gemacht, das Zivilgericht stufte den Rechtsstreit jedoch als öffentlich-rechtlich ein und verwies daher bindend an das Verwaltungsgericht - Dieses nahm dann nochmals Stellung zu der Frage nach der Natur des Rechtsstreits Fall 3: Der Bezirk Friedrichshain Kreuzberg erweitert die Schwimmhalle Kohlfurter Straße um eine große Sauna-Abteilung. Dies nimmt dem Privatsauna-Betreiber B einen erheblichen Teil seiner Stammkundschaft weg. B möchte gegen die Stadt wegen seiner Ansicht nach unzulässiger Wirtschaftsbetätigung oder, falls die Betätigung rechtens sein sollte, wegen unlauteren Wettbewerbs klagen. - die Frage, ob und in welchem Umfang sich Kommunen mit Unternehmen am Wirtschaftsleben beteiligen dürfen, ist nach Kommunalrecht zu beurteilen, insoweit öffentlich-rechtlich - die Frage, ob ein kommunales Wirtschaftsunternehmen im Verhältnis zum privaten Unternehmen unlauteren Wettbewerb betreibt, ist ein Problem von Rechtsbeziehungen auf der Ebene der Gleichordnung konkurrierender Anbieter - dies bestimmt sich nach 1UWG Privatrecht
22 Fall 4: a) S will der Stadt Papier in großen Mengen verkaufen. Zu diesem Zweck sucht er mehrmals den zuständigen Sachbearbeiter im Rathaus auf. Dieser teilt dem S jedoch mit, dass die Stadt bereits einen Vertrag mit einem Konkurrenten des S abgeschlossen habe. Daraufhin beschimpft S den Beamten lautstark. b) A erkundigt sich jeden Tag im Rathaus nach einer von ihm beantragten Genehmigung. Als ein Beamter ihm mitteilt, dass über den Antrag noch nicht entschieden sei, beschimpft A den Beamten. S und A wird das Betreten des Rathauses untersagt. Welcher Rechtsweg steht S und A offen? Streitgegenstand ist in beiden Fällen das erteilte Hausverbot - Dies kann zum einen privatrechtlicher Natur nach 862, 1004 BGB sein und zum anderen das öffentlich-rechtliche Hausverbot - Rechtsprechung stellt beim Hausverbot zumeist auf den Zweck ab, den der Besucher beim Betreten des Gebäudes verfolgt, da die Zweckbestimmung öffentlicher Gebäude auch das Recht des Bürgers umfasse, sie zu betreten, um seine behördlichen Angelegenheiten zu erledigen - danach a) privatrechtlich, da S privatrechtlichen Zweck verfolgte und b) öffentlich-rechtlich, da Betreten im Zusammenhang mit einem laufenden Verwaltungsverfahren - a.a.: stellt auf den Zweck des Hausverbots ab; öffentlichrechtlich, wenn es der Sicherung der Erfüllung der öffentlichen Aufgaben im Verwaltungsgebäude dient - danach Hausverbot i.d.r wie hier öffentlich-rechtlich
23 Fall 5: Eine Ausländerin ist mit einem deutschen Staatsbürger verheiratet und bekommt während der Ehe ein Kind. Die Ehe wird bald darauf geschieden. Später ficht der Vater erfolgreich die Vaterschaft nach zivilrechtlichen Vorschriften des BGB an. Daraufhin soll die Ausländerin ausgewiesen werden. Die Ausländerbehörde argumentiert, die Mutter habe ihr Bleiberecht verloren, da die Anfechtung des Vaters dazu geführt habe, dass das Kind rückwirkend die deutsche Staatsangehörigkeit verloren habe. Die Ausländerin klagt vor dem Verwaltungsgericht und macht geltend, dass sie weiterhin ein Bleiberecht besitze, da ihr Kind die deutsche Staatsbürgerschaft habe und dieses nicht rückwirkend entfallen könne. Liegt eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor? Streitgegenstand - Anfechtung der Ausweisungsverfügung 2. Streitentscheidende Normen - Die Anfechtung der Vaterschaft ist im BGB geregelt - Anfechtung der Vaterschaft ist jedoch lediglich eine Vorfrage für das Problem der Rechtmäßigkeit der Ausweisung, nicht wirklich streitentscheidend - Die Ausweisung selbst ist im Ausländerrecht geregelt 3. Sind diese Normen dem öffentlichen Recht zuzuordnen? - Ausländerrecht ist eindeutig dem öffentlichen Recht zuzuordnen - Folglich liegt eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor
24 Fall 6: Opa Franz möchte für seinen runden Geburtstag im nächsten Jahr die Stadthalle mieten, da er diesmal doch mit einigen Gästen rechnet. Auf Nachfrage bei der Stadt verweist diese an das Unternehmen Event&Culture -GmbH, welches die Stadthalle in Eigenverantwortung (als Nicht-Beliehene) betreibt. Von diesem erhält Opa Franz jedoch für den Termin seines Geburtstags ( ) keine Zusage, da an diesem Abend bereits der örtliche Karnevalsverein in der Stadthalle die Saison eröffnet. Opa Franz möchte dagegen gerichtlich vorgehen, da Fasching schließlich jedes Jahr ist und er nur einmal im Leben 70 wird Streitgegenstand - Nutzungsberechtigung der öffentlichen Stadthalle 2. Streitentscheidende Normen - Stadthalle gehört zwar der Stadt, wird hier jedoch von einer GmbH verwaltet - Damit kommen sowohl öffentlich-rechtliche Normen ( 69 GewO), als auch solche des Privatrechts in Betracht ( 535 BGB) - Bei Betreiben einer öffentlichen Einrichtung durch juristische Person des Privatrechts können streitentscheidende Normen nur solche des Privatrechts sein - Bürger hat jedoch Anspruch gegen Stadt, ihm durch gesellschaftsrechtlich ermöglichtes Einwirken auf die Gesellschaft Zugang zu verschaffen
25 Fall-Abwandlung: Die Stadt betreibt die Stadthalle selbst. 1. Streitgegenstand - Nutzungsberechtigung der öffentlichen Stadthalle 2. Streitentscheidende Normen - Zwei-Stufen-Theorie : differenzieren zwischen Zulassung ( Ob ) und letztendlicher Benutzung der öffentlichen Einrichtung ( Wie ) - Frage der Zulassung ist öffentlich-rechtlich zu beurteilen, das Wie der Benutzung kann dagegen auch privatrechtlich ausgestaltet sein - Hier ist das Ob der Zulassung betroffen, daher öffentlich-rechtliche Streitigkeit Fall-Abwandlung: Opa Franz hat die Nutzungsgenehmigung der Halle erhalten. Der Bescheid wurde von der Stadt ausgestellt, ein Mietvertrag gemäß 535 ff. BGB wurde beiderseits unterzeichnet. Allerdings litt das Fest von Opa Franz nicht nur unter dem zahlreichen Nicht-Erscheinen der erhofften Gäste, sondern auch unter dem Gestank, der aufgrund mangelnder Reinigung, ein Andenken an die Hunde-Show des Vortages war. Opa Franz möchte gerichtlich die Stadt dafür zur Rechenschaft ziehen
26 1. Streitgegenstand - Ersatz für die bestehenden Mängel 2. Streitentscheidenden Normen - Wiederum Zwei-Stufen-Theorie - Hier ist das Wie der Benutzung betroffen - Dies ist vorliegend zivilrechtlich Mietverträge gemäß 535 ff. BGB ausgestaltet - Mangel ist zivilrechtlicher Aspekt - Damit hier privatrechtliche Streitigkeit Grundsätze des Verwaltungshandelns D) Grundsätze des Verwaltungshandelns I. Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes - Grundlagen für die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung 1. Vorrang des Gesetzes - kein Handeln gegen das Gesetz - Beachtung der Normenhierarchie höheres Recht geht grds. vor - Ausnahme: speziellere Regelungen für eine bestimmte Materie - Gem. Art. 31 GG geht Bundes- dem Landesrecht vor - Bundesrecht bricht Landesrecht
27 Grundsätze des Verwaltungshandelns Normenhierarchie GG Völkerrecht Einfache Gesetze Rechtsverordnungen Satzungen Grundsätze des Verwaltungshandelns 2. Vorbehalt des Gesetzes - kein Handeln ohne Gesetz - In 31 SGB I für das Sozialrecht sogar ausdrücklich normiert - Beruht auf dem Rechtsstaats- und dem Demokratieprinzip - Gilt nicht uneingeschränkt (Verordnungen werden von der Verwaltung erlassen) der Gesetzgeber muss jedoch alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen - Gilt insbesondere für alle grundrechtsrelevanten Maßnahmen - Daher vor allem Entscheidungen, die zu Belastungen für den Bürger führen, da solche Belastungen zumindest immer in die allgemeine Handlungsfreiheit des Bürgers nach Art. 2 I GG eingreifen Recht, vor Belastungen geschützt zu werden - Gilt im Bereich der Leistungsverwaltung nur hinsichtlich des Ob, nicht auch des Wie der Leistung
28 Fall 7: A, B und C stören den Unterricht durch Knallfrösche. Daraufhin wird gegenüber den dreien als Ordnungsmaßnahme das Nachsitzen für 2 Stunden angeordnet. Ist dies rechtmäßig? Auszug aus dem Berliner Schulgesetz 62 Erziehungsmaßnahmen (1) [ ] (2) Zu den Maßnahmen bei Erziehungskonflikten und Unterrichtsstörungen gehören insbesondere 1. das erzieherische Gespräch mit der Schülerin oder dem Schüler, 2. gemeinsame Absprachen, 3. der mündliche Tadel, 4. die Eintragung in das Klassenbuch, 5. die Wiedergutmachung angerichteten Schadens, 6. die vorübergehende Einziehung von Gegenständen Ordnungsmaßnahmen (1) [ ] (2) Ordnungsmaßnahmen sind 1. der schriftliche Verweis, 2. der Ausschluss vom Unterricht und anderen schulischen Veranstaltungen bis zu zehn Schultagen, 3. die Umsetzung in eine Parallelklasse oder eine andere Unterrichtsgruppe, 4. die Überweisung in eine andere Schule desselben Bildungsgangs und 5. die Entlassung aus der Schule, wenn die Schulpflicht erfüllt ist. Jede Form der körperlichen Züchtigung und andere entwürdigende Maßnahmen sind verboten. [ ]
13 Verpflichtungsklage Prüfungsschema
Prüfungsschema A. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs 40 I 1 VwGO; öffentlich rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art; keine besondere Rechtswegzuweisung B. Zulässigkeit I. Statthafte
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