Stressmanagement als Bestandteil der Unternehmensführung
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- Steffen Franke
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1 Stressmanagement als Bestandteil der Unternehmensführung und PD Dr. Mazda Adli, Charité Harald Eisenach, Deutsche Bank Prof. Dr. Dr. Ayad Al-Ani, ESCP Europe Berlin, Oktober 2011
2 DER SPIEGEL: Ausgabe 4 / 2011 ( ) 2
3 Die WHO hat beruflichen Stress als eine der größten Gesundheitsgefahren des 21. Jahrhunderts ausgemacht 3
4 Definition von Stress Stress ist eine unspezifische körperliche und psychische Reaktion des Körpers auf psychologische Anforderungen 4
5 Stress Evolutionsbiologisch ein Überlebensvorteil: Flucht, Angriff 5
6 Stress als Diskrepanz zwischen Ist und Soll Anforderungen Stress Fähigkeiten 6
7 Arten von Stressoren 1. Katastrophale Stressoren: Tiefgreifende und langanhaltende Ereignisse, die sich auf die gesamte Bevölkerung auswirken: Krieg Naturkatastrophen Terroranschläge 2. Persönliche Stressoren (Live-Events) Belastende Ereignisse, die viele Menschen zu irgendeinem Zeitpunkt im Leben treffen: Schwere Erkrankungen Todesfall, Geburt Verlust des Arbeitsplatzes 3. Hintergrund-Stressoren (Daily Hassles) Dauerhafte Umstände, die anhaltende Spannung erzeugen Für sich allein genommen nicht stark schädlich, aber durch die Dauerhaftigkeit besonders gefährlich: Soziale Spannungen Konflikte am Arbeitsplatz Überforderung im Job Schulprobleme 7
8 Stressmechanismus Gesellschaft für Betriebliche Gesundheitsförderung,
9 Stress: Entscheidend ist die Stressverarbeitung im Gehirn 9
10 Die zwei Hormonachsen der Stressreaktion first wave second wave aus: Kaluza,
11 Körperliche Stressfaktoren Aktivierung und Durchblutung des Gehirns Reduzierung des Speichelflusses Erweiterung der Bronchien, Atembeschleunigung Erhöhter Blutdruck, schnellerer Herzschlag Schwitzen Erhöhte Muskelspannung, verbesserte Reflexe Energiebereitstellung (Blutzucker, Fette) Hemmung der Verdauungstätigkeit und der Energiespeicherung Kalte Hände und Füße Erhöhte Gerinnungsfähigkeit des Blutes Libidohemmung Kurzfristig erhöhte langfristig verminderte Schmerztoleranz Kurzfristig erhöhte langfristig verminderte Immunkompetenz bereiten den Organismus darauf vor, einer drohenden Gefahr mit Kampf- oder Fluchtreaktion zu begegnen 11
12 Cortisol-Aufwach-Reaktion: Unterschied Werktag vs. Wochentag 12
13 Cortisol führt zu Nervenzelluntergängen im Hippocampus Atrophie des Hippocampus bei chronischer Depression Kontrollprobanden Patienten mit chron. Depression Bremner JD, et al. Am J Psychiatry 2000;157(1):
14 Stress: Zunahme von viszeralem Fett durch Cortisol 14
15 Nehmen Burnout-Syndrome zu? 15
16 Epidemiologie von Stress 16
17 Epidemiologie von Stress AU Tagen wegen Burnout zwischen 2004 und 2010 um das 9-fache angestiegen (AOK) Pro 1000 Versicherte 2004: 8,1 Tage 2010: 72,3 Tage 9 Mio. Menschen in D von Burnout betroffen (Schätzung der BKK) 60% aller Fehlzeiten in Europa gehen auf beruflichen Stress zurück Kosten für Unternehmen in Deutschland pro Jahr: 20 Mrd. Euro Fehlzeiten-Report, 2009, Wissenschaftliches Institut der AOK (WldO) 17
18 Burnout Erschöpfung auf 4 Kanälen 1. Soziale Erschöpfung Sozialer Rückzug, Gefühl ausgelaugt zu werden, andere nerven Verlust des Interesses an anderen, Depersonalisierung ( bin ich das noch? ) 2. Kognitive Erschöpfung Verlust von Kreativität, Gedächtnisstörungen, Konzentrationsminderung, Grübeln 3. Körperliche Erschöpfung Energiemangel, chronische Müdigkeit, Schlafstörung, geschwächte Abwehrkräfte, Kopfschmerzen, Verdauungsbeschwerden, Rückenschmerzen, Tinnitus 4. Emotionale Erschöpfung Überdruss ( alles ist zu viel ), Niedergeschlagenheit, Gefühl der inneren Leere, Hoffnungslosigkeit 18
19 Psychologische Erklärungsmodelle 19
20 Das Anforderungs-Kontroll-Modell (Job Demand-Control Model n. Karasek & Theorell) Missverhältnis von: 1) Anforderungen Arbeitsaufgabe, Verantwortung 2) Kontrollierbarkeit Handlungsspielraum, Einsatz persönlicher Fähigkeiten 3) Sozialem Support Rückhalt durch Mitarbeitende und Vorgesetzte Karasek, R.A.: Control in the workplace and its health related aspects. In: S.L. Sauter, J.J. Hurrel & C.L. Cooper (Eds.), Job control and worker health. Chichester: Wiley, 1989,
21 Das Modell beruflicher Gratifikationskrisen (Effort-Reward Imbalance Model n. Siegrist) Missverhältnis zwischen beruflicher Verausgabung und Belohnung 1) Äußere Verausgabungsquelle durch Arbeitsanforderung 2) Materielle und immaterielle Belohnung (Lohn, Anerkennung) 3) Innere Verausgabungsquelle durch übersteigerte Verausgabungsbereitschaft (overcommitment) Siegrist, J Occup Health Psychol 1996;1:27 21
22 Wer ist besonders gefährdet? Burnout trifft oft die besten Mitarbeiter Hohes persönliches Engagement im täglichen Umgang mit anderen Menschen Hoher Anspruch an sich selbst Hohes Kontrollbedürfnis Beliebtheitsstreben Perfektionismus 22
23 Zwiespältige Zahlen Untersuchung bei 1000 Managern: 40% arbeiten 60 Std. und mehr 57% haben Angst, die Stelle zu verlieren 77% konsumieren täglich Alkohol zur Entspannung 28% nehmen regelmäßig Beruhigungs-, Schlaf- oder Schmerzmittel 66% weisen Belastungssymptome auf TROTZDEM: 77% sind mit ihrem Wohlbefinden zufrieden 23
24 Was bedeutet Stressprävention? 24
25 DER SPIEGEL: Ausgabe 30 / 2011 ( ) 25
26 Stressprävention 1. Verankerung des Themas in der Unternehmenskultur 2. Vermittlung von Wissen über physiologische und neurobiologische Mechanismen von Stress 3. Kognitives Stressmanagement: Modifizierung individueller Einstellungen und Stressverstärker 4. Regeneratives Stressmanagement: Zugang zu effektiver Erholung 26
27 Was Burnout nicht ist: Kein Zeichen persönlicher Schwäche sondern ein klinisch relevantes Phänomen Kein Zustand, der sich durch Zusammenreißen bessern lässt. Keine Frage des Alters es kann jeden treffen Keine Frage des Geschlechtes Keine Erschöpfung, die sich durch einen netten Kurzurlaub bereinigen lässt 27
28 Ist das Stressmanagement heute schon Teil der Managementkonzepte? 28
29 BWL-Konzepte zur Minimierung von Aufwänden und Erhöhung von Effizienz sind vorhanden: Was aber geschieht mit den Freiräumen? Anforderungen managen Arbeitsaufwand optimieren Kontrolle verbessern Reward spezifizieren Planungstools & -prozesse Komplexitätsmanagement Effiziente Entscheidungsprozesse Key Account Management Planungstools & -prozesse Komplexitätsmanagement TQM/BPR Effiziente Entscheidungsprozesse Issue Management OE/Wissensmanagement Management Control & Reporting Change Management OE Zielvereinbarungen Entlohnungspolitik Beteiligung an Entscheidungsprozessen Zielvereinbarungen 29
30 Können Unternehmen Stress und Belastungen frühzeitig erkennen? 30
31 Alarmsignale werden meist zu spät erkannt Der Druck im permanenten Sandwich zwischen den Erwartungen des Vereins und der Fans sowie den eigenen Ansprüchen ist extrem hoch. Das ist nicht nur typisch für Bundesliga-Trainer, sondern in der Wirtschaft weit verbreitet, berichtete der BDFL-Chef. Zugriff vom
32 Kennzahlen sind zumeist vorhanden, werden aber selten unter dem Aspekt Stress interpretiert Organisationale Ebene Niedrige Produktivität / Umsatzrückgang Fernbleiben vom Arbeitsplatz Niedrige Arbeitszufriedenheit Hohe Kündigungshäufigkeit Gruppenebene Niedrige Produktivität Fernbleiben vom Arbeitsplatz Niedrige Arbeitszufriedenheit Hohe Kündigungshäufigkeit Individuelle Ebene Angst, Depression, Arbeitsunzufriedenheit Müdigkeit, Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Burnout In Anlehnung an Weitert 2004 S. 277 ff. 32
33 Auch im Mittelstand besteht die Gefahr, das Thema zu übersehen Mittelständler unterschätzen psychische Belastung am Arbeitsplatz Studie des TÜV SÜD Life Service (04/2011): 47 überbetrieblich tätige Betriebsärzte und Sicherheitsfachkräfte, die mehrere hundert kleine und mittelständische Unternehmen im Bereich der Arbeitssicherheit betreuen Klassische Krankheiten bei Arbeitnehmern nahmen in den letzten Jahren ab 60 % der Befragten gaben an, dass sie in betreuten Unternehmen mit typischen psychischen Belastungsfaktoren konfrontiert wurden: Enge Terminvorgaben steigender Druck Konflikte am Arbeitsplatz und Mobbing Mangelnde Anerkennung und Wertschätzung der Leistung Angst um Arbeitsplatz Gefährdetste Gruppe: Führungskräfte, Schichtarbeiter und Mitarbeiter im Außendienst und Vertrieb Aber: Schwaches Bewusstsein für psychische Belastungsfaktoren in diesen Unternehmen Niedrige Bereitschaft, Geld in Frühwarnsysteme zu investieren Psychische Erkrankungen bedeuten sehr hohe Kosten für Arbeitgeber! Klassischer Arbeits- und Gesundheitsschutz greift zu kurz Ziel soll sein, Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz zu schützen 33
34 Wie können Unternehmen das Thema ansprechen? 34
35 Wenn man sich dem Thema Stressmanagement stellt, kann auf allen Ebenen angesetzt werden Organisationale Ebene Work-Life Balance Flexibilität und Gewährleistung von Fehlzeiten Betreuungseinrichtungen Jobneuausrichtung Persönliche Weiterbildung Informationsfluss & bessere Kommunikation Netzwerke mit anderen Unternehmen Gruppenebene Spitzenbelastung abfangen Verantwortungen verändern Effiziente Arbeitsmittel Kontrolle & Entscheidungsfreiräume schaffen Weiterbildung und Sensibilisierung von Führungskräften Anerkennung & Lob für Leistung Individuelle Ebene Eigene Anerkennung für Arbeit Ansprüche herunterschrauben Zeitmanagement Sport, Entspannung In Anlehnung an Weitert 2004 S. 277 ff. 35
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