SVcompact. Versicherungsrecht. Schnell und sicher durch die Sozialversicherung. Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit in der Sozialversicherung
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- Harald Fleischer
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1 SVcompact Schnell und sicher durch die Sozialversicherung Versicherungsrecht Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit in der Sozialversicherung
2 Vorwort In dieser SVcompact-Ausgabe erläutern wir die Vorschriften zum Versicherungsrecht für verschiedene Beschäftigungsmöglichkeiten. Zunächst erhalten Sie einen Überblick über die hier angesprochenen Personenkreise. Im Kapitel Versicherungspflicht wird auf die grundsätzliche Versicherungspflicht aller Personenkreise eingegangen. Dabei ist zu beachten, dass in einigen Beschäftigungsverhältnissen zwar grundsätzlich Versicherungspflicht besteht, aber Ausnahmeregelungen (z. B. bei geringfügig Beschäftigten) Versicherungsfreiheit vorsehen. Die Vorschriften der Versicherungsfreiheit für die verschiedenen Personenkreise werden in Kapitel 3 vorgestellt. Das Kapitel 4 handelt von der Versicherungsberechtigung. Um das Thema Versicherungsrecht zu komplettieren, gehen wir im letzten Kapitel 5 auf das Thema Entsendung ein. Fundstellen, die mit dem Symbol Internet unter gekennzeichnet sind, finden Sie im Die Redaktion 2
3 Inhalt 1 Personenkreise Arbeitnehmer Auszubildende Beschäftigte Rentner Beschäftigte Studenten Praktikanten Beschäftigte Schüler Unternehmer Nichtversicherte nach 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V 9 2 Versicherungspflicht Arbeitnehmer Krankenversicherung/Pflegeversicherung Rentenversicherung/Arbeitsförderung Unfallversicherung Auszubildende Krankenversicherung/Pflegeversicherung Rentenversicherung/Arbeitsförderung Unfallversicherung Beschäftigte Rentner Krankenversicherung/Pflegeversicherung Rentenversicherung/Arbeitsförderung Unfallversicherung Beschäftigte Studenten (Werkstudenten) Krankenversicherung/Pflegeversicherung Rentenversicherung/Arbeitsförderung Unfallversicherung Praktikanten Krankenversicherung/Pflegeversicherung Rentenversicherung/Arbeitsförderung Unfallversicherung Beschäftigte Schüler Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung Arbeitsförderung Unfallversicherung 26 3
4 2.7 Unternehmer Krankenversicherung/Pflegeversicherung Rentenversicherung/Arbeitsförderung Unfallversicherung Nichtversicherte nach 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Krankenversicherung/Pflegeversicherung Obligatorische Anschlussversicherung 30 3 Versicherungsfreiheit Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) Definition JAEG und besondere JAEG Jahresarbeitsentgelt und mehrere Beschäftigungen Geringfügige Beschäftigung Beamte und Ruhegehaltsbezieher (Pensionäre) 39 4 Versicherungsberechtigung Krankenversicherung Pflegeversicherung Rentenversicherung Arbeitsförderung Unfallversicherung 44 5 Entsendung Ausstrahlung Entsendung Beschäftigungsverhältnis Vereinfachte EG-Verordnung Anforderungen an das entsendende Unternehmen Monats-Grenze bei Entsendung Tätigkeit in mehreren EU-Staaten Nachweis der Entsendung Einstrahlung Entsendung Beschäftigungsverhältnis Zeitliche Begrenzung Grenzgänger 50 4
5 Abkürzungsverzeichnis BBiG BetrAVG BGB EhfG EUGH JAEG SGB I SGB III SGB IV SGB V SGB VI SGB VII SGB XI Berufsbildungsgesetz Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung Bürgerliches Gesetzbuch Entwicklungshelfer-Gesetz Europäischer Gerichtshof Jahresarbeitsentgeltgrenze Sozialgesetzbuch, Erstes Buch (Allgemeiner Teil) Sozialgesetzbuch, Drittes Buch (Arbeitsförderung) Sozialgesetzbuch, Viertes Buch (Gemeinsame Vorschriften) Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (Krankenversicherung) Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (Rentenversicherung) Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch (Unfallversicherung) Sozialgesetzbuch, Elftes Buch (Pflegeversicherung) Herausgeber und Verlag: inside partner Verlag und Agentur GmbH Am Bahndamm Legden Telefon Telefax info@inside-partner.de Stand: Januar 2015 Alle Angaben nach bestem Wissen und Gewissen, jedoch ohne Gewähr. inside partner Alle Rechte vorbehalten. Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier. 5
6 1 Personenkreise 1.1 Arbeitnehmer Arbeitnehmer sind Personen, die aufgrund eines Vertrags in einem Dienstverhältnis mit persönlicher Abhängigkeit zu einem Arbeitgeber stehen. Der Vertrag kann sowohl mündlich als auch schriftlich geschlossen werden. Besondere Merkmale der Arbeitnehmereigenschaft sind die Bestimmung über Ort, Zeit und Strukturierung der Arbeit des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber, die Leistung der Arbeit zu fremdem Nutzen und auf fremdes wirtschaftliches Risiko, die Eingliederung in einen fremden Produktionsbereich, dessen Gestaltung wesentlich durch den Arbeitgeber geschieht. Hauptpflicht des Arbeitnehmers ist es, die vereinbarte Arbeit zu leisten oder die vereinbarte Dienstleistung zu erbringen. Hauptrecht des Arbeitnehmers ist es, die vereinbarte Entlohnung zu erhalten. Über die versicherungsrechtliche Beurteilung von beschäftigten Arbeitnehmern erfahren Sie mehr in den Kapiteln 2.1, 3, 4.1 sowie Auszubildende Ein Auszubildender erlernt einen Ausbildungsberuf. Ausbildungsberufe sind die beruflichen Tätigkeiten, die im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses im dualen System erlernt werden können. Das duale System verbindet die Praxis im Ausbildungsbetrieb mit der Theorie aus der Berufsschule. Ausbildungsberufe werden durch Ausbildungsordnungen nach dem Berufsbildungsgesetz oder der Handwerksordnung staatlich anerkannt, die durch die Ausbildung zu erwerbenden Befähigungen werden durch die Ausbildungsordnung festgelegt. Jugendliche dürfen nur in anerkannten Ausbildungsberufen ausgebildet werden. Konkrete Informationen über die versicherungsrechtliche Beurteilung von Auszubildenden enthält das Kapitel
7 1.3 Beschäftigte Rentner Ein Rentner ist eine Person, die nicht überwiegend erwerbstätig ist und ihren Lebensunterhalt aus einer gesetzlichen oder privaten Rente aus eigenen Beiträgen (Vollrente wegen Alters, Renten wegen Erwerbsminderung) oder einer Rente aus fremden Beiträgen (Bezieher von Hinterbliebenenrenten) bestreitet. Pensionäre erhalten statt einer Rente eine Pension, also eine meist staatliche Versorgungsleistung, die nicht auf vorher eingezahlten Beiträgen beruht, sondern eine Fortsetzung früherer Gehaltszahlungen ist. Nehmen diese Personen eine Beschäftigung auf, werden sie als beschäftigte Rentner bezeichnet. Wie sich die Beurteilung des Versicherungsrechts darstellt, ist den Kapiteln 2.3., 3.2 sowie 3.3 zu entnehmen. 1.4 Beschäftigte Studenten Als Studenten werden alle an einer Hochschule immatrikulierten Personen bezeichnet. Sie betreiben dort ein akademisches Studium, um sich für Berufe zu qualifizieren, die eine entsprechende Ausbildung voraussetzen oder für wünschenswert halten. Das Studentsein beginnt mit der Immatrikulation (Einschreibung in die Liste der Studenten) und endet mit der Exmatrikulation (Streichung aus der Liste der Studenten). Um das Studium finanzieren zu können, gibt es für viele Studierende neben der Unterstützung durch Verwandte, die Inanspruchnahme von Bildungskrediten und BAföG die Möglichkeit, neben dem Studium zu jobben. Wie die versicherungsrechtliche Beurteilung in den verschiedenen Konstellationen aussieht, wird in Kapitel 2.4 aufgezeigt. 1.5 Praktikanten Praktikanten sind Personen, die ein Praktikum ausüben. Als Praktikum wird innerhalb der Personalwirtschaft eine Tätigkeit bezeichnet, die im Rahmen der beruflichen Ausbildung (auch Studium) praktische Erfahrungen im künftigen Beruf vermitteln soll. Ein Praktikum kann im Rahmen eines Betriebspraktikums in einem Betrieb stattfinden, in Hochschulen kann dies auch im Rahmen eines Kurses der Fall sein. 7
8 Wie die verschiedenen Arten von Praktika zu beurteilen sind, wird in dem Kapitel 2.6 erläutert. 1.6 Beschäftigte Schüler Ein Schüler ist im weitesten Sinne eine lernende Person, die sich von einer anderen Person etwas beibringen lässt. Das ist insbesondere in der Grundschule, den weiterführenden Schularten sowie der Berufsschule der Fall. Zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von durch Schüler absolvierten Betriebspraktika (Dauer von zwei bis zu vier Wochen) finden sich weitere Informationen im Kapitel Unternehmer In der deutschen Gesetzgebung gibt es keine einheitliche Definition des Unternehmerbegriffs. Das Bürgerliche Gesetzbuch definiert den Unternehmer als eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt. 14 Abs. 1 BGB Ebenfalls ohne gesetzliche Definition ist der Begriff Arbeitgeber. Allerdings lässt sich der Begriff Arbeitgeber wie folgt umschreiben: Arbeitgeber ist, wer die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers kraft Arbeitsvertrags fordern kann und das Arbeitsentgelt schuldet. Die Arbeitgeberstellung wird maßgeblich vom Direktionsrecht geprägt, kraft dessen der Arbeitgeber die konkrete Leistungspflicht des Arbeitnehmers hinsichtlich Art, Ort und Zeit näher gestalten kann. Ob und unter welchen Voraussetzungen für einen Unternehmer/Arbeitgeber eine versicherungsrechtliche Folge eintritt, ist Thema der Kapitel 2.7 sowie
9 1.8 Nichtversicherte nach 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Seit einigen Jahren gibt es eine Pflicht zur Krankenversicherung für Personen, die keinen anderweitigen (gesetzlichen oder privaten) Krankenversicherungsschutz haben und zuletzt in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert waren oder bisher nicht gesetzlich oder privat versichert waren. Diese Regelung gilt nicht für hauptberuflich Selbstständige und Personen, die aufgrund besonderer Regelungen versicherungsfrei sind. Mehr Informationen zur Versicherungspflicht im Kapitel
10 2 Versicherungspflicht 2.1 Arbeitnehmer Krankenversicherung/Pflegeversicherung Alle Arbeitnehmer, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, sind grundsätzlich krankenversicherungspflichtig und werden Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung. 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, 186 Abs. 1 SGB V Für die Beschäftigung gibt es eine bestimmte Definition: Eine Beschäftigung ist die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Beschäftigungsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. 7 Abs. 1 SGB IV Merkmale einer Beschäftigung können sein: Arbeitsplatz im Betrieb des Arbeitgebers, Zahlung bzw. Erhalt von Arbeitsentgelt (Bezahlung nach Tarifvertrag), Vorgegebene Arbeitszeit bzw. Verpflichtung, genaue Weisungen über die zeitliche Einteilung der Arbeitsausführung, Pflicht zum regelmäßigen Erscheinen im Betrieb, Duldung von Revisionen des Betriebs im gesamten Geschäftsbetrieb, Berichterstattung, Unterordnung und Kontrolle durch einen anderen Beschäftigten des Unternehmens, Entgegennahme von Weisungen über die Ausführung der Arbeit, Verbot für Dritte tätig zu sein, Überlassung der gesamten oder überwiegenden Arbeitskraft für ein Unternehmen, persönliche Leistungspflicht. Überwiegen die Merkmale einer Beschäftigung gegenüber den Merkmalen einer selbstständigen Tätigkeit (siehe Kapitel 1.7 und 2.7 Unternehmer), so handelt es sich um eine abhängige Beschäftigung. Maßgebend sind immer die tatsächlichen Verhältnisse und nicht evtl. vertragliche Vereinbarungen. 10
11 Eine weitere Voraussetzung ist, dass die Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt durchgeführt wird. Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Der Anspruch auf Entgelt allein ist ausreichend. Der Anspruch auf Arbeitsentgelt ist auch dann gegeben, wenn die Arbeitsunfähigkeit vor dem vertraglich vereinbarten Beschäftigungsbeginn eingetreten ist und der Arbeitsvertrag vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgeschlossen wurde (siehe Beispiel). Beispiel Abschluss Arbeitsvertrag Arbeitsvertraglicher Beschäftigungsbeginn Eintritt der Arbeitsunfähigkeit Ende der Arbeitsunfähigkeit Arbeitsaufnahme ) Sofortiger Entgeltanspruch (Tarifvertrag): Der Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht ab Die Versicherungspflicht beginnt ebenfalls ab ) Entgeltanspruch nach vierwöchiger Wartezeit (gesetzliche Regelung): Der Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht ab Die Versicherungspflicht beginnt am Abs. 1 Satz 1 SGB IV Diese Rechtsvorschrift stellt klar, dass fast alles, was der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber erhält, Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung darstellt. Laufende Einnahmen sind z. B. Gehalt und Lohn, zu den einmaligen Einnahmen gehören Weihnachts- und Urlaubsgeld. Es ist gleichgültig, ob es sich dabei um Geld oder Sachbezüge (z. B. Firmenwagen, Unterkunft) handelt. Werden Einnahmen im Zusammenhang mit der Beschäftigung erzielt, so handelt es sich ebenfalls um Arbeitsentgelt. 11
12 Arbeitsentgelt sind auch Entgeltbestandteile, die durch Entgeltumwandlung nach 1 Abs. 2 BetrAVG in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse verwendet werden. 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IV In der sozialen Pflegeversicherung sind die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig. Es gelten also die gleichen Voraussetzungen. 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI Die Pflichtversicherung in der Pflegeversicherung wird analog zur Krankenversicherung durchgeführt Rentenversicherung/Arbeitsförderung Alle Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, sind grundsätzlich rentenversicherungspflichtig und versicherungspflichtig nach dem Recht der Arbeitsförderung. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, 25 Abs. 1 SGB III Die Definitionen der Beschäftigung und des Arbeitsentgelts gelten für die Rentenversicherung und die Arbeitsförderung gleichermaßen (siehe unter 2.1.1) Unfallversicherung Beschäftigte Arbeitnehmer sind grundsätzlich unfallversicherungspflichtig. Unbedeutsam sind dabei insbesondere die rechtliche Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses, die Tätigkeitsdauer sowie die Zahlung von Entgelt oder das Alter. Das Versicherungsverhältnis zwischen dem beschäftigten Arbeitnehmer und dem Unfallversicherungsträger beginnt unabhängig von der Anmeldung des Unternehmens mit dem Zeitpunkt der Tätigkeitsaufnahme. Die Unfallversicherung wird von dem für das Unternehmen zuständigen Unfallversicherungsträger durchgeführt. 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, 7 Abs. 1 SGB IV Die allgemeine Definition der Beschäftigung gilt für die Unfallversicherung gleichermaßen. 12
13 2.2 Auszubildende Krankenversicherung/Pflegeversicherung Die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten (Auszubildende) sind krankenversicherungspflichtig, wenn sie gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Die Mitgliedschaft in der Krankenversicherung beginnt mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung bzw. Ausbildung. 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, 186 Abs. 1 SGB V Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung. 7 Abs. 2 SGB IV In der sozialen Pflegeversicherung sind die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig. Es gelten also die gleichen Voraussetzungen. 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI Die Pflichtversicherung für Auszubildende in der Pflegeversicherung wird analog zur Krankenversicherung durchgeführt. Hinweis: Auszubildende, die keine Ausbildungsvergütung erhalten, also ohne Arbeitsentgelt beschäftigt sind, sind in der Kranken- und Pflegeversicherung als Praktikanten (siehe Kapitel 2.5.1) zu beurteilen Rentenversicherung/Arbeitsförderung Personen, die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind, sind grundsätzlich rentenversicherungspflichtig und versicherungspflichtig nach dem Recht der Arbeitsförderung. Auszubildende, die in einer außerbetrieblichen Einrichtung im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Bundesbildungsgesetz (BBiG) ausgebildet werden, sind ebenfalls rentenversicherungspflichtig und versicherungspflichtig nach dem Recht der Arbeitsförderung. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3a SGB VI, 25 Abs. 1 SGB III 13
14 In der Renten- und Arbeitslosenversicherung ist also die Zahlung von Arbeitsentgelt keine Voraussetzung für die Versicherungspflicht von Auszubildenden. Die Definition der Beschäftigung gilt für die Rentenversicherung und die Arbeitsförderung gleichermaßen (siehe unter 2.1.1) Unfallversicherung Auszubildende sind in ihrer Tätigkeit unfallversicherungspflichtig. Das gilt auch beim Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen der betrieblichen Bildung, insbesondere auch in außerbetrieblichen Ausbildungsstätten (z. B. Lehrbauhof). Die Unfallversicherung wird von dem für das Unternehmen zuständigen Unfallversicherungsträger durchgeführt. 2 Abs. 1 Nr. 1 + Nr. 2 SGB VII, 7 Abs. 2 SGB IV In der Unfallversicherung ist die Zahlung von Arbeitsentgelt keine Voraussetzung für die Versicherungspflicht von Auszubildenden. 2.3 Beschäftigte Rentner Bei diesen Personen handelt es sich um Rentner, die neben dem Bezug einer Rente eine Beschäftigung ausüben. Folgende Rentenarten sind neben der zu beurteilenden Beschäftigung denkbar: Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder eine entsprechende Versorgung von einer berufsständischen Versorgungseinrichtung bzw. eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen wegen Erreichens einer Altersgrenze, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit Hinterbliebenenrenten. Eine Vollrente wegen Alters oder eine entsprechende Versorgung von einer berufsständischen Versorgungseinrichtung bzw. eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften wird ab Erreichen eines bestimmten Alters gezahlt. Eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wird unabhängig vom Alter, jedoch abhängig vom Grad der Erwerbsminderung gezahlt. Hinterbliebenenrenten erhalten der Ehegatte oder die Waisen eines Verstorbenen unter bestimmten Voraussetzungen. 14
15 Krankenversicherung/Pflegeversicherung Nehmen die oben genannten Rentner eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt auf, welche die Geringfügigkeitsgrenzen überschreitet (siehe 3.2 Geringfügige Beschäftigungen), tritt grundsätzlich Versicherungspflicht und Mitgliedschaft in der Kranken- und Pflegeversicherung ein. 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, 186 Abs. 1 SGB V, 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI, 49 Abs. 1 SGB XI Für die Beschäftigung gibt es eine bestimmte Definition: Eine Beschäftigung ist die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Beschäftigungsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (siehe auch Kap ). 7 Abs. 1 SGB IV Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Der Anspruch allein ist ausreichend (siehe auch Kap ). 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV Beiträge Die Beiträge aus dem Arbeitsentgelt tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (in diesem Fall der Rentner) jeweils zur Hälfte. Überschreiten Rente und Entgelt zusammen die Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung (2015: 4.125,00 Euro), werden zunächst von der Rente und dem Arbeitsentgelt die vollen Beiträge berechnet. Zuviel gezahlte Beiträge aus der Rente werden auf Antrag erstattet Rentenversicherung/Arbeitsförderung Vollrente wegen Alters In der Rentenversicherung sind beschäftigte Rentner, die eine Vollrente wegen Alters beziehen, rentenversicherungsfrei. 5 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI 15
16 Beiträge Der Arbeitgeber hat den Beitragsanteil zu tragen, den er zahlen müsste, wenn die Beschäftigung versicherungspflichtig wäre. 172 SGB VI Wird eine Teilrente wegen Alters gezahlt, ist die Beschäftigung rentenversicherungspflichtig. Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit Wird neben dieser Rente eine Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt, die die Grenzen der Geringfügigkeit (siehe 3.2 Geringfügige Beschäftigung) überschreitet, tritt in jedem Falle Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ein. Inwieweit die Beschäftigung Auswirkungen auf den Rentenanspruch hat, ist beim zuständigen Rentenversicherungsträger zu erfahren. Hinterbliebenenrenten Wird neben einer Hinterbliebenenrente (Witwen- oder Witwerrente, Waisenrente) eine Beschäftigung ausgeübt, ist diese immer versicherungspflichtig, soweit sie mehr als geringfügig (siehe 3.2 Geringfügige Beschäftigungen) ausgeübt wird. Besteht ab Vollendung des für die Regelaltersrente erforderlichen Lebensjahres kein Anspruch auf eine Altersrente neben dem Anspruch auf Hinterbliebenenrente, ist die Beschäftigung grundsätzlich versicherungspflichtig. Sie ist nur dann versicherungsfrei, wenn die beschäftigte Person vorher (also bis zur Vollendung des für die Regelaltersrente erforderlichen Lebensjahres) nicht selbst versichert war oder danach eine Beitragserstattung aus ihrer Versicherung erhalten hat. 5 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI Arbeitsförderung Grundsätzlich ist ein beschäftigter Rentner in der Beschäftigung versicherungspflichtig. Ausnahme: geringfügige Beschäftigung (siehe 3.2 Geringfügige Beschäftigungen). 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III, 27 Abs. 2 Satz 1 SGB III 16
17 Nach dem Recht der Arbeitsförderung sind Personen versicherungsfrei, die das für die Regelaltersrente erforderliche Lebensjahr vollendet haben, und zwar mit Ablauf des Monats der Vollendung dieses Lebensjahres. Darüber hinaus ist ein Rentner in der Arbeitslosenversicherung nur versicherungsfrei, wenn er eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bezieht. 28 Abs.1 SGB III Beiträge Liegt Versicherungsfreiheit wegen Vollendung des für die Regelaltersrente erforderlichen Lebensjahres vor, hat der Arbeitgeber den Beitragsanteil zu tragen, den er zahlen müsste, wenn die Beschäftigung versicherungspflichtig wäre. 346 Abs.3 SGB III Unfallversicherung Beschäftigte Rentner sind grundsätzlich unfallversicherungspflichtig. Unbedeutsam sind dabei insbesondere die rechtliche Ausgestal tung des Beschäftigungs verhältnisses, die Tätigkeitsdauer, die Zahlung von Entgelt oder das Alter sowie die Art der bezogenen Rente. Das Versicherungsverhältnis zwischen dem beschäftig ten Rentner und dem Unfallversicherungsträger beginnt unabhängig von der Anmeldung des Unternehmens mit dem Zeitpunkt der Tätig keitsaufnahme. Die Unfallversicherung wird von dem für das Unternehmen zuständigen Unfallversicherungsträger durchgeführt. 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, 7 Abs. 1 SGB IV Die allgemeine Definition der Beschäftigung gilt für die Unfallversicherung gleichermaßen. 2.4 Beschäftigte Studenten (Werkstudenten) Krankenversicherung/Pflegeversicherung Studenten, die neben ihrem Studium eine mehr als geringfügige Beschäftigung ausüben, sind unter bestimmten Voraussetzungen kranken- und pflegeversicherungsfrei. Dazu müssen sie zu den sogenannten ordentlich Studierenden zählen. Zu den ordentlich Studierenden gehören diejenigen, die an einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule eingeschrie- 17
18 ben (immatrikuliert) sind und deren Zeit und Arbeitskraft überwiegend durch das Studium in Anspruch genommen werden. 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V, 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 SGB XI Personen, die nach ihrem Hochschulabschluss (z. B. Diplom, Staatsexamen) weiterhin eingeschrieben bleiben, gehören grundsätzlich nicht mehr zu den ordentlich Studierenden im Sinne der Sozialversicherung. Dies gilt auch für diejenigen, die nach ihrem Hochschulabschluss ein Promotionsstudium aufnehmen und daneben eine Beschäftigung ausüben. Hinweis: Für Personen, die die Erste Juristische Staatsprüfung abgelegt haben, besteht die Möglichkeit, die Prüfung zur Notenverbesserung zu wiederholen (so genannter Freischuss ). Für die Dauer der Prüfungsvorbereitung bis zum Abschluss der Wiederholungsprüfung bleiben diese Personen an der Hochschule immatrikuliert. Eine Beschäftigung in dieser Zeit ist versicherungsrechtlich als Beschäftigung während der Dauer des Studiums als ordentlich Studierender zu behandeln. Entsprechendes gilt für vergleichbare Regelungen in anderen Studienfachrichtungen. Bei beschäftigten Studenten mit einer Studiendauer von bis zu 25 Fachsemestern je Studiengang wird davon ausgegangen, dass das Studium im Vordergrund steht und deshalb bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen Versicherungsfreiheit in der Kranken- und Pflegeversicherung besteht. Weitere Voraussetzung für die Definition ordentlich Studierende ist, dass Zeit und Arbeitskraft überwiegend durch das Studium in Anspruch genommen werden. Dies ist immer dann gegeben, wenn die Beschäftigung an nicht mehr als 20 Wochenstunden oder ausschließlich an Wochenenden bzw. in den Abend-/Nachtstunden oder ausschließlich während der Semesterferien (hier gibt es keine zeitliche Begrenzung ) oder nicht mehr als 26 Wochen (182 Kalendertage) innerhalb eines Jahres befristet mehr als 20 Wochenstunden ausgeübt wird. 18
19 Die Entgelthöhe spielt für die Beurteilung keine Rolle. Die wöchentlichen Arbeitszeiten von mehreren nebeneinander ausgeübten Beschäftigungen sind zusammenzurechnen. Werden die oben angegebenen Grenzen überschritten, besteht Kranken- und Pflegeversicherungspflicht. Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung Beispiel Der Student Tobias Dreher arbeitet seit Jahren 12 Stunden in der Woche beim Arbeitgeber A als Verkäufer gegen ein monatliches Arbeitsentgelt von 490,00 Euro und nimmt ab dem für 10 Stunden in der Woche beim Arbeitgeber B eine Stelle als Fahrradbote gegen ein monatliches Arbeitsentgelt von 460,00 Euro an. Herr Dreher ist in der Beschäftigung beim Arbeitgeber A bis zum kranken- und pflegeversicherungsfrei. Durch Aufnahme der Beschäftigung beim Arbeitgeber B wird vom an die 20-Stunden-Grenze überschritten. Dadurch tritt ab in beiden Beschäftigungen Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung ein Rentenversicherung/Arbeitsförderung Rentenversicherung Versicherungspflichtig sind Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI Rentenversicherungsfreiheit kommt für beschäftigte Studenten seit 2013 auch bei geringfügiger Beschäftigung nicht mehr in Betracht (siehe Kapitel 3.2 Geringfügige Beschäftigung). Arbeitsförderung Sämtliche Regelungen zur Kranken- und Pflegeversicherung sind auch bei der Beurteilung nach dem Recht der Arbeitsförderung anzuwenden. 19
20 2.4.3 Unfallversicherung Beschäftigte Studenten sind grundsätzlich unfallversicherungspflichtig. 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, 7 Abs. 1 SGB IV Unbedeutsam sind dabei insbesondere die rechtliche Ausgestaltung des Beschäftigungs verhältnisses, die Tätigkeitsdauer sowie die Zahlung von Entgelt oder das Alter. Das Versicherungsverhältnis zwischen dem beschäftigten Studenten und dem Unfallversicherungsträger beginnt unabhängig von der Anmeldung des Unternehmens mit dem Zeitpunkt der Tätigkeitsaufnahme. Die Unfallversicherung wird von dem für das Unternehmen zuständigen Unfallversicherungsträger durchgeführt. Die allgemeine Definition der Beschäftigung gilt für die Unfallversicherung gleichermaßen. 2.5 Praktikanten Praktikanten sind Personen, die sich im Zusammenhang mit einer schulischen Ausbildung praktische Kenntnisse in einem Unternehmen aneignen, die der Vorbereitung, Unterstützung oder Vervollständigung der Ausbildung für den künftigen Beruf dienen. Es wird zwischen Vor-, Zwischen- und Nachpraktika sowie zwischen vorgeschriebenen und nicht vorgeschriebenen Praktika unterschieden. Vorgeschriebene Praktika liegen nur dann vor, wenn sie in einer Ausbildungs-, Studien- oder Prüfungsordnung festgelegt sind. Ordentlich Studierende, die an einer Hochschule immatrikuliert sind und ein in einer Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschriebenes Praktikum absolvieren, sind Zwischenpraktikanten Krankenversicherung/Pflegeversicherung Vorgeschriebenes Zwischenpraktikum Kranken- und pflegeversicherungsfrei sind Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentlich Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind Abs. 1 Nr. 3 SGB V, 20 Abs. 1 Nr. 9 SGB XI
21 Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass diese Versicherungsfreiheit nicht allein auf Werkstudenten beschränkt ist, sondern ebenfalls für solche Studenten gilt, die ein in einer Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschriebenes Praktikum absolvieren. Diese Praktikanten bleiben, wenn und solange sie an einer Hochschule bzw. Fachhochschule immatrikuliert sind, ihrem Erscheinungsbild nach Studenten. Soweit das Praktikum im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird, besteht Versicherungsfreiheit in der Kranken- und Pflegeversicherung. Die Dauer des Praktikums, die wöchentliche Arbeitszeit sowie die Höhe des erzielten Arbeitsentgelts spielen dabei keine Rolle. Hinweis: Die Versicherungsfreiheit als Arbeitnehmer schließt nicht die Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung der Studenten aus. Solange allerdings für die Studenten eine Familienversicherung besteht, ist diese vorrangig gegenüber der studentischen Kranken- und Pflegeversicherung. Für die Familienversicherung ist entscheidend, dass das monatliche Gesamt einkommen des Praktikanten nicht regelmäßig 1/7 der monatlichen Bezugsgröße (2015: 405,00 Euro) überschreitet, bei geringfügig entlohnt Beschäftigten liegt die Einkommensgrenze bei 450,00 Euro. Alle übrigen Voraussetzungen für die Familienversicherung sind auch zu erfüllen. Nicht vorgeschriebenes Zwischenpraktikum Die versicherungsrechtliche Beurteilung von nicht vorgeschriebenen Zwischenpraktika, die gegen Arbeitsentgelt ausgeübt werden, ist für die Krankenund Pflegeversicherung genauso wie bei den Personen vorzunehmen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentlich Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausüben. Versicherungsfreiheit kommt für diese Studenten in Betracht, wenn ihre Zeit und Arbeitskraft überwiegend durch das Studium in Anspruch genommen werden (20-Stunden-Grenze). Für diejenigen, die ihrem Erscheinungsbild nach als Arbeitnehmer anzusehen sind, gelten die allgemeinen Regelungen über die Versicherungspflicht von Arbeitnehmern in der Kranken- und Pflegeversicherung. 21
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