Das Betriebliche Eingliederungsmanagement vor Gericht
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- Christin Geisler
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1 Das Betriebliche Eingliederungsmanagement vor Gericht Angela Huber Rechtsanwältin, Fachanwältin für Sozialrecht, Mediatorin BM, Disability Manager CDMP
2 Entstehung Sozialgesetzbuch (SGB) Neuntes Buch (IX) - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (Artikel 1 des Gesetzes v , BGBl. I S. 1046) Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen (SchwbFöG, Artikel 1 Nr. 20b des Gesetzes v , BGBl I 2004, 606) Ein wirksames BEM erfordert die Kooperation von Personalverantwortlichen und Betroffenen
3 Gesetzliche Verpflichtung seit Abs. 2 S. 1 SGB IX: Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung im Sinne des 93, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement).
4 Strukturiertes Verfahren Arbeitsunfähigkeit des Mitarbeiters von 6 Wochen innerhalb der letzten 12 Monate Kontaktaufnahme und Unterrichtung des Betroffenen über Sinn und Zweck sowie die Ziele des BEM und den Datenschutz Entscheidung über BEM Mitarbeiter stimmt zu Mitarbeiter lehnt ab Analysephase Planungsphase Durchführungsphase Bewertungsphase Mitarbeiter lehnt ab Abschluss
5 RECHTSPRECHUNG IM BEM
6 Rechtsprechung zum BEM: Allgemeines BEM gilt für alle Beschäftigten und nicht nur für schwerbehinderte Menschen Grundsatzurteil des BAG (Az.: 2 AZR 716/06, ) BEM ist auch dann durchzuführen, wenn kein Betriebsrat gebildet ist. Urteil des BAG (Az.: 2 AZR 88/09, ) Darlegungs- und Beweislast liegt beim Arbeitgeber Grundsatzurteil des BAG (Az.: 2 AZR 400/08, ) Arbeitgeber muss über die Ziele des BEM und auf Art und Umfang der hierfür erhobenen Daten aufgeklärt haben Urteil des BAG (Az.: 2 AZR 170/10, )
7 Rechtsprechung zum BEM: Der Anfang Der Arbeitgeber muss den BEM berechtigten Personenkreis dem Betriebsrat auch ohne Zustimmung des Mitarbeiters mitteilen Beschluss des BAG (Az.: 1 ABR 46/10, ) Personalrat hat keinen Anspruch darauf auch das Antwortschreiben der BEM-Berechtigten zur Kenntnis zu nehmen Beschluss des BVerwG (Az.: 6 P 8.09, ) Kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Hinzuziehung eines Rechtsbeistandes zum BEM LAG Mainz (Az.: 5 Sa 518/14, )
8 Rechtsprechung zum BEM Verweigerung der stufenweisen Wiedereingliederung LAG Hamm Sa 726/11 Bietet der Arbeitnehmer nach längerer psychischer Erkrankung unter Vorlage einer vom behandelnden Facharzt ausgestellten "Arbeitsfähigkeits-bescheinigung" erfolglos seine Arbeitskraft an und verlangt er aus diesem Grunde Vergütungszahlung wegen Annahmeverzuges, so hat der Arbeitgeber die fehlende Arbeitsfähigkeit zu beweisen. Zu den gebotenen Maßnahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements gemäß 84 Abs. 2 SGB IX gehört auch die Durchführung einer ärztlich empfohlenen stufenweisen Wiedereingliederung. Die frühere Auffassung, dem Arbeitgeber stehe die Entscheidung hierüber frei, ist nach Einführung des 84 SGB IX überholt. Im Weigerungsfall kommen Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers in Betracht.
9 Rechtsprechung zum BEM Beschäftigungsanspruch trotz Nachtdienstuntauglichkeit BAG Urteil vom , 10 AZR 637/13 1. Kann eine Krankenschwester aus gesundheitlichen Gründen keine Nachtschichten im Krankenhaus mehr leisten, ist sie deshalb nicht arbeitsunfähig krank. Sie hat Anspruch auf Beschäftigung, ohne für Nachtschichten eingeteilt zu werden. 2. Wird die Arbeitsleistung dem Arbeitgeber mit dieser Einschränkung angeboten, handelt es sich um ein ordnungsgemäßes Angebot isd. 294, 295 BGB.
10 Rechtsprechung zum BEM Beschäftigungsanspruch trotz Nachtdienstuntauglichkeit BAG Urteil vom , 10 AZR 637/13 1. Kann eine Krankenschwester aus gesundheitlichen Gründen keine Nachtschichten im Krankenhaus mehr leisten, ist sie deshalb nicht arbeitsunfähig krank. Sie hat Anspruch auf Beschäftigung, ohne für Nachtschichten eingeteilt zu werden. 2. Wird die Arbeitsleistung dem Arbeitgeber mit dieser Einschränkung angeboten, handelt es sich um ein ordnungsgemäßes Angebot isd. 294, 295 BGB.
11 WENN EINE EINGLIEDERUNG NICHT MEHR MÖGLICH IST...
12 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Vor einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist zwingend zu beachten: Ultima Ratio Prinzip Anspruch auf Weiterbeschäftigung bzw. Schaffung eines behindertengerechten Arbeitsplatzes (Umsetzung, Ausstattung) Abmahnung Änderungskündigung Kündigung Grenzen der Pflicht des Arbeitgebers: Unzumutbarkeit aufgrund unverhältnismäßiger Aufwendungen bei Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers Arbeitgeber muss keinen neuen Arbeitsplatz erfinden Staatliche oder berufsgenossenschaftliche Arbeitsschutzvorschriften (Unmöglichkeit) 12
13 Kündigung als Diskriminierung? Ring Entscheidung des EuGH, C-335/11 und C-337/11 1. Der Begriff "Behinderung" im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 ist dahin gehend auszulegen, dass er einen Zustand einschließt, der durch eine ärztlich diagnostizierte heilbare oder unheilbare Krankheit verursacht wird, wenn diese Krankheit eine Einschränkung mit sich bringt, die insbesondere auf physische, geistige oder psychische Beeinträchtigungen zurückzuführen ist, die in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren den Betreffenden an der vollen und wirksamen Teilhabe am Berufsleben, gleichberechtigt mit den anderen Arbeitnehmern, hindern können, und wenn diese Einschränkung von langer Dauer ist. 13
14 Darauf folgte... Urteil des BAG AZR 190/12 1. Eine ordentliche Kündigung, die einen Arbeitnehmer, auf den das Kündigungsschutzgesetz (noch) keine Anwendung findet, aus einem der in 1 AGG genannten Gründe diskriminiert, ist nach 134 BGB ivm. 7 Abs. 1, 1, 3 AGG unwirksam. 2 Abs. 4 AGG steht dem nicht entgegen. 2. Eine symptomlose HIV-Infektion hat eine Behinderung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zur Folge. Das gilt so lange, wie das gegenwärtig auf eine solche Infektion zurückzuführende soziale Vermeidungsverhalten sowie die darauf beruhenden Stigmatisierungen andauern. 14
15 Auswirkungen auf den Kündigungsschutz Arbeitgeber unterlässt ein BEM Grundsätzlich gilt: Arbeitgeber kann pauschal behaupten, es gibt keine Beschäftigungsmöglichkeit. Der Arbeitnehmer legt konkret dar, dass es eine gibt. Der Arbeitgeber muss darauf konkret erwidern. Hat ein BEM NICHT stattgefunden, reicht die pauschale Behauptung des Arbeitgebers nicht. Es bedarf einer konkreten, umfassenden Darlegung des AG, dass und warum der Einsatz des AN nicht mehr möglich ist. LAG Köln vom Aktenzeichen 5 Sa 551/11
16 Auswirkungen auf den Kündigungsschutz Arbeitgeber führt kein ordnungsgemäßes BEM durch Mindestanforderungen: BEM ist ein nicht formalisiertes Verfahren es ist ein rechtlich regulierter, verlaufs- und ergebnisoffener Suchprozess Klärung muss ernsthaft versucht worden sein Gesetzlich vorgesehene Stellen, Ämter und Personen müssen beteiligt worden sein Arbeitnehmer muss über Ziele und den Datenschutz (Art und Umfang der erhobenen Daten) aufgeklärt worden sein.
17 Auswirkungen auf den Kündigungsschutz Arbeitnehmer verweigert das BEM Prüfung: Ordnungsgemäße Belehrung und Aufklärung? Ablehnung ist grundsätzlich kündigungsneutral Arbeitnehmer kann dem Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess nicht entgegenhalten, ein BEM sei nicht durchgeführt worden.
18 DOKUMENTATION UND DATENSCHUTZ
19 Was wird wo dokumentiert? BEM Akte Kopie der Einladung und Rückantwort Gesprächsprotokolle des Initiierungsgespräch und Eingliederungsgespräch Maßnahmenplan und alle weiteren Unterlagen (Schweigepflichtsentbindung, Freigabeerklärung, Einwilligung über Datenerhebung, Arztberichte) Einvernehmliche Beendigung des BEM (Unterschriften in der Abschlussdokumentation) Personalakte Kopie der Einladung und Rückantwort Durchgeführte Maßnahmen, die nicht zum engen Persönlichkeitsbereich des Arbeitnehmers gehören und im Zuständigkeitsbereich des Arbeitgebers gehören, z.b. Arbeitsplatzgestaltung, Arbeitsorganisation Ende des BEM mit Datum Zu vernichten: 3 Jahre nach Abschluss des Betrieblichen Eingliederungsmanagement
20 Haben Sie noch Fragen? Ich helfe Ihnen gerne... Angela Huber Rechtsanwältin, Fachanwältin für Sozialrecht Mediatorin BM, Disability Manager CDMP Clemensstraße 70, München Fon: , Fax: -44
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