Überblick über das Translation-Memory-System MemoQ
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- Gertrud Kraus
- vor 8 Jahren
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1 Foto: photos.com Überblick über das Translation-Memory-System MemoQ Aufsteigender Stern aus dem Osten MemoQ orientiert sich stark an den Bedürfnissen von Übersetzern und Übersetzungsdienstleistern. Es unterstützt viele Standards, die Erkennungsfunktion wieder verwendbarer Übersetzungen ist definierbar, es bietet umfangreiche Möglichkeiten, Segmente zu sortieren, zu filtern und zu sperren. 26
2 Tite lt h e m a S eit März 2009 gibt es die neue Version von MemoQ. MemoQ ist ein Übersetzungsprogramm der ungarischen Firma Kilgray Translation Technologies, die 2004 gegründet wurde und bereits ein Jahr später das Programm MemoQ anbot. Erstaunlich ist die Geschwindigkeit, mit der dieses vollwertige Translation-MemorySystem entwickelt wurde, das merkbar von Programmierern stammt, die die Arbeitsweise und die Bedürfnisse der Übersetzer sehr gut kennen. MemoQ ist als Einzelplatz- sowie als Serverversion verfügbar. Wie die bekanntesten Wettbewerbsprodukte bietet MemoQ vollumfänglich die Standardfunktionen von Translation-Memory-Technologien: Alignmentmodul für die Übernahme von Altübersetzungen in den Übersetzungsspeicher, Übersetzungsmodul und Terminologieverwaltungsmodul. Die Bedienung ist intuitiv. Über das Projektfenster hat man Zugriff auf die Hauptmodule des Programms: in der Mitte die aktiven Projekte und Dateien, links die Symbole für Übersetzen, Alignment, Translation Memories, Terminologiedatenbank und Einstellungen. Mit einem Assistenten kann man Projekte anlegen. Im Übersetzungsfenster gibt es neben der Tabellenansicht (1) der Übersetzung ein in vier Bereiche geteiltes Paneel. Oben rechts befinden sich die Ergebnisse (2) der Suche von MemoQ. Das Programm greift während der Übersetzung auf folgende Ressourcen zu: Translation Memories, Wörterbücher, Untersegmente oder automatisch zusammengelegte Übersetzungen (AutoAssembly). In den folgenden Bereichen markiert MemoQ für den Anwender farblich die Unterschiede zwischen dem zu übersetzendem Segment (Bereich 3) und dem Segment aus den verfügbaren Ressourcen (Bereich 4). Dessen (Teil-)Übersetzung befindet sich im Bereich 5. Einträge aus dem Wörterbuch sind farblich hervorgehoben. Unterhalb des Hauptpaneels befindet sich das Preview-Fenster (6). Dort steht für mehrere Formate einschließlich MS-Word, XML und RESX ergänzend zur Tabellenansicht eine Layoutansicht, in der der Übersetzer das Ergebnis seiner Arbeit sieht. Die Konfigurationsmöglichkeiten sind vielfältig. Für die meisten Befehle kann der Anwender Tastenkombinationen verwenden, ändern oder erstellen. MemoQ importiert Dateien aus den gängigen Formaten von MS-Office bis zu InDesign und XML und kann sie zu Projekten zusammenfassen. Der Übersetzer kann die Inhalte mehrerer Dateien in einer einzigen gemeinsamen Tabelle bearbeiten. Filter für Interleaf bzw. QuarkXPress fehlen. Auch überläßt MemoQ die gängigen Dateiformate aus dem Softwarelokalisierungsbereich (Ressourcen, Binärdateien o. Ä.) anderen spezialisierten Tools. Zu begrüßen ist die Unterstützung wichtiger Standards oder Quasistandards für Übersetzungsprojekte (XLIFF, TTX), Translation Memories (TMX) oder für die Segmentierung (SRX). Zusätzlich zu der vollen Kompatibilität mit Übersetzungsdateien des Marktführers SDL Trados kann MemoQ Transit-Projekte (auch in der neuen NXT-Version) des Anbieters STAR öffnen und bearbeiten. Somit verbleibt unter den führenden Übersetzungssystemen nur noch Across, das den freien Austausch von Projekten über TTX- oder über XLIFF-Standards nicht unterstützt. Das Übersetzungsfenster (1) ist bei MemoQ in vier Bereiche unterteilt: Ergebnisse der Suche in TMS, Wörterbüchern etc. (2), zu übersetzendes Segment (3), Ressourcen, Teilübersetzung (4), und das Previewfenster (5). 27
3 Durch die Verbreitung von Standards für Übersetzungsprojekte rückt der Übersetzer wieder in den Mittelpunkt. Entscheidend ist nicht mehr, ob er mit dem Übersetzungsprogramm A oder B arbeitet, sondern ob er für ein bestimmtes Projekt die beste Qualifikation mitbringt. In den nächsten Jahren wird sich der Trend verstärken, Dokumente mit beliebigen Tools zu übersetzen wie es bereits seit Jahren für das Editieren von XML-Dateien der Fall ist. MemoQ (und einige andere Anbieter) hat in dieser Hinsicht die richtige Strategie gewählt. Steigerung der Produktivität Hervorzuheben ist eine Reihe nützlicher Funktionen für die tägliche Praxis, die MemoQ auszeichnen. Fangen wir zuerst mit den Funktionen an, die die Produktivität des Übersetzers steigern: Ähnlich wie SDL Studio mit seiner AutoSuggest-Funktion und Transit NXT mit der Dual-Fuzzy-Funktion hat MemoQ die Erkennung wieder verwendbarer Übersetzungen unterhalb der Segmentebene implementiert. Diese Funktion heißt LSC, ein wohl etwas originelles Akronym für längster Teilstring-Konkordanzvorschlag (Longest Substring Concordance), also für die längsten wieder verwendbaren Untersegmente. Der Übersetzer kann die LSC-Funktion konfigurieren. So kann er die Mindestanzahl von Wörtern oder Zeichen für ein LSC-Match definieren. Während der Übersetzung erscheinen im Ergebnisfenster für das aktive Segment die LSC-Matches, und der Übersetzer kann den passenden Vorschlag übernehmen. Wie SDL Studio kennt MemoQ das 101-%-Wiedererkennungsprinzip, also ein Gütesiegel für bessere Wiederholungen mit Kontextbezug (das vorherige und das folgende Segment sind auch Matches). Die Möglichkeiten, Segmente zu sortieren, zu filtern oder zu sperren, sind besonders umfangreich und vielseitig. Der Übersetzer kann sich beispielsweise nur die Segmente anzeigen lassen, die im Ausgangssatz ein bestimmtes Wort enthalten und den Status Fuzzy-Match haben. Der Filter ermöglicht ferner eine parallele Suche in der Ausgangs- und Zielsprache. Das ist für das Prüfen von Segmenten von Vorteil, die je nach Kontext unterschiedliche Übersetzungen haben (Beispiel: Übersetzung von Gerät einmal mit unit und einmal mit device). MemoQ kann ähnlich wie Déjà Vu die Segmente alphabetisch sortieren, was für das Übersetzen ähnlicher Segmente nützlich ist. Auch lassen sich die Segmente nach Länge sortieren. Sehr hilfreich sind die Konfigurationsmöglichkeiten der Gehe zu -Funktion. Hier kann der Anwender 28 Innovatives Produkt Seit 2005 ist das Translation-Memory-System MemoQ auf dem Markt und bietet ein Alignmentmodul für die Übernahme von Altübersetzungen in den Übersetzungsspeicher sowie ein Übersetzungs- und ein Terminologieverwaltungstool. Nach Einschätzung des Autors bietet dieses Produkt viele nützliche Funktionen für Übersetzungsdienstleister und verfügt über hohes Zukunftspotenzial. Wichtige Merkmale sind u. a. Unterstützung wichtiger Standards, Konfigurationsmöglichkeit der Erkennungsfunktion wieder verwendbarer Übersetzungen, Konkordanzsuche mit Platzhaltern, begriffsorientiertes Wörterbuch (Austauschstandards wie TXB, OLIF oder MARTIF fehlen noch), Statistiken für Matches, LiveChat für Projektmitarbeiter, direkte Bearbeitungsmöglichkeit der Dokumente durch externe Lektoren, Kennzeichnung lektorierter Segmente (Prüfung nach Vier-Augen-Prinzip).
4 Tite lt h e m a über mehrere Optionen festlegen, zu welchem Segment der Cursor automatisch springt, wenn das aktive Segment bestätigt wurde. So kann er bestimmen, dass der Cursor zum nächsten zusammengefügten Segment springt. Die Konkordanzfunktion von MemoQ erlaubt zusätzlich zur traditionellen Suche eine Suche mit Platzhaltern. Das ist besonders für flektierende Sprachen wie das Deutsche hilfreich (in der aktuellen Version kann der Platzhalter nur am Wortende bzw. Wortanfang stehen). Der Übersetzer kann in der Ergebnisliste für die Konkordanzsuche einen Teil des Segments markieren und diesen per Knopfdruck übernehmen. Mit der Autopropagate-Funktion pflanzen sich vorhandene Übersetzungen bei Wiederholungen automatisch fort. Das bringt bei vielen Wiederholungen einen Produktivitätsvorteil. Der Anwender kann diese Funktion so konfigurieren, dass die kopierte Übersetzung danach einen voreingestellten Status erhält. Es ist möglich, während der Übersetzung Terminologieeinträge hinzuzufügen oder zu editieren. Das Wörterbuch ist begriffsorientiert, d. h. man kann einem Begriff mehrere Benennungen zuordnen und diesen ein Attribut zuweisen. In diesem Zusammenhang ist das Verwendungsattribut Verbotener Begriff hilfreich. Wenn der Übersetzer versucht, ein verbotenes Wort in die Fremdsprache einzufügen, kommt eine Fehlermeldung. Leider prüft MemoQ vor der Übernahme eines Eintrags in die Terminologiedatenbank nicht, ob dieser Eintrag bereits vorhanden ist. In der Praxis entstehen dadurch doppelte Einträge, die man manuell bereinigen muss. Die Qualitätssicherungsfunktion erfüllt ihren Zweck. Sie ermöglicht eine Prüfung von Zahlen, der Terminologie (z. T. mit Flexionserkennung), der Konsistenz, der Übersetzungslänge und der Typographie. Ein Symbol in der Tabellenansicht kennzeichnet die fehlerhaften Segmente. Mit der Analyse ab Cursorposition kann der Übersetzer jederzeit feststellen, wieviel er noch zu übersetzen hat. Unterstützung für Übersetzungsdienstleister Auch der Übersetzungsdienstleister (LSP, Language Service Provider ) kommt auf seine Kosten. Mehrere nützliche Funktionen helfen ihm bei der Organisation und Durchführung von Projekten im Hinblick auf Statistiken, den Korrekturprozess und serverbasiertem Arbeiten. Bei der Analyse kann MemoQ die Statistik im eigenen Format oder im Trados-Format herausgeben. Die 101-%-Matches werden gesondert ausgewiesen. Ähnlich wie die auf der Zielsprache basierende Analyse von Transit kann MemoQ die Homogenität der Texte analysieren. Dahinter steht die Annahme, dass, sobald der erste Satz übersetzt wurde, sein Inhalt für weitere Segmente wiederverwendet werden kann. Damit liefert die Homogenitätsanalyse von MemoQ auch bei leerem Translation Memory Fuzzy-Matches, die sich aus der fortlaufenden Wiederverwendung von Übersetzungen des aktuellen Projekts ergeben. Für die LSP dürfte der Einsatz der Serverversion im Vordergrund stehen. Sie ist für Arbeit im Team ausgelegt und erlaubt die temporäre Vergabe von Lizenzen an externe Übersetzer. Es kommt immer wieder vor, dass mehrere Übersetzer gemeinsam an einem Projekt arbeiten. Sie können sich auf dem Server einloggen und online übersetzen. Unser Test zeigte keine wahrnehmbare Verlangsamung gegenüber der lokalen Arbeitsweise. Im Kommunikationsfenster sehen außerdem alle eingeloggten Übersetzer zwei Paneele. Im Forumsfenster können sie gemeinsam alle Informationen lesen, die der Projektmanager zur Verfügung stellt. Im Chat-Fenster können die Übersetzer in Echtzeit mit dem Projektmanager oder unter sich kommunizieren. Optional können mehrere Übersetzer gleichzeitig dasselbe Dokument auf dem Server bearbeiten. Interessant ist die Unterstützung des Korrekturprozesses durch die Kennzeichnung lektorierter Segmente. Der Administrator kann verschiedene Rollen definieren wie Lektor oder Terminologe. Wenn der Lektor eine vom Übersetzer bestätigte Übersetzung überprüft, erhält sie ein doppeltes Bestätigungssymbol, wenn die Segmentprüfung abgeschlossen ist. Dienstleister, die nach der europäischen Norm EN zertifiziert sind, welche eine Qualitätssicherung nach dem Vier-Augen-Prinzip verlangt, werden diese Funktion schätzen. Schließlich enthält MemoQ auch einige Funktionen, die dem Unternehmen oder dem Dienstleister zugute kommen. Ein in der Übersetzungsbranche schlecht gelöstes Problem ist die Überarbeitung und Korrektur von Dokumenten durch externe Lektoren wie beispielsweise durch Auslandsniederlassungen des Auftraggebers. Bisher hat man sich oft mit Notizen in PDF-Dateien oder Excel-Tabellen beholfen. MemoQ hat einen eleganten Weg gefunden, den Korrekturprozess zu unterstützen. Der Projektmanager kann zur weiteren Überarbeitung alle Segmente oder einen Teil davon entweder in ein bilinguales oder in ein MemoQDokument exportieren. Ein Export nach XLIFF ist auch möglich. Dabei kann er festlegen, ob der Bearbeiter des 29
5 Dokuments nur Kommentare oder auch Änderungen machen darf. Mit einer kostenlosen Spezialversion von MemoQ kann der Lektor direkt im exportierten MemoQDokument arbeiten. In der Serverversion können sogar gleichzeitig mehrere Lektoren die Datei bearbeiten. Beim Reimport in das Projekt übernimmt MemoQ alle Änderungen der Lektoren automatisch. Kleiner Wermutstropfen: Die Terminologieverwaltung hat noch einige Einschränkungen. So fehlt die Unterstützung von Austauschstandards wie TBX, OLIF oder MARTIF. Die vordefinierte Anzahl von Feldern schränkt Anwender mit anspruchsvollen Datenmodellen ein. Für den normalen Bedarf reicht die Terminologiestruktur allerdings voll aus. Auf der Plusseite kann man vermerken, dass die Terminologiedatenbank, wie weiter oben erläutert, begriffsorientiert ist, Grafiken anzeigen kann und in der Serverversion eine Moderationsfunktion hat, mit der neue Einträge erst dann sichtbar werden, wenn der verantwortliche Terminologe sie bestätigt hat. Kilgray hat sich bemüht, die Anwender umfassend zu unterstützen. Zuerst findet der Übersetzer auf der Kilgray-Website kurze kostenlose Tutorials (in englischer Sprache). Darüber hinaus bietet Kilgray kostenpflichtiges Schulungsmaterial in Englisch zum Selbststudium für die Levels MemoQ certified translator und MemoQ advanced user. Das Wort certified bezieht sich allerdings nicht auf eine formelle Prüfung der Kenntnisse, wie es bei SDL Trados der Fall ist. Der Support reagiert schnell auf Anfragen. Zusätzlich bietet die MemoQ-Anwendergruppe ( Unterstützung an. MemoQ verkauft eine Schnittstelle (API) für das Programmieren von Integrationen mit anderen Anwendungen. So präsentierte die Firma Beetext das Produkt Flow-Memo, eine mit MemoQ integrierte Projektmanagement- und Workflow-Lösung mit automatischen Tasks. Kilgray Translation Technologies hat seit seiner Grün- dung betont, dass es in erster Linie ein Programm entwickeln will, mit dem Übersetzer und LSP effizient arbeiten können. Die starke Orientierung an Übersetzern und Dienstleistern bringt jedoch auch für Unternehmen Vorteile, da sie zweifellos von der Weiterentwicklung der serverbasierten Version profitieren. Ausblick in die Zukunft Einen kleinen Ausblick auf künftige Entwicklungen gab uns István Lengyel, einer der drei Gründer von Kilgray (der Name Kilgray setzt sich aus den Namen der Firmengründer zusammen: Balázs Kis, KI, István Lengyel, L und Gábor Ugray, GRAY ). Im Herbst kommt die Version 4.0 von MemoQ auf den Markt. Sie wird mehrere sichtbare und auch weniger sichtbare Änderungen unter der Haube haben. Die Integration von PC-basierten und serverbasierten Projekten wird durch die Verwaltung aller Ressourcen und Einstellungen auf dem Server optimiert. Das Projektmanagement wird um die Möglichkeiten der automatischen Aktualisierung mehrsprachiger Projekte erweitert. Die neue Version wird die Arbeit in verteilten Netzwerken mit Freiberuflern, Dienstleistern und Auftraggebern sowie das Erstellen von Teilprojekten unterstützen. Schließlich soll der Editor erneuert werden und mehr Möglichkeiten bieten. Last but not least sind die MemoQ-Preise gemessen an der angebotenen Funktionalität sehr attraktiv. Für Freiberufler, LSP und Firmen ist MemoQ also eine interessante Alternative oder Ergänzung zu bekannten Produkten. Dr. François Massion Anzeige (56 x 56 mm) 30 Dr. François Massion machte 1984 seinen Abschluss als Diplom-Übersetzer an der Johannes-Gutenberg-Universität in Germersheim promovierte er an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen im Fachbereich Lexikographie. Dr. François Massion verfügt über eine 20-jährige Erfahrung in der Übersetzungsbranche und hat seit dem Jahr 2008 einen Lehrauftrag im Fach Terminologie an der Hochschule Anhalt (FH) in Köthen. Er ist Geschäftsführer und Mitbegründer der D.O.G. Dokumentation ohne Grenzen GmbH in Leonberg bei Stuttgart. Francois.Massion@dog-gmbh.de
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