Vorlesungsskript: 1. Modulseminar Teil 1
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- Erika Schmitz
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1 1 Vorlesungsskript: 1. Modulseminar Teil 1 A. Literaturhinweise (zum 1. Modulseminar) und nützliche Links Creifelds, Carl u.a.: Rechtswörterbuch, 19. Auflage 2007 Falterbaum, Johannes: Rechtliche Grundlagen Sozialer Arbeit, 2. Auflage 2007 Kievel, Winfried, Knösel, Peter und Marx, Ansgar: Einführung in das Recht für soziale Berufe, 5. Auflage 2007 Model, Otto, Creifelds, Carl u.a.: Staatsbürger Taschenbuch, 32. Auflage 2007 Palandt, Otto: Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 67. Auflage 2008 Richter, Hans Peter: Juristische Grundkurse BGB AT, 20. Auflage im internet.de/ B. Gliederung I. Allgemeine Einführung 1. Funktion des Rechts 2. Ziel des Rechts Recht und Gerechtigkeit II. Systematik des Rechts 1. Die Rechtsordnung 2. Das materielle Recht und das Prozessrecht 3. Die Hierarchie der Normen III. Grundzüge des Verfassungsrechts 1. Staatsziele und prinzipien 2. Das Rechtsstaatsprinzip a) Die Gewaltenteilung b) Die Grundrechte 3. Verfassungsrecht und Soziale Arbeit 4. Die Gesetzgebung in der Bundesrepublik IV. Die rechtswissenschaftliche Arbeitsmethode V. Grundzüge des Privatrechts, in concreto: des BGB 1. Allgemeiner Teil, z.b.: Rechts und Geschäftsfähigkeit Willenserklärung/Rechtsgeschäft Anfechtung 2. Schuldrecht/Sachenrecht Vertragsrecht (Kaufvertrag, Dienstvertrag, Werkvertrag) Eigentum/Besitz 3. Familienrecht/Erbrecht VI. Prozessrecht
2 2 I. Allgemeine Einführung 1. Funktion des Rechts Die Funktion des Rechts kann/sollte es sein: das Zusammenleben von Menschen zu regeln, indem es für Konfliktsituationen Lösungsstrategien bereit hält die Beziehung des Einzelnen zur Gemeinschaft zu regeln das Gemeinwohl zu sichern bzw. zu fördern Frieden und menschliche Freiheit zu sichern. 2. Ziel des Rechts Ziel des Rechts ist es, Gerechtigkeit herzustellen, wobei Gerechtigkeit als soziales Ordnungs und Verteilungsprinzip zu verstehen ist. Gerechtigkeit zielt nach der klassischen, schon in der Antike geläufigen Formel darauf ab, jedem das Seine zu gewähren (suum cuique). Was für jede das Ihre, für jeden das Seine ist, lässt sich je nach Standpunkt unterschiedlich beurteilen. Stellt man z.b. allein auf das Leistungsprinzip ab, müsste demjenigen, der mehr für die Gemeinschaft leistet, auch mehr zustehen, während nach dem Bedürfnisprinzip dafür gesorgt werden müsste, dass eine Verteilung entsprechend den verschieden großen Bedürfnissen zu erfolgen hätte. Sofern also als ungerecht erachtete Verhältnisse ausgeglichen werden sollen, muss die Frage, wie welcher Aspekt zu beurteilen und zu gewichten ist, im Rahmen der Gesetzgebung immer neu entschieden werden. Dies kann z.b. die Frage eines gerechten, der jeweiligen Arbeit angemessenen Lohns betreffen oder gerechter Bildungschancen, aber auch die Bemessung einer der begangenen Straftat angemessenen, gerechten Strafe. Da das Recht auf Gleichheit zu achten hat, ist in Art. 3 GG (Grundgesetz) der Gleichheitssatz verankert. Er besagt, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Damit verbietet er dem Gesetzgeber, Gleiches willkürlich ungleich und Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Der Gleichheitssatz verbietet also nicht die Ungleichbehandlung schlechthin, sondern fordert lediglich, dass eine (Un )Gleichbehandlung durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sein muss.
3 3 II. Systematik des Rechts 1. Die Rechtsordnung Die Rechtsordnung Öffentliches Recht (= Rechtsverhältnisse zwischen Staat und Bürger bzw. Hoheitsträgern untereinander) Privatrecht (= Rechtsverhältnisse zwischen Bürgern untereinander; =Bürgerliches Recht =Zivilrecht) z.b. Grundgesetz StGB SGB VIII z.b.: BGB mit NebenG wie LebenspartnerschaftsG HGB UrhG KSCHG 2. Das materielle Recht und das Prozessrecht Das materielle Recht und das Prozessrecht Materielles Recht: Inhaltliche Regelungen Prozessrecht/ Verfahrensrecht: Regelungen, wie vor Gericht verfahren wird StGB StPO, GVG BGB ZPO, FGG, GVG
4 4 3. Die Hierarchie der Normen Die Normenhierarchie Verfassungsrecht: Grundgesetz Einfaches Gesetz oder sog. förmliches (Parlaments )Gesetz RVO (erlassen durch die Bundesregierung gem. Art. 80 GG); Satzung (erlassen durch eine Anstalt oder Körperschaft) Verwaltungsakt III. Grundzüge des Verfassungsrechts 1. Staatsziele und prinzipien In der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, dem Grundgesetz (GG), wurde in Art. 20 Abs. 1 GG festgehalten: Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. Damit sind Prinzipien der Demokratie, des Sozialstaates (=Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums für alle; Gestaltung der Lebensverhältnisse in sozialer Gerechtigkeit bzw. Sicherheit) und des Bundesstaates (Förderalismus) Ihnen kommt neben der Garantie der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) und der Menschenrechte (Art. 1 Abs. 2 GG) der Schutz der Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG (Ewigkeitsklausel) zu. 2. Das Rechtsstaatsprinzip Daneben tritt in Deutschland das Rechtsstaatsprinzip. Im GG sind inhaltliche Elemente des Rechtsstaatsprinzips z.b. in Art. 20 Abs. 2 GG (Gewaltenteilung) erwähnt. Ausdrücklich erwähnt wird der Begriff Rechtsstaat in Art. 28 Abs.1 GG. In einem Rechtsstaat ist die öffentliche Gewalt an eine objektive Wert und Rechtsordnung gebunden. Der Bürger soll vor Willkür geschützt werden, was insbes. durch Gewaltenteilung und die Manifestierung von Grundrechten erreicht wird.
5 5 a) Die Gewaltenteilung In Art. 20 Abs. 2 GG wird auf die Gewaltenteilung eingegangen; hierin heißt es: Die Staatsgewalt wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt. Die Staatsgewalt lässt sich also aufteilen in: Legislative (Gesetzgebung) Exekutive (Verwaltung) Judikative (Rechtsprechung) b) Die Grundrechte Grundrechte sind in der Verfassung festgeschriebene und garantierte individuelle Rechte. Sie lassen sich in Freiheitsrechte, Gleichheits bzw. Teilhaberechte unterteilen (zum allgemeinen Gleichheitsgrundsatz, vgl. Art. 3 GG). Die Grundrechte sind in den Art. 1 bis 19 GG geregelt. Zudem finden sich im GG Vorschriften, die den Grundrechten gleichgestellt sind, vgl. dazu: Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG. In Grundrechten kommen darüber hinaus objektive Werteentscheidungen zum Ausdruck. Grundrechte sind daher für die (grundrechtskonforme) Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts maßgeblich, also auch für die Auslegung von Normen des BGB und des Sozialrechts. Grundrechte sind primär Abwehrrechte des Einzelnen gegen den Staat, können aber z.t. (z.b. über Art. 3 GG) auch zu einem Leistungsanspruch führen. Im Rahmen der Kinder und Jugendhilfe stellt Art. 6 GG ein besonders wichtiges Grundrecht dar. Hierin heißt es: (1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft. Grundrechte, wie auch Art. 6 GG, weisen eine sehr weite Formulierung im Sinne einer Generalklausel auf. Wie genau der besondere Schutz aussehen soll und was Pflege und Erziehung bedeutet und wie das Wächteramt ausgeübt wird, steht nicht im Grundgesetz. Die Generalklausel des Art. 6 GG enthält die Elemente der individuellen Freiheit (das Recht der Eltern auf Erziehung), ihre Grenze (die Pflicht zur Erziehung) und das Element der politischen Ordnung (Schutz durch die staatliche Ordnung und Wächteramt). Um nun diese verfassungsrechtliche Regelung näher auszugestalten bzw. zu definieren, existieren sog. einfachgesetzliche Vorschriften, die das Spannungsfeld zwischen dem staatlichen Wächteramt einerseits und der Elternautonomie andererseits beachten müssen. Genau dies geschieht z.b. durch das BGB mit seinen Regelungen zum Familienrecht und mit dem SGB VIII mit den Regelungen zur Kinder und Jugendhilfe, vgl. insbes. auch 1 SGB VIII.
6 6 Das heißt: Im BGB und SGB VIII finden sich u.a. einfachgesetzliche Ausgestaltungen des Grundrechtes aus Art. 6 GG. 3. Verfassungsrecht und Soziale Arbeit Folgende verfassungsrechtliche Aussagen sind darüber hinaus für die in der sozialen Arbeit tätigen Menschen insbesondere relevant: Wie sich aus Art. 1 Abs. 3 GG ergibt sind Grundrechte als Rechte des Einzelnen für den Staat bindend. In Art. 1 Abs. 3 GG heißt es: Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht. D.h. also z.b. für eine(n) Mitarbeiter/in des Jugendamtes, dass er/sie als Teil der vollziehenden Gewalt, also der Exekutive, die Grundrechte beachten muss. Aus dem Demokratieprinzip folgt, dass wesentliche Entscheidungen der Rechtsprechung und Verwaltung (also insbesondere Entscheidungen, die den Grundrechtsbereich berühren), der parlamentarischen Absicherung durch ein Gesetz bedürfen (Wesentlichkeitstheorie). Deshalb muss für jedes wesentliche Handeln der Exekutive/Verwaltung eine Rechtsgrundlage bestehen (Gesetzesvorbehalt). Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendamtes sind Teil der Exekutive/Verwaltung und benötigen für jedes Handeln, das den Grundrechtsbereich berührt, eine Rechtsgrundlage. Da die Mitarbeiter/innen des Jugendamtes nach Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebunden sind, ist es zwingend notwendig, dass sie die für ihre Tätigkeit relevanten Rechtsgrundlagen kennen. 4. Die Gesetzgebung in der Bundesrepublik Deutschland Ob der Bund oder die Länder in einem bestimmten Bereich für den Erlass von Gesetzen zuständig sind, ist davon abhängig, wem durch das GG die Gesetzgebungskompetenz zugeordnet ist, vgl. Art. 70 ff. GG. Der Bund hat demnach Gesetzgebungskompetenz, wenn er über die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz verfügt oder von seinem Recht zur konkurrierenden Gesetzgebung Gebrauch gemacht hat. In Art. 31 GG heißt es zudem: Bundesrecht bricht Landesrecht. Die Regelung der Kinder und Jugendhilfe gehört z.b. in den Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung, vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG. Der Bund hat hier von seinem Gesetzgebungsrecht Gebrauch gemacht, indem er das KJHG erlassen hat, durch welches das SGB VIII eingeführt wurde.
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