Krisenkommunikation in Industrieunternehmen
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- Elvira Richter
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1 Krisenkommunikation in Industrieunternehmen Universität Potsdam Potsdam, Dr. Werner Süss, Berlin
2 If you don't manage your issues, your issues will manage you Was das (operative) Management vergeigt, kann die Kommunikation nicht löten Next week there can't be any crisis, my schedule is already full (H. Kissinger) Universität Potsdam Dr. Werner Süss 2
3 Wertschöpfung muss in breitem gesellschaftlichen Sinn gesehen werden: Management ist handling of risks (and chances) Betriebs (asset-) risiko Kapitalmarkt (Shareholder-)Risiko investor relations Geschäftsführung Markt (Produkt-) risiko Image-/Reputationsrisiko PR/Öffentlichkeitsarbeit Presse Regulierungsrisiko public affairs/lobbying Motivations (Mitarbeiter)- Risiko interne Kommunikation Globalisierung, Deregulierung, Restrukturierung, Mergers Change Universität Potsdam Dr. Werner Süss 3
4 Corporate identity als Ergebnis einer strategisch umgesetzten Corporate vision Corporate Vision auf Zukunft gerichtetes Selbstbild der Unternehmung Ausgangspunkt des unternehmerischen Strategieprozesses Wie wollen wir sein, wie wollen wir gesehen werden Unternehmensstrategie leitet aus der abstrakten Corporate Vision konkrete Unternehmensziele/Maßnahmen ab. ist Handlungsweg, auf dem das Unternehmen sein Sollbild verwirklichen will Corporate identity Ist die strategisch geplante und operativ eingesetzte Selbstdarstellung und Verhaltensweise eines Unternehmens nach innen und außen auf der Basis einer festgelegten Unternehmensphilosophie, einer langfristigen Unternehmenszielsetzung und eines definieren (Soll-)Images mit dem Willen alle Handelsinstrumente des Unternehmens in einheitlichem Rahmen nach innen und außen zum Ausdruck zu bringen (Birkigt) Basiert auf der Art des (eigenen) Verhaltens (Selbstbild) und dem externen Wahrnehmungsbild (Trendbild); hierbei ist Konsistenz notwendig. Universität Potsdam Dr. Werner Süss 4
5 Public Relations: gezielte Gestaltung von Informations- und Kommunikationsprozessen (Regelkreis) Öffentlichkeitsarbeit oder Public Relations sind das Management von Informations- und Kommunikationsprozessen zwischen Organisationen einerseits und ihren internen oder externen Umwelten (Teilöffentlichkeiten) andererseits. Funktionen von Public Relations sind Information, Kommunikation, Persuasion, Imagegestaltung, kontinuierlicher Vertrauenserwerb, Konfliktmanagement und das Herstellen von gesellschaftlichem Konsens. (Bentele) Analyse Umfeld (Markt, Wettbewerb) Analyse (eigene) Leistungsfähigkeit Formulierung Umsetzungskonzept/-Strategie Unternehmensstrategie (Business Plan) Formulierung konkretes Ziel Gap-Analysis Ziel-Ist Projektplanung (Budget, Ressourcen) Execution (operative Umsetzung) Feedback u. Kontrolle Unternehmenskommunikation als enabling function der unternehmerischen Leistungserbringung Universität Potsdam Dr. Werner Süss 5
6 Integrierte Kommunikation: Stakeholder capital management Kapitalmarkt IR Mitarbeiter interne Kommunikation Change Management Politik Lobbying Universität Potsdam Dr. Werner Süss 6 Corporate citizenship Corporate vision Corporate identity: ganzheitliche Kommunikationsstrategie (issues management) Presse Bilanz PK Pressemitteilungen Sponsoring Online PR Krisen PR PR/Marketing Corporate/product brand Integrierte Kommunikation ist ein Prozess der Analyse, Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle, der darauf ausgerichtet ist, aus den differenzierten Quellen der internen und externen Kommunikation von Unternehmen eine Einheit herzustellen, um ein für die Zielgruppen der Unternehmenskommunikation konsistentes Erscheinungsbild über das Unternehmen zu vermitteln (Bruhn 2003) Stakeholder capital Management: Ermittlung der Werte-/Interessen der Stakeholder und deren Integration (Internalisierung) in den Managementprozess des Unternehmens.
7 Image follows reality : Konsistenz von Angebot, Leistung und Image Emotionale Bindung des Kunden Unternehmensauftritt (PR, Promotion) Image Erwartungen & Versprechen Affinität & Bindung Produkt Preis Kontakt Service Nutzen/Kosten Alternativen Zuverlässigkeit Übertroffene Erwartungen Universität Potsdam Dr. Werner Süss 7
8 Unternehmenserfolg basiert auf betriebswirtschaftlichem und kommunikativem Erfolg Unternehmenmanagement bedient unternehmerische Risiken, Kommunikationsmanagement kommunikative Risiken: Wechselbeziehung wird zunehmend erkannt Kommunikationsmanagement Strategie - integrierte Kommunikation - Regelkreis Stakeholder Images Unternehmensreputation stakeholder capital Unternehmenmanagement Strategie business case Regelkreis Markterfolg im Wettbewerb: Steigende Marktanteile/Effizienz/ Profitabilität Eine corporate vision, eine Gesamtstrategie, ganzheitliches Issues Management Universität Potsdam Dr. Werner Süss 8
9 Aktives Managen von Unternehmens- und Kommunikationssituationen ist gleichermaßen notwendig Regelkreis Kommunikationsmanagement Kommunikationsmanagement (Stakeholder Capital Management) Ziele Kontrolle Planung Ausführung Gemeinsame Corporate vision/ Strategieprozess, gleichgerichtetes Handeln Regelkreis Unternehmensmanagement Ziele Kontrolle Planung Ausführung Unternehmensmanagement Universität Potsdam Dr. Werner Süss 9
10 Change Management: Schlüsselbegriff Vertrauen Veränderung Angst Unverständnis Unsicherheit Resignation Abwehr Vertrauen Akzeptanz Identifikation buy in Information Komplexitätsreduktion Verhaltens-/Einstellungsänderung (Motivation) Vertrauen als riskante Vorleistung 10
11 Online-Kommunikation/Web 2.0 erzwingt neue Kommunikationsmodelle Social Web/Web 2.0 als Gesamtheit aller offenen, interaktiven und partizipativen Plattformen im Internet: 1. Publizieren/Darstellen: Weblogs, Podcasts, Videocasts 2. Wissensmanagement: Wikis, social bookmarking, tagging 3. Informationsverbreitung: RSS (Really Simple Syndication) 4. Vernetzen: Social Networking Plattforms Web 1.0 Web 2.0: passiv betrachtend aktiv partizipierend 1. Traditionelles senderzentriertes Kommunikationsverständnis wird abgelöst durch user generated content : Kontrollverlust 2. Gleichzeitig neue Chancen durch - fokussierte Kundenansprache (zielgerichtetes Marketing, Segmentierung, Nachfolgbarkeit) - open innovation ( gemeinsame Wissensgenerierung: Produktentwicklung als gemeinsamer Lösungsprozess zwischen Unternehmen und Stakeholdern) - Aufbau von Netzwerken/social networking - Glaubwürdigkeit/Authentizität Universität Potsdam Dr. Werner Süss 11
12 Krisenkommunikation: Restore Trust Es ist nicht so sehr die Tatsachen, die in unserem Sozialleben entscheidend sind, sondern Meinungen der Menschen über die Tatsachen, ja die Meinungen über die Meinungen. (Epiktet, ca. 100 n. Chr.). Wertvernichtung/Imageschädigung nicht nur durch Fakten verursacht, sondern auch in erheblichem Maße durch Darstellung von Problemen in der Öffentlichkeit und den daraus resultierenden Meinungen Ziel von Krisenmanagement/Krisenkommunikation: Rückgewinn von Glaubwürdigkeit. Vertrauen durch Sach- und emotionale Botschaften Krisenmanagement ( Krisensteuerrad ): 1) Aufklärung des Sachverhalts 2) Botschaften setzen (Inhalt und Tonalität) 3) Krisenstab: organisatorische Verantwortlichkeiten 4) Folgemaßnahmen: Beseitigung der Defizite aus Krise/Restore Trust Universität Potsdam Dr. Werner Süss 12
13 Krisenkommunikation: Krisentypen, Krisenverlauf Ertragskrise schleichend, sich verstärkend strategische Krise Erfolgskrise Liquiditätskrise Plötzliche Unternehmenskrise eruptiv-plötzlich sofort operativ wirkende Krise mit Konsequenzen für Strategie/Ertrag Öffentliches Interesse schlechtes Krisenmanagement Öffentliches Interesse schlechtes Krisenmanagement gutes Krisenmanagement gutes Krisenmanagement Zeit Sachebene und emotionale Ebene im Krisenverlauf Krise Sachebene Zeit Emotionale Ebene vor Krise Krisenmanagement Recovery t Universität Potsdam Dr. Werner Süss 13
14 Krise: Risiko und Chance ( Krise als produktiver Zustand ) Krise Information Zu Krisenbeginn Sachverhalte nicht bekannt/unklar Schnelle Lufthoheit bei Information zwingend: wo Informationen fehlen, dominieren Gerüchte Akzeptanz der Rolle der Medien (Information/Aufklärung) Kommunikation Betroffenheit bei Stakeholdern Bewertungen stärker als Fakten soziale Kommunikation/Interaktion Negative Einstellung gegenüber Unternehmen prägt subjektive Norm, führt zu sozialer Verhaltenskontrolle Eigenbild/Fremdbild Einfühlungsvermögen des Unternehmens Vertrauen Be sensitive, be prepared, know your risks Universität Potsdam Dr. Werner Süss 14
15 Krisenvermeidung als Ziel Prävention Vor dem Kriseneintritt Krise Reaktion Nach dem Kriseneintritt Issuemanagement Entdecken + Aufklären Reputations-Puffer Risiko- Management Bewerten + Vermeiden Krisen- Management Bewältigen + Lösen Wissensmanagement + Change Management (Eigen-/Frembild, Krisen-Sensibilität) Verbessern + Vorsorgen Universität Potsdam Dr. Werner Süss 15
16 Case Study: Vattenfall Universität Potsdam Dr. Werner Süss 16
17 Akutkrise und Dauerthemen - Komplexe Ausgangslage Krisenanlass: Doppelfehler in Kommunikation bei Störungen in Kernkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel Strompreiserhöhungen in Hamburg und Berlin Verlust an öffentlichem Ansehen und Glaubwürdigkeit Kundenverluste Mai-August 2007 Strittige Dauerthemen: Widerstände gegen Kernprojekte Fortsetzung Nutzung und Laufzeitenübertragung Kernkraftwerke Neubau Steinkohlekraftwerk Moorburg (Hamburg) Braunkohle Lausitz (Brandenburg) Bau Netztrassen in Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern Universität Potsdam Dr. Werner Süss 17
18 : Zwei Ereignisse INES 0 Brunsbüttel Krümmel 13:10 Uhr: Auslösung eines kraftwerksnahen Kurzschlusses infolge von Instandsetzungsarbeiten an E.ON Schaltanlage, 13:22 Uhr Turbinenschnellabschaltung im KKB mit anschließender Reaktorschnellabschaltung. 15:02 Uhr: Reaktorschnellabschaltung durch Brand in einem der beiden Transformatoren, die sich außerhalb des Reaktorgebäudes befinden. Ursache des Brandes war ein Kurzschluss in diesem Transformator. Sensibles Thema Kernkraft politisch/gesellschaftlich instabil konnotiert Vorfälle: Technisch beherrscht, kommunikativ nicht im Griff behalten Universität Potsdam Dr. Werner Süss 18
19 Medienecho: Juli 2007 Kein Monat wie jeder andere Universität Potsdam Dr. Werner Süss 19
20 Krisenbewältigung: Handeln bestimmt Medienecho Zahl der Aussagen ( , tägliche Ergebnisse) negativ 900 ohne eindeutige Wertung 800 positiv Präsentation KK-Experten-Ausschuss Entlassung KK-Chef/ Rücktritt Komm.chef Interview CEO Josefsson Rücktritt VE-Chef Rauscher VE-Hauptversammlung Ankündigung Vertrauensoffensive VE-Chef Cramer Universität Potsdam Dr. Werner Süss 20
21 Restore Trust Vorstandsinformation Bürgertelefon KKW Dialog-Kampagne Kommunikationszentrum Trust Office Information Mitarbeiter vor Öffentlichkeit Dialog mit den Bürgern Beispiel Kernkraftwerks-Kommunen Dialog mit Kunden Customer office Imagekampagne: Kernthema Transparenz Universität Potsdam Dr. Werner Süss 21
22 Lessons learned 1. Issues Management: If you do not manage your issues, your issues will manage you 2. Kommunikationsmanagement: gezielte und Strategie-basierte Gestaltung/Steuerung von Informations- und Kommunikationsprozessen (Regelkreis) 3. Corporate identity als Ergebnis einer strategisch umgesetzten Corporate vision 4. Stakeholder capital management als gleichgewichtige Notwendigkeit für unternehmerischen Erfolg neben betriebswirtschaftlichem Unternehmensmanagement 5. Change management permanenter Vorgang als Konsequenz aus zunehmendem Veränderungsdruck in Markt und Unternehmen. Schlüsselbegriff Vertrauen 6. Kommunikativer Kontrollverlust durch Web 2.0 muss überkompensiert werden durch neue Formen partizipativer und damit noch glaubwürdigerer Kommunikation 7. Unternehmenskommunikation als enabling function der unternehmerischen Leistungserbringung und Bestandteil strategischer Unternehmensführung. Vorwärtsintegration der Unternehmenskommunikation in operatives Geschäft (Emanzipation). (Zunehmend) Management statt Kreativität als Kern der Berufsidentität von Unternehmenskommunikation. Universität Potsdam Dr. Werner Süss 22
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