Kopfschmerz in der Hausarztpraxis. Kopfschmerz (KS) in der Hausarztpraxis
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- Gerrit Pfaff
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1 Kopfschmerz (KS) in der Hausarztpraxis
2 1. Epidemiologie Gliederung 2. Organische Kopfschmerzen 3. Primäre Kopfschmerzen 4. Diagnostische Überlegungen 5. Therapie
3 Epidemiologie
4 Die Mehrheit der Menschen kennt Kopfschmerzen aus eigener Erfahrung.
5 Gelegentliches Kopfweh wird i.d.r. im Laiensystem mit freiverkäuflichen Analgetika behandelt.
6 10% 20% der Bevölkerung suchen aufgrund der Intensität und/oder der Häufigkeit der KS einen Arzt auf.
7 Etwa 10% der Patienten in einer Allgemeinarztpraxis klagen über KS.
8 Davon sind 90% chronisch-funktionelle KS, auch primäre KS genannt.
9 Die verbleibenden 10% der meist akut auftretenden KS haben eine organische Ursache.
10 10 % organisch 90% primär zerebrale Ursachen nicht zerebrale Ursachen Migräne Spannungs-KS Cluster-KS seltene Unterformen
11 Organische KS können zerebrale und nicht-zerebrale Ursachen haben.
12 Nicht-zerebrale KS-Ursachen HNO-Erkrankungen, z. B. Sinusitis Zahnerkrankungen Augenerkrankungen, z. B. Glaukom, Mückenschwarm Blutdruckveränderungen (Hypo- / Hypertonie) Orthopädische Erkrankungen, z. B. HWS
13 Differentialdiagnose bei Mückenschwarm Mouches volantes A und O: sorgfältigste Anamnese
14 Glaskörperablösung Glaskörpertrübung Netzhautablösung Zentralvenenverschluss Fortgeschrittenes Glaukom Diabetische Retinopathie Altersbezogene Makuladegeneration Klinisches Leitbild Halb durchsichtige Trübungen vor hellem Hintergrund, Nachbewegungen Lichtblitze, Schatten, Netzhautriss, Rußregen Visusminderung und Schatten nach dem Erwachen bemerkt, bekannte arterielle Hypertonie Meist lange Vorgeschichte, Augentropfen Glaskörperblutung, Makulaödem Visusminderung, Verzerrtsehen
15 Zerebrale KS-Ursachen toxisch, z. B. Medikamente (Nitrate, Östrogene) detoxisch, z. B. durch Entzug von Analgetika traumatisch, z. B. nach SHT vaskulär, z. B. Insult, Gehirnblutung entzündlich, z. B. Arteriitis, Meningitis neoplastisch, selten
16 Primäre KS Spannungs-KS Migräne Cluster-KS Seltene Unterformen
17 Vasomotorischer bzw. Spannungs-KS dumpf / bohrend / diffus oft beidseitig Prävalenz: 3 % ( : = 3:1)
18 meist halbseitig Klassische Migräne meist Begleitsymptome, wie Augenflimmern, Brechreiz, Licht- / Lärmempfindlichkeit Attacken alle paar Tage oder Wochen Stunden bis Tage anhaltend Prävalenz: 10 % ( : = 3:1)
19 Cluster - KS intensiv, oft periorbital, oft nachts, mit Tränenfluss 1 2 Stunden anhaltend 1 3 Attacken pro Tag Prävalenz: 0,1 % ( : = 1:5)
20 Primäre KS sind eine häufige Ursache für individuelles Leiden und bedingen zumeist Störungen im Berufs- und Privatleben.
21 Sie sind auch oft Gründe für Arbeitsausfälle und vorzeitige Erwerbsunfähigkeit.
22 Diagnostische Überlegungen
23 Ärzte wissen, dass über 90% der KS-Anfälle harmloser Natur sind. J E D O C H: ein Großteil der Betroffenen hat Angst vor einer ernsten organischen Erkrankung.
24 Diese unterschiedliche Bewertung des Beratungsanlasses kann zu Irritationen in der Arzt-Patienten-Beziehung führen.
25 In der Mehrzahl der Fälle führt eine sorgfältige Anamnese zur Diagnose der Kopfschmerzen.
26 Wichtige Fragen Wie ist der Schmerz Seit wann besteht er Ist er akut oder chronisch Wo ist er lokalisiert Gibt es Auslöser
27 Exploration der Begleit-/Lebensumstände Infekt Alkohol Schlafstörungen Stress Wetterfühligkeit Nikotin Computer Sexualanamnese
28 Die körperliche Untersuchung ist ein Bestätigungsritual, dessen Sinn es ist, dem Patienten ein Gefühl von Sorgfalt und Sicherheit zu geben.
29 Untersuchungsinhalte Eine orientierende neurologische Untersuchung Blutdruckmessung
30 Es gibt jedoch eine Reihe von ernsten Erkrankungen, die sich mit KS manifestieren können.
31 Alarmsymptome für nicht-banalen KS (nach Mumenthaler und Regli) 1. erstmals auftretender, ungewohnter KS, v. a. bei über 40-jährigen 1. Dauer KS - zunehmende Häufung - ungewohnter, von Anfang an starker KS 3. zunehmend intensiverer KS
32 Alarmsymptome für nicht-banalen KS (nach Mumenthaler und Regli) 4. schlagartig auftretender KS, sog. Donnerschlag-KS, thunderclap headache, Explosion im Kopf 5. streng lokalisierter KS (außer typische Gesichtsneuralgie)
33 Beim Vorliegen eines solchen Alarmsymptoms umgehend ein neurologisches Konsil einholen!
34 Bei Donnerschlag-KS muss immer eine weiterführende u. a. bildgebende Diagnostik erfolgen.
35 Wichtige Ursache für schwerwiegende Erkrankungen, die sich durch KS manifestieren Raumforderungen Blutungen, SAB (Leitsymptom Donnerschlag-KS) Meningitis / Enzephalitis Sinusvenenthrombose Arteriitis temporalis hypertensive Krise
36 Therapie
37 Migräne Akuttherapie bei Attacke Prophylaxe weiterer Attacken
38 Bei ersten Anzeichen einer Attacke 20 mg MCP oral/rectal oder 20 mg Domperidon oral oder 50 mg Dimenhydrat oral
39 Nach 15 Minuten alternativ 1000 mg ASS (Brause) 1000 mg Paracetamol (Brause/Supp.) 400 mg Ibuprofen (Brause) 50 mg Diclofenac (Tbl.) 1000 mg Phenazon (oral)
40 schwere Migräneattacken Strategie A ( wie vorher ) Strategie B: Triptane, z. B. Sumatriptan (div. Applikationsformen: nasal, oral, rectal, parenteral)
41 Triptane wirken durch Vasokonstrikton spezifisch gegen den Migräneschmerz. Kontraindikation: Gefäßerkrankungen
42 Migräneprophylaxe > 3 Migräneattacken pro Monat sehr belastende Auren Z. n. migränösem Hirninfarkt regelmäßig Auftreten eines migränösen Status
43 Medikamentöse Prophylaxe β-blocker (Metoprolol, Propranolol) Antiepileptika (Topiramat, Gabapentin) Flunarizin
44 Nicht-medikamentöse Prophylaxe Sport Stressvermeidung Entspannungsverfahren
45 Therapie des Spannungs-KS Dauermedikation mit herkömmlichen Schmerzmitteln vermeiden
46 Therapie des Spannungs-KS Bei episodischem KS vom Spannungstyp ist Analgetika-Einnahme vertretbar (< 10 Tage/Monat) mg ASS mg Paracetamol mg Ibuprofen Pfefferminzöl (großzügiges Einreiben von Stirn und Schläfen)
47 Zur kontinuierlichen Einnahme eignen sich einige Antidepressiva Mittel der Wahl: Amitriptylin oral mg abends
48 Noch wichtiger als bei Migränetherapie: Entspannungsverfahren Sport Gymnastik Biofeedback Physiotherapie
49 Wie bei anderen chronischen Schmerzen setzt sich auch in der KS-Behandlung die integrierte Versorgung durch.
50 Zusammenspiel/Kooperation Mediziner Psychologen Physiotherapeuten Sporttherapeuten Psychosomatiker Kliniken Ambulanzen Hausärzte niedergelassene Neurologen oder Schmerztherapeuten
51 Quellen, weiterführende Literatur Kopfschmerz als Warnsyndrom: Red Flags Sternberg et. al. Aktuelle Neurologie 2/2007 Therapie primärer Kopfschmerzen in der Praxis Prof. H. Göbel Uni-Med 2006 Allgemeinmedizin Michael Kochen Hippokrates Verlag 1992 Der Kopfschmerz: Ein Leitfaden der Diagnostik und Therapie f. d. Praxis Mumenthaler, Regli Thieme 1990
52 Quellen, weiterführende Literatur Migräne: Evolution eines häufigen Leidens Oliver Sacks Kohlhammer 1985 Migräne Ein Buch mit sieben Siegeln? 100 Fragen und 100 Antworten H.C. Diener Thieme 2001 Neues bei Kopfschmerzen H.C. Diener 2006 Aktuelle Neurologie 09/2006
53 Lernzielkatalog 1. Die drei wichtigsten Erkrankungen der sog. primären Kopfschmerzen nennen können 2. Nicht-zerebrale KS-Ursachen bei organischen KS wissen 3. Kenntnisse der zerebralen KS-Ursachen bei organischen KS unter Beweis stellen 4. Folgen der primären KS wissen 5. Mögliche Irritation in der Arzt-Patienten-Beziehung bei KS benennen 6. Wichtige diagnostische Fragen bei KS kennen 7. Wichtige anamnestische Fragen zu den Begleit- und Lebensumstände bei KS-Patienten nennen können
54 Lernzielkatalog Kopfschmerz in der Hausarztpraxis 8. Alarmsymptome für nicht-banale KS kennen und deren eventuelle weitere Abklärung aufzeigen können 9. Wichtige Ursachen für schwerwiegende Erkrankungen in unterschiedlichen medizinischen Gebieten aufzeigen, die sich häufig durch KS manifestieren 10. Symptome der Klassischen Migräne nennen können 11. Kenntnisse der medikamentöse Behandlung bei Migräne in Abhängigkeit der Schwere und in den einzelnen Phasen besitzen 12. Behandlungsmöglichkeiten von vasomotorische bzw. Spannungs-KS auch nicht medikamentöser Art aufzeigen können
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