Demenz bei geistiger Behinderung
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- Frida Hartmann
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1 Demenz bei geistiger Behinderung Aktuelle Herausforderungen für die Neuropsychologie Prof. Dr. Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften Fakultät für Soziale Arbeit BMBF Förderlinie SILQUA-FH Förderkennzeichen 17S01X11
2 Warum ergibt es Sinn sich mit diesem Thema zu befassen? Kann man Demenz bei geistiger Behinderung überhaupt erkennen? Ja! Sind die Symptome nicht sowieso gleich? Nein! Nützt das Wissen darum? Ja!
3 Entwicklung der Altersstruktur geistig behinderter Menschen2010 bis 2030 aus Dieckmann & Giovis, 2012
4 Anzahl und Altersstruktur im stationären Wohnen aus Dieckmann & Giovis, 2012
5 Anzahl und Altersstruktur im ambulant betreuten Wohnen aus Dieckmann & Giovis, 2012
6 Geistige Behinderung und Demenz - Status Quo Menschen mit einer geistigen Behinderung in Deutschland (vgl. Bundesvereinigung Lebenshilfe 2009). Eine genaue Bestimmung, wie viele Menschen mit geistiger Behinderung von Alterungsprozessen betroffen sind, ist nicht möglich (vgl. Klaus 2008). Im stationären Bereich der Behindertenhilfe wird im Jahr 2010 voraussichtlich jeder zweite Betreute älter als 55 Jahre alt sein (Wacker, 2005). Schulz-Nieswandt (2005) kommt nach einer Metaanalyse verschiedener Studien zu dem Ergebnis, dass mehr als 15 % der Menschen in Behindertenhilfeeinrichtungen älter als 65 Jahre sind. Menschen mit und ohne geistige Behinderung unterscheiden sich nicht im Verlauf von Alterungsprozessen.
7 Geistige Behinderung und Demenz - Status Quo Prävalenz- und Inzidenzraten beruhen auf Schätzungen sowie Hochrechnungen aus stichprobenartigen Erhebungen LUND (1985) fand 22,2% der untersuchten über 65-jährigen Personen mit Behinderung von Demenz betroffen. MOSS (1997) stellte bei 11,4% der über 50-jährigen Menschen mit geistiger Behinderung eine Demenz fest. Nach HOLLAND (2000) leiden 12% der erwachsenen Menschen mit geistiger Behinderung an Demenz Laut ZIGMAN (2005) wurde bei 4,2% der über 65-jährigen Menschen mit geistiger Behinderung ohne Down-Syndrom eine Demenzerkrankung angenommen
8 Geistige Behinderung und Demenz - Status Quo Es liegen keine aktuellen Zahlen wie viele Menschen mit geistiger Behinderung an Demenz erkrankt sind (Gusset-Bährer, 2012) Demenz bei Personen mit geistiger Behinderung (ohne Down Syndrom) kommt so häufig wie in der Normalbevölkerung vor. Geistig Behinderte erkranken früher. (5. oder 6. Lebensdekade) Menschen mit Down Syndrom haben ein erhöhtes Risiko an einer Alzheimer Demenz zu erkranken und erkranken früher. Das AP-Protein, das bei Alzheimer an der Plaquebildung beteiligt ist, wird von einem Gen produziert wird, das auf dem 21. Chromosom lokalisiert ist. Durch das dreifache Vorhandensein dieses Chromosoms 21 kommt es zu einer verstärkten Plaquebildung.
9 ICD-10 Demenzkriterien Die Störung des Gedächtnisses beeinträchtigt: Aufnahme, Speichern und Wiedergabe neuer Information. Verlust von früher gelerntem und vertrautem Material. Die Beeinträchtigung des Denkvermögens hat Einfluss auf: Störung der Fähigkeit zum vernünftigen Urteilen. Verminderung des Ideenflusses. Beeinträchtigung der Informationsverarbeitung. Eine damit verbundene alltagsrelevante Einschränkung der Lebensführung. Für die Diagnosestellung eines demenziellen Syndroms müssen die erwähnten Symptome für mindestens sechs Monate bestehen.
10 Morgen gebe ich ein Interview Herkömmliche Demenztests sind nicht anwendbar Höchstes Leistungsniveau muss die Referenzgröße sein wendig Verlaufsdiagnostik not- Fehlende oder mangelnde Sprachkompetenz Fremdbeobachtung Kombination aus Test und Fremdbeobachtung
11 Diagnostik der Demenz Die allgemeingültigen Demenzkriterien des ICD 10 sind nicht anwendbar Allgemeingültige Standards für die Demenzdiagnostik bei Menschen mit geistiger Behinderung existieren nicht (Fast) keine deutschsprachigen Tests verfügbar Länder, in denen die Tests entwickelt wurden Kanada 1 Niederlande 2 UK 5 USA
12 Literaturrecherche Tab. 1: Einschlusskriterien Demenz-Screening die speziell für geistig behinderte Menschen entwickelt oder modifiziert wurden sowie geeignete Testverfahren Publikationszeitraum 1990 bis Juni 2012 Publikationstyp Evaluation Ausschluss wiss. englisch- oder deutschsprachige Fachzeitschriften Evidente Evaluation des Instrumentes an einer Gruppe geistig behinderter Menschen Testbatterien & Psychiatrische Interviews sowie Tests, die nur kombiniert evaluiert wurden aus Kuske & Müller, 2012
13 Fremdbefragung aus Kuske & Müller, 2012
14 Neuropsychologische Tests Allgemeinen Demenztests TSI (Albert & Cohen, 1992) SIB (Saxton et al., 1993) DMTS - Delayed Match to Sample Test (Dalton & McMurray, 1995) The Working Groups Autobiographical Memory Test (aus Burt & Aylward, 1998) The Working Groups Autobiographical Orientation Test (aus Testbatterie Burt & Aylward, 1998) Dyspraxia Scale (Dalton & Fedor, 1998) Tests für geistig behinderte Menschen CRT (Grober & Buschke, 1997, mod. Devenny et al., 2002) The Prudhoe Cognitive Function Test (Kay et al, 2003)
15 Diagnostik der Demenz Dementia Scale for Down Syndrome (DSDS) von Gedye (1995) Dementia Questionnaire for Mentally Retarded Persons (DMR) von Prasher (1997) Dementia Screening Questionnaire for Individuals with Intellectual Disabilities (DSQIID) (Deb et al., 2007) Cambridge Mental Disorders of the Elderly Examination DS (CAMDEX-DS) (Ball et al., 2008, 2010)
16 Neuropsychologische Testung Praxie - Teil 2 Bei den Fragen 28 und 29 ist eine korrekte Ausführung wichtig. Wenn die Testperson die Finger benutzt, um eine Zahnbürste darzustellen, sagen Sie z.b. Tun Sie so, als würden Sie eine Zahnbürste halten! Geben Sie einen Punkt wenn die Bewegung in Richtung Zähneputzen geht, es aber nicht so aussieht als würde eine Zahnbürste gehalten. Nicht vorführen!!! 28. Machen Sie genau was ich sage. Zeigen Sie mir, wie Sie Ihre Zähne putzen! Korrekte Ausführung Falsch/nicht gestellt Fähig. nicht vorhanden praxie4 29. Zeigen Sie mir, wie Sie Winken! oder Winken Sie Korrekte Ausführung Falsch/nicht gestellt Fähig. nicht vorhanden praxie5 Summe
17 Fremdbeobachtung War schon immer der Fall Schon immer, hat sich jedoch verschlechtert Neues Symptom Trifft nicht zu Braucht Hilfe beim Waschen und/oder Baden???? Braucht Hilfe beim Anziehen???? Kleidet sich unpassend (z. B. verkehrt herum oder unvollständig) Entkleidet sich unpassend (z. B. in der Öffentlichkeit)???????? Braucht Hilfe beim Essen???? Basierend auf dem DSQIID (Deb et al., 2007) Dementia Screening Questionnaire for Individuals with Intellectual Disabilities.
18 Fragebogenerhebung Alle Behinderteneinrichtungen in Niedersachsen / Bremen wurden angeschrieben. Beschreibung der Stichprobe Rücklauf: 228 (117 w / 111m) Fragebögen über Personen mit Demenz oder Demenzverdacht Mittleres Alter der Personen: 58,6 Jahre (Median = 57,0 Jahre; SD = 11,1 Jahre; Range Jahre) Mittleres Alter der Personen bei Diagnosestellung: 61 Jahre (Median = 60 Jahre; SD = 10,2 Jahre; Range Jahre)
19 Anzahl der Personen Altersstruktur in den Behinderteneinrichtungen Alter der geistig behinderten Menschen N = Alter in Jahren Demenzdiagnose Demenzverdacht
20 Anzahl der Personen Eingesetzte Verfahren Erstellen der Demenzdiagnose 70 Demenzstadium bei Diagnose Eingesetzte Diagnostika Sonstige Verfahren Demenzscreening psych. Testung Stadium 1 Stadium 2 Stadium 3 Demenzstadium nach Heckmann (2010) Die Demenzdiagnose: Facharzt 69 Klienten Hausarzt 17 Klienten Psychologen 20 Klienten Fragebogen Verhaltensb Häufigkeit des Einsatzes
21 Wer äußerte den ersten Demenzverdacht? Erster Demenzverdacht Sonstige Angehörige 5% 1% Psychologe 2% Hausarzt 7% Keine Angabe 13% Facharzt 7% Team 65%
22 Genannte Symptome Erste Anzeichen für eine Demenz Frühe Demenzsymptome Sprachstörungen 44 erhöhtes Schlafbedürfnis 58 Reizbarkeit 63 Antriebsminderung 63 Unruhe 71 Störungen des KZG 83 Verwirrtheit 105 Desorientiertheit Anzahl der Nennungen
23 Arten der Demenz
24 wahrgenommene Schwierigkeiten Herausforderungen der Demenzdiagnostik Schwierigkeiten in der Demenzdiagnostik fehlende Angabe 9 Sonstiges 4 unbekanntes höchstes Leistungsniveau 3 fehlendes Fachwissen 5 unpassende Diagnoseintrumente 13 nur Fremdauskunft möglich 18 fehlende sprachl. Differenzierunng 26 fehlende Sprache Anzahl der Nennungen
25 Aktivitäten des täglichen Lebens Activity of daily living Veränderungen im Alltag Sonstige Veränderungen 26 Nahrungsaufnahme 116 Bewegung 127 An- und Auskleiden 137 Orientierung 145 Körperpflege 170 Mehrfachnennungen möglich Anzahl der Nennungen
26 Verhaltensweisen Problematische Verhaltensweisen Problematisch erlebte Verhaltensweisen Sturzneigung 49 Motorische Defizite 52 Aggression 54 Unruhe 57 Orientierungsstörungen 59 Antriebslosigkeit 61 Defizite im KZG 63 Antriebsmangel 79 Verwirrtheit Mehrfachnennungen möglich Anzahl der Nennungen 85
27 Erste Ergebnisse Demenzverdacht äußern meist Mitglieder des Betreuungsteams. Die Diagnose wird vom mehrheitlich vom Hausarzt, gefolgt Facharzt oder Psychologen gestellt. Die Diagnose erfolgt meist im 2. Demenzstadium. Die Diagnose basiert meist auf Verhaltensbeobachtung. Als schwierig bei der Diagnostik wird fehlende oder mangelhafte Sprache erlebt. Besonders problematische Verhaltensweisen werden Verwirrtheit, Antriebsmangel, Antriebslosigkeit erlebt.
28 Take Home Message Das Wissen über Demenz bei geistiger Behinderung ist gering. Aber: Aufgrund der Entwicklung der Alterspyramide besteht ein hoher Bedarf an diesem Spezialwissen. Diagnose ist nur in Kombination von Fremdbeobachtung und Testung möglich. Erfragung des höchsten Leistungsniveaus notwendig. Verlaufsdiagnostik Spezifische Angebote & Tagesstruktur: Viel zu tun! Sind Qualifizierungsmaßnahmen die Lösung??! Für Ärzte? Für Psycho logen? Für Pädagogische Fachkräfte??
29 Unter Mitarbeit von: Uwe Gövert Bettina Kuske Valentina Nartschenko Dagmar Specht Melissa Spitzer Christian Wolff Herzlichen Dank an alle!! Vielen Dank!
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