Kinder stark machen Resilienzförderung in der Kindertagesstätte
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- Felix Berger
- vor 7 Jahren
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1 Prof. Dr. Klaus Fröhlich-Gildhoff Zentrum für Kinder- und Jugendforschung ZfKJ an der EH Freiburg Kinder stark machen Resilienzförderung in der Kindertagesstätte Fachtagung Bildung fördern Gesundheit stärken Frankfurt, Die Bedeutung von KiTa und Schule 2. Das Konzept der Resilienz; Risiko- und Schutzfaktoren 3. Erkenntnisse der Präventionsforschung 4. Resilienzförderung in der Kita Konzept und Ergebnisse eines Forschungsprojekts 5. Perspektiven Neue Anforderungen an Kindertageseinrichtungen und Schulen!! - und die dort tätigen Fachkräfte (Neue) Erkenntnisse über die frühe (Selbst-) Bildungsfähigkeit von Kindern Soziale Ungleichheit von Bildungschancen Überforderung von Familien/Eltern àzunehmende Problemlagen von Kindern Umgang mit Unterschiedlichkeit/ Multikulturalität (Neue) Anforderungen an Kita und Schule und die Fachkräfte Die KiTa (und Schule) als Lern- und Lebensort für Kinder und Eltern: Entwicklungsförderung, Elternstärkung und Vernetzung durch die Kindertageseinrichtung und die Schule Zusammenarbeit mit den Eltern Arbeit mit den Kindern Vernetzung 1
2 2. Das Konzept der Resilienz; Risikound Schutzfaktoren Paradigmenwechsel Von der Patho- zur Salutogenese Von der Defizit- zur Ressourcenorientierung Von den Risiko- zu den Schutzfaktoren Definition von Resilienz Ableitung vom Englischen resilience = Widerstandsfähigkeit, Spannkraft, Elastizität erfolgreicher Umgang mit belastenden Lebensumständen und negativen Stressfolgen è psychische Widerstandfähigkeit von Kindern gegenüber biologischen, psychologischen und psychosozialen Entwicklungsrisiken (Balance aus) Wesentliche Schutzfaktoren (1) Entwicklungs- Aufgaben (Besondere) Belastungen Bewältigung Schutz- und Risikofaktoren àpersonal àsozial Bezugsperson à(weitere) Umwelt Mindestens eine stabile emotionale Beziehung zu einer primären Bezugsperson Emotional warmes, offenes, aber auch klar strukturierendes Erziehungsverhalten der Bezugspersonen Soziale Unterstützung außerhalb der Familie Soziale Modelle, die angemessenes Bewältigungsverhalten in Krisensituationen zeigen und Kinder entsprechend anregen und ermutigen Frühe Möglichkeiten, Selbstwirksamkeitserfahrungen machen zu können. 2
3 Entwicklungsaufgaben, aktuelle Anforderungen, Krisen Selbst- und Fremdwahrnehmung Selbstwirksamkeit (-serwartung) Selbststeuerung Problemlösen Soziale Kompetenzen angemessene Selbsteinschätzung und Informationsverarbeitung Überzeugung, Anforderung bewältigen zu können Regulation von Gefühlen und Erregung: Aktivierung oder Beruhigung allg. Strategien zur Analyse und zum Bearbeiten von Problemen Unterstützung holen, Selbstbehauptung, Konfliktlösung B E W Ä L T I G U N G Verwandte Konzepte Lebenskompetenzen, life skills (WHO) à Nationales Gesundheitsziel Salutogenese (Aaron Antonovsky) Grundbedürfnisse (Grawe; Deci & Ryan) Stress-Bewältigung Fähigkeit zur Realisierung vorhandener Kompetenzen in der Situation Konzept der Lebenskompetenz Lebenskompetenz (Psychosoziale Gesundheit) life skills, die von der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) 1994 als Lebenskompetenzen definiert wurden Selbstwahrnehmung Empathie Kreatives Denken Kritisches Denken Fähigkeit, Entscheidung treffen zu können Problemlösefähigkeiten Effektive Kommunikationsfähigkeit Interpersonale Beziehungsfertigkeiten Gefühlsbewältigung Stressbewältigung (WHO 1994, übersetzt von Bühler/Heppekausen 2005). 3
4 3. Zentrale Ergebnisse der Präventionsforschung Präventionsstudien haben gezeigt: Programme sind am erfolgreichsten, wenn sie die Kinder, deren Eltern und das soziale Umfeld erreichen und in deren Lebenswelt ansetzen (Setting-Ansatz) ein langfristig eingesetztes Programm ist erfolgreicher ist als kurze Programme oder einzelne Trainings klar strukturierte, verhaltensnahe Programme (Üben) haben bessere Effekte als offenere ; reine Informationen zeigen so gut wie keine Effekte die Professionalität der TrainerInnen hat eine (positive) Auswirkung auf die Wirksamkeit die allgemeine Entwicklungsförderung hat bessere (Langzeit-) Effekte als die Prävention isolierter Verhaltensauffälligkeiten (z.b. dissoziales/aggressives Verhalten) (zusammengefasst aus Greenberg et al. 2000, Heinrichs et al. 2002, Durlak 2003, Beelmann 2006), Wie lässt sich ein Programm zur Förderung der seelischen Gesundheit und zur Stärkung der Resilienz in Stadtteilen mit besonderen Problemlagen implementieren und evaluieren? Welche Effekte auf den Ebenen Kinder, Eltern, Fachkräfte sind durch die Realisierung eines solchen Programms zu erreichen? Wie kann man die Fachkräfte in den Kitas befähigen und qualifizieren, ein solches Konzept unter den gegebenen Rahmenbedingungen umzusetzen? 4.. Resilienzförderung in der Kita Konzept und Ergebnisse eines Forschungsprojekts 4.1 Projektkonzeption - Fragestellungen Arbeit mit den Kindern Kinderkurse Zusammenarbeit mit den Eltern Beratung/ Sprechstunden Elternkurse 4.2. Projektrealisierung Multimodales Vorgehen Qualifizierung päd. Fachkräfte/ Coaching Einrichtung Leitbild (Institution) Team-Fortbildungen ressourcenorientierte Fallsupervisionen Netzwerke Erziehungsberatung Soziale Dienste Einrichtungen, Vereine etc. im Sozialraum 4.3. Projektrealisierung Projektbausteine Teamfortbildungen (Inhalte nach Bedarf) Resilienzförderung Theoretische Grundlagen und praktische Durchführung Zusammenarbeit mit Eltern I Schwerpunkt: Elternkurs Zusammenarbeit mit Eltern II Schwerpunkt: Ressourcenorientierte Gesprächsführung mit mehrfach problembelasteten Eltern ErzieherInnen-Gesundheit Schwerpunkt: Resilienz im professionellen Kontext (personale und strukturelle Ebene) Stärkenstützende Pädagogik Schwerpunkt: wertschätzende Kommunikation Vernetzung Ressourcenaktivierung im Sozialraum Reflexion Schwerpunkt: nachhaltige Integration der Projektbausteine zur Etablierung einer resilienzförderlichen Einrichtungskultur 4
5 4.3. Projektrealisierung Projektbausteine Kinderkurs 20 Einheiten, max. 10 Kinder, ab 3,5 Jahre Spiele, Übungen, Lieder, Geschichten/Märchen u.v.m. zu: * Selbst- und Fremdwahrnehmung * Soziale Kompetenz * Selbststeuerungsfähigkeit * Stressbewältigungskompetenz * Selbstwirksamkeitserwartung * Problemlösefähigkeiten Methoden: - Dialogisches Prinzip - Ressourcentagebuch - Handpuppen - Ressourcenprofile 4.3. Projektrealisierung Projektbausteine 4.3. Projektrealisierung Projektbausteine Elternkurs Vernetzung (nach Bedarf) 6 Einheiten à 90 min mit max. 12 Eltern Anbahnung enger Kooperationen mit relevanten Akteuren im Sozialraum Vorgehen: - Dialogische Aktivierung Erfahrungsschatz der Eltern - Anleitung zur Reflexion - Moderation der Bildungsprozesse durch Kursleitung - Erarbeitung unterschiedlicher Methoden zur einem resilienzförderlichen Zusammenleben in der Familie à Anbindung zentraler Angebote direkt vor Ort; bspw.: Elternsprechstunden in der Kita à schneller Austausch zwischen pädagogischen Fachkräften in den Kitas und Beratungsstellen; Stichwort: kurze Wege ressourcenorientierte Fallsupervisionen im Gesamtteam unter Leitung einer externen Fachkraft teilw. Kooperationen im Rahmen des präventiven Auftrags von (Erziehungs-) Beratungsstellen 5
6 Sechs Kitas in 3 Regionen Verlauf (9) Kita Maria Hilf, Frankfurt (10) Kita Naseweis, NordOst Berlin (5) Kinderhaus Katz u. Maus, Kiga NordOst Berlin (6) Kindergarten Reggiohaus, Kiga NordOst Berlin Fortbildung Einführung Fortführung Nachhaltigkeit (1) Kita Kanadaring, Stadt Lahr (2) Stadtteil- u. Fam.zentrum Oststadt, Offenburg (3) Kita St. Martin, Caritas Frankfurt (4) Kita Engelsruhe, Caritas Frankfurt (7) Stadtteil- u. Fam.zentrum Albersbösch, Offenburg (8) Kita Langenwinkel, Lahr Evaluation (Kontrollgruppendesign) Jan 2009 Jul Evaluation - Evaluationsdesign Interviews Erz., Eltern Gruppendiskussion Erz. Interviews Erz., Eltern Gruppendiskussion Erz. Iris Nentwig-Gesemann, ASH Berlin 6
7 4.4 Evaluation - Stichprobe 4.4 Evaluation - Stichprobe Durchführungsgruppe 5 Einrichtungen, N = 60 ErzieherInnen N (zu Beginn anfangs) = 351 Kontrollgruppe 5 Einrichtungen, N = 27 ErzieherInnen N (zu Beginn anfangs) = 237 Migrationshintergrund - Geburtsland - Staatsangehörigkeit - Sprache Migrationshintergrund 56,6 50 DG KG Daten-Rücklauf zum Zeitpunkt t(2) im Vergleich zu t(0) Kinder: N =170 (62,3%) Eltern: N =143 (49,7%) Chi²= 0,486; df=1; p = DG KG à Trotz Datenverlust keine signifikanten Differenzen DG KG 4.4 Ergebnisse Kinder 4.4 Ergebnisse Kinder Wiener Entwicklungstest (Kastner-Koller & Deimann, 2002) - Signifikante Zunahme in fast allen Subtests über die Zeit Post Hoc T-Test signifikanter Unterschied in der Durchführungsgruppe, jedoch nicht in der Kontrollgruppe in den Subtests: - Fotoalbum (DG: t=3,764; df=81; p<.001; KG: t=1,475; df=77; p=.144) (Funktionsbereich Emotionale Entwicklung) - Bunte Formen (DG: t=3,079; df=58; p=.003; KG: t=1,133; df=58; p=.262) (Funktionsbereich Allg. kognitive Entwicklung, bes. induktives Denken) Ausprägung [9-36] Selbstkonzeptfragebogen (Engel et al., 2010) Ängstlichkeit/ Misserfolgserwartung 34 ANOVA - Effekt der Zeit F = 13,514, df = 105, p < DG 26 KG 24 Post Hoc T-Test 22 DG: t = 3,888, df = 52, p < KG: t = 1,291, df = 53, p =.202 t(0) t(2) Umgekehrte Polung! Höherer Wert = Reduktion der Ängstlichkeit 7
8 4.4 Ergebnisse Kinder Strength and Difficulties Questionnaire Eltern Post Hoc t-tests DG t-test KG t-test Prä, M Post, M t df p Prä, M Post, M t df p Emotionale Probleme 2,05 2,88 1, ,75 1,84 0, Verhaltensprobleme 2,52 2,28 3, ,79 1,80 2, Hyperaktivitäts/Aufmerksamkeitsprobleme Probleme mit Gleichaltrigen 3,39 3,56 0, ,19 3,81 1, ,12 1,73 2, ,64 1,49 0, Prosoziales Verhalten 7,69 8,27 2, ,82 7,82 0, > Ergebnisse Kinder Gemeinsame Perspektiven von Erzieherinnen und Eltern Die Kinder sind selbstbewusster und mutiger geworden: treten sicherer in der Gruppe auf, vertreten ihre Interessen Die Kinder artikulieren ihre Stimmungen und Gefühle deutlicher (verbal und non-verbal) Die Selbstwahrnehmung und Selbststeuerungskompetenz der Kinder wurde gestärkt: Kontrolle von Gefühlen durch Verbalisierung, aktive Suche nach Austausch im Gespräch, Rituale (Mutstein) Das Verhaltensrepertoire der Kinder hat sich erweitert : nutzen z.b. verbale, konstruktive Konfliktlösungsstrategien; sind hilfsbereiter geworden <-> statt die Verhaltensauffälligkeiten eines Kindes zu fokussieren, appellieren ErzieherInnen und Eltern an seine Stärken und Kompetenzen 4.4 Ergebnisse Eltern Eltern beschreiben (Selbstwahrnehmung/-einschätzung) - Mehr Gelassenheit im Erziehungsverhalten Also ich reib mich jetzt nicht mehr so an Kleinigkeiten auf. Also, wir kommen jetzt einfach besser miteinander aus. Weil er ist ein Dickkopf und ich auch mit meinen Ansichten. Das ist jetzt viel besser geworden Ruhiger ist es jetzt bei uns zuhause (EL1.2,137ff ) - Anderer Blick auf das Kind Also ich nehm das Kind jetzt anders wahr, positiver. Ich geh auf kleinere Sachen ein und freu mich auch an kleineren Sachen noch, die früher unter den Tisch gefallen sind, weil das halt so alltäglich war. (EL1.3,82ff) - Kinder ernst(er) nehmen Durch den Elternkurs hör ich jetzt noch besser hin, was die Kinder mir eigentllicfh sagen wollen Weil die Kinder kommen ja immer, wollen immer erzählen und manchmal hab ich ihnen dann keine Zeit gegeben. Aber seit dem Elternkurs hab ich den Kindern immer viel Zeit gelassen um zu verstehen, was die eigentlich überhaupt brauchen oder was sie mir sagen wollen Die haben auch wichtige Gedanken, das müssen wir wahrnehmen. Ja, ich lass meinen Kindern viel Zeit zu erzählen jetzt Das hat mir gut getan. ( EL6.1,181ff) 4.4 Ergebnisse Pädagogische Fachkräfte Weiterentwicklung der eigenen Haltung An Stärken ansetzen; das Positive sehen Mehr Zutrauen in die Kinder Mehr Beteiligung der Kinder; Einbeziehen in Entscheidungen begleiten statt leiten Positive Veränderungen in der Zusammenarbeit mit den Eltern im Team 8
9 4.5 Zusammenfassung und Diskussion Positive Ergebnisse auf Ebene der Kinder Positive Veränderungen im Selbstkonzept entspricht Projektintention verbesserte Werte im Entwicklungstest aber nicht so stark wie im Vorläuferprojekt weniger auffälliges und stärker prosoziales Verhalten sagen die Eltern Eltern und Erzieherinnen nehmen viele, klar beschreibbare positive Veränderungen bei den Kindern wahr und können diese anhand vieler Beispiele beschreiben: Sie sind mutiger, durchsetzungsfähiger, können stärker ihre Gefühle wahrnehmen und zeigen 4.5. Zusammenfassung und Diskussion Ebene Eltern neue Zugangsformen zu fast allen Familien Aber: Aufwand ist groß die Eltern zeigten sich auch im Unterschied zur Vergleichsgruppe sehr zufrieden mit den Formen der Zusammenarbeit Ausnahmslos Positive Rückmeldungen der Eltern zu den Beratungssitzungen, die diese wahrgenommen haben die angebotenen Kurse zur Stärkung der elterlichen Erziehungskompetenz wurden von der Hälfte der Eltern angenommen; die daran teilnehmenden Eltern berichteten, dass sie sehr davon profitiert haben, sich in ihrer Rolle sicherer fühlen und dass in vielen Fällen das Zusammenleben mit den eigenen Kindern entspannter geworden ist. Ebene Fachkräfte die Erzieherinnen bewerten das Projekt ausnahmslos positiv; anfängliche Mehrarbeit hätte sich gelohnt ( anfangs war es mehr, jetzt ist es anders ) die Fortbildungen und vor allem regelmäßige, ressourcenorientierte Supervision führten zu einer Änderung der Haltung 5. Konsequenzen und Perspektiven für die Debatte um Chancengerechtigkeit - Es ist grundsätzlich möglich, auch in hoch belasteten Quartieren durch einen Setting-Ansatz in der KiTa die seelische Gesundheit von Kindern zu fördern; dies führt zu positiven Effekten auch auf kognitiver Ebene - Dieser (ganzheitliche) Ansatz sollte zumindest als Alternative zu isolierten Trainings (z.b. zur Förderung mathemat. Grundfähigkeiten) stärkere Beachtung finden für den Professionalisierungsprozess in der Frühpädagogik - Organisationsentwicklung der Institution KiTa statt isolierter Maßnahmen - Die päd. Fachkräfte sind der wesentliche Schlüssel; sie sind bereit und mit Unterstützung in der Lage, entsprechende Programme zur Förderung der seel. Gesundheit wirkungs-bringend umzusetzen für die Evaluationsforschung - Es ist schwierig, komplexe Projekte unter Realbedingungen zu untersuchen! à Offenheit und Mut zur Weiterentwicklung - Forschung in und mit der Praxis braucht viel Energie und Verständnis von beiden Seiten. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit froehlich-gildhoff@eh-freiburg.de 9
10 Meine Schlussbemerkung mit Aufwand erreichbar erreichbar gut, regelmäßig 10
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