Mein Gehör ist seit drei Jahren immer schwächer geworden Beethovens Taubheit und seine Konversationshefte (1)

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1 SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE SWR2 Musikstunde Mein Gehör ist seit drei Jahren immer schwächer geworden Beethovens Taubheit und seine Konversationshefte (1) Von Susanne Herzog Sendung: Montag, 18. Juli Uhr (Wiederholung von 2013) Redaktion: Ulla Zierau Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Mitschnitte auf CD von allen Sendungen der Redaktion SWR2 Musik sind beim SWR Mitschnittdienst in Baden-Baden für 12,50 erhältlich. Bestellungen über Telefon: 07221/ Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert.jetzt anmelden unter 07221/ oder swr2

2 2 Musikstunde mit Susanne Herzog Mein Gehör ist seit drei Jahren immer schwächer geworden Beethovens Taubheit und seine Konversationshefte (1) SWR 2, 18. Juli 22. Juli 2016, 9h05 10h00 Mit Susanne Herzog. Herzlich willkommen. Titelmusik Vielleicht ist ein Floh an allem schuld, ein Rattenfloh. So unappetitlich es klingt: durch seinen Biss hat sich 1796 möglicherweise mit murinem Fleckfieber infiziert. Mehrere Monate war Beethoven auf Konzertreise gewesen, die letzte Station: Berlin beim preußischen König Friedrich Wilhelm II. Eine goldene Dose mit Louis d or brachte Beethoven mit zurück nach Wien. Aber auch noch etwas anderes: wieder zu Hause bekam er hohes Fieber und Kopfschmerzen, Ausschlag und Übelkeit plagten ihn. Ein furchbarer Typhus sei das gewesen, diagnostizierte später Dr. Weißenbach. Die seltenen, aber möglichen Folgen dieses murinen Fleckfiebers, damals auch als Typhus bezeichnet: eine Schädigung des Hörnervs und damit vielleicht der Beginn von Beethovens Schwerhörigkeit. Besagter Dr. Weißenbach war der erste, der die Ursachen der Schwerhörigkeit des Patienten Beethoven zu erklären versuchte. Unzählige Mediziner haben post mortem weitere, unterschiedliche Theorien geliefert. Um Beethovens Schwerhörigkeit: ihre Entstehung und weitere Entwicklung, die Therapieversuche, den schwierigen Patienten Beethoven, seine wechselnden Ärzte, die Folgen für sein berufliches und privates Leben und um seine Konversationshefte, die Einblick in Beethovens späte Jahre gewähren: darum geht es diese Woche in der SWR 2 Musikstunde Musik Menuetto aus Klaviertrio c-moll op. 1 Nr <3> 3 31 Trio Wanderer Titel CD: Beethoven Complete Piano Trios Hm, HMC , LC 7045 WDR

3 3 Das war das Menuetto aus dem dritten Klaviertrio op. 1 in c-moll von Ludwig van Beethoven. Es spielte das Trio Wanderer. Diese Klaviertrios seien am ehesten für starke Klavierspieler geeignet, schrieb ein Rezensent 1795 über das gerade erschienene op. 1 von Ludwig van Beethoven. Und ein starker Klavierspieler war Beethoven natürlich: zwar ging er 1792 nach Wien um Schüler von Joseph Haydn zu werden, aber einen Namen machte er sich in der Donaumetropole zunächst als Pianist. Besonders galt es die Herzen der adeligen Gönner zu erobern: deshalb trat Beethoven häufig in den Salons der Adeligen auf, gerne auch mit ausgedehnten Improvisationen am Klavier. Gleichzeitig waren diese Privatkonzerte eine Möglichkeit, neue Kompositionen auf ihre Wirksamkeit zu testen: auch die Klaviertrios op. 1 führte Beethoven zunächst in einem Hauskonzert bei Fürst Karl von Lichnowsky auf. Und tatsächlich entfaltete das op. 1 seine Wirkung und verkaufte sich prächtig. Ein guter Anfang als Komponist. Und auch in den nächsten Jahren mehrte sich Beethovens Ruhm in Wien sowohl als Pianist als auch als Komponist. Umso bitterer muss es für ihn gewesen sein, dass ihm ausgerechnet seine Gesundheit einen Strich durch die Rechnung zu machen drohte. Wie beunruhigt muss Beethoven gewesen sein, als er ab 1796 spätestens 1798 merkte, dass sein Gehör nicht mehr so astrein funktionierte wie zuvor? Wo er beruflich einen so guten Start in Wien hingelegt hatte und er sein Talent nun voll zu entfalten gedachte. Ausgerechnet jetzt wollten ihn seine Ohren im Stich lassen? Diese Erkenntnis muss ein unglaublicher Schlag für Beethoven gewesen sein. Bald teilte er engen Freunden seine schreckliche Befürchtung mit Musik Rondo aus Sonate Nr. 8 c-moll op. 13 Pathétique 1 <13> 4 19 András Schiff, Klavier Titel CD: The Piano Sonatas Vol II. ECM New Series, ECM 1942, , LC WDR Grande Sonate pathétique : Beethoven hat seine Klaviersonate c-moll op. 13 selbst so genannt. Entstanden in den Jahren ab 1797, als er seine beginnende Schwerhörigkeit bemerkte. Das war der dritte Satz gespielt von András Schiff. Einige Jahre später, im Sommer 1801, schrieb Beethoven an seinen langjährigen Freund Franz Gerhard Wegeler aus Bonn, der selbst auch Mediziner war:

4 4 Nur hat der neidische Dämon, meine schlimme Gesundheit, mir einen schlechten Stein in's Brett geworfen, nämlich: mein Gehör ist seit drei Jahren immer schwächer geworden. Und er offenbarte sich auch einem anderen nahen Freund, dem Theologen und Geiger Carl Amenda, der nur für relativ kurze Zeit in Wien gelebt hatte. Ihm schrieb Beethoven: Dein Beethoven lebt sehr unglücklich [ ]; wisse daß mir der edelste Teil, mein Gehör, sehr abgenommen hat, schon damals, als Du noch bei mir warst, fühlte ich davon Spuren und ich verschwieg's, nun ist es immer ärger geworden; ob es wird wieder können geheilt werden, das steht noch zu erwarten, es soll von den Umständen meines Unterleibs herrühren, was nun den betrifft, so bin ich auch fast ganz hergestellt, ob nun auch das Gehör besser werden wird, das hoffe ich zwar, aber schwerlich, solche Krankheiten sind die unheilbarsten. Beide Freunde bat Beethoven um absolutes Stillschweigen: denn er hatte Sorge, dass sein Ruf als Pianist und Komponist in Wien leiden würde. Bestellt man Werke bei einem schwerhörigen Komponisten? Besucht man die Konzerte eines Pianisten, dessen Ohren nicht mehr richtig hören? Das waren wohl die Fragen, die Beethoven sich stellte. Er sah seine Karriere in Gefahr und das natürlich zu Recht. Obwohl er 1801 trotz nicht mehr normaler Hörfähigkeit immer noch gut Klavier spielen konnte. Was dagegen schwierig wurde, waren gesellige Veranstaltungen: manchmal konnte er Gesprächspartner einfach nicht mehr richtig verstehen. Und deshalb zog er sich immer mehr zurück. Völlig verzweifelt war Beethoven damals aber noch nicht: die Hoffnung auf Heilung war noch nicht aufgegeben. Und er komponierte sehr viel: in der ersten Hälfte des Jahres 1802 unter anderem seine Violinsonaten op Musik Allegro vivace aus: Violinsonate in G-Dur op. 30, Nr <6> 3 33 Midori Seiler, Violine Jos van Immerseel, Hammerklavier Titel CD: Complete Sonatas for violin & piano Zig-Zag-Territories, ZZT 307, LC WDR Midori Seiler und Jos van Immerseel mit dem letzten Satz aus der Violinsonate in G-Dur op. 30 Nr. 3 von, durchaus keine traurige Musik. Bis auf die Angst um die Schwerhörigkeit stand es ja damals auch gut um Beethoven. In dem bereits zitierten Brief an seinen Freund Wegeler schilderte der

5 5 Komponist eindrücklich seine beruflichen Erfolge. Detailliert beschrieb er seinem Medizinerfreund aber auch sein Gehörleiden: Nur meine Ohren, die sausen und brausen Tag und Nacht fort. Ich kann sagen, ich bringe mein Leben elend zu, seit zwei Jahren fast meide ich alle Gesellschaften, weil s mir nicht möglich ist den Leuten zu sagen: Ich bin taub. Hätte ich irgendein anderes Fach, so ging s noch eher, aber in meinem Fache ist das ein schrecklicher Zustand; dabei meine Feinde, deren Zahl nicht gering ist, was würden diese hierzu sagen! Um Dir einen Begriff von dieser wunderbaren Taubheit zu geben, so sage ich Dir, daß ich mich im Theater ganz dicht am Orchester anlehnen muß, um den Schauspieler zu verstehen. Die hohen Töne von Instrumenten, Singstimmen, wenn ich etwas weit weg bin, höre ich nicht; im Sprechen ist es zu verwundern, daß es Leute gibt, die es niemals merkten; da ich meistens Zerstreuungen hatte, so hält man es dafür. Manchmal auch hör' ich den Redenden, der leise spricht, kaum, ja die Töne wohl, aber die Worte nicht; und doch sobald jemand schreit, ist es mir unausstehlich. Was es nun werden wird, das weiß der liebe Himmel. Mit der wunderbaren Taubheit meinte Beethoven natürlich seine Schwerhörigkeit, taub war er damals noch nicht. Er beschrieb sausen und brausen - einen Tinnitus, die hohen Töne hörte er in einiger Entfernung nicht - Hochtonverlust, beim Sprechen hörte er die Töne wohl, aber die Worte nicht - Sprachverständlichkeitsverlust und er litt an Geräuschüberempfindlichkeit. Mit dem linken Ohr fingen die Probleme an, später war auch das rechte Ohr betroffen. Heutige Ärzte würden bei diesen Symptomen wohl eine chronische Innenohrschwerhörigkeit vermuten Musik Allegro molto 4. Satz aus: Sinfonie Nr. 2 in D-Dur op. 36 <9> 6 01 Deutsche Kammerphilharmonie Bremen Paavo Järvi, Ltg. Titel CD: paavo järvi, beethoven, symphony no 6, symphony no 2 RCA red seal, , LC WDR Das Finale aus Beethovens zweiter Sinfonie op. 36 in D-Dur: Paavo Järvi leitete die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen. Beethoven selbst wird zu seinen Lebzeiten wohl nie erfahren haben, was die Ursache seiner Schwerhörigkeit war. Die einzige Erklärung lieferte Dr. Weißenbach mit einer möglichen Schädigung des Hörnervs aufgrund der angeblichen Typhus Erkrankung. Bis heute hat der Patient Beethoven, an dem sich seinerzeit

6 6 nicht nur wegen seines schwindenden Gehörs, sondern auch aufgrund von Verdauungsstörungen und einer Lebererkrankung zahlreiche Ärzte die Zähne ausbissen, dieser oft schwierige Patient hat bis heute nicht seine Faszination verloren. Weit über hundert Publikationen beschäftigen sich allein damit zu klären, welche Krankheit Beethovens Schwerhörigkeit zu Grunde lag. Sie stützen sich dabei nicht nur auf die Symptome, die Beethoven in dem Brief an Wegeler schilderte, sondern auch auf den Obduktionsbericht: da Beethoven angeordnet hatte, dass man nach seinem Tod, die Gründe für seine Taubheit herausfinden solle. Die Diagnosen der Forscher sind vielfältig: sie reichen von Nervschädigung nach Fleckfieber über Syphilis, pagetsche Krankheit, bei der sich bestimmte Bereiche des Skeletts verformen bis hin zum Innenohrtyp der Otosklerose: das sind verkürzt gesagt Durchblutungsstörungen bzw. Veränderungen der Gefäßversorgung im Ohr. Und das ist nur ein Teil der möglichen Krankheiten, die zur Diskussion stehen. Ohne medizinische Fachkenntnisse meinerseits ist da natürlich kaum eine Entscheidung zu treffen. Fest steht aber wohl, dass man Beethoven heutzutage mit Hörgeräten hätte helfen können. Vielleicht hat Beethoven einfach zweihundert Jahre zu früh gelebt Musik Allegro 4. Satz aus: Klaviersonate Nr. 12 As Dur op. 26 <4> 2 35 Murray Perahia, Klavier Titel CD: Beethoven Piano Sonatas opp. 26, 13 & 28 Sony classical, , LC 6868 WDR Der vierte Satz aus der Klaviersonate in As-Dur op. 26 war das, gespielt von Murray Perahia. Geschrieben hat Beethoven diese Sonate in den Jahren 1800 und Da plagte ihn seine Schwerhörigkeit schon seit geraumer Zeit. Eine Anekdote ist noch nachzutragen, ob sie denn wahr ist, sei mal dahin gestellt 1815 hat der englische Pianist, Cellist und Komponist Charles Neate Beethoven besucht, um Werke von ihm für die Philharmonic Society mit nach England zu nehmen. Neate berichtete über dieses Treffen, dass Beethoven ihn noch verstanden habe, wenn er in dessen linkes Ohr sprach. Neate empfahl die Behandlung bei englischen Ohrenärzten. Beethoven soll darauf geantwortet haben: Ich habe bereits alle Arten von ärztlichen Ratschlägen erhalten. Ich werde niemals geheilt werden. Ich will Ihnen erzählen, wie die Sache entstanden ist. Er habe sich über einen launischen Tenor geärgert, der eine Arie auch nach Umarbeitung nicht habe akzeptieren wollen. Beethoven erzählte laut Neate: Ich

7 7 war noch nicht eine halbe Stunde bei der Arbeit, als ich ein Klopfen an meiner Thür hörte, welches ich sofort als das meines ersten Tenors wieder erkannte. Ich sprang vom Tische mit einer solchen Aufregung und Wuth auf, daß, als der Mann ins Zimmer trat, ich mich auf den Boden warf, wie sie es auf der Bühne machen (hier breitete Beethoven seine Arme aus und machte eine erläuternde Bewegung) und auf meine Hände fiel. Als ich wieder aufstand, fand ich mich taub und bin es seitdem geblieben. Die Ärzte sagen, der Nerv sei verletzt. Was für einen gewissen Wahrheitsgehalt dieser Anekdote spricht, ist die Tatsache, dass Beethoven 1796 als möglicherweise die ersten Hörstörungen auftraten, tatsächlich eine Arie für einen Tenor geschrieben hatte: und zwar eine Einlagearie zu Ignaz Umlaufs Singspiel Die Schöne Schusterin. Plötzliche Taubheit trat natürlich nicht ein, aber damals benutzte man taub noch um schwerhörig auszudrücken. Und möglicherweise war das von Beethoven Beschriebene ja eine Art Hörsturz ausgelöst durch Stress Musik 6 Zärtliche Liebe, WoO <17> 2 08 Fritz Wunderlich, Tenor Hubert Giesen, Klavier Titel CD: Fritz Wunderlich DG, , LC 0173 WDR Keine Arie, sondern ein Lied, kein schlecht gelaunter Tenor, sondern einer der wunderbarsten überhaupt: Fritz Wunderlich war das mit dem Lied Zärtliche Liebe von. Am Klavier begleitete ihn Hubert Giesen. Übellaunig und schwierig im Umgang war aber durchaus Beethoven selbst. Besonders wenn er krank war und dem Rat der Ärzte folgen sollte. In seinem Brief an den Freund Wegeler im Sommer 1801 lästerte er über einen medizinischen Esel : Da riet mir ein medizinischer Asinus das kalte Bad für meinen Zustand, ein Gescheiterer das gewöhnliche lauwarme Donaubad; das tat Wunder; mein Bauch ward besser, mein Gehör blieb, oder ward noch schlechter. Ja, die Ärzte hatten es nicht leicht mit Beethoven. Von 1798 bis zu seinem Tod 1827 wurde der Komponist von mindestens zehn Ärzten sowie einem Pater behandelt: nicht nur wegen seiner Schwerhörigkeit, auch Darmprobleme und eine Lebererkrankung plagten ihn. Manchmal war er bei mehreren Ärzte auf einmal in Behandlung. Über den ein oder anderen schimpfte er ganz gerne. Gleichzeitig nahm er es mit ihren Anweisungen nicht so genau. Verordnete Diäten wurden alsbald abgebrochen und der Verzicht auf Alkohol fiel Beethoven

8 8 ohnehin schwer. Was die Schwerhörigkeit betraf, war das aber sowie einerlei, daran konnte man damals noch nicht wirklich etwas ändern. Als Therapie wurde beispielsweise Watte mit Mandelöl in die Ohren gestopft oder Armwickel mit blasenziehenden Mitteln gemacht. Kein Wunder, dass sich Beethoven darüber beschwert hat. Musik 7 Allegro 4. Satz aus: Streichquartett c-moll, op. 18,4 <4> 4 35 Schuppanzigh Quartett Titel CD: Streichquartette op. 18/4 & op. 59/3 Ars Musici, AM1281-2, LC 5152 WDR Der vierte Satz aus Beethovens Quartett in c-moll op. 18 Nr. 4. Es spielte das Schuppanzigh Quartett. Kann man es Beethoven verdenken, dass er sich über einige Ärzte beklagte, da doch keiner seine fortschreitende Schwerhörigkeit eindämmen konnte? Dr. Vering jedenfalls, der 1801 mit den blasenziehenden Armwickeln gearbeitet hatte, war bald auf der Abschussliste. Seinen Freund Wegeler, der ja selbst Mediziner war, bat Beethoven um Rat: Was hältst Du von Schmidt? Ich wechsle zwar nicht gern, doch scheint mir, Vering ist zu sehr Praktiker, als daß er sich viel neue Ideen durchs Lesen verschaffte. Schmidt scheint mir hierin ein ganz anderer Mensch zu sein und würde vielleicht auch nicht gar so nachlässig sein. Dr. Johann Adam Schmidt war Professor an der medizinisch-chirurgischen Josephsakademie in Wien und Wegeler kannte ihn persönlich. Allein deshalb hatte Beethoven vielleicht mehr Vertrauen zu ihm. Außerdem experimentierte Schmidt mit einer Elektrotherapie und davon hatte Beethoven erfahren und Hoffnung geschöpft. Nachdem er dann allerdings diese Therapie am eigenen Leib ausprobiert hatte, hatte er bald genug davon. Besserung trat ohnehin nicht ein. Dennoch schätzte Beethoven Schmidt, der ihn bis 1808 behandelte, als der Arzt selbst plötzlich starb. Zeitweise war Beethoven auch bei einem naturheilkundigen Geistlichen namens Pater Weiss in Behandlung: der träufelte ihm jeden Tag Tropfen in die Ohren, empfahl ihm, Diät zu halten und sein Gehör zu schonen. Beethoven verlor bald die Geduld, denn es tat sich gar nichts. 1 31

9 9 Musik 8 Allegro molto aus: Sonate Nr. 4 a-moll, op <3> 5 57 Anne-Sophie Mutter, Violine Lambert Orkis, Klavier Titel CD: Beethoven Die Violinsonaten DG, , LC 0173 WDR Anne-Sophie Mutter und Lambert Orkis mit dem letzten Satz der Sonate in a-moll op. 23 von. Kein Geheimniß sey Dein Nichthören mehr auch bey der Kunst. Diese Worte hatte Beethoven an eine Skizze zu den Rasumowsky Quartetten geschrieben, die er 1806 komponiert hatte. Da war Beethoven also soweit, dass er sich und anderen seine schwindende Hörfähigkeit eingestand. Doch bis Beethoven so offen mit seiner Schwerhörigkeit umgehen konnte: bis dahin war es von 1801 an gesehen, dem Zeitpunkt als er seine beiden Freunde informierte und um Stillschweigen bat, noch ein langer Weg. Und darum wird es morgen in der SWR 2 Musikstunde gehen: Beethoven von Niedergeschlagenheit und Verzweiflung geplagt in Heiligenstadt, neue Hoffnung durch Mälzels Hörrohre, letzte Auftritte als Pianist und vieles mehr Musik Allegro molto 4. Satz aus: Streichquartett C-Dur op. 59 Nr. 3 <4> 5 53 Artemis Quartett WDR Kompilation WDR Das Finale des Streichquartetts op. 59 Nr. 3 in C-Dur war das. Es spielte das Artemis Quartett. Mein Name ist: Susanne Herzog. Und ich freue mich, wenn Sie morgen wieder dabei sind.