Bodenschutz und Raumplanung - ein Widerspruch?
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- Greta Pfaff
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1 Lebensministerium Anleitung zur Bewertung von Bodenfunktionen und Raumplanung - ein Widerspruch? Ass.-Prof. Dr. Arthur Kanonier Fachbereich für Rechtswissenschaften, TU Wien Wien, 19. Februar 2013
2 Inhalt Einleitung Trends in der Raum- und Siedlungsentwicklung Boden- und Flächenverbrauch in der Raumordnung Raumordnungsrechtliche Systematik Überörtliche Raumplanung Örtliche Raumplanung Raumordnungsrechtliche Herausforderungen und Steuerungsdefizite Resümee 2
3 Einleitung Raumplanung als Querschnittsmaterie Schwierigkeiten und Reibungen in der Natur des Bundesstaates begründet (VfSlg 2674/54) Raumordnungsrecht als Referatsgrundlage Vereinfachung, zumal vielfältigen Materien bezüglich Bodenverbrauch Relevanz zukommt Forstrecht, Wasserrecht, Naturschutzrecht, Grundverkehrs-, Wohnbauförderungsrecht, Unterschiedliche Differenzierungsgrade in Länderregelungen Innerhalb des Raumordnungsrechts sind Verallgemeinerungen erforderlich Differenzierungen der gesetzlichen Regelungen Eingeschränkte Vergleichbarkeit 3
4 Raumordnung ist die planmäßige, vorausschauende Gestaltung eines Gebietes, um die nachhaltige und bestmögliche Nutzung und Sicherung des Lebensraumes im Interesse des Gemeinwohles zu gewährleisten. Dabei ist auf die natürlichen Gegebenheiten, auf die Erfordernisse des Umweltschutzes sowie die wirtschaftlichen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung Bedacht zu nehmen. ( 1 Abs. 2 Stmk ROG) Boden- und Flächenschutz: Zentrales und aktuelles raumplanungspolitisches und -rechtliches Thema Grund, Boden, Fläche als räumlich Bezugsebene Quantitativer -verbrauch oder -verlust im Fokus der Diskussion Qualitativen Aspekten, insb. welche Böden und an welchen Standorten, kommt vergleichsweise geringere Bedeutung zu Flächenverbrauch Keine Legaldefinitionen in den ROG s Dauerhafter Verlust biologisch produktiven Bodens durch Versiegelung, Bebauung und Überbauung für Siedlungs-, Verkehrs- und industriellgewerbliche Zwecke UBA 4
5 bezogene Grundsätze/Ziele Art. 7a Abs. 2 Ktn Landesverfassung: Land und Gemeinden haben folgende umweltpolitische Ziele einzuhalten: Grund und Boden sind sparsam und schonend zu nutzen; eine Zersiedelung ist zu vermeiden. Alle ROG enthalten Grundsätze und Ziele für sorgsamen Umgang mit Ressourcen für einen sparsamen Umgang mit Grund und Boden gegen Zersiedlung 3 Abs. 1 Z 2 Stmk ROG: Die Qualität der natürlichen Lebensgrundlagen ist durch sparsame und sorgsame Verwendung der natürlichen Ressourcen wie Boden, Wasser und Luft zu erhalten und, soweit erforderlich, nachhaltig zu verbessern. Die Nutzung von Grundflächen hat unter Beachtung eines sparsamen Flächenverbrauches zu erfolgen. Zersiedelung der Landschaft ist zu vermeiden. 5
6 Anspruch und Realität Die gesetzlichen Ziele werden in der Umsetzung nicht immer eingehalten Andere Interessen werden bevorzugt behandelt Ja, was ist das Rheintal eigentlich? Eine Stadt? Dörfer? Land? Mir fällt ein Vergleich ein: Wenn man ein Menü Suppe, Vorspeise Hauptspeise, Salat, Getränk, Nachspeise in einen Mixer schüttet und da fest und lange draufdrückt (Michael Köhlmeier) 6
7 Vlbg konzept Bilanz (Amt der Vlbg Landesregierung) 7
8 Siedlungsentwicklung in Lauterach (Amt der Vlbg Landesregierung) 8
9 Siedlungsentwicklung in Vlbg (Quelle: Amt der Vlbg Landesregierung) Gewidmete Flächen Gelb: bis 1950 Violett: bis 1990 Rot: bis
10 Entwicklung der Bau- und Verkehrsflächen (Quelle: Umweltbundesamt) 10
11 Nutzungsvielfalt - Nutzungsdruck 11
12 Siedlungen als öffentliches Anliegen Planerischer Umgang mit Bauland und die Steuerung der Bautätigkeit zählen zu wesentlichen raumplanerischen Aufgaben Ansprüche an die Siedlungsentwicklung werden durch Raumordnungsziele formuliert; so soll erreicht werden dass siedlungsstrukturell gewünschte Standorte bebaut werden Nutzungskonflikte minimiert werden geringer Ressourcenverbrauch (Bodenverbrauch, Erschließung, Energie) Nachhaltigkeitsdiskussion: ziele wurden neu gefasst Von den Instrumenten werden Steuerungswirkungen erwartet: Reduktion des Flächenverbrauchs Eindämmung von Zersiedlung und Suburbanisierung Siedlungsentwicklung nach innen Nutzungsmischung und Funktionsvielfalt Verbesserte Nutzungseffizienz im Bauland Allgemeine Zielvorgaben stimmen nur teilweise mit den Individualinteressen überein 12
13 Zwar soll, meinen viele, allgemein Boden gespart werden, den Traum vom Einfamilienhaus im Grünen will man aber dennoch nicht aufgeben. Und wer es sich leisten kann, möchte den Traum früher oder später auch realisieren. (Farago/Peters, 1990) 13
14 14
15 Trends in der räumlichen Planung Planung entstandardisiert sich Differenzierte Beteiligungsformen, insb. in der Praxis Planung beschränkt sich nicht (mehr) nur auf gesetzlich vorgeschriebene Instrumente und Verfahren Vom Plan zum Prozess Vielfalt und Differenzierung des Instrumentariums Überörtliche, regionale, kommunale Planungen in vielfältigen Kooperationen Kooperation und Koordination mit Fachplanungen Konzeptive Planungen generelle hoheitliche Planungsakte mit detaillierten Verfahrensvorschriften Zivilrechtliche Vereinbarungen hoheitliche Planungsakte Zunehmende Bedeutung von Prüfverfahren (insb. SUP) 15
16 Raumordnungssystematik Hierarchisches Planungssystem Raumordnungsgrundsätze und ziele Sparsamer Flächenverbrauch Maßnahmen der überörtlichen Raumplanung Grünzonen, überörtliche Siedlungsgrenzen Übernahme von Nutzungsbeschränkungen durch Bundes- und Landesgesetze Maßnahmen der örtlichen Raumplanung Örtliches Entwicklungskonzept: Siedlungsgrenzen in Siedlungs- bzw. Freiraumkonzepten Flächenwidmungsplan Eingeschränkte Baulandwidmungen Bebauungsplan Erhöhte Wohn- und Siedlungsdichten in Innenbereichen Umsetzung im Bauverfahren Restriktive Auslegung der planerischen Vorgaben durch die Baubehörde Individuelle Bautätigkeit folgt den planungs- und baurechtlichen Vorgaben 16
17 Verbote für Baulandwidmung ( 15 NÖ ROG) Flächen, die auf Grund der Gegebenheiten ihres Standortes zur Bebauung ungeeignet sind, dürfen nicht als Bauland gewidmet werden, insbesondere: 1. Flächen, die bei 100-jährlichen Hochwässern überflutet werden 2. Flächen, die eine ungenügende Tragfähigkeit des Untergrundes aufweisen oder deren Grundwasserhöchststand über dem unveränderten Geländeniveau liegt 3. Flächen, die rutsch-, steinschlag-, wildbach- oder lawinengefährdet sind 5. Altlasten oder Verdachtsflächen (4) Ausgenommen von Abs. 3 Z. 1 bis 5 sind Flächen für Bauwerke, die auf Grund ihrer Funktion an bestimmten Standorten errichtet werden müssen sowie Flächen innerhalb eines geschlossenen Ortsgebietes. 17
18 Grünzonen oder Siedlungsgrenzen in überörtlichen Raumplänen Festlegung in regionalen ROP schließen Baulandwidmungen aus Durch Festlegung überörtlicher Siedlungsgrenzen, regionaler Grünzonen sowie Vorrangflächen sind Grünlandnutzungen geboten Erschwerte anlassbezogene Abänderungen Auszug: Regionales Raumordnungsprogramm Nördliches Wiener Umland 18
19 Planungsrechtliche Ursachen Flächenverbrauch Bauland Kommunaler Ermessensspielraum Baulandüberhänge Baulandhortung Grünland Grünlandsondernutzungen Bauten im Grünland Flwp-bezogene Ausnahmebestimmungen Maßnahmen für einen reduzierten Flächenverbrauch Einschränkung des kommunalen Ermessenspielraumes Zielvorgaben, überörtliche Maßnahmen, örtl. Entwicklungskonzept Baulandmobilisierende Maßnahmen, aktive Bodenpolitik Rückwidmungen von Baulandreserven Beschränkungen für Grünlandbauten Reduktion der gesetzlichen Ausnahmebestimmungen 19
20 Planungsermessen Bauland Generelle Widmungsvoraussetzungen Änderungsanlass (Verpflichtung, Ermächtigung) Einhaltung der planungsrechtlichen Vorgaben Bedarf, Eignung, planungsrechtliche Kriterien (Zersiedelung) Z.B. Planungsrichtlinien gem 14 Abs. 2 NÖ ROG: Die Qualität der natürlichen Lebensgrundlagen ist durch sparsame und sorgsame Verwendung der natürlichen Ressourcen wie Boden, Wasser und Luft zu erhalten und nachhaltig zu verbessern. 2012: Die für die land- und forstwirtschaftliche Produktion wertvollen Flächen, das sind sowohl die gut geeigneten Standorte land- und forstwirtschaftlicher Betriebe als auch Produktionsflächen mit guter Bonität, sind, soweit nicht andere Ziele Vorrang haben, für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung sicherzustellen. 20
21 Voraussetzungen für Änderungen VfGH fordert taugliche Entscheidungsgrundlagen, insb. ob die Umwidmung gerade des Grundstücks zur Zielerreichung geeignet war Voraussetzung für eine Umwidmung ist, dass nachvollziehbar begründet wird, weshalb die neue Widmung erforderlich und die von der Umwidmung betroffene Liegenschaft für die beabsichtigte Nutzung geeignet ist Notwendigkeit einer Planänderung ist durch eine Strukturuntersuchung mit schlüssigen Datengrundlagen nachzuweisen Sind die Entscheidungsgrundlagen mangelhaft, kann nicht abschließend beurteilt werden, ob wichtige Gründe für Planänderungen vorliegen 21
22 Grünland Zum Grünland zählen alle Flächen, die nicht als Bau- oder Verkehrsflächen gewidmet sind ( Generalklausel zugunsten des Grünlandes ) Das grundsätzliche Bauverbot im allgemeinen Grünland wird für spezifische Nutzungen gelockert Standort- und nutzungsgebundene Anlagen (z.b. Infrastrukturanlagen, Erholungseinrichtungen, Schutzhäuser) Landwirtschaftliche Bauten, die widmungskonform sind Grundsätzlich sind nur solche Bauführungen zulässig, die mit der jeweiligen Grünlandwidmung übereinstimmen die für die Grünlandnutzung erforderlich sind Betriebstypisch Größenverhältnisse, Raumstruktur Erhebliche Auslegungsschwierigkeiten in der Praxis Tendenz: Differenzierte Grünlandkategorien mit reduzierten Möglichkeiten für Bauführungen 22
23 Grünland-Nutzungen gem NÖ ROG Hofstellen Schutzhäuser Erhaltenswerte Gebäude im Grünland Materialgewinnungsstätten Gärtnereien Kleingärten Sportstätten Spielplätze Campingplätze Friedhöfe Parkanlagen Abfallbehandlungsanlagen Aushubdeponie Lagerplätze Ödland/Ökofläche Wasserflächen Freihalteflächen Windkraftanlagen Kellergassen Sondernutzungen sehen tw. Bauführungen vor Widmungsrechtliche Möglichkeit für Bauten in sensiblen Bereichen Generell wenige Kriterien für die jeweilige Widmungsfestlegung wenn überhaupt eines von mehreren Kriterien 23
24 Baurechtliche Bestimmungen Die liegenschafts- und projektbezogene Umsetzung raumordnungsrechtlicher Bestimmungen erfolgt in den Bauverfahren hat in den baurechtlichen Verfahren untergeordnete Bedeutung Weder im Rahmen der Bauplatzerklärung noch im Baubewilligungsverfahren sind idr Aspekte des es Prüf- bzw. Bewilligungstatbestände Zusätzliche bodenbezogene Problembereiche und Herausforderungen im Baurecht: Bewilligungs- bzw. anzeigefreie Bauvorhaben Neubauten im Grünland Umnutzung bestehender Bauten im Grünland Konsenslose oder -widrige Bauten 24
25 Resümee und Raumplanung - kein Widerspruch Sparsamer Ressourcen- (insb. Flächen-) verbrauch als wesentliches raumplanerisches Anliegen Nutzungsdruck auf Freiflächen nimmt tendenziell zu Bedeutungszuwachs interdisziplinärer und kooperativer Planungsmaßnahmen Steigender raumordnungsrechtlicher Handlungsbedarf mit differenzierten Maßnahmen Zunahme an Planungsinstrumenten, Maßnahmen und Methoden Festlegung langfristig verbindlicher Nutzungsvorgaben und Widmungskriterien für kommunale Planungen Verbesserungen in den Entscheidungsgrundlagen Abstimmungserfordernis mit anderen Fachmaterien 25
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