Haushaltsrede der Fraktionsvorsitzenden der Fraktion DIE LINKE. im Rat der Stadt Hürth. zur Verabschiedung des Haushalts 2015
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- Fabian Gerstle
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1 Haushaltsrede der Fraktionsvorsitzenden der Fraktion DIE LINKE. im Rat der Stadt Hürth Frau Martina Thomas zur Verabschiedung des Haushalts 2015 in der Sitzung des Rates der Stadt Hürth am 03. Februar 2015 Es gilt das gesprochene Wort
2 Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrten Damen und Herren! Ein ereignisreiches Jahr ist zu Ende gegangen. Aus der Kommunalwahl im Jahr 2014 ist DIE LINKE gestärkt hervorgegangen und hat gezeigt, dass sie in Hürth angekommen ist. Wir freuen uns auf die weitere konstruktive Zusammenarbeit mit den anderen Fraktionen und der Verwaltung in den kommenden Jahren. Das Jahr bot jedoch auch weniger erfreuliche Ereignisse, wie zum Beispiel den Versuch durch CDU und Grüne, die Gesamtschule zu kippen. Meine Damen und Herren! Wir können hier noch beliebig viele Haushaltsreden halten, ohne dass wir am eigentlichen Problem etwas ändern können. Der Schuldenstand ist hoch, was nicht nur ein hausgemachtes Problem ist, sondern auch daran liegt, dass Bund und Land viele Aufgaben an die Kommunen weitergegeben haben, ohne für einen finanziellen Ausgleich zu sorgen. Auch die Tatsache, dass die Stadt Hürth weniger Geld einnimmt als wir ausgeben wollen oder auch müssen gründet teilweise auf diesem Problem. Auf Hilfe aus Berlin oder Düsseldorf warten wir seit Jahren vergebens. Mittlerweile haben wir diese Hoffnung fast aufgegeben. Egal ob schwarzgelb, rot-grün, oder schwarz-rot. Neuerdings geht's nur noch um die schwarze Null, ohne Rücksicht auf Verluste. Systematisch wird durch die Politik zugelassen, dass sich die großen Konzerne aus der Finanzierung der gesellschaftlichen Aufgaben verabschieden können und nur noch die Lohnabhängigen und der Mittelstand belastet werden. (Es sind, meine Damen und Herren, ihre Parteivertreter_innen in Land, Bund, EU, die die entsprechenden Gesetze verabschieden.) Bertold Brecht: "Unrecht gewinnt oft Rechtscharakter einfach dadurch, daß es häufig vorkommt." Wer meint, als Kommunalvertreter_innen dürfen wir nicht weiter als unsere Stadtgrenzen denken und uns nicht über komplexe Zusammenhänge Gedanken machen oder meint dies gehöre sich nicht, hat seine Aufgabe als Kommunalvertreter_in nicht verstanden. Christian Morgenstern: "Die zur Wahrheit wandern, wandern allein." Insbesondere die starken Steuersenkungen Anfang der 2000er Jahre wirken bis heute nach. Allein 2013 verbuchten die Kommunen Mindereinnahmen von 6,6 Milliarden Euro. Eine Korrektur der steuerpolitischen Fehler der Vergangenheit, eine verfassungskonforme Wiedererhebung der
3 Vermögensteuer und eine deutlich gestärkte Erbschaftsteuer, die nötigen Geldmittel zur Erfüllung der den Kommunen durch Bundesgesetze zugewiesenen Aufgaben (Konexität:»Wer bestellt, muss auch bezahlen«), eine Weiterentwicklung der Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftssteuer unter Einbeziehung aller Unternehmen, Freiberufler und Selbständigen, ist dringend von Nöten. Worüber nicht geredet wird: Geld ist genug da! Der private Reichtum ist so groß wie noch nie. Doch er ist sehr ungleich verteilt. Und längst ist erwiesen, dass hohe Ungleichheit der Gesellschaft schadet. Wenn sogar die OECD vor den Entwicklungen in Deutschland warnt, stimmt das System nicht. Auch nach dem letzten Gutachten des FIFO würden dem Rhein- Erft-Kreis bei Einführung der Millionärssteuer Millionen zugutekommen und der Rat müsste sich nicht um eine Erhöhung der Kreisumlage für 2015 sorgen. Eine gigantische Umverteilung von unten nach oben und Milliarden an Einnahmeverlusten für die öffentliche Hand haben uns in diese Lage getrieben. Im vollen Bewusstsein wird die kommunale Selbstverwaltung gegen die Wand gefahren. Wer zulässt, dass international aufgestellte Konzerne legal Steuern vermeiden und ihrer Verantwortung entziehen, handelt fahrlässig. Sollten die Freihandelsabkommen durchkommen, kann die Arbeit des Stadtrates eh eingestellt werden, dann haben wir die Diktatur der Konzerne. Und es schadet der kommunalen Daseinsvorsorge. Wer die Kommunen entlasten will, muss sich Geld von Konzernen, Banken und Milliardären holen.. Langsam setzt sich die Auffassung durch, dass die kommunalen Einnahmen massiv gesteigert werden müssen, um das kommunale Leistungsangebot aufrecht erhalten zu können. Es wird sich auch noch die Auffassung durchsetzen, dass dies ohne ein gerechteres Steuersystem, das auch Reiche wieder verstärkt an der Finanzierung des öffentlichen Bereiches einbezieht, unmöglich sein wird. Jean Baptiste Say: Die Ersparnisse der Reichen werden auf Kosten der Armen gemacht Doch die große Koalition hat Steuererhöhungen für Reiche zum Tabu erklärt. Gleichzeitig trägt sie die schwarze Null wie eine Monstranz vor sich her und lässt die Kommunen ausbluten. Deshalb sollten Sie alle hier
4 mit Ihren Parteifreund_innen in Berlin und Düsseldorf ein ernstes Wörtchen reden. Dort werden Beschlüsse gefasst, die wir alle hier vor Ort ausbaden müssen. Eine verlässliche Kinderbetreuung, gute Schulen, eine funktionierende öffentliche Verwaltung, attraktive Kultur- oder Sporteinrichtungen, eine moderne Infrastruktur das ist das, was Bürger_innen von ihren Landesregierungen und Gemeindeverwaltungen und Räten erwarten. In einem der reichsten Länder sollte ein solches Angebot selbstverständlich sein. Geld ist genug da! Öffentlicher Armut steht ein immenser privater Reichtum gegenüber. Zur Unterstützung von Bürger_innen in ihren individuellen Lebenslagen, aber auch zur Stärkung von Sozialräumen sind qualitativ gute Sozialleistungen notwendig. Gerade Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe, die Unterstützung von Menschen in schwierigen Lebenslagen und von Menschen mit Behinderungen sind als kommunale Leistungen in unserer Gesellschaft zunehmend wichtig. Um eine Gesellschaft, die niemanden ausgrenzt (Inklusion) zu verwirklichen, werden die Anforderungen an Kommunen eher noch stärker steigen. Die Senkung von Standards würde sich kontraproduktiv auswirken und teilweise zur Verlagerung und langfristig zum Anstieg von Kosten führen. Wenn jetzt jedoch die Sozialausgaben verantwortlich, mitverantwortlich gemacht werden für die Steigerung und Belastung im Haushalt, so muss doch entschieden gefragt werden wo die Gründe liegen. Einmal an der Nichteinhaltung der Konnexität, schauen wir auf die sogenannten Hartz- Reformen, müssen wir feststellen, dass das genaue Gegenteil von dem eingetreten ist was versprochen wurde. Anstelle von Kostenersparnis und Hilfe für die Menschen erleben wir eine Kostenexplosion und Armut per Gesetz und somit ein Verbrechen an den Menschen. Etliche Erwerbstätige, obwohl größtenteils sogar in Vollzeit berufstätig, können von ihrem Lohn nicht ohne ergänzende Sozialleistungen leben. Werden Niedriglöhne aus Steuermitteln subventioniert, steigen auch die Soziallasten trotz einer zunehmenden Beschäftigung an, da sich zum Beispiel Leistungen für die Kosten der Unterkunft erhöhen. Ziel ist es, das Menschen für ihre Arbeit anständig bezahlt werden und einen bezahlbaren Wohnraum erhalten. Erschreckend ist doch das der öffentliche Grund
5 verkauft und bebaut wird ohne nachhaltig den Sozialwohnraum zu stärken und zu erweitern. Es ist Tatsache, dass bezahlbarer Wohnraum in Hürth wegbricht! Wir könnten es uns als LINKE sehr einfach machen und den Haushalt ablehnen, frei nach dem Motto Haushaltsplan schlecht alles schlecht. Aber wir tragen als gewählte Volksvertreter_innen Verantwortung für unsere Stadt und wir haben uns die Entscheidung nicht einfach gemacht. Bei aller Kritik: Wir sehen im vorliegenden Haushaltsentwurf für das Jahr 2015 viele wichtige Punkte und Weichenstellungen. Insbesondere ist auch der große Ausbau der Angebote im Bereich Jugendhilfe zu erwähnen. Die Stadt Hürth wird zusätzlich in die Feuerwehr und in die Schulgebäude und Schulhöfe investieren. Aus diesem Grund, wenn auch mit Bauchschmerzen, werden wir diesem Haushalt zustimmen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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