Wie verständlich kommuniziert die European Space Agency (ESA)?
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- Frank Messner
- vor 7 Jahren
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1 Wie verständlich kommuniziert die European Space Agency (ESA)? Eine Untersuchung der Pressemitteilungen und der Homepage-News der ESA Universität Hohenheim März 2011
2 Untersuchungsfragen: Wie verständlich sind die deutschen Pressemitteilungen und die deutschen Homepage-News der ESA? Wie verständlich sind im Vergleich dazu die Homepage-News des Vereins Raumfahrer Net e.v.? Hintergrund: Die European Space Agency (ESA) ist eine internationale Organisation, der 18 europäische Staaten angehören. Die ESA entwickelt das europäische Weltraumprogramm und erarbeitet gemeinsam mit der Europäischen Union die Europäische Weltraumpolitik. Die ESA wird mit öffentlichen Mitteln ihrer Mitgliedsstaaten finanziert und hat demzufolge eine Bringschuld, die Öffentlichkeit über ihre Arbeit zu informieren. Nach eigenen Angaben möchte die ESA mit ihrer Kommunikationsarbeit eine breite Öffentlichkeit ansprechen. Umso wichtiger sind verständliche Informationen. Bürger müssen verstehen, was mit ihrem Geld geschieht, um sich eine Meinung über die Investitionen bilden zu können. Prof. Dr. Frank Brettschneider
3 Untersuchungsdesign: Auf Grundlage der Lesbarkeitsforschung wurden 50 Pressemitteilungen sowie 50 Homepage-News der ESA auf ihre Verständlichkeit hin untersucht. Zusätzlich wurde die Verständlichkeit von 50 Homepage-News des Vereins Raumfahrer Net e.v. analysiert. Der Verein bietet ebenfalls Informationen rund um die Raumfahrt. Allerdings werden die News anders als bei der ESA ehrenamtlich von Menschen verfasst, die sich für die Raumfahrt interessieren. Die Verständlichkeitswerte dieser News wurden als Vergleichswerte herangezogen. Untersuchungsablauf Auswahl und Bereinigung der Texte: Ausgehend vom 5. Juli 2010 wurden in allen drei Gruppen die letzten 50 Texte erfasst Berechnung der Verständlichkeit über Lesbarkeitsformeln und andere Parameter mit Hilfe der Software Textlab Vergleich der Ergebnisse zwischen den drei Textgruppen Prof. Dr. Frank Brettschneider
4 Studie: Wie verständlich kommuniziert die ESA? Verwendete Lesbarkeitsformeln und Parameter Lesbarkeitsformeln Amstad-Formel: Liefert Werte zwischen 0 (quasi unverständlich) und 100 (sehr leicht verständlich). 1. Wiener Sachtextformel: Liefert Werte, die die Textschwierigkeit in Schulstufen ausdrücken. Die Skala reicht von 4 (sehr leicht verständlich) bis 15 (sehr schwer verständlich/akademisches Niveau). Weitere Parameter Satzlänge (gemessen in Wörtern) Wortlänge (gemessen in Silben) Anteil der Substantive, der abstrakten Substantive, der Verben und Fremdwörter Wortbekanntheit
5 Ergebnisse: Amstad-Formel (Die Werte in Klammern geben die Standardabweichungen an)
6 Ergebnisse: Amstad-Formel Am schlechtesten schneiden die Pressemitteilungen der ESA ab, die mit einem Mittelwert von 26,09 nach Amstad als schwierig eingeschätzt werden. Mit einem Mittelwert von 34,03 liegt der Schwierigkeitsgrad der ESA-News zwischen dem der ESA-Pressemitteilungen und dem der Raumfahrer-News. Den höchsten Amstad-Wert im Vergleich erreichen die Raumfahrer-News mit einem Mittelwert von 39,10. Dieser Mittelwert ist zwar im Vergleich mit den übrigen beiden Mittelwerten am höchsten, nach der Ergebnistabelle von Amstad werden die Texte dadurch allerdings noch immer als anspruchsvoll eingeschätzt. Sowohl die Mittelwertunterschiede zwischen den ESA-Pressemitteilungen und den ESA-News als auch zwischen den ESA-News und den Raumfahrer- News sind signifikant. Auch der Unterschied zwischen den ESA- Pressemitteilungen und den Raumfahrer-News stellt sich in der Analyse als signifikant heraus.
7 Ergebnisse: 1. Wiener Sachtextformel (Die Werte in Klammern geben die Standardabweichungen an)
8 Ergebnisse: 1. Wiener Sachtextformel Mit einem Mittelwert von 13,23 entspricht die Schwierigkeit der Pressemitteilungen der Schwierigkeit von Texten für Abiturienten und Studienanfänger. Etwas besser schneiden die beiden anderen Gruppen ab, wenngleich sowohl die ESA-News mit einem Mittelwert von 11,87 und die Raumfahrer-News mit einem Mittelwert von 11,47 dem Niveau einer gymnasialen Oberstufe entsprechen. Die Mittelwertunterschiede zwischen den ESA-Pressemitteilungen und den ESA-News sowie zwischen den ESA-Pressemitteilungen und den Raumfahrer- News sind beide signifikant. Die Mittelwertunterschiede zwischen den ESA- News und den Raumfahrer-News sind nicht signifikant.
9 Ergebnisse: Satzlänge (Die Werte in Klammern geben die Standardabweichungen an)
10 Ergebnisse: Satzlänge Am schlechtesten schneiden auch hier die Pressemitteilungen der ESA ab. Sie haben mit durchschnittlich 23,21 Wörtern die längsten Sätze. Die im Durchschnitt kürzesten Sätze haben die News der ESA (17,03 Wörter), leicht darüber liegen die Sätze der Raumfahrer-News mit einem Mittelwert von 17,94. Der Mittelwertunterschied zwischen den ESA-Pressemitteilungen und den ESA- News ist signifikant, ebenso zwischen den ESA-Pressemitteilungen und den Raumfahrer-News. Der Unterschied zwischen den ESA-News und den Raumfahrer-News hat sich als nicht signifikant herausgestellt.
11 Ergebnisse: Wortlänge (Die Werte in Klammern geben die Standardabweichungen an)
12 Ergebnisse: Wortlänge Die ESA-Pressemitteilungen erreichen bei der Analyse mit 2,23 Silben pro Wort den höchsten Mittelwert, gefolgt von den ESA-News mit einem Mittelwert von 2,20 und den Raumfahrer-News mit einem Mittelwert von 2,10. Der Unterschied der Mittelwerte von ESA-Pressemitteilungen und ESA-News hat sich in der Analyse als nicht signifikant herausgestellt. Die Unterschiede zwischen den ESA-News und den Raumfahrer-News sowie zwischen den ESA-Pressemitteilungen und den Raumfahrer-News hingegen sind signifikant.
13 Ergebnisse: Anteil an Substantiven und Verben (Die Werte in Klammern geben die Standardabweichungen an)
14 Ergebnisse: Anteil an Verben und Substantiven Mit einem durchschnittlichen Anteil von 27,24 Prozent an Substantiven kommen die ESA-News im Vergleich zu den Pressemitteilungen (24,92 Prozent) und den Raumfahrer-News (22,22 Prozent) auf den höchsten Anteil. Alle drei Mittelwertunterschiede sind signifikant. Bei den Verben sind lediglich die Unterschiede zwischen den ESA- Pressemitteilungen (Mittelwert: 10,70 Prozent) und den ESA-News (Mittelwert: 11,89 Prozent) sowie zwischen den ESA-Pressemitteilungen und den Raumfahrer-News (Mittelwert: 12,86 Prozent) signifikant. Der Mittelwertunterschied zwischen den ESA-News und den Raumfahrer-News ist nicht signifikant.
15 Ergebnisse: Anteil an abstrakten Substantiven und Fremdwörtern (Die Werte in Klammern geben die Standardabweichungen an)
16 Ergebnisse: Anteil an abstrakten Substantiven und Fremdwörtern Bei den abstrakten Substantiven kommen die ESA-Pressemitteilungen auf den höchsten Mittelwert (5,45 Prozent), gefolgt von den ESA-News (4,30 Prozent) und den Raumfahrer-News (3,32 Prozent). Alle gemessenen Unterschiede zwischen den Textgruppen sind signifikant. Beim Anteil an Fremdwörtern stechen indes die ESA-News mit einem Mittelwert von 9,36 Prozent hervor, die Raumfahrer-News kommen auf 8,89 Prozent und die ESA-Pressemitteilungen auf 8,25 Prozent. Die Unterschied zwischen den ESA-News und den ESA-Pressemitteilungen ist signifikant. Der Unterschied zwischen den ESA-News und den Raumfahrer-News ist nicht signifikant. Und auch der Unterschied zwischen den ESA- Pressemitteilungen und den Raumfahrer-News ist nicht signifikant.
17 Ergebnisse: Wortbekanntheit Herangezogen wurde der Orientierungswortschatz von Naumann. Ermittelt wurde, zu welchem Anteil die Wörter der Texte den häufig in der Alltagssprache von Kindern und Erwachsenen verwendeten Wörtern entsprechen. (Die Werte in Klammern geben die Standardabweichungen an)
18 Ergebnisse: Wortbekanntheit Die ESA-Pressemitteilungen erreichen mit einem Mittelwert von 41,38 Prozent den höchsten Anteil an bekannten Wörtern. Den zweiten Rang belegen hier die Raumfahrer-News (40,26 Prozent). Den niedrigsten Anteil haben die ESA-News mit einem Mittelwert von 39,80 Prozent. Große Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen konnten nicht festgestellt werden. Darüber hinaus ist keiner der Unterschiede zwischen den Gruppen signifikant.
19 Die Ergebnisse im Überblick Rot hervorgehoben ist in jeder Zeile der für die Verständlichkeit schlechteste Wert. Grün hervorgehoben ist der beste Wert. Auffällig ist, dass die Raumfahrer-News bei keinem Parameter den schlechtesten Wert erhalten. ESA Pressemitteilungen ESA News Raumfahrer News Amstad 26,09 34,03 39,10 1.Wiener Sachtextformel 13,23 11,87 11,47 Satzlänge (in Wörtern) 23,21 17,03 17,94 Wortlänge (in Silben) 2,23 2,20 2,10 Anteil Substantive 24,92 27,24 22,22 Anteil Verben 10,70 11,89 12,86 Anteil abstrakter Substantive 5,45 4,30 3,32 Anteil Fremdwörter 8,25 9,36 8,89 Wortbekanntheit (Naumann) 41,38 39,80 40,26
20 Fazit Von allen drei untersuchten Textgruppen sind die Pressemitteilungen der ESA am unverständlichsten. Zurückzuführen ist dieses Ergebnis möglicherweise auf den Entstehungsprozess der Pressemitteilungen, die innerhalb der internationalen Organisation zum Teil sehr aufwändige Übersetzungs- und Abstimmungsprozesse durchlaufen. Im direkten Vergleich zwischen den Homepage-News der ESA und den Homepage-News des Vereins Raumfahrer Net e.v. lässt sich die Tendenz erkennen, dass die ehrenamtlichen Autoren der Texte von Raumfahrer Net e.v. etwas verständlichere Texte produzieren als die ESA, wenngleich in vielen Fällen die Unterschiede zugunsten des Vereins nicht signifikant sind. Es ist davon auszugehen, dass die Texte der ESA für viele Leser (sowohl für Besucher der Homepage als auch für Journalisten, die eine Pressemitteilung bearbeiten) häufig schwer zu verstehen sind.
21 Anhang
22 Informationen zur Auswahl der Texte Alle Texte der ESA sind auf deren Homepage abrufbar. Alle Texte des Vereins Raumfahrer Net e.v. sind ebenfalls auf dessen Homepage zu finden. Die ESA hat Pressemitteilungen gelegentlich unverändert unter ihrer News- Rubrik auf der Homepage eingestellt. Diese Texte wurden bei der Auswahl der News übersprungen, um nur jene Texte zu erfassen, die tatsächlich als News produziert wurden. Eine doppelte Analyse der Texte sollte vermieden werden, um die Ergebnisse trennschärfer darstellen zu können. Alle 150 Texte wurden vor der computergestützten Analyse manuell bereinigt und anschließend mit der Software Textlab analysiert.
23 Verwendete Lesbarkeitsformeln Lesbarkeitsformel nach Amstad: x = sl - 58,5 wl x = Verständlichkeitsindex sl = Satzlänge (Anzahl der Wörter pro Satz) wl = Wortlänge (Anzahl der Silben je 100 Wörter) Werte für die Textschwierigkeit nach Amstad Ergebniswert Einstufung über 80 sehr leicht über 70 leicht über 60 einfach um 50 durchschnittlich unter 40 anspruchsvoll unter 30 schwierig unter 20 sehr schwierig 1. Wiener Sachtextformel (Bamberger und Vanecek) Stufe = 0,1935 * MS + 0, 1672 * SL + 0,1297 * lw * ES 0,875 MS = Prozentsatz der drei- und mehrsilbigen Wörter SL = Durchschnittliche Satzlänge in Wörtern lw = Anteil der Wörter mit mehr als sechs Buchstaben (lange Wörter) ES = Prozentsatz einsilbiger Wörter Quelle: Amstad, Toni (1978): Wie verständlich sind unsere Zeitungen? Zürich: Studenten-Schreib-Service. Quelle: Bamberger, Richard / Vanecek, Erich (1984): Lesen Verstehen Lernen Schreiben: Die Schwierigkeitsstufen von Texten in deutscher Sprache. Wien: Jugend und Volk.
24 Ansprechpartner Barbara Weimer, B.Sc. Komm.wiss. (Durchführung der Studie) Dipl.- Komm.wiss. Jan Kercher (Betreuung) Prof. Dr. Frank Brettschneider (Betreuung, Lehrstuhlinhaber) Universität Hohenheim Kommunikationswissenschaft Fruwirthstraße Stuttgart Tel / komm@uni-hohenheim.de
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