Tuberkuloseverdacht bei Kindern
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- Bärbel Simen
- vor 6 Jahren
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1 Monatsschrift Kinderheilkunde : Springer-Verlag 1997 Redaktion: F. Bläker, Köln P. Emmrich, München D. Reinhardt, München Redaktionelle Mitarbeit: K. Chelius, Köln B. Simon, München M. K. Felten 1 T. Rath 1 K. Magdorf 2 H. J. Bremer 1 M. Leichsenring 1 1 Abteilung Allgemeine Pädiatrie, Universitätsklinik Heidelberg 2 Abteilung Pädiatrische Pneumologie und Immunologie, Humboldt Universität, Krankenhaus Zehlendorf/Lungenklinik Heckeshorn, Berlin Tuberkuloseverdacht bei Kindern Leitlinien für eine schnelle klinische Diagnose Die prompte Diagnose der Kindertuberkulose ist wahrscheinlich eines der schwierigsten klinischen Probleme für den Pädiater [6, 16], kann aber für eine gute Prognose entscheidend sein [5, 7, 14]. Wo Kindertuberkulose eher selten ist, können fehlender Verdacht, zu geringe klinische Erfahrung und unklare Richtlinien zur Verzögerung des sbeginns führen. Eine verpaßte verzögerte Diagnose kann zu unnötigem Leiden im Extremfall zum Tod des Patienten führen. Das ist besonders schwerwiegend, weil eine hochwirksame und sichere zur Verfügung steht. Wir haben mit Hilfe von Daten aus der Literatur, gängigen Empfehlungen und eigenen Erfahrungen umfassende diagnostische Leitlinien in der Form von Flußdiagrammen entwickelt. Sie zeigen, welche diagnostischen Schritte je nach Aufnahmegrund durchlaufen werden müssen, um ohne Verzögerungen und Umwege zu einer zuverlässigen Diagnose zu kommen. Die von uns entwickelte Struktur der Flußdiagramme erscheint, bei den jetzt vorhandenen Möglichkeiten, optimal für die Bedingungen eines entwickelten Landes mit niedriger Tuberkuloseprävalenz. Die Flußdiagramme sind gedacht als eine im klinischen Alltag verwendbare Hilfe für ein effektives diagnostisches Vorgehen. Inzidenz der Tuberkulose in Deutschland Kindertuberkulose ist nicht mehr alltäglich, aber sie ist keine exotische Erkankung In Deutschland ging die Inzidenz der Tuberkulose () von 25,8 Fällen pro der Bevölkerung im Jahr 1985 auf 17,3 im Jahr 1991 zurück [17, 20]. Die Zahlen für 1992 (17,6) und 1993 (17,5) zeigen einen leichten Anstieg zumindest ein Abflachen der Kurve, was durch zusätzliche Fälle unter Ausländern aus Ländern mit hoher Tuberkuloseinzidenz verursacht wurde [3]. Die Inzidenzen für die Jahre 1994 und 1995 waren mit 16,0 und 15,0 die tiefsten je für Deutschland ermittelten Werte. Der abnehmende Trend scheint sich also wie vor 1991 fortzusetzen. Von den Tuberkulosepatienten, die 1995 gemeldet wurden, waren (29%) Ausländer. Die -Inzidenz in dieser Gruppe war mit 50,5 um ein Vielfaches höher als die der Deutschen (11,6) [3]. In Deutschland nahm die Inzidenz in der Altersgruppe bis 15 Jahre zwischen 1992 und 1993 von 4,4 auf 5,0 zu und fiel dann wieder auf 3,9 im Jahr 1995 ab [3] wurden in dieser Altersgruppe ins- gesamt 514 Fälle mit aktiver gemeldet [3]. Kindertuberkulose ist seit Jahren zwar nicht mehr alltäglich, aber durchaus keine exotische Erkrankung [15]. Material Die veröffentlichten Zahlen beruhen auf der Auswertung von 285 individuellen Fällen aus Heidelberg und Berlin. Zur Konstruktion des Flußdiagramms haben wir lediglich Ergebnisse berücksichtigt, die sich auf die Periode zwischen Tuberkuloseverdacht und vorläufiger Bewertung der Wahrscheinlichkeit einer behandlungsbedürftigen beziehen. Weder Aspekte der Umgebungsuntersuchung noch der waren für unsere Überlegungen von Bedeutung. In der Berliner Gruppe, die am größten und am ehesten repräsentativ war, war der Untersuchungsgrund in 89% ein er Tuberkulintest, Kontakt mit einem Indexfall unklare pulmonale. Wir sehen deshalb diese drei Kriterien als Haupteinstiegspunkte für die klinische Evaluierung Dr. Michael K. Felten Universitäts-Kinderklinik, Im Neuenheimer Feld 150 D Heidelberg Die Studie wurde durch das Bundesministerium für Bildung,Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF) unterstützt (Projektnummer 01KA9301) 938
2 Tuberkulintest Kontakt Pulmonale Unspezifische Zeichen chronischer Erkrankung Kalte, schmerzlose Lymphknoten Meningitische Zeichen Pädiatrische Praxis Verdacht auf Tuberkulose Abb.1 Hinweise, die den Verdacht auf Tuberkulose, zumindest deren Einschluß in die Differentialdiagnose, nahezulegen Die empfohlenen, alternativen Maßnahmen und Bewertungen am Ende der Diagramme (grüne Rahmen) waren nicht Gegenstand unserer Arbeit und werden daher nicht detailliert beschrieben. Für Maßnahmen wie gibt es genaue Richtlinien [2]. Was jeweils unter Kontrolle zu verstehen ist, wird im Text erläutert. Bei der Bewertung ausschließen müssen unabhängig vom jeweiligen Eingangskriterium wenigstens alle konventionellen diagnostische Maßnahan. Veränderungen im Röntgenbild wurden, je nach Gruppe, bei 76-96% der Kinder beschrieben. Positive Tuberkulosekulturen fanden sich bei bis zu 58% der Kinder. Am Ende des stationären Aufenthalts war für etwa die Hälfte der Kinder ein möglicher Quellenfall bekannt. Es zeigte sich, daß Diagnosen, die sich im wesentlichen auf Stempelteste und Röntgenbilder gründeten, zumindest zweifelhaft sind. Unter den im Ausland geborenen Patienten war ein signifikant höherer Anteil BCG-geimpft, hatte e Kulturen eine extrapulmonale. Flußdiagramme Die in Deutschland in der Zeit zwischen 1985 und 1994 übliche diagnostische Routine und die Haupterscheinungsformen der Kindertuberkulose bilden zusammen mit aktuellen Empfehlungen und eigenen Erfahrungen aus Heidelberg und Berlin die Grundlage für umfassende Leitlinien zur klinischen Aufarbeitung bei Tuberkuloseverdacht [1, 2, 4, 8-13, 18, 19]. Wir haben insgesamt 6 Kriterien identifiziert, von denen jedes für sich ausreicht, ein Kind als Verdachtsfall für klinisch zu evaluieren (Abb.1). Da in der Regel die Folge der weiteren Untersuchungen hauptsächlich vom jeweiligen Eingangskriterium bestimmt wird, haben wir 5 getrennte Flußdiagramme entwickelt. Für Kinder mit pulmonalen n unspezifischen Zeichen einer chronischen Erkrankung ist ein gemeinsames Flußdiagramm ausreichend. In allen Diagrammen enthalten rote Rahmen Definitionen, gelbe Rahmen Entscheidungen und grüne Rahmen therapeutische diagnostische Maßnahmen. Pfeile an den Verbindungslinien zeigen die Richtung an, in der die Diagramme zu lesen sind. Bei Verzweigungen sind die Kriterien für die Auswahl einer Linie in der Nähe eingetragen. men durchgeführt werden. Dazu gehören Ausstriche auf säurefeste Stäbchen und Tuberkulosekulturen vom Magensaft (bis zum Alter von etwa 5 Jahren), Sputum und ggf. Bronchialspülwasser. Neben konventionellen Röntgenaufnahmen sind bildgebende Verfahren wie Computertomographie und Sonographie des Mediastinums manchmal ebenfalls hilfreich. Neuere Methoden zum Keimnachweis, die auf Techniken wie der Polymerase Chain Reaction (PCR), der Gaschromatographie der Tuberkulostearinsäure Serumtesten beruhen, sind zur Zeit für die klinische Anwendung noch nicht ausreichend evaluiert. Die Wiederholung bestimmter Untersuchungen und der Einsatz anderer Techniken, um mit größter Sicherheit auszuschließen, liegen im Ermessen des Klinikers. Tuberkulintest Angaben über einen in der Vergangenheit en Tuberkulintest müssen ernst genommen werden. Das gilt auch dann, wenn ein Ergebnis nicht dokumentiert die Testmethode unbekannt ist (Abb.2). Falls der Patient außerdem als Kontaktperson bekannt ist zeigt, ist der Tuberkulinstatus zunächst zweitrangig. Dann sollte wie in den ensprechenden Diagrammen vorgesehen vorgegangen werden (Abb.1). Der Tuberkulinstatus muß 939
3 Tuberkulintest Mantouxtest negativ Kontakt BCG in den letzten 5 Jahren Abb. 3, 4 das Risiko, daß das Kind jetzt später eine aktive entwickelt. Deshalb ist bei Vorschulkindern und solchen, bei denen ein negatives Mantouxtestergebnis in den letzten 2 Jahren und jetzt Der Tuberkulinstatus muß auf jeden Fall mit einem standardisierten Mantouxtest überprüft werden Hinweis auf Immunschwäche Spezifische Diagnostik auf jeden Fall mit einem standardisierten Mantouxtest (z.b. GT10 von Behring, Marburg) überprüft werden [2,10-13]. Als e Reaktion gilt für Risikogruppen eine Induration von mehr als 5 mm Durchmesser, sonst 10 mm, abgelesen nach 72 h [11]. Bei negativer Reaktion, nach zuvor em Stempeltest, sollte der Mantouxtest nach frühestens einer Woche wiederholt werden. Falls eine falsch negative Reaktion, z.b. durch technische Fehler, nicht sicher ausgeschlossen werden kann, sollte der Test ebenfalls wiederholt werden. Wenn ohne weitere Hinweise auf eine Immunschwäche der Mantouxtest sicher negativ ist, ist eine Tuberkuloseinfektion Erkrankung. Bei einer möglichen Beeinträchtigung des Immunsystems z.b. Kontrolle Abb. 2 Diagnostische Schritte bei em Tuberkulintest Röntgen Alter < 6 Jahre Konverter ausschließen Als Kontaktpersonen gelten Kinder, die bei einer Umgebungsuntersuchung, ausgehend von einem infektiösen Indexfall, identifiziert wurden (Abb.3). Besonders infektiös sind erwachsene Tuberkulosepatienten mit em Sputumausstrich. Das Risiko für Infektion und Erkrankung ist bei jüngeren Kindern und engem Kontakt im Haushalt hoch. Deshalb sollten, auch bei negativem Mantouxtest und fehlenden klinischen n, Kinder unter 6 Jahren zunächst präventiv mit Isoniazid behandelt werden. Eine röntgendurch angeborene Immundefekte floride Virusinfektionen, HIV-Infektion, Diabetes, chronisches Nierenversagen zytostatische Therapie sollte zum Ausschluß ein Multiallergentest mit mindestens zwei Antigenen, z.b. Candida und Tetanus, durchgeführt werden. Bei bestätigter Immunschwäche hängt das weitere Vorgehen von der Grunderkrankung ab. Falls in den letzten 5 Jahren mit BCG geimpft wurde, kann ein er Mantouxtest nicht als Hinweis auf eine gewertet werden. Bei ungeimpften Kindern sollte dagegen der in zwei Ebenen geröntgt und die Bilder möglichst auch von einem für die spezielle Fragestellung erfahrenen Radiologen beurteilt werden. Auch bei zunächst em Befund besteht erstmals ein er Test dokumentiert ist (Konverter), eine präventive mit Isoniazid gerechtfertigt [2]. Der Röntgenbefund sollte nach 3 Monaten kontrolliert werden, um eine inzwischen dennoch entstandene aktive Erkrankung auszuschliessen. Falls dann entsprechende Hinweise gefunden werden das Kind unterdessen andere entwickelt, muß natürlich mit einem vollständigen, kombinierten Tuberkuloseregime behandelt werden. Bei älteren tuberkulinen Kindern, die nach der obigen Definition keine Konverter sind, ist das Risiko einer aktiven Erkrankung geringer. Deshalb genügt in der Regel eine Röntgenkontrolle nach 3 Monaten. Eine präventive kann aber, insbesondere bei einer Tuberkulinreaktion mit einem Durchmesser von mehr als 15 mm, ebenfalls erwogen werden. Bei ungeimpften Kindern mit em Mantouxtest und einem en Röntgenbefund muß eine ausgeschlossen bzw. nach Bestätigung vollständig behandelt werden. Kontakt 940
4 Kontakt Keine Alter < 6 Jahre Mantoux Keine 1. Mantoux 2. Mantoux sucht und bei Verdacht geröntgt werden. Bei en Befunden sind weitere Kontrollen nicht erforderlich. Bei em Mantouxtest, aber en klinischen und radiologischen Befunden, sollte präventiv mit Isoniazid behandelt bzw. weiterbehandelt werden. Falls das Kind klinische hat das röntgenbild hinweisende Veränderungen zeigt, ist eine aktive, unabhängig vom Tuberkulinstatus, wahrscheinlich. Die oben genannten weiteren Untersuchungen müssen dann zwar durchgeführt werden, sollten aber den sbeginn nicht verzögern. Pulmonale, chronische Erkrankung Pädiatrische Praxis Mantoux nach 3 Monaten wiederholen negativ - abbrechen Kontrolle aufnahme ist nur im Hinblick auf die bessere Beurteilung späterer Untersuchungen zum Vergleich gerechtfertigt. Neugeborene, deren Mütter wegen einer Lungentuberkulose behandelt werden, müssen für mindestens 3 Monate mit Isoniazid als Infektionsprophylaxe behandelt werden. Falls die Mutter besonders schwer erkrankt, noch hochinfektiös (er Sputumausstrich) mit einem resistenten Stamm infiziert ist, sollte das Kind von der Mutter isoliert und sofort mit einer Kombinationsbehandlung begonnen werden. Nach 3 und 6 Monaten wird der Säugling mit Tuberkulin nachgetestet. Bei em Mantouxtest muß weiter präventiv mit Isoniazid behandelt werden. Bleibt der bei älteren Kindern nach 3 Monaten wiederholte Tuberku- Röntgen Abb. 3 Diagnostische Schritte nach Identifizierung als Kontaktperson eines infektiösen Tuberkulosepatienten Besonders infektiös: Erwachsene Tuberkulosepatienten mit em Sputumausstrich lintest negativ und treten inzwischen keine auf, sind weitere Maßnahmen zunächst nicht erforderlich. Eine begonnene präventive sollte abgebrochen werden. Um sicherzustellen, daß nicht trotz des wiederholt negativen Mantouxtests eine Infektion stattgefunden hat und sich möglicherweise noch eine aktive Erkrankung entwickelt, sollte das Kind nach 3 Monaten erneut klinisch unter- Pulmonale sollten nur dann als Kriterium gewertet werden, wenn sie auch unter einer für länger als zwei Wochen weiterbestehen. Wichtige Zeichen einer chronischen Erkrankung sind beispielsweise Appetitverlust, unklares Fieber, Gewichtsverlust zu geringe Gewichtszunahme (Abb.4). Bei sicher negativem Mantouxtest sollten, auch wenn das röntgenbild ist, zunächst andere unspezifische pulmonale Erkrankungen als wahrscheinlichere Diagnosen angesehen und soweit möglich ausgeschlossen werden. Hinweisende Befunde auf eine andere Diagnose machen. Falls und Befunde allerdings unklar bleiben, sollte auch, wie oben beschrieben, ausgeschlossen werden. Bei einem en Mantouxtest ist das weitere Vorgehen vom Röntgenbefund und den Risikofaktoren abhängig. Bei einem en befund sollte auf jeden Fall ausgeschlossen werden. Bei em Röntgenbefund ist dies nur dann erforderlich, wenn das Kind jünger als 6 Jahre ist, wenn es selbst seine engere Familie einer Risikogruppe angehören wenn die Tuberkulinkonversion innerhalb der letzten 2 Jahre dokumentiert ist. Risikogruppen sind z.b. Immigranten aus Gebieten mit einer hohen Tuberkuloseprävalenz, HIV-Infizierte und soziale Randgruppen. Eine Immunschwäche erhöht ebenfalls das Risiko für. Auch wenn Risikofaktoren nicht eindeutig zu identifizieren sind, 941
5 Pulmonale Weitere Untersuchungen Andere Diagnose 1. Mantoux 2. Röntgen Mantoux Alter < 6 Jahre Konverter Risikogruppe Unspezifische Zeichen chronischer Erkrankung ausschließen Eine länger als etwa 10 Tage andauernde, lokalisierte Lymphadenopathie am Hals supraklavikulär ist verdächtig für eine mykobakterielle Infektion, einschließlich (Abb.5). Allerdings sind andere bakterielle Infektionen, die infektiöse Mononukleose Systemerkrankungen in der Regel wahrscheinlicher und müssen vor der Exhandlung nicht um mehr als einige Tage verzögern. Die sollte auch ohne kulturellen Nachweis von Mycobacterium (M. tuberculosis M. bovis) vollständig durchgeführt werden, da die Kultur nicht selten negativ bleibt. Bei em nicht hinweisendem histologischen Befund sollte die Differentialdiagnose erweitert werden. Das weitere Vorgehen hängt besonders auch vom röntgenbefund ab. Eine auf eine mykobakterielle Infektion hinweisende Histologie, zusammen mit einem en Röntgenbefund und dem fehlenden Nachweis von M. tuberculosis M. bovis, weisen auf eine Infektion mit anderen, sog. atypischen Mykobakterien (mycobacteria other than tuberculosis MOTT) hin. Deren kultureller Nachweis und Identifizierung sind oft schwierig und sollten nicht ausschlaggebend für die Diagnose sein. Da eine MOTT-Erkrankung bei vollständiger chirurgischer Exstirpation der betroffenen Lymphknoten und der Fistelgänge als therapiert gilt, ist eine zusätzliche medikamentöse Therapie nicht erforderlich.allerdings sollte das Kind nach einigen Wochen erneut vorgestellt werden, um ein Rezidiv rechtzeitig zu erkennen. Meningitische Zeichen Abb. 4 Diagnostische Schritte bei unklaren pulmonalen n unspezifischen Zeichen einer chronischen Erkrankung sollte der Tuberkuloseverdacht im Zweifel weiterverfolgt werden. Wenn bei em Mantouxtest und em Röntgenbild das Tuberkuloserisiko als gering eingeschätzt wird, sollten zunächst andere Erkrankungen ausgeschlossen werden. Periphere Lymphadenopathie keit Gereiztheit gewertet werden (Abb.6). Ein Verdacht auf M muß innerhalb von Stunden höchstens zwei bis drei Tagen geklärt werden. Entscheidend ist, daß auch Hinweise, wie Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe unklare Erkrankungen in der Familie, ernstgenommen werden und daß bei Verdacht sofort gehandelt wird. Der erste Schritt ist die Untersustirpation soweit möglich ausgeschlossen jedenfalls als Differentialdiagnose weiter berücksichtigt werden. Bei der Operation sollten die erkrankten Lymphknoten vollständig, einschließlich eventuell vorhandener Fistelgänge, entfernt und sowohl histologisch als auch bakteriologisch (Flüssigkultur) untersucht werden. Ein epitheloidzelliges Granulom mit zentraler, verkäsender Nekrose ist typisch und hinweisend auf eine mykobakterielle Infektion. Die typische Histologie zusammen mit einem en röntgenbild machen eine sehr wahrscheinlich. Die oben beschriebenen weiteren Untersuchungen zur Bestätigung der Diagnose müssen dann zwar auch durchgeführt werden, sollten aber den Beginn der vollständigen Be- Typische meningitische Zeichen am Anfang selten deutlich ausgeprägt Typische meningitische Zeichen wie Meningismus, Berührungsempfindlichkeit Kopfschmerzen sind bei tuberkulöser Meningitis (M) anfänglich selten deutlich ausgeprägt. Als verdächtige sollten auch psychomotorische Unruhe, e Schläfrig- 942
6 Kalte, schmerzlose Lymphknoten Exstirpation Diagnose, wie Mantouxtest Kultur des Magensafts, zunächst zweitrangig, sollten aber in jedem Fall so bald wie möglich durchgeführt werden. Diskussion Pädiatrische Praxis Histologie Hinweisend Bakteriologie Nach wie vor gilt für die Kindertuberkulose, daß die Diagnose zu einem hohen Prozentsatz falsch ist und daß andererseits die ungläubige Suche nach definitiven Beweisen oft zu gefährlichen Verzögerungen übersehenen Diagnosen führt [7]. Zur Zeit gibt es kein Patentrezept, dieses Dilemma zu Erweiterte Differentialdiagnose Andere Diagnose chung des Liquors, die immer Kultur, Zellzahl, Differentialzellbild, Glukose und Eiweiß einschließen muß. Der Ausstrich auf säurefeste Stäbchen und eine Tuberkulosekultur sind zunächst für die Sofortdiagnostik selten hilfreich, sollten aber unbedingt durchgeführt werden. Falls sich die bei em Liquor innerhalb von 24 Stunden deutlich bessern, ist die Diagnose M äußerst. Bei weiterbestehenden n muß der Liquor innerhalb 24 Stunden erneut untersucht werden. Bei einem en Liquorbefund, aber ohne auf hinweisende Zusatzbefunde, sollten zunächst Ergebnisse von Liquorkulturen und Antigensuchtesten (Enteroviren) abgewartet werden. Falls ein anderer Erreger Röntgen Kultur von Mycobacterium tuberculosis M. bovis Kontrolle Abb. 5 Diagnostische Schritte bei kalten, schmerzlosen Lymphknoten und ohne hinweisende andere Befunde lösen. Entscheidend für eine effektive klinische Routine ist aber sicherlich, grundlegende diagnostische Untersuchungen sinnvoll anzuwenden. Der kulturelle Keimnachweis, besonders in Sputum Magensaft, ist theoretisch der Goldstandard für die Diagnose. Wegen der geringen Keimzahl bei Kindern und der wochenlangen Verzögerung bis zum Vorliegen der Ergebnisse, sind -Kulturen für die Diagnose zunächst aber von geringer Bedeutung. Besonders wichtig sind dagegen Angaben über Kontakte mit infektiösen -Patienten und der Tuberkulinstatus. Bei bekanntem Kontakt einem en Mantouxtest sollte die Differentialdiagnose einschließen. Es bleibt aber oft unklar, welche anderen Kriterien entscheidend für Ausschluß Bestätigung einer sind. Unsere Flußdiagramme sollen zeigen, welche diagnostischen Schritte notwendig sind, um bei Kindern rasch zu einer möglichst sicheren Diagnose zu kommen. Die dargestellte Abfolge und Verknüpfungen der diagnostischen Maßnahmen helfen,verzögerungen und Umwege zu vermeiden. Dabei kam es uns darauf an, die entscheidenden diagnostischen Schritte und ihre Bedeutung klar darzustellen. Die Dianachgewiesen wird, kann der Verdacht auf tuberkulöse Meningitis fallengelassen werden. Das gleiche gilt, wenn sich kein Erreger findet und die innerhalb von 2 Tagen deutlich nachlassen. Bei weiterbestehenden n ohne Erregernachweis sollte eine begonnen werden. Bei einem für M verdächtigen Liquorbefund zusammen mit anderen auf hinweisenden Zusatzbefunden, wie Veränderungen auf dem röntgenbild,angaben über einen in den letzten 2 Jahren en Tuberkulintest, Kontakt mit einem infektiösen Tuberkulosepatienten Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe, muß die sofort begonnen werden. In diesem Fall sind die Ergebnisse weiterer Untersuchungen zur Bestätigung der Der kulturelle Keimnachweis, besonders in Sputum und Magensaft, ist theoretisch der Goldstandard für die Diagnose 943
7 Meningitische Zeichen persistieren Liquoruntersuchung Andere Diagnose persistieren Abb. 6 Diagnostische Schritte bei Zeichen einer Meningitis gramme sind als eine auch im klinischen Alltag verwendbare Hilfe für ein möglichst effektives diagnostisches Vorgehen gedacht. Das gilt insbesondere für solche Kliniker, die eher selten mit fraglichen Tuberkulosefällen zu tun haben. Wir hoffen, so dazu beizutragen, daß die Diagnose in den allermeisten Fällen zum frühestmöglichen Zeitpunkt gestellt wird. Allerdings ist ein guter klinischer Arbeitsablauf nutzlos, wenn die Qualität der Einzelergebnisse schlecht ist nötige Entscheidungen am Ende nicht getroffen werden. Die Struktur der Diagramme ist keineswegs in allen Einzelheiten zwingend. Für die Bedingungen entwickelter Länder mit geringer Tuberkuloseprävalenz erscheint uns das vorgeschlagene Vorgehen aber am ehesten geeignet, grundsätzliche Fehler bei der Tuberkulosediagnostik zu vermeiden. Unsere Leitlinien sollen andere, umfassende Empfehlungen zur Tuberkulosekontrolle verdeutlichen und ergänzen [2,4,8,11,12]. Literatur Hinweisende Zusatzbefunde 1. American Academy of Pediatrics Committee on Infectious Diseases (1994) Screening for tuberculosis in infants and children. Pediatrics 93: Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (1997) Tuberkulöse und nichttuberkulöse mykobakterielle Krankheiten. In: Handbuch 1997, Infektionen bei Kindern und Jugendlichen, 2. Aufl. Futuramed, München 3. Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (1996) 22. Informationsbericht. pmi Verlagsgruppe, Frankfurt/Main 4. Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (1996) Richtlinien für die Umgebungsuntersuchungen bei Tuberkulose. Gesundheitswesen 58: Felten MK, Leichsenring M (1996) Intrakranielles Tuberkulom: Differentialdiagnose der intrazerebralen Raumforderung (Brief). Monatsschr Kinderheilkd 144: Gie RP, Beyers N, Schaaf HS, Nel ED, Smuts NA, van Zyl S, Donald PR (1995) or not? S Afr Med J 85: Harries AD, Maher D (1996) /HIV: a clinical manual. WHO// World Health Organization, Geneva 8. Joint Tuberculosis Committee of the British Thoracic Society (1994) Control and prevention of tuberculosis in the United Kingdom: Code of practice : Magdorf K (1988) Tuberkulinstempeltest - vergleichende Untersuchungen. Öff Gesundh Wes 50: Magdorf K (1996) Empfehlungen zur Tuberkulintestung im Kindesalter für die Bundesrepublik Deutschland. Monatsschr Kinderheilkd 144: Magdorf K, Ertel M,Wahn U (1997) Tuberkulose im Kindesalter: 1. Epidemiologie, Ätiologie, Diagnostik und Prävention. Pädiat Prax 52: Magdorf K, Freihorst J,Wahn U, von der Hardt H (1995) Kindertuberkulose in Deutschland, aktuelle Empfehlungen zu Diagnostik, Prävention und Therapie. Med Klin 90: Magdorf K, Khouw I, Ertel M,Wahn U (1996) Positiver Tuberkulintest bei nicht BCGgeimpften Kindern - immer ein Hinweis auf eine spezifische Infektion? Monatsschr Kinderheilkd 144: Pillekamp F, Rietschel E, Schaper J (1995) Intrakranielles Tuberkulom: Differentialdiagnose der intrazerebralen Raumforderung. Monatsschr Kinderheilkd 143: Pöge A, Leichsenring M, Zieger B (1994) Ausgeprägte Wirbelsäulen- und Lungentuberkulose bei einem zweijährigen, immunkompetenten Kind. MonatsschrKinderheilkd 142: Schaaf HS, Beyers N, Gie RP, Nel ED, Smuts NA, Scott FE, Donald PR, Fourie PB (1995) Respiratory tuberculosis in childhood: the diagnostic value of clinical features and special investigations. Pediatr Infect Dis J 14: Schlegel J, Ferlinz C, Ferlinz R (1995) Epidemiologie der Tuberkulose. Internist 36: Starke JR, Jacobs RF, Jereb J (1992) Resurgence of tuberculosis in children. J Pediatr 120: Vallejo JG, Ong LT, Starke JR (1994) Clinical features, diagnosis, and treatment of tuberculosis in infants. Pediatrics 94: WHO Tuberculosis Programme (1995) Tuberculosis notification update December WHO// World Health Organization, Geneva 944
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