S Ü D W E S T R U N D F U N K F S - I N L A N D R E P O R T MAINZ S E N D U N G:
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- Curt Gerber
- vor 6 Jahren
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1 Diese Kopie wird nur zur rein persönlichen Information überlassen. Jede Form der Vervielfältigung oder Verwertung bedarf der ausdrücklichen vorherigen Genehmigung des Urhebers by the author S Ü D W E S T R U N D F U N K F S - I N L A N D R E P O R T MAINZ S E N D U N G: Homöopathie auf dem Vormarsch: Trotz zweifelhaftem Nutzen zahlen immer mehr Kassen AutorInnen: Claudia Butter Gottlob Schober Kamera: Jan Kreutz Thomas Schäfer André Schmidtke Schnitt: Christian Schreiber Moderation Fritz Frey: Die einen schwören drauf, für die anderen ist es schlicht Humbug. Homöopathie die alternative Heilmethode, die übrigens auf den deutschen Arzt Samuel Hahnemann zurückgeht, sie polarisiert. Jetzt könnte man sagen: Jeder wie er mag. Aber beim Verteilungskampf im deutschen Gesundheitssystem konkurrieren die homöopathischen Ärzte mit den Schulmedizinern. Ob es in diesem Kampf fair zugeht Claudia Butter und Gottlob Schober haben es recherchiert.
2 2 Bericht: Ein Arzt, der Zeit für sie hat. Das ist Irmhild Jakob wichtig. Bei ihrem ehemaligen Hausarzt war das anders. O-Ton, Irmhild Jakob:»Mehr als zehn Minuten hat der Hausarzt sich nie genommen. Manches muss man ja mal schildern. Und das geht gar nicht in so einer kurzen Zeit.«Dieses Problem hat sie jetzt nicht mehr. Heute ist sie Patientin von Ferdinand Escher. Er ist nicht nur Hausarzt, sondern darüber hinaus auch noch Homöopath. Er kann sich Krankengeschichten ausführlich anhören. Zum Beispiel beim ersten Patientengespräch mindestens eine Stunde lang. Dafür bezahlt ihm die Kasse insgesamt rund 120 Euro, erzählt er uns. O-Ton, Dr. Ferdinand Escher, Hausarzt und Homöopath:»Wenn man nicht nur die aktuellen Beschwerden sehen will, sondern auch eben Beschwerden in anderen Körperbereichen, den ganzen Menschen eben, dann brauche ich einfach mehr Zeit, um dann ein Mittel zu finden.«barbara Römer ist Hausärztin. Auch sie würde mit ihren Patienten gerne länger und intensiver reden. Der Unterschied: Im Gegensatz zum Kollegen, der zusätzlich Homöopath ist, bekommt sie für das Erstgespräch deutlich weniger als 120 Euro. O-Ton, Dr. Barbara Römer, Hausärztin:»Ich finde das absolut nicht in Ordnung, dass ein hochqualifiziertes Gespräch durch einen Hausarzt noch nicht einmal halb so gut honoriert wird, wie ein Gespräch durch einen Homöopathen.«Wie kommt es zu so einer Ungerechtigkeit? Als Arzt und Homöopath profitiert auch Ferdinand Escher von so genannten Selektivverträgen. Sie sehen vor, dass üppige Arztkosten
3 3 übernommen werden. Die Lobbyisten des Zentralvereins homöopathischer Ärzte haben solche Verträge mit vielen gesetzlichen Krankenkassen bundesweit abgeschlossen. Cornelia Bajic ist die oberste Homöopathie-Lobbyistin. Sie freut sich über den Coup.»Aus unserer Sicht sind die Selektivverträge auf alle Fälle ein Erfolgsmodell. Es nehmen immer mehr Kassen teil, aktuell sind es ca. 90 Kassen von 125. Das ist natürlich jetzt für die Homöopathen ein Luxus.«Ein ungerechter Luxus, findet der Gesundheitsrechtler Professor Ingo Heberlein. Als Patientenvertreter im Gemeinsamen Bundesausschuss, der Selbstverwaltung unter anderem von Ärzten und Kassen, hat er sich intensiv mit dem Thema beschäftigt. O-Ton, Prof. Ingo Heberlein, Gesundheitsrechtler und Patientenvertreter im G-BA:»Wenn dieser Umfang der sprechenden Medizin nur für die Homöopathie bezahlt wird, dann ist das zum einen eine Aufwertung der Homöopathie. Zum anderen aber, wie die andere Seite der Medaille, natürlich eine Abwertung der in der Regelversorgung praktizierten Medizin.«Und das obwohl der Nutzen homöopathischer Therapien wissenschaftlich höchst umstritten ist. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, kurz IQWIG, untersucht als unabhängiges wissenschaftliches Institut den Nutzen von medizinischen Maßnahmen. Seine Einschätzung: Zitat:»Alle bisherigen Versuche homöopathischer Therapien, einen Nutzen wissenschaftlich zu belegen, sind gescheitert.«
4 4 Deshalb sehen die Verträge zwischen Kassen und Lobbyverband auch vor, dass homöopathische Medikamente nicht bezahlt werden. Wenn die Therapie aber so umstritten ist: Warum bekommen Homöopathen dann mehr Geld für Patientengespräche als Schulmediziner? Wir fragen bei allen beteiligten Kassen an. Ein Interview gibt niemand. Von fast 90 antworten uns inhaltlich nur 19. Man wolle die Versicherten zufriedenstellen und auf den vorhandenen Wettbewerbsdruck reagieren. Diesen Wettbewerbsdruck fördern die Lobbyisten und raten Patienten zum Kassenwechsel.»Wir unterstützen die Patienten auf diesem Weg.«Frage: Indem sie ihnen zum Beispiel sagen, wie sie am besten kündigen können bei ihrer Krankenkasse?»Das...«Frage: Das steht auf Ihrer Homepage ganz dick.»echt?«frage: Ja?»Also man kann natürlich Es ist so. Die Ärzte können natürlich den Patienten raten,
5 5 die Kasse zu wechseln, wenn ihre Kasse die Homöopathie nicht übernimmt.«frage: Und die Kassen, die sich daran nicht beteiligen, wandern denen lukrative, gesunde Patienten ab?»die Möglichkeit besteht, aber sie haben natürlich dann die Chance auch die Homöopathie anzubieten.«die Folge: Kaum noch eine gesetzliche Kasse kann es sich leisten, mit dem Thema Homöopathie nicht auf Kundenfang zu gehen. Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, ist alarmiert. O-Ton, Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender Kassenärztliche Bundesvereinigung:»Wie die Krankenkassen diese Leistungen propagieren, hat mit Versorgung von Patienten primär nichts zu tun, sondern es ist aus meiner Sicht in der Tat ein reiner Werbegag. Die Finanzmittel, die in solche Leistungen fließen, fehlen natürlich in der haus- und fachärztlichen Versorgung.«Doch wie hoch sind die Kosten, die den Krankenkassen durch Homöopathieverträge entstehen? Große gesetzliche Krankenkassen, wie zum Beispiel Techniker und Barmer, beantworten diese Frage nicht. Wir bitten den ehemaligen Chef der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland, Walter Bockemühl, um eine Einschätzung. Er sieht die Kooperation zwischen dem homöopathischen Lobbyverband und den gesetzlichen Krankenkassen kritisch.
6 6 O-Ton, Walter Bockemühl, ehemaliger Chef AOK Rheinland- Pfalz/Saarland:»Ich halte diese Verträge für außerordentlich problematisch, weil damit eine wissenschaftlich nicht fundierte Leistung vergütet wird durch die Krankenkassen und das zu Lasten aller Beitragszahler. Solche Selektivverträge, an denen ja Tausende von Ärzten beteiligt sind, haben selbstverständlich auch einen entsprechenden Druck auf die Beitragssätze der gesetzlichen Krankenversicherung zur Folge.«Im Wettbewerb um Patienten schließen gesetzliche Krankenkassen umstrittene Verträge mit der Homöopathie-Lobby ab. Es drohen Beitragserhöhungen für alle.
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