S Ü D W E S T R U N D F U N K F S - I N L A N D R E P O R T MAINZ S E N D U N G: Ausnahmen beim Mindestlohn: Der Sieg der Lobby
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- Lioba Beyer
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1 Diese Kopie wird nur zur rein persönlichen Information überlassen. Jede Form der Vervielfältigung oder Verwertung bedarf der ausdrücklichen vorherigen Genehmigung des Urhebers by the author S Ü D W E S T R U N D F U N K F S - I N L A N D R E P O R T MAINZ S E N D U N G: Ausnahmen beim Mindestlohn: Der Sieg der Lobby AutorInnen: Claudia Butter Achim Reinhardt Redaktionelle Mitarbeit: Kamera: Arthur Pohlit Hans Goldfuß Michael Reichert Thomas Schäfer Schnitt: Holger Höbermann Moderation Fritz Frey:»Für mich ist es eine Unverschämtheit, weil wir machen unseren Job genauso wie jeder andere auch. Das finde ich also überhaupt nicht OK.«Mindestlohn für alle? Von wegen! Es gibt Ausnahmen. Warum? Jetzt in REPORT MAINZ. Guten Abend zu REPORT MAINZ. Für uns Journalisten, aber vielleicht auch für Sie, gehört die Dame zu den, sagen wir, Helden
2 2 des Alltags. Wenn wir morgens schlaftrunken an den Briefkasten schlurfen, dann haben sie und ihre Kollegen schon hart gearbeitet: die Zeitungszusteller. Ausgerechnet die aber werden nicht dazugehören, wenn ab 1. Januar 2015 der gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn von 8,50 greift. 3,7 Millionen Arbeitnehmer werden ab Jahreswechsel vom Mindestlohn profitieren warum nicht auch die Zeitungszusteller? Claudia Butter und Achim Reinhardt mit der Suche nach einer Antwort, einer Suche, die uns tief in die Lobbyrepublik Deutschland führt. Bericht: Mitten in der Nacht beginnt ihr Arbeitstag. Kerstin Ramthun trägt Zeitungen aus. Um zwei Uhr früh läuft sie los, zehn Kilometer bei jedem Wetter. O-Ton, Kerstin Ramthun:»Ne, kein leichter Job. Also es geht schon alles in die Knochen.«Harte Arbeit für nur 300 Euro im Monat. Der Mindestlohn sollte das verbessern. Doch ausgerechnet sie wird ihn nicht bekommen: Die Zeitungsausträger sind erst mal ausgenommen bis 2017, als einzige Branche. O-Ton, Kerstin Ramthun:»Ich verstehe das einfach nicht, das will mir nicht in den Kopf rein. Weil wir arbeiten genauso wie die anderen auch.«statt 8,50 Euro Mindestlohn gibt es für die Zeitungszusteller im nächsten Jahr nur 6,38 Euro pro Stunde. In letzter Minute kam diese Ausnahme noch ins Gesetz. Zwei Stunden später beginnt Bernd Kleinschmidt in Stuttgart seine Tour. Bislang bekommt er einen Stücklohn, umgerechnet rund 7,50 Euro pro Stunde, sagt er. Durch die Ausnahmeregel verdient er nächstes Jahr weniger. O-Ton, Bernd Kleinschmidt:»Es lohnt sich jetzt schon nicht für mich, und es wird eigentlich ab nächstem Jahr dann noch schlimmer. Es wird von Verbesserungen
3 3 gesprochen, aber es ist eigentlich eine Verschlechterung.«Eine Branche vorerst vom Mindestlohn ausgenommen. Dabei hatte die Arbeitsministerin immer wieder versichert:»aber klar ist auch: Ausnahmen für Branchen wird es keine geben.für alle Branchen.Ohne Ausnahmen.«Was also ist passiert? Verbände der Zeitungsverleger haben diese Briefe an eine Bundestagsabgeordnete geschickt. Darin machen sie Stimmung gegen einen Mindestlohn für Zusteller. Später bedanken sie sich für die vielen Gespräche und das Verständnis. Wir treffen den SPD-Bundestagsabgeordneten Klaus Barthel. Die Verleger, sagt er, hätten die Politiker immer wieder mit Briefen und Anrufen bearbeitet, um den Mindestlohn zu verhindern. O-Ton, Klaus Barthel, SPD, Bundestagsabgeordneter:»Die Verleger nutzen natürlich die Tatsache, dass Politikerinnen und Politiker besonders darauf angewiesen sind, in der Presse positiv behandelt zu werden. Man kann in diesem Fall sehen, wie die publizistische Macht benutzt worden ist, um politische Entscheidungen zu beeinflussen.«ein anderer Bundestagsabgeordneter erzählt uns, wie er unter Druck gesetzt wurde. Er will nicht erkannt werden, weil auch er weiterhin auf die Berichterstattung angewiesen ist. O-Ton, Stimme nachgesprochen:»da kam der Chefredakteur des Wochenblatts in meinem Wahlkreis auf mich zu und sagte ganz offen, der Mindestlohn rechne sich nicht für seine Zeitung. Deswegen
4 4 sollte ich mich dagegen positionieren. Und wenn ich mich nicht gegen den Mindestlohn ausspreche, dann würde ich eben bis zur Wahl im Blatt nicht mehr stattfinden, nur noch mein Kontrahent von der CDU.«Die Ausnahme als Ergebnis erfolgreicher Lobbyarbeit? Ein Interview gibt der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger nicht. Schriftlich heißt es: Die Zeitungen hätten Ausnahmen kritisch kommentiert. Doch die wirtschaftliche Entwicklung lasse die zusätzlichen Belastungen nicht zu. Auch das Bundesarbeitsministerium lehnt ein Interview ab. Schriftlich teilt ein Sprecher mit: Vor dem Hintergrund der Pressefreiheit werde den Besonderheiten dieser Branche Rechnung getragen. Für den Sozialwissenschaftler Prof. Stefan Sell sind diese Argumente vorgeschoben. O-Ton, Prof. Stefan Sell, Sozialwissenschaftler, Hochschule Koblenz:»Dass die Pressefreiheit durch den Mindestlohn gefährdet wird, das ist eine nicht nur skurrile, sondern auch völlig unsinnige Argumentation. Es gibt eine Menge Verlage, die Renditen im zweistelligen Prozentbereich erwirtschaften. Die machen richtig gute schwarze Zahlen.«Er beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema Mindestlohn. Für ihn steht fest: O-Ton, Prof. Stefan Sell, Sozialwissenschaftler, Hochschule Koblenz:»Das ist ein Sieg der Verlegerlobby, und es ist letztendlich ein Kniefall der politischen Entscheidungsträger.«Und noch einer Branche hat die Politik Zugeständnisse gemacht: Der Landwirtschaft. Den Mindestlohn konnten die Bauern zwar nicht verhindern. Aber dafür haben sie einen schönen Ausgleich bekommen: Saisonarbeiter, wie sie, können die Landwirte vorerst deutlich länger beschäftigen, ohne Sozialabgaben zu zahlen. Statt 50 bis zu 70 Arbeitstage. Keine Sozialabgaben das spare rund 20 Prozent Lohnkosten, jubelt der Vizepräsident des Bauernverbands Norbert Schindler.
5 5 O-Ton, Nobert Schindler, MdB CDU, Vizepräsident Deutscher Bauernverband:»Also ich bin stolz auf das Erreichte, in intensiven harten Gesprächen, das ist ein super Erfolg.«Beim Bauerntag im Juni habe man das eingefädelt. Der Landwirtschaftsminister war zu Gast und der Chef des Kanzleramts, Peter Altmaier: O-Ton, Nobert Schindler, MdB CDU, Vizepräsident Deutscher Bauernverband:»Ich kann mich gut erinnern an den Mittwochabend, als Peter Altmaier in Eile wieder zurückflog nach Berlin, und er bekam so als letztes Dossier nochmal mit: Morgen früh beim Frühstücksgepräch bei Frau Merkel bitte noch mal darauf hinweisen, wenn wir die Übergänge nicht bekommen, gibt es richtig Ärger.«Am Wochenende danach wurde die Sonderregel bekannt. Das Bundesarbeitsministerium teilt auf Anfrage mit: Es handle sich nicht um Zugeständnisse an die Lobby. Man habe für die Branche Probleme bei der Umsetzung besonders berücksichtigt. Die Bauern hatten zuvor geklagt: Arbeitsplätze gingen verloren und deutsches Gemüse sterbe aus. Das sehen nicht alle so: Gemüsebauer Timo Welz beschäftigt zur Saison mehr als 70 Arbeiter. Fast allen zahle er schon den Mindestlohn, sagt er, und auch die Sozialabgaben überleben könne sein Betrieb trotzdem. O-Ton, Timo Welz, Gemüsebauer:»Das schmälert natürlich meinen Gewinn, aber es war bisher machbar und wird auch hoffentlich in Zukunft machbar sein. Ich bin der Meinung dass diese faire, hohe Entlohnung die Mitarbeiter verdient haben.«saisonarbeiter und Zeitungszusteller zwei Beispiele, wie die Politik Arbeitnehmer wieder um eine gerechte Entlohnung bringt.
6 6 O-Ton, Prof. Stefan Sell, Sozialwissenschaftler, Hochschule Koblenz:»In der Bilanz muss man sagen: Leider ein weiteres Erfolgsstück von partiellem Lobbyismus in diesem Land.«Abmoderation Fritz Frey: Wir lernen: keine Regel ohne Ausnahme. Und wie Ausnahmen zustande kommen, das haben wir jetzt auch verstanden. Immerhin, ab 2017 soll der Mindestlohn auch für Zeitungszusteller gelten.
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MehrWie "Bild" gegen den Mindestlohn kämpft
1 von 5 15.01.2008 17:33 Wie "Bild" gegen den Mindestlohn kämpft Wenn sich die "Bild"-Zeitung gegen die Meinung der überwältigenden Mehrheit ihrer Leser stellt, lohnt es sich fast immer, genauer hinzuschauen.
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MehrS Ü D W E S T R U N D F U N K F S - I N L A N D R E P O R T MAINZ S E N D U N G: 25.09.2012
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MehrS Ü D W E S T R U N D F U N K F S - I N L A N D R E P O R T MAINZ S E N D U N G: 11.10.2010
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