S Ü D W E S T R U N D F U N K F S - I N L A N D R E P O R T MAINZ S E N D U N G:
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- Ewald Heintze
- vor 6 Jahren
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1 Diese Kopie wird nur zur rein persönlichen Information überlassen. Jede Form der Vervielfältigung oder Verwertung bedarf der ausdrücklichen vorherigen Genehmigung des Urhebers by the author S Ü D W E S T R U N D F U N K F S - I N L A N D R E P O R T MAINZ S E N D U N G: Energiewende auf Kosten von Geringverdienern: Mietexplosion nach energetischer Sanierung Autor: Kamera: Achim Reinhardt Andreas Deinert Jens Köppelmann Christian Saal Thomas Schäfer Schnitt: Roland Rossner Moderation Fritz Frey: Gut ist es, etwas für den Klimaschutz zu tun: Häuser dämmen, Heizungen erneuern, Fenster austauschen. Energetische Gebäudemodernisierung nennt man das. Man tut also etwas für das Klima, der Energiebedarf sinkt, und für die Wirtschaft sind die vielen Baustellen auch gut. Aber was ist mit den Mietern, deren Wohnungen jetzt modernisiert werden? Versprochen hatte man ihnen, dass sie bei den Heizkosten sparen und im Ergebnis keine höheren Mieten zu bezahlen sind.
2 2 Die Wahrheit hinter diesem Versprechen sieht aber ganz anders aus. Achim Reinhardt zeigt, warum das, was gut fürs Klima ist, für viele Mieter zur Katastrophe werden kann. Bericht: Das ist die kleine Muriel aus Hamburg. Keinen Ort auf der Welt liebt sie so sehr wie ihr Kinderzimmer. In dieser Wohnung wurde sie geboren. Hier lebt sie schon seit zehn Jahren mit ihrer Mutter. Und in der Nachbarschaft hat sie viele Freunde. Doch Muriel und ihre Mutter müssen wohl bald hier raus. Vor kurzem haben sie einen Brief bekommen, von ihrer Vermieterin. Das Haus soll energetisch auf Vordermann gebracht werden. Mit Wärmedämmung und besserer Heizung. Das kostet. Und deswegen soll jetzt die Miete steigen um 187 Euro. O-Ton, Martina Finnberg:»Da war ich völlig fassungslos. Als ich die Summe hörte. Ich meine, ich weiß ja, was ich zur Verfügung habe im Monat, und dass wir gerade so über die Runden kommen. Na klar, das war ein Schock für mich.«martina Finnberg ist allein erziehend. Mit ihrer Arbeit als Tagesmutter in einem Schulhort und ein bisschen Unterstützung vom Amt kommt sie nur auf Euro im Monat. Die neue Miete von rund 800 Euro kann sie sich nicht mehr leisten. Tochter Muriel weiß, was das bedeutet. O-Ton, Muriel Finnberg:»Mama hat mir das einfach gesagt, und dann war ich natürlich auch traurig. Und dann hat sie mir gesagt, dass wir umziehen müssten und dann hab ich am Abend auch geweint und so was, weil ich hier einfach nicht weg will.«die energetische Gebäudesanierung wird zu teuer für sie. Dabei hatte die Bundeskanzlerin vor zwei Jahren noch etwas ganz anderes behauptet. Ihr Versprechen damals:
3 3 O-Ton, Angela Merkel, :» dass der Mieter dadurch, dass er weniger Energiekosten hat, auch insgesamt eine geringere Warmmiete hat.«klingt nicht schlecht. Die Wirklichkeit aber sieht ganz anders aus. Da zahlen die Mieter drauf. Wie die Familie vom kleinen Boyd aus Berlin. Auch ihre Wohnung wird saniert. Die Miete soll sich dann fast verdoppeln auf 860 Euro. Viel zu teuer für sie. Mit ihren Jobs als Künstler und Kunstpädagogen kommen sie zusammen gerade mal auf Euro im Monat. O-Ton, Daniela Fromberg:»Man sieht sozusagen auf sich zurollen, neben so einer Baumaßnahme, die ja von Dachausbau bis komplett Aufreißen von allen Öffnungen dieser Wohnung geht, ja, fühlt man natürlich, dass all das, was dort passiert, dazu führen wird, dass man gehen muss. Das ist natürlich total schlimm.«schlimm, weil sie in ihrem Stadtteil nichts finden werden. Günstige Wohnungen gibt s nur weit entfernt. Nicht nur hier in Berlin überall bekommen Mieter jetzt hohe Rechnungen für energetische Sanierungen. Hunderttausende Wohnungen werden gedämmt, Heizungen erneuert, Fenster ausgetauscht. Eigentlich eine feine Sache, gut fürs Klima. Doch für viele Mieter wird es vor allem teuer. Der Präsident des Deutschen Städtetags, Christian Ude, sieht die sozialen Folgen von solchen energetischen Modernisierungen mit großer Sorge. O-Ton, Christian Ude, SPD, Präsident Deutscher Städtetag:»Die energetische Sanierung führt wegen der Umlage der Kosten auf die Miete dazu, dass immer mehr deutsche Städte sogar erleben müssen, dass immer mehr wirtschaftlich schwache Mietparteien nicht mehr mithalten können und aus ihrer angestammten Umgebung vertrieben werden.«doch wie viele Menschen sind schätzungsweise betroffen? Das hat der Deutsche Mieterbund jetzt exklusiv für REPORT MAINZ berechnet. Danach können sich rund Mieter wegen einer energetischen Modernisierung ihre Wohnung nicht mehr leisten.
4 4 Rund Hartz-IV-Empfängern droht ein Zwangsumzug, weil das Amt die höhere Miete nicht mehr bezahlt. Und bei etwa Wohngeldbeziehern reicht das Wohngeld nicht mehr aus. Sozial Schwache werden regelrecht aus ihren Wohnungen raussaniert. Auch das Rentner-Ehepaar Paul aus Berlin ist verzweifelt. Seit 35 Jahren wohnen sie hier, jetzt soll sich die Miete auf einmal von 410 auf 815 Euro fast verdoppeln. O-Ton, Anni Paul:»Ich hab angefangen zu weinen. Ich habe gesagt, Mensch, wo soll das hinführen, das können wir gar nicht bezahlen, alles. Ich sage: wir leisten uns ja schon gar nichts groß, wir gehen nirgends hin, das ist bloß das Essen und weiter haben wir ja sonst nichts Aber dass das so viel wird, damit haben wir nie gerechnet.«gegen so eine böse Überraschung kann man sich schon jetzt kaum wehren. Immer mehr Mietern droht nun das gleiche Schicksal. Denn die Bundesregierung will das Tempo bei Modernisierungen noch verschärfen. Auch gegen den Willen von Mietern. So sieht es das neue Mietrecht vor, das zum Ende des Jahres in Kraft treten soll. Hier heißt es: Zitat:»Wirtschaftliche Härtegründe, also insbesondere die erhöhte Miete nach Modernisierung, sollen der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen selbst nicht mehr entgegenstehen.«gerne hätten wir Bundesbauminister Peter Ramsauer dazu befragt. Doch er gibt uns kein Interview. Schriftlich räumt er ein, dass es sicherlich zu Umzügen einkommensschwacher Haushalte komme, die er auch sehr ernst nehme. Trotzdem findet er das Mietrecht sozial ausgewogen. Politiker der Opposition im Bundestag sehen das anders und üben im Interview mit REPORT MAINZ jetzt harte Kritik am Mietrecht.
5 5 O-Ton, Bärbel Höhn, B 90/Grüne, Stellv. Fraktionsvorsitzende:»Diese Mietrechtsnovelle ist zu einseitig. Sie hat massive soziale Härten, die daraus folgen. Menschen müssen ihre Wohnung verlassen, können die erhöhten Mieten nicht mehr zahlen, und das geht nicht.«o-ton, Ulrich Kelber, SPD, Stellv. Fraktionsvorsitzender:»Das muss gestoppt werden. Man muss dafür sorgen, dass die Menschen nur so viel davon tragen, wie sie mit ihren Einkommen auch finanzieren können. Und das kann durch eine bessere Gesetzgebung und durch bessere staatliche Zuschüsse, die sich schnell rechnen werden, auch passieren.«martina Finnberg und ihre Tochter Muriel müssen sich jetzt eine neue Wohnung suchen. Am besten ungedämmt und schlecht isoliert. Was anderes können sie sich leider nicht leisten.
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