Charakterisierung von Nanopartikel-Protein- Agglomeraten in biologisch relevanten Medien

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1 Charakterisierung von Nanopartikel-Protein- Agglomeraten in biologisch relevanten Medien vorgelegt von Diplom-Chemiker Thomas Lang geboren in Heidelberg von der Fakultät II - Mathematik und Naturwissenschaften der Technischen Universität Berlin zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.) genehmigte Dissertation Promotionsausschuss: Vorsitzender: Prof. Dr. Reinhard Schomäcker Gutachter: Prof. Dr. Michael Gradzielski Gutachter: Prof. Dr. Michael Maskos Tag der wissenschaftlichen Aussprache: Berlin 2014 D 83

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3 Man muss Dinge so einfach wie möglich machen. Aber nicht einfacher. Albert Einstein

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5 Abstract In this study, three different kinds of nanomaterials were investigated revealing diverse properties under physiological conditions. These were stabilizer free alloy nanoparticles from laser ablation, amorphous silica and poly(organosiloxane) nanoparticles. With regards to in vitro cell studies, size characterization of nanoparticles took place in cell culture media in presence of fetal bovine serum proteins. To combine the benefits of different characterization techniques and to compensate single drawbacks, Static Light Scattering, Dynamic Light Scattering and Asymmetrical Flow Field-Flow Fractionation were applied. Furthermore, the coupling of Asymmetrical Flow Field-Flow Fractionation to a prototype online MALLS detector offering minimal sample volume was established. The alloy nanoparticles exhibited insufficient electrostatic stabilization at physiological salt conditions, however featuring increased stability after serum protein adsorption. In contrast amorphous silica nanoparticles were stable at high salt conditions and aggregates were formed rapidly in presence of proteins. Hence, agglomeration behavior of silica nanoparticles was investigated in detail by applying a model describing growth behavior of particle-cluster and cluster-cluster aggregates, which was also derived in this study. Poly(organosiloxane) nanoparticles did not show any aggregation behavior, though the thickness of the protein corona was investigated by applying Static Light Scatting experiments representing an alternative approach to already established methods such as Dynamic Light Scattering, Fluorescence Correlations Spectroscopy or Particle Tracking. As result for silica nanoparticles in presence of proteins, evidence for the mechanism of bridging flocculation was provided. The flocculation process was completed after 10 minutes. Furthermore, the number of bridges was observed being constant independent of the number of particles present. However the size of the pristine nanomaterial determined the absolute number of bridges. Amorphous silica nanoparticles with a radius of 10 nm and 15 nm were bridged more efficiently with a factor of 40, compared to amorphous silica nanoparticles with a radius of 60 nm. The number of proteins participating in a bridge, as well as an increased area of steric hindrance close to the bridging location, was responsible for a loss of bridging efficiency of proteins in case of larger silica particle species. The protein corona onto poly(organosiloxane) nanoparticles exhibited a size of 1.5 nm. By PEGylation of the nanomaterial, the corona decreased to a size of 0.4 nm. These obervations were confirmed by Asymmetrical Flow Field-Flow Fractionation experiments. These thicknesses corresponded to surface coverage of 48% and 12%, respectively, considering rigid proteins. The apparent incomplete surface coverage of the non-pegylated sample is a result of the unfolding of proteins at colloidal surfaces. Additionally, a statistically arrangement of adsorbed proteins does not lead to a compact packing, instead spots of unapproachable surface will be formed, which lower the maximum surface coverage directly.

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7 Kurzzusammenfassung In der vorliegenden Forschungsarbeit wurden drei unterschiedliche Nanomaterialien untersucht, welche unter physiologischen Bedingungen ein unterschiedliches Verhalten aufwiesen. Bei diesen Materialien handelte es sich um stabilisatorfreie Legierungs-Nanopartikel aus der Laser-Ablation, amorphe Silica- sowie um Poly(organosiloxan) Nanopartikel. Im Hinblick auf in vitro Zellstudien wurde eine Größencharakterisierung in Zellmedium in Gegenwart von Proteinen aus fötalem Rinderserum durchgeführt. Um Vorteile einzelner Charakterisierungsmethoden zu kombinieren und gleichzeitig Nachteile zu kompensieren, wurden zur umfangreichen Charakterisierung die Statische Lichtstreuung, die Dynamische Lichtstreuung sowie die Asymmetrische Fluss Feld-Fluss Fraktionierung angewandt. Weiterhin wurde die Asymmetrische Fluss Feld-Fluss Fraktionierung mit einem online MALLS Detektor gekoppelt. Es handelt sich hierbei um einen Prototyp, bei dem durch einen hydrodynamisch fokussierten Probestrahl eine Minimierung des Probevolumens erfolgt. Die Legierungs-Nanopartikel wiesen unter physiologischen Salzbedingungen eine nur unzureichende elektrostatische Stabilität auf, zeigten jedoch höhere Stabilität in Gegenwart von Serumproteinen. Im Gegensatz hierzu waren amorphe Silica Nanopartikel unter hohen Salzkonzentrationen stabil, aggregierten jedoch in Gegenwart von Proteinen. Das Agglomerationsverhalten der amorphen Silica Nanopartikel wurde genauer untersucht, indem hierauf ein in dieser Arbeit hergeleitetes Modell der Wachstumsfunktionen von Teilchen-Cluster- und Cluster-Cluster-Aggregaten angewandt wurde. Poly(organosiloxan) Nanopartikel wiesen in Gegenwart von Serumproteinen keine Aggregate auf. Anhand dieser Probe wurde die Dicke der Proteinkorona durch ein statisches Lichtstreuexperiment bestimmt, welches einen alternativen Zugang zu bereits etablierten Methoden wie der Dynamischen Lichtstreuung, der Fluoreszenz Korrelationsspektroskopie oder dem Particle Tracking darstellt. Als Ergebnis konnte für die Koagulation amorpher Silica Nanopartikel in Gegenwart von Serumproteinen der Mechanismus der verbrückenden Flockung nachgewiesen werden. Der Flockungsprozess war nach 10 Minuten abgeschlossen. Weiterhin war die Anzahl der gebildeten Brücken unabhängig von der vorhandenen Partikelzahl konstant, jedoch bestimmte die Größe der ursprünglichen Nanopartikel die absolute Anzahl der gebildeten Verbrückungen. Amorphe Silica Nanopartikel mit einem Radius von 10 und 15 nm wurden mit einem Faktor von 40 effizienter verbrückt als Partikel mit einem Radius von 60 nm. Die Anzahl der Proteine pro Verbrückung sowie ein größerer sterisch unzugänglicher Bereich nahe der Verbrückungsstelle sind für die geringere Verbrückungseffizienz großer Teilchenspezies verantwortlich. Die Proteinkorona auf Poly(organosiloxan) Nanopartikeln wurde auf eine Dicke von 1,5 nm bestimmt. Diese verkleinerte sich durch PEGylierung des Nanomaterials auf eine Dicke von 0,4 nm. Diese Funde wurden mittels Asymmetrischer Fluss Feld-Fluss Fraktionierung bestätigt. Unter der Annahme starrer Proteine entsprechen diese Werte einer Oberflächenbedeckung von 48% bzw. 12%. Im Falle der nicht-

8 PEGylierten Probe wurde die scheinbar unvollständige Oberflächenbelegung aufgrund der Entfaltung der Proteine auf kolloidalen Oberflächen erhalten. Zusätzlich entstehen bei statistischer Verteilung adsorbierter Proteine keine Dichtestpackungen, sondern sterisch unzugängliche Bereiche auf der Nanopartikel Oberfläche, wodurch die maximale Oberflächenbelegung nicht 100% entspricht.

9 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung Theoretische Grundlagen Kolloidale Dispersionen Die Stabilität kolloidaler Dispersionen Das elektrostatische Potential Van-der-Waals Wechselwirkungen DLVO-Theorie Der Stabilitätsfaktor Koagulationskinetik Kolloide in Gegenwart von Polymeren Sterische Stabilisierung Flockung durch Polymeradsorption Verarmungseffekte NP unter physiologischen Bedingungen Ausbildung der Proteinkorona Kolloidale Stabilität unter physiologischen Bedingungen Die fraktale Dimension von Aggregaten Das nicht-fraktale Wachstum kleiner Teilchen-Cluster Aggregate Das fraktale Wachstum großer Teilchen-Cluster Aggregate Die hydrodynamische Raumausfüllung fraktaler Strukturen Berechnung der fraktalen Dimension durch eine Reihenentwicklung Charakterisierungsmethoden Lichtstreuung Statische Lichtstreuung (SLS) Dynamische Lichtstreuung (DLS) Dynamische Lichtstreuung an polydispersen Proben Relevante Mittelwerte... 33

10 3.2 Feld Fluss Fraktionierung (FFF) Das allgemeine Trennprinzip der FFF Die Asymmetrische Fluss-Feld Fluss Fraktionierung (AF-FFF) Fraktionierung in der Fluss-FFF Ioneneffekte in der Fluss-Feld Fluss Fraktionierung Entwicklung von Methoden zur Charakterisierung von Aggregaten Online Kopplung der AF-FFF an eine MALLS Detektion Einrichtung des Durchfluss MALLS-Detektors Kalibrierung Online Molekulargewichts-Bestimmung Online Trägheitsradien-Bestimmung Modellentwicklung zum nicht-fraktalen Wachstum von Aggregaten Berechnung des nicht-fraktalen Wachstum von Teilchen-Cluster- Aggregaten Berechnung des fraktalen Vorfaktors durch eine Reihenentwicklung Berechnung der Trägheitsradien kleiner definierten Aggregaten Zusammenfassung und Diskussion Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien NP-Legierungen aus der LASER-Ablation: AuAg-, NiTi-, CoCrWNiFeMn-Legierungen Charakterisierung von Legierungs-NP Charakterisierung von Legierungs-NP in RPMI Medium Charakterisierung von Legierungs-NP in RPMI Medium in Gegenwart von Serumproteinen Amorphe Silica Nanopartikel Größencharakterisierung amorpher Silica NP Bestimmung der Oberflächenkonzentration Amorphe Silica Nanopartikel unter physiologischen Bedingungen Die Konzentrationsabhängigkeit des Aggregationsverhaltens Die kolloidale Stabilität proteinbeladener Silica NP... 98

11 5.3.3 Aggregation durch affin bindende Proteine Die Irreversibilität der Aggregation Vergleich von NexSil8, NexSil20 und NexSil125 unter physiologischen Bedingungen Koagulationskinetik der amorphen Silica NP in Gegenwart von Proteinen Modell zur Verbrückungseffizienz Zusammenfassung und Diskussion Multifunktionelle Poly(organosiloxan) Nanopartikel Poly(organosiloxan) Nanopartikel unter physiologischen Bedingungen Größencharakterisierung der Proteinkorona mittels Fluss-Feld Fluss Fraktionierung Größencharakterisierung der Proteinkorona mittels statischer Lichtstreuung Modelle zur Dateninterpretation Zusammenfassung und Diskussion Zusammenfassung und Ausblick Zusammenfassung Ausblick Experimentelle Beschreibungen Chemikalien, Nanomaterialien und Lösemittel Probenpräparation Verwendete Apparaturen Literatur Abkürzungen und Symbole Abkürzungen Symbole Anhang Berechnete Werte der Trägheitsradien von Aggregaten durch eine Reihenentwicklung Zusätzliche Abbildungen Danksagung

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13 Kolloidale Dispersionen 1 Einleitung Der Einsatz von Nanomaterialien erfuhr besonders im letzten Jahrzehnt einen enormen Aufschwung, da diese Materialen neuartige Eigenschaften als Nanopartikel im Vergleich zum Feststoff aufweisen. Bislang stellen solche Materialien ein schwer einzuschätzendes Risiko für Gesundheit und Umwelt dar. 1 Die erhöhte Belastung durch Nanomaterialien in alltäglichen Produkten 2,3 erfordert eine sorgfältige Betrachtung der bioökologischen Folgen. 4,5 Die genaue Wirkweise von Nanopartikeln auf Zellen ist unklar, jedoch werden die zytotoxischen Eigenschaften von Nanomaterialien durch die Größe und Oberfläche der Nanopartikel beeinflusst. 6,7 Das Verständnis der Interaktionen von Nanomaterialien mit biologischen Systemen sowie deren Einfluss auf grundlegende biologische Funktionen erfordert genauere Untersuchungen der komplexen Vorgänge an der Nano-Bio Grenzfläche. 8 Nanopartikel zeigen in biologischer Umgebung eine Veränderung der ursprünglichen kolloidalen Eigenschaften, 9,10 da sich sehr schnell Nanopartikel-Protein Agglomerate ausbilden, 11 die sogenannte Proteinkorona. 12 Es wird angenommen, dass diese Korona Zellantworten vermittelt, da diese das eigentliche Nanopartikel überdeckt und mit der Zelle in Wechselwirkung tritt. 13,14 Abhängig von der Art der kolloidalen Stabilisierung der Nanopartikel, kann sich weiterhin die Größe aufgrund der Formierung von Partikel-Partikel Aggregaten drastisch erhöhen. 15 In vivo ergeben sich zudem verschiedene größenspezifische Mechanismen die den Transport der Partikel bestimmen. Diese beeinflussen die Zirkulationszeit im Blut, die Extravasion ins Gewebe, die Zellaufnahme, die Degradation und die Ausscheidung. 16,17,18,19 Sowohl die Proteinkorona als auch die kolloidale Stabilität besitzen eine zentrale Stellung im Hinblick auf die Wechselwirkung der Nanopartikel mit Zellen in physiologischer Umgebung. Nanopartikel in biologisch relevanten Medien zu charakterisieren und Rückschlüsse auf kolloidale Eigenschaften zu ziehen bildet eine Grundlage zur Vorhersage der in vivo Eigenschaften von Nanopartikel. 20 In dieser Arbeit soll eine zielgerichtete Charakterisierung von Nanopartikeln unter biologisch relevanten Bedingungen erfolgen. Als Methoden eignen sich Lichtstreuversuche, zur absoluten Größencharakterisierung von Teilchen in Lösung sowie die Feld Fluss Fraktionierung zur Auftrennung der Probe sowie zur Charakterisierung polydisperser Systeme. Die Kopplung dieser Methoden stellt sich hierbei als besonders bevorteilt heraus, da die absolute Größencharakterisierung stark polydisperser Systeme gelingt. 21,22 In Anlehnung an Zellversuche soll die Nanopartikelcharakterisierung in Gegenwart von Modellmedien erfolgen, die ebenso in in vitro Tests Verwendung finden

14 Einleitung -2-

15 Kolloidale Dispersionen 2 Theoretische Grundlagen 2.1 Kolloidale Dispersionen Der Begriff Kolloid wurde von Thomas Graham 1861 eingeführt (von griech. kollan = leimen) 24 und für Stoffe verwendet, die in Lösung unsichtbar waren, dennoch aber von porösen Membranen zurückgehalten wurden. Allgemein bezeichnet dieser Begriff Verteilungszustände von Materie: eine kolloidale Dispersion ist die Verteilung eines Stoffes innerhalb eines Dispersionsmittels, wobei das räumliche Ausmaß der dispergierten Phase mindestens in einer Dimension 1 µm ist. Bei Verteilungen eines Stoffes mit einer Größenordnung 1 nm wird die kolloidale Dispersion von dem Begriff der Lösung abgegrenzt. Kolloidale Systeme werden in drei Grundtypen unterteilt 25 : - zweiphasige Dispersionen - Lösungen makromolekularer Stoffe - und Assoziationskolloide Die Zweiphasensysteme unterscheiden sich in den Aggregatszuständen der kontinuierlichen und der kolloidal dispersen Phase. Die resultierenden Dispersionen sind in Tabelle 1 zusammengestellt. Die makromolekularen Lösungen sind einphasige Systeme während die Assoziationskolloide, wie Mizellen oder Vesikel, sowohl mittels einphasigen (Massenwirkungsgesetz) sowie zweiphasigen Modellen (Phasentrennung) beschrieben werden. Tabelle 1: Kolloidale Verteilungen Kontinuierliche Phase Disperse Phase Bezeichnung fest fest festes Sol, Legierung fest flüssig feste Emulsion fest gasförmig fester Schaum flüssig fest Suspension flüssig flüssig Emulsion flüssig gasförmig Schaum gasförmig fest Aerosol, Rauch gasförmig flüssig Nebel gasförmig gasförmig nicht existent Gelöste Makromoleküle sind im thermodynamischen Sinn echte Lösungen, da deren Verhalten in Lösung von der Wechselwirkung mit dem Lösemittel bestimmt wird. Diese Systeme werden dennoch den kolloidalen Dispersionen zugerechnet, da sich die räumlichen Ausmaße von Polymerknäulen in der Größenordnung kolloidaler Dispersionen befinden. Es handelt sich hierbei um ein einphasiges kolloidales System. -3-

16 Theoretische Grundlagen Zweiphasige kolloidale Systeme liegen hingegen metastabil vor. Diese Systeme besitzen im Vergleich zu separierten Phasen einen Zustand höherer freier Enthalpie. Der Grund hierfür liegt in enthalpischen Wechselwirkungen, den Van-der-Waals (VdW) Kräften. Diese üben auf Dispersionen interpartikuläre attraktive Kräfte aus, so dass bei nicht stabilisierten Dispersionen unweigerlich eine Aggregation der Teilchen folgt. Weiterhin sind zweiphasige Dispersionen besonders in wässrigen Systemen entropisch nicht begünstigt, da der Hydratkäfig an der Grenzfläche eine hoch geordnete Struktur darstellt. Dies wird durch den hydrophoben Effekt beschrieben. 26 Um eine Phasenseparation solcher Systeme zu vermeiden, müssen an der Grenzfläche stabilisierende Kräfte vorherrschen. Eine zweiphasige Dispersion wird in der Regel durch Energiebarrieren in Form von repulsiven elektrostatischen Kräften aufrechterhalten. Die Gesamtwechselwirkung zweier kolloidaler Oberflächen wird durch die DLVO-Theorie beschrieben, welche auf Grundlage attraktiver VdW- Wechselwirkungen sowie elektrostatischer Repulsion basiert. Zusätzliche Stabilität einer Dispersion lässt sich durch die Anwesenheit von adsorbierten Polymeren (sterische Stabilisierung) aber auch durch hohe Konzentrationen gelöster Polymere (Verarmungstabilisierung) verwirklichen. Im folgenden Kapitel soll auf die verschiedenen Stabilisierungsmechanismen sowie auf die Koagulationskinetik kolloidaler Dispersionen näher eingegangen werden. 2.2 Die Stabilität kolloidaler Dispersionen Das elektrostatische Potential Grundlage für eine elektrostatische Abstoßung kolloidaler Oberflächen ist das Vorhandensein von Oberflächenladungen. Vor allem bei wässrigen Dispersionen resultieren diese aus der Ionisierbarkeit funktioneller Gruppen, zum Beispiel durch die ph-abhängige Adsorption oder Desorption von Protonen oder Hydroxylionen. Die Gegenionen, die diese Oberflächenladung kompensieren, ordnen sich innerhalb einer diffusen Ionenschicht um das Kolloid herum an. Nach dem Gouy-Chapman Modell 27,28 wird die Verteilung der Coionen und Gegenionen durch den Verlauf des elektrostatischen Potentials bestimmt. Dieses Potential fällt von dem Wert des Oberflächenpotentials ψ 0 an der Teilchenoberfläche mit zunehmendem Abstand von der Oberfläche exponentiell ab. Nach Boltzmann wird die Ionenkonzentration c i durch das Verhältnis der elektrostatischen Anziehungsenergie z i Fψ(x) und der Thermischen Energie RT mit der Wertigkeit der Ionen z i beschrieben. c i (x) = c i,o exp z i F R T ψ(x) (1) -4-

17 Die Stabilität kolloidaler Dispersionen Das Potential ψ(x) im Abstand x von der Oberfläche ist gegeben durch die Verteilung der Raumladungsdichte ρ(x). Es wird hierfür von der Poisson-Boltzmann-Verteilung ausgegangen mit der relativen Dielektrizitätskonstante des Dispersionsmittels ε sowie der elektrischen Feldkonstante ε 0. ρ(x) = ε ε 0 d2 ψ(x) dx 2 (2) Die Ladungsdichte resultiert aus der Aufsummierung aller Ionen entsprechend Gleichung (3): ρ(x) = F z i c i = F z i c i,o exp z i F R T ψ(x) (3) Für symmetrische Elektrolyte mit z = z + = z folgt: ρ(x) = 2 z c o F sinh z F R T ψ(x) (4) Die Poisson-Boltzmann-Verteilung der Ladungsdichte, Gleichung (4), führt zu d 2 ψ(x) dx 2 = F ε ε 0 2 z c 0 sinh z F R T ψ(x). (5) Die Lösung dieser Gleichung basiert auf der Annäherung kleiner Potentiale, ψ 25 mv, wodurch gilt sinh y~y. z ψ(x) = ψ 0 exp ( κ x) (6) κ 1 ist hierbei die Abklingrate, bezeichnet als Debye-Hückel-Länge. Diese Länge wird als Maß für die elektrostatische Reichweite erachtet und wird vor allem durch die Ionenstärke beeinflusst. κ 2 = 2 F2 ε ε 0 RT z2 c o (7) Dieses Modell nach Gouy-Chapman beschreibt den Verlauf des elektrostatischen Potentials innerhalb der kontinuierlichen Phasen. Es stößt allerdings auf Schwachstellen zur Beschreibung der Ionenkonzentration nahe der kolloidalen Oberfläche, da Ionen als Punktladungen ohne Eigenvolumen erachtet werden. Direkt an der Grenzfläche würde dies bei höheren Oberflächenpotentialen zu unrealistisch hohen Ionenkonzentrationen führen. Weiterhin zeigten elektrostatisch stabilisierte Teilchen eine geringere Stabilität als berechnet. Stern führte hierzu ein Modell ein, nach dem ein gewisser Anteil von Ionen an der Oberfläche innerhalb einer Schichtdicke δ adsorbiert wird

18 Theoretische Grundlagen Teilchen mit Abständen größer δ folgen dem bereits bekannten Verlauf nach Gouy-Chapman. Im einfachsten Fall kann ein linearer Verlauf des Potentials von ψ 0 auf ψ d innerhalb dieser Stern-Schicht angenommen werden. Im Falle von bewegten Partikeln erfolgt eine Abscherung von Ionen entlang einer Abscherfläche. Das entsprechende Potential ist durch elektrophoretische Experimente zugänglich und wird als ζ-potential bezeichnet. Das elektrostatische Wechselwirkungspotential zweier gleichgeladener kolloidaler Teilchen V R lässt sich anhand des Potentialverlaufes herleiten. Für kugelförmige Teilchen mit Abstand H ist dieses durch folgende Beziehung gegeben: V R = a z 2 8ε(k BT) 2 2 tanh (z/4) 2 e κh e 0 (8) Gleichung (8) bezieht sich auf die Wechselwirkungspotentiale einzelner Teilchen. Es erfolgte eine Umrechnung der molaren Größen der universellen Gaskonstante R sowie der Faraday Konstante F auf die Bolzmannkonstante k B sowie auf die Elementarladung e Van-der-Waals Wechselwirkungen Fluktuationen der Elektronendichte innerhalb der Elektronenhülle führen zu attraktiven Kräften von Atomen. 30,31 London und Van der Waals beschrieben 1930 die Wechselwirkung zweier Atome mithilfe der quantenmechanischen Störungstheorie anhand der Polarisierbarkeiten der Elektronenhülle α sowie der Frequenz der Ionisierung v. 32 w(r) = 3 α 1 α 2 hv 1 v 2 2 (4πε 0 ) 2 r 6 (v 1 + v 2 ) (9) Nach Zusammenfassung aller Konstanten zu C lässt sich die Wechselwirkungsenergie ausdrücken als E VdW,Atom (r) = C r 6 = A r 6 π 2 ρ 1 ρ 2 (10) Hierbei bezeichnet A die Hamaker Konstante, welche durch A = π 2 ρ 1 ρ 2 C gegeben ist und eine reine Stoffeigenschaft für die Wechselwirkung zweier Materialien mit Atomanzahldichten ρ 1 und ρ 2 darstellt. Die Wechselwirkung zweier Medien 1 und 2 innerhalb eines Medium 3 wird durch die Lifshitz-Theorie beschrieben. Die Polarisierbarkeit eines Materials durch Medium 3 erfolgt entsprechend Gleichung (11). ρ 2 α 2 = 2ε 0 ε 3 ε 2 ε 3 ε 2 + ε 3 (11) -6-

19 Die Stabilität kolloidaler Dispersionen Die Van-der-Waals Wechselwirkung kolloidaler Teilchen durch ein Medium A 131 resultieren aus den Wechselwirkungen der Atome zweier kolloidaler Teilchen A 11 miteinander. Da Kolloide, die sich gegenseitig annähern, Moleküle des zwischenliegenden Mediums verdrängen, müssen zusätzlich die Wechselwirkung der Teilchen mit dem Medium A 13, sowie die Wechselwirkungen des Mediums mit sich selbst A 33 berücksichtigt werden. Für die Van-der-Waals Wechselwirkung zweier Kolloide durch ein Medium folgt: A 131 = A 11 + A 33 2A 13 (12) Diese Überlegung lässt sich auf die Wechselwirkung zweier kolloidaler Teilchen übertragen. Hierzu wird eine doppelte Integration über das Volumen beider Teilchen unter Berücksichtigung der jeweiligen Atomanzahldichten ρ 1 bzw. ρ 2 durchgeführt. E VdW,Teilchen (r) = C r 6 ρ 1dV 1 ρ 2 dv 2 (13) Die Gesamtwechselwirkung zweier Oberflächen im Abstand r, bezogen auf eine Einheitsfläche, ergibt sich hieraus zu: E VdW (r) = πρ 1ρ 2 C 12 r 2 = A π r 2 (14) Die Van-der-Waals Wechselwirkung V a zwischen zwei gleichgroßen, kugelförmigen Teilchen mit dem Radius a im Abstand H ist durch Gleichung (15) gegeben: V A = A a H (15) -7-

20 Theoretische Grundlagen DLVO-Theorie Die Überlagerung der interpartikulären Wechselwirkungen der elektrostatischen Repulsion V R mit der Van-der-Waals Anziehung V A, Gleichungen (8) und (15), führt zur Gesamtwechselwirkungskurve V T = V R + V A. 33,34 dargestellt. Ein qualitativer Verlauf des Wechselwirkungspotentials ist in Abbildung 1 A Abbildung 1: Qualitative Verläufe der Gesamtwechselwirkungskurve. A) Die Überlagerung der Potentialbeiträge der Vander-Waals Anziehung V A sowie der elektrostatischen Repulsion V R. B) Der Einfluss der Ionenstärke auf die Gesamtwechselwirkungskurve. Die Wechselwirkung gleichgeladener Teilchen ergibt über den kompletten Kurvenverlauf einen repulsiven Beitrag der elektrostatischen Kräfte. Da für kurze Abstände die attraktiven Van-der-Waals Kräfte dominieren, resultiert bei einem Abstand H ~ κ 1 ein Potentialmaximum V max. 25 Zu kürzeren Abständen hin fällt die Potentialkurve steil ab, bis schließlich bei Teilchenabständen von H < 0,1 nm die Bornabstoßung wirksam wird. Dies führt zu einem tiefliegenden primären Minimum des Potentialverlaufs. Bei größeren Abständen kann im Anschluss an das Potentialmaximum häufig ein flaches sekundäres Minimum beobachtet werden. Koagulation im sekundären Minimum führt daher zu Agglomeraten, die sich schon durch sehr geringe Scherkräfte auflösen lassen. Im Zuge einer qualitativen Veranschaulichung sollen im Folgenden die Van-der-Waals Wechselwirkungen (VdW-WW) als weitestgehend unabhängig von der Ionenstärke erachtet werden. Da die elektrostatische Repulsion von dem Elektrolyt sehr stark beeinflusst wird, variiert der Verlauf der Gesamtwechselwirkungsenergie mit zunehmender Ionenstärke, Abbildung 1 B. Mit Verringerung der Reichweite der elektrostatischen Repulsion, κ 1, sinkt das Potentialmaximum immer weiter ab, bis die Potentialbarriere schließlich verschwindet und attraktive Kräfte dominieren. Es folgt die Koagulation der Probe. -8-

21 2.2.4 Der Stabilitätsfaktor Die Stabilität kolloidaler Dispersionen Da für elektrostatisch stabilisierte Teilchen immer attraktive Van-der-Waals Kräfte bei kurzen Abständen dominieren, begründet sich deren Stabilität ausschließlich durch die Potentialbarriere mit einem Maximum V max. Hierdurch liegen solche kolloidalen Dispersionen nicht im thermodynamischen Gleichgewicht vor, sondern unterliegen allenfalls einer kinetischen Stabilisierung, sofern V max > 0 gilt. Die kinetische Stabilität der Dispersion lässt sich durch die Wahrscheinlichkeit beschreiben, mit der zwei kollidierende Teilchen die Potentialbarriere überwinden und somit ein Zusammenstoß zweier Teilchen zur Koagulation führt. Die entsprechende reziproke Wahrscheinlichkeit wird als Stabilitätsfaktor W bezeichnet. Nach Fuchs 35 Stabilitätsfaktor nach: berechnet sich der W = 2a exp(v T k B T)dr/r 2 2a (16) Der genaue Verlauf von V T trägt nur untergeordnet zum Stabilitätsfaktor bei, hingegen wird der Stabilitätsfaktor hauptsächlich von der Höhe der Barriere V max bestimmt. 36 Nach Vereinfachung folgt: 37 W ~ (a 1 + a 2 ) 1 κ 1 exp (V max k B T) (17) Dispersionen mit einer Energiebarriere von V max > 15 k B T werden als stabil erachtet. Es resultieren Stabilitätsfaktoren von W Anschaulich bedeutet dies, dass jedes Teilchen gemittelt 10 5 Stöße durchläuft, bevor ein Stoß erfolgreich zur Koagulation führt Koagulationskinetik Koagulation erfolgt nach Zusammenstoß zweier Teilchen entsprechend einer bimolekularen Reaktion. Die Konzentration der Einzelteilchen n 1 nimmt daher mit einem kinetischen Gesetz zweiter Ordnung ab. Hierbei entstehen mit zunehmender Reaktionszeit Dimere, Trimere und Oligomere bis hin zu größeren Aggregaten. Unter Berücksichtigung der Kollision der Einzelteilchen mit der Gesamtanzahl der entsprechenden Koagulate n folgt für die zeitliche Abnahme der Einzelteilchen 38 : dn 1 dt = k n 1 n (18) -9-

22 Theoretische Grundlagen Die Geschwindigkeitskonstant k hängt von der Stabilität der Dispersion ab. Die maximale Koagulationsgeschwindigkeit k 0 wird erreicht, sofern keine repulsiven Kräfte die Dispersion stabilisieren. Folglich werden V max 0 und W = 1, sodass jeder Zusammenstoß zur Koagulation beiträgt. Es resultiert die Geschwindigkeitskonstante aus der Brown schen Teilchendiffusion. k 0 = 8πDa = 4k BT 3η (19) Dieser Fall, für den k k 0 gilt, wird als schnelle Koagulation bezeichnet. Für stabilisierte Kolloide muss hingegen der Stabilitätsfaktor berücksichtigt werden. Dieser gibt das Verhältnis der Gesamtzahl der Stöße zu den Stößen an, die zu Koagulation führen. Dieses Verhältnis findet sich in den Geschwindigkeitskonstanten wieder. W = k 0 k (20) 2.3 Kolloide in Gegenwart von Polymeren Der Einfluss von Polymeren auf die Stabilität kolloidaler Dispersionen hängt entschieden davon ab, ob das Polymer an die Partikeloberfläche adsorbiert oder in Lösung verbleibt. Die Adsorption von Polymeren führt häufig vor allem bei niedrigen Polymerkonzentrationen zur Flockung, der sogenannten Verbrückungsflockung. Bei hoher Oberflächenbedeckung der Teilchen kann allerdings ebenso eine sterische Stabilisierung eintreten. 39,40 Im Falle von nicht adsorbierten Polymeren in Lösung erfolgen Verarmungseffekte im angrenzenden Lösemittelvolumen zwischen zwei sich nahe stehenden Teilchen. Dieser osmotische Unterdruck führt ab einer bestimmten Polymerkonzentration zur Flockung der Dispersion, der Verdünnungsflockung. Bei sehr hohen Konzentrationen an Polymeren in Lösung können stabilisierende Effekte hervortreten, die als Verarmungsstabilisierung bezeichnet wird

23 2.3.1 Sterische Stabilisierung Kolloide in Gegenwart von Polymeren Sterische Stabilisierung erfolgt für Teilchen innerhalb einer Hülle aus langkettigen Polymeren, sofern sich das Makromolekül in einem guten Lösemittel befindet. Der stabilisierende Effekt lässt sich sowohl enthalpisch als auch entropisch begründen. Bei Annäherung zweier Teilchen, auf einen Abstand kleiner als die doppelte Konturlänge der makromolekularen Hülle, beginnen die Polymere sich zu durchdringen und treten in Wechselwirkung. Die Verzahnung von Segmenten kann als Entmischung von Polymer und Lösungsmittel betrachtet werden. In einem guten Lösemittel ist dies thermodynamisch nicht begünstigt. Dieser Anteil, der zur sterischen Stabilität beiträgt, hängt empfindlich von der Lösemittelgüte ab und wird als Mischungsterm bezeichnet. Bei weiterer Annäherung zweier Teilchen werden die Polymerschichten komprimiert. Hierbei erfolgt ein Verlust der Konformationsentropie der Polymerknäule. Die resultierende Abstoßung wird als elastischer Term bezeichnet. Nähern sich zwei sterisch stabilisierte Teilchen näher als die einfache Konturlänge aneinander an, so tragen sowohl der Mischungsterm sowie der elastische Term zur Stabilisierung bei. Die gesamte freie Energie berechnet sich gemäß G = G mix + G el. Während das Vorzeichen des Mischungsterms vom Lösemittel abhängt, ist der eleastische Term immer positiv Flockung durch Polymeradsorption Mechanistisch lässt sich bei der Flockung von Kolloiden durch adsorbierte Polymere und Polyelektrolyte zwischen der Ladungskompensation und der Verbrückung durch das Makromolekül unterscheiden. Eine vollständige Ladungskompensation (Neutralisation) bedeutet, dass die Summe aller Ladungen auf der Partikeloberfläche gleich der Gesamtladung der adsorbierten Polyelektrolyten ist. 42 Hierbei muss die Ladungsdichte des Polymers und die Ladungsverteilung auf der Nanopartikel (NP) Oberfläche aufeinander passen, 43 vergleiche hierzu Abbildung 2 a). Zeigt das Makromolekül eine höhere Ladungsdichte als die Teilchenoberfläche, kann eine vollständige Ladungskompensation nur erreicht werden, indem sich lokale Überschussladungen ausbilden, welche die Ladungen unbedeckter Bereiche des Kolloids kompensieren, Abbildung 2 b). 44 Bei niedriger Ionenstärke verursachen diese inhomogenen Überschussladungen eine interpartikuläre, attraktive Wechselwirkung. 45 Bei Erhöhung der Ionenstärke sinkt die Reichweite dieser attraktiven Kräfte, bis die Flockungsgeschwindigkeit letztlich mit dem Wert der einfachen Destabilisierung durch Salze übereinstimmt. Während Flockung durch Ladungskompensation mittels Polyelektrolyten empfindlich von dem Ladungsmuster, der elektrostatischen Reichweite sowie von der Stöchiometrie abhängt, erfolgt Flockung durch Verbrückung, in Abhängigkeit der Lösemittelgüte und der Kettenlänge, bzw. den räumlichen Ausmaßen der Makromoleküle. 46 Hierbei führen höhere Molmassen, ungeladene Polymere -11-

24 Theoretische Grundlagen sowie höhere elektrostatische Abschirmung, im Falle von Polyelektrolyten, zu Schlaufen, die weiter ins Lösemittel ragen und Verbrückungen begünstigen. Besonders langkettige Poylmere führen zu einer weitgehend irreversiblen Verbrückung, da hier eine konzertierte Desorption aller Bindungsstellen kinetisch gehindert ist. 47 Abbildung 2: Flockung durch Polymere. a) Flockung durch Ladungsneutralisation, b) Mosaik-Modell, c) Verbrückungsflockung. Die Brückenbildung ist abhängig vom Belegungsgrad des Polymers auf der Partikeloberfläche. Nach einem vereinfachten Modell ist die Wahrscheinlichkeit der Verbrückung annähernd proportional zur belegten Oberfläche (Θ) und zur unbelegten Oberfläche (1 Θ) mit einem Optimum bei halber Oberflächenbelegung. 48 Verbrückende Flockung weist somit eine Konzentrationsabhängigkeit des eingesetzten Polymers auf, in Relation zur kolloidalen Oberfläche Verarmungseffekte Oberflächen in Gegenwart von Polymeren besitzen eine Verarmungszone, bei der die Konzentration des Polymers c 2 ab einem Abstand Δ zur Oberfläche hin abnimmt. Dieser Effekt ist durch Verringerung der Konformationsentropie des Makromoleküls bei Annäherung an die Oberfläche bedingt. Hierbei entspricht Δ den räumlichen Ausmaßen des verdrängten Polymers. Nähern sich zwei Oberflächen aneinander an, resultiert ab einem Abstand von H < 2Δ ein Ausschlussvolumen zwischen den Oberflächen, aus dem Polymere verdrängt werden. Abbildung 3: Verarmungszone von Polymeren zwischen zwei Oberflächen

25 NP unter physiologischen Bedingungen Die Stabilität von Dispersionen wird durch diese Verarmungseffekte direkt betroffen. Durch die Verdünnung der Polymerkonzentration zwischen zwei sich annähernden Kolloiden folgt ein osmotisches Vakuum -Π. Unter der Näherung Δ << a sowie H << a resultiert für kugelförmige Teilchen mit Radius a die attraktive Wechselwirkungsenergie V dep : 51,52 V dep = 2πa Π Δ H 2 2 (21) 2.4 NP unter physiologischen Bedingungen Der Begriff physiologische Bedingungen wird häufig nur unscharf definiert und variiert entsprechend der Anwendung. Die Bezeichnung physiologischer Salzgehalt bezieht sich häufig auf Salzkonzentrationen von etwa 150 mm unter Zusatz eines Phosphat- oder Bicarbonat-Puffersystems bei einem ph von 7,0-7,4. Für die NP-Analytik in physiologischer Umgebung wird als erster Schritt häufig PBS (phosphate buffered saline) als vereinfachtes Modellmedium verwendet. Dieser Puffer setzt sich aus 137 mm NaCl, 2,7 mm KCl sowie 12 mm Hydrogen- bzw. Dihydrogenphosphaten zusammen. In der Komplexität der Zusammensetzung folgend befinden sich Zellmedien wie RPMI 1640 oder DMEM. Diese bauen ebenso auf Phosphat- oder Bicarbonat-Puffern auf, besitzen allerdings noch Nährstoffzusätze wie Glukose, Aminosäuren oder Vitamine um das Überleben einer Zellkultur zu gewährleisten. Besonders für die physikochemische Analyse können zu solchen Zellmedien ausgewählte Proteine zugesetzt werden, wie Rinderserum Albumin (BSA) oder Humanes Serum Albumin (HSA), um gezielt Wechselwirkungen mit einem spezifischen Protein zu erfassen. Für Zelltests wird hingegen Human- oder Rinderserum zugegeben um die Gegenwart aller Serumproteine zu gewährleisten. Typischerweise wird hierfür das Zellmedium mit 1-10 Vol.-% Blutserum versetzt. Für Bereiche der Medizin, Nanobiotechnologie oder Nanotoxikologie sind ebenso Medien wie Blutserum, Plasma sowie vollständiges Blut von großem Interesse. Die Unterschiede der Zusammensetzungen dieser Medien wird anhand der Abbildung 4 ersichtlich. Blut lässt sich in Gegenwart von Gerinnungshemmern durch Zentrifugation in Blutzellen und Plasma auftrennen. Letztgenanntes beinhaltet Serumproteine sowie Gerinnungsfaktoren. Blutserum hingegen wird durch Zentrifugation von geronnenem Blut gewonnen, wodurch neben zellulären Bestandteilen ebenso Gerinnungsfaktoren entfernt werden. Humanserum beinhaltet 91% Wasser, 7% Proteine sowie 2% Elektrolyte, Nähr- und Abfallstoffe

26 Theoretische Grundlagen Abbildung 4: Bestandteile des menschlichen Blutes. 53 Mit zunehmender Komplexität des Mediums steigt nicht nur die Relevanz der NP Analytik unter den gegebenen Bedingungen, es resultieren weiterhin Einschränkungen sowie Herausforderungen in der Anwendbarkeit jeweiliger Messmethoden. Diese sind beispielsweise attraktive VdW- Wechselwirkungen, die in Gegenwart hoher Salzkonzentrationen bei relativ arbeitenden Messmethoden, wie der AF-FFF, die Messung dominieren können, siehe Kapitel Ebenso verursacht die Präsenz von Proteinen bei Methoden, die das Teilchen-Ensemble erfassen, wie der DLS, eine Verfälschung der Mittelwertsbestimmung, wodurch eine aufwendige Datenevaluation erfordert wird. Das Verständnis der Nano-Bio Grenzfläche innerhalb eines Mediums baut daher häufig auf Untersuchungen innerhalb vereinfachter Modellsysteme auf. 54 Für die vorliegende Arbeit war die NP- Charakterisierung innerhalb entionisiertem Wasser von besonderer Relevanz, sowie in Gegenwart von 3mM NaN 3, in PBS-Puffer, in RPMI1640 Medium und, im Hinblick auf Zellversuche, in RPMI 1640 Medium unter Zusatz von 5 Vol.-% fötalem Rinderserum (FCS) Ausbildung der Proteinkorona Sobald NP in eine biologische Umgebung gelangen, werden diese durch die Anwesenheit von Biomolekülen gemäß Sorptionsisothermen bedeckt. Besonders Proteine adsorbieren hierbei an die Oberfläche kolloidaler Teilchen und bedecken diese. Der Aufbau dieser Proteinkorona ist für biomedizinische Anwendungen von Nanomaterialien von äußerster Relevanz, da die Wechselwirkung mit biologischen Systemen nicht mehr von der NP Oberfläche bestimmt, sondern durch die resultierende Korona vermittelt wird. Die Zusammensetzung der Korona definiert daher die biologische Identität der Nanopartikel und vermittelt Zellantworten, Nano- und Ökotoxizitäten. 4,5-14-

27 NP unter physiologischen Bedingungen Die Ausbildung einer Proteinschicht an glatten Oberflächen wurde zuerst von Vroman im Jahr 1962 untersucht. 55 Es wurden reversible Adsorptions- und Desorptionsprozesse von Proteinen vorgefunden. Hierbei wurden zunächst reichhaltig vertretene Proteine unspezifisch adsorbiert und im späteren Verlauf durch geringer konzentrierte aber affin bindende Proteine ersetzt. Diese zeitliche Entwicklung der Zusammensetzung der Proteinkorona wird als Vromaneffekt bezeichnet. 56 Dieses Modell der Proteinbelegung auf glatten Oberflächen wurde direkt auf die Proteinkorona von NP übertragen, welches zum Konzept der dynamischen Proteinkorona führte. 12 Nach diesem Modell befinden sich adsorbierte Proteine in stetigem Austausch, wodurch die Zusammensetzung der Proteinkorona aus Adsorptions- und Desorptionsraten jeweiliger der Proteinen resultiert. Es konnte gezeigt werden, dass diese Ausbildung der Korona ein sehr schneller Prozess ist, der innerhalb weniger Sekunden stattfindet. 11 Bei genauer Untersuchung der Proteinkorona zeigten sich Abweichungen zu diesem rein dynamischen Modell aufgrund der irreversiblen Adsorption bestimmter Proteine. 57 Aktuelle Modelle schlagen eine Unterscheidung zwischen der harten und der weichen Proteinkorona vor. 58,9 Es wird angenommen, dass die weiche Proteinkorona aus reversibel bindenden Proteinen mit geringen Bindungsaffinitäten besteht und Austauschprozessen unterliegt. Im Hinblick auf Untersuchungen zur Zusammensetzung der Korona desorbieren solche weich bindenden Proteine während der Aufreinigung proteinbeladener NP und entziehen sich so einer nachfolgenden Detektion. Es wird daher vermutet, dass sich Untersuchungen zur Zusammensetzung der Korona auf die harte Korona beziehen. Die harte Korona definiert sich folglich als Proteine, die nach Aufreinigung aufgrund hoher Bindungsaffinitäten noch an der Oberfläche anhaften. Es konnte gezeigt werden, dass die harte Korona trotz ihrer Beständigkeit einer zeitlichen Entwicklung 59 sowie dynamischen Austauschprozessen unterliegt. 57 Daher ist zum einen die Zeit, die Nanopartikel Proteinen ausgesetzt waren, ein wichtiger Parameter, der die Zusammensetzung der Korona bestimmt. 11,60 Zum anderen wurden physikochemische Eigenschaften der NP gefunden, welche die Zusammensetzung zusätzlich beeinflussen. Dazu gehören die Größe der NP bzw. die Oberflächenkrümmung sowie das ζ-potential, 61 die Oberflächenfunktionalitäten, 62 die Hydrophobizität 9 sowie die Topologie

28 Theoretische Grundlagen Kolloidale Stabilität unter physiologischen Bedingungen Durch die erhöhte Salzkonzentration von 150 mm in physiologischen Medien wird besonders die Stabilität kolloidaler Dispersionen herabgesetzt, sofern diese ausschließlich elektrostatisch stabilisiert vorliegen. 64,65,10 Aufgrund der erhöhten Abschirmung der repulsiven Kräfte sinkt die Koagulationszeit von Citrat-stabilisierten Silber-NP in RPMI 1640 Medium auf wenige Stunden. 66 In Gegenwart von Proteinen modifiziert die Proteinkorona zusätzlich die Stabilität der Dispersionen. Bezüglich der Proteinkorona konnten sowohl stabilisierende sowie destabilisierende Effekte beobachtet werden. Hierzu wurden Citrat-stabilisierte Silber-NP mit HSA beladen und durch Zugabe von K 2 SO 4 destabilisiert. Der Stabilitätsfaktor wurde gemäß Gleichung (19) bestimmt und wies eine zunehmende Stabilität der NP mit erhöhter HSA-Beladung auf. 67 Weitere Forschungsarbeiten zeigten hingegen einen destabilisierenden Effekt der Proteinkorona, wie im Falle von Silica-NP in Gegenwart des globulären Proteins Lysozym. 68 Es wurde angenommen, dass sich diese beobachteten Effekte auf die Anwesenheit von sterisch stabilisierenden Proteinen zurückführen lassen sowie, im Falle der Agglomeration, eine Folge der Verbrückung durch Proteine, Ladungskompensation und Ladungsinhomogenitäten sind. Nanopartikel, die mit Polymeren an der Oberfläche modifiziert vorliegen, werden häufig als biokompatibel bezeichnet. Diese sterische Stabilisierung beugt nicht nur Koagulation der Teilchen mit sich selbst vor sondern minimiert ebenso Wechselwirkungen mit biologischen Komponenten. Ein bekannter Vertreter solcher Polymere ist Poly(ethylenoxid) (PEO). 69,70,71 Aufgrund der verminderten Proteinadsorption werden ebenso proteinvermittelte Zellantworten unterdrückt, einschließlich der Opsonierung (Zellaufnahme, hier im Besonderen durch Phagozytose) durch das retikuloendotheliale System (RES), welches die Gesamtheit aller phagozytierenden Zellen zusammenfasst. Folglich werden Zellantworten des Immunsystems wie beispielsweise durch Makrophagen oder dentritische Zellen unterdrückt. 2.5 Die fraktale Dimension von Aggregaten Allgemein gilt für Partikel mit identischer Topologie, dass deren Molekulargewicht M mit zunehmendem Radius R wächst, entsprechend Gleichung (22). M~R d f Die Fraktale Dimension d f bezeichnet die Dimension, in der sich ein Körper, ein Teilchen oder eine Struktur erstreckt. Eine Vollkugel besitzt volle Ausbreitung in alle drei Dimensionen, eine Scheibe wächst in zwei Dimensionen und ein Stäbchen breitet sich nur in eine Dimension aus. Die fraktalen Dimensionen sind entsprechend dieser Reihenfolge d f = 3, 2, 1. (22) -16-

29 Die fraktale Dimension von Aggregaten Analog zu diesen einfachen Körpern weisen auch Aggregate ein fraktales Wachstum auf. Ein Beispiel aus der Biologie ist das Kollagen, das bei Aggregation eine 1-dimensionale Struktur ausbildet, wodurch eine Faser mit d f = 1 entsteht. Das Molekulargewicht einer Mizelle wächst, unter Vernachlässigung der Membrandicke, proportional zur Oberfläche, d f = 2. Im Gegensatz zu diesen hoch geordneten Strukturen, die sich durch ein self assembly ausbilden, erfolgt die Strukturbildung einer Koagulation von kugelförmigen NP auf statistische Weise. Es kann gezeigt werden, dass diese Strukturen ebenso fraktalen Gesetzen folgen. 72 Es werden nicht-ganzzahlige fraktale Dimensionen erhalten, die zur Klassifizierung der Aggregate dienen. Das fraktale Wachstum hängt von der Kinetik des Aggregationsprozesses ab. Es wird zwischen diffusionslimitierter Aggregation (DLA) und reaktionslimitierter Aggregation (RLA) unterschieden. Der geschwindigkeitsbestimmende Schritt ist entsprechend die Diffusion der Teilchen im Falle der schnellen Koagulation bzw. die Reaktion (eine erfolgreiche Anlagerung zweier Teilchen) im Falle einer kinetischen Barriere der Kolloide. Weiterhin wird unterschieden ob sich Einzelteilchen an ein bestehendes Cluster anlagern (Teilchen-Cluster Aggregate) oder ob sich Aggregate aus Cluster- Untereinheiten zusammensetzen (Cluster-Cluster Aggregate). Die fraktalen Dimensionen der verschiedenen Aggregationsprozesse können durch Experimente, Simulationen sowie Berechnungen ermittelt werden. 73,74,75,76 Tabelle 2: Fraktale Dimensionen verschiedener Aggregationsmechanismen. Prozess DLA Cluster-Cluster 1,7-1,8 DLA Teilchen-Cluster 2,5-2,6 RLA Cluster-Cluster 2,0-2,1 RLA Teilchen-Cluster 2,8-3,0 d f Die Größe eines Aggregats wird durch die Aggregationszahl N beschrieben. Für streng monodisperse Proben ist das Molekulargewicht proportional zur Aggregationszahl. Aus Gleichung (22) folgt, unter Einführung eines normierten Radius R, Gleichung (23). Die Normierung erfolgt anhand des Radius a eines einzelnen Teilchens a. In Abhängigkeit der Messmethodik können verschiedene Radien zur Quantifizierung der Aggregate herangeführt werden. Pragmatisch sind die Verwendungen des hydrodynamischen Radius R h, des Trägheitsradius R g sowie die Abmessung einer TEM Projektion des Agglomerates R l. 77 N = k g R g a df = k h R h a df = k l R l a df (23) -17-

30 Theoretische Grundlagen Die Bedeutung des fraktalen Vorfaktors k kann auf verschiedene Weisen interpretiert werden. Anhand Gleichung (22) wird ersichtlich, dass es sich vereinfacht um einen Proportionalitätsfaktor handelt. Bei einer Auftragung von log(n) gegen log(r a) entspricht k dem Achsenabschnitt für R a. Für große Aggregationszahlen R ist der fraktale Vorfaktor eine Funktion der Raumausfüllung p, mit d s der Dimension des Raums. 74 k g = p(d f ) d d s + 2 f 2 d s (24) Die Berechnung der Vorfaktoren für Geometrien ganzzahliger fraktaler Dimensionen 76 ergibt k g = 1,73 für d f = 1, k g = 1,8 für d f = 2 sowie k g = 1,6 für d f = 3. Letzteres entspricht in Gleichung (24) einer Raumausfüllung von p(3) = 74%, entsprechend einer hexagonal dichtesten Packung. Für die fraktalen Dimensionen von d f = 1 und 2 verliert Gleichung (24) jegliche Anschauung, p(d f ) entspricht hier einer Raumausfüllung im d f -dimensionalen Raum, der mit 3-dimensionalen Objekten, Vollkugeln, gepackt ist. Es resultieren theoretische Raumausfüllungen größer 100%. Aus Gleichung (23) wird ersichtlich, dass dem fraktalen Wachstum des hydrodynamischen Radius und dem Trägheitsradius verschiedene fraktale Vorfaktoren zugrunde liegen. Der Grund hierfür liegt in der einheitlichen Normierung der Radien durch den Radius eines einzelnen Teilchens, a. Der normierte Trägheitsradius ergibt für N = 1 einen Wert von k g = 0,775, der normierte hydrodynamische Radius einen Wert von k h = 1. Folglich weist das fraktale Wachstum des Trägheitsradius im Log-Log Plot einen offset auf. Die Umrechnung der fraktalen Vorfaktoren gelingt anhand Gleichung (25). k g = R d f h k h R g (25) Das nicht-fraktale Wachstum kleiner Teilchen-Cluster Aggregate Die in Tabelle 2 zusammengestellten fraktalen Dimensionen von Aggregaten werden erst für große Aggregationszahlen gültig, da sie einen hohen Packungsfaktor zugrunde legen. Im Vergleich hierzu ist das Wachstum kleiner Aggregate nur wenig untersucht. Ein Versuch die räumlichen Ausmaße solcher kleinen Aggregate zu erfassen, wurde mittels Sedimentationsexperimenten angestrebt. 78,79 Es wurden empirisch folgende Zusammenhänge gefunden: Takayasu und Galembeck: N = R h a 1,72 gültig für N 4 (26) Reynolds und Goodwin: N = 0,6 R h a 3 gültig für N 6 (27) -18-

31 Die fraktale Dimension von Aggregaten Beiden Versuchen lagen Polystyrol-NP zugrunde, die unter Salzzusatz koaguliert wurden. Die genauen Versuchsbedingungen mögen sich durchaus unterschieden haben, ein Vergleich der empirischen Formeln mit Gleichung (23) zeigt jedoch schon in beiden Fällen ein mangelhaftes Model der Fit-Parameter. Während Reynolds und Goodwin ein fraktales Wachstum willkürlich in drei Dimensionen annehmen und ausschließlich den fraktalen Vorfaktor den Messdaten anpassen (k h = 0,6), ignorierten Takayasu und Galembeck den fraktalen Vorfaktor vollständig, hierfür wird jedoch berücksichtigt, dass ein Agglomerat nicht notwendigerweise in drei Dimensionen anwächst. Die Ursache, weshalb die empirisch bestimmten Formeln eine nur sehr geringe Menge an Aggregationszahlen erfassten, liegt in der fehlerhaften Annahme, dass kleine Aggregate fraktalem Wachstum unterliegen. 80,73 Das Wachstum kleiner Aggregate erfolgt im Wesentlichen durch Teilchen- Cluster Aggregation. Diese zeichnet sich durch einen grundlegenden Unterschied der fraktalen Struktur im Vergleich zu Cluster-Cluster Aggregaten aus: Fraktale Objekte sind skaleninvariant. Das bedeutet, ein fraktales Objekt besteht aus Untereinheiten, die dem Gesamtobjekt selbstähnlich sind. Die Untereinheiten von Cluster-Cluster Aggregaten sind also Cluster. Somit besitzen Cluster-Cluster Aggregate, gemäß Gleichung (23), eine identische fraktale Dimension und Raumausfüllung wie ihre Untereinheiten. 81 Die Untereinheiten von Teilchen-Cluster Aggregaten sind Teilchen, vereinfacht sind dies monodisperse Vollkugeln. Sofern ein Teilchen-Cluster nicht zu einer großen Vollkugel schmilzt, besitzen Teilchen-Cluster keine Selbstähnlichkeit mit ihren Untereinheiten. Folglich lassen sich Teilchen-Cluster nicht als fraktale Objekte beschreiben. 82 Dieser Sachverhalt ändert sich erst für große Aggregationszahlen. Anhand eigens durchgeführter analytischer Zentrifugationsexperimente ließen sich die Sedimentationskoeffizienten kleiner Aggregate auflösen. Abbildung 5 stellt eine solche Messung dar. Hierbei wurde ein Polystyrol-Latex-Standard mit einem Partikelradius von 100 nm mittels analytischer Zentrifugation aufgetrennt. Die Sedimentationskoeffizienten wurden direkt gemäß Gleichung (115), Seite 96, in kugeläquivalente hydrodynamische Radien umgerechnet. Man erkennt neben dem Hauptpeak mit einem hydrodynamischen Radius von 101 nm definierte Banden entsprechend größeren Radien. -19-

32 Theoretische Grundlagen Abbildung 5: Fraktogramm eines Polystyrol Latex Standards mit einem Radius von 200 nm. Die Messung wurde an einer Scheibenzentrifuge durchgeführt mit rpm. Mit Ausnahme des Zwei-Teilchen-Clusters mit einem hydrodynamischen Radius von R h,2 = 116 nm besitzen größere Aggregate eine Vielzahl von Anordnungsmöglichkeiten. Im Falle des Drei-Teilchen- Clusters sind das eine lineare Anordnung, welche aufgrund von elektrostatischer Repulsion thermodynamisch begünstigt ist, eine trianguläre Anordnung, welche sich durch VdW- Wechselwirkungen sowie durch Minimierung der kolloidalen Oberfläche bevorzugt bilden könnte, sowie eine statistische Anlagerung, die sich aufgrund eines diffusionslimitierten Anlagerungsschrittes ausbildet. Eine genaue Zuordnung der Banden zu Agglomerationszahlen gestaltet sich jedoch als schwierig. Nach Smoluchowski ist in einem frühen Stadium der Agglomeration die Häufigkeitsverteilung kleiner Agglomerate in der Reihenfolge Monomer > Dimer > Trimer > Tetramer. 38 Folglich wird in Abbildung 5 die Fläche unterhalb einzelner Banden mit zunehmender Größe der Aggregate kontinuierlich kleiner, mit Ausnahme der Bande bei 121 nm, welche besonders niedrig erscheint. Diese Bande entspricht daher nicht der Gesamtheit aller Drei-Teilchen-Cluster, sondern nur einem kleinen Teil mit definierter Anordnung der Untereinheiten. Die Hauptfraktion des Trimers sedimentierte mit Größen von 127 nm. Es schließt sich das Tetramer mit einer Größe von 136 nm an Das fraktale Wachstum großer Teilchen-Cluster Aggregate Die Berechnungen und Simulationen des fraktalen Wachstums von Teilchen-Cluster Aggregaten vereinfachen sich im Fall der diffusionslimitierten Aggregation. Hierbei entsteht ein Cluster aus einem Keimpartikel, an das sich ein Teilchen annähert und anhaftet. Es entstehen zufällige und verzweigte Strukturen. Computersimulationen im 2- bis 6-dimensionalen Raum 83 ergaben für große Agglomerationszahlen ein fraktales Wachstum von Teilchen-Cluster Aggregaten von d f 5d s

33 Die fraktale Dimension von Aggregaten Im Gegensatz zu kleinen Clustern entstehen bei großen Teilchen-Cluster Aggregaten fraktale Strukturen durch die sich immer wiederholende und gleichartige Anlagerung eines Teilchens. Dies basiert auf der Brown schen Teilchenbewegung mit einer Dimension der Flugbahn von d w = 2. Hierdurch können einzelne Teilchen nicht tief in das Cluster frei penetrieren, sondern werden von äußeren Ästen abgefangen. In Übereinstimmung mit Simulationen für große Agglomerationszahlen hängt die fraktale Dimension gemäß Gleichung (28) von der Dimension des Raums d s sowie von der Dimension der Flugbahn d w ab. 73 d f = (d s 2 + d w 1) (d s + d w 1) (28) Die hydrodynamische Raumausfüllung fraktaler Strukturen Die hydrodynamischen Eigenschaften von Aggregaten können durch das Modell einer porösen Kugel beschrieben werden. 84,85 Der translationale Reibungskoeffizient f t eines Aggregates mit kugelsymmetrischer Dichteverteilung zum Keimursprung und Umkugelradius R wird zu einer Funktion der internen Permeabilität f(k). 86 Entsprechend der Stokes- Einstein Gleichung führt dies zu einem kugeläquivalenten hydrodynamischen Radius. 87 f t = 6πηR f(k) = 6πηR R h R (29) Es wird angenommen, dass der normierte hydrodynamische Radius R h von der fraktalen Dimension R des Aggregates abhängt, da eine kompaktere Füllung des Raums innerhalb des Radius R mit einer Erhöhung der fraktalen Dimension einhergeht. Die Auftragung der normierten hydrodynamischen Radien R h aus Simulationen von Teilchen-Cluster- und Cluster-Cluster-Aggregaten im 2- bis 6 - R dimensionalen Raum 88,74 folgen einem gemeinsamen Verlauf bei Auftragung gegen die Variable (d f 1) (d s 1), als Maß für die Raumausfüllung. -21-

34 Theoretische Grundlagen Abbildung 6: Generalisierung der Abhängigkeit des normierten hydrodynamischen Radius R h von der fraktalen Dimension R eines Aggregates d f. 89 CCA, d w = 1; TCA, d w = 1; TCA d w = 2; CCA (DLA & RLA) simuliert von Chen et al. 88 ; CCA (DLA) Simuliert von Sorensen 74 ; berechnete Werte für definierte lineare Partikel-Cluster mit 2, 4 und 8 Partikeln. Dieser Verlauf lässt sich durch eine Annäherung, Gleichung (30), beschreiben. 89 R h R = 1,56 1,228 d 2 f 1 d s 1 0,228 (30) Aggregate mit der fraktalen Dimension von d f = 1 werden als hydrodynamisch leer erachtet, eine fraktale Dimension von d f = d s entspricht einem hydrodynamisch ausgefüllten Raum. Es konnte gezeigt werden, dass dieser allgemeine Verlauf des normierten hydrodynamischen Radius ebenso für definierte oligomere Strukturen gültig ist Berechnung der fraktalen Dimension durch eine Reihenentwicklung Die folgende Herleitung basiert vollständig auf den Berechnungen von Gmachowski. 80 Die hier aufgeführten Gleichungen (31), (34), (35), (38) und (39) sind nicht konsistent mit Gleichung (23). Die Auswirkungen werden in Kapitel diskutiert. Wie bereits beschrieben, zeigen kleine Aggregate kein fraktales Wachstumsverhalten. Anschaulich bedeutet dies, dass die Dimension, mit der ein Aggregat anwächst, für die einzelnen Wachstumsschritte nicht konstant ist, sondern eine Funktion der Aggregatgröße i bzw. j darstellt. Gleichung (23) (Seite 17) ändert sich zu: i = R h,i a di, j = R h,j a dj (31) -22-

35 Die fraktale Dimension von Aggregaten Für große Aggregate konvergiert die Dimension des Wachstumsschrittes gegen einen konstanten Wert, 73 das Wachstum kleiner Aggregate muss jedoch separat betrachtet werden. Hierbei erfolgt die Anlagerung eines Teilchens oder eines Aggregates an ein bereits vorhandenes Aggregat mit einem Abstand der Zentren R c zueinander, dem Kollisionsradius. Dieser setzt sich additiv aus den Kollisionsradien der einzelnen kollidierenden Aggregate bzw. Teilchen R c,i und R c,j zusammen. R c = R c,i + R c,j = R c,i R h,i R h,i + R c,j R h,j R h,j = R c R h R h,i + R h,j (32) In Gleichung (32) wird zugrunde gelegt, dass der über den hydrodynamischen Radius normierte Kollisionsradius R c R h für einen gegebenen Aggregationsmechanismus konstant ist. Im Falle der Teilchen-Cluster Aggregation wird der Kollisionsradius durch die Dimension der Flugbahn des annähernden Teilchens bestimmt, gemäß Gleichung (28). Im 3-dimensionalen Raum folgt aus Gleichung (28) und (30): R c R h = R c R 1,56 1, d w 0,228 (33) Bei der Kollision zweier Cluster bzw. eines Teilchens (j = 1) mit einem Cluster berechnet sich die Agglomerationszahl N = i + j: i + j = R h,ij a dji (34) Der zugehörige Umkugelradius des entstehenden Aggregates kann durch den aus Gleichung (30) bekannten normierten hydrodynamischen Radius berechnet werden. Es folgt aus Gleichung (34): R d ij = a d ij R h R dij (i + j) (35) Durch Einsetzen des Ausruckes für den Kollisionsradius aus Gleichung (33) in Gleichung (32), sowie die Ausdrücke der hydrodynamischen Radien R h,i und R h,j und des Umkugelradius R d ij, Gleichungen (31) und (35), folgt Gleichung (36): d ij 1,56 1,728 d ij i + j = 2 2 0,228 i 1 d i + j 1 d j d ij 1,56 1, ,228 2+d w (36) -23-

36 Theoretische Grundlagen Für den Fall der Teilchen-Cluster Aggregation gilt j = 1, d w = 2 sowie d ij = d i+1. Gleichung (36) vereinfacht sich zu: (i + 1) 1 d i+1 = 1,080 1,56 1,728 d 2 i+1 2 0,228 i 1 d i + 1 (37) Gleichung (37) erlaubt die stufenweise Berechnung der Dimension eines Wachstumsschritts d i+1 auf der zugrundeliegenden Dimension des vorangehenden Aggregats d i durch eine Reihenentwicklung. Für große Werte von i nähert sich die Dimension des Wachstums einer Dimension d f von 2,5 an. Die Berechnung des fraktalen Vorfaktors k g gelingt anhand Gleichung (23) und (31) mit N = i. Es folgt: k g R g a df = R h R df R a d f (38) Mit den Ausdrücken für den normierten hydrodynamischen Radius R h aus Gleichung (30), sowie R dem Verhältnis R g f 1 2 R 2+d f gemäß Sorensen 74 folgt für den fraktalen Vorfaktor des Trägheitsradius: d f k g = 1,56 1,728 d 2 f 2 0, d d f 2 f d f (39) Aus Gleichungen (37) und (39) lassen sich anhand der fraktalen Dimension sowie den fraktalen Vorfaktoren die Trägheitsradien in Abhängigkeit der Agglomerationszahl berechnen. Diese sind in Abbildung 25, Seite 68, durch eine Auftragung log(n) gegen log R g dargestellt, wobei Werte bis a N = 20 in Tabelle 27, Seite 167, zusätzlich zusammengefasst wurden. Sowohl die Auftragung als auch die tabellarische Zusammenfassung befinden sich in Kapitel zum Vergleich zu eigens hergeleiteten Werten. Nach Gleichung (37) startet das Wachstum ausgehend von einem einzelnen Partikel zum Zwei-Teilchen-Cluster mit einer fraktalen Dimension von d f,2 = 1,76. Mit zunehmender Agglomeratgröße wächst die fraktale Dimension stetig an. Bei N = 20 beträgt die fraktale Dimension d f,20 = 1,97. In Übereinstimmung zu Berechnungen nach Honda 73 konvergiert schließlich die fraktale Dimension des Wachstums gegen einen Wert von lim N d f = 2,

37 Lichtstreuung 3 Charakterisierungsmethoden 3.1 Lichtstreuung Allgemein versteht man unter Lichtstreuung die Ablenkung des Lichts durch dessen Wechselwirkung mit Materie. In der Physik werden Lichtstreuexperimente als analytische Methode zur Charakterisierung von Makromolekülen eingesetzt. 91 Man unterscheidet zwischen Statischer Lichtstreuung (SLS) und Dynamischer Lichtstreuung (DLS). Im ersten Fall erfolgt die Detektion der Streuintensität über einen Zeitraum gemittelt. Hierbei kann das Molekulargewicht als Gewichtsmittel M w, der Zentrifugenmittelwert (z-mittel) des Trägheitsradienquadrats < Rg 2 > z und der zweite Virialkoeffizient A 2, als Maß für Polymer-Lösemittel-Wechselwirkungen, bestimmt werden. Bei der Dynamischen Lichtstreuung hingegen werden die zeitlichen Intensitätsfluktuationen der Streuintensität gemessen. Sie geben Aussage über die thermische Bewegung der Teilchen. Dies führt zu dem z-mittel des Diffusionskoeffizienten <D> Z bzw. dem hydrodynamischen Radius R h Statische Lichtstreuung (SLS) Trifft eine Welle auf ein Molekül, so induziert der oszillierende elektrische Feldvektor E, (40), in der Elektronenhülle des Teilchens einen oszillierenden Dipol m, (41). E = E 0 exp 2iπ c λ t 1 λ x (40) m = αe (41) α E 0 t x λ c : Polarisierbarkeit : Amplitude : Zeit : Strecke in Ausbreitungsrichtung : Wellenlänge : Ausbreitungsgeschwindigkeit Der induzierte oszillierende Dipol wirkt nun selbst als Emitter elektromagnetischer Strahlung, welche isotrop und senkrecht zum Oszillator ausgerichtet ist. -25-

38 Charakterisierungsmethoden Im Folgenden sollen zwei Fälle betrachtet werden: a) Die Streuung an kleinen Teilchen mit Durchmessern d < 1 20 λ, wobei jedes Teilchen als ein einzelnes Streuzentrum betrachtet werden kann. b) Die Streuung an großen Teilchen d > 1 20 λ. Hier befinden sich in einem Teilchen mehrere Streuzentren, die durch einen Gangunterschied zusätzliche Interferenz erzeugen. Streuung an kleinen Teilchen Betrachtet man Lichtstreuung an stark verdünnten Lösungen kleiner Teilchen d < 1 20 λ, so ist die gemessene Streuintensität unabhängig vom Winkel. Die Streuintensität I s, unter Vernachlässigung der Streuintensität des Lösemittels, hängt nur von dem Streuvermögen der gelösten Teilchen b 2, deren Massenkonzentration c und der osmotischen Kompressibilität π ab, siehe Gleichung (42). c I s ~ b 2 RT c π c (42) b 2 π c : Streuvermögen : osmotische Kompressibilität Das Streuvermögen eines einzelnen gelösten Teilchens (43) wird auch als Kontrastfaktor K bezeichnet. b 2 = K = 4π2 λ 4 2 n 0 N D,0 n 2 D A c (43) K λ N A n D,0 n D c : Kontrastfaktor : Wellenlänge des einfallenden Lichts : Avogadro Konstante : Brechungsindex des Lösemittels : Brechungsindex Inkrement Die osmotische Kompressibilität erhält man durch Ableiten des osmotischen Drucks nach der Konzentration. A 2 bezeichnet den zweiten Virialkoeffizienten, welcher die Abweichung vom idealen Verhalten des osmotischen Drucks aufgrund von interpartikuläten Wechselwirkungen (WW) angibt. -26-

39 Lichtstreuung π c = RT( 1 M + 2A 2c+... ) (44) Durch die Kenntnis des Streuvermögens und der osmotischen Kompressibilität der Teilchen soll das Rayleigh-Verhältnis RR als absolute Streuintensität der Probe eingeführt werden. Die gemessene Streuintensität der Lösung I Lsg. setzt sich additiv aus der Streuintensität des Lösemittels I LM und der Probe I s zusammen. Das Rayleigh-Verhältnis gibt die auf die Apparatur normierte Streuintensität wieder und ist somit unabhängig vom experimentellen Aufbau. 2 r D RR = I s V = I Lsg. I LM r 2 D V (45) I Lsg. I LM 2 r D V : Streuintensität der Lösung : Streuintensität des Lösemittels : Abstand Probe Detektor : Streuvolumen In der Praxis findet jedoch Gleichung (46) Anwendung. Die Normierung über das Streuvolumen und den Probe-Detektor Abstand erfolgt durch die Kalibrierung der Apparatur. Hierzu wird an der jeweiligen Apparatur die Streuintensität eines Standards mit bekannter absoluter Streuintensität ermittelt, wozu üblicherweise Toluol verwendet wird. RR = I Lsg. I LM R Std. I Std. (46) R Std. I Std. : Rayleighverhältnis des Standards : Streuintensität des Standards Durch die Auftragung von Kc für verschiedene Konzentrationen und die Extrapolation von c 0 lässt RR sich sowohl A 2 als auch die Molare Masse der Probe ermitteln (siehe Gleichung(47)). Kc RR = 1 M w + 2A 2 c (47) Bei dem gemessenen Molekulargewicht handelt es sich um das Gewichtsmittel M w. Definitionen von Mittelwerten erfolgen in Kapitel

40 Charakterisierungsmethoden Streuung an großen Teilchen Teilchen, die größer als 1 20 λ sind, zeigen aufgrund intramolekularer Interferenzen der gestreuten Strahlung eine messbare winkelabhängige Streuintensität, welche durch den Gangunterschied der Streuzentren verursacht werden. Abbildung 7 zeigt eine lineare Polymerkette mit Z Streuzentren. Abbildung 7: Schematische Darstellung der Lichtstreuung an einem großen Teilchen. Der Abstand zweier Streuzentren ist gegeben durch r ij. Der Koordinatenursprung wurde in den Massenschwerpunkt gelegt, wobei unter homogener Dichteverteilung Gleichung (48) gilt. Z r i = 0 i (48) In Abbildung 7 bezeichnen k s und k 0 die Wellenvektoren des einfallenden und des gestreuten Lichts; sie spannen den Streuvektor q auf, siehe Gleichung (49). Gleichung (50) gibt den Betrag des Streuvektors an. q = k s k 0 (49) q = 4πsin ϴ 2 λ (50) Die Winkelabhängigkeit der Streuintensität ist gegeben durch den Formfaktor P(q). Man erhält durch die Aufsummierung aller Streubeiträge über alle Streuzentrenpaare Gleichung (51). -28-

41 Lichtstreuung Z Z P(q) = 1 Z 2 exp ( iq r ij) = 1 Z 2 sin q r ij q r ij i j i Z i Z j i (51) In erster Näherung kann in einer Taylorentwicklung nach dem zweiten Term abgebrochen werden: P(q) = 1 q2 6Z 2 (r ij 2 ) Z Z i j i (52) Die Doppelsumme lässt sich weiter vereinfachen. Z Z Z Z Z r 2 ij = r i + r j = 2Z r i i j i i j i (53) Da der Koordinatenursprung im Massenschwerpunkt liegt, gilt für das Trägheitsradienquadrat Z R g 2 = 1 Z r i 2 i (54) Durch Einsetzen von Gleichung (53) und (54) in Gleichung (52) erhält man für den Formfaktor: P(q) = q2 R g 2 (55) Unter Berücksichtigung des Formfaktors erhält man den Bezug zum winkelabhängigen Rayleigh- Verhältnis R(ϴ): Kc R(ϴ) = 1 M w P(q) + 2A 2c (56) Gleichung (56) lässt sich nach Einsetzen des Formfaktors weiter vereinfachen. Unter der Annahme kleiner Werte für das Produkt q 2 R g 2 folgt Gleichung (57), welche als Zimmgleichung bekannt ist. Kc R(ϴ) = 1 M w q2 R g 2 z + 2A 2 c (57) Die Zimm-Gleichung besitzt eine zentrale Stellung in der Polymeranalytik. Durch winkel- und konzentrationsabhängige Streuintensitätsmessungen lassen sich neben dem Molekulargewicht und dem zweiten Virialkoeffizienten auch der Trägheitsradius bestimmen. Eine geeignete Auftragung gelingt durch den Zimm-Plot, siehe Abbildung

42 Charakterisierungsmethoden Abbildung 8: Zimm-Plot. 91 Bei einem Zimm-Plot werden die gemessenen Rayleigh-Verhältnisse als Kc/R aufgetragen. Die winkel- und die konzentrationsabhängigen Messungen teilen sich hierbei eine gemeinsame Abszisse. Die Werte für Kc/R werden gegen q 2 + k*c aufgetragen, wobei k eine Konstante bezeichnet, die zum Anpassen der beiden Skalen eingeführt wird. Es können sowohl die winkelabhängigen Messungen auf q = 0 extrapoliert werden, als auch die konzentrationsabhängigen Messungen auf c = 0. Die Zimm- Gleichung (57)vereinfacht sich mit q = 0 bzw. c = 0, sodass aus der Steigung eines linearen Fits das Trägheitsradienquadrat bzw. der zweite Virialkoeffizient ermittelt werden können. Durch zweifache Extrapolation (im gezeigten Zimm-Plot wurde zuerst der Streuvektor und dann die Konzentration extrapoliert) erhält man das Molekulargewicht der Probe als inversen Ordinatenabschnitt Dynamische Lichtstreuung (DLS) Während in der statischen Lichtstreuung zeitlich gemittelte Intensitäten gemessen werden, erfolgt in der dynamischen Lichtstreuung die Betrachtung der Streuintensitätsfluktuationen als Funktion der Zeit. Die Ursache der Fluktuationen liegt in der Brown schen Molekularbewegung der Teilchen, welche zu Anzahldichtefluktuationen der Streuteilchen im Streuvolumen führt. Diese zeitlichen Intensitätsschwankungen innerhalb weniger Picosekunden bis hin zu Sekunden lassen sich durch eine Zeit-Intensitäts-Autokorrelationsfunktion g 2 darstellen. g 2 (τ) = I(q, t) I(q, t + τ) t (58) Hierbei wird die Intensität zu einem Zeitpunkt t mit der Intensität nach einer vergangenen Zeit t + τ multipliziert. Dieses Produkt wird für verschiedene Korrelationszeiten über die komplette Messzeit gemittelt. Abbildung 12 zeigt zur Veranschaulichung zwei Korrelationszeiten zu verschiedenen Messzeiten. -30-

43 Lichtstreuung Abbildung 9: Zeitliche Streuintensität-Fluktuationen. Für den Grenzfall der unendlichen Verdünnung der diffundierenden Teilchen gibt die Siegert-Relation den Zusammenhang zwischen der Brown schen Molekularbewegung und der Autokorrelationsfunktion wieder. g 1 (τ) = g 2(τ) I (q,t) 2 1 (59) I (q,t) 2 : Basislinie g 1 (τ) entspricht der Fourier-Transformation der van-hove Auto-Korrelationsfunktion G s. G s R, τ = 2π 3 3 R2 (τ) 2 exp 3 R2 (τ) 2 R 2 (τ) (60) Diese beschreibt die Wahrscheinlichkeit, mit welcher ein Teilchen innerhalb der Zeit τ die Strecke R zurücklegt. Der mittlere quadratische Abstand, den ein Teilchen durch die Brown sche Bewegung zurücklegt, ist gegeben durch: R 2 (τ) = 6Dτ (61) Die Fourier-Transformierte van Hove Gleichung liefert: -31-

44 Charakterisierungsmethoden g 1 (τ) = exp q 2 R 2 (τ) t τ 6 = exp( Dq2 τ) = exp τ τ D (62) Für eine monodisperse Probe erhält man somit einen monoexponentiellen Verlauf mit einer Abklingrate von Dq 2. Alternativ kann die Abklingrate durch die Relaxationszeit τ D beschrieben werden: τ D = 1 Dq 2 (63) Über die Stokes-Einstein Beziehung, Gleichung (64), lässt sich unter Kenntnis des Diffusionskoeffizienten der hydrodynamische Radius ermitteln. R h = k BT 6πηD (64) Dynamische Lichtstreuung an polydispersen Proben Für polydisperse Proben kann für g 1 (τ) kein monoexponentiell abfallender Verlauf angenommen werden; eine Auswertung gelingt hier durch die Kumulanten-Analyse. Hierbei wird g 1 (τ) als Überlagerung einzelner monoexponentiell abfallender Funktionen angenommen. Unter der Annahme einer Gaußverteilung der amplitudengewichteten Größenverteilungen lässt sich ln g 1 (τ) als Reihenentwicklung beschreiben, die nach dem zweiten Glied abgebrochen wird: ln g 1 (q, τ) = Ґ 1 τ + 1 2! Ґ 2τ 2... (65) Aus dem ersten Kumulaten kann der z-gemittelte Diffusionskoeffizient hergeleitet werden, Ґ 1 = Dq 2 = 1 τ D (66) der zweite Kumulant beschreibt die Abweichung des linearen Verlaufes in ln g 1 (τ). Ґ 2 = µ 2 2! (67) µ 2 ist ein Maß für die Polydispersität einer Pobe. Monodisperse Proben ergeben Werte von µ 2 < 0,05, stark poydisperse Proben liefern Werte von µ 2 > 0,

45 Lichtstreuung µ 2 = Ґ 2 Ґ 1 2 (68) Für polydisperse Proben liefert die dynamische Lichtstreuung winkelabhängige Diffusionskoeffizienten, da der Formfaktor P k (q) mit in die Messung des Mittelwertes einfließt: D z,app (q) = N km k 2 P k (q)d k N k M k 2 P k (q) (69) Man bezeichnet die winkelabhängigen Diffusionskoeffizienten daher als apparent. Da P k (0) = 1 gilt, führt die Extrapolation von q 0 zu dem tatsächlichen Diffusionskoeffizienten. Dynamische Lichtstreumessungen an polydispersen Proben liefern somit das z-mittel für den Diffusionskoeffizienten bzw. das inverse z-mittel des hydrodynamischen Radius. D z ~ 1 R 1 h z (70) Relevante Mittelwerte Da je nach Messmethodik verschiedene Mittelwerte erzielt werden, sollen an dieser Stelle kurz geläufige Mittelwerte vorgestellt werden. Die wichtigsten Vertreter sind der Zahlenmittelwert X n, der Gewichtsmittelwert X w, sowie der Zentrifugen- oder auch z-mittelwert X z. Entsprechend dieser Reihenfolge wird der Messparameters X k jeder Fraktion nicht nur mit der Teilchenanzahlen N k gewichtet, sondern zusätzlich mit M 0, M 1 bzw. mit M 2 gewichtet. Gleichungen (71) - (73) definieren diese Mittelwerte für das Molekulargewicht, sowie den Trägheitsradius aus der statischen Lichtstreuung. Das Verhältnis M w M n skaliert mit der Breite der Verteilung. Es wird daher als qualitatives Maß für die Polydispersität verwendet, der sogenannte Polydispersitätsindex PDI. M n = N km k N k (71) M w = m km k m k = N 2 km k N k M k (72) R g 2 z = N km k 2 R g,k 2 N k M k 2 (73) M k N k 2 R g,k : Molekulargewicht der k-ten Komponente : Teilchenanzahl der k-ten Komponente : Trägheitsradienquadrat der k-ten Komponente -33-

46 Charakterisierungsmethoden Das ρ-verhältnis gibt das Verhältnis von R g 2 z zu R h 1/z an. Dieses Verhältnis ist für bestimmte Partikelformen charakteristisch; Tabelle 3 zeigt solche Werte für verschiedene Strukturen. R 2 g z ρ = 1 1 R Z h (74) Durch Lichtstreuung lassen sich sowohl R 2 g z als auch R h 1/z bestimmen wodurch Aussagen über die geometrische Form der untersuchten Partikel getroffen werden können. Dies gelingt allerdings nur für monodisperse Proben, da es sich, bei den durch die Lichtstreuung ermittelten Radien, um unterschiedliche Mittelwerte handelt. Hierbei ist das z-mittel immer größer als das inverse z-mittel. Folglich sind die gemessenen ρ-verhältnisse für polydisperse Proben immer größer als die zu erwartenden Werte. Tabelle 3: ρ-verhältnisse für verschiedene Topologien. Struktur harte Kugel Hohlkugel dickwandige Mizelle Ellipse Gauß-Knäuel in gutem LM ρ-verhältnis 0, , , ,

47 3.2 Feld Fluss Fraktionierung (FFF) Feld Fluss Fraktionierung (FFF) Die Feld-Fluss-Fraktionierung (FFF) bezeichnet eine Familie von Fraktionierungsmethoden zur Größenauftrennung und Charakterisierung von Proteinen, Polymeren und Partikeln. 92 Zu den wichtigsten Vertretern zählen die Thermische FFF, die Sedimentations-FFF, die Elektrische FFF und die Fluss-FFF. Die Vorteile der Feld-Fluss-Fraktionierung gegenüber chromatographischen Methoden wie z.b. der Größenausschluss-Chromatographie liegen in dem sehr breiten und variabel wählbaren Separationsbereich von wenigen Nanometern bis hin zu hundert Mikrometern Das allgemeine Trennprinzip der FFF Die Probenfraktionierung in der FFF erfolgt innerhalb eines Trennkanals mit einer Höhe von µm unter Einwirkung eines senkrecht dazu wirkenden Kraftfeldes, Abbildung 10. Durch Wechselwirkung der Probe mit dem angelegten Feld wird die Partikelwolke gegen die in Feldrichtung liegende Kanalwand, die Akkumulationswand, transportiert. Diese lokale Erhöhung der Konzentration bewirkt eine gerichtete Diffusion der Teilchen in entgegengesetzter Richtung zum angelegten Feld. Hierdurch bildet sich innerhalb dieser Teilchenwolke ein Konzentrationsprofil aus. Der für jede Fraktion charakteristische mittlere Abstand zur Akkumulationswand hängt sowohl von der Stärke des Feldes, als auch vom Diffusionskoeffizenten der Teilchen ab, und somit, über die Stokes-Einstein Beziehung, ebenfalls vom hydrodynamischen Radius der Teilchen. Die Elutionsgeschwindigkeit der Probe steht in direktem Zusammenhang mit der Strömungsgeschwindigkeit der laminaren Schicht, in der sich die entsprechenden Teilchen aufhalten. Im Allgemeinen befinden sich kleine Moleküle, aufgrund des höheren Diffusionskoeffizienten, im Mittel weiter im Kanalinneren als große Moleküle und werden aufgrund des parabolischen Flussprofils vor den großen Molekülen eluiert. 93,94,95 Abbildung 10: Schema eines Trennkanals. Die schwarzen Balken repräsentieren die Profilaufsicht auf den Kanal. Die Probe wird durch Wechselwirkung mit dem Kraftfeld gegen die Akkumulationswand gedrängt. -35-

48 Charakterisierungsmethoden Das beschriebene, generelle Trennprinzip kann mit einer Vielzahl physikalischer Felder kombiniert werden. Durch die Wahl eines auf die Probe abgestimmten Feldes kann eine Auftrennung erzielt werden. Hieraus resultieren unterschiedliche Methoden der FFF, die sich bereits etablierten: 94,96,97,98 Sedimentations-FFF: Bei dieser Methode der FFF befindet sich die Probe in einem rotierenden Ringkanal. Hierbei führt die angelegte Zentrifugalkraft zu einer Sedimentation der Teilchen, wobei eine Separation aufgrund der unterschiedlichen Dichten der Teilchen und dem Laufmittel erreicht wird. Thermische FFF: In der Thermischen FFF befindet sich der Trennkanal zwischen zwei temperierbaren Abgrenzungen, welche einen Temperaturgradienten innerhalb des Kanals erzeugen. Dieser Messaufbau induziert eine thermische Diffusion der Probe. Die Separation der Komponenten erfolgt nun aufgrund des Soret- Koeffizienten S T = D T /D der einzelnen Fraktionen, wobei der thermische Diffusionskoeffizient D T durch die chemische Zusammensetzung des Analyten beeinflusst wird. Elektrische FFF: Durch das Anlegen eines elektrischen Feldes an einen Trennkanal lassen sich geladene Teilchen in Abhängigkeit ihrer elektrophoretischen Mobilität voneinander fraktionieren. Aufgrund von Schwierigkeiten in der technischen Umsetzung zur Vermeidung von Elektrolytgas ist diese Untermethode nicht etabliert. Symmetrische Fluss-FFF: In der Symmetrischen Fluss-FFF wird ein Querfluss als physikalisches Feld eingesetzt, der senkrecht zur laminaren Strömung innerhalb des Kanals wirkt. Dies kann durch eine für die Probe undurchlässige Membran an der Akkumulationswand und einer Fritte an der gegenüberliegenden Wand des Kanals bewerkstelligt werden. Partikel innerhalb des Trennkanals werden durch die induzierte Driftgeschwindigkeit in Richtung der Akkumulationswand abgelenkt. Abbildung 11: Schematische Darstellung eines Trennkanals der Symmetrischen Fluss-FFF. -36-

49 3.2.2 Die Asymmetrische Fluss-Feld Fluss Fraktionierung (AF-FFF) Feld Fluss Fraktionierung (FFF) Die Asymmetrische Fluss-FFF (AF-FFF) stellt eine Weiterentwicklung der Symmetrischen Fluss-FFF dar und basiert auf demselben Trennprinzip mit vereinfachtem Aufbau. 99,100,101 Ein AF-FFF Kanal besitzt lediglich eine semipermeable Seite an der Akkumulationswand, eine Eintrittsöffnung für den Hauptstrom in den Kanal und zwei Ausgänge, für Haupt- und Querfluss. Ein schematischer Aufbau ist in Abbildung 12 dargestellt, ein Vergleiche zur Symmetrischen Fluss-FFF ist in Abbildung 11 gezeigt. Der Querfluss kommt durch kontinuierliches Abführen des Lösemittels an der semipermeablen Akkumulationswand zustande. Abbildung 12: Schematische Darstellung eines Trennkanals der Asymmetrischen Fluss-FFF. Das Fundament eines AF-FFF Kanals bilden ein Edelstahlblock auf dessen Oberseite sich eine Fritte zur Abführung des Querflusses befindet, sowie eine Gummi-Abdichtungen für den aufliegenden Kanal. Eine Membran trennt die Fritte zum Kanal hin ab. Der eigentliche Trennkanal wird von einem Spacer aus Mylarfolie mit definierter Dicke und durch eine aufliegende PMMA-Platte abgegrenzt. Dieser Spacer gibt sowohl die Kanalhöhe als auch die Kanalform vor, wobei sich eine trapezoidale Kanalform bewährt hat, um gleichmäßige Flussprofile zu gewährleisten. 102 Abbildung 13: Aufbau eines AF-FFF Trennkanals. -37-

50 Charakterisierungsmethoden Fraktionierung in der Fluss-FFF Die Fraktionierung bzw. Retention in der Symmetrischen Fluss-FFF sowie der Asymmetrischen Fluss- FFF basiert auf der Ausbildung eines querflussinduzierten Konzentrationsprofils der Partikel innerhalb des Trennkanals. Elution der Probe erfolgt anhand des axialen Transportes der Partikel durch den Kanal innerhalb laminarer Geschwindigkeitsprofile. Das feldinduzierte Konzentrationsprofil Durch das Anlegen eines physikalischen Feldes erfährt die Probe zwei Kräfte. Zum einen ist das die feldinduzierte Kraft F, welche durch Wechselwirkung der Probe mit dem Feld erzeugt wird. Im Falle der Fluss-FFF wird ein Querfluss angelegt, welches die Driftgeschwindigkeit U der Teilchen in Richtung der Akkumulationswand bewirkt. Zum anderen resultiert durch die Verschiebung der Partikelwolke ein Konzentrationsgefälle dc(x), welches zu einer gerichteten Diffusion D der Teilchen dx entgegengesetzt der Feldrichtung führt. Der Stofftransport J parallel zur Feldrichtung ist somit gegeben als: J = D dc(x) dx + Uc(x) (75) x c(x) D U : Abstand zur Akkumulationswand : Konzentration bei x : Diffusionskoeffizient : Driftgeschwindigkeit der Teilchen Im Gleichgewichtszustand resultiert ein Gesamtteilchenfluss von J = 0. Dies führt zu Gleichung (76): D dc(x) dx = Uc(x) (76) Nach Integration und Lösen von Gleichung (76) folgt das Konzentrationsprofil der Probe: c(x) = c 0 exp x U D = c 0exp x l (77) c 0 l : Konzentration an der Akkumulationswand : effektive Schichtdicke Das Konzentrationsprofil der Probe ist somit eine exponentiell abfallende Funktion mit der höchsten Konzentration an der Akkumulationswand und sinkender Konzentration im Kanalinneren. Die -38-

51 Feld Fluss Fraktionierung (FFF) effektive Schichtdicke l lässt sich als der charakteristische Abstand der Teilchen zur Akkumulationswand definieren. Dieser hängt von der Driftgeschwindigkeit ab, sowie von der Brown schen Eigendiffusion der Probe. Bei hohen Querflüssen oder geringer Diffusion der Probe nimmt daher die effektive Schichtdicke ab. l = D U (78) Den Diffusionskoeffizienten erhält man nach Stokes-Einstein, Gleichung (79). Die Driftgeschwindigkeit lässt sich durch den angelegten Querfluss ermitteln, der über die Akkumulationswand abgeführt wird, Gleichung (80). D = k BT 6πηR h (79) U = V c A (80) V c A η R h : Querflussrate : Fläche der Akkumulationswand : Viskosität des Lösemittels : hydrodynamischer Radius der Probe Das parabolische Flussprofil Der Kanalfluss fließt innerhalb von laminaren Schichten durch den Kanal und weist hierbei ein parabolisches Flussprofil auf. Die Geschwindigkeit v(x) im Abstand x von der Kanalwand lässt sich anhand der Navier-Stokes Gleichung beschreiben: v(x) = p 2ηL x(w x) = 6 v(x) x w x w 2 (81) p η L v(x) w : Druckdifferenz entlang des Kanals : Viskosität des Lösemittels : Kanallänge : mittlere Geschwindigkeit des Lösemittels : Kanalhöhe -39-

52 Charakterisierungsmethoden Retention Allgemein ist das Retentionsverhältnis R als das Verhältnis der mittleren Geschwindigkeit der Probe v zur Geschwindigkeit des Lösemittels v(x) definiert. Die Retention kann weiterhin durch das Verhältnis der Totzeit t 0 zur Retentionszeit t R bzw. des Totvolumens V 0 zum Retentionsvolumen V R ausgedrückt werden (siehe Gleichung (9)). R = v v(x) = t 0 t R = V 0 V R (82) In der FFF ergibt sich die Retention aus den unterschiedlichen Fließgeschwindigkeiten der laminaren Schichten. Sie steht somit mit dem mittleren Abstand der Probe zur Akkumulationswand l in Zusammenhang. Als Maß für die Retention wird der dimensionslose Retentionsparameter λ eingeführt, welcher als das Verhältnis von effektiver Schichtdicke zur Kanalhöhe definiert ist: λ = l w (83) Eine gute Näherung der Retention liefert die Annahme sehr dünner Schichten, so dass l 0 gilt. Hierdurch lässt sich Gleichung (81) vereinfachen, sodass der quadratische Anteil vernachlässigbar wird. Setzt man nun Gleichung (83) und (81) in (82) ein, so erhält man für die Retention: lim R = 6λ l o (84) Aus Gleichung (78) lässt sich der Retentionsparameter bestimmen. Es gilt: λ = l w = k BT A 6πηR h V cw (85) Zur Bestimmung der Retention soll die Näherung sehr dünner Schichten aus Gleichung (11) angenommen werden, wodurch sich für das Retentionsverhältnis folgendes ergibt: R = kta πηr h V cw (86) Mit bekannter Totzeit t 0 = A w lässt sich nach Einsetzen des Ausdruckes der Retention aus Gleichung V (82) die Retentionszeit berechnen: t R = πηv cw 2 V k B T R h (87) -40-

53 Feld Fluss Fraktionierung (FFF) Anhand von Gleichung (87) wird ersichtlich, von welchen Parametern die Retentionszeit abhängt. Da innerhalb einer Methode die Viskosität, die Temperatur, der Querfluss (sofern kein Querfluss-Gradient angewandt wird), der Detektorfluss sowie die Kanalhöhe konstant bleiben, wird die Retentionszeit proportional zum hydrodynamischen Radius der Probe. Mit voranschreitender Elutionszeit eluieren Partikel in der Reihenfolge von klein nach groß. Abbildung 14 stellt eine schematische Zusammenfassung des Fraktionierungsprozesses dar. Ein kompletter Trennvorgang umfasst die Probeninjektion bzw. Fokussierung, Relaxation und Elution der Probe. Bei der Probeninjektion werden die Flüssigkeitsströme, ausgehend vom Eluateinlass und -auslass, so geleitet, dass sie sich an der Injektionsstelle treffen und die Probe auf Höhe des Injektionsports fokussieren, vgl. Abbildung 13. Währenddessen wird der Querfluss konstant über die Membran abgeführt, die Probe erfährt hierdurch bereits das angelegte Feld in Form einer Drift gegen die Membran. Durch Relaxation der Probe stellt sich das Konzentrationsprofil, gemäß Gleichung (77), mit der effektiven Schichthöhe l ein, (78). Während des Elutionsmodus fließt der Laminarfluss durch den Trennkanal, der durch das Querflussfeld überlagert wird. Retention erfolgt anhand des ausgebildeten Konzentrationsprofils der Probe in Schichthöhen langsamerer Geschwindigkeit. Die Elutionszeit ist proportional zum hydrodynamischen Radius der Probe gemäß Gleichung (87). Abbildung 14: Überblick über den Fraktionierungsvorgang anhand eines vereinfachten Schemas. -41-

54 Charakterisierungsmethoden Ioneneffekte in der Fluss-Feld Fluss Fraktionierung Das in Kapitel vorgestellte Modell zur Ausbildung eines Konzentrationsprofils der Probe innerhalb eines AF-FFF Trennkanals wurde stark vereinfacht, da es Wechselwirkungen zwischen Teilchen bzw. zwischen Teilchen und Akkumulationswand vernachlässigt. Da es nicht gelingt die Wechselwirkungen zu beseitigen, beeinflussen diese die Ausbildung des Konzentrationsprofils in gleicher Weise wie das äußere angelegte Feld. Die Gesamtkraft F total, die auf die Partikel wirkt, setzt sich zusammen gemäß: 103 F total = F ef + F P P + F P W (88) mit F ef der Kraft des externen Feldes, welche eine Drift gegen die Akkumulationswand bewirkt, F P P den Partikel-Partikel Wechselwirkungen, die von jedem einzelnen NP ausgehen, und F P W den Partikel-Membran Wechselwirkungen, die im Allgemeinen in entgegengesetzter Richtung zum angelegten physikalischen Feld wirken. Die beiden letztgenannten Wechselwirkungen resultieren aus einer Überlagerung attraktiver Van-der-Waals Kräfte sowie aus repulsiven elektrostatischen Kräften. Im Allgemeinen können die genannten Partikel-Partikel Wechselwirkungen im Falle von sphärischen Teilchen als isotrop erachtet werden. Unabhängig von der Isotropie der Teilchen tragen jedoch nur Kräfte zur Ausbildung des Konzentrationsprofils bei, die senkrecht zur Akkumulationswand wirken. Der axiale Anteil der Kräfte, welcher eine Bandenverbreiterung zu Folge hätte, wird bei dieser Überlegung vernachlässigt Das nicht-ideale Verhalten der Partikelwolke führt bei Aufkonzentration der Teilchenzahl im Trennkanal verstärkt zu interpartikulären Wechselwirkungen. Hierdurch können Einflüsse der Probenkonzentration innerhalb des Trennkanals auf das Retentionsverhalten beobachtet werden. 104 Generell werden daher geringe Mengen an Salz dem Elutionsmittel hinzugegeben, üblicherweise eine Ionenstärke von 1 10 mm, um den Einfluss der langreichweitigen elektrostatischen Wechselwirkungskräfte zu minimieren. Weiterhin beeinflusst eine Variation der Ionenstärke direkt die Retention. Quing und Schimpf untersuchten die salzabhängige Fraktionierungsleistung an Polystyrol-Latices verschiedener Größen. 105 Mit erhöhter Ionenstärke wurde eine bessere Trennleistung erhalten. Hierfür wurden vor allem eine Verringerung der Partikel-Membran Wechselwirkungskräfte verantwortlich gemacht, die in entgegengesetzter Richtung zum angelegten Querfluss wirken. Zur Verbesserung der Trennleistung kann die Ionenstärke allerdings nicht unbegrenzt erhöht werden. Mit zunehmendem Salzgehalt und einer entsprechend abnehmenden elektrostatischen Stabilisierung der Dispersion kommen vermehrt hydrophobe Wechselwirkungen zum Vorschein, die zur Probenadsorption an der Membran führen. Es lassen sich zwei Fälle unterscheiden. Zum einen ist das -42-

55 Feld Fluss Fraktionierung (FFF) eine reversible Adsorption mit der Folge einer Bandenverbreitung sowie einer Peakasymmetrie. 106 Zum anderen kann die Probe irreversibel adsorbieren, was zu einem Probenverlust führt. 107,108 Besonders bei Anwendungen der FFF für biologische Fragestellungen werden physiologische Ionenstärken des Eluats von 150 mm interessant. Bei solch hohen Ionenstärken ergaben sich Wiederfindungsraten unter 50%. 109 Eine Probencharakterisierung mittels der FFF unter physiologischen Bedingungen bleibt daher weiterhin in der Umsetzung herausfordernd. Neben Effekten, die allgemein von der Ionenstärke ausgehen, können weiterhin ionenspezifische Einflüsse auf das Elutionsverhalten beobachtet werden. Abbildung 15 zeigt Elugramme von Polystyrol-Latices, die in Gegenwart verschiedener Salze fraktioniert wurden. Sowohl eine Variation des Kations als auch des Anions verursachten eine Verschiebung der Elutionsbanden bei gleicher Ionenstärke. Im Falle des Anions wurde eine kürzere Retentionszeit in Gegenwart von SCN - Ionen im Vergleich zu Cl - Ionen gefunden. Mit Variation der Kationen erfolgte die relative Reihenfolge der Elutionszeiten des Latex-Standards entsprechend Na + < K + < Cs Diese ionenspezifischen Funde lassen sich anhand der lyotropen Reihe erklären: Spezifische Ioneneffekte resultieren aus der Wertigkeit, der Polarisierbarkeit sowie dem Radius der Ionen in Lösung. Der ionenspezifische Einfluss auf die kolloidale Stabilität findet sich in der kritischen Koagulationskonzentration ccc wieder. Eine empirische Reihenfolge der fällenden Wirkung von Salzen auf dispergierte Proteine wurde von Hofmeister aufgestellt. 110,111 Hierbei steigt die fällende / destabilisierende Wirkung mit den chaotropen Eigenschaften der Ionen. Der beobachtete spezifische Ioneneffekt in der AF-FFF folgt ebenfalls dieser Reihenfolge. Es konnte von Scherer für eine Vielzahl von Anionen und Kationen gezeigt werden, dass der spezifische Ioneneffekt in der AF-FFF der Hofmeister Reihenfolge unterliegt. 112 Abbildung 15: Normierte AF-FFF Fraktogramme von A) Polystyrol Latices mit einem hydrodynamischen Radius von 25 nm mit Variation des Elektrolyt Anions und B) einer Mischung aus Latices mit Radien von 10 nm und 25 nm mit Variation des Elektrolyt Kations. Elektrolytkonzentration 1 mm, Spacer 190 µm, Detektorfluss 1 ml/min und Querfluss von 2 auf 0 ml/min über 1200 s

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57 Online Kopplung der AF-FFF an eine MALLS Detektion 4 Entwicklung von Methoden zur Charakterisierung von Aggregaten 4.1 Online Kopplung der AF-FFF an eine MALLS Detektion Ein zentraler Inhalt dieser Forschungsarbeit zielt auf die Charakterisierung von Aggregaten ab. Da solche Systeme stark größendispers vorliegen, eignet sich für eine solche Charakterisierung vor allem eine Vorfraktionierung der Probe, sowie eine Kopplung an eine online Detektion. Besonders bevorteilt sind absolut arbeitende Detektoren, wie beispielsweise eine statische Lichtstreuapparatur. Für die online Lichtstreudetektion wurde der Prototyp DARK II der Firma Consenxus GmbH verwendet. Es handelt sich um einen Mehrwinkel Lichtstreudetektor mit hydrodynamischer Probenfokussierung. Der Aufbau der Streuzelle ist in Abbildung 16 dargestellt. Die Seitenansicht des Querschnitts zeigt das Flussprofil innerhalb des Zellenvolumens. Das Eluat fließt durch das Streuvolumen als Flüssigkeitsstrahl parallel zum Hilfsstrom. Letzterer kommt durch eine Umwälzpumpe und zwei Platten mit Lochbohrungen an Ober- und Unterseite der Streuzelle zustande, wodurch ein homogener Fluss erzeugt wird. In definierten Winkeln zum eintretenden Laser-Strahl befinden sich auf das Streuvolumen gerichtete Linsen, die mit optischen Fasern verbunden sind. Durch diese wird das gestreute Licht zu den Detektoren geleitet. Der Verlauf des Laser-Strahls durch die Zelle wird in der Aufsicht auf die geöffnete Streuzelle ersichtlich. Der Laser-Strahl gelangt über einen Kanal (e), Abbildung 16, in das Innere der Zelle und trifft dort auf den senkrecht dazu stehenden Flüssigkeitsstrom (a) der die Probe mitführt. Das gestreute Licht verlässt die Zelle über Sichtfenster in definierten Winkeln und gelangt über optische Fasern zu den jeweiligen Detektoren. Abbildung 16: Aufbau des Online MALLS Detektors Dark II. Links: Schematischer Aufbau, Seitenansicht des Querschnitts. Rechts: Aufsicht auf die geöffnete Streuzelle. a) Eintrittsöffnung für Eluat b) Abgrenzungsplatte mit Lochbohrungen c) Sichtfenster für Detektoren d) Halterung für Adapter e) Laser-Eintrittsöffnung f) Laser. -45-

58 Entwicklung von Methoden zur Charakterisierung von Aggregaten Der DARK II Detektor besitzt einen verhältnismäßig aufwendigen Aufbau der Streuzelle im Vergleich zu herkömmlichen online MALLS Detektoren. Alternative Streuzellen werden unter Anderem von Wyatt Technology Europe GmbH unter der Produktbezeichnung DAWN TM produziert. Ein entsprechender schematischer Aufbau ist in Abbildung 17 veranschaulicht. Die DAWN TM Streuzelle besteht aus einem Glaskörper mit Lochbohrung, die einen gemeinsamen Kanal für den Probenfluss und den LASER darstellt. Da der Laserstrahl parallel zum Probenfluss geführt wird, tritt an jedem Punkt innerhalb des Kanals Streuung auf. Das Streulicht wird an der Grenzfläche Eluat/Glas gebrochen und die Intensität wird in der Streuebene winkelabhängig gemessen. 113 Aus einem solchen Aufbau resultieren folgende Beeinträchtigungen sowohl für die statische als auch für die dynamische Lichtstreumessung: Reflexionen nahe des Streuzentrums durch die angrenzende Glasoberfläche der Kanalwand die inhärente Bandenverbreitung durch das Detektorinnenvolumen von 0,76 ml der Beitrag einer gerichteten Bewegung ν mit q ν 0 auf die Korrelationsfunktion Abbildung 17: Schematischer Aufbau von online MALLS Streuzellen im Vergleich. Der DARK II Detektor minimiert diese Störquellen durch die hydrodynamische Fokussierung der Probe. Die Probe wird mit einer Düse von 0,5 mm im Durchmesser in das Zellenvolumen injiziert. Das Probenvolumen ist um einen Faktor 200 kleiner als das Detektorvolumen des DAWN TM, zudem befindet sich die Küvettenwand in räumlichem Abstand zum Streuvolumen und ermöglicht die Positionierung von Sichtblenden innerhalb der Zelle zur Verminderung von Reflexionen. Weiterhin begünstigt dieser Aufbau die online DLS-Detektion, da die gerichtete Bewegung der Probe senkrecht zur Streuebene verläuft. Diese gerichtete Bewegung lässt sich durch einen zusätzlichen Term in der Korrelationsfunktion g 1 (q, τ) beschreiben. 114 g 1 (q, τ) = exp(iq v τ) exp( Dq 2 τ) (89) -46-

59 Online Kopplung der AF-FFF an eine MALLS Detektion Unter der Annahme, dass der hydrodynamisch fokussierte Probenstrahl innerhalb der Zelle nicht schräg verläuft, pulsiert oder Turbulenzen zeigt, gilt: q ν = 0 und der Term der gerichteten Bewegung entfällt Einrichtung des Durchfluss MALLS-Detektors Es wurde zunächst die korrekte Funktionsweise der Streuzelle überprüft, bevor der DARK II Detektor kalibriert werden konnte. Hierzu wurde die Elutionsbande von Partikeln einheitlicher Größe aufgezeichnet, die in die Elution des FFF-Kanals ohne Querfluss injiziert wurden. Als Probe wurde der Latex Größenstandard PS-50 der Firma Duke Scientific Corporation mit einem Durchmesser von 46 nm verwendet. Durch die Elution ohne angelegtes Querflussfeld entstehen sehr scharfe Peaks, die sich ebenso eigneten, um den Versatz zwischen den Detektoren zu bestimmen. Abbildung 18 zeigt solche Elutionsbanden. Zunächst wurde die Streuzelle als geschlossener Kreislauf zur hydrodynamischen Fokussierung betrieben. Hierfür wurden 20 µl der Probe PS-50 mit einer Flussrate von 0,1 ml/min in den AF-FFF Kanal, der mit einer Laminarflussrate von 0,9 ml/min durchströmt wurde, injiziert. Der Detektorfluss betrug somit 1 ml/min. Nach ca. 45 Sekunden konnte anhand der Streuintensität innerhalb des MALLS Detektors ein Signal beobachtet werden, das nach 20 Sekunden das Maximum erreichte und während den folgenden 200 Sekunden abfiel. Mehrmaliges Reproduzieren dieser Messungen führte zu einer stetigen Erhöhung der Basislinie, die erst nach Austausch der Umwälzflüssigkeit wieder auf ein Grundniveau abfiel. Folglich reicherte sich Probe im Zellenvolumen aufgrund mangelhafter hydrodynamischer Fokussierung an. Zur Unterstützung der hydrodynamischen Fokussierung wurde die Fließgeschwindigkeit des Umwälzkreislaufs erhöht. Als Folge eluierten die Proben als schmalere Banden im Vergleich zu langsameren Geschwindigkeiten des Umwälzkreislaufs. Die Ursache der schmaleren Banden lag in dem schnelleren Abtransport der Probe, die sich bei unzureichender hydrodynamischer Fokussierung im Streuvolumen ansammelt. Die kontinuierliche Erhöhung der Basislinie konnte trotz des erhöhten Hilfsstroms beobachtet werden. Höhere Fließgeschwindigkeiten als 25 ml/min konnten nicht umgesetzt werden, da die Streuzelle durch den zu hohen Druck undicht wurde. -47-

60 Entwicklung von Methoden zur Charakterisierung von Aggregaten Abbildung 18: AF-FFF Elutionsbanden von Polystyrol Latex, R h = 23 nm. Die Probe wurde ohne Querfluss in die Elution injiziert. Es wurde die Flussrate des Umwälz-Kreislaufs variiert. Um die hydrodynamische Fokussierung auch bei niedrigen Fließgeschwindigkeiten des Hilfskreislaufs zu bewerkstelligen, wurden die Flüsse in der Streuzelle abgewandelt. Es wurde von einem geschlossenen Kreislauf auf ein offenes Sytem gewechselt, dargestellt in Abbildung 18. Beim offenen System verlässt der Hilfskreislauf mit dem Probenstrahl die Zelle. Es entsteht ein Mantelstrom um den Probenstrahl, der diesen einengt und die hydrodynamische Fokussierung erzwingt. Das offene System hatte im Vergleich zum geschlossenen System schon bei niedrigen Flussraten des Hilfsstroms schmale Banden zur Folge. Ebenso konnte eine stetige Erhöhung der Basislinie nach mehrmaliger Reproduktion des Versuchs nicht beobachtet werden. Entsprechend wurde die Probe effizient vom Streuvolumen abtransportiert und eine Anreicherung der Probe in der Streuzelle konnte nicht beobachtet werden. Im Folgenden wurde die Streuzelle als offenes System betrieben Kalibrierung Störfaktoren von Lichtstreuexperimenten können Reflektionen an den Zellwänden sowie fehlerhafte Justierungen des Strahlengangs und der Detektorsichtfenster sein. Im Folgenden soll die korrekte Funktionsweise der Apparatur anhand einer Kalibrierung sowie deren Anwendung auf eine Probe überprüft werden. Zur Kalibrierung herkömmlicher Lichtstreuapparaturen wird typischer Weise Toluol verwendet, das sich durch eine hohe Streuintensität auszeichnet. Diese kommt durch Dichtefluktuationen zustande, die ausschließlich durch die Temperatur beeinflusst werden. Eine solche Kalibrierung gelang mit dem DARK II Detektor aus folgendem Grund nicht. Beim vollständigen Füllen der Streuzelle mit Toluol ergibt sich das Streuvolumen der Kalibrierung aus der Schnittmenge des Sichtfensters der Detektoren -48-

61 Online Kopplung der AF-FFF an eine MALLS Detektion mit dem Laserstrahl. Das Streuvolumen der Probe hingegen wird zusätzlich durch die hydrodynamische Fokussierung bestimmt. Die Kalibrierung musste folglich am hydrodynamisch fokussierten Probenstrahl erfolgen. Da die räumlichen Ausmaße des Probestrahls von den Fließgeschwindigkeiten des Hüllstroms sowie des Kanalflusses abhängen, wurden zur Kalibrierung die Flussbedingungen einer Messung, einschließlich AF-FFF Fraktionierung, nachgestellt. Als Standard diente die Probe NexSil20, deren absolute winkelabhängige Streuintensität durch eine herkömmliche Lichtstreuapparatur der Firma ALV-GmbH ermittelt wurde, siehe Abbildung 21. Eine ausführliche Charakterisierung der Probe befindet sich in Kapitel 5.2. Die Kalibrierung erfolgte über die gesamte Fläche der Elugramme der winkelabhängigen Streusignale I(Ɵ) dvsowie der Fläche unter dem Konzentrationssignal I RI dv (für die Konzentrationsbestimmung wurde ein Brechungsindex Detektor (RI) verwendet). Es resultiert die volumendifferenzierte Zimm Gleichung. K c dv R(Ɵ) dv = M w 3 R2 gq 2 (90) A 2 wurde unter der Annahme sehr verdünnter Lösungen vernachlässigt. Der hierdurch verursachte Fehler kann wie folgt abgeschätzt werden: Der zweite Virialkoeffizient wurde für NexSil20 auf 5 mol ml A 2 = 2, bestimmt, siehe Abbildung 21. Das Elugramm der höchsten zur g 2 Kalibrierung verwendeten Konzentration der NP ist in Abbildung 22 dargestellt. Dieses zeigt am Peakmaximum (hier kommt der zweite Virialkoeffizient am stärksten zum Tragen) eine Konzentration der Probe von c = 6, g/ml. In der Zimmgleichung wird das reziproke Molekulargewicht der Probe mit einem Wert von 1 M w = 6, mol/g berücksichtigt. Hierzu addiert sich das Produkt 2 A 2 c, welches einen Wert von 2 A 2 c = 3, mol/g ergibt. Im Falle der höchsten Konzentration am Peakmaximum verursacht der zweite Virialkoeffizienten somit relativ zu 1 M w einen Beitrag zur Zimmgleichung von 5,3%. Bei Vernachlässigung von A 2 entspricht dies dem damit einhergehenden maximalen Fehler. Zur Berechnung der absoluten Streuintensität bzw. zu absoluten Konzentrationen wurden die Kalibrierungsfaktoren K(Ɵ) LS und K RI eingeführt. In Gleichung (91) bezeichnet K(Ɵ) LS die winkelabhängigen Kalibrierungsfaktoren der Lichtstreusignale, analog bezeichnet K RI den Kalibrierungsfaktor des RI Detektors in Gleichung (92). R(Ɵ) dv = K(Ɵ) LS I(Ɵ) dv (91) c dv = K RI I RI dv (92) -49-

62 Entwicklung von Methoden zur Charakterisierung von Aggregaten Der Kalibrierungsfaktor des RI Detektors konnte durch die Elution einer Konzentrationsreihe von NexSil20 ermittelt werden. Durch eine Auftragung der eingesetzten Gesamtmasse m inj. = c dv gegen die Fläche unter dem RI Signal A RI = I RI dv resultierte der Kalibrierungsfaktor K RI aus der Steigung, Abbildung 19. Abbildung 19: Kalibrierung des RI Detektors anhand der injizierten Gesamtmasse m = c dv sowie der Fläche unterhalb der Elutionsbande A RI. Die Kalibrierung des MALLS Detektors gestaltete sich etwas aufwendiger. Bei bekanntem Molekulargewicht und Trägheitsradius und unter Zuhilfenahme der Konzentration aus Gleichung (92) folgt direkt, aus Gleichung (90), die absolute Gesamtstreuintensität der eluierenden Probe R(Ɵ) dv. Gleichung (91) liefert letztlich die Kalibrierungsfaktoren des MALLS Detektors K(Ɵ) LS. Die Vergleichsmessung mittels herkömmlicher Lichtstreuapparatur ergab Trägheitsradien der Probe NexSil20 von 25 nm. Diese großen Radien sind durch geringfügige Aggregation bedingt, welche die winkelabhängige Streuintensität der einzelnen NP überlagert. Diese Aggregate separierten sich in der AF-FFF von der Hauptfraktion und eluierten innerhalb der Spülbande, Abbildung 19. Die Flächen der winkelabhängigen Streuintensitäten der Hauptfraktion wiesen relativ zueinander reproduzierbare Werte auf. Die Spülbande hingegen erzielte eine nur schlechte Reproduzierbarkeit der Streuintensitäten der Winkel relativ zueinander. Folglich zeigte die Probe an der Hauptbande wohl definierte Trägheitsradien, der Anteil der Probe im Spülpeak war nicht reproduzierbar größendefiniert. -50-

63 Online Kopplung der AF-FFF an eine MALLS Detektion Abbildung 20: Elugramm des online MALLS Detektors bei einem Streuwinkel von 90 (unkalibriert). Querfluss 2,5 ml/min; Detektorfluss 1 ml/min. Da die relativen Streuintensitäten der Winkel zueinander sehr empfindlich angepasst werden müssen, war die Spülbande somit zur Kalibrierung des Trägheitsradius ungeeignet. Um eine korrekte Winkelabhängigkeit durch die Kalibrierung zu erhalten, ohne einen Teil der Probe innerhalb der Spülbande zu verwerfen, wurden zunächst nur die winkelabhängigen Streuintensitäten relativ zueinander kalibriert. Hierfür wurde der Hauptfraktion ein Trägheitsradius von 11,7 nm zugrunde gelegt (siehe Kapitel 4.1.4). Der winkelabhängige Teil der Zimmgleichung lieferte die Verhältnisse der Streuintensitäten zueinander R(0 )dv = R2 R(Ɵ)dV 3 gq 2, vgl. (90). Einsetzen von (91) und Integrieren der Streuintensitäten über die Hauptbande der jeweiligen Winkel ergab normierte Kalibrierfaktoren K norm (θ) LS, welche die Streuintensitäten der jeweiligen Winkel relativ zueinander anpassen: K norm (θ) LS = K(θ) LS K(0 ) LS I(0 ) dv = 1 I(θ) dv R 2 g q 2 (93) Anschaulich betrachtet, wurde das Molekulargewicht aus der Zimmgleichung gekürzt. Ein Zimmplot mit diesen normierten Kalibrierfaktoren besitzt eine korrekte Winkelabhängigkeit, der Y-Achsenabschnitt verläuft jedoch nicht durch den Wert 1 M w, sondern durch 1. Es wurde für alle Winkel K norm (θ) LS -Werte berechnet. Einzige Unbekannte in Gleichung (93) sind noch K(0 ) LS sowie I(0 ) dv um auf K(θ) LS zurück zuschließen. Auf Grundlage der normierten Kalibrierfaktoren ließen sich die Intensitäten I(q 2 0) extrapolieren. Die Integration I(0 ) dv erfolgte über die Hauptfraktion plus Spülbande. Diese extrapolierte Streuintensität wurde gemäß Gleichung (91) der absoluten Streuintensität des Standards angepasst, welche anhand einer Batchmessung ermittelt wurde, siehe Abbildung 21. Es wurde eine -51-

64 Entwicklung von Methoden zur Charakterisierung von Aggregaten Streuintensität des Standards von Kc dv R dv = 6, mol/g ermittelt. Durch Gleichung (93) folgte aus den normierten Kalibrierfaktoren die absoluten Kalibrierfaktoren K(θ) LS. Tabelle 4: Kalibrierfaktoren des online MALLS-Detektors DARK II. Θ Einheit K(θ) LS 2,014 1,742 1,006 0,992 1, cm -1 Die berechneten Kalibrierfaktoren des DARK II sind in Tabelle 4 für die fünf Detektoren, entsprechend fünf Messwinkeln, zusammengefasst. Die Kalibrierfaktoren resultierten aus einer Konzentrationsreihe aus fünf Konzentrationen. Die verwendeten Konzentrationen der NexSil20 NP reichten von 0,91 mg/ml bis 4,55 mg/ml; mit einer Injektionsschleife von 11 µl entsprach dies einer injizierten Gesamtmasse von 10,0 µg bis 50,1 µg. Abbildung 21, rechte Seite, zeigt den zugrundeliegenden online Zimm-Plot bezüglich der Volumenintegrale über die Hauptbande. Die Messungen der einzelnen Konzentrationen ergaben konstante Kcd V/RdV-Werte, folglich war der zweite Virialkoeffizient A 2 tatsächlich vernachlässigbar. Die Messung der höchsten Konzentration ergab um 10% zu hohe KcdV/RdV-Werte. Der Grund hierfür war ein Sprung in der Laserintensität, welcher bei Diodenlasern durch Schwankungen der Stromzufuhr oder der Temperatur bedingt ist. Der verwendete Laser besitzt eine eigene Regelung der Stromzufuhr sowie ein Peltierelement zur konstanten Kühlung. Dennoch übertragen sich Schwankungen der Raumtemperatur auf die Laserleistung, die ohne geeignete Messung der Laserintensität nicht korrigiert werden kann. Die Häufigkeit solcher Intensitätssprünge konnten durch eine 24 stündige Vorwärmphase des Lasers verringert werden, wobei dennoch Sprünge mit Intensitätsschwankungen von etwa 10% in Abständen weniger Stunden auftraten. Der beobachtete Intensitätssprung, der der Messung mit der höchsten Konzentration der NP zugrunde lag, schlug sich direkt in den Kalibrierfaktoren nieder. Die entsprechende Messung wurde daher zur Kalibrierung vollständig verworfen. Der online Zimmplot der Hauptfraktion ergab ein Molekulargewicht von M w = 1, g/mol und zeigte somit ein geringeres Molekulargewicht als die Batchmessung, die zusätzlich von Aggregaten beeinflusst wurde. Die Winkelabhängigkeit ergab schwankende Werte, aufgrund des kleinen Trägheitsradius von 11,7 nm, nahe der mittels statischer Lichtstreuung auflösbaren Größe. -52-

65 Online Kopplung der AF-FFF an eine MALLS Detektion Abbildung 21: Zimmplot der Probe NexSil20. Links: Messung erfolgte mittels herkömmlicher Mehrwinklel Lichtstreuanlage von ALV als "batch-messung". Rechts: Messung erfolgte "online" durch den DARK II Detektor an der Hauptfraktion der AF-FFF Elutionsbande. In Abbildung 21 bezeichnen die Punkte {Winkel} die für die Kalibrierung berechneten Sollwerte der Winkelabhängigkeit der Streuintensität. Bei der verwendeten Laser-Wellenlänge von 513 nm zeigen NP mit einem Trägheitsradius von 11,8 nm eine relative Abnahme der Streuintensität von 50 zu 130 von ca. 3%. Dieser Wert liegt an der Grenze der Messgenauigkeit der Lichtstreuapparaturen. Unabhängig von der Größe der Teilchen des Kalibrierstandards ergibt sich die Genauigkeit der Kalibrierung aus der Empfindlichkeit der Photomultiplier. Voraussetzung ist, dass die relative Winkelabhängigkeit bekannt ist. Hierbei äußern sich fehlerhafte Annahmen des Trägheitsradius bei Teilchen mit d > λ/20 stärker in der resultierenden Winkelabhängigkeit, welche in die Kalibrierung einfließt. Allgemein sind daher kleinere Standards mit d < λ/20 zur Kalibrierung bevorzugt zu wählen. Die Reproduzierbarkeit dieser Messungen und somit die Genauigkeit des DARK II Detektors zu online SLS Messungen unterlag den Schwankungen der Laser-Intensität. Es konnten, anhand der kontinuierlichen Streuintensitätsmessungen der Basisline, Sprünge der Laser-Intensität von 10% beobachtet werden. Die Auswirkungen auf die Kalibrierung solcher Sprünge sind in Abbildung 21 dargestellt. Die gesamte Messung der höchsten Konzentration ergab um 10% zu niedrige Werte bezüglich der absoluten Streuintensitäten auf allen Winkeln. Der Fehler der Streuintensität ist direkt proportional zum Fehler des berechneten Molekulargewichts. Um eine solche Fehlerquelle zu vermeiden sollte die Messung der Kalibrierung möglichst zeitnahe folgen. Zusammenfassend wurde der Detektor mit gleicher Probe aber bei unterschiedlichen Konzentrationen fünf Mal kalibriert. Der Einfluss des zweiten Virialkoeffizienten auf die Streuintensität konnte nicht beobachtet werden. Die Winkelabhängigkeit der Streuintensitäten lag innerhalb der Messgenauigkeit < 3%. Im Folgenden wird der Detektor zur zeitaufgelösten Charakterisierung getestet. -53-

66 Entwicklung von Methoden zur Charakterisierung von Aggregaten Online Molekulargewichts-Bestimmung Die mittels Gleichung (91) berechneten Kalibrierfaktoren des MALLS Detektors erlauben nicht nur die Berechnung der Streuintensitäten der Volumenintegrale, sondern ebenso die Berechnung der absoluten Streuintensität zu jedem Zeitpunkt der Elution. In Anlehnung an herkömmliche Lichtstreuung kann Gleichung (46) auf die online Lichtstreuung angepasst werden: R(Ɵ) = I Lsg. I LM R Std. I Std. = (I(Ɵ) I(Ɵ) Basisline ) K(Ɵ) LS (94) Eine Auftragung von 1/R(Ɵ) gegen q 2 und lineare Extrapolation für q 2 0 liefert für jeden Zeitpunkt der Elution 1/R(0 ). Unter Vernachlässigung von A 2 vereinfacht sich Gleichung (57) zu (95). K c R(0 ) = 1 M (95) In Gleichung (95) wurde angenähert, dass die Fraktionen der Probe, die in der AF-FFF aufgetrennt werden, monodispers eluieren. Der Index w des Molekulargewichts, der für das Gewichtsmittel steht, wurde daher ausgelassen. Tatsächlich besitzt die AF-FFF inhärente Bandenbreite, die eine Größendispersität der Fraktionen bedingt. Abbildung 22 zeigt die Elugramme der Proben NexSil8 und NexSil20. Die Konzentrationen wurden mit einem RI-Detektor ermittelt. Das Konzentrationssignal wurde nicht als willkürliche Maßeinheit (als arbitrary units, a.u.) angegeben, sondern stellt absolute Konzentrationen dar, die auf Grundlage der Kalibrierung, Gleichung (92), berechnet wurden. Auf gleiche Weise wurden die absoluten Streuintensitäten berechnet und die Winkelabhängigkeit auf R(0 ) extrapoliert. Gleichung (95) resultierte in der online Molekulargewichtsbestimmung, ebenfalls dargestellt in Abbildung 22. Die Molekulargewichtskurve zeigte Oszillationen aufgrund der pulsierenden Pumpe des Hüllstroms zur hydrodynamischen Fokussierung. -54-

67 Online Kopplung der AF-FFF an eine MALLS Detektion Abbildung 22: AF-FFF-Elugramm der Proben NexSil8 und NexSil20 mit online-molekulargewichtsbestimmung. Querfluss 2,5 ml/min; Detektorfluss 1 ml/min. Die online Molekulargewichtsbestimmung wies für die Probe NexSil20 ein kontinuierliches Wachstum auf. Dies lässt sich durch die Fraktionierung der AF-FFF von kleinen zu großen Teilchen begründen selbst bei gegebener, enger Größendispersität. Die Probe NexSil8 zeigte zu Beginn der Elution (t < 230 s) ein annähernd konstantes Molekulargewicht da ein geringer Teil der Probe noch innerhalb des Voidpeaks bei 210 Sekunden eluierte und somit nicht der Fraktionierung unterlag. Ab einer Elutionszeit von 230 Sekunden konnte auch bei dieser Probe ein kontinuierliches Wachstum des Molekulargewichtes beobachtet werden. Bei identischen Elutionszeiten der Proben, zwischen 240 bis 280 Sekunden, wurden für NexSil8 niedrigere Molekulargewichte als für die Probe NexSil20 ermittelt. Die Molekulargewichtskurven der beiden Proben verliefen folglich nicht deckungsgleich. Der Grund hierfür lag in der Verbreitung der Elutionsbanden. Diese wird nicht nur durch die Größenverteilung der Probe verursacht, sondern beruhte vor allem auf dem Fraktionierungsprinzip der AF-FFF. Trotz Überlappung der Elugramme ergab die Probe NexSil20 über die komplette Elutionsbande daher größere Molekulargewichte als NexSil8. Eine Auswertung der Streuintensitäten am Bandenmaximum ergab Molekulargewichte von 3, g/mol für NexSil8 bzw. 1, g/mol für NexSil20. Diese Molekulargewichte sind proportional zur dritten Potenz des hydrodynamischen Radius, mit einer Abweichung von 4%, vgl. Tabelle 12, Seite 85. Neben dem Molekulargewicht am Bandenmaximum (M Max ) wurden ebenso die -55-

68 Entwicklung von Methoden zur Charakterisierung von Aggregaten gewichtsgemittelten Molekulargewichte ( M w ) über die komplette Bande der Hauptfraktion berechnet, Gleichung (72) führt zu Gleichung (96): M w = M i m i m i = M i c i V i c i V i = M i c i c i (96) V i bezeichnet das Volumen jeder Fraktion, das sich aus der Detektorflussrate und den Zeitintervallen zwischen den Datenpunkten ergibt. Bei konstanter Detektorflussrate von V = 1 ml/min und einem Zeitintervall von t = 0,2 s berechnet sich das Volumen jeder Fraktion als V i = 3,33 µl. V i ist somit eine Konstante und kann aus Gleichung (96) gekürzt werden. Die Ergebnisse des gewichtsgemittelten Molekulargewichts sind in Tabelle 5 wiedergegeben. Tabelle 5: Zusammenfassung der online gemessenen Molekulargewichte durch den DARK II Detektor im Vergleich zur Batchmessung. Probe M Max / g/mol M w / g/mol M w,batch / g/mol NexSil8 3, , , NexSil20 1, , , Die Proben wiesen ein höheres über die komplette Elution gewichtsgemitteltes Molekulargewicht auf, als es am Peakmaximum gemessen wurde. Bei symmetrischen Elutionsbanden der Massenkonzentration sowie einer linear verlaufenden Molekulargewichtskurve müssen diese Werte übereinstimmen. Der Grund für die hier abweichenden Werte liegt in der Bandenasymmetrie, die besonders stark bei der Probe NexSil8 aufgrund der Überlappung mit dem Voidpeak auftrat. Das anhand der Batchmessung bestimmte Molekulargewicht ergab für beide Proben im Vergleich zur online MALLS Bestimmung größere Werte. Die geringfügige Aggregation der Probe NexSil20 wurde bereits im vorherigen Kapitel erwähnt. Die Probe NexSil8 wies in der Batchmessung ebenso die Anwesenheit von Aggregaten auf, dies spiegelt sich in dem gemessenen Trägheitsradius von 30 nm statt den berechneten 7,8 nm wieder. Eine durch Aggregation bedingte Verfälschung des Molekulargewichts zu größeren Werten hin ist in der Batchmessung zu erwarten. Die berechneten Werte der zeitaufgelösten Molekulargewichtsbestimmung sind nicht unplausibel, dennoch wird die winkelabhängige Streuintensitätsdetektion am empfindlichsten von Störquellen wie einer fehlerhaften Justierung oder Reflexionen innerhalb der Streuzelle beeinflusst. Dies soll im folgenden Kapitel überprüft werden. -56-

69 4.1.4 Online Trägheitsradien-Bestimmung Online Kopplung der AF-FFF an eine MALLS Detektion In der vorliegenden Arbeit wurde der DARK II online MALLS Detektor zur Charakterisierung von NP-Aggregaten verwendet. Als Grundlage diente die online-bestimmung des Trägheitsradius als Maß für die Größe eines Aggregates. Die Funktionsfähigkeit des Detektors zur Bestimmung von Trägheitsradien soll im Folgenden am Beispiel einer geringfügigen aggregierten Probe NexSil125.3a gezeigt werden. Die winkelabhängige Streuintensität muss zur online Trägheitsradien-Bestimmung sehr genau bestimmt werden. Vor allem kleine Partikel, mit Durchmessern nahe λ 20, zeigen eine nur schwach ausgeprägte Winkelabhängigkeit. Durch die beobachteten Intensitätsschwankungen des Lasers würden sich die relativen Streuintensitäten der gemessenen Winkel zueinander nicht verändern. Die Winkelabhängigkeit wäre hierdurch unbeeinflusst. Dennoch wirken sich Intensitätsschwankungen des Lasers auf die Streuintensität des Lösungsmittels aus und gemäß Gleichung (94) ebenso auf die Basisline des Elugramms der Streuintensitäten. Bei nicht konstanter Basisline würde die winkelabhängige Streuintensität der Probe durch die des Lösungsmittels überlagert. Letztere ergibt sich aus der Geometrie des Streuvolumens, im Idealfall gilt I Basisline 1. Die sin(θ) winkelabhängige Streuintensität der Probe würde somit verfälscht. Um die Gültigkeit der Kalibrierung zu gewährleisten wurde das Zeitfenster zwischen Messung und Kalibrierung optimiert. Die Kalibrierung erfolge innerhalb der Messung mit der Probe NexSil20, die zur eigentlichen Probe beigemengt wurde. Diese Vorgehensweise setzt voraus, dass sowohl Probe als auch Kalibrierstandard nicht miteinander Wechselwirken sowie vollständig separierte Elutionsbanden aufweisen. Im Folgenden soll eine stark polydisperse Probe mittels online SLS größencharakterisiert werden. Hierfür wurde die Probe NexSil125.3a verwendet. Es handelt sich hierbei um amorphe Silica NP, die drei Jahre alterten und Aggregation aufzeigten. Der hydrodynamische Radius der primären Partikel wurde mittels DLS bestimmt und betrug 58,6 nm (anhand der frischen Probe NexSil125), siehe Kapitel 5.2. Die gealterte Probe diente ausschließlich der Charakterisierung des Trägheitsradius einer möglichst breiten Verteilung, um die korrekte Funktionsweise des online MALLS Detektors über eine breite Trägheitsradienskala sicher zu stellen. Die in den übrigen Kapiteln dieser Arbeit verwendete Probe NexSil125 wurde frisch bestellt und wies keine Aggregation auf. Das Elugramm der Probe einschließlich Kalibrierung ist in Abbildung 23 dargestellt. Es wurden die normierten Streuintensitäten der fünf Messwinkel, von in 20 Schritten, aufgetragen. Die Normierung erfolgte anhand des Kalibrierungsstandards NexSil20. Die auf einen Winkel von 0 extrapolierte Streuintensität wurde am Bandenmaximum des Standards bei 320 Sekunden auf 1 normiert. Die winkelabhängige Abstufung erfolgte auf Grundlage des bekannten Trägheitsradius von 11,7 nm durch die Beziehung I(0 ) = I(θ) 3 R2 gq 2. Die Probe separierte sich während der Elution -57-

70 Entwicklung von Methoden zur Charakterisierung von Aggregaten vollständig von der Kalibrierung. Der Kalibrierstandard eluierte als scharfe Bande von 280 bis 380 Sekunden, die Probe eluierte als breite Bande zwischen 600 bis 1000 Sekunden Elutionszeit. Während der Elution der Probe NexSil125.3a spalteten sich die winkelabhängigen Streuintensitäten voneinander auf. Am Maximum bei 690 Sekunden wurde eine Abnahme der Streuintensität von 44% bei einem Winkel von 130 gemessen, relativ zu der auf 0 extrapolierten Intensität. Mit fortschreitender Elutionszeit spalteten sich diese Streuintensitäten noch weiter voneinander auf, verursacht durch das Anwachsen des Trägheitsradius mit fortschreitender Elutionszeit. Durch eine Auftragung von I(0 ) gegen I(θ) q2 wurden die Trägheitsradien der eluierenden Fraktion aus der Steigung berechnet. Diese Winkelabhängigkeit ist stichprobenhaft für zwei Messzeiten, am Bandenmaxmimum und an der Schulter der Probe NexSil125.3a, in Abbildung 23 dargestellt. Es konnte für alle Messzeiten eine lineare Abhängigkeit der winkelabhängigen Streuintensitäten beobachtet werden. Dies ist ein Hinweis darauf, dass die beobachte Winkelabhängigkeit ausschließlich durch intrapartikulare Interferenz bedingt war und nicht durch Reflexionen oder Leuchten der Streuzelle bzw. von der winkelabhängigen Streuintensität der Basislinie oder der Streuintensität der Probe beeinflusst wurde. Die online Trägheitsradien wurden in Abbildung 23 für jeden Zeitpunkt der Elution zusammen mit dem Elugramm geplottet. Die Trägheitsradien sind auf der rechten Skala in Rot dargestellt. Die Trägheitsradienkurve zeigte einen kontinuierlichen Anstieg mit zunehmender Elutionszeit, selbst innerhalb der schmalen Bande der Kalibrierung. Die Trägheitsradien stiegen bis zu einem Maximum bei ca. 950 Sekunden an, anschließend fiel die Größe wieder ab. Dieses Verhalten konnte bei dem gegebenen Kanalaufbau reproduzierbar beobachtet werden. Es handelt sich hierbei um sterische, vorzeitige Elution großer Aggregatspezies, die sich mit der normalen Elution überlagerte. -58-

71 Online Kopplung der AF-FFF an eine MALLS Detektion Abbildung 23: Links: AF-FFF-Elugramm von NexSil125 mit Aggregaten bei t=600s-1000s. Es wurde während der Messung mit NexSil20 kalibriert bei t=320s, die Trägheitsradien wurden online gemessen (rechte Skala, rot), zum Vergleich wurden Fraktionen gesammelt und mittels DLS charakterisiert (rechte Skala, blau). Rechts: Die Winkelabhängigkeit der online SLS- Messung zeigt einen linearen Verlauf des Formfaktors. Die gemessenen online Trägheitsradien wurden mit einem herkömmlichen Streuexperiment entsprechender Fraktionen verglichen. Hierzu wurden kontinuierlich Fraktionen von 40 Sekunden gesammelt und größencharakterisiert. Die Streuintensitäten dieser Fraktionen waren zu gering für eine Statikmessung, es wurden daher dynamische Lichtstreumessungen durchgeführt. Die Ergebnisse der hydrodynamischen Radien sind ebenfalls in Abbildung 23 als blaue Punkte eingefügt. Diese zeigten ebenso wie die Trägheitsradien ein kontinuierliches Wachstum mit steigender Elutionszeit. Das Verhältnis von Trägheitsradien zu hydrodynamischen Radien liefert das ρ-verhältnis. Es wurden Werte von 0,88 am Anfang der Elutionsbande, 0,97 am Maximum bis zu 1,4 an der Schulter der Bande gefunden. Erwartete Werte der ρ-verhältnisse lägen bei 0,775 bezüglich der freien NP. Dimere, Trimere und höhere Aggregate können vereinfacht als Ellipsen aufgefasst werden mit ρ- Verhältnisse von 0,775-4, vgl. Tabelle 3. Anhand Abbildung 5, Seite 20, wurden hydrodynamische Radien kleinerer Aggregate erfasst. Es wurden normierte hydrodynamische Radien des Dimers R h = 1,14 sowie des Trimers a N=2 R h = 1,19 bis 1,24 bestimmt. Ebenso wurden a N=3 Trägheitsradien des Dimers, des trigonalen Trimers und des linearen Trimers hergeleitet, siehe Tabelle 7. Es resultieren ρ-verhältnisse des Dimers von ρ = 1,05, sowie für das Trimer, abhängig der Anordnung, von ρ = 1,17 bis ρ = 1,48. Das Elugramm der Probe NexSil125.3a weist entsprechende Radien zwischen 800 und 900 Sekunden Elutionszeit auf, einhergehend mit dem steilen Anstieg des Trägheitsradius auf einen Wert von ρ = 1,4. Der beobachtete sprunghafte Anstieg der -59-

72 Entwicklung von Methoden zur Charakterisierung von Aggregaten Trägheitsradienkurve ist folglich durch die Elution kleiner Aggregate bedingt, die große ρ-verhältniss aufweisen. Zusätzlich wird das ρ-verhältnis durch die Größendispersität beeinflusst, Messwerte ergeben grundsätzlich höhere Werte aufgrund des verschiedenen Mittelwerts des Trägheitsradius R g 2 z und des hydrodynamischen Radius 1 R h z. Besonders kleine Aggregate, wie Dimere oder lineare Trimere, weisen eine hohe Anisotropie auf. Dies verursacht nicht nur, wie oben erwähnt, hohe ρ-verhältnisse, sondern auch eine zusätzliche Bandenverbreiterung im Trennkanal und somit erhöhte Dispersität der Fraktionen. Nicht-sphärische Partikel müssen in ihrem Retentionsverhalten gesondert betrachtet werden. 115,116,117 Theoretische Modelle hierzu berücksichtigen einen Verlust der Entropie sofern sich nicht-sphärische Partikel der Akkumulationswand nähern, da sie in ihrer Rotationsbewegung eingeschränkt sind. Dies wird als sterisch-entropischer Elutionsmodus bezeichnet und bezieht sich auf eine vorzeitige Elution solcher Partikel im sterischen Modus. 102 Dieser Sachverhalt würde für die Probe NexSil125.3a erst relevant, sofern die normale Elution von sterischer Elution überlagert wird. Partikel würden unter solchen Bedingungen durch sterisch-entropische Elution zusätzlich verfrüht eluieren. Der kontinuierliche Anstieg der hydrodynamischen Radien in Abbildung 23 spricht jedoch gegen eine Überlagerung der sterischen bzw. sterisch-entropischen Elution. Der online MALLS Detektor wurde folglich erfolgreich in Betrieb genommen. Die Kalibrierung mittels NexSil20 wurde auf Silica-Partikel anderer Größe angewandt und erzielte plausible Verläufe der zeitaufgelösten Molekulargewichts- sowie Trägheitsradienkurve. In der vorliegenden Arbeit konnte der DARK II online MALLS Detektor zur Charakterisierung von NP-Aggregaten verwendet werden. Im Folgenden soll weiterhin ein Modell zum Wachstum von Teilchen-Cluster- sowie zu Cluster-Cluster-Aggregaten vorgestellt und diskutiert werden. -60-

73 Modellentwicklung zum nicht-fraktalen Wachstum von Aggregaten 4.2 Modellentwicklung zum nicht-fraktalen Wachstum von Aggregaten Im Theorieteil wurden bereits unterschiedliche Modelle zum Wachstum von Teilchen-Cluster- Aggregaten (TCA) sowie zu Cluster-Cluster Aggregaten (CCA) vorgestellt. Im Folgenden soll das Prinzip einer stufenweisen Berechnung der einzelnen Wachstumsschritte aufgegriffen werden und ebenfalls auf den fraktalen Vorfaktor übertragen werden Berechnung des nicht-fraktalen Wachstum von Teilchen-Cluster- Aggregaten Eine qualitative Beschreibung eines Aggregates gelingt anhand der Bestimmung des Trägheitsradius. Zur Bestimmung der Wachstumsfunktion des Aggregates, siehe Gleichung (23), müssen einige Annahmen bezüglich der Art des Aggregationsprozesses getroffen werden. Das im Folgenden hergeleitete Modell wird sich auf eine diffusionslimitierte Aggregation (DLA) beziehen und soll den Prozess einer Teilchen-Cluster Aggregation (TCA) darstellen. Ebenfalls wurden diese Ergebnisse mit Simulationen zu Cluster-Cluster Aggregaten (CCA) aus der Literatur. Die Berechnung der fraktalen Dimension von DLA Teilchen-Clustern aus Kapitel basiert auf der Annahme, dass der fraktale Vorfaktor k h = 1 ist. Dies wird aus einem Vergleich der Gleichungen (23) und (31) ersichtlich. Ein Aggregat der Größe N = 1 besitzt den hydrodynamischen Radius eines einzelnen Teilchens R h = a. Für diesen Fall folgt tatsächlich aus Gleichung (23) k h = 1. Da das anwachsende Aggregat jedoch nicht die Raumerfüllung einer Vollkugel besitzt, ist k h nicht konstant. Dies resultiert direkt aus dem nicht-fraktalen Wachstum von Teilchen-Cluster Aggregaten. Folglich darf k h in Gleichung (23) nicht ignoriert werden. Durch konsequentes Einsetzen des fraktalen Vorfaktors in Gleichungen (31) - (35) folgt die Korrektur von Gleichung (37). Diese entspricht der Reihenentwicklung der Dimension des Wachstumsschrittes unter Berücksichtigung von k h : (i + 1) 1 d i+1 = 1,080 1,56 1,728 d 2 i+1 2 0,228 k h,i+1 i 1 d i + k h,i+1 k h,i k h,1 (97) Im Unterschied zu Gleichung (37) müssen nun zusätzlich die Verhältnisse der fraktalen Vorfaktoren berücksichtigt werden, diese sind k h,i+1 k h,i sowie k h,i+1 k h,1. Da die Berechnung der Vorfaktoren aus der fraktalen Dimension erfolgt, der Zusammenhang beider Parameter jedoch noch unbekannt ist, wird die Lösung der Gleichung (97) vorerst nicht lösbar, jedoch iterativ annäherbar. Zur Vereinfachung der Problematik soll zunächst angenommen werden, dass k h während nur eines Wachstumsschrittes annähernd konstant bleibt, so dass gilt: k h,i+1 k h,i = 1 und k h,i+1 k h,1 = 1. Dies sind die Startwerte -61-

74 Entwicklung von Methoden zur Charakterisierung von Aggregaten der iterativen Näherung, welche in Kapitel wieder aufgegriffen werden soll. Besonders für große Aggregationszahlen i kann angenommen werden, dass der Vorfaktor k h, von k h,1 abweicht. Durch das Vernachlässigen der Werte k h,i+1 k h,i sowie k h,i+1 k h,1 berechnen sich für N = 5 um 1% zu geringe Werte für d i im Vergleich zur iterativen Näherung. Dieser Fehler wird mit zunehmender Agglomerationszahl größer. An dieser Stelle soll dem Ergebnis dieser Berechnung vorausgegriffen werden, dass eine Teilchen-Cluster Aggregation ab einer Aggregatgröße von 5-6 Einzelteilchen in eine Cluster-Cluster Aggregation übergeht, siehe Abbildung 25. Die Berechnung des fraktalen Vorfaktors des Träheitsradius k g erfolgte in der Herleitung nach Gmachowski 80 anhand Gleichung (38). Unter Berücksichtigung des fraktalen Vorfaktors des hydrodynamischen Radius k h resultiert, an dessen Stelle, Gleichung (98). k g,i R g a df = k h,i R h R df R a d f (98) Entsprechend der Berechnung von Gleichung (39) folgt Gleichung (99). d f k g = 1,56 1,728 d 2 f k h 2 0, d d f 2 f d f (99) Gleichung (99) ist das korrigierte Ergebnis von Gmachowski 80 zur Berechnung des fraktalen Vorfaktors k g. Wie sich zeigt, berechnete Gmachowski fälschlicher Weise das Verhältnis k g k h in Abhängigkeit der fraktalen Dimension, allerdings nicht k g. Gleichung (99) ist nicht uninteressant, da es zur Berechnung des ρ-verhältnisses führt. Gemäß Gleichung (25) folgt für fraktale Objekte: ρ = k h k g df. Gleichung (99) liefert allerdings keinen Beitrag zur Beschreibung des Wachstums von Aggregaten, da k h unbekannt bleibt Berechnung des fraktalen Vorfaktors durch eine Reihenentwicklung Die folgende Berechnung bezieht sich auf das fraktale Wachstum des Trägheitsradius. Obwohl die Herleitung nach Gmachowski auf dem Wachstum des hydrodynamischen Radius basiert lässt sich die fraktale Dimension gemäß Gleichung (23) sowohl auf den hydrodynamischen Radius als auch auf den Trägheitsradius anwenden. Die Dimension des Wachstums kann gemäß Gleichung (37) für jeden Wachstumsschritt berechnet werden. Aus der logarithmischen Darstellung von Gleichung (23) folgt für diesen Fall des nicht fraktalen Wachstums Gleichung (100). Durch eine log-log Auftragung ist die Dimension des -62-

75 Modellentwicklung zum nicht-fraktalen Wachstum von Aggregaten Wachstumsschrittes d i die Steigung zwischen zwei Punkten, log(k i ) ist der entsprechende Achsenabschnitt eines Wachstumsschrittes, siehe Abbildung 24. Da die Agglomerationszahl N nur ganze Werte annehmen kann und die Steigung bekannt ist, erfolgt anhand eines bekannten Wertepaares i R g a i die vollständige Ausfüllung des Graphen. Abbildung 24 dient der Veranschaulichung zur Berechnung der Vorfaktoren. Jedes Wertepaar kann durch zwei Wachstumsgeraden beschrieben werden. Die erste Gerade entspricht dem Wachstumsschritt, mit dem das Aggregat gebildet wurde. Dieser Wachstumsschritt erfolgte mit der Steigung d i. Die zweite Gerade entspricht dem sich anschließenden Wachstumsschritt mit ebenfalls bekannter Steigung d i+1. Abbildung 24: Aggregatgröße und Aggregationsszahl im log-log-plot. Die Aggregation lässt sich durch stufenweise Wachstumsfunktionen beschreiben, für den Fall: d f nicht konstant. Mit Ausnahme für N = 1 gilt für jedes Wertepaar i R g a i : log(i) = log(k i ) + d i log R g a i (100) und log(i) = log(k i+1 ) + d i+1 log R g a i (101) Die Kombination beider Gleichungen (100) und (101) liefert die Reihenentwicklung des Vorfaktors k i+1 aus k i, Gleichung (102). -63-

76 Entwicklung von Methoden zur Charakterisierung von Aggregaten log(k i+1 ) = log(i) d i+1 d i log i k i (102) Hierbei sind alle Werte sowohl für d i als auch für d i+1, gemäß Gleichung (37), bekannt. Gleichung (102) benötigt allerdings einen Startwert für k i um alle folgenden k i+1 zu berechnen. Ein Wachstumsschritt zu i = 1 entspräche der Erschaffung eines Primärpartikels im leeren Raum, ebenfalls ist Gleichung (102) für i = 1 nicht lösbar, da sowohl d 1 als auch k 1 unbekannt bleiben. Der kleinste mögliche Wert der Agglomerationszahl ist i = 2. Der Wachstumsschritt zu i = 2 erfolgt anhand des Wachstums vom Primärpartikel zum Dimer, vgl. Abbildung 24. Aufgrund der hohen Symmetrie einer Vollkugel hat die Anlagerung einer zweiten Vollkugel keine Vorzugsorientierung, das Wertepaar 2 R g a 2 ist somit festgesetzt. k g,2 resultiert aus Gleichung (100), der Wert für R g a 2 wurde berechnet und beträgt R g a 2 = 1,263. Die Dimension des Wachstumsschrittes d 2 berechnet sich anhand Gleichung (37). Es folgt (103). log(2) = log k g,2 + d 2 log R g a 2 (103) An dieser Stelle soll kurz auf den Wert k 1 näher eingegangen werden. Wie im vorherigen Abschnitt erwähnt wurde, ist dieser Wert nicht existent. Dennoch wird der Vorfaktor des hydrodynamischen Wachstums k h,1 in Gleichung (97) explizit benötigt. Für den hydrodynamischen Radius des Primärpartikels (N = 1) gilt, dass der Punkt log 1 log R h a 1 auf der Y-Achse liegt. Jede Gerade, die durch diesen Punkt gelegt wird, besitzt denselben y-achsenabschnitt log k h,2. Daher verläuft die hypothetische Wachstumsgerade vom leeren Raum zum Primärpartikel ebenfalls durch diesen Punkt. Für den Spezialfall i = 1 wird daher definiert k h,1 k h,2. Diese Überlegung gilt nicht für den Trägheitsradius, da gilt log R g 0, folglich liegt die Zuordnung des Primärteilchens nicht auf dem a 1 y-achsenabschnitt. Die Reihenentwicklung wird für den Trägheitsradius im Folgenden erst ab dem Dimer berechnet. Wie im vorherigen Kapitel erwähnt, unterlag Gleichung (97) der Annahme k h,i+1 k h,i = 1 sowie k h,i+1 k h,1 = 1. Die Reihenentwicklung des fraktalen Vorfaktors des Trägheitsradius lässt sich entsprechend Gleichung (102) ebenso auf den hydrodynamischen Radius übertragen. Es gilt wie bereits diskutiert k h,2 = 1. Es folgen entsprechend Gleichung (102) alle Werte k h,i+1 k h,i sowie k h,i+1 k h,1. Diese korrigierten Werte lassen sich in Gleichung (97) erneut einsetzen und liefern die Werte der ersten iterativen Näherung von d i. Mit Excel wurde dieser iterative Schritt mal wiederholt, das Ergebnis ist in Tabelle 6 dargestellt. -64-

77 Tabelle 6: Iterative Annäherung der Gleichung (102) in (97). Modellentwicklung zum nicht-fraktalen Wachstum von Aggregaten N Startwerte Iterative Näherung (10000 Schritte) d i k h,i+1 k h,i k h,i+1 k h,1 d i k h,i+1 k h,i k h,i+1 k h,1 2 1,756 1,00 1,00 1,756 1,00 1,00 3 1,770 1,00 1,00 1,770 0,99 0,99 4 1,789 1,00 1,00 1,795 0,98 0,98 5 1,809 1,00 1,00 1,826 0,98 0,96 6 1,827 1,00 1,00 1,860 0,97 0,93 7 1,843 1,00 1,00 1,893 0,97 0,90 8 1,858 1,00 1,00 1,923 0,97 0,87 9 1,871 1,00 1,00 1,950 0,97 0, ,883 1,00 1,00 1,971 0,97 0, ,894 1,00 1,00 1,988 0,98 0, ,905 1,00 1,00 2,001 0,98 0, ,914 1,00 1,00 2,011 0,99 0, ,923 1,00 1,00 2,019 0,99 0, ,931 1,00 1,00 2,028 0,99 0, ,938 1,00 1,00 2,036 0,99 0, ,946 1,00 1,00 2,047 0,98 0, ,952 1,00 1,00 2,059 0,98 0, ,959 1,00 1,00 2,073 0,98 0, ,965 1,00 1,00 2,087 0,98 0,69 Anhand der Gleichungen (97) und (102) ergibt sich der komplette Verlauf der normierten Trägheitsradien bei Aggregation der Probe. Die Werte wurden für eine Aggregatgröße bis N = 20 in Tabelle 27 wiedergegeben. Die Werte nach Gmachowski, Gleichungen (37) und (39), wurden ebenfalls berechnet. Zum Vergleich zu Cluster-Cluster Aggregation wurden die Werte aus Simulationen für diffusionslimitierte Aggregate von Sorensen, 74 Brasil 118 und Wu 119 herangezogen. Diese Aggregate folgen einem fraktalen Wachstum der Form: N = 1,19 ± 0,1 R g a 1,82±0,04 (104) -65-

78 Entwicklung von Methoden zur Charakterisierung von Aggregaten Berechnung der Trägheitsradien kleiner definierten Aggregaten Da im vorherigen Kapitel die Trägheitsradien von kleinen TC-Aggregaten berechnet wurden, sollen nun ebenfalls die Trägheitsradien von kleinen, definierten Aggregaten hergeleitet werden, wie beispielsweise einem vier-teilchen-cluster in linearer Anordnung im Vergleich zur kompakten tetragonalen Anordnung. Die hieraus resultierenden Trägheitsradien dienen als Vergleich zu den berechneten Trägheitsradien von TC-Aggregaten als Referenzpunkte. Die Berechnung der Trägheitsradien soll kurz beschrieben werden: Der Trägheitsradius ist allgemein durch Gleichung (105) definiert. Hierbei wird ein Objekt in n Massepunkte unterteilt, wobei jedem Punkt ein Abstand zum Schwerpunkt S i zugeteilt werden kann. R 2 g = 1 n n S 2 i i (105) Die Berechnung des Trägheitsradius von Aggregaten gelingt durch die Einführung des Abstandes S c, der Strecke vom Schwerpunkt des Aggregates zum Schwerpunkt einer Untereinheit. Es folgt Gleichung n 2 (106) bzw. für die Summe des Quadrats i S i Gleichung (107). S i = S c + S ci (106) n 2 S i i n 2 = S c c n 2 + S ci ci n + 2 S c S ci c n ci (107) n Da bei der Summe ci S ci alle Vektoren vom Masse-Schwerpunkt ausgehen folgt: ci S ci = 0. Durch Einsetzen von (107) in (105) berechnet sich der Trägheitsradius des Aggregates als Ausdruck des Trägheitsradius der Untereinheiten und des Abstands der Untereinheiten vom Schwerpunkt. n R 2 g = 1 n n S 2 c c + 1 n n S 2 ci ci 2 2 = R Zentren + R g,kugel (108) Diese berechneten Werte sollen im Folgenden als Referenzpunkte dienen. Es ist zu erwarten, dass keine Aggregate existieren können, welche lockerer als eine lineare Anordnung bzw. dichter als eine Dichtestpackung vorliegen. -66-

79 Modellentwicklung zum nicht-fraktalen Wachstum von Aggregaten Tabelle 7: Berechnung der Trägheitsradien definierter Strukturen. a=radius; l=kantenlänge. Es gilt l=2a. Agglomerationszahl Anordnung Umkugelradius R 2 Zentren R g R h 2 Linear R h 3 Triangel l/3 3 4/3 R h 2 2 0,6 R h 2 1,6 R h 1,93 R h 2 R g /a 0,775 1,263 (3-linear) Linear - 8/3 R h 2 3,267 R h 2 1,80 4 Tetraeder l/4 6 1,5 R h 2 (4-linear) Linear - 5 R h 2 8 Oktaeder l/2 2 2 R h 2 2,1 R h 2 5,6 R h 2 2,6 R h 2 1,39 1,45 2,36 1,61 12 Ikosaeder l/ ,62 R h 10 1 Kern+9 Satelliten l 2 36/10 R h 11 1 Kern+10 Satelliten l 2 40/11 R h 12 1 Kern+11 Satelliten l 2 44/12 R h 13 1 Kern+12 Satelliten l 2 48/13 R h 2 4,22 R h 2 4,2 R h 2 4,23 R h 2 4,27 R h 2 4,29 R h 2,05 2,04 2,05 2,07 2, Zusammenfassung und Diskussion Alle hier berechneten Werte wurden in Abbildung 25 durch einen log-log Plot dargestellt. Zum Vergleich dieser Werte wurden ebenfalls die Trägheitsradien der kleinen definierten Aggregate berechnet. Die Ergebnisse können Tabelle 7 entnommen werden. Diese definierten Strukturen repräsentieren die Grenzen innerhalb derer die Trägheitsradien sinnvolle Werte darstellen. Folglich dürfen die berechneten Trägheitsradien einer gegebenen Aggregationszahl nicht kleiner sein als die entsprechenden Trägheitsradien einer Dichtestpackung bzw. nicht größer sein als die einer linearen Anordnung. -67-

80 Entwicklung von Methoden zur Charakterisierung von Aggregaten Abbildung 25: Berechnetes Wachstum der Trägheitsradien für die Dichtespakungen von Aggregaten eines Trimers, Tetramers und Oktamers, für eine lineare Anordnung, für den Stufenwachstum von Teilchen-Cluster Aggregaten berechnet nach Dissertation Thomas Lang 2014 sowie nach Gmachowski 2002 und für fraktale Cluster-Cluster Aggregate anhand Simulationen. -68-

81 Modellentwicklung zum nicht-fraktalen Wachstum von Aggregaten Die berechneten Werte von Gmachowski zeigen anfangs einen flachen Verlauf, bevor die Kurve bei einer Aggregationszahl von N = 12 kompaktere Aggregate aufweist als in der vorliegenden Arbeit berechnet wurden. Bei der Berechnung nach Gmachowski ist auffällig, dass bis zu einer Aggregationszahl von N = 3 zu lockere Aggregate berechnet wurden. Diese müssten noch ausgedehnter vorliegen als eine lineare Anordnung von Einzelteilchen. Die in dieser Arbeit berechneten Werte des Trägheitsradius nach Gleichungen (37) und (102) liegen komplett zwischen den aufgezeigten Grenzen der linearen und der kompakten Anordnung der Aggregate. Die berechneten Werte verlaufen mit etwas kompakteren Werten dicht entlang eines fraktalen Wachstums von Cluster-Cluster Aggregaten aus Simulationen. Für N = 4,5 und 6 wurden Dimension des Wachstumsschrittes von d f = 1,82 ± 0,04 berechnet. Diese tangieren den Verlauf der fraktalen Cluster-Cluster Wachstumsfunktion mit einem fraktalen Vorfaktor von k g = 0,11. Die beobachteten Verläufe der Funktionen der Teilchen-Cluster Aggregate (TCA) sowie der Cluster- Cluster Aggregate (CCA) lassen sich qualitativ durch die Skaleninvarianz fraktaler Objekte begründen: Es bedeutet, ein fraktales Objekt sieht immer gleich aus, unabhängig davon ob man es vergrößert oder verkleinert. Fraktale Untereinheiten sind sich selbst ähnlich. Die Folge ist, dass die Untereinheiten der Cluster-Cluster Aggregate aus Clustern mit identischem fraktalem Vorfaktor sowie identischer fraktaler Dimension bestehen müssen. Teilchen-Cluster Aggregate weisen erst für große Agglomerationszahlen eine fraktale Struktur auf, 73 folglich ist zu erwarten, dass solche Aggregate in einer log-log Auftragung für die hier gezeigten Agglomerationszahlen N < 20 von einem linearen Wachstum abweichen. Cluster-Cluster Aggregate hingegen sind skaleninvariant, dies bedingt den linearen Verlauf des Aggregatwachstums in der log-log Auftragung. Dieser lineare Verlauf ist allerdings erst gültig ab einer Aggregatgröße von N > Es stellt sich die Frage, woraus die Untereinheiten der CCA mit N~10 bestehen. Anhand von Abbildung 25 wird ersichtlich, dass TCA mit einer Größe von N~ 4 bis 6 mit identischer fraktalen Dimension anwachsen sowie einen ähnlichen fraktalen Vorfaktor aufweisen wie CCA. Es liegt die Vermutung nahe, dass die Untereinheiten der CCA eine hohe Selbstähnlichkeit zu den TCA mit N~ 4 bis 6 aufweisen. Demzufolge bestünden kleine Cluster-Cluster Aggregate aus (Teilchen-Cluster)- (Teilchen-Cluster) Aggregaten mit einer gemittelten Größe der TCA von N~ 4 bis 6. Die berechneten TCA Werte sind im Vergleich zu den simulierten CCA Werte etwas kompakter, da sie linksverschoben vorliegen. Dennoch liegen alle Werte innerhalb des von Sorensen, Wu und Brasil bestimmten Grenzen, siehe Gleichung (104). Es muss angemerkt werden, dass die hier abgebildeten Wachstumsfunktionen für Aggregate die zugrundeliegende Statistik des Aggregationsprozesses vollständig ignorieren, indem sie für jede Agglomerationszahl einen definierten Trägheitsradius darstellen. Tatsächlich liegen bei gegebener -69-

82 Entwicklung von Methoden zur Charakterisierung von Aggregaten Agglomerationszahl immer Größenverteilungen zugrunde. Dies wird beispielsweise bei der Beschreibung von diffusionslimitierten CCA der Simulationen nach Sorensen ersichtlich. 74 Abbildung 26 zeigt eine Auftragung der Agglomerationszahl N gegen den Trägheitsradius. Die ermittelte Gerade der Steigung d f = 1,78 beschreibt einen Mittelwert bei gegebener Agglomerationszahl. Abbildung 26: Simulationen des Trägheitsradius bei Diffusionslimitierter Cluster-Cluster Aggregation nach Sorensen. 74 Weiterhin wurden in den zugrundeliegenden Veröffentlichungen von Gmachowski Annahmen getroffen, die kritisch hinterfragt werden sollten. Beispielsweise bezieht sich das Modell zur Berechnung der Kollisionsradien auf fraktale Objekte. Dennoch wurde dieses Modell auf Teilchen- Cluster Aggregate angewandt, die vor allem bei kleinen Agglomerationszahlen keine fraktale Struktur aufweisen. Ebenso wurde in Gleichung (32) angenommen, dass zwei kollidierende Aggregate der Größe i und j ein identisches Verhältnis von Kollisionsradius zu hydrodynamischen Radius aufweisen. Sofern beide fraktale Aggregate eine identische Raumausfüllung sowie fraktale Dimension aufweisen kann diese Annahme plausibel sein, für TCAs ist diese Annahme falsch. Ein einzelnes Teilchen besitzt einen Kollisionsradius entsprechend dem hydrodynamischen Radius, dies ist unabhängig von der Raumausfüllung des Agglomerationspartners R c,1 R h,1 R c,j R h,j. Zusammenfassend stellen die von Gmachowski erarbeiteten Grundlagen zum fraktalen Wachstum, ein stark vereinfachtes Modell dar. Dieses beinhaltet die empirische Erfassung der Raumausfüllung in Abhängigkeit der fraktalen Dimension sowie die Einführung von Kollisionsradien in Abhängigkeit dieser genannten Raumausfüllung. Durch das Vernachlässigen des fraktalen Vorfaktors resultierte ein fragwürdiger Verlauf der Trägheitsradien mit ausgedehnteren Aggregaten als es ein 1-Dimensionales Wachstum darstellt. Die in der vorliegenden Dissertation erarbeitete Korrektur der Berechnung unterliegt immer noch einigen Annahmen von Gmachowski, jedoch ist das Ergebnis plausibel und lässt sich sehr simpel ausdrücken: Die Wachstumsfunktion der Aggregate beschreibt ab dem Dimer eine stetige Zunahme der Fraktalen Dimension von d f = 1,75 auf d f = 1,83, so dass sich das Wachstum bei einer Aggregatgröße von N = 5 dem einer Cluster-Cluster Aggregation annähert. -70-

83 Modellentwicklung zum nicht-fraktalen Wachstum von Aggregaten 5 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien Das DFG-Schwerpunktprojekt SPP1313, Biological Responses to Nanoscale Particles, untersucht grundlegende Wechselwirkungsprozesse zwischen Nanopartikeln und biologischen Systemen auf der zellulären und molekularen Ebene. 120 Es ergeben sich Fragestellungen, die innerhalb des Schwerpunktprojekts in drei interdisziplinäre Forschungsfelder gegliedert werden: - Herstellung und Charakterisierung von Nanopartikeln - Der Übergang von Nanopartikeln in die biologische Umwelt und ihre Interaktionen mit dieser - Der Einfluss von Nanopartikeln auf grundlegende biologische Funktionen Durch zusätzliche Untergliederung lassen sich anhand eines Flussdiagramms die Verknüpfungsstellen erkennen. Abbildung 27 zeigt den Inhalt einzelner Forschungsschwerpunkte sowie deren Abhängigkeiten und verdeutlicht den interdisziplinären Charakter des Forschungsprojektes. Abbildung 27: Forschungsschwerpunkte innerhalb des SPP1313 und deren Verknüpfungspunkte. -71-

84 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien In diesem Kapitel soll auf die Charakterisierung kolloidaler Teilchen eingegangen werden, insbesondere in Gegenwart biologisch relevantener Medien. Die untersuchten Nanopartikel weisen hohe Relevanz für biomedizinische Anwendungen auf. Die untersuchten Partikel sind: - aus der Laser-Ablation stammende, stabilisatorfreie Legierungs-NP die bei Implantatabrieb auftreten können - großtechnisch hergestellte Silica NP, die alltäglichen Produkten beigemengt werden - im Labormaßstab synthetisierte, multifunktionelle Poly(organosiloxan) NP mit potentieller medizinischer Anwendung. Im Hinblick auf Zellversuche wurden die Partikel in RPMI 1640 Zellmedium, sowie unter Zusatz von fetalem Rinderserum (FCS), welches als Modell für proteinhaltige Umgebung diente, untersucht. 5.1 NP-Legierungen aus der LASER-Ablation: AuAg-, NiTi-, CoCrWNiFeMn- Legierungen Die gepulste Laser-Ablation in Flüssigkeiten (PLAL) ermöglicht die Darstellung von Nanostrukturen direkt aus dem Festkörper. Hierbei wird eine in Flüssigkeit vorliegende Metalloberfläche mit einem Laser mit Energiedichten von 10 8 bis W/cm 2 bestrahlt. Abhängig von Energiedichte und Pulsdauer entstehen Plasma, Dämpfe oder nano- bis mikrometergroße Metalltropfen, die mit der umgebenen Flüssigkeit Nanopartikel formen. 121 Die größenkontrollierte Synthese gelingt durch Anpassung der Laser-Parameter wie Wellenlänge, Energiedichte und Pulsdauer. 122 Im Gegensatz zu herkömmlichen NP-Syntheserouten benötigt die PLAL keine Vorstufen oder Additive, die an der Oberfläche adsorbieren. Dies ist besonders für Folgereaktionen der NP relevant, da diese Oberflächenbelegung die weitere Funktionalisierung erschwert. 123,124,125 Für die Anwendung in der Biologie oder Medizin können somit NP auch ohne Liganden oder Stabilisatoren hergestellt werden. Die Vorteile liegen in der Erzeugung des reinen Materials in Nanometermaßstab. Die Wechselwirkungsprozesse zwischen Nanopartikeln und biologischem System werden nicht durch einen Stabilisator verfälscht, der die Cytotoxizität bei biologischen Anwendungen stark beeinflusst. 126 Allerdings führt die Abwesenheit eines Stabilisators während der Darstellung zu breiten Größenverteilungen

85 NP-Legierungen aus der LASER-Ablation: AuAg-, NiTi-, CoCrWNiFeMn-Legierungen Charakterisierung von Legierungs-NP Die in dieser Arbeit verwendeten Legierungen wurden von der Arbeitsgruppe von Prof. Stephan Barcikowski an der Universität Duisburg-Essen mittels PLAL in Abwesenheit von Stabilisatoren hergestellt. Diese bestanden aus: AuAg, NiTi und CoCrWNiFeMn. Die Proben dienen zur Simulation von Implantatabrieb, der im menschlichen Körper bei mechanischer Beanspruchung solcher Ersatzteile stattfindet. Abbildung 28 zeigt TEM Aufnahmen dieser NP-Legierungen. Die Durchmesser der Partikel lagen zwischen 2 und 60 nm. Eine quantitative Größenauswertung der TEM-Abbildungen gestaltete sich jedoch als schwierig, da eine Größenverteilung dieses Ausmaßes nur stichprobenhaft erfasst wurde. Die gezeigten Bilder erlaubten eine nur sehr grobe Größen- und Verteilungseinschätzung, die Funde waren: kolloidal und kleiner als 60 nm. Abbildung 28: a), b), c) Ergebnis der Mehrwinkel DLS von NP-Legierungen mit linearer Regression der Winkelabhängigkeit. d), e), f) TEM Aufnahmender Legierungen der Reihenfolge entsprechend: AuAg, NiTi und CoCrWNiFeMn. -73-

86 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien Die Partikel wurden zusätzlich mit der dynamischen Lichtstreuung in wässrigem Medium ohne Zusatz von Salzen vermessen. Die Ergebnisse sind in Tabelle 11 zusammengefasst. Die gemessenen hydrodynamischen Radien ergaben 60 nm für AuAg, 62 nm für CoCrWNiFeMn und 64 nm für NiTi- Partikel. Ebenso wurden die µ 2 -Werte bei 90 ermitelt, als Maß für die Polydispersität. Diese zeigten für alle Proben Werte von 0,08-0,09. Es kann angenommen werden, dass Proben mit µ 2 -Werten kleiner als 0,05 annähernd monodispers sind. Werte größer als 0,2 sind so breit verteilt, dass ein Kumulantenfit zur Beschreibung der Autokorrelationsfunktion nicht mehr geeignet ist. Die Autokorrelationsfunktion muss für diesen Fall als bimodale oder trimodale Größenverteilung beschrieben werden. Eine Verfälschung der DLS Messung durch Lichtadsorption der Probe wird ausgeschlossen: Die Stammlösungen der Proben waren leicht gefärbt, jedoch würde bei Lichtadsorption der Probe eine lokale Erhitzung des Lösemittels erfolgen Die Verfälschungen einer DLS Messung durch Lichtadsorption der Probe ist eine direkte Folge dieser lokalen Erwärmung. Es folgen Oszillationen innerhalb der Korrelationsfunktion durch Konvektionsströme in der Streuküvette sowie eine niedrige Gesamtamplitude in g 1 aufgrund verringerter Laserintenistät bei Lichtadsorption und durch Aufweitung des Laserstrahls aufgrund des Effekts der thermischen Linse. Vor allem in organischen Lösemitteln wie beispielweise in Benzol spielen diese Prozesse eine größere Rolle als in Wasser. Die Wärmekapazität von Benzol ist mit einem Wert von C p = 1,7 kj/kgk um einen Faktor von 2,5 niedriger als der von Wasser mit einem Wert von C p =4,2 kj/kgk. Ebenfalls ist die Konvektion durch lokales Erhitzen aufgrund des geringeren Volumenausdehnungskoeffizienten von Wasser mit g = 0,2*10-3 K -1 im Vergleich zu Benzol mit einem Wert von g = 1,2*10-3 K -1 vermindert. Es konnte bei der DLS Messung der Legierungs NP in Wasser weder eine Aufweitung des Strahls, Oszillationen in g 1 noch ein schwaches Korrelationssignal beobachtet werden. Bei den aus der DLS stammenden hydrodynamischen Radien handelt es sich um R h 1/z -Mittelwerte. Wie zu erwarten fallen 1/z-Mittelwerte größer als Zahlenmittelwerte aus. Es wurden daher grundsätzlich größere Radien in der DLS gemessen, als sie im TEM im zahlenmäßigen Durchschnitt beobachtet wurden. Die TEM Abbildungen zeigten jedoch eine Größenverteilung der Durchmesser von 2 nm bis 60 nm (Radien von 1 nm bis 30 nm), während gemittelte Radien in der DLS größer als 60 nm gefunden wurden. Diese Diskrepanz der Größe der Partikel lässt sich nicht vollständig durch die 1/z-Mittelwertsbildung der DLS erklären. Die Autokorrelationsfunktion fiel mit µ 2 -Werten von 0,08 ebenso unerwartet schmal aus, entsprechend waren die gemessenen Radien in der DLS enger verteilt als diejenigen aus den TEM-Abbildungen. Auch wenn kleine Partikel nur sehr gering ins Gewicht fallen, sollten sie den Verlauf der Autokorrelationsfunktion bei kurzen Relaxationszeiten prägen. Relaxationszeiten von 2-10 nm großen Partikel, wie sie im TEM zu sehen waren, konnten in der DLS nicht beobachtet werden.

87 NP-Legierungen aus der LASER-Ablation: AuAg-, NiTi-, CoCrWNiFeMn-Legierungen Aggregation von stabilisatorfreien Legierungs-NP konnten bereits an Gold NP nach zweitätiger Lagerung nachgewiesen werden. Hierbei wurden Gold NP sowohl in Milli-Q-Wasser als auch in wässriger 0,2 mm Natriumphosphatlösung (NaPP) hergestellt und mittels AF-FFF größencharakterisiert. Das entsprechende Elugramm ist in Abbildung 29 dargestellt. Die Anwesenheit von Natriumphosphat führt zu einer zusätzlichen Stabilisierung der NP, da sich bei asymmetrischen Salzen Anionen und Kationen relativ zueinander ungleich in der elektrischen Doppelschicht anreichern. 25 Das AF-FFF Elugramm der phosphat-stabilisierten NP zeigt eine breite asymmetrische Bande, welche auf Partikel-Membran Wechselwirkungen hindeuten kann, aber auch durch die Größenverteilung der Probe bedingt sein kann. Sofern die Gold NP in Wasser ohne Phosphatzusatz hergestellt und gelagert wurden, kann eine niedrigere Bande der primären Partikel beobachtet werden sowie eine Schulter und ein Tailing zu längeren Elutionszeiten hin. Dies deutet auf eine geringfügige Aggregation der stabilisatorfreien Gold NP, welche bereits nach zweitätiger Lagerung eintrat. Abbildung 29: AF-FFF Elugramm von Gold NP, welche mittels Laser Ablation in Milli-Q-Wasser (blau) sowie in Gegenwart von 0,2 mm Natriumphosphat (rot) hegestellt und zwei Tage gelagert wurden. Spacer 350µm, Querfluss 1 ml/min, Detektorfluss 1 ml/min. Eine mögliche Erklärung der zu großen hydrodynamischen Radien der NiTi-, AuAg-, und CoCrWNiFeMn-NP aus DLS-Messungen im Vergleich zu den TEM-Messungen könnte daher ebenfalls Aggregation der Proben sein. Da diese gezielt ohne Stabilisator hergestellt wurden, sind die NP ausschließlich elektrostatisch stabilisiert. ζ-potentialmessungen ergaben ζ-potentiale in Milli-Q- Wasser von -25 bis -32 mv. Diese sind in Tabelle 8 zusammengefasst. Partikel mit Beträgen des Potentials größer 20 mv können allgemein als stabil erachtet werden. Es handelt sich allerdings hierbei um eine kinetische Stabilisierung. Da die NP nicht auf direktem Wege von der Universität Duisburg-Essen bezogen wurden, sondern über das Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, nach dortiger mehrmonatiger Lagerung, ist eine Alterung der Probe sehr wahrscheinlich. Somit würden die TEM Bilder die Größen der einzelnen Partikel abbilden, während die von der DLS erfassten hydrodynamischen Radien ebenso von Aggregaten geprägt sind. -75-

88 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien Charakterisierung von Legierungs-NP in RPMI Medium Die in dieser Arbeit untersuchten NP-Legierungen zeigten sowohl in Milli-Q-Wasser, als auch in Gegenwart von 5 mm NaCl negative ζ-potentiale von -25 bis -32 mv und können daher unter diesen Bedingungen als elektrostatisch stabilisiert erachtet werden. In Gegenwart von RPMI 1640 Medium stiegen die Potentiale allerdings auf bis zu -15 mv der AuAg-, auf -14 mv der CoCrWNiFeMn- und auf -12 mv im Falle der NiTi-NP-Legierungen an, vergleiche Tabelle 8. Der Grund liegt in der erhöhten Salzkonzentration des RPMI 1640-Mediums. Hierdurch werden die Oberflächenladungen an der Partikeloberfläche abgeschirmt, wodurch ebenso der Betrag des ζ-potentials sinkt und damit auch die interpartikulären abstoßenden Kräfte. Im Allgemeinen sind kolloidale Dispersionen mit Beträgen der ζ-potentiale niedriger als 20 mv lediglich schwach stabilisiert, sofern deren Stabilisierung ausschließlich elektrostatischer Natur ist. Tabelle 8: ζ-potentiale der Anorganischen NPs in Gegenwart von Wasser, 5mM NaCl Lösung und in RPMI 1640 Medium. Die Messung erfolgte mit einem Malvern Zetasizer. ζ-potential in H 2 O in 5mM NaCl in RPMI ζ-potential Signalbreite Signalbreite Signalbreite ζ-potential Signalbreite AuAg -31 mv ±9mV -30 mv ±12 mv -15 mv ±22 mv NiTi -32 mv ±10mV -29 mv ±11 mv -12 mv ±24 mv CoCrWNiFeMn -25 mv ±9 mv -25 mv ±11 mv -14 mv ±32 mv Das Resultat der verringerten elektrostatischen Stabilisierung in Gegenwart des RPMI 1640-Mediums spiegelte sich in den Messungen der hydrodynamsichen Radien wider. In Tabelle 9 wurden die Ergebnisse der DLS zusammengefasst. Sowohl für AuAg- als auch für NiTi-NP zeigte sich ein Zuwachs des hydrodynamischen Radius auf entsprechend 125 nm bzw. 223 nm. Zugleich konnte ein erhöhter µ 2 -Wert gemessen werden, der auf eine breitere Größenverteilung im Vergleich zu den in Wasser vorliegenden Proben schließen lässt. Beide Befunde lassen auf die Aggregation der Proben aufgrund der Verringerung der repulsiven elektrostatischen Kräfte zurückschließen. NiTi bildete hierbei größere Aggregate, deren hydrodynamische Radien in der Messung wahrscheinlich durch die Filtergrenze von 450 nm im Durchmesser limitiert wurden. Im Vergleich hierzu erzielte die Probe CoCrWNiFeMn ein anderes Ergebnis. In Gegenwart von RPMI-Medium wurde ein um 7% kleinerer hydrodynamischer Radius als in salzfreier Umgebung gemessen. Ebenso war der µ 2 -Wert nicht merklich erhöht. Im Gegensatz zu den AuAg- bzw. NiTi-NP scheint die Probe trotz abgeschwächter elektrostatischer Stabilisierung nicht zu aggregieren. Die Abnahme des Radius um 4 nm ist durch einen erhöhten Messfehler zu erklären, da alle Proben stark schwankende Streuintensitäten zeigten, wodurch die Basislinie der Autokorrelationsfunktion nicht immer auf Null abfiel. Der zugehörige Effekt "partielles heterodyning" wird im folgenden Kapitel disutiert. Der hierdurch verursachte Fehler wird auf bis zu 10% abgeschätzt. -76-

89 NP-Legierungen aus der LASER-Ablation: AuAg-, NiTi-, CoCrWNiFeMn-Legierungen Tabelle 9: Hydrodynamische Radien der Anorganischen NPs in Gegenwart von Wasser und in RPMI 1640 Medium. DLS in H 2 O in RPMI R h /nm µ 2 R h /nm µ 2 AuAg 60,2 0, ,13 NiTi 64,2 0, ,14 CoCrWNiFeMn 62,3 0, ,1 Das unterschiedliche Verhalten der Proben AuAg und NiTi im Vergleich zur Probe CoCrWNiFeMn lässt sich nicht ausschließlich durch das Absenken der elektrostatisch repulsiven Kräfte erklären, da alle Proben ähnliche ζ-potentiale aufwiesen, vergleiche Tabelle 8. Das Absenken der elektrostatischen Potentialbarriere V T beeinflusst zunächst die Geschwindigkeit mit der die Koagulation stattfindet, siehe Gleichung (17) und (20). ζ-potentiale von -14 mv der CoCrWNiFeMn-NP bedeuten nicht, dass schnelle Koagulation (bei Abwesenheit abstoßender Kräfte, V T < 0) stattfindet. Vielmehr muss an dieser Stelle auf die Anwesenheit von Sekundäreffekten hingewiesen werden, ausgehend von der Partikelform, einer ungleichmäßigen Ladungsverteilung, Verunreinigungen und Alterungsprozesse, die für eine zusätzliche Destabilisierung verantwortlich sind. 25 Das Ausmaß dieser Sekundäreffekte unterscheidet sich bei allen Proben und kann nur schwer erfasst werden. Wie die Probe CoCrWNiFeMn zeigt, reicht die Verminderung der elektrostatischen Stabilisierung durch den hohen Salzgehalt in RPMI-Medium nicht aus um die Proben in dem Zeitfenster von Probenpräparation bis Messung (etwa 10 Minuten) nachweislich zu aggregieren. Das Aggregationsverhalten der Proben AuAg und NiTi muss daher durch Sekundäreffekte erklärt werden. Fehlerdiskussion bei partiellem Heterodyning Einige der diskutierten Messungen zeigten Intensitätsschwankungen aufgrund sedimentierender sehr großer Teilchen im Streuvolumen. Reflektionen des primären Laserlichtes an solch großen Teilchen erzeugt Störlicht, welches sich mit der eigentlichen Korrelation überlagert. Dieser Effekt wird als partielles Heterodyning bezeichnet und kann die Messung verfälschen. Im Folgenden soll der Effekt des "partiellen Heterodynings" beschrieben werden und die Größe eines solchen Fehlers auf die eigentliche Messung abgeschätzt werden. Partielles Heterodyning entsteht durch Überlagerung des gestreuten Primärlichtes mit korrelierendem Streulicht einer zweiten Lichtquelle. Dies erzeugt entweder einen biexponentiellen Verlauf von g 1 oder, bei sehr langsamen Relaxationszeiten eine Basisline B. Tatsächlich wird in der dynamischen Lichtstreung nicht g 1 gemessen, sondern g 2. Im Falle einer Basisline muss daher das gemischte binomische Produkt beachtet werden: -77-

90 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien g 2 (τ) 1 = g 1 (τ) 2 = A exp τ 2 + B = τ D (109) = A 2 τ exp + 2AB exp τ + B τ D τ D In Gleichung (109) wird ersichtlich, dass durch das gemischte binomische Produkt ein zusätzlicher exponentieller Term gemessen wird, in dem die Amplitude der Basislinie mit eingeht. Dieser zusätzliche Term würde in g 1 eine Amplitude von 2AB besitzen und eine doppelt so große Abklingrate aufweisen. Korrelationsfunktionen mit einem Größenunterschied um einen Faktor von zwei separieren nicht, sondern überlappen. Abhängig von dem Amplitudenanteil der Basisline würden gemittelt bis zu doppelt so großen hydrodynamische Radien gemessen, wie sie tatsächlich vorhanden sind. In diesem Falle berechnet sich der reziproke gemittelte hydrodynamische Radius 1/ R h aus der Amplitudengewichtung gemäß Gleichung (110). 1 1 A + 2AB 1 R h = R h 2R h A + 2AB (110) Zusätzlich wurde angenommen, dass die Gesamtamplitude g 1,τ=0 nicht notwendigerweise gleich 1 2 sein muss. Durch das Verhältnis g 1,τ=0 = A 2 + 2AB + B 2 sind alle Amplituden in Gleichung (110) festgesetzt. Hieraus berechnen sich die apparenten Größenzunahmen, welche in Tabelle 10 zusammengefasst sind. Im Falle des partiellen Heterodynings ergeben sich schon früh relativ hohe Fehler im ermittelten Radius, auch ohne merklich erhöhte Basisline. Eine Basisline von 0,02 beispielsweise kann bei der Auswertung sehr leicht übersehen werden, der Fehler des Ergebnisses beträgt allerdings schon 10%. Tabelle 10: Faktoren des apparenter Größenzuwachses des hydrodynamischen Radius bei partiellem Heterodyning in Abhängigkeit der Basisline B. Apparenter Größenzuwachs Gesamtamplitude von g 1 (entspricht g 1,τ=0 ) 1 0,9 0,8 0,7 Basisline B 0 +0% +0% +0% +0% 0,02 +9% +10% +10% +11% 0,05 +14% +15% +15% +16% 0,1 +19% +20% +21% +22% 0,15 +23% +24% +25% +27% 0,2 +26% +27% +29% +31% -78-

91 NP-Legierungen aus der LASER-Ablation: AuAg-, NiTi-, CoCrWNiFeMn-Legierungen Die zuvor vermessenen Proben aus der Laser-Ablation zeigten Intensitätsschwankungen aufgrund sedimentierender großer Teilchen. Messungen mit erkennbaren Basislinien wurden zwar verworfen, Tabelle 10 zeigt allerdings einen schon sehr ausgeprägten Effekt bei Basislinien kleiner 0,05. Da für Messungen typische Gesamtamplituden bei etwa 0,9 lagen und Messungen mit Basislinien von 0,02 nicht verworfen wurden, muss nach Tabelle 10 für die in diesem Kapitel charakterisierten Proben ein Fehler von bis zu 10% angenommen werden Charakterisierung von Legierungs-NP in RPMI Medium in Gegenwart von Serumproteinen Im Hinblick auf Zellversuche wurden die Proben ebenso in Gegenwart von Serumproteinen größencharakterisiert. Hierzu wurden DLS-Messungen in RPMI 1640-Medium in Gegenwart von 1 Vol.-%, 5 Vol.-% und 10 Vol.-% fötalem Rinderserum (FCS) durchgeführt. Da sich die Korrelationsfunktionen der Serumproteine mit der Korrelationsfunktion der Nanopartikel überlappten, wurde eine Multikomponentenanalyse nach Rausch et al durchgeführt. 128 DLS Multikomponentenanalyse Bei der Multikomponentenanalyse wurde die Korrelationsfunktion der Nanopartikel von der Funktion der Serumproteine separiert. Als Referenz diente die winkelabhängige DLS von fötalem Rinderserum (FCS) in RPMI Medium. Aufgrund der breiten Größenverteilung von Serumproteinen stellten sich eine monoexponentiell abfallende, sowie eine biexponentiell abfallende Anpassung an g 1 als ungeeignet heraus. Die Autokorrelationsfunktionen wurden daher als triexponentiell abfallende Funktion beschrieben: g 1 (τ) = A exp τ τ D,1 + B exp τ τ D,2 + C exp τ τ D,3 (111) mit A, B und C, den Amplituden der Einzelkomponenten und τ D,i = 1/D i q 2 den Relaxationszeiten der einzelnen Komponenten. Für alle gemessenen Winkel konnte die Korrelationsfunktion von FCS in RPMI in drei Komponenten zerlegt werden. Abbildung 30 zeigt eine solche Zerlegung von g 1 bei 90. Für die eigentlichen Messungen zur Größenbestimmung der Nanopartikel wurde mit dem Unterschied verfahren, dass in Gleichung (111) die Relaxationszeiten τ D,2 und τ D,3 nicht variabel sondern als Parameter angenommen wurden. Als Werte für τ D,2 und τ D,3 wurden die zuvor ermittelten Größen der Korrelationsfunktion von FCS festgesetzt, die sich in der Mischung aus NP und Serumproteinen -79-

92 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien wiederfinden sollten. Die Relaxationszeit τ D,1 wurde angefittet und beschreibt die Korrelation der NP, diese wird allerdings noch durch die dritte Komponente in FCS überlagert. In der dynamischen Lichtstreuung separieren sich zwei Autokorrelationsfunktionen erst ab einem Faktor von etwa fünf voneinander. Die dritte Komponente in FCS, τ D,1, konnte daher nicht von der Korrelation der NP abgegrenzt werden, da diese Relaxazionszeit mit einem entsprechenden hydrodynamischen Radius von 60 nm zu dicht an der eigentlichen Größe der NP lag. Abbildung 30: Autokorrelationsfunktion bei Ɵ=90. Links: 5% FCS/RPMI. Rechts: 1% NiTi-NP in 5% FCS/RPMI. Die Autokorrelationsfunktionen wurden in jeweils drei Komponenten zerlegt um die Korrelation der Nanoparikel isoliert zu betrachten. Als Ergebnis lässt sich mittels Multikomponentenanalyse die Korrelation der NP erfassen, welche in Gegenwart von Serumproteinen vorliegen. Anhand einer winkelabhängigen Auftragung der Diffusionskoeffizienten gelingt in gleicher Weise zu herkömmlichen DLS Messungen die Extrapolation gegen q 2 = 0. Ergebnisse der Größencharakterisierung in Gegenwart von Serumproteinen Fötales Rinderserum (FCS) weist einen Proteingehalt zwischen 38 g/l bis 50 g/l auf. 129,130,131,132 Der genaue Proteingehalt des Serums wurde von Christoph Bantz bestimmt und betrug 47,8 g/l, sodass die Konzentration an Proteinen während des Versuches 0,48 g/l, 2,4 g/l sowie 4,8 g/l betrug. Zusätzlich wurde die Konzentration der Nanopartikel variiert. In Tabelle 11 bezeichnet c inj. die Konzentration mit der Nanopartikel dem Medium zugegeben wurden. Hierbei wurde 1 Volumenanteil der Nanopartikel zu 9 Volumenanteilen Medium gegeben. Es fand folglich eine Verdünnung von 1/10 statt, die resultierende Konzentration ist als c 0 angegeben. -80-

93 NP-Legierungen aus der LASER-Ablation: AuAg-, NiTi-, CoCrWNiFeMn-Legierungen Tabelle 11: Hydrodynamische Radien ermittelt durch die winkelabhängige dynamische Lichtstreuung. Die Radien der NP in Gegenwart von 1%, 5%, und 10% FCS wurden mit Hilfe der Multikomponentenanalyse ausgewertet. Werte in kursiv können durch partielles Heterodyning verfälscht sein. Dieser Fehler wird auf bis zu +10% apparenter Größenzuwachs abgeschätzt. DLS c inj. / µg/ml c 0 / µg/ml in H 2 O in RPMI in RPMI +1% FCS in RPMI + 5% FCS in RPMI + 10% FCS Rh /nm µ 2 Rh /nm µ 2 R h /nm R h /nm R h /nm AuAg ,2 0, , ,6 83, ,3 96,2 NiTi ,2 0, , , ,3 86, ,4 95,5 CoCrWNiFeMn ,3 0, , , ,7 74, ,4 82, ,2 90,1 Da die Autokorreleationsfunktionen sowohl Nanopartikel als auch Serumproteine erfassen, wurde zur Isolation der Korrelation der Nanopartikel eine Multikomponentenanalyse durchgeführt. Die Vorgehensweise wurde im vorherigen Kapitel beschrieben. Die Korrelation des FCS konnte in drei Einzelkomponenten zerlegt werden, von denen zwei Komponenten mit so kleinen Relaxationszeiten korrelieren, dass sie von der gesamten Autokorrelationsfunktion der NP plus FCS separiert werden konnten. Die dritte Komponente des FCS korrelierte in Größenbereichen der Nanopartikel und konnte nicht separiert werden. Die vollständige Isolation des NP-Signals gelang folglich nicht vollständig, sondern wurde noch von einem kleinen Anteil der Korrelation von FCS überlagert. Die Größen der Nanopartikel bzw. der Agglomerate in Gegenwart von FCS zeigten eine nur geringe Abhängigkeit der Konzentrationsverhältnisse von NP zu Proteinen. Dies ist ein Hinweis darauf, dass die Multikomponentenanalyse erfolgreich war und der hydrodynamische Radius der NP nicht mehr von dem Mittelwert der hydrodynamischen Radien der Proteinen abhängt. Dennoch wurde ein gewisser Einfluss der Mischungsverhältnisse auf die gemessene Größe erhalten. Besonders stark war dies bei der Probe AuAg ausgeprägt, mit ermittelten Größen zwischen 63 nm und 96 nm. Die Ergebnisse der übrigen Proben lagen innerhalb dieser Spanne. Im Gegensatz zu den Messungen in RPMI-Medium ohne FCS konnte nicht zwischen Proben differenziert werden, die keine oder ausschließlich sehr große Aggregate aufwiesen. Im Einzelnen wurde beobachtet, dass die CoCrWNiFeMn-Legierungspartikel in RPMI-Medium ohne Serumproteine, innerhalb des Zeitrahmens der Messung, ausreichend stabilisiert vorlagen. In Gegenwart von Proteinen bildeten diese Kolloide Aggregate mit Größen von nm. Hingegen zeigten NiTi-NP in RPMI-Medium Aggregate mit Größen nahe der Filtrationsgrenze von 223 nm. -81-

94 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien Dies lässt darauf schließen, dass ebenso noch größere Agglomerate als 223 nm vorhanden sind, die sich der Detektion des Lichtstreuexperimentes durch Filtrationsverlust entziehen. In Anwesenheit von Serumproteinen bildeten NiTi-NP ebenso Aggregate mit ähnlicher Größe wie AuAg- bzw. CoCrWNiFeMn-NP von nm. Folglich glichen sich die Proben bei Proteinadsorption in ihrem Aggregationsverhalten aneinander an. Die elektrostatische Stabilität der Kolloide wird sehr stark durch physiologische Salzkonzentrationen herabgesetzt. Der durch die Proteinkorona vermittelte stabilisierende Effekt ist bereits in der Literatur bekannt. Es konnte für Citrat-stabilisierte NP gezeigt werden, dass in Gegenwart destabilisierender Salze die Stoßeffizienz mit zunehmender Proteinbeladung sinkt. 66 Dieser stabilisierenden Effekt der Proteinkorona konnte ebenso in der vorliegenden Größencharakterisierung der NiTi-NP, Tabelle 11, beobachtet werden, die in Abwesenheit von Serumproteinen stark aggregierten, in Gegenwart von Proteinen jedoch eine ähnliche Größe aufwiesen wie die Vergleichsproben. Da die Proben schon im Vorhinein stark polydispers / agglomeriert vorlagen, erschwert dies zusätzlich die weitere Charakterisierung unter physiologischen Bedingungen. An dieser Stelle soll daher bei den bereits getroffenen qualitativen Aussagen ohne weiterführende NP-Analytik verblieben werden. Wie bereits erwähnt, dienten die Proben der Simulation von Implantatabrieb. Sollte dieser im Nanometermaßstab stattfinden, kann aufgrund des stabilisierenden Effektes der Proteinkorona die Probe vor weiterer Agglomeration geschützt werden. Kolloidale Teilchen verbleiben somit in der Nano-Größenordnung, zumindest für den hier betrachteten experimentellen Zeitrahmen von 10 min. Die Charakterisierung sowie der Vergleich dreier kolloidaler Materialien mit ähnlicher Größe, Größenverteilung sowie elektrostatischer Stabilisierung unter physiologischen Bedingungen verdeutlicht die Komplexität zur Vorhersage des Agglomerationsverhaltens. Da die Proben bereits im Vorhinein agglomeriert vorlagen, erschwerte dies die Erfassung des nachfolgenden Aggregationsverhaltens in biologisch relevanten Medien. In den folgenden Kapiteln sollen gut definierte kolloidale Systeme vorgestellt werden, mit deren Hilfe das Agglomerationsverhalten sowie die Größencharakterisierung der Proteinkorona gezielt erfasst werden können. Im Einzelnen handelt es sich hierbei um großtechnisch hergestellte Silica NP, welche ein deutliches Aggregationsverhalten in Gegenwart von Proteinen zeigen, Kapitel 5.2, sowie multifunktionelle Poly(organosiloxan) NP, welche in Anwesenheit von Proteinen nicht aggregieren und somit eine gezielte Größencharakterisierung der Proteinkorona erlauben, Kapitel

95 5.2 Amorphe Silica Nanopartikel Amorphe Silica Nanopartikel Amorphe Silica Nanopartikel finden ein breites Anwendungsfeld in großtechnischen Produkten. Sie sind unter anderem Bestandteil von Farben und Beschichtungen, Dichtungen, Druckerfarbe und Toner, Klebstoffen, Reifen sowie von elektrischen und thermischen Isolierungen. Zudem reihen sich Produkte hinzu, denen Menschen im Alltag direkt ausgesetzt sind. Hierzu zählen eine Vielzahl von Kosmetikprodukten wie Deodorants, Zahnpasta, Gele, Cremes, Puder und Lotionen aber auch Nahrungsmittel, denen Silica NP gepulvert zugesetzt werden. 133 Die Toxizität von Nanopartikeln ist im allgemeinen noch unverstanden, dennoch sind die durch Silica NP bedingte zytotoxische Wirkung sowie Entzündungsreaktionen der Lunge bekannt. 23 Christoph Bantz beschäftigte sich bereits im Zuge seiner Dissertation an der Universität Mainz in der Arbeitsgruppe von Prof. Michael Maskos mit der Charakterisierung von Silica NP unter physiologischen sowie nicht-physiologischen Bedingungen. 134 Die verwendeten Silica NP zeigten eine hohe Stabilität, selbst in Gegenwart physiologischer Salzkonzentrationen. Die NP aggregierten jedoch unter Zugabe von Serumproteinen. Die Größe der Agglomerate hing zudem vom Verhältnis der Proteinmenge zur Konzentration der NP ab. Weiterhin konnte über 48 Stunden eine zeitabhängige Zunahme der Agglomeratgröße beobachtet werden. Im Hinblick auf Zellversuche wurden in der vorliegenden Forschungsarbeit drei verschieden große amorphe Silica NP charakterisiert, diese waren kommerziell erhältlich und stammen vom selben Hersteller Nyacol Nanotechnologies. Die Charakterisierung erfolgte in entionisiertem Wasser, in 3 mm NaN 3, in RPMI 1640 Zellmedium sowie in Zellmedium unter Zusatz von Serumproteinen Größencharakterisierung amorpher Silica NP Nach Herstellerangaben lagen die mittels TEM gemessenen Durchmesser der amorphen Silica NP bei 8 nm, 20 nm und 125 nm. Hieraus resultiert die Probenbenennung NexSil8, NexSil20 und NexSil125. Eigene Messungen ergaben Abweichungen zu den Größenangaben des Herstellers. Abbildung 31 zeigt eine TEM Aufnahme der Probe NexSil Als Ergebnis konnten bei allen Proben im TEM größere Durchmesser gefunden werden, als vom Hersteller angegeben wurden. Bei der in Abbildung 31 gezeigten Probe NexSil20 wurde statt 20 nm, nach Herstellerangaben, ein mittlerer Durchmesser von 31,4 nm ± 3,8 nm gemessen. -83-

96 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien Abbildung 31: Links: Winkelabhängigkeit der hydrodynamischen Radien der Proben NexSil8, NexSil20 und NexSil125 in H 2 O. Rechts: TEM-Abbildung von NexSil20 zeigt Radien von 15,7 nm ± 1,9 nm. Da amorphe Silica NP im TEM durch den Trocknungsprozess sowohl schrumpfen können, als auch durch Verformung einen fehlerbehafteten Größeneindruck vermitteln können, wurden die Proben mittels DLS charakterisiert. Die Winkelabhängigkeit der apparenten Diffusionskoeffizienten wurde als reziproker hydrodynamischer Radius in Abbildung 31 dargestellt, durch eine Auftragung 1 R h ( D) gegen q 2. Die Ergebnisse sind in Tabelle 12 zusammengestellt. In Wasser betrugen die ermittelten hydrodynamischen Radien 12,6 nm, 19,1 nm und 60,4 nm, entsprechend NexSil8, NexSil20 und NexSil125. Die µ 2 Werte fielen bei den kleineren Proben NexSil8 und NexSil20 mit Werten von 0,16 und 0,24 sehr hoch aus. Dies lässt entweder auf eine sehr breite Größenverteilung schließen, auf die Anwesenheit von Aggregaten oder auf einen zusätzlichen Beitrag der interpartikulären Wechselwirkungen auf die Korrelationsfunktion durch einen kollektiven Diffusionskoeffizienten. Die genauere Betrachtung der Winkelabhängigkeit der apparenten Diffusionskoeffizienten weist einen annährend linearen Verlauf auf. Dies wird im Allgemeinen durch eine breite Größenverteilung sowie durch geringfügige Aggregation der Probe bedingt. Hingegen konnte eine Überlagerung durch einen statischen Strukturfaktor aufgrund kollektiver Diffusion, etwa in Form eines nicht linearen Verlaufs der Winkelabhängigkeit oder einer negativen Steigungen in S(q), nicht beobachtet werden. Einen Hinweis auf die Anwesenheit von Aggregaten gaben die Autokorrelationsfunktionen, welche reproduzierbar bei allen Winkeln einen biexponentiellen Verlauf zeigten. Beispielsweise konnten für die Probe NexSil20 hydrodynamische Radien bei entsprechend 15 nm gefunden werden plus einen Anteil geringer Amplitude mit zugehörigen Radien größer 60 nm. Die Probe NexSil8 wies Radien von 10 nm auf sowie ebenfalls Radien größer 60 nm. -84-

97 Amorphe Silica Nanopartikel Abbildung 32: Winkelabhängige DLS Messungen von NexSil8, NexSil20 und NexSil125. Die semipräparative Fraktionierung der Proben durch die AF-FFF erlaubte die weitere Charakterisierung der Hauptfraktion mittels DLS. Da die Fraktionierung in Anwesenheit von 3 mm NaN 3 erfolgte, wurden weiterhin die unfraktionierten Proben in Gegenwart von 3 mm NaN 3 mittels DLS vermessen. Die winkelabhängigen Ergebnisse der DLS sind in Abbildung 32 dargestellt bzw. in Abbildung 33 für die mittels AF-FFF vorfraktionierten NP. Die unfraktionierten Proben zeigen kleine Abweichungen zu den Messungen in entionisiertem Wasser, aufgrund einer stärkeren Abschirmung der elektrostatischen Teilchen-Teilchen Wechselwirkungen durch den geringen Salzzusatz. Die fraktionierten Proben hingegen ergaben große Abweichungen im Ergebnis im Vergleich zu den unfraktionierten Proben. Die gemessenen hydrodynamischen Radien der fraktionierten Proben NexSil8 und NexSil20 lagen bei 10,1 nm und 15,1 nm. Diese entsprechen jeweils der kleinen Komponente der unfraktionierten Proben bei biexponentieller Auswertung der Autokorrelationsfunktionen. Die µ 2 -Werte aller fraktionierten Proben waren kleiner als 0,05, folglich wiesen die Hauptfraktionen, nach Abtrennung der Aggregate, sehr enge Größenverteilungen auf. Zusammenfassend wurden die Größen der amorphen Silica NP auf hydrodynamische Radien von 10 nm, 15 nm und 59 nm bestimmt. Die primären Partikel zeigten in DLS eine enge Größenverteilung allerdings wiesen die Proben NexSil8 und NexSil20 einen kleinen Anteil an Aggregaten auf. Tabelle 12: Zusammenfassung der mittels DLS gemessenen hydrodynamsichen Radien der Proben NexSil8, NexSil20 und NexSil125 sowie µ2 Werte bei Ɵ=90. DLS in H2O in 3 mm NaN 3 in RPMI Medium in 3 mm NaN 3 fraktioniert (AF-FFF) R h / nm µ 2 R h / nm µ 2 R h / nm µ 2 R h / nm µ 2 NexSil8 12,6 0,24 12,8 0,18 12,6 0,18 10,1 <0,05 NexSil20 19,1 0,16 17,5 0,14 18,3 0,19 15,1 <0,05 NexSil125 60,4 <0,05 58 <0,05 56,8 <0,05 58,6 <0,05-85-

98 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien Abbildung 33: Dynamische Lichtstreuung der Proben NexSil8 und NexSil20 und NexSil125 nach der Fraktionierung mittels AF-FFF. -86-

99 5.2.2 Bestimmung der Oberflächenkonzentration Amorphe Silica Nanopartikel Zur Oberflächenberechnung wurde das Modell einer Vollkugel zugrunde gelegt. Die A Flächenkonzentration berechnet sich gemäß Gleichung (112). V Lsg. 2 A = 4πR h = 3 V NP mit V V Lsg. V Lsg. R h V NP = 4 Lsg. 3 πr h 3 (112) Das Volumen der NP V NP wird nicht nur von der Trockendichte und der Trockenmasse der in Lösung vorliegenden amorphen Silica bestimmt sondern auch von dem Grad der Quellung, welcher direkt das Volumen der NP erhöht. Die Bestimmung der Menge an Wasser, die sich in dem amorphen Silica Netzwerk befindet gelang mithilfe der Thermisch Gravimetrischen Analyse (TGA). Hierbei wird eine Probe erwärmt, während der Masseverlust gravimetrisch bestimmt wird. Standardanwendungen liegen in der Bestimmung von Zersetzungstemperaturen von Makromolekülen, ebenso kann auch die Verdampfung von Wasser gravimetrisch erfasst werden. Abbildung 34 zeigt ein solches TGA- Diagramm der Probe NexSil20. Es wurde die zeitliche Änderung der Gewichtsabnahme TG aufgetragen. Die Erwärmung des Probentiegels erfolgte mit einer Heizrate von 1 C/min, ausgehend von 35 C beim Start der Messung. Die Probe wurde während der Messung durch einen Stickstoffstrom umspült wodurch die komplette Verdampfung des Wassers schon vor Erreichen der Siedetemperatur erfolgte. Bei den untersuchten Proben konnte ein zweistufiger Masseverlust beobachtet werden, entsprechende TGA-Diagramme befinden sich für die Probe NexSil20 in Abbildung 34. Die TGA-Diagramme der Proben NexSil8 sowie NexSil125 weisen einen ähnlichen Verlauf auf, diese befinden sich im Anhang, Abbildung 52. Da die Proben unter Stickstoffumströmung gehalten wurden, konnte der Wasserverlust ab einer Temperatur von 40 C beobachtet werden und war bei 90 C bereits abgeschlossen. Zur Berechnung der Quellung der Silica NP wurde zugrunde gelegt, dass die zweite Stufe des Masseverlustes durch Wasser innerhalb des Silica-Netzwerkes entsteht. -87-

100 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien Abbildung 34: TGA der NexSil20-Stammlösung. Der beobachtete Gewichtsverlust erfolgte durch das Verdampfen von Wasser. Wasser im Silica-Netzwerk verdampft verzögert und führt zu einem zweistufigen Masseverlust. Für die erste Stufe des Wasserverlustes wurde im Anschluss an das Maximum ein steil abfallender Verlauf angenommen. Das bis dahin verdampfte Wasservolumen entspricht folglich Wassermolekülen, die mit dem Silica-Netzwerk nicht wechselwirken. Das nachfolgend verdampfende Wasser wird der Quellung der NP zugeordnet. Da es sich bei den Auftragungen um Masseänderungen handelt, resultiert die Gesamtmasse des Wassers aus der Fläche unterhalb der Kurven, unter Berücksichtigung des angenommenen Verlaufs nach Erreichen des ersten Maximums. Zusätzlich zur Masse des Wassers wurde gleichzeitig, als Tiegelrückstand, die Trockenmasse an Silica erhalten. Die Ergebnisse sind in Tabelle 13 zusammengefasst. Unter Verwendung der Trockendichte von Silica ρ = 2,2 g/ml 135 sowie der Dichte von Wasser ρ = 1,0 g/ml erfolgte die Umrechnung in Volumenanteile, unter Annahme idealen Verhaltens. Der Volumenanteil von Quellungswasser entsprach je nach Probe zwischen 17,4% bis 20,2% des Trockenvolumens an Silica. Unter Berücksichtigung dieser Quellung resultieren Dichten der Silica NP in Lösung von 1,96 g/ml bis 1,99 g/ml, welche somit mit Literaturwerten mit Dichten von ρ = 2,0 g/ml und niedriger übereinstimmen. 136 Die Berechnung der Oberfläche erfolgte anhand Gleichung (112), für das Volumen der NP wurde das Trockenvolumen plus Quellungsvolumen verwendet. -88-

101 Amorphe Silica Nanopartikel unter physiologischen Bedingungen Tabelle 13: Zusammenfassung der TGA Ergebnisse. Bestimmt wurde die Massekonzentration an Silica der Stammlösung w%, das Maß der Quellung als Volumenanteil von Wasser innerhalb eines Partikels V% sowie die Oberflächenkonzentration der Stammlösung. TGA w% Silica c Silica / g/ml V% Quellung A / m 2 /ml NexSil8 28, ,6 64,4 NexSil20 47, ,4 73,1 NexSil125 47, ,2 21,3 Die Oberflächenbestimmung der amorphen Silica NP wird beim Vergleich des Aggregationsverhaltens unter physiologischen Bedingungen eine wichtige Rolle spielen, Kapitel Vergleichende Experimente können unter identischer Teilchenzahl, identischer Oberflächen- oder Massenkonzentration durchgeführt werden. Da das Aggregationsverhalten mit der Proteinadsorption an der kolloidalen Oberfläche in Verbindung gebracht werden kann, werden Experimente bei identischer Oberflächenkonzentration interessant. Es darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass bei unterschiedlicher Größe der NP und identischer Oberflächenkonzentration die Teilchenzahlen variieren, welche einen direkten Einfluss auf die Aggregationskinetik nehmen. 5.3 Amorphe Silica Nanopartikel unter physiologischen Bedingungen Bei der NP-Charakterisierung unter physiologischen Bedingungen ergeben sich spezielle Herausforderungen. Dies resultierte im Falle von DLS Messungen in einer aufwendigen Auswertung zur Isolation der Korrelation der NP von der Korrelation der Proteine. Zudem erfasst die DLS nur Mittelwerte und keine Verteilungen. Sehr breite Größenverteilungen einer Probe, besonders im Falle von Aggregation innerhalb einer biologischen Matrix, können mittels DLS nur schwer erfasst werden. Im Folgenden soll die Charakterisierung von amorphen Silica NP unter physiologischen Bedingungen ausführlich behandelt und diskutiert werden. Da die Befunde von starker Aggregation geprägt waren reichte die DLS als alleinige Charakterisierungsmethode nicht aus. Die Versuche wurden daher zusätzlich mittels Asymmetrische Fluss-Feld Fluss Fraktionierung (AF-FFF) sowie der Analytischen Ultrazentrifuge (AUZ) durchgeführt. Es ergeben sich Vor- und Nachteile der jeweiligen Messmethoden, diese sind in Tabelle 14 zusammengefasst. -89-

102 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien Tabelle 14: Vergleich von Charakterisierungsmethoden zu hydrodynamischer Eigenschaften kolloidaler Teilchen. *Messungen werden durch Bandenverbreitung beeinflusst, aufgrund von Diffusion (AUZ) bzw. aufgrund der inhärenten Partikelverteilung innerhalb der laminaren Schichten (AF-FFF). DLS AF-FFF AUZ Absolutmethode (Absolutmethode * ) Unter physiologischen Bedingungen Unter physiologischen Bedingungen Charakterisierung von Verteilungen * Charakterisierung von Verteilungen * Semi-präparativ Onlinekopplung möglich Sowohl die AF-FFF als auch die AUZ zeichnen sich durch die Darstellung von Größenverteilungen aus. Die AUZ benötigt keine Kalibrierung und ist prinzipiell als Absolutmethode zu betrachten, dennoch unterliegen die gemessenen Verteilungen der Sedimentationskoeffizienten einer Bandenverbreitung durch Diffusion der Probe. Das Zusammenwirken von Diffusion und Sedimentation wird durch die Lammsche Differentialgleichung beschrieben (113). dc dt = 1 r r d r D dc dr dr S ω2 r 2 c (113) Die AF-FFF hingegen ist keine Absolutmethode. Nach Gleichung (78) wird eine Retention ausschließlich durch die Kanalhöhe und durch das von außen anliegende physikalische Feld, dem Querfluss, bestimmt. Dennoch haben Teilchen-Teilchen und Teilchen-Membran Wechselwirkungen starken Einfluss auf das Retentionsverhalten, vgl. Kapitel Diese Wechselwirkungen können als zusätzliches physikalisches Feld betrachtet werden, das auf die Probe einwirkt. Hierdurch wird die Retention zusätzlich durch das Eluat und dessen Salzgehalt sowie durch die Oberflächeneigenschaften der Probe und der Membran beeinflusst. 103 Weiterhin verhindern diese Wechselwirkungen die Funktionsfähigkeit der AF-FFF unter physiologischen Bedingungen. Mit zunehmendem Salzgehalt und zunehmender Abschirmung der Oberflächenladungen dominieren attraktive Wechselwirkungen den Fraktionierungsprozess, was eine Bandenasymmetrie durch Adsorptions- und Desorptionsgleichgewichte, 106 unvollständige Elution der Probe 109 bis hin zur kompletten Adsorption der Probe unter physiologischen Bedingungen zur Folge hat. 107,108 Die Vorteile der AF-FFF liegen in der semipräparativen Fraktionierung 137,138,139,140 sowie in der Kopplungsmöglichkeit an eine Vielzahl von Detektoren, unter anderem auch an absolut arbeitende Detektoren wie online MALLS bzw. online SAXS. 141,142,143,22 Die Kopplung der AF-FFF ermöglicht somit eine absolute Charakterisierung mit vorgeschalteter Fraktionierung. -90-

103 Amorphe Silica Nanopartikel unter physiologischen Bedingungen Die Konzentrationsabhängigkeit des Aggregationsverhaltens Die zuletzt vorgestellten Charakterisierungsmethoden sollen in diesem Kapitel Anwendung zur Charakterisierung von Agglomeraten Anwendung finden. Anhand der gegebenen Vor- und Nachteile jeweiliger Messmethoden soll eine umfassende Charakterisierung erfolgen. In gleicher Weise wie in Kapitel Charakterisierung von Legierungs-NP in RPMI Medium in Gegenwart von Serumproteinen wurde die Probe NexSil20 sowohl in RPMI 1640 Medium als auch in Gegenwart von Serumproteinen charakterisiert. Die Probe wurden zu einem Teil der Konzentration c 10x = 64 g/l mit neun Teilen RPMI 1640 Medium bzw. mit neun Teilen RPMI 1640 Medium, dem zuvor 5 Vol.-% fötales Rinderserum (FCS, Proteingehalt etwa 50 g/l) zugesetzt wurde, gemischt. Es resultiert in beiden Fällen eine Konzentration der NP von c 0 = 6,4 g/l. In Gegenwart von FCS wird eine Konzentration an Serumproteinen von 3,15 g/l angenommen. Die NP wurden den physiologischen Bedingungen für 10 Minuten ausgesetzt bevor sie charakterisiert wurden. Da, wie bereits beschrieben, Proben im AF-FFF Kanal nicht bei physiologischen Salzkonzentrationen eluieren, erfolgte ausschließlich der Mischvorgang unter physiologischen Bedingungen. Die AF-FFF wurde mit 3mM NaN 3 betrieben. Vergleichsmessungen der DLS und der AUZ hingegen fanden unter physiologischen Bedingungen statt. Abbildung 35: AF-FFF Elugramm von NexSil20 in 5% FCS/RPMI Medium. Eine Verringerung der Konzentrationen der Silica NP führt zu einer Verzögerung der Elutionszeiten aufgrund Aggregation der Probe. Querfluss 2,5mL/min; Detektorfluss 1mL/min. -91-

104 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien Abbildung 35 zeigt das AF-FFF Elugramm der Probe NexSil20 in Medium ohne den Zusatz von Serumproteinen. Die amorphen Silica NP besitzen keine chromophoren oder fluorophoren Gruppen, ebenso erwies sich die Detektion des Brechungsindex bei den vorliegenden Konzentrationen als nicht ausreichend sensitiv. Da die Probe durch den online MALLS Detektor sehr empfindlich detektiert werden konnte, gibt das Elugramm die Streuintensität bei einem Winkel von 90 wieder. Es ist zu beachten, dass das gezeigte Signal nicht proportional zur Massenkonzentration ist, sondern in erster Annäherung zusätzlich proportional zum Molekulargewicht der Partikel bzw. der Agglomerate. Die erste Bande, die im Elugramm bei 200 Sekunden erscheint wird als voidpeak bezeichnet. Diese Bande entsteht durch die Elution unfraktionierter Masse, in Form von Probenbestandteilen geringer Größe oder Verunreinigungen, die sich während der Fokussierung im Trennkanal ansammeln. Die eigentliche Probe eluierte als scharfe Bande zwischen 250 und 350 Sekunden. Der Querfluss wurde bei 1320 Sekunden abgeschaltet, die sich anschließende Bande wird als Spülpeak bezeichnet. Die DLS Messungen der amorphen Silica NP in RPMI 1640 Medium ergaben ähnliche hydrodynamische Radien sowie µ 2 -Werte, wie sie auch in entionisiertem Wasser gefunden wurden, vgl. Tabelle 12. Das Medium RPMI 1640 induzierte entsprechend keine Aggregation der Probe innerhalb des experimentellen Zeitfensters von 10 Minuten. Dieses Ergebnis wurde durch die AF-FFF Messung bestätigt. Die Probe eluierte als schmale Bande bei 300 Sekunden. Durch das zu Grunde liegende Trennprinzip der AF-FFF stellt sich im Trennkanal innerhalb der laminaren Schichten ein Konzentrationsprofil der Probe ein. Zusätzlich zeigt der Fokusfleck der Probe innerhalb des Trennkanals bei festgesetzter Fokussierungsdauer eine definierte Größe. Dies führte notwendiger Weise zu der vorliegenden Bandenbreite von 250 bis 350 Sekunden. Die Elutionsbande der Probe entspricht der einer monomodalen Größenverteilung der primären Partikel. Die Bandenbreite sowie die Retention änderten sich in Anwesenheit von Serumproteinen. Hierzu wurden NexSil20 in verschiedenen Konzentrationen zu RPMI 1640 Medium, dem 5 Vol.-% FCS zugesetzt wurde, gegeben. Die resultierenden Konzentrationen der NP betrugen 1 x c 0, 0,6 x c 0, 0,4 x c 0, 0,3 x c 0, 0,2 x c 0 und 0,1 x c 0 mit c 0 = 6,4 g/l. Diese Verdünnungsangaben beziehen sich auf die vorliegenden Konzentrationen nach dem Mischen der Probe. Abbildung 35 gibt die entsprechenden AF-FFF Elugramme wieder. Zunächst soll das Elugramm der Probe 1 x c 0 in Medium + 5% FCS diskutiert werden. Dieses wies eine Bande bei 300 Sekunden auf, die im Vergleich zur Probe ohne FCS zu geringfügig höheren Elutionszeiten verschoben war. Dies kann einerseits durch die Elution zweier Populationen in der AF- FFF bedingt sein, die im Trennkanal in Wechselwirkung treten, andererseits kann dieses Verhalten aber auch durch die Adsorption von Proteinen erklärt werden. Durch die Ausbildung der Proteinkorona gewannen die Nanopartikel an Größe hinzu, folglich verschob sich die Bande der Hauptfraktion zu späteren Elutionszeiten. Durch die Kalibrierung der AF-FFF ließ sich ein -92-

105 Amorphe Silica Nanopartikel unter physiologischen Bedingungen Größenzuwachs von 0,8 nm berechnen. Dieser Wert ist unter dem Vorbehalt zu betrachten, dass sich bei einer Oberflächenmodifizierung der Partikel durch Proteinadsorption die Teilchen-Teilchen und Teilchen-Membran Wechselwirkungen verändern. Das Retentionsverhalten wird in diesem Fall nicht ausschließlich durch den Größenzuwachs verursacht, sondern ebenso durch die modifizierten Oberflächeneigenschaften. Im Anschluss an die Hauptfraktion konnte bei einer Elutionszeiten von 450 Sekunden eine Schulter beobachtet werden. Die entsprechenden Radien von 30 nm lassen sich nicht durch die Dicke der Proteinkorona erklären sondern durch die Proteinadsorption induziert Aggregation der Probe. Sowohl die Proteinadsorption, als auch die Aggregation, führen zu einer Zunahme des Molekulargewichts. Da die Fläche unter dem Lichtstreusignal proportional zum Molekulargewicht ist, erklärt die vorliegende Agglomeration den beobachteten Flächenzuwachs unter dem Lichtstreusignal von 20%. Im Folgenden sollen ebenso die Elugramme der Proben 0,6 x c 0 bis 0,1 x c 0 in Medium + 5% FCS diskutiert werden. Mit abnehmender Partikelkonzentration konnte hier eine Verringerung der Signalintensität der ursprünglichen Hauptfraktion, korrespondierend mit den primären Partikeln, beobachtet werden. Die entsprechende Bande verschob sich zu späteren Elutionszeiten, von 300 Sekunden, bezüglich der Konzentration 1 x c 0, auf bis zu 350 Sekunden für die Konzentration 0,1 x c 0. Die beobachtete Verschiebung der Bande der primären Partikel suggeriert ein kontinuierliches Wachstum der Proteinkorona bei Verringerung der NP-Konzentration. Die veränderten Elutionszeiten der Konzentration 0,1 x c 0 entspricht einem Größenzuwachs von 3,0 nm im Vergleich zur Probe ohne Serumproteine, auf Grundlage der AF-FFF Kalibrierung. Es wurde bereits diskutiert, dass die Retention durch Modifizierung der Oberflächeneigenschaften im Falle der Proteinadsorption beeinflusst werden kann. Im Falle von Teilchen-Membran Wechselwirkungen zeigt sich zudem eine Beladungsabhängigkeit des Trennkanals auf die Retention der Probe. 105,104 Da die Konzentrationen der NP um einen Faktor 10 variiert wurden, von 1 x c 0 auf 0,1 x c 0, ändert sich ebenso die Membranbeladung. Im Falle von Teilchen-Membran Wechselwirkungen würde man einen Einfluss der Membranbeladung auf das Retentionsverhalten auch ohne gleichzeitiges Anwachsen der Proteinkorona erwarten. Durch die Variation der Konzentration der NP ergaben sich neben dem Versatz der Elutionszeit der ursprünglichen Hauptfraktion ebenso Auswirkungen auf die Schulter, entsprechend den Aggregaten. Je geringer die eingesetzte Partikelkonzentration war, desto stärker prägte sich die Fraktion der Aggregate aus, bis die Aggregate letztlich die Hauptfraktion ausmachten. Das Elugramm der Probe 0,1 x c 0 zeigte schließlich die Bande der primären Partikel als sehr schwach ausgeprägte Schulter bei 350 Sekunden, der Hauptteil der Probe eluierte als breitverteilte Größenfraktion der Aggregate. Auf die Größencharakterisierung der Aggregate, anhand der Kalibrierung der AF-FFF, soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden. Vielmehr wird die Größencharakterisierung der Verteilung in Kapitel Vergleich von NexSil8, NexSil20 und NexSil125 unter physiologischen Bedingungen -93-

106 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien anhand der Kopplung eines absolut arbeitenden online MALLS Detektors an die AF-FFF wieder aufgegriffen. Die in Abbildung 35 gezeigten Elugramme stellen einen Konzentrationsbereich der NP in Gegenwart von Proteinen dar, der mit starken Änderungen im Aggregationsverhalten behaftet war. Die Konzentrationen der nun folgenden Versuche wurden so gewählt, dass diese zwei unterschiedliche Aggregationsverhalten repräsentieren. Die hohe Konzentration 1 x c 0 wies hierbei vorwiegend primäre Partikel auf, die niedrigste Konzentration 0,1 x c 0 hingegen Aggregate. Obwohl die Proben unter physiologischen Bedingungen präpariert wurden, erfolgten die Messungen der AF-FFF nicht in selbiger Umgebung. Messungen mit PBS-Puffer als Eluat resultierten in vollständiger Probenadsorption auf der Membran aufgrund der unzureichender Stabilisierung bei Abschirmung der Ladung sowie der Abwesenheit von Tensiden, siehe Kapitel Die Ergebnisse der AF-FFF wurden daher mit alternativen Methoden bestätigt, die unter physiologischen Bedingungen arbeiten, vergleiche Tabelle 14. Abbildung 36 gibt die zugehörigen Ergebnisse der winkelabhängigen DLS wieder. Die Größencharakterisierung der amorphen Silica NP wurde bereits in Kapitel 5.2 diskutiert. Die primären Partikel wiesen einen Radius von 15 nm auf, aufgrund geringfügiger Aggregation wurde in der DLS ein gemittelter hydrodynamischer Radius von 18 nm gemessen. In DLS-Messungen wurde weiterhin die Konzentrationsabhängigkeit der NP auf die Größe der Aggregate bestätigt, sofern Serumproteine gegenwärtig waren. Lagen die NP mit einer Konzentration von c = c 0 vor, so erhöhte sich der hydrodynamische Radius von 15 nm auf 33 nm. Dies ist in Übereinstimmung mit den entsprechenden Elugrammen der AF-FFF, welche bei der Konzentration c 0 die Hauptfraktion plus Schulter, bestehend aus freien Partikeln plus kleine Aggregate, zeigten. Im Falle der NP Konzentration c = 0,1 x c 0 wurde in der DLS ein gemittelter hydrodynamischer Radius von 200 nm gemessen. Dies entspricht dem hydrodynamischen Radius von Aggregaten, die in der AF- FFF bei selbiger Konzentration als breite Verteilung mit späten Elutionszeiten gefunden wurden. -94-

107 Amorphe Silica Nanopartikel unter physiologischen Bedingungen Abbildung 36: Winkelabhängige DLS-Messung von NexSil20 unter physiologischen Bedingungen. Aggregation der Probe in Gegenwart von Proteinen führt zu einer starken Zunahme des hydrodynamsichen Radius. Die Messungen zeigen eine deutliche Konzentrationsabhängigkeit der Nanopartikel auf den gemittelten hydrodynamischen Radius. Ähnliche Ergebnisse wurden mithilfe der Analytischen Ultrazentrifuge erzielt. Die Grundlage bildete ein Integrales Sedimentationsexperiment. Hierbei wird die Zentrifugenzelle komplett mit der Probe gefüllt. Durch Sedimentation im Gravitationsfeld entsteht eine Konzentrationsverteilung, deren zeitliche Änderung über die komplette Höhe der Zentrifugenzelle detektiert wird. Die Rotationsgeschwindigkeit wird so hoch gewählt, dass die Sedimentationsgeschwindigkeit dr dt vorwiegend vom Sedimentationskoeffizienten bestimmt wird und der Einfluss des Diffusionskoeffizienten verhältnismäßig klein wird. Die Geschwindigkeit, mit der sich die Konzentrationsfront gegen die Akkumulationswand bewegt, führt zur Berechnung des Sedimentationskoeffizieten. s = dr dt ω 2 r (114) Die Bezeichnung Integrales Sedimentationsexperiment bezieht sich auf die kontinuierliche Konzentrationsmessung aller Partikel, die bis zu ihrer Sedimentation im Zellvolumen verbleiben. Das Differential der Konzentration der in Lösung verbleibenden Partikel gegen die entsprechenden Sedimentationskoeffizienten führt zur Sedimentationskoeffizientenverteilung g(s). Die Messungen der AUC erfolgten vollständig unter physiologischen Bedingungen, in Übereinstimmung zur DLS. Die Zentrifugenzelle wurde mit einer Mischung aus RPMI-Medium, 5 Vol% FCS sowie Silica NP mit einer Konzentration von c = c 0 bzw. c = 0,1 x c 0 befüllt. Die zugehörigen Verteilungen der Sedimentationskoeffizieten sind in Abbildung 37 dargestellt. In -95-

108 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien Abwesenheit von Proteinen sedimentiert die Probe NexSil20 als monomodale Verteilung mit einem Sedimentationskoeffizienten von 460 Svedberg. Der kugeläquivalente Durchmesser berechnet sich aus dem Sedimentationskoeffizienten, der Viskosität des Lösungsmittels sowie dem Dichteunterschied des Lösungsmittel und der Probe ρ NP ρ LM gemäß Gleichung (115). d i = 18ηs i ρ NP ρ LM (115) Legt man den mittels DLS gemessenen Durchmesser der Probe von d = 30,2 nm zugrunde, entspräche dies einer Dichte der Silica NP von ρ Silica = 1,9 g/l. Der Unterschied zu Literaturwerten der Trockendichte von ρ Silica,trocken = 2,2 135 resultiert aus der Quellung der NP. 136 In Gegenwart von Serumproteinen zeigt sich im Fall der hohen Konzentration an NP c = c 0 eine Verschiebung der Sedimentationskoeffizienten, sowie eine Schulter. Eine Zuordnung des Durchmessers der proteinbeladenen Silica NP gelang nicht, da sich in Anwesenheit von Serumproteinen die Viskosität des Lösungsmittels sowie die Dichte der Probe bei Proteinadsorption ändern. Im Falle der niedrigen Konzentration der Silica NP c = 0,1 x c 0 bildete sich, neben der Fraktion der primären Partikel, eine Fraktion mit größeren und breit verteilten Sedimentationskoeffizienten aus. Diese Fraktion entspricht den Aggregaten, die bereits im AF-FFF Experiment vorlagen. Die Befunde der DLS sowie der AUC stützen somit die Beobachtungen der AF-FFF Messungen, die eine konzentrationsabhängige Aggregation der Probe erfassten. Abbildung 37: Ergebnisse der AUC. Links: Verteilung der Sedimentationskoeffizienten von NexSil20 in Gegenwart von Proteinen unter physiologischen Bedingungen, Geschwindigkeit 5000 rpm. Rechts: AUC im Highspeed-Modus nach Sedimentation der NP: Das Fraktogramm in integraler Form ergibt die Gesamtmasse an freiem Protein, Geschwindigkeit rpm. -96-

109 Amorphe Silica Nanopartikel unter physiologischen Bedingungen Die AUC bot weiterhin die Möglichkeit, die Menge an ungebundenen Proteinen zu detektieren. Da Serumproteine sowohl kleiner sind, als auch eine geringere Dichte als Silica NP aufweisen, sedimentierten diese nicht bei den zuvor gewählten Rotationsgeschwindigkeiten von 5000 rpm. In einem zweiten Schritt, nach vollständiger Sedimentation der Silica NP, wurde die Rotationsgeschwindigkeit auf rpm erhöht. Die in Lösung verbliebenen Proteine sedimentierten mit Sedimentationskoeffizienten von etwa 4 Svedberg. Abbildung 37 rechts zeigt das zugehörige Fraktogramm in Integraler Form. J bezeichnet das Signal des Interferenzdetektors. Dieses ist proportional zur Gesamtmasse an Proteinen, die in dem Bereich von 2 bis 10 Svedberg sedimentierten. Das Signal von 5% FCS in RPMI ohne NP wurde als Bezugspunkt auf 100% gesetzt. Im Vergleich hierzu wurden in Gegenwart von Silica NP, im Falle der hohen Konzentration von c = c 0, 18% der vorhandenen Serumproteine adsorbiert. Im Falle der niedrigen Konzentration von c = 0,1 x c 0, wurden nur 2% der Proteine adsorbiert. Die Menge an adsorbierten Proteinen ist somit etwa proportional zur eingebrachten Oberfläche der NP. Obwohl beim Aggregationsverhalten eine Konzentrationsabhängigkeit der eingebrachten NP beobachtet werden konnte, war die Menge an adsorbiertem Protein pro Oberfläche konstant. Anhand der in Lösung verbleibenden Proteinmenge lassen sich Rückschlüsse auf die Proteinkorona ziehen. Unter der Annahme, dass es sich bei der adsorbierten Proteinmasse ausschließlich um Albumin handelt, wurden pro Milliliter 3, Proteine auf 2, Silica NP adsorbiert. Dies entspricht 16,4 Proteinen pro NP. Diese Anzahl ist sehr niedrig, unter der Berücksichtigung, dass die Oberfläche eines einzelnen NP von A NP 2900 nm 2 Platz für etwa 100 Albuminproteine bietet. Eine mögliche Erklärung liegt in der Unterscheidung zwischen weicher und harter Proteinkorona in Sedimentationsexperimenten. Durch Sedimentation der NP wirken Scherkräfte, welche die dynamischen ( weichen ) Anteile der Korona abscheren. Der weiche Anteil der Korona verbleibt während der Sedimentation der NP folglich in Lösung. Die oben getroffen Aussage, die Menge adsorbierter Proteine sei proportional zur NP Oberfläche, muss daher differenzierter betrachtet werden: Die Menge an hart bindenden Proteinen ist proportional zur eingebrachten Oberfläche der NP; Aussagen zum weichen Anteil der Proteinkorona gelingen jedoch anhand dieses Experimentes nicht. Allgemein wurde in diesem Kapitel gezeigt, dass eine Konzentrationsabhängigkeit des Aggregationsverhaltens existiert. Diese Beobachtung wurde mittels AF-FFF, DLS sowie AUC bestätigt. Nach Smoluchowski ist dies nicht verwunderlich, da die Aggregationsgeschwindigkeit von der Teilchenzahl abhängt. Auf einen wichtigen Aspekt wurde jedoch noch nicht genauer eingegangen: je höher die Teilchenzahl, desto weniger Aggregate wurden gefunden. Dieser Trend ist genau entgegen den Gesetzmäßigkeiten der Aggregationskinetik nach Smoluchowski. Eine ausführliche Erklärung folgt in Kapitel Koagulationskinetik der amorphen Silica NP in Gegenwart von -97-

110 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien Proteinen. Doch zunächst müssen hierfür einige Grundlagen betrachtet werden, wie zum Beispiel die Charakterisierung der kolloidalen Stabilität proteinbeladener NP sowie die Differenzierung zwischen einer Koagulation und einer verbrückenden Flockung Die kolloidale Stabilität proteinbeladener Silica NP Das zuvor beschriebene Aggregationsverhalten der Silica NP in Gegenwart von Proteinen impliziert einen destabilisierenden Effekt, der von adsorbierten Proteinen im Allgemeinen ausgeht. Unter diesem Gesichtspunkt ließe sich das konzentrationsabhängige Aggregationsverhalten schlicht als Verdünnungs-/Anreicherungsexperiment deuten, wodurch bei zunehmender Oberflächenbelegung vermehrt Aggregation stattfände. Dass dieser Sachverhalt das hier vorliegende nur unzureichend beschreibt folgt anhand der Bestimmung der Menge an adsorbiertem Protein. Es konnte zuvor gezeigt werden, dass die Oberflächenbelegung der hart bindenden Proteine an Silica NP, im Gegensatz zum Aggregationsverhalten, von den Konzentrationsverhältnissen unabhängig ist. Die Proteinkorona ist, bezogen auf hart bindende Proteine, folglich bei nicht-aggregierten NP in gleicher Weise wie bei aggregierten NP ausgeprägt. Ein weiterer Nachweis dafür, dass die Proteinkorona sowohl im Falle der hohen Konzentration c = c 0 als auch der niedrigeren Konzentration c = 0,1 x c 0 gleichermaßen ausgeprägt ist und diese Proteinhülle nicht notwendiger Weise zu Aggregation führt, resultiert aus Messungen des ζ-potentials. Da die AF-FFF eine semi-präparative Fraktionierung ermöglicht, wurden entsprechende Fraktionen dieser Konzentrationen zur weiteren Charakterisierung gesammelt. Abbildung 38 gibt die Bereiche der gesammelten Fraktionen mithilfe von Balken über dem AF-FFF Elugramm wieder. Von den Fraktionen wurden, ohne weitere Aufarbeitung, ζ-potentiale gemessen. Die AF-FFF wurde mit 3 mm NaN 3 betrieben, entsprechend erfolgte die ζ-potential Messung unter identischen Bedingungen. In Abwesenheit von Proteinen wurde ein ζ-potential der Silica NP von -27 mv gemessen. In Anwesenheit von Proteinen stieg der an der Hauptbande erfasste Wert auf -11 mv an. Die Ausbildung der Proteinkorona führte folglich zu einer Veränderung der ursprünglichen Oberflächeneigenschaften. Die Banden, die im Elugramm den Aggregaten zugeordnet werden konnten, erzielten ebenso erhöhte ζ-potentiale. Diese lagen bei -10 mv im Falle der geringfügig aggregierten Probe, sowie bei -9 mv der vollständig aggregierten Probe. Die ζ-potential Messungen ergaben einen nur kleinen Unterschied zwischen der nicht aggregierten Probe und der aggregierten Probe von 2 mv. Zudem zeichnete sich ein Trend ab, dass größere Aggregate höhere ζ-potentiale aufwiesen, als kleinere Aggregate. Diese Beobachtung muss allerdings durch die Messgenauigkeit relativiert werden. Jeweils zehn Messdurchläufe des ζ-potentials resultierten in Standardabweichungen je nach Fraktion von σ = 2-3 mv. Der vorliegende Trend war -98-

111 Amorphe Silica Nanopartikel unter physiologischen Bedingungen somit kleiner ausgeprägt als der Fehler der Messungen. Dieser Trend konnte daher nicht eindeutig belegt werden. Die Berechnung der ζ-potentiale wurde nach Hückel genähert, dieses Modell ist gültig für κa << 1. Die Debye-Länge bei 3 mm Salzgehalt liegt bei 6 nm, so dass für NexSil20 gilt: κa 2,5. Die Henry-Funktion liefert F(κa = 2,5) = 1,1 anstelle der Hückelnäherung F(κa 1) = Durch die Auswertung nach Hückel wurden somit um 10% zu hohe Werte ermittelt. Im Vergleich zur Standardabweichung lag dieser Fehler innerhalb der Messungenauigkeit. Abbildung 38: AF-FFF-Elugramme von NexSil20 in Gegenwart von Proteinen. Die Balken zeigen den Bereich der gesammelten Fraktionen deren ζ-potential bestimmt wurde. Querfluss 2,5mL/min; Detektorfluss 1mL/min. Unabhängig von der untersuchten Fraktion zeigte sich bei Proteinadsorption eine verminderte elektrostatische Stabilisierung der Nexsil20. Da die elektrostatische Abstoßung eine kinetische Barriere darstellt, führt eine Verminderung der stabilisierenden Kräfte im Allgemeinen zu einer schneller ablaufenden Koagulation der Probe. Christoph Bantz konnte im Zuge seiner Dissertation diesen Alterungsprozess solcher proteinbeladener Silica NP innerhalb eines Zeitfensters von 48 Stunden nachweisen. 134 Der in der hier vorliegenden Forschungsarbeit relevante Zeitrahmen, zwischen Probenpräparation und Messung, betrug 10 Minuten. Zudem trat die Trübung, welche mit der gefundenen Aggregation einhergeht, innerhalb weniger Sekunden ein. Die zeitliche Diskrepanz legt nahe, dass die beobachtete Aggregation nicht durch einen, durch verringerte elektrostatische Stabilisierung bedingten Alterungsprozess, hervorgerufen wurde. -99-

112 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien Hintergrund: Koagulation innerhalb Zeitspannen < 1 Sekunde sind typisch für eine barrierefreie Aggregation, der sogenannten schnellen Koagulation. Ein alternativer Agglomerationsprozess mit geringfügig langsameren Geschwindigkeiten ist die Flockung von Kolloiden mit Makromolekülen, anhand eines verbrückenden Mechanismus, Kapitel Nachfolgend soll daher ebenfalls ein verbrückender Mechanismus adsorbierter Proteine berücksichtigt und diskutiert werden, der das Agglomerationsverhalten von Silica NP beschreibt Aggregation durch affin bindende Proteine Von der verbrückenden Flockung von Kolloiden mit Polymeren ist bekannt, dass das Makromolekül mit der kolloidalen Oberfläche nicht nur stark wechselwirkt, sondern aufgrund mehrerer Bindungsstellen irreversibel adsorbiert wird, siehe Kapitel 2.3. Dieser Sachverhalt soll im Folgenden anhand des affinen Bindungscharakters verbrückender Proteine bestätigt werden. Der Einfluss von selektiv bindenden Proteinen auf das Aggregationsverhalten soll anhand der zweistufigen Zugabe von NP zu Serumproteinen ermittelt werden, siehe Abbildung 39. Hierzu wurde eine 5%ige FCS Lösung in RPMI zentrifugiert, um für nachfolgende Zentrifugationsschritte konstante Startbedingungen zu setzen (1). Zum Überstand wurden NexSil20 NP mit einer Konzentration von c 10x = 6,4 g/l in einem Mischungsverhältnis 1/10 zugegeben. Die resultierenden Konzentrationsverhältnisse entsprechen der Probe c NP = 0,1 x c 0 in 5% FCS/RPMI, von der bekannt ist, dass Silica NP vorwiegend in Agglomeraten vorliegt (Kapitel 5.3.1). Diese Mischung wurde wiederum zentrifugiert, wodurch Silica NP mitsamt hart bindenden Proteinen entfernt wurden. Ungebundene Proteine sollten mit 100-fach kleineren Sedimentationskoeffizienten als NexSil20 in Lösung verbleiben (2), vgl. Abbildung 37. Anschließend erfolgte nochmalig die Zugabe von NexSil20 mit selbiger Konzentration c 10x = 6,4 g/l (3). Nach jedem Einzelschritt wurde anhand der dynamischen Lichtstreuung der gemittelte hydrodynamische Radius der in Lösung verbleibenden Fraktionen ermittelt

113 Amorphe Silica Nanopartikel unter physiologischen Bedingungen Abbildung 39: Versuchsschema einer zweistufigen NP-Zugabe zu einer 5% FCS Lösung: Zu einer zentrifugierten Lösung FCS in RPMI Medium wurden NexSil20 NP zugegeben, anschließend wurde abzentrifugiert und zum Überstand wiederum NexSil20 NP zugegeben. Die einzelnen Stufen wurden mittels Mehrwinkel DLS größencharakterisiert. Die Streuintensität des Serums bei einem Streuwinkel von 90 sank nach erstmaliger NP Zugabe und nachfolgender Zentrifugation um 24%. Simultan verringerte sich die gemittelte Größe aller in Lösung verbleibenden Serumprotein-Fraktionen von 9,8 nm auf 8,9 nm. Folglich adsorbierten Fraktionen des Serums die vorwiegend größere Radien als 8,9 nm aufwiesen. Bei Serumfraktionen solcher Größen handelt es sich in der Regel um Proteine bestehend aus mehreren Polypeptidketten. Diese oligomere Struktur (Quartärstruktur) tritt insbesondere bei Proteinen mit Molekulargewichten > 100 kda auf, identische Untereinheiten werden als Protomere bezeichnet. 145 Hierbei assoziieren Proteinuntereinheiten meist über nicht kovalente Bindungen. Die Kontaktregion zweier Untereinheiten besitzt große Ähnlichkeit zum inneren eines monomeren Proteins, im Besonderen sind das ein hoher Anteil an unpolare Seitenketten sowie Wasserstoffbrücken. Die bevorzugte Adsorption solcher Proteine ist nicht unplausibel, da die gegenseitige Anlagerung von hydrophoben Domänen in wässriger Umgebung, die zu Proteinagglomeration führt, ebenso wie die Adsorption selbiger Domänen an kolloidale Oberflächen entropisch begünstigt ist. Die bevorzugte Adsorption großer Proteine konnten ebenso anhand einer Proteomanalyse der Proteinkorona auf Silica NP in Humanserum bestätigt werden. 61 Die Zusammensetzung der Proteinkorona zeigte eine Anreicherung hochmolekularer Serumproteine mit Molekulargewichten > 250 kda. Die Abnahme der Streuintensität um 24% war unerwartet hoch. Experimente mittels AUC, Abbildung 37, zeigten, dass unter identischen Konzentrationsverhältnissen ca. 2% der Proteinmasse an NexSil20 adsorbiert wurde. Die Zentrifugation in der Laborzentrifuge erfolgte unter weniger kontrollierten -101-

114 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien Bedingungen als in einer AUC. Es kann daher nicht gewährleistet werden, dass in dem vorliegenden Experiment ebenso nur 2% der Proteinmasse adsorbierte. Dennoch soll die nachfolgende Abschätzung verdeutlichen, dass die Streuintensitätsabnahme von 24% durch die Adsorption stark streuender, großer Proteinkomplexe bedingt war. Da die Streuintensität mit dem Molekulargewicht skaliert, führt die Adsorption von großen Proteinoligomeren zu einer erhöhten Abnahme der Streuintensität. Der gemittelte hydrodynamische Radius der Serumproteine beträgt nach Adsorption durch Silica NP nur noch 90% der ursprünglichen Größe. Dieser sank von 9,8 nm auf 8,9 nm. Unter der Annahme, Proteine verhielten sich wie Gaußknäule mit einer fraktalen Dimension von d f = 2, sinkt das gemittelte Molekulargewicht anhand Gleichung (22) auf einen Wert von 81%. Da die absolute Streuintensität sowohl mit der Konzentration als auch mit dem Molekulargewicht skaliert, fällt die Streuintensität bereits unter Vernachlässigung des Konzentrationsverlustes an Proteinen um 19% ab. Diese sehr grobe Abschätzung verdeutlicht, dass der Verlust der Streuintensität hauptsächlich durch die Adsorption großer Serumfraktionen bedingt war und weniger durch die verringerte Massenkonzentration an Proteinen. Wiederholte Zugabe von NexSil20 zum Überstand (2) ergab einen gemittelten hydrodynamischen Radius von 21 nm. Im Vergleich zu NexSil20 in Abwesenheit von Proteinen wurde eine Erhöhung des hydrodynamischen Radius von 3,1 nm erhalten. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die gemessene Autokorrelationfunktion von kleinen Aggregaten wie Dimeren und Trimeren überlagert wird, zudem lies sich die Korrelation der Proteine nicht separieren. Der Größenzuwachs von 3,1 nm kann daher nicht ausschließlich der Proteinkorona zugeteilt werden. Wie in Kapitel gezeigt wurde, besitzen NexSil20 NP für den diskutierten Konzentrationsbereich von c NP = 1 x c 0 bis 0,1 x c 0 unabhängig von ihrer Konzentration identische Oberflächenbelegungen von hart bindenden Proteinen. Der Begriff hart bindend bezieht sich hier auf adsorbierte Proteine, welche den Scherkräften eines Zentrifugationsexperimentes widerstehen. Im Allgemeinen erfolgt eine Proteomanalyse der harten Korona nach mehrmaligem Waschen des Pellets, sodass der dynamische Anteil der Korona entfernt wird. Dennoch konnte eine zeitliche Entwicklung der in diesem Sinne beständigen Korona nachgewiesen werden. 61 Die Zusammensetzung der harten Korona wird daher ebenfalls, wenn auch in geringerem Maße als die weiche Korona, durch Assoziations- und Dissoziationskonstanten einzelner Proteine geprägt. Es kann angenommen werden, dass Proteine bei Verringerung der kolloidalen Oberfläche um Bindungsplätze konkurrieren, so dass sich bevorzugt affin bindende Proteine auf der Oberfläche repräsentieren. Die Oberflächenbelegung hoch affin bindender Proteine sollte somit mit Abnahme der NP Konzentration zunehmen, koexistent konnte Aggregation beobachtet werden. Das hier vorliegende Experiment beschreibt die vorgeschaltete Entfernung von affin bindenden Proteinen. In Abwesenheit dieser Proteine konnte keine Aggregation beobachtet werden

115 Amorphe Silica Nanopartikel unter physiologischen Bedingungen Die Vermutung liegt nahe, dass für Aggregation affin bindende Proteine verantwortlich sind. In der Literatur ist bekannt, dass sich einzelne Proteine auf Dispersionen entweder stabilisierend oder destabilisierend auswirken können. 67,68 Für das Protein Fibronektin konnte eine destabilisierende Wirkung auf Silica NP beobachtet werden. Ein Zusammenhang zu Bindungsaffinitäten, insbesondere zur Abgrenzung des Fibronektins zu Proteinen, welche nicht destabilisierend wirken, wurde nicht diskutiert. Für den allgemeinen Fall der Flockung von Kolloiden durch Polymerzugabe wird mechanistisch klar abgegrenzt, ob das Polymer adsorbiert wird oder in Lösung verbleibt, siehe Kapitel 2.3. In Lösung verbleibende Polymere weisen höchstens einen schwach destabilisierenden Effekt durch osmotische Drücke auf (Verdünnungs-Destabilisierung). Adsorbierende Polymere hingegen führen zu irreversibler Flockung Die Irreversibilität der Aggregation Zur weiteren Charakterisierung der Aggregate wurde die Reversibilität der Aggregation überprüft. Eine Auflösung von Koagulaten, genannt Peptisation, kann erfolgen wenn sich elektrostatisch stabilisierte Kolloide im Potentialdiagramm (DLVO-Diagramm) in einem sekundären Minimum befinden oder wenn sich das primäre Minimum innerhalb des kleinsten Annäherungsabstandes der Teilchen befindet, dem distance of closest approach, so dass ein Teilchen das tiefliegende Potentialminimum nicht erreichen kann. 146,147 In beiden Fällen müssen die Teilchen eine nur geringe Energiebarriere überwinden um zu redispergieren. Hingegen zeigt eine auf Flockung beruhende Verbrückung von NP irreversiblen Charakter. 47 Flockung aufgrund von Verarmungseffekten ist durch Verdünnung unterhalb der kritische Volumenkonzentration oder durch Scherung reversibel. 148 Die Reversibilität bzw. Irreversibilität der Agglomeration der Silica NP soll anhand des folgenden Versuchs diskutiert werden. Es wurde zunächst ein Konzentrationsverhältnis der NP und der Proteine geschaffen, von dem bekannt ist, dass Silica NP weitestgehend unaggregiert vorliegen. Das System wurde hierauf in einen instabilen Zustand versetzt. Anschließend wurde wieder das Konzentrationsverhältnis der Startbedingungen des Versuches geschaffen. Die genaue Versuchsdurchführung gestaltete sich wie folgt: (A) Die Probe der Konzentration an NP c NP = 1 x c 0 = 6,4 g/l wurde auf bisherige Weise unter physiologischen Bedingungen und in Gegenwart von 5% FCS hergestellt. (B) Die bereits hergestellte Probe A) wurde mit RPMI-Medium1640 mit 5% FCS 1 zu 10 verdünnt (c NP = 0,1 x c 0 = 0,64 g/l). (C) Die NP wurden wieder zu c NP = 1 x c 0 = 6,4 g/l aufkonzentriert, indem zu 99 Teilen der Probe B) 1 Teil NexSil20 mit einer Konzentration c add = 100 x c 0 = 640 g/l zugegeben wurden -103-

116 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien Abbildung 40: Verdünnung und Aufkonzentration von NexSIl20 in RPMI Medium + 5 Vol.-% FCS. Links: AF-FFF Elugramm. Rechts: Ergebnis der Mehrwinkel DLS. Abbildung 40 zeigt die resultierenden AF-FFF Elugramme dieser Proben sowie die dynamischen Lichtstreumessungen. Probe A wurde bereits in Kapitel beschrieben, das Elugramm ist daher identisch und zeigt die Hauptfraktion der freien NP, sowie eine Schulter kleinerer Aggregate. Durch Verdünnung dieser Probe zu c NP = 0,1 x c 0 verschwand die Bande der unaggregierten NP fast vollständig und es bildete sich eine breite Bande ab 400 Sekunden über das komplette Elugramm aus, entsprechend einer breiten Größenverteilung von Aggregaten. Dieses Aggregationsverhalten stimmt mit dem überein, welches bereits bei der Probe, die auf direktem Wege hergestellt wurde, mit c NP = 0,1 x c 0 gefunden wurde. Nachfolgende Zugabe von NexSil20 NP führte zu einer erneuten Ausbildung der Bande unaggregierter NP, zusätzlich blieb die Fraktion der Aggregate allerdings erhalten. Probe C wurde nochmals nach vier Stunden mittels AF-FFF charakterisiert, das Elugramm blieb unverändert. Eine Peptisation konnte folglich nicht beobachtet werden. Im Gegensatz zu den AF-FFF Messungen, erfolgten die dynamischen Lichtstreuversuche vollständig unter physiologischen Bedingungen. Qualitativ zeigten Proben A und B ähnliches Verhalten wie die Proben, die direkt zu den Konzentrationen c NP = 1 x c 0 bzw. 0,1 x c 0 verdünnt wurden, obgleich Probe B hier etwas größere Radien erzielte. Probe C bestätigte die Funde der AF-FFF, die DLS Messung zeigte eine stark ausgeprägte Winkelabhängigkeit, da bei großen Streuwinkel die kleineren Aggregate sowie freie NP stark ins Gewicht fielen. Die auf einen Streuwinkel von Θ = 0 extrapolierten Messwerte erzielten ähnliche <1/z>-Mittelwerte des hydrodynamischen Radius wie Probe B. Die Fraktion der Aggregate blieb nach Verdünnung unterhalb der kritischen Flockungskonzentration unverändert. Die Aggregation von NexSil20 in Gegenwart von Proteinen kann in dem betrachteten Konzentrationsbereich folglich als irreversibel erachtet werden

117 Amorphe Silica Nanopartikel unter physiologischen Bedingungen Vergleich von NexSil8, NexSil20 und NexSil125 unter physiologischen Bedingungen Der Einfluss der Größe auf das Aggregationsverhalten amorpher Silica NP unter biologisch relevanter Umgebung soll im Folgenden gezeigt werden. Hierzu wurden die in Kapitel 5.2 charakterisierten Proben NexSil8, NexSil20 und NexSil125 verwendet. Die Charakterisierung in Gegenwart von RPMI 1640 Medium, in Abwesenheit von Proteinen, wurde bereits diskutiert. Hierbei wurde keine Aggregation innerhalb des betrachteten Zeitfensters gefunden. Der in Gegenwart von FCS-Proteinen untersuchte Konzentrationsbereich der Oberflächen reichte von 0,73 m 2 /ml bis 0,073 m 2 /ml. Dies entsprach den Konzentrationen der Probe NexSil20 von c NP = 1 x c 0 bis c NP = 0,1 x c 0. Unter Berücksichtigung gleicher Oberflächen berechnen sich die Ausgangskonzentrationen der Silica NP aus c 0,NexSil8 = 3,8 g/l, c 0,NexSil20 = 6,4 g/l sowie c 0,NexSil125 = 20,8 g/l. Die Proben wurden auf bereits genannte Weise hergestellt, nämlich durch Mischen eines Teils der Probe mit neun Teilen RPMI 1640 Medium unter 5% FCS Zusatz. Die Charakterisierung erfolgte anhand der Kopplung der AF-FFF an den MALLS Detektor zur online Trägheitsradien-Bestimmung. Zunächst sollen die bereits diskutierten Grenzen dieses Konzentrationsbereiches betrachtet werden. Im Falle der Konzentration A NP = 0,73 m 2 /ml = 1 x A 0 in Gegenwart von 5% FCS eluierten die Proben als enge Größenverteilungen, links in Abbildung 41. Die Probe NexSil8 eluierte bei den kürzesten Elutionszeiten gefolgt von NexSil20. NexSil125 zeigte die höchste Retention, diese Probe besaß jedoch auch die größte Bandenbreite. Dass diese Bandenbreite nicht durch eine breite Größenverteilung der Probe verursacht wurde, zeigte sich in der Auswertung des online- Trägheitsradius. Während die Trägheitsradien der Proben NexSil8 und Nexsil20 mit zunehmender Elutionszeit stetig anwuchsen, bildete die Trägheitsradienkurve der Probe NexSil125 während der eluierenden Bande nahezu ein Plateau aus. Die vorliegende Bandenbreite wurde Diffusion der Probe innerhalb des Trennkanals bedingt, die mit längerer Verweilzeit (Retention) zunimmt. Mit Ausnahme der Schulter der Probe NexSil20 wies an den Elugrammen nichts auf eine Aggregation der Probe hin. Im Falle der Konzentration A NP = 0,1 x A 0 bildeten sich in Anwesenheit von 5% FCS sehr breite Elutionsbanden aus, Abbildung 41, rechts. Bei den Proben NexSil8 und NeSil20 konnten die Banden der primären NP wiedergefunden werden, zusätzlich können Banden späterer Elutionszeit beobachtet werden. Diese entsprechen Aggregaten, die sich über das komplette Elugramm erstreckten. Die Bande der Probe NexSil125 wurde im Vergleich hierzu nur sehr gering verbreitert. Die Trägheitsradienkurve dieser Probe ergab ebenso die kleinsten Werte

118 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien Abbildung 41: AF-FFF Elugramme von NexSil8, NexSil20 und NexSil125 in Gegenwart von Proteinen. Die Proben lagen bei identischer Oberflächenkonzentration vor, der Trägheitsradius wurde online gemessen. Links: Die Oberflächenkonzentration A 0 = 0,73 m 2 /ml entspricht der Konzentration von NexSil20 von c=1*c 0 =6,4 mg/ml. Rechts: Die Oberflächenkonzentration A 0 = 0,073 m 2 /ml entspricht der Konzentration von NexSil20 von c=0,1*c 0 =0,64 mg/ml. Zum Vergleich der Proben wurde der Querfluss als Gradient angelegt und viel innerhalb von 1000 s von 2 ml/min auf 0 ab; Detektorfluss 1 ml/min

119 Amorphe Silica Nanopartikel unter physiologischen Bedingungen Beim Vergleich der Trägheitsradien wurden unterschiedliche Verläufe beobachtet. Die Probe NexSil8 erzielte bei späten Elutionszeiten, ab 800 Sekunden, die größten Trägheitsradien. Der relative Massenanteil an Probe, der dieses Maximum des Trägheitsradius verursacht, muss allerdings als sehr gering erachtet werden, obgleich diese Fraktion im Elugramm stark ausgeprägt vorlag. Der Grund für die dort gemessene hohe Streuintensität wird nicht durch die Konzentration bedingt, sondern durch das, mit solch großen Trägheitsradien einhergehende, hohe Molekulargewicht der eluierenden Aggregate. Die Trägheitsradienkurve der Probe NexSil20 verlief während der Elution der freien, unaggregierten NP auf gleichem Niveau wie die übrigen Proben. Zeitgleich zur Elution der breit größenverteilten Fraktion der Aggregate erfolgte ein steiler Anstieg der Trägheitsradien mit anschließend flacherem Verlauf dieser Kurve im Vergleich zu den übrigen Proben. Dieser flache Verlauf lässt auf eine schlechte Fraktionierung rückschließen bzw. auf eine höhere Bandenverbreitung jeweiliger Trägheitsradien-Fraktionen. Gründe hierfür liegen in der Beschaffenheit von Aggregaten, diese weisen nicht nur eine ausgeprägte Größendispersität auf, sondern auch eine Uneinheitlichkeit der Anisotropie sowie disperse/inhomogene Oberflächeneigenschaften bei Proteinadsorption. Die Unterschiede der Trägheitsradienkurven begründen sich in der Überlagerung der Trägheitsradien einzelner Fraktionen, die in unterschiedlichen Konzentrationsverhältnissen vorlagen. Allen Trägheitsradienkurven gleich war ein Maximum zwischen 900 und 1000 Sekunden. Zudem eluierte keine Bande nach einem Zeitpunkt von 1000 Sekunden. Dies lässt darauf schließen, dass hier ein Inversionspunkt der Trennleistung vorlag, ab dem die Proben der sterischen Elution unterlagen. Dies bedeutet, Fraktionen, die anhand ihres Diffusionskoeffizienten zu späteren Zeitpunkten als 1000 Sekunden eluieren müssten, eluieren aufgrund ihrer Größe vorzeitig. Dies verursacht eine lokale Erhöhung der Trägheitsradienkurve, sowie eine zusätzliche Schulter der Streuintensität kurz vor Ende der Elution, insbesondere bei der Probe NexSil8. Die abgebildeten Verläufe der Trägheitsradienkurven wurden durch Reproduktion bestätigt. Zusätzlich wurden neben den in Abbildung 41 dargestellten Konzentrationsverhältnissen ebenso Oberflächenkonzentrationen von A NP = 0,73 m 2 /ml; = 0,365 m 2 /ml; = 0,146 m 2 /ml; = 0,073 m 2 /ml; = 0,0548 m 2 /ml und = 0,0365 m 2 /ml in 5% FCS eingebracht. Dies entspricht für NexSil20 einem Konzentrationsbereich von c NP = 1 x c 0 bis c NP = 0,05 x c 0. Zum besseren Vergleich des konzentrationsabhängigen Aggregationsverhaltens der Proben wurde von der gemessenen Intensitätsverteilung auf eine Massenverteilung umgerechnet, Gleichung (116). Unter der Annahme, dass es sich bei Silica NP mit Proteinkorona um größeneinheitlichen Vollkugeln handelt, ist das Molekulargewicht proportional zur Agglomerationszahl N. Es folgt für die Konzentration zu jedem Elutionszeitpunkt: -107-

120 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien c I(o ) extrapol. N = I(o ) extrapol. k g,i R g i a d (116) Die Berechnung der Agglomerationszahl N erfolgte anhand der gemessenen Trägheitsradien, auf Grundlage des in Kapitel 4.2 hergeleiteten Modells zum Wachstum von Aggregaten, vgl. Abbildung 25. Für N < 6 wurde das berechnete stufenweise Wachstum von Teilchen-Cluster Aggregaten zugrunde gelegt. Die einzelnen Werte für den fraktalen Vorfaktor k g,i sowie für die Dimension des Wachstumsschrittes dieses Modells sind in Tabelle 27, Seite 167, zusammengefasst. Für N 6 wurde die fraktale Wachstumsfunktion für Cluster-Cluster Aggregate angewandt, Gleichung (104). Die Dicke der Verbrückung wurde auf 3,8 nm abgeschätzt, dies entspricht etwas mehr als der Dicke eines Albumin-Proteins. Grundlage hierfür war die online Trägheitsradienbestimmung der Fraktion NexSil20 plus Proteinkorona, Abbildung 42. Der Trägheitsradius der freien Partikel mit Korona wuchs um 1,3 nm an, dies entspricht nach dem Modell einer Vollkugel einem hydrodynamischen Radius von 1,9 nm. Der Radius der freien Partikel a in Gleichung (116) wird daher auf a = R H,Silica + 1,9 nm abgeschätzt. I (θ) / norm. 0,40 0,35 0,30 0,25 0,20 0,15 I (0) extrapol. I (50 ) I (70 ) I (90 ) I (110 ) I (130 ) R g / nm 0,10 R g = 13,0 nm 15 0,05 10 Maximum bei 340 s 0, t / s Abbildung 42: Ausschnitt des AF-FFF Elugramms von NexSil20 c = 0,1*c 0 in Gegenwart von Proteinen. Im gezeigten Ausschnitt eluieren nicht-aggregierte NP mit Proteinkorona bei t = 340 s gefolgt von größeren Aggregaten ab t > 380 s. NP mit Proteinkorona wiesen 1,3 nm größere Trägheitsradien als unbeladene NP auf. Anhand des Modells einer Vollkugel folgt ein Radienzuwachs von R h, Korona = 1,9 nm. Die Aggregatmasse der Agglomeratgröße N ergibt sich aus der Aufsummierung aller Massen m = c V innerhalb von Volumina mit den Grenzen: V(N 0,5) bis V(N + 0,5). Folgendes Beispiel soll als Verdeutlichung dienen: Die Masse eines Tetramers (N = 4) berechnet sich anhand der Aufsummierung aller Massen innerhalb solcher Elutionsvolumina für die eine Agglomerationsgröße -108-

121 Amorphe Silica Nanopartikel unter physiologischen Bedingungen von N = 3,5 bis N = 4,5 gemessen wurde. Die Berechnung der Massenverteilung erfolgte anhand Gleichung (117). V(N+0,5) 100 m N % = c V c V V(N 0,5) 0 (117) Bei der Berechnung der Massenverteilung wurde die Bandenverbreitung der AF-FFF nicht berücksichtigt, hierdurch unterliegt jede Fraktion einer inhärenten Polydispersität. Die Auswertung der Trägheitsradien jeder Fraktion ist somit ein gemittelter Wert. Die aus Gleichung (117) erhaltene Verteilung unterliegt somit einer Verbreitung. Für die Probe NexSil20 sind die Verteilungen der Aggregatgrößen bei den erwähnten Konzentrationen der Silica NP in Abbildung 43 dargestellt. Abbildung 43: Aggregatgröße von NexSil20 in Gegenwart von Serumproteinen in Abhängigkeit der eingesetzten NP Konzentration. Die Aggregatgrößenverteilungen der Proben NexSil8 und NexSil125 befinden sich im Anhang, Abbildung 54, relevante Größen der Proben wurden in Tabelle 15 zusammengestellt. Die dargestellten Größen sind der relative Massenanteil an nicht aggregiertem Primärteilchen (m% 1 ), der Mittelwert der Aggregatgröße als Gewichtsmittel (<N> w ) entsprechend der Abbildung 43 und der Mittelwert der Aggregatgröße als Zahlenmittel nach Umrechnung n i = m i /M i

122 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien Tabelle 15: Relevante Größen der konzentrationsabhängigen Aggregatgrößenverteilung der Proben NexSil8, NexSil20 und NexSil125. A NP / m 2 /ml m% 1 (Masse Primärteilchen) <N> w <N> n NexSil8 NexSil20 NexSil125 NexSil8 NexSil20 NexSil125 NexSil8 NexSil20 NexSil125 0,6 86,9 87,3 83,3 1,9 1,9 1,2 1,1 1,1 1,2 0,3 90,2 75,6 72,0 2,3 4,0 1,3 1,1 1,2 1,2 0,12 78,3 67,0 55,7 3,8 6,4 1,6 1,2 1,4 1,3 0,06 48,5 31,5 49,9 8,3 33,5 1,7 1,6 2,6 1,4 0,045 57,1 13,5 42,2 8,3 37,8 1,8 1,4 4,9 1,5 0,03 33,8 15,1 35,2 17,6 41,7 1,9 2,1 4,1 1,6 Obwohl zuvor angenommen wurde, dass im Falle der höchsten Konzentration kaum Aggregate vorlagen, konnte quantifiziert werden, dass alle Proben mit 15% ihrer Masse bereits aggregiert waren. Mit abnehmender Partikelkonzentration sank bei allen Proben der relative Massenanteil der freien Primärteilchen weiter ab. Bei der niedrigsten hier gemessenen NP Konzentration lag bei der Probe NexSil20 der größte Massenanteil innerhalb von Aggregaten vor, nur 15% der NP waren nicht aggregiert. Die Proben NexSil8 und NexSil125 wiesen Masseanteile von ca. 35% an Einzelteilchen auf. Die Probe NexSil8 wies ebenfalls kontinuierlich sinkende Werte der relativen Masseanteile freier NP auf, wobei dennoch stark schwankende Werte erhalten wurden. Dies ist durch einen hohen Fehler des Trägheitsradius bezüglich der Primärpartikel von NexSil8 bedingt, da sich die entsprechenden Trägheitsradien an der unteren Auflösungsgrenze der winkelabhängigen Streuintensität befinden. Der Mittelwert der Agglomerationszahl <N> w gibt qualitativen Aufschluss über die Größe der Aggregate. Die betrachteten Proben zeigten ein kontinuierliches Anwachsen der Aggregatgröße mit abnehmender NP Konzentration. Hierbei wies NexSil20 die größten Aggregate auf, gefolgt von NexSil8. Die Probe NexSil125 zeigte prinzipiell den gleichen Trend im Aggregationsverhalten, jedoch wurden sehr viel kleinere Aggregate erhalten, vor allem lagen hier Dimere und Trimere vor. Zusammenfassend wurde ein konzentrationsabhängiges Aggregationsverhalten beobachtet. Eine Erniedrigung der NP Konzentration erzielte bei allen Proben mehr und größere Aggregate. Sowohl die gemittelte Aggregatgröße als auch der aggregierte Masseanteil zeigte die relative Reihenfolge der Proben zueinander: NexSil20 > NexSil8 >> NexSil

123 Amorphe Silica Nanopartikel unter physiologischen Bedingungen Diese Reihenfolge ist unter dem Vorbehalt zu betrachten, dass die relativen Teilchenkonzentrationen der Proben zueinander nicht übereinstimmten. So berechnen sich bei identischen Oberflächen die Teilchenzahlen im Verhältnis N 2 = r 2 1 N 1 r 2 2, da gilt A i = N i 4πr i 2. Die Teilchenkonzentrationen der Proben NexSil8, NexSil20 und NexSil125 liegen daher bei identischer Oberfläche im Verhältnis 33,3 : 14,5 : 1 vor. Dies schlägt sich in der Koagulationskinetik nieder. Für einen direkten Vergleich des Aggregationsverhaltens der drei Proben soll daher im Folgenden die Aggregationskinetik untersucht werden Koagulationskinetik der amorphen Silica NP in Gegenwart von Proteinen Die Koagulationskinetik kann entweder durch Variation der Zeit oder durch Variation der Teilchenzahlen erfasst werden. Da bereits Messungen bei unterschiedlicher NP-Konzentration durchgeführt wurden, lassen sich diese Ergebnisse durch Umrechnung auf Teilchenzahlen direkt zur Untersuchung der Koagulationskinetik verwenden. Die Koagulationskinetik wurde bereits in Kapitel eingeführt, siehe Gleichung (18). Smoluchowski leitete anhand der Koagulationskinetik Ausdrücke für die zeitliche Entwicklung der Teilchenkonzentration im Einheitsvolumen kleiner Koagulate n 1, n 2, n 3, sowie die zeitliche Änderung der Gesamtzahl aller Teilchen n her. 38 n 1 1 = n k n 0 t (118) n 1 = n k n 0 t (119) In den Gleichungen (118) und (119) lassen sich, mit Ausnahme der Geschwindigkeitskonstante k, alle Parameter für die Proben NexSil8, NexSil20 sowie NexSil125 anhand der konzentrationsabhängigen Charakterisierungen der Silica-Agglomerate berechnen, Kapitel 5.3.5: n 0 resultiert aus der ursprünglichen Teilchenanzahl pro ml, welche sich anhand der Größe der NP sowie der bekannten Dichte und der eingesetzten Massenkonzentration bestimmen lässt, vgl. Kapitel t entspricht der Zeit zwischen Mischen der Probe und Messen und wird auf 10 Minuten = 600 s angenähert. Die Anzahl der Primärteilchen n 1, welche nach 600 Sekunden in Lösung verbleiben, wurde bereits indirekt über den Masseanteil der Primärteilchen bestimmt m% 1, siehe Tabelle 15, da gilt n 1 n 0 = m% Es folgt n 1 = m% 1 n Die Summe aller Agglomerate n berechnet sich aus der -111-

124 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien Anzahl der ursprünglichen Teilchenzahl sowie der mittleren (zahlengemittelten) Agglomerationszahl. Vereinfachtes Beispiel: Wenn 500 Teilchen dimerisieren, entstehen 250 Agglomerate; bilden sich im schnitt Pentamere, so liegen nur noch 100 Agglomerate vor. Es gilt: n = 1 n 0 N. N n wurde n ebenfalls konzentrationsabhängig für die Proben NexSil8, NexSil20 sowie NexSil125 im vorherigen Kapitel bestimmt, zusammengefasst in Tabelle 15. Die hieraus berechneten Werte für n 0, n 1 n 0 sowie n n 0 sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt, die absoluten Teilchenzahlen n 0 beziehen sich auf 1 ml. Tabelle 16: Fortschritt der Koagulation anhand relativer Teilchenanzahlen des Einzelteilchens n 1 n 0 sowie der Abnahme der Gesamtteilchenzahl n n 0 von NexSil8, -20 und -125 nach 10 Minuten in Abhängigkeit der ursprünglichen Teilchenzahl n 0 bezogen auf 1mL. n 0 n 1 n 0 n n 0 NexSil8 NexSil20 NexSil125 NexSil8 NexSil20 NexSil125 NexSil8 NexSil20 NexSil125 5,9E+14 2,6E+14 1,8E+13 0,93 0,93 0,91 0,91 0,92 0,85 2,9E+14 1,3E+14 8,8E+12 0,95 0,87 0,85 0,93 0,83 0,85 1,2E+14 5,1E+13 3,5E+12 0,88 0,82 0,75 0,85 0,74 0,76 5,9E+13 2,6E+13 1,8E+12 0,69 0,57 0,71 0,64 0,38 0,72 4,4E+13 1,9E+13 1,3E+12 0,75 0,37 0,65 0,69 0,21 0,67 2,9E+13 1,3E+13 8,8E+11 0,58 0,39 0,59 0,48 0,24 0,63 Auftragungen von 1/ n 1 gegen n n 0 bzw. 1/ n gegen n 0 n 0 sollten gemäß den Gleichungen (118) und 0 (119) lineare Verläufe aufweisen, wobei die Geschwindigkeitskonstante unter Berücksichtigung der Zeit aus der Steigung = t k erhalten wird. Eine Auftragung gemäß Gleichung (119) ist für die Probe NexSil20 in Abbildung 44 dargestellt. Diese zeigt einen typischen Verlauf, wie er ebenso für die übrigen beiden Proben gefunden wurde, siehe Anhang

125 Amorphe Silica Nanopartikel unter physiologischen Bedingungen Abbildung 44: Widerlegung der Koagulationskinetik gemäß Gleichung (119) für die Probe NexSil20. Das hergeleitete Fitmodell beschreibt keinen linearen Verlauf dieser Auftragung. Im Gegensatz zum Koagulationsverhalten gemäß Smoluchowski konnte für keine der Proben ein linearer Verlauf der Messdaten gefunden werden. Dies wird bereits aus Tabelle 16 ersichtlich. Der Fortschritt der Agglomeration lässt sich anhand des Terms 1/ n erfassen. Je größer dieser Wert ist, n 0 desto mehr Teilchen müssen sich innerhalb von Aggregaten aufhalten. Gemäß Gleichung (119) skaliert dieser Wert mit der vorangeschrittenen Zeit t, mit der Geschwindigkeitskonstante k sowie der ursprünglichen Teilchenzahl im Einheitsvolumen n 0. Tabelle 16 zeigt genau entgegengesetztes Verhalten mit Änderung der Teilchenzahl n 0 (sowohl k als auch t werden als konstant betrachtet), wie es anhand der Koagulationskinetik erwartet würde. Eine mögliche Erklärung des beobachteten Agglomerationsverhaltens liegt in einem zeitlich vorher ablaufenden Agglomerationsschritt, der nach 10 Minuten bereits abgeschlossen ist und nicht mehr die nachfolgende Koagulationskinetik prägt. Ein solcher Schritt wäre die verbrückende Flockung der NP mit Proteinen, die mit Geschwindigkeiten nahe der schnellen Koagulation abläuft. 47 Die Geschwindigkeit dieser Flockung unterläge der zeitlichen Abnahme der Oberfläche, die mit verbrückungsfähigen Proteinen belegt ist. Sollten diese Proteine innerhalb des Messfensters von 10 Minuten aufgebraucht sein, kommt die verbrückende Flockung zum Erliegen. Als erste Annäherung soll angenommen werden, dass die verbrückende Flockung beendet und die Anzahl an gebildeten Brücken B innerhalb einer Konzentrationsreihe konstant sind. Durch jede Verbrückung wird die Teilchenzahl herabgesetzt, dargestellt in Abbildung

126 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien Abbildung 45: Schematische Darstellung der veränderten Startbedingungen der Koagulationskinetik nach Smoluchowski. Die Anzahl der anfänglichen Teilchen n 0 wird um die Anzahl der Brücken B verringert. Da mit jeder Brücke die Teilchenanzahl um eins abnimmt, startet die Koagulationskinetik gemäß Gleichung (119) mit n 0 = n 0 B. Es folgt die modifizierte Gleichung: n n 0 B = k (n 0 B) t (120) Wie sich im Nachfolgenden noch herausstellen wird, ist das Produkt k t vernachlässigbar klein. Die Funktion Y = 1/(1 + ax) wird für kleine a zu Y = 1 ax. Es folgt nach Umformung: n = n 0 B k t (n 0 B) 2 (121) Eine Auftragung von n gegen n 0 sollte einen quadratischen Anteil mit dem Vorfaktor der Geschwindigkeitskonstante aufweisen. Tatsächlich zeigen alle Proben einen linearen Verlauf ohne Einfluss von k t. Die entsprechenden Graphiken sind in Abbildung 46 dargestellt

127 Amorphe Silica Nanopartikel unter physiologischen Bedingungen Abbildung 46: Abnahme der Teilchenanzahl durch Aggregation der Proben NexSil8, NexSil20 sowie NexSil125 in Gegenwart von 5% FCS. Die Anzahl der Verbrückungen B werden aus dem Schnittpunkt mit der X-Achse erhalten da hier gilt n 0 = B. Die Ergebnisse sind in Tabelle 17 wiedergegeben. Tabelle 17: Anzahl der Verbrückungen der Proben NexSil8 NexSil20 und NexSil125. Linearer Fit an NexSil8 NexSil20 NexSil125 Abbildung 46 Steigung 0,94 0,96 0,87 y-achsenabschnitt -1,14 E13-1,30 E13-2,73 E11 Verbrückungen (x-achsenabschnitt) 1,22 E13 1,35 E13 3,13 E11 Eine anschauliche Interpretation dieses Fitmodells bedeutet, dass unabhängig von der Konzentration der NP 1, , Verbrückungen aufgebaut werden, noch bevor eine nachweisbare Koagulation aufgrund der verminderten elektrostatischen Stabilisierung stattfindet. NexSil125, das sich im Aggregationsverhalten deutlich abhob, wies hierbei im Vergleich zu den kleineren Proben nur einen Bruchteil der Verbrückungen auf (3, ). Koagulation entsprechend einer Kinetik nach Smoluchowski konnte innerhalb der beobachteten 10 Minuten anhand des fehlenden quadratischen Terms nicht nachgewiesen werden

128 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien Zum Fitmodell nach Gleichung (121) wurde eine Abweichung der Messdaten festgestellt. Es müsste eine Steigung der Fitgerade von 1 vorliegen, die angefitteten Steigungen lagen jedoch bei 0,87 im Falle des NexSil125 und bei 0,96 für NexSil20. Am Beispiel der Probe NexSil125 bedeutet dies, dass alle Werte für n unabhängig von der anfänglichen Teilchenzahl n 0 um 13% zu niedrig sind. Zwei Ursachen können hierfür verantwortlich sein. Zum einen ist es möglich, dass die Probe NexSil125 zu 13% der Gesamtteilchenzahl als Dimer vorliegt. Da dieser Befund unabhängig von n 0 ist, muss dieser Agglomerationsprozess vor dem Experiment eingetreten sein. Folglich wäre die Probe bereits in der Stammlösung gealtert. Eine andere Erklärung resultiert aus der breiten Größendispersität einzelner Teilchen. Sofern Primärteilchen existieren, die größere Trägheitsradien aufweisen als ein Dimer zweier Primärteilchen mittlerer Größe, Fall würden Dimere gemessen obwohl tatsächlich nur große Primärteilchen vorlägen. Von Christoph Bantz wurde die Teilchengröße der Probe NexSil125 anhand einer Auszählung von TEM Abbildungen vermessen. Der 1σ-Bereich dieser Auszählung zeigte eine breite Größenverteilung mit Radien von R TEM = 50,4 nm ± 16,5 nm. Dies entspricht normierten Radien von R TEM a = 1 ± 0,33. Mit dem Modell einer harten Kugel folgt für den normierten Trägheitsradius ein 1σ-Bereich von R g a = 0,775 ± 0,254. Die Folgen dieser breiten Größendispersität auf die Steigung der Auftragung n 0 gegen n soll anhand der folgenden Abschätzung verdeutlicht werden: Zur Berechnung des Masseanteils an aggregierter Probe wurde dem Monomer ein normierter Trägheitsradius von R g a = 0,775 zugeteilt. Partikel mit Trägheitsradien größer als N=1 R g a = 1,03 wurden als Dimere gewertet, vgl. Gleichung (117). Dies bedeutet, ein einzelnes N=1,5 Partikel, welches um mehr als Δ R g a = +0,255 vom Mittelwert der normierten Trägheitsradien abweicht, würde fälschlicherweise als Dimer gewertet. Der Anteil der Primärteilchen, welcher fälschlicherweise als Dimer gewertet wurde, lässt sich unter der Annahme einer Gaußverteilten Größendispersität berechnen. Dieser Anteil entspräche dem einseitigen Flächenanteil der Gaußfunktion der Werte R g a > 1,03. Anhand der TEM-Auszählung wird σ als 0,254 angenommen. Es folgt (122). + 1,03 1 2π 0,254 2 R 2 g 0,775 a exp 2 0,254 2 d R g = 0,16 a (122) Da sich Gleichung (122) nicht auf eine elementare Stammfunktion zurückführen lässt, wurde die Lösung anhand einer Tabelle der Flächeninhalte der Standardnormalverteilung ermittelt. 149 Bei einer gegebener Größenverteilung der Probe NexSil125 werden 16% der Probe scheinbar als Dimere gewertet, ohne dass eine tatsächliche Aggregation vorliegt. Da diese Berechnung auf einer TEM

129 Amorphe Silica Nanopartikel unter physiologischen Bedingungen Auszählung basiert, handelt es sich hierbei um Teilchenzahlen (n% 1 = 84%; n% 2 = 16%). Weiterhin senkt jedes Dimer die Summe aller Teilchen n um eins herab. Hieraus resultiert eine erwartete Steigung der Probe NexSil125 in Abbildung 46: n n 0 = n 0 n% 2 n 0 = 0,84. Die breite Größenverteilung erklärt somit die beobachtete Steigung von 0,87. Eine geringe Abweichung der erwarteten von der beobachteten Steigung liegt in der Genauigkeit der Trägheitsradienmessung, der Genauigkeit der TEM Auszählung sowie der Annahme einer gaußförmigen Größenverteilung. Das angewandte Fitmodell beschreibt folglich die Messdaten sehr gut. Die Linearisierung anhand Gleichung (121) zeigt für alle Proben eine konstante Anzahl an Verbrückungen, unabhängig von der eingesetzten Teilchenzahl. Dies legt nahe, dass die Kinetik für alle Proben bereits nach 600 Sekunden vollständig abgeschlossen ist. Es zeigte sich, dass die Proben NexSil8 und NexSil20 ähnlich viele Proteinbrücken (1, , ) ausbilden. Die Probe NexSil125 wurde mit 3, Brücken wesentlich ineffizienter verbrückt. Die Verbrückungseffizienz soll daher im Folgenden genauer diskutiert werden Modell zur Verbrückungseffizienz Wie bereits im vorherigen Kapitel gezeigt wurde, bilden die Proben NexSil8 und NexSil20 innerhalb des untersuchten Konzentrationsbereichs der NP in Gegenwart von 5 Vol.-% Serumproteinen in RPMI Medium 1, , Verbrückungen aus. Die Probe NexSil125 hebt sich hiervon mit nur 3, Verbrückungen deutlich ab. Die Anzahl der Brücken muss jedoch nicht mit der Anzahl der verbrückenden Proteine übereinstimmen, da eine einzelne Verbrückung aus mehreren Proteinen bestehen kann. Aus diesem Sachverhalt ergibt sich eine mögliche Ursache des unterschiedlichen Agglomerationsverhaltes der Proben NexSil125 im Vergleich zu den beiden kleineren Partikelspezies. Die Größenverhältnisse der Silica NP sind in Abbildung 47 schematisch dargestellt, wobei die Größe der Proteine so angepasst wurde, dass eine Verbrückung von 4 nm entsteht. Anhand der gezeigten Größenverhältnisse wird ersichtlich, dass im Falle der Probe NexSil8 nur ein Protein pro Verbrückung innerhalb des interpartikulären Raums platzfindet, hingegen passen mehrere Proteine zwischen den interpartikulären Raum zweier NexSil125 Teilchen

130 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien Abbildung 47: Vergleich der Größenverhältnisse der Proben NexSil8, NexSil20 sowie NexSil125 bei Verbrückung durch Proteine mit einer Dicke von 4 nm. Die Kollisionsbox zeigt den dichtest möglichen Abstand eines nachfolgenden Agglomerationsschrittes an. Jede Verbrückung führt zu einer sterisch blockierten Oberfläche, auf der keine weiteren Verbrückungen stattfinden können. Als stark vereinfachtes Modell würde die Probe NexSil125 ineffizienter durch Proteine verbrückt werden, da im Vergleich zu den kleineren NP mehrere Proteine an einer einzelnen Verbrückung teilnehmen können. Dies erklärt jedoch nicht die hohe Diskrepanz der Anzahl der Verbrückungen von NexSil125 mit 3, Brücken zu NexSil8 mit 1, Sofern zwei NexSil8 NP tatsächlich durch nur ein Protein verbrückt würden, entspräche dies etwa 40 Proteinen innerhalb einer NexSil125 Verbrückung. Anhand der Darstellung der Größenverhältnisse der NP sowie der Proteine, Abbildung 47, erscheint eine Anzahl von 40 Proteinen pro Brücke als unrealistisch groß. Das Vorhandensein mehrerer Proteine pro Verbrückung reicht daher als alleinige Erklärung der ineffizienteren Verbrückung von NexSil125 nicht aus. Die geringe Verbrückungseffizienz der Probe NexSil125 kann weiterhin durch eine sterisch blockierte Oberfläche in direkter Nachbarschaft zur Brücke bedingt sein. Proteine, die innerhalb des Bogenmaßes von 2 πr (= 60 ) von einer Verbrückung entfernt adsorbiert wurden, können aus sterischen Gründen 6 keine weiteren Verbrückungen eingehen. Für die Proben NexSil8, NexSil20 und NexSil125 entspricht dies Abständen von 10,5 nm, 15,7 nm sowie 62,8 nm, innerhalb derer keine weitere Verbrückung zustande kommen kann. Im Falle des NexSil8 wird dieser Abstand bereits durch zwei benachbarte Albumin Proteine aufgespannt, welche eine Kantenlänge von jeweils 8,4 nm besitzen. 54 Folglich besitzt NexSil8 keine sterisch blockierte Oberfläche, da bereits das der Brücke benachbarte Protein verbrückend wirken kann. Der sterisch blockierte Raum wird durch das verbrückende Protein voll ausgefüllt. Im Falle des NexSil20 wird hierfür ein Protein benötigt, welches eine Oberfläche mit Kantenlänge größer 15,7/2 nm bedeckt. Die Probe NexSil125 hingegen zeichnet sich durch eine große sterisch blockierte Oberfläche aus. Die Größe der sterisch blockierten Oberfläche soll anhand der folgenden Rechnung abgeschätzt werden

131 Amorphe Silica Nanopartikel unter physiologischen Bedingungen Im dreidimensionalen Raum lassen sich um eine Vollkugel maximal 12 weitere Vollkugeln (Satelliten) dichtest gepackt anordnen. Jede der Vollkugeln belegt eine Oberfläche der zentralen Vollkugel von A Kugel 12. Die sterische Blockierung ragt jedoch über A Kugel 12 hinaus, da neben der Fläche direkt unterhalb des Satelliten noch weiterhin die Hälfte der Fläche unterhalb des Nachbarsatelliten nicht verbrücken kann. Vergleiche hierzu Abbildung 47, die sterische Blockierung erfolgt innerhalb eines Winkelmaßes von 120, obwohl A Kugel 12 einem Winkelmaßes von 60 entspricht. Die sterisch blockierte Fläche ist doppelt so groß wie die der einfachen Fläche unterhalb eines Satelliten, diese beträgt somit A blockiert = A Kugel 6 (Grund: Jeder Satellit hat 5 Nachbarsatelliten. Die Fläche unterhalb eines Satelliten entspricht 1 A/12, weiterhin werden 5 mal die Fläche eines Fünftels des Nachbarsatelliten sterisch blockiert, dies entspricht nochmals einer Fläche von 1 A/12). Diese Überlegung der sterischen Blockierung gilt nicht nur für die zentrale Vollkugel, ebenso gilt dies für das verbrückte Nachbarteilchen. Dieses bildet in gleicher Weise eine Proteinkorona aus, welche potentiell verbrücken kann, sofern sich Proteine außerhalb des sterisch blockierten Bereichs befinden. Die blockierte Oberfläche pro Brücke B entspricht somit A blockiert B = A Kugel 3. Tabelle 18: Flächeninhalte der sterisch blockierten Oberfläche in direkter Nachbarschaft zu einer Verbrückung. A Kugel / nm 2 A blockiert B NexSil NexSil NexSil = A Kugel 3 Tabelle 18 gibt den absoluten Oberflächeninhalt zwischen zwei NP an, der pro Verbrückung sterisch blockiert wird. Sämtliche Proteine, die dort adsorbieren, können nicht mehr verbrückend wirken. Sofern die Anzahl der zur Verbrückung befähigten Proteine limitiert ist, senkt eine Adsorption solcher Proteine innerhalb dieses Raums direkt die Anzahl der maximal möglichen Verbrückungen. Im Falle des NexSil125 ist die sterisch blockierte Oberfläche um einen Faktor 33 größer als bei der Probe NexSil8. NexSil8 und NexSil20 weisen eine ähnliche Anzahl an Verbrückungen auf. Dies legt nahe, dass die Anzahl der Proteine pro Brücke sowie die Anzahl der sterisch blockierten Proteine identisch sind. Im einfachsten Falle handelt es sich hierbei um ein einziges Protein, welches sowohl verbrückt als auch -119-

132 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien den sterisch blockierten Raum vollständig ausfüllt. Für ein Protein im Größenbereich eines Albumins ist dies für NexSil20 nicht möglich. Proteomanalysen der Proteinkorona auf Silica NP zeigen allerdings, dass sich besonders Serumproteine größer 250 kda in der Korona anreichern, 61 welche den Raum der sterischen Blockierung ausfüllen können. Ebenfalls weisen überhaupt erst große Makromoleküle die Eigenschaft auf, zwei Teilchen zu verbrücken, da sowohl eine Mindestdistanz der gegenseitigen elektrostatischen Repulsion überbrückt werden muss, als auch mehrere Bindungsstellen zu einer festen Verbrückung ausgebildet werden müssen. 47 Sofern sich NexSil8 NP tatsächlich durch ein einziges Protein verbrücken lassen resultiert für NexSil125 eine sterische Blockierung der 33- fachen Fläche, annähernd der Oberfläche für 33 Protein identischer Größe, welche zur weiteren Verbrückung inaktiviert werden. Dies bedingt direkt die beobachtete geringe Effizienz der Verbrückung der Probe NexSil Zusammenfassung und Diskussion Im Hinblick auf Zellversuche wurden amorphe Silica NP mit hydrodynamischen Radien von 10,1 nm, 15,1 nm und 58,6 nm im Zellmedium RPMI 1640 zur Erfassung des Agglomerationsverhaltens größencharakterisiert. Innerhalb des untersuchten Zeitfensters von 10 Minuten konnte trotz der Verminderung der elektrostatischen Stabilisierung keine Agglomeration beobachtet werden. Der Grund liegt in der ungewöhnlich hohen Stabilität amorpher Silica NP, welche durch eine die NP umschließende Gel-Schicht vermittelt wird. 136 In Gegenwart von Serumproteinen erfolgte Agglomeration der Silica NP. Die Charakterisierung erfolgte unter Bedingungen analog zu Zellversuchen. Hierfür wurden die Proben zu RPMI 1640 Zellmedium gegeben, dem 5 Vol.-% FCS zugesetzt wurden (dies entspricht einer Proteinkonzentration von 2,5 g/l). Das Agglomerationsverhalten wurde zunächst qualitativ erfasst. Es wurde i) eine Konzentrationsabhängigkeit der NP auf die Größe der Aggregate beobachtet, ii) anhand des Zetapotentials der Agglomerate festgestellt, dass die Koagulation nicht durch Ladungsneutralisation verursacht wurde. Weiterhin konnte iii) Agglomeration auf hoch affin bindende Proteine zurückgeführt werden, da eine Agglomeration ausblieb sofern solche Proteine zuvor entfernt wurden. Agglomeration erfolgte iv) irreversibel und v) schnell. Diese phänomenologischen Beobachtungen decken sich mit Ergebnissen zur Flockung von kolloidalen Dispersionen mit Polymeren. 25 Mechanistisch handelt es sich hierbei um eine Verbrückung von NP mit Makromolekülen. Diese Beobachtungen sollen im daher Folgenden gesondert diskutiert und mechanistisch auf Koagulation, aufgrund verringerter elektrostatischer Stabilisierung, bzw. auf eine verbrückende Flockung bezogen werden

133 Amorphe Silica Nanopartikel unter physiologischen Bedingungen i) Die Konzentrationsabhängigkeit der NP auf das Agglomerationsverhalten Der Einfluss der NP Konzentration auf das Agglomerationsverhalten ist nichts Ungewöhnliches. Die Koagulationskinetik nach Smoluchowski 38 wird direkt durch die Teilchenzahl bestimmt, siehe Gleichung (18). Entgegen der Erwartung lagen Silica NP in Gegenwart von Serumproteinen jedoch bei geringer Teilchenkonzentration stärker aggregiert vor als bei hoher Konzentration. Mit der Koagulationskinetik nach Smoluchowski ist dies nicht in Einklang zu bringen. Dieses Phänomen lässt sich anhand eines verbrückenden Mechanismus leicht erklären, da nach einem vereinfachten Modell die Verbrückung eine Funktion der Oberflächenbelegung ist. Nach Smellie und LaMer ist die Wahrscheinlichkeit zur Brückenbildung proportional zum Belegungsgrad Θ sowie zum Belegungsgrad der unbelegten Oberfläche (1 Θ) mit einem Maximum bei Θ = 0,5. 48 Bei einer Oberflächenbelegung kleiner 50% an hart bindenden und verbrückungsfähigen Proteinen würde nach diesem Modell, in Übereinstimmung mit den hier vorliegenden experimentellen Beobachtungen, die Probe mit abnehmender Teilchenzahl stärker agglomerieren. ii) Keine vollständige Ladungsneutralisation Eine vollständige Ladungskompensation einer kolloidalen Oberfläche ist mit Polyelektrolyten in der Praxis nur schwer umsetzbar, da das Ladungsmuster der kolloidalen Oberfläche und des Makromoleküls übereinstimmen müssen. 43 Ebenfalls wurden in der vorliegenden Arbeit Zetapotentiale der Proteinbeladenen NP von etwa -10 mv gemessen. Die Oberflächenladung wurde erwartungsgemäß nicht komplett neutralisiert, jedoch ist zu erwarten, dass die Probe längerfristig koagulieren wird. Dieser Prozess wurde in den folgenden 48 Stunden beobachtet. Eine detaillierte Untersuchung war Bestandteil der Dissertation von Christoph Bantz. 134 iii) Die Agglomeration wurde durch die harte Proteinkorona vermittelt Zunächst erscheint es kurios, dass nach Entfernung affin bindender Proteine, welche etwa 2% der Gesamtmasse der Proteine in Lösung entspricht, eine Agglomeration von Silica NP ausbleibt. Nach der DLVO Theorie ist es nicht direkt ersichtlich, dass die kolloidale Stabilität proteinbeladener NP von der Bindungsaffinität der Proteinkorona zur Silica Oberfläche beeinflusst wird. Ein möglicher Zusammenhang ergibt sich aus der Nettoladung verbrückender Proteine. Sofern diese aufgrund positiver Ladungen verbrückend wirken, bedingen diese sowohl hohe Bindungsaffinität zur negativ geladenen kolloidalen Oberfläche als auch gleichzeitig ein Herabsenken der elektrostatischen Stabilisierung. Im Falle der verbrückenden Agglomeration resultiert der Zusammenhang zwischen Bindungsaffinität und Verbrückungsfähigkeit der Proteine direkt anhand des zugrundeliegenden Mechanismus. Proteine müssen an zwei Oberflächen hart binden um zu verbrücken. Eine Proteinanalyse der verbrückenden Proteine ist in Planung und wird für ein weiterführendes Verständnis des Agglomerationsprozesses sehr aufschlussreich sein

134 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien iv) Die Irreversibilität der Agglomeration Eine Irreversibilität der Agglomeration kann sowohl für verbrückende Agglomeration als auch für Koagulation durch eine verminderte elektrostatische Stabilisierung beobachtet werden. Ein wesentlicher Unterschied beider Mechanismen ist die Folge der Irreversibilität auf die Reproduzierbarkeit der Messdaten. Da der verbrückende Mechanismus sehr schnell abläuft (Koagulationszeiten sind nur wenig länger als eine barrierefreie Koagulation 47 ) und die Aggregation vom Mischungsverhältnis des Kolloids zum Makromolekül abhängt, erfolgt eine empfindliche Abhängigkeit der Agglomeration von den Arbeitsbedingungen, wie der Art der Polymerzugabe, des Mischvorgangs, des Schüttelns oder des Rührens. 49 Eine solche Abhängigkeit konnte anhand einer mehrstufigen Zugabe von Silica NP zu Serumproteinen ebenfalls nachgewiesen werden. Hierbei entstanden Aggregate mit gemittelten hydrodynamischen Radien von 250 nm in Gegenwart eines Großteils nicht aggregierter NP, vgl. Abbildung 40. v) Die hohen Geschwindigkeitsraten der Verbrückung Die kolloidale Stabilität ist kinetischer Natur, sodass die Höhe der kinetischen Barriere V max die Geschwindigkeitsrate der kontinuierlich ablaufenden Koagulation bestimmt. Es konnte gezeigt werden, dass die Proteinkorona-vermittelte elektrostatische Stabilisierung im Vergleich zu den ursprünglichen amorphen Silica NP verringert ist. Die kontinuierlich ablaufende Koagulation wurde von Christoph Bantz innerhalb von 48 Stunden beobachtet. 134 Eine kontinuierlich ablaufende Koagulation konnte in den ersten 10 Minuten jedoch nicht nachgewiesen werden, vgl. Abbildung 44. Die Probe trübte sich innerhalb weniger Sekunden und blieb die restlichen 10 Minuten unverändert. Von der verbrückenden Flockung ist bekannt, dass Teilchen mit Geschwindigkeitsraten nahe der barrierefreien Koagulation verbrücken. 47 Der Zeitrahmen von 10 Minuten war daher zu lang, um die Geschwindigkeitskonstante der Verbrückung von Silica NP mit Proteinen zu bestimmen, dennoch konnte anhand eines kinetischen Modells gezeigt werden, dass der Prozess der Verbrückung für alle Proben unabhängig der Teilchenzahl n 0 nach 10 Minuten vollständig abgeschlossen war. Dies führt zu der Schlussfolgerung, dass der Agglomeration der Silica NP in Gegenwart von Proteinen ein zweistufiger Prozess zugrunde liegt. Dies sind eine verbrückende Flockung mit kurzen Koagulationszeiten innerhalb von wenigen Sekunden sowie eine nachfolgende Koagulation aufgrund der verringerten elektrostatischen Stabilisierung, welche sich während eines Zeitrahmens von 48 Stunden nachweisen lässt. Die quantitative Erfassung des Agglomerationszustandes gelang durch die Kopplung der AF-FFF an eine online MALLS Detektion. Es wurden an den fraktionierten Proben online Trägheitsradien erfasst und anhand eines eigens hergeleiteten Modells zum Wachstum von DLA Teilchen-Cluster Aggregaten bis N < 5 sowie von Cluster-Cluster Aggregates für N 6 die Häufigkeitsverteilungen der -122-

135 Amorphe Silica Nanopartikel unter physiologischen Bedingungen Agglomerationszahlen berechnet. Hierbei konnte der Fortschritt der Koagulation nicht mit dem Modell der Koagulationskinetik nach Smoluchowski in Einklang gebracht werden. Die Messdaten ließen sich jedoch durch eine Modifizierung dieses kinetischen Modells beschreiben, welche einen vorgeschalteten, bereits abgeschlossenen Prozess der Verbrückung berücksichtigt. Es konnte in Gegenwart einer konstanten Menge an Serumproteinen eine konstante Anzahl an gebildeten Brücken gemessen werden, unabhängig von der Gesamtzahl der vorliegenden Teilchen. Die untersuchten Teilchenkonzentrationen erfassten hierbei einen Bereich von 2,9* ,9*10 14 Teilchen von NexSil8, 1,3* ,6*10 14 Teilchen von NexSil20 sowie 8,8* ,8*10 13 Teilchen pro Milliliter für die Probe NexSil125. Die Proben NexSil8 und NexSil20 bildeten mit 1, bzw. 1, Brücken pro Milliliter ähnlich viele Verbrückungen aus. Die Probe NexSil125 hob sich hiervon mit 3, Verbrückungen pro Milliliter deutlich ab. Die Ursache liegt in der relativen Größe der NP im Vergleich zu den adsorbierten Proteinen. Obwohl alle Experimente, welche die Proben NexSil8, NexSil20 sowie NexSil125 vergleichen, unter identischen Oberflächenkonzentrationen durchgeführt wurden, erzeugt eine einzelne Verbrückung der Probe NexSil125 eine benachbarte Fläche von nm 2, welche zur weiteren Verbrückung sterisch unzugänglich ist. Proteine die innerhalb dieser Fläche adsorbieren sind nicht verbrückungsfähig. Dies senkt direkt die Verbrückungseffizienz der Probe NexSil125. Für die Proben NexSil8 sowie NexSil20 wurde anhand der relativen Größen begründet, dass zwei benachbarte Proteine diesen Bereich der sterischen Blockierung überspannen können. Das der Brücke benachbarte Protein ist bereits zur weiteren Verbrückung befähigt. Hierdurch entfällt die sterische Blockierung der auf der Oberfläche adsorbierten Proteinen. Weiterhin wird für die Proben NexSil8 sowie NexSil20 aufgrund der relativen Größenverhältnisse zu Proteinen gewährleistet, dass nur ein Protein an einer Verbrückung teilnehmen kann. Dies führt zu einer hohen Verbrückungseffizienz dieser beiden Proben im Vergleich zur Probe NexSil

136 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien 5.4 Multifunktionelle Poly(organosiloxan) Nanopartikel Poly(organosiloxan) Nanopartikel (POS) weisen bezüglich ihrer Architektur sowie ihrer Funktionalisierungsmöglichkeiten eine hohe Diversität auf. 150,151,152,153 Dies erlaubt, im Gegensatz zu kommerziell erhältlichen Produkten, eine für biologische oder medizinische Fragestellungen maßgeschneiderte Architektur. 154,23,155 Die in dieser Arbeit verwendeten Poly(organosiloxan) Nanopartikel wurden von Frau Olga Koshkina im Zuge ihrer Dissertation synthetisiert. 156 Diese Poly(organosiloxan) NP besitzen einen Kern-Schale Aufbau mit chromophoren Gruppen im Kern, eine carboxylierte bzw. PEGylierte Oberfläche zur sterischen Stabilisierung sowie für biokompatible Eigenschaften. Diese Partikel werden daher als multifunktionelle Poly(organosiloxan) Nanopartikel bezeichnet. Die Synthese derartiger Nanopartikel beruht auf dem Sol-Gel Prozess, welches die Hydrolyse und Kondensation von alkoxysubstituierten Silanen in wässrigen Dispersionen bezeichnet. Hierzu wurde Diethoxydimethylsilan (D) zum Kettenwachstum, Triethoxymethylsilan (T) zum Quervernetzen und Ethoxytrimethylsilan (M) zum Kettenabbruch genutzt. Die verwendeten Monomere sind in Abbildung 48 dargestellt. Zusätzlich wurden chromophore Gruppen wie Chlormethylphenyl- bzw. Rhodamin-B markierte Trimethoxysilane, eingesetzt. Die Kondensationsreaktion erfolgte sauer katalysiert in Gegenwart von Dodecylbenzolsulfonsäure als Tensid. In einem zweiten Schritt wurde um diesen Kern eine Schale in gleicher Weise synthetisiert. Diese wird aus dem di- und trifunktionellen Monomer unter Zusatz von Trimethoxysilylpropyl-Succinsäureanhydrid dargestellt. Hierbei dient das Succinsäureanhydrid zur Oberflächenfunktionalisierung mit Carboxylgruppen. Die Kondensationsreaktion der Kettenenden wurde mittels Ethoxytrimethylsilan (M) abgebrochen, dieser Schritt wird als endcapping bezeichnet. Es resultierten Carboxyfunktionalisierte Poly(organosiloxan) NP, die im Folgenden mit der Abkürzung TPSA3 benannt werden

137 Multifunktionelle Poly(organosiloxan) Nanopartikel Abbildung 48: Schematischer Syntheseweg zur Darstellung carboxylierter und PEGylierter Poly(organosiloxan) NP. In einer anschließenden Synthese wurde die Oberfläche PEGyliert. Hierzu wurden die Carboxygruppen an der Oberfläche der NP mit N-Hydroxysuccinimid zum Reaktivester umgesetzt. Die Kopplung von aminofunktionalisiertem PEG-2000 erfolgte durch Dicyclohexylcarbodiimid (DCC). Diese Probe wird im Folgenden als NHS06 bezeichnet. 100nm Abbildung 49: Links: TEM Abbildung von Poly(organosiloxan) NP, TPSA3. Rechts: Ausgezählte Radienverteilung der TEM-Messung aus 85 Messwerten. Die Größencharakterisierung der Proben erfolgte zunächst anhand von TEM Aufnahmen, die von Olga Koshkina durchgeführt wurden. Abbildung 49 zeigt eine solche TEM Aufnahme der Probe TPSA3 sowie eine Größenauszählung über 85 Messwerte. Die Größenauszählung bezog sich auf die Größe der Primärteilchen, wenn auch die TEM Abbildung den Eindruck vermittelt, die Probe läge größtenteils agglomeriert vor. Bei der beobachteten Aggregation handelt es sich um ein Messartefakt und wird von der Probenpräparation hervorgerufen. Hierbei wird die Probe getrocknet, welches zur -125-

138 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien Aggregation führt. Tatsächlich kann eine geringfügige Aggregation der Probe nicht ausgeschlossen werden, dies wird jedoch anhand von DLS Messungen zu einem späteren Zeitpunkt diskutiert. Die Auszählung der Partikelgrößen ergab einen Zahlenmittelwert des Radius von 10 nm, allerdings wurde eine Größenverteilung von 5 14 nm gefunden. Zum Vergleich dieses Ergebnisses mit Messungen der Lichtstreuung wurden anhand dieser 2 Auszählung relevante Mittelwerte (< R TEM > n, < R TEM > 1/z, < R g,tem > z ) von Radien berechnet, welche in Kapitel eingeführt wurden. Eine Berechnung des gemittelten Molekulargewichtes erfolgte nach Gleichung (138), unter der Annahme einer Trockendichte von 1,23 solcher Poly(organosiloxan) NP. 157 Zur Berechnung der Trägheitsradien wurde das ρ-verhältnis einer harten Kugel zugrunde gelegt. Die Ergebnisse wurden in Tabelle 19 zusammengefasst. Auf eine entsprechende Auswertung der Probe NHS06 wurde verzichtet, da die PEGylierung aufgrund des geringen Kontrastes im TEM nicht nachweisbar war. Tabelle 19: Mittelwerte der Radienverteilung der Probe TPSA3. Probe Größen Berechnete Werte anhand der Größenauszählung < R TEM > n 9,9 nm < R TEM > 1/z 11,5 nm TPSA3 2 < R g,tem > z 9,2 nm ρ Verhältnis 0,8 < M > n 3,4x10 6 g/mol < M > w 4,4 x10 6 g/mol PDI 1,3 Zur Charakterisierung der Proben mittels Lichtstreuung wurden sowohl statische als auch dynamische Lichtstreumessungen durchgeführt. Für die Werte des Brechungsindex Inkrements wurden Literaturwerte verwendet. 158 Diese betrugen für die Probe TPSA3 dn dc Silox = 0,107 ml/g,157 für die Probe NHS06 wurde ein gemitteltes Brechungsindexinkrement bestehend aus den Werten von PEG dn = 0,135 ml/g und Poly(organosiloxan) dn angenommen. Die Berechnung des dc PEG dc Silox gemittelten Brechungsindexinkrements erfolgte anhand Gleichung (123). Da der Massenanteil an PEG innerhalb der Probe NHS06 unbekannt war wurde Gleichung (124) zur Hilfe genommen. Diese entspricht der Zimm-Gleichung bei der das Brechnungsindexinkrement aus dem Kontrastfaktor isoliert wurde. Die Molmasse des Poly(organosiloxan) NP M Silox entspricht dem Molekulargewicht der Probe TPSA3, es resultierten zwei Gleichungen mit zwei Unbekannten. Die Ergebnisse sind in Tabelle 20 zusammengestellt

139 Multifunktionelle Poly(organosiloxan) Nanopartikel dn dn dc = dc PEG (M w M Silox ) + dn dc Silox M Silox M w (123) K dn dc 2 c R = 1 M w (124) Die Zusammensetzung der Probe NHS06 ergab das Verhältnis von M Silox+PEG = 1,85, die Probe M Silox besteht somit zu 54% aus Poly(organosiloxan) und zu 46% aus PEG Das gemittelte Brechungsindexinkrement ergab einen Wert von 0,120 ml/g. Die Messgrößen, die aus der SLS und DLS resultierten, sind in Tabelle 20 dargestellt. Der Zuwachs des Molekulargewichts durch die PEGylierung betrug 3, g/mol. Dies entspricht 1800 PEG Polymeren pro Partikel. Legt man einen hydrodynamischen Radius von 15 nm zugrunde, entspricht dies einer Oberflächendichte von 0,6 PEG Molekülen pro nm 2. Anhand der Mark-Houwink Beziehung wurde mittels GPC Messungen für PEG ein Durchmesser von d = 0,0382 M 0,6 nm/(g/mol) 0,6 bestimmt. 159 Dies entspricht für PEG-2000 einem Durchmesser von 3,7 nm, wobei sich ein PEG Knäuel stark verformen würde, um eine solche dichte PEGylierungsschicht zu erreichen. Berechnungsfehler entstanden hier durch das Vorliegen einer Größenverteilung. Unter Vernachlässigung einer Größendispersität berechnete sich die Oberflächenbelegung als: Θ M coating w R 2. Die korrekte Formel müsste lauten: Θ M coating n R 2. Für Mittelwerte gilt: R 2 < R 2 sowie M n < M w. Die berechnete Oberflächenbelegung ist somit ohne Berücksichtogung der Größendispersität tendenziell zu groß. Die Probe NHS06 zeigte aufgrund der PEGylierung einen Zuwachs des hydrodynamischen Radius von 5 nm im Vergleich zu der Probe TPSA3. Der Durchmesser eines freien PEG-2000 Knäuels wurde mittels Mark-Houwink Beziehung auf 3,7 nm abgeschätzt. Die beobachtete Radienzunahme bei der DLS-Messung wird daher als geringfügig zu groß erachtet. Diese Diskrepanz von 1,3 nm kann durch die eingeschränkte Beweglichkeit der Polymerkette bei Ankopplung des Knäuels an eine Oberfläche bedingt sein. Zusätzlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Probe NHS06 partielle aggregiert vorliegt. Es wurde ein ρ-verhältnis von 0,9 berechnet. Für kugelförmige Teilchen würde ein ρ- Verhältnis von 0,78 erwartet werden. Dieser zu hohe Wert wird durch die Polydispersität der Probe verursacht, welche bereits bei der Probe TPSA3 beobachtet wurde

140 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien Tabelle 20: Messgrößen aus Lichtstreuversuchen der Proben TPSA3 und NHS06. Probe Größe aus LS Messwerte < R h > 1/z 15,0 nm µ 2 0,13 TPSA3 < M > w 4,23 x10 6 g/mol < R 2 g > z 10,3 nm (±3,5 nm) NHS06 ρ Verhältnis 0,7 (0,5-0,9) < R h > 1/z 20,0 µ 2 0,06 < M > w 7,82 x10 6 g/mol < R 2 g > z 18,3nm ρ Verhältnis 0,9 Mittels DLS der Probe TPSA3 wurden größere hydrodynamische Radien gemessen als sie in der Radienauszählungen der TEM Abbildungen bestimmt wurden. Dieser Unterschied ist auf die Genauigkeit der TEM Auszählung zurückführen: Diese wird sowohl durch statistische Fehler beeinflusst, da 85 Messwerte innerhalb nur einer TEM Abbildung lediglich stichprobenhaft eine Größenverteilung wiedergeben, als auch durch systematische Fehler, wie unscharfe Kontrastgrenzen, eine Größenseparation der NP entlang des TEM-Grids oder Trends in der Wahrscheinlichkeit, mit der bestimmte Größen von der auszählenden Person erfasst werden. Die µ 2 -Werte von 0,13 lassen auf eine breite Größenverteilung der Probe schließen, ebenso kann dies durch geringfügige Aggregation bedingt sein. Diese würde die Ergebnisse der Lichtstreuung zu größeren Mittelwerten verschieben. Der Trägheitsradius hingegen ergab Werte nahe der Auflösungsgrenze mit 10,3 nm. Dieser Wert ist allerdings stark fehlerbehaftet, die Trägheitsradien der Verdünnungsreihe der SLS schwankten zwischen 7-14 nm. Eine sinnvolle Berechnung des ρ- Verhältnisses gelang nicht, die Werte schwankten zwischen 0,5-0,9 nm. Die Proben TPSA3 und NHS06 wurden weiterhin mittels AF-FFF untersucht, siehe Abbildung 50. Am Bandenmaximum wurden entsprechend der Kalibrierung Radien von 13,9 nm für TPSA3 und 23,9 nm für NHS06 gefunden. Es konnte eine starke Bandenasymmetrie beobachtet werden, welche durch Partikel-Membran-Wechselwirkungen verursacht wird. 160,103,106 Diese Wechselwirkungen beeinflussen die Retention maßgeblich, auf Grundlage der Kalibrierung werden hierdurch fehlerhafte Werte ermittelt. Die oben erwähnten Größen von 13,9 nm und 23,9 nm konnten somit durch AF-FFF nicht zuverlässig bestimmt werden. Dennoch erlaubt das AF-FFF Elugramm Aussagen über die Größenverteilung zu treffen. Es wurde jeweils nur eine Bande gefunden, entsprechend einer einzigen Größenverteilung. Ebenso konnte mit dieser Methode keine Aggregation der Probe beobachtet -128-

141 Multifunktionelle Poly(organosiloxan) Nanopartikel werden, zum Vergleich hierzu siehe Abbildung 35. Eine ausführlichere Diskussion der Ergebnisse zur AF-FFF erfolgt in Kapitel Poly(organosiloxan) Nanopartikel unter physiologischen Bedingungen Die Charakterisierung der Proben TPSA3 und NHS06 in Gegenwart von Proteinen führte zu besonderen Herausforderungen. Die Charakterisierung mittels DLS war nicht möglich, da die hydrodynamischen Radien der Proben zu dicht an der Größenverteilung der Proteine des FCS lagen. Folglich konnten Einzelkomponenten nicht mittels Multikomponentenanalyse voneinander separiert werden, vgl. Kapitel Vorversuche zur Fraktionierung der Proben in Gegenwart von FCS mittels AF-FFF ergaben eine verzögerte Retention. Im Gegensatz zu dem Verhalten amorpher Silica NP in Gegenwart von Proteinen zeigten die Proben TPSA3 und NHS06, unabhängig der eingesetzten Konzentration der NP, keine Aggregation. Zur Größencharakterisierung der sich ausbildenden Proteinkorona soll in diesem Kapitel ein neuartiger Ansatz gewählt werden. Hierzu wurde neben der AF-FFF die statische Lichtstreuung herangezogen Größencharakterisierung der Proteinkorona mittels Fluss-Feld Fluss Fraktionierung Für die AF-FFF Messungen wurden ohne zusätzliche Verdünnung oder Aufkonzentration jeweils ein Teil der Probe-Stammlösung zu neun Teilen RPMI 1640 Medium zugegeben. Die Konzentrationen der Stammlösungen betrugen 9,4 mg/ml für TPSA3 sowie 1,4 mg/ml für NHS06. Anhand der mittels Lichtstreuung bestimmten Größen konnten die Oberflächenkonzentrationen nach Verdünnung berechnet werden. Diese betrugen in RPMI Medium 0,16 m 2 /ml für TPSA3 sowie 0,018 m 2 /ml für die Probe NHS06. Die Oberflächenkonzentrationen beider Proben waren somit zwar nicht identisch, lagen jedoch innerhalb eines ähnlichen Messbereichs, welcher ebenfalls für die amorphen Silica NP Anwendung fand. Die Elugramme, dargestellt in Abbildung 50, zeigen für beide Proben eine monomodale Größenverteilung, jedoch wurde vor allem bei der Probe TPSA3 eine starke Bandenasymmetrie beobachtet. Die Bande steigt innerhalb von 30 Sekunden bis zu ihrem Maximum steil an und fällt über 100 Sekunden wieder auf das Grundniveau ab. Diese Bandenasymmetrie wird durch Teilchen- Membran Wechselwirkungen hervorgerufen und führt typischerweise zu einem beladungsabhängigen Retentionsverhalten. 104 Die auf Grundlage der Kalibrierung erhaltenen Radien stimmen für TPSA3 mit 13,9 nm annähernd mit der DLS Messung mit 15,0 nm überein, siehe Tabelle 20. Abweichungen ergeben sich durch die FFF als Relativmethode sowie durch den reziproken z-mittelwert des -129-

142 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien hydrodynamischen Radius der DLS. Die Probe NHS06 zeigte ein schlechtes Signal/Rausch- Verhältnis, einerseits durch die niedrigere Konzentration, andererseits durch weniger Farbstoff pro Masse. Die mittels AF-FFF berechneten Radien der Probe NHS06 lagen mit 23,9 nm im Vergleich zu den DLS Messungen mit 20 nm, unerwartet hoch. Die Ursache liegt in der Oberflächenmodifizierung mit PEG. Hierdurch befinden sich die Ladungen der Carboxylfunktionalisierung des ursprünglichen TPSA3s nicht mehr an der Oberfläche und das elektrostatische Potential wird, als Funktion des Abstandes zur Oberfläche, geschwächt. Wie bereits in Kapitel beschrieben, führt dies zu einer verzögerten Elution und entsprechend der Kalibrierung zu einem apparenten Größenzuwachs. Ebenso wurden TPSA3- und NHS06-NP in Gegenwart von Proteinen charakterisiert. Hierzu wurden diese Proben in Zellmedium RPMI 1640 unter Zusatz von 5 Vol.-% FCS in gleicher Weise zum vorherigen Versuch 1/10 verdünnt. Die Elugramme zeigten einen ausgeprägten Voidpeak, aufgrund von Proteinen, die zu klein waren um eine Retention zu erfahren. Die daran anschließende Elutionsbande wies bei beiden Proben eine verzögerte Retention auf und entsprach einem Radienzuwachs von 1,8 nm für TPSA3 und 0,6 nm für NHS06. Es liegt die Vermutung nahe, dass dieser Größenzuwachs der Dicke der Proteinkorona entspricht, was allerdings nicht notwendiger Weise der Fall sein muss. Durch Absorption von Proteinen werden neben der gemessenen Größe der NP ebenso die Teilchen-Teilchen- und Teilchen-Membran-Wechselwirkungen verändert und somit das Retentionsverhalten beeinflusst. Bei beiden Proben liegt jedoch der Verschiebung der Banden eine Proteinadsorption zugrunde. Die genaue Bestimmung der Dicke dieser Korona wird im folgenden Kapitel nochmals aufgegriffen

143 Multifunktionelle Poly(organosiloxan) Nanopartikel Abbildung 50: AF-FFF von TPSA3 und NHS06 in Gegenwart von RPMI 1640 und RPMI %FCS. Eine alternative Größenbestimmung der NP mittels AF-FFF basierte auf der Schwerpunktsberechnung der Elutionsbande. Der Schwerpunkt ist gemäß Gleichung (125) definiert. Hierbei bezeichnet R i den Radius, welcher mittels Kalibrierung ermittelt wurde, abs i entspricht der gemessenen Absorption der Fraktion i. < R > = R iabs. i abs. i (125) Die Absorption ist proportional zur Massekonzentration der jeweiligen Fraktion abs. i m i, sofern die detektierte Absorption nicht durch Lichtstreuung überlagert wird. Das Volumen jeder Fraktion ist konstant. Anhand Gleichung (126) wird ersichtlich, dass es sich bei dem Schwerpunkt der Elutionsbande um einen Gewichtsmittelwert des Radius handelt. < R > = R im i m i = R in i M i N i M i = < R > w (126) -131-

144 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien Es ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Elutionsbande nicht um tatsächliche Größenverteilungen handelt, sondern dass die Elutionsbande einer Bandenverbreitung unterliegt. Diese wird sowohl inhärent durch das Fraktionierungsprinzip als auch durch Wechselwirkungen bedingt. Bei achsensymmetrischer Bandenverbreiterung um den Schwerpunkt bleibt dieser unverändert. Der anhand des Schwerpunktes berechnete Größenzuwachs bei Proteinadsorption betrug für die Probe TPSA3 3,7 nm und für die Probe NHS06 0,9 nm. Somit sind diese Werte größer als die am Bandenmaximum errechnete Radienzunahme. Mögliche Erklärungen sind die Erhöhung der Bandenasymmetrie durch veränderte Wechselwirkungen sowie eine breitere Größenverteilung bei Proteinadsorption. Die Ergebnisse sind in Tabelle 26, Seite 143, zusammengefasst. Im Folgenden soll die Größencharakterisierung der Proteinkorona mittels AF-FFF Messungen als Vergleich zu den Ergebnissen der SLS-Messungen dienen. Weiterhin soll die qualitative Beobachtung festgehalten werden, dass sich die Elutionsbanden durch Proteinadsorption nur verschieben, sich jedoch keine neuen Elutionsbanden ausbilden. Letzteres würde auf die Anwesenheit von NP-NP- Aggregaten hindeuten. In den folgenden Betrachtungen wird klar unterschieden werden, ob eine monomodale Größenverteilung von NP-Proteinagglomeraten vorliegt, oder ob gleichzeitig NP-NP- Agglomerate anwesend sind Größencharakterisierung der Proteinkorona mittels statischer Lichtstreuung Sowohl TPSA3 als auch NHS06 zeigten bei Lichtstreuexperimenten eine erhöhte absolute Streuintensität sobald Serumproteine gegenwärtig waren. Diese Erhöhung der Streuintensität kann Rückschlüsse über die Masse an adsorbierten Proteinen liefern. In diesem Kapitel soll die Streuintensitätserhöhung quantifiziert werden. Das hierauf folgende Kapitel wird sich mit Modellen zur Dateninterpretation befassen. Die Streuintensität der NP abzüglich der Streuintensität des Lösemittels bzw. der Serumproteine soll zunächst definiert werden. Im Folgenden bezieht sich der Index 1 auf die Messungen der NP in RPMI 1640 Medium, der Index 2 bezieht sich auf Messungen der NP, die in RPMI 1640 Medium unter Zusatz von 5 Vol.-% Serumproteinen vorlagen: I 1 = I Nanopartikel inrpmi I RPMI I 2 = I NP in FCS I FCS Das RPMI Medium mit und ohne Proteinzusatz wurde als Lösungsmittel betrachtet und gemäß Gleichung (46) von der Gesamtstreuintensität abgezogen

145 Multifunktionelle Poly(organosiloxan) Nanopartikel Anhand einer umgestellten Zimm-Gleichung (127) konnten die Verhältnisse der Streuintensitäten der NP mit und ohne Proteinkorona I(Ɵ) 1 I(Ɵ) 2 berechnet werden (128). k dn dc 2 c = 1 I(Ɵ) r D 2 M R2 gq 2 V (127) I(Ɵ) I(Ɵ) 2 3 R2 g,1q 2 = r D 2 V r D 2 V k 2 dn k dc 1 dn 2 c 1 M c 2 M 2 3 R2 g,2q 2 dc 2 (128) Es bezeichnen I(Ɵ) 1 und I(Ɵ) 2 die Messwerte der SLS sowie R g,1 den Trägheitsradius der NP ohne adsorbierte Proteine, siehe Tabelle 20. Alle Parameter auf der linken Seite in Gleichung (128) waren somit bekannt, die rechte Seite sollte einen linearen Verlauf der Auftragung gegen q 2 ergeben. Diese Linearisierung erlaubte die Extrapolation gegen q 2 = 0 der Streuintensitätsverhältnisse I q2 0 1, sowie I(q 2 0) 2 die Ermittlung des Trägheitsradius der NP mit Proteinkorona R g,2 aus der Steigung. Abbildung 51 zeigt eine solche geeignete Auftragung. 0,9 0,8 Y = 1,722E-16 q 2 + 0,724 0,7 I 1 /I 2 *(1+1/3R g,1 2 q 2 ) 0,6 0,5 0,4 Y = 7,393E-17 q 2 + 0,318 TPSA3 NHS06 0,3 0 1x x x x x x x10 14 q 2 / cm -2 Abbildung 51: Verhältnis der Streuintensitäten, gemäß Gleichung (128), von NP in RPMI zu NP in RPMI + 5Vol% FCS. Die eingesetzten NP waren TPSA3 und NHS06. Die linearen Fits ergaben für die beiden Proben TPSA3 und NHS06 in Gegenwart von Serumproteinen Trägheitsradien R g,2 von jeweils 26 nm. Diese Werte sind mit hohen Fehlern behaftet, da auf der Ordinate der Trägheitsradius der freien NP R g,1 zugrunde gelegt wurde. Der Fehler der Steigung des linearen Fits und folglich die Berechnung des Trägheitsradius der NP plus Proteine skaliert somit -133-

146 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien direkt mit dem Fehler der Trägheitsradienberechnung der freien NP. Für TPSA3 lag der Trägheitsradius mit 10 nm an der unteren Auflösungsgrenze der SLS. Die Problematik des Winkelabhängigen Fehlers entfiel bei der Extrapolation von q 2 0, sowohl TPSA3 als auch NHS06 ergaben den erwarteten linearen Verlauf. Der Ordinatenabschnitt bezeichnete das Verhältnis der auf q 2 = 0 extrapolierten Streuintensitäten: Y TPSA3 = I(0 ) 1 I(0 ) 2 = 0,318 Y NHS06 = I(0 ) 1 I(0 ) 2 = 0,724 Y ist somit die reziproke Zunahme der Streuintensität. Die Streuintensität der Probe TPSA3 stieg somit um 214% in Gegenwart von Serumproteinen an, die Probe NHS06 zeigte, relativ zur Streuintensität der freien NP, einen Anstieg um nur 38% Modelle zur Dateninterpretation Y beschreibt das Verhältnis der Streuintensität der Freien NP (Index 1) zu der Streuintensität der NP in Gegenwart von Serumproteinen (Index 2), extrapoliert auf q 0. Y = I(0 ) 1 I(0 ) 2 (129) Entsprechend Gleichung (127) wird die Streuintensität bei θ = 0, unter Vernachlässigung des zweiten Virialkoeffizienten, durch das Brechungsindexinkrement, die Konzentration sowie dem Molekulargewicht bestimmt. Es folgt Gleichung (130). Y = dn 2 dc 1 dn dc 2 2 c 1 M 1 c 2 M 2 (130) Anhand verschiedener Modelle zum Agglomerationsvorgang von NP mit Proteinen lassen sich ausgehend von Gleichung (130) Schlüsse über die Proteinkorona ziehen. Im Folgenden sollen drei Modelle hergeleitet werden, welche Grenzfälle der NP-NP bzw. NP-Protein Agglomeration darstellen

147 Multifunktionelle Poly(organosiloxan) Nanopartikel Grenzfall 1: Zunahme der Streuintensität durch Aggregation der Nanopartikel (nur minimale Proteinadsorption) Modell A Eine Aggregation der Probe kann in Anwesenheit von Proteinen schon bei sehr geringer Menge an adsorbierten Proteinen erfolgen. Gerade unter physiologischen Ionenstärken mit Debye-Längen von etwa 0,8 nm liegen kolloidale Dispersionen nur schwach stabilisiert vor und Sekundäreffekte, die zur Koagulation führen, treten verstärkt auf. 25 So induzieren schon einzelne adsorbierte Proteine eine Ladungsinhomogenität auf der NP-Oberfläche, welche die Dispersion zusätzlich destabilisiert. Grenzfall 1 beschreibt daher eine Koagulation der Probe ohne Ausbildung einer Proteinkorona. Die Streuintensität erhöht sich aufgrund der Zunahme des Molekulargewichts der entstehenden Aggregate. Von einer Molekulargewichtserhöhung aufgrund von adsorbierten Proteinen soll in dieser Betrachtung abgesehen werden, dieser Fall wird als Grenzfall 2 betrachtet werden. Es können zwei Annahmen getroffen werden. Zum einen bleibt die Konzentration der Probe in Lösung konstant, es folgt c 1 = c 2. Darüber hinaus ändert sich die Zusammensetzung der Probe nicht, es gilt dn = dc 1 dn. Aus Gleichung (130) folgt direkt die Zunahme des Molekulargewichts, dc 2 Gleichung (131). M 2 M 1 = 1 Y (131) Die gemessenen Werte von Y lagen bei 0,318 für TPSA3 und bei 0,72 für NHS06. Sollte ausschließlich Aggregation der Probe vorliegen, entspräche dies im Gewichtsmittel einer Verdreifachung bzw. dem 1,4-fachung des Molekulargewichts. Dies entspräche im Mittel einem Trimer des TPSA3 bzw. teilweise Dimerisierung der Probe NHS06, veranschaulicht in Tabelle 21. Tabelle 21: Lichtstreu-Intensitätszunahme durch Aggregation der Probe ohne Proteinadsorption. Probe M 2 /M 1 Veranschaulichung Modell A TPSA3 3,14 NHS06 1,

148 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien Grenzfall 2: Zunahme der Streuintensität durch Adsorption von Proteinen (keine NP Koagulate) Modelle B1 & B2 Grenzfall 2 beschreibt ausschließliche Proteinadsorption, ohne dass eine Aggregation der Probe stattfindet. Grundlage hierfür ist, dass die NP nach Ausbildung der Proteinkorona ausreichend stabilisiert vorliegen. Es liegt ein Massetransfer von Proteinen in Lösung auf die Grenzfläche der NP vor. Die Auswirkungen auf ein statisches Streuexperiment sollen nun betrachtet werden. Bei dem Adsorptionsvorgang bleibt die Anzahl der Nanopartikel unverändert (N 1 = N 2 ). Die Massenkonzentration erhöht sich jedoch, da die Nanopartikel die Masse in Form von Proteinen adsorbieren. Die Konzentration ändert sich entsprechend Gleichung (132). c 1 = m 1 c 2 V V = M 1N 1 = M 1 mit: N m 2 M 2 n 2 M 1 = N 2 2 (132) Zusätzlich ändert sich die Zusammensetzung der Probe, und somit der Kontrastfaktor der NP mit Korona dn. Es wird für die weitere Berechnung ein gemittelter dn -Wert angenommen. dc 2 dc dn dn m dc dc 1 + dn m 1 dc P P = 2 m 1 + m P (133) Index 1 entspricht den Poly(organosiloxan) NP, Index P entspricht den adsorbierten Proteinen. Hieraus folgt: m 1 + m P = m 2. Gleichung (132) lässt sich umstellen zu (134): M 2 M 1 = m 1 + m P m 1 (134) Durch Einsetzen von Gleichung (134) in Gleichung (133) folgt die Berechnung des gemittelten Brechungsindexinkrements, in Abhängigkeit der Zunahme des Molekulargewichts bei Proteinadsorption: dn dc 2 = M 1 M 2 dn dc 1 + M 1 M 2 dn dc P M 2 M 1 1 (135) = M 1 M 2 dn dc 1 + dn dc P M 1 M 2 dn dc P = M 1 M 2 dn dc 1 + dn dc P 1 M 1 M 2 Die gemessene Zunahme der Streuintensität 1 Y konnte mittels Gleichung (130) beschrieben werden. Hier sind nun sowohl die Konzentration der NP bei Proteinadsorption bekannt, Gleichung (132), als auch das Brechungsindexinkrement, Gleichung (135). Nach Einsetzen der genannten Gleichungen in (130) und Umformen folgt hieraus die Zunahme des Molekulargewichts durch Proteinadsorption in Abhängigkeit der beobachteten Streuintensitätszunahme (137)

149 Multifunktionelle Poly(organosiloxan) Nanopartikel 1 Y = dn M 1 dc 1 + dn 1 M 1 M 2 dc P M 2 dn dc 1 M 2 M 1 (136) M 2 = 1 dn M 1 Y 1 dc 1 dn + 1 dc P (137) Für das Brechungsindexinkrement wurde für TPSA ein Wert von 0,107 ml/g angenommen bzw. 0,120 für NHS06, siehe Kapitel 5.4. Für die adsorbierten Proteine wurde der Wert von 0,193 ml/g für BSA verwendet. 158 Denaturiertes BSA weist einen geringeren dn -Werte von 0,17 ml/g auf. Da dc Proteine durch Adsorption denaturieren können, wurde sowohl der native als auch der denaturierte Fall betrachtet. Die Ergebnisse der Molekulargewichtserhöhung durch Proteinadsorption sind in Tabelle 22 zusammengefasst. Tabelle 22: Zuwachs des Molekulargewichts durch Proteinadsorption für den betrachteten "Grenzfall 2" - Ausschließlich Proteinadsorption, keine NP-NP Aggregation. M 2 /M 1 nativ denaturiert TPSA3 1,43 1,49 NHS06 1,11 1,12 Die Probe TPSA3 zeigte eine Molekulargewichtszunahme von 43% bzw. 49% im Falle der Denaturierung der Proteine; für die PEGylierte Probe NHS06 ergab sich einen deutlich geringerer Wert von nur 11% bzw. 12% bei Denaturierung von Proteinen. Das Einsetzen der Werte von denaturierten Proteinen ergab nur einen geringen Einfluss auf die Zunahme der Partikelmasse. Um anhand der berechneten Molekulargewichte Rückschlüsse auf die Proteinkorona zu ziehen, wurden zwei Modelle, B1 und B2, erarbeitet. Diese beschreiben die Ausbildung einer sphärischen Korona mit homogener Dichteverteilung, sowie die Umrechnung der adsorbierten Masse in eine äquivalente Anzahl an Proteinen

150 Charakterisierung von Nanopartikeln in biologisch relevanten Medien Modell B1: Berechnung der Dicke der Proteinkorona (homogene Masseverteilung der Korona) Die Dicke der Proteinkorona um das NP lässt sich unter der Annahme einer scharf definierten und sphärischen Proteinkorona mit homogener Dichteverteilung berechnen. Allgemein gelten folgende Zusammenhänge für Volumen, Masse und Radius einer Vollkugel: V = M N a ρ = 4 3 πr h 3 (138) Durch das Addieren einer sphärischen Hülle um die NP-Vollkugel wächst der Radius der ursprünglichen Vollkugel R h,1 um einen Faktor R h,2 an. Dieser Faktor kann als normiertes R h,1 Wachstum der Kugel betrachtet werden. Das Ausmaß des Wachstums hängt vom Volumen der Hülle bzw. von der Masse und Dichte der Hülle gemäß Gleichung (139) ab. R 3 h,2 = V 2 = V 1 + V P R h,1 V 1 V 1 = 1 + M P ρ P ρ 1 M 1 (139) Um dieses Beispiel auf die Proben TPSA3 sowie NHS06 zu übertragen sollen sich Index 1 auf die NP und Index 2 auf die NP mit Proteinkorona beziehen, Index P bezeichnet die Proteinhülle. Mit M P = M 2 M 1 folgt: R h,2 R h,1 3 = 1 + M 2 M 1 1 ρ 1 ρ P (140) Die hydrodynamischen Radien R h,1 für TPSA3 und NHS06 wurden mittels DLS bestimmt, siehe Tabelle 20. Die Umrechnung auf Zahlenmittelwerte der hydrodynamischen Radien erfolgte durch eine Abschätzung anhand der TEM Abzählung. Es wurde hier ein Verhältnis von R h 1/z = 1,16 gefunden, R h n siehe Tabelle 19. Die Festkörperdichte solcher Poly(organosiloxan) NP beträgt 1,23 g/ml. 157 Da das Maß der Quellung jedoch unbekannt ist, wurde die Dichte anhand der Lichtstreumessungen berechnet. Unter der Annahme des PDI von 1,3 (Tabelle 20), folgt für TPSA3 M n = M w PDI = 3, g/mol. M n N A 4 3 Die Dichte 1 berechnet sich aus: ρ 1,TPSA = 3 = 0,60g/mL. Dies entspricht einer Quellung π R h n von 51% im Vergleich zur Festkörperdichte. Ein ähnliches Ergebnis lieferte bereits die TEM- Auszählung der Probe TPSA3 im Vergleich zur DLS Messung. Es wurden Radien von R TEM 1/z = 11,5 nm und R DLS 1/z = 15,0 nm ermittelt. Dem Radienzuwachs der DLS Messung liegt eine -138-

151 Multifunktionelle Poly(organosiloxan) Nanopartikel Quellung von 55% zugrunde. Selbige Berechnung zur Dichte wurde für die Probe NHS06 durchgeführt, es folgte ρ 1,NHS06 = 0,47 g/ml. Die Dichte von Proteinen wurde aus GPC Messungen anhand der Mark-Houwink Beziehung von Proteinen ermittelt. Der Radius von Proteinen wächst hier mit der Funktion 3 R = 0,081 nm M mol/g. 159 Die Dichte berechnet sich entsprechend ρ P = m = M V 0,75 g/ml. N a 4 = 3πR 3 Tabelle 23: Berechnung der Dicke der Proteinkorona für das Modell der homogenen Dichteverteilung der Proteine. Berechnung nativ denaturiert der < R h,1 > n R h,2 Dicke der Korona R h,2 Koronadicke R h,1 R h,1 Dicke der Korona TPSA3 12,9 nm 1,108 1,40 nm 1,122 1,57 nm NHS06 17,2 nm 1,022 0,39 nm 1,024 0,42 nm Die berechneten Dicken der Korona sind in Tabelle 23 zusammengefasst. Es ergaben sich Werte von 1,4-1,6 nm für TPSA3 und 0,4 nm für NHS06, je nach verwendeten dn -Werten nativer bzw. denaturierter Proteine. dc Modell B2: Berechnung der Masse der Proteinkorona (inhomogene Masseverteilung der Proteinkorona) Im Falle einer nicht sphärischen Proteinkorona lässt sich deren Dicke nur schwer definieren. Ein kugeläquivalenter hydrodynamischer Radius R h,2 ist für die hydrodynamischen Eigenschaften der NP in Lösung zwar relevant, trägt allerdings kaum zur Beschreibung der Proteinkorona bei. Die Betrachtung einer nicht sphärischen Proteinkorona ist vor allem dann von Bedeutung, wenn die gemittelten räumlichen Ausmaße der Korona die Größe einzelner Proteine unterschreitet. Anhand der Ergebnisse der SLS Messungen, siehe Tabelle 22, ließ sich die Gesamtmasse der adsorbierten Proteine M P bestimmen. Diese Masse wurde aus der Differenz des Molekulargewichts mit Korona M 2 und dem Molekulargewicht der ursprünglichen NP M 1 berechnet

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