Bewertungsraster für die Liz II Klausur im Strafrecht / Strafprozessrecht vom
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- Irma Melsbach
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1 Prof. Dr. W. Wohlers Bewertungsraster für die Liz II Klausur im Strafrecht / Strafprozessrecht vom Inhaltliche Probleme des Falles Höchstpunktzahlen bei Erkennen und begründeter Lösung der Probleme Frage : Strafbarkeit von A und F (50 %) I. Strafbarkeit von A Diebstahl (Art. 9 Ziff. ) wegen des Einsteckens der Schmuckstücke fremde bewegliche Sache (+) (unproblematisch) Wegnahme Problem: Gewahrsamsbruch, obwohl sich A noch in der Villa befindet? Vorsatz (+) (unproblematisch) Bereicherungsabsicht (+) da Schmuckstücke wirtschaftlichen Wert haben Aneignungsabsicht Problem: Aneignungsabsicht bei geplantem Rückverkauf unter Anerkennung der Eigentumsrechte? (beide Ergebnisse bei entsprechender Begründung vertretbar) Wenn Diebstahl bejaht wird: Qualifikation nach Art. 9 Ziff. (Zusatzpunkte) Problem: Dabeihaben des Sackmessers als Mitsichführen einer gefährlichen Waffe? Wenn Diebstahl verneint: Sachentziehung (Art. ) (Zusatzpunkte) Raub (Art. 0 Ziff. Abs. ) we gen des Faustschlages gegen H Gewaltanwendung (+) durch den Faustschlag Zur Ermöglichung einer Wegnahme (-) bzgl. Schmuck ist die Wegnahme bereits vollendet (siehe oben) bzgl. des Geldes im Tresor liegt noch kein Vorsatz vor Weitere vertretbare Lösung: Verneinung der Aneigungungsabsicht (siehe oben) Räuberischer Diebstahl (Art. 0 Ziff. Abs. ) wegen des Faustschlages gegen H Wegnahme fremder beweglicher Sachen (+) (siehe oben) Täter wird auf frischer Tat ertappt? Problem: Setzt das Merkmal voraus, dass der andere den Täter bemerkt hat? Weitere vertretbare Lösung: keine Aneignungsabsicht (siehe oben) (Zusatzpunkte)
2 Prof. Dr. W. Wohlers Geiselnahme (Art. 85 Ziff. Abs. ) wegen der Bedrohung des H mit dem Messer Freiheitsberaubung (-) da nur vorübergehend und H im übrigen auch bewusslos Sich bemächtigen (+) Vorsatz (+) (unproblematisch) Nötigungsabsicht Problem: Welche Personen können als Dritte i.s.d. Art. 85 gelten? h.m.: jede Person (auch bei persönlicher Beziehung zur Geisel) a.a.: nur die Personen, die mit der Geisel nicht in einer persönlichen Beziehung stehen Hinweis: Beide Ansichten sind vertretbar; es kommt auf die Begründung an 5 Wenn Art. 85 Ziff. bejaht wird: Qualifikation nach Ziff. Problem: restriktive Auslegung der Qualifikation? Hinweis: Qualifikation kann bei entsprechender Begründung sowohl bejaht als auch verneint werden. (Zusatzpunkte) Raub (Art. 0 Ziff. ) bzw. Erpressung (Art. 56 Ziff., ) wegen der Bedrohung von H und F mit dem Messer Gutachtentechnischer Hinweis: Die Studierenden müssen sich entscheiden, welche Norm sie zuerst prüfen wollen: entweder Art. 0 oder aber Art. 56. Die inhaltlichen Probleme stellen sich dann bei den jeweils zu prüfenden Tatbeständen. Die Studierenden sind in der Wahl, mit welchem Tatbestand sie beginnen, vollkommen frei. Ebenso können sie die Prüfung der zwei Handlungen (Drohung mit dem Messer gegen H und Drohung direkt gegen F) getrennt oder zusammen prüfen. Entscheidend ist, dass die inhaltlichen Probleme erkannt und gelöst werden.. Problem beim Nötigungselement: Einbeziehung der Bedrohung von Drittpersonen in den Anwendungsbereich? beim Raub bei der Erpressung (hier gegebenenfalls mit einer Differenzierung zwischen Ziff. und Ziff. ) Hinweis: Da der Täter jedenfalls auch die F direkt bedroht, kann die Problematik der Einbeziehung der Bedrohung Dritter als für den vorliegenden Fall irrelevant angesehen werden. Studierende, die dies erkennen, sind (bei ensprechender Begründung) den Studierenden gleich zu stellen, die sich mit der Problematik auseinandersetzen. Problem: Abgrenzung der Anwendungsbereiche der Normen Wegnahme des Geldes = Raub Vermögensdisposition über das Geld = (räuberische Erpressung) 5 Hinweis: Auch hier sind beide Ergebnisse vertretbar. Entscheidend ist, ob man auf den Gesamtvorgang abstellt (dann Art. 56, weil A die Mithilfe der F benötigt, ohne die er den Tresor nicht hätte öffnen können) oder auf den letzten Handulungsakt (dann Raub, weil zu diesem Zeitpunkt der Tresor bereits offen war) Wenn auch Art. 85 bejaht: Konkurrenzen? (Zusatzpunkte)
3 Prof. Dr. W. Wohlers Wenn Art. 0 oder Ar.t 56 Ziff. bejaht wurde: Qualifikationen nach Art. 0 Art. 0 Ziff. : Mitsichführen einer Waffe (siehe oben) Art. 0 Ziff. : konkrete Lebensgefahr? (kann bei entsprechender Begründung sowohl bejaht als auch verneint werden) Gegebenenfalls Art. 0 Ziff.? Hinweis: Ist nicht zu prüfen, wenn Ziff. bejaht wurde (Zusatzpunkte) Freiheitsberaubung (Art. 8) wegen der Fesselung der F an den Stuhl Tatbestand (+) Konkurrenzen : echte Konkurrenz, da Freiheitsberaubung über die für den Raub/Erpressung/Geiselnahme notwendigen Zeitraum hinausgeht II. Strafbarkeit der F Diebstahl (Art. 9 Ziff. ) durch Öffnen des Tresors Fremde bewegliche Sache (+) Wegnahme (-) da Öffnen des Tresors noch keine Wegnahme, sondern lediglich eine Gewahrsamslockerung Veruntreuung (Art. 8 Ziff. Abs. ) wegen Öffnen des Tresors Fremde bewegliche Sache (+) Anvertraut? Problem: Ist Alleingewahrsam des Täters erforderlich? BGer: (-); Literatur: (+) Hinweis: Es sind bei entsprechender Begründung beide Ansichten vertretbar Aneignen (-) Hinweis: Wer Art. 8 bereits deswegen verneint hat, weil es an einem tauglichen Tatobjekt fehlt (mangels Anvertrautseins; siehe oben), kann/muss das Vorliegen einer Aneignungshandlung im Rahmen des Art. 7 prüfen) Gehilfenschaft zum Raub bzw. zur (räuberischen) Erpressung Haupttat des A (+) [je nachdem, wie man sich oben entschieden hat, entweder Raub oder (räuberische) Erpressung] Hilfeleistung durch Öffnen des Tresors Problem: Hilfeleistung durch das genötigte Opfer als tauglicher Beitrag? (Zusatzpunkte) Vorsatz (+) Rechtfertigung durch Art. (-) Rechtfertigung durch Art. (+)
4 Prof. Dr. W. Wohlers Frage : Strafbarkeit von A und E (0 %) I. Strafbarkeit von A Versuchte Erpressung (Art. 56 Ziff., Abs. ) durch das Angebot der Schmuckrückgabe gegen Zahlung Keine Deliktsvollendung mangels Vermögensverfügung Strafbarkeit der versuchten Erpressung (+) Tatentschluss zur Begehung einer Erpressung Problem: Vorsatz bezüglich eines Vermögensschadens der E? Hinweis: abhängig davon, welchem Vermögensbegriff man folgt Ansetzen zur Tatausführung (+) / / 5 Rechtswidrigkeit und Schuld (+) Keine tätige Reue (+) Hehlerei (Art. 60) durch Anbieten der Schmuckrückgabe (-) da A als Vortäter nicht Hehler sein kann (Zusatzpunkt) Geldwäscherei (ggf. als Versuch) durch Anbieten der Schmuckrückgabe Vermögenswerte, die aus einem Verbrechen herrühren Handlung, die geeignet ist,...zu vereiteln (Zusatzpunkte) II. Strafbarkeit der E Erpressung (Art. 56 Ziff. ) wegen der Androhung der Verständigung der Polizei, wenn keine Rückgabe des Schmucks Androhung ernstlicher Nachteile (-) bei Inaussichtstellen einer Strafanzeige Betrug (Art. 6 Abs. ) weil E vorgibt, sie werde bei Rückgabe des Schmucks die Polizei nicht verständigen Täuschung (+) Arglist (+) Irrtum (+) Vermögensverfügung (+) Vermögensschaden? Abhängig vom zugrunde gelegten Vermögensbegriffs Vorsatz (+) (unproblematisch)
5 Prof. Dr. W. Wohlers 5 Bereicherungsabsicht (-) da E einen wirksamen Rückgabeanspruch hat Hinweis: der objektive Tatbetand muss nicht zwingend erörtert werden (Zusatzpunkte) Frage : Voraussetzungen der Untersuchungshaft (0 %) Dringender Tatverdacht (+) aufgrund des Geständnisses und der vorhandenen Beweismittel (Zeugnis von E, F und H) Haftgründe Fluchtgefahr wegen der ausländischen Staatsangehörigkeit? (zu beachten ist die familiäre Verwurzelung in der Schweiz) Verdunkelungs- oder Kollusionsgefahr? (-) da keine konkreten Anhaltspunkte für eine Einflussnahme des A auf H und F; das blosse Leugnen ist noch keine Verdunkelungshandlung Wiederholungsgefahr? (hinreichend konkrete Anhaltspunkte sind wohl nicht vorhanden) Ausführungsgefahr? (-) auch bei dem nur versuchten Delikt, da eine Fortsetzung nicht mehr möglich ist (der Schmuck ist sichergestellt und an die E zurück gegeben worden) Hinweis: Es wird erwartet, dass sich die Studierenden mit den im Sachverhalt mitgeteilten Umständen auseinandersetzen Verhältnismässigkeit (Zusatzpunk) Frage a: (5 %) Dem Verzicht auf die Vernehmung von H und F als Zeugen könnte der Unmittelbarkeitsgrundsatz entgegen stehen Da weder EMRK noch BV dazu zwingen, das Verfahren nach den Grundatz der Unmittelbarkeit durchzuführen, kommt es auf die Ausgestaltung des kantonalen Prozessrechts an. Unter Zugrundelegung der StPO ZH gilt: Wenn das Verfahren vor dem Geschworenengericht stattfindet: Es gilt der Grundsatz der Unmittelbarkeit ( 0 StPO ZH) Wenn das Verfahren vor dem Bezirksgericht/Obergericht stattfindet: Zwar gilt hier das Prinzip der Unmittelbarkeit nicht umfassend; gemäss 85 ist die Einvernahme aber erforderlich bei fehlender Spruchreife und dann, wenn die Parteien dies beantragen [wenn Differenzierung zwischen H einerseit, der zu den "umstrittenen" Fragen gar nichts sagen könnte, und F andererseits, bei der es gerade um die "umstrittene" Frage des Messereinsatzes geht] (Zusatzpunkte) Frage b: (5 %) Schutzmassnahmen könnten sich nach Art. 5 Abs. OHG ergeben Problem: Anwendbarkeit des OHG im vorliegenden Verfahren?
6 Prof. Dr. W. Wohlers 6 Schutzmassnahmen könnten sich aus a StPO ZH ergeben Problem: Liegen die Voraussetzungen vor? Frage 5: (0 %) In Betracht kommen die staatsrechtliche Beschwerde oder die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde Rügegegenstand ist vorliegend der Vorwurf der willkürlichen Beweiswürdigung und/oder ein Verstoss gegen den Grundsatz "in dubio pro reo" (weil A geltend macht, der Richter hätte vernünftigerweise Zweifel haben müssen) Das Willkürverbot und auch der Grundsatz in dubio pro reo haben Verfassungsrang Das richtige Rechtsmittel ist deshalb allein die staatsrechtliche Beschwerde
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