Lauftechnik und Laufökonomie: Unterschiede zwischen Läufern und Triathleten

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1 Lauftechnik und Laufökonomie: Unterschiede zwischen Läufern und Triathleten von Daniel Jochum Aufbaumodul: Triathlon Fakultät für Sport & Gesundheitswissenschaften Technische Universität München 15. Mai 2015

2 Gliederung 1. Einführung Lauftechnik Technikleitbild Optimale Laufkinematik Der Effekt von Radfahren auf die Laufkinematik Die Laufkinematik von Triathleten.5 3. Laufökonomie Laufökonomie Laufökonomie und Leistung Literaturverzeichnis 2

3 1. Einführung Triathlon ist eine spezielle Form des Wettkampfs, in der es gilt, hintereinander 3 Disziplinen des Ausdauersports zu bewältigen. In der Reihenfolge werden die Sportarten Schwimmen, Radfahren und Laufen von einem Athleten oder Triathleten ohne Unterbrechung absolviert. Dabei nimmt die Abschlussdisziplin Laufen in Bezug auf den Gesamt-Wettkampferfolg die entscheidende Position ein. (Hausswirth & Brisswalter, 2008) Im Gegensatz zu typischen leichtathletischen Laufwettbewerben starten Triathleten, durch die vorangegangenen Disziplinen Schwimmen und Radfahren, bereits vorbelastet auf die Laufstrecke. Vor allem das Radfahren beansprucht die für das Laufen wichtige Muskelgruppen, wie Hüftbeuger und Wadenmuskulatur, und macht den Übergang aus der zeitfahrtypischen Oberkörperhaltung in ein aufrechtes und technisch-optimales Laufen nicht unproblematisch. Eine Reihe von biomechanischen Faktoren wurde bereits im Hinblick auf Lauftechnik und ökonomie untersucht (Saunders, Pyne, Telford, & Hawley, 2004), wobei die Bodenkontaktzeit und ihr Zusammenhang mit neuromuskulären Faktoren am häufigsten aufgelistet ist (Nummela, Keranen, & Mikkelsson, 2007; Paavolainen, Nummela, & Rusko, 1999). Ebenfalls ist die Art des Fußaufsatzes während des Laufens Thema einiger Studien. Vorfuß- und Mittelfußläufer erreichen kürzere Bodenkontaktzeiten und schnellere Laufleistungen (Hasegawa, Yamauchi, & Kraemer, 2007; Hayes & Caplan, 2012), wohingegen Fersenläufer weitaus ökonomischer leisten (Saunders et al., 2004; Williams & Cavanagh, 1987). Dem Laufstil von Elitetriathleten wurde im Vergleich zu reinen Läufern wenig Aufmerksamkeit zuteil, ausgenommen die Eruierung des Wechsels vom Radfahren zum Laufen (Pearson, Sherin & Pfitzinger, 2013). Die 3 hintereinandergeschalteten Disziplinen des Triathlons verlangen dem Triathleten andere morphologische und physiologische Charakteristika ab. Beim Vergleich von gut-trainierten Triathleten und Langdistanz-Läufern wurden unterschiedliche Bodenkontaktzeiten, Bodenreaktionskräfte und isokinetische Kraftmessungen festgestellt (Luna et al, 2012). In einer anderen Studie zeigte sich eine positive Korrelation zwischen Schrittlänge und Laufgeschwindigkeit bei der Beschreibung von Schrittlänge und frequenz sowie deren Änderung während der Laufrunde eines Triathlon-Wettbewerbs (Landers, Blanksby & Ackland, 2011). Pearson, Sherin & Pfitzinger (2013) arbeiteten in ihrer Studie kinematische Kenngrößen des Laufs von Elite-Triathleten in Rennen und ihren Einfluss auf die erbrachte Leistung heraus. Bei 238 männlichen und weiblichen Athleten aus der ITU World-Championship-Serie der Junioren, U23 und Elite wurde dazu die Laufleistung, die Bodenkontaktzeit, die Schrittlänge und -frequenz sowie die Art des Fußaufsatzes während des Wettkampfs gemessen. Das Ziel dieser Arbeit soll die Herausarbeitung des Technikleitbildes im Laufsport und der Vergleich von typischen Mustern der Lauftechnik von Triathleten mit dem Technikleitbild von reinen Läufern sein.

4 2. Lauftechnik 2.1 Technikleitbild Der menschliche Gang lässt sich grundsätzlich in vier Phasen einteilen: Schwungphase, Landephase, Stützphase und Abdruckphase. Hierbei unterscheidet sich das sportliche Laufen vom Gehen vor allem durch die zusätzliche Flugphase und die erhöhten Kräfte, die dadurch auf den Körper wirken (Graumann, Beuke, Warnecke & Norman, 2010). Im Folgenden werden die Kriterien der einzelnen Phasen des sportlichen Laufens dargestellt: Die Schwungphase kann zusätzlich in eine frühe, mittlere und vordere Schwungphase unterteilt werden. Nach dem dynamischen Abdruck aus der Wadenmuskulatur wird in der frühen Schwungphase das hintere Schwungbein leicht über die Waagrechte angehoben. Dabei sollte das Bein bodenparallel geführt werden, um den Vorschwung des Oberschenkels zu erleichtern. Der Arm der Gegenseite beginnt gleichzeitig seine Vorwärtsbewegung in der Schulter. In der mittleren Schwungphase wird der Oberschenkel nach vorne geführt, während der Unterschenkel im Knie angewinkelt bleibt. Der Arm sollte im Ellbogen eng gehalten werden und nach vorn oben geführt werden. Die vordere Schwungphase zeichnet sich durch die vorschwingende Aufwärtsbewegung des Knies aus, welche durch den dicht am Körper entlanggeführten Arm unterstützt wird. Der Unterschenkel des Schwungbeins bleibt passiv und bildet mit dem Abstoßbein eine Parallele, um den nächsten Schritt mit flachem Fußaufsatz und leichter Kniebeugung einzuleiten (Horsthemke, 2012). In der Landephase ist der Oberkörper aufgerichtet und minimal vorgeneigt. Der Fuß setzt flach auf dem Boden auf, so dass die Fußgewölbe den Stoß abfangen können. Der Unterschenkel steht dabei nahezu senkrecht unter dem leicht gebeugten Knie. Der Arm der Gegenseite befindet sich oben vor dem Körper. Er ist im Ellenbogen gebeugt und bewegt sich nun wie das Bein zurück (Horsthemke, 2012). In der Stützphase fängt das Knie des Stützbeins das volle Körpergewicht ab, welches von der Oberschenkelmuskulatur stabilisiert wird. Die Beinachse bleibt in einer geraden Arbeitsposition. Außerdem erfolgt die Rückführung des gegenseitigen Arms. Der Oberkörper sollte weiterhin aufrecht sein (Horsthemke, 2012). In der Abdruckphase beginnt die erneute Streckung des stützenden Beins. In der Endphase sind Knie- und Hüftgelenk bei hohem Tempo gestreckt, um eine maximale Schrittlänge zu erreichen. Die Ferse löst sich mit kräftigem Abdruck der Wadenmuskulatur dynamisch vom Boden. Der Ellbogen wird so weit nach hinten bewegt, so dass ein Dreieck zwischen Rücken, Oberarm und Unterarm, das sogenannte Läuferdreieck, entsteht. (Horsthemke et al, 2012) 4

5 2.2 Optimale Lauf-Kinematik Ein Optimum an Ausdauer-Leistung hängt von der Translation von Kardiorespiratorischen Faktoren in kontrollierte, effiziente Bewegungs- und Muskelrekrutierungsmuster ab (Chapman et al., 2009). Im Vergleich zu langsameren Läufern haben Schnellere einen längeren Laufschritt (Dillman, 1974; Saito et al., 1974; Weyand et al., 2000), eine stärkere Hüftflexion während der Schwungphase (Williams & Cavanagh, 1987; Mann & Hagy, 1980), eine intensivere Knieflexion in der mittleren Schwungphase (Dillman, 1974) und erhöhte Hüftextension in der Abdruckphase (Dillman, 1974; Novacheck, 1998). Ein zusätzliches Beckenkippen nach vorne steht in direktem Zusammenhang mit einer höheren Geschwindigkeit, da eine größere Oberschenkelextension erreicht werden kann und dadurch vorwärtsbewegende Kräfte effizienter genutzt werden können (Novacheck, 1998). 2.3 Der Effekt von Radfahren auf die Lauf-Kinematik Viele Triathleten von unterschiedlicher Erfahrung und Leistungsklasse berichten, dass vorgeschaltetes Radfahren der Koordination während des anschließenden Laufes schadet (Bonacci et al., 2010a). Verschiedene Studien weißen auf kurzzeitige Effekte während des Laufens nach dem Radfahren hin, wie eine kürzere Schrittlänge und erhöhte Schrittfrequenz, eine stärkere Oberkörperneigung nach vorne, veränderte Kniewinkel in Schwung- und Stützphase und erhöhte energetische, mechanische, potentielle sowie kinetische Einbußen (Hausswirth et al., 1997; Gottschall & Palmer, 2000; Millet & Vleck, 2000; Millet et al., 2001). 2.4 Der Laufstil der Triathleten Einige Autoren identifizierten die großen Trainingsumfänge von Triathleten auf dem Rad (Gulbin & Gaffney, 1999; O Toole, 1989) und die dadurch gebeugte Position der Hüfte und des Beckens als den Hauptgrund für einen unterschiedlichen Laufstil, verglichen mit reinen Läufern. So zeigen Triathleten auch in Läufen ohne vorgeschaltete Radeinheit in den Bereichen Schrittlänge, Bewegungsumfang der Hüfte, Oberschenkelextension, Hüftflexion und Beckenkippen nach vorne relativ gesehen deutlich verringerte Werte (Connick, 2009). Die extrem-gebeugte Haltung beim Radfahren führt bei den Muskeln der Vastus- Gruppe (Oberschenkelvorderseite) zu einer längeren Streckung als beim Laufen, wo die Knieextension die muskuläre Länge minimiert. Eine optimale Kraftentwicklung in dieser Muskel-Gruppe tritt bei Radfahrern auch erst bei größerer Muskellänge als bei Läufern auf (Salvberg & Meijer, 2003). Annähernd gleiche Kraft im M. Bizeps femoris (Oberschenkelrückseite) wurde bei Radfahrern bei deutlich kürzen Längen des Muskels als bei Läufern festgestellt (Herzog et al., 1991). Somit sind hohe Radtrainings- Umfänge nicht sonderlich förderlich für eine optimale Laufleistung (Scarfe, 2011)

6 3. Laufökonomie 3.1 Laufökonomie Laufökonomie steht in direktem Zusammenhang mit dem Energiebedarf für eine bestimmte Geschwindigkeit bei Läufen im submaximalen Bereich und wird durch Messung der Sauerstoffaufnahme (VO2) bestimmt. Beim Vergleich von Läufern mit einer guten Laufökonomie verbrauchen diese weniger Energie und damit weniger Sauerstoff bei gleicher Geschwindigkeit als Läufer mit weniger Laufökonomie (Saunders, Pyne, Telford & Hawley, 2004). Laufökonomie (RE = Running economy) lässt sich als Wert aus der Sauerstoffaufnahme eines Läufers (VO2) geteilt durch seine Körpermasse (BM) in Kilogramm ausdrücken (Davis, Mahar & Cunningham, 1997). Eine gute Laufökonomie setzt sich aus mehreren Faktoren zusammen: Bessere Leistung in Distanz-Läufen korreliert direkt mit der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max). Die Verfügbarkeit von Sauerstoff, Kohlenhydraten und Fetten sowie die Dichte von Mitochondrien im Muskel beeinflussen die erbringbare Leistung. VO2max wird durch die Dichte von Muskel-Kapillaren, der Hämoglobin-Masse, der Aktivitätsbereitschaft aerober Enzyme, der Muskelfaserzusammensetzung und dem Schlagvolumen des Herzens bestimmt (Costill et al, 1967). Daraus ergibt sich ein Prozentsatz der VO2max, bei der ein Läufer mit relativ geringem Energie-Aufwand seine Geschwindigkeit aufrechterhalten kann, ohne übermäßig Laktat zu akkumulieren (Saunders, Pyne, Telford & Hawley, 2004). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine enge Wechselbeziehung zwischen Laufökonomie und Leistung besteht (Costill, 1967). 3.2 Laufökonomie und Leistung Der Zusammenhang zwischen Laufökonomie und Leistung ist gut dokumentiert (Saunders, Pyne, Telford & Hawley, 2004). Dazu wurden viele verschiedene Studien mit ähnlichen Ergebnissen durchgeführt, die zeigen, wenn Laufökonomie als Prozentsatz der VO2max ausgedrückt wird, dass besser trainierte Läufer gleiche Arbeit an einem geringeren Prozentsatz ihrer VO2max leisten als weniger gut Trainierte (Pollock et al., 1977). Kraft- und Höhentraining sind die weitverbreitetsten Trainingsinhalte, um die Laufökonomie zu verbessern. Krafttraining bewirkt, dass die beanspruchten Muskeln mehr elastische Energie nutzt und weniger Energie für Bremskräfte verschwendet. Höhenexposition verbessert diskrete metabolische Aspekte der Skelettmuskulatur und erleichtert den effizienteren Gebrauch des aufgenommenen Sauerstoffs (Saunders, Pyne, Telford & Hawley, 2004). 6

7 4. Zusammenfassung Triathlon besteht aus 3 Disziplinen: Schwimmen, Radfahren und Laufen. Von den 3 Disziplinen scheint die Laufleistung die am meisten zur Gesamtleistung beitragende Disziplin zu sein (Millet & Bentley, 2004; Vleck et al, 2008). Die enorm unterschiedlichen Bewegungsmuster jeder Disziplin, die Bedeutung der Laufphase und die enormen Trainingsumfänge, die von Triathleten unternommen werden, führten dazu, dass sich nur recht wenig Studien mit diesem multidisziplinären Training der Lauftechnik von Triathleten befassten (Chapman et al., 2008; Connick, 2009; Bonacci et al., 2010b). Verschiedene Studien weißen auf kurzzeitige Effekte während des Laufens nach dem Radfahren hin, wie eine kürzere Schrittlänge und erhöhte Schrittfrequenz, eine stärkere Oberkörperneigung nach vorne, veränderte Kniewinkel in Schwung- und Stützphase und erhöhte energetische, mechanische, potentielle sowie kinetische Einbußen (Hausswirth et al., 1997; Gottschall & Palmer, 2000; Millet & Vleck, 2000; Millet et al., 2001). Trainierte Triathleten zeigten auch in Läufen ohne vorgeschaltete Radeinheit in den Bereichen Schrittlänge, Bewegungsumfang der Hüfte, Oberschenkelextension, Hüftflexion und Beckenkippen nach vorne relativ gesehen deutlich verringerte Werte (Connick, 2009). Der Laufökonomie und ihren Einflussfaktoren sowie der Lauftechnik sollte dahingehend besonders viel Aufmerksamkeit im Triathlon-Training zuteilwerden, um die Leistung in der dritten und wichtigsten Disziplin des Triathleten zu steigern und zu optimieren.

8 5. Literaturverzeichnis Pearson, S., Sheerin, K. & Pfitzinger, A. (2013). Relationship between running kinematics and performance in elite triathletes. International Conference on Biomechanics in Sports. Saunders, P., Pyne, D., Telford, R. & Hawley, J. (2004). Factors Affecting Running Economy in Trained Distance Runners. Sports Med 2004; 34 (7) Scarfe, A. (2011). Running kinematics of triathletes. Dissertation. University of Birmingham. Graumann, L., Beuke, B., Warnecke, M. & Norman, D. (2010). Get fit to run. Functional Fitness für Laufsportler. 1. Auflage. München: Riva Verlag. Wechsel, F. et al. (2012). Triathlon Knowhow Nr.4 Laufen, Hamburg: Sportmedis 8