Die epikureische Erkenntnistheorie
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1 Geisteswissenschaft Maximilian Reisch Die epikureische Erkenntnistheorie Studienarbeit
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3 Inhaltsverzeichnis EINLEITUNG... 1 PERZEPTION... 2 I... 2 II... 3 III... 5 VERIFIKATION... 6 I... 6 II... 7 III... 9 FUNKTION SCHLUSS LITERATURVERZEICHNIS... 13
4 1 Über die epikureische Erkenntnistheorie Einleitung Epikurs Popularität ist hauptsächlich auf seinen, wenn auch oft falsch interpretierten, Hedonismus zurückzuführen. Über die epikureische Erkenntnistheorie wird dabei oft hinweggegangen. Elisabeth Asmis schreibt sogar it is generally believed that Epicurus did not have a coherent method of scientific inference. 1 Ebenso scheint es, als würde die Erkenntnistheorie in Epikurs Philosophie nur eine unbedeutende, ja unbeliebte Rolle spielen, welche unabhängig von dessen Ethik betrachtet werden kann. Diese Arbeit ist deshalb bemüht, im Rahmen des begrenzt zur Verfügung stehenden Platzes ein möglichst umfassendes Bild der epikureischen Erkenntnistheorie abzugeben. Dabei wird sich zeigen, dass die epikureische Philosophie durchaus über eine kohärente wissenschaftliche Methode und ein stimmiges epistemologisches System verfügt. Außerdem soll gezeigt werden, inwiefern die Erkenntnistheorie nötig ist für den epikureischen Hedonismus und inwieweit es möglich ist, Epikur den diametralen Gegensatz seines Wissenschaftsverständnisses zum neuzeitlichen 2 vorzuwerfen. Zunächst soll für diesen Zweck die epikureische Lehre von der Wahrnehmung besprochen werden. Zu Beginn wird im Abschnitt Perzeption so das Zustandekommen von Sinneswahrnehmungen erläutert, um in einem zweiten Schritt dann ein erstes Argument für deren wahrheitsverbürgende Stellung anzuführen: das Eliminieren von zwei alternativen Thesen. Anschließend soll die Passivität der Sinne als weiteres Argument hervorgehoben werden. Nach der Abhandlung der Sinneswahrnehmungen geht es im Abschnitt Verifikation um den Übergang von diesen zu gesichertem Wissen. Für diesen Zweck wird in einem ersten Schritt der Begriff prolêpsis eingeführt, um dann den Vorgang der Bildung von Hypothesen und deren Überprüfung darzustellen. In einem letzten Teilabschnitt soll auf einen besonderen Fall hingewiesen werden, der Anlass dazu gibt, die Rolle der epikureischen Erkenntnistheorie im Abschnitt Funktion zu klären. Zum Schluss soll ein kurzer Vergleich zwischen der epikureischen Erkenntnistheorie und deren Rezeption im Werk Friedrich Nietzsches angestellt werden, um an- und abschließend ein konzentriertes, würdigendes Resümee zu geben. 1 Asmis (1984), S Hossenfelder (2006), S Maximilian Reisch Über die epikureische Erkenntnistheorie
5 2 Perzeption I Die Epikureer sind der Ansicht, Wahrnehmungen entstünden durch feine Atomfilme, die durch eine kontinuierliche, interne Vibration 3 der jeweiligen Objekte abgesondert werden und auf die Sinnesorgane treffen. Da jeder Durchgang für sie passt 4 sind diese besonders fein und deshalb schnell. Während die Bilder 5 durch den zunehmenden Verlust an Atomen in ihrer Größe abnehmen, bleibt deren Anordnung nahezu konstant. Somit wird erklärt, dass sämtliche Gegenstände mit wachsender Entfernung kleiner, ihre Konturen jedoch nur minimal anders erscheinen. Bilder in Vorstellungen und Träumen hingegen entstehen durch das Eindringen von besonders feinen, oft einzelnen Bildern durch die Körperporen. 6 Vorstellungen und Träume, wie solche von den Hundefratzen des Zerberus oder die eines Kentauren 7 ergeben sich durch einzelne, spontan entstandene Bilder oder das Zusammentreffen mehrerer Einzelbilder. 8 Dem Einwand, dass somit alle Vorstellungen von der Zufälligkeit der sich einstellenden Bilder abhängen würden und daraus folgend, die Unmöglichkeit eines bewussten Hervorrufens von Bildern, entgegnet Lukrez folgendermaßen: So wie auch die Augen sich anstrengen und einstellen, wenn sie etwas zu sehen anfangen erweist sich der Geist (animus 9 ) als Vorrichtung, die alle Bilder aussortiert bis auf die, welche in den jeweiligen Momenten gebraucht werden Was keiner Restriktion unterliegt, da zu jeder Zeit an jedem beliebigen Ort jedes beliebige Bild auf der Stelle bereit ist 10. Vorstellungen, Träume und Verwandtes werden demnach nicht vom Geist selbst erschaffen sondern entstehen durch dessen aufmerksame Hinwendung auf die omnipräsenten Bilder 11. Die beschriebene Theorie, dass Vorstellungen und Traumbilder somit ebenfalls von außen herrühren, erweist sich als Stärke im epistemologischen System der Epikureer. Wie Anthony Long und David Sedley bemerken, wird durch die Annahme, Einbildungen könnten nicht ohne von außen eindringende Bilder entstehen, die Möglichkeit ausgeschlossen, dass die 3 Vgl. Lukrez (6); Epikur, Brief an Herodot (1) 4 Epikur, Brief an Herodot (3) 5 Der Gesichtssinn wird aufgrund seines erkenntnistheoretischen Primats ausführlich behandelt. Die Wahrnehmungen der anderen Sinne erklären sich analog. Der Tastsinn ist möglicherweise hervorzuheben, da dieser als selbstverständlich evident angesetzt wird. Dietrich Lemke sieht dies als Grund für das Übergehen des Fühlens in Epikurs Herodotbrief. Vgl. Lemke (1973), S Vgl. Lukrez (2) 7 Lukrez (3). 8 Ebd.. 9 Für die Hinwendung ist der animus-bereich der in animus und anima zweigeteilten Seele verantwortlich. Vgl. Lemke (1973), S Lukrez (8). 11 Vgl. Lemke (1973), S. 16, ferner Bailey (1964), S Maximilian Reisch Über die epikureische Erkenntnistheorie
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