DIE AKUTE UND CHRONISCHE INFEKTIÖSE OSTEOMYELITIS DES KINDESALTERS AUE GRUND EIG EN ER BEOBACHTUNGEN UND UNTERSUCHUNGEN VON
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1 DIE AKUTE UND CHRONISCHE INFEKTIÖSE OSTEOMYELITIS DES KINDESALTERS AUE GRUND EIG EN ER BEOBACHTUNGEN UND UNTERSUCHUNGEN VON DR. PAUL KLEMM K. R. STAATSRAT, OBERARZT DES KRANKENHAUSES VOM ROTEN KREUZ, DIRIGIERENDER ARZT DER CHIRURGISCHEN ABTEILUNG DES II. STADTKRANKENHAUSES IN RIGA MIT 7 ABBILDUNGEN IM TEXT UND 1 KURVEN-TAFEL BERLIN 1914 VERLAG VON S. KARGER KARLSTRASSE 15 ALLE RECHTE VORBEHALTEN DEM ANDENKEN MEINES HOCHVEREHRTEN LEHRERS WIRKL. STAATSRAT PROF. DR. E.G. VON WAHL WEIL. PROFESSOR DER CHIRURGIE UND DIREKTOR DER CHIRURGISCHEN UNIVERSITÄTSKLINIK ZU DORPAT IN EHRFURCHT UND DANKBARKEIT und MEINEM LIEBEN FREUNDE WIRKL. STAATSRAT PROF. DR. WERNER von ZÖGE-MANTEUFFEL
2 EHRENLEIBCHIRURG SR. MAJ. DES KAISERS VON RUSSLAND PROFESSOR DER CHIRURGIE UND DIREKTOR DER CHIRURGISCHEN UNIVERSITÄTSKLINIK ZU DORPAT IN LIEBE UND DANKBARKEIT Vorwort. Bei der Behandlung der uns hier beschäftigenden Frage bin ich von der Anschauung ausgegangen, daß die Osteomyelitis in die Gruppe der Erkrankung des lymphatischen Gewebes gehört. Dieses Gewebe ist im wachsenden Individuum in reichem Maße im Zustand größter Vitalität vorhanden und zeichnet sich durch besondere Eigentümlichkeiten von anderen aus. Es findet sich in zirkumskripter Form als Lymphdrüse, Lymphfollikel, adenoides Gewebe u. dgl. m. angeordnet; als diffuses Lymphgewebe begleitet es die Gefäße und durchzieht die Gewebe des Körpers auf weite Strecken; auch dort, wo es zu Regeneration kommt, erscheint es. Dieses Gewebe besitzt eine große Beweglichkeit. Wo bakterielle Infektion droht oder schon im Gange ist, häufen sich die Lymphocyten an; ich habe in früheren Arbeiten auf diesen Vorgang hingewiesen und ihn als Abwehrbewegung des lymphatischen Gewebes bezeichnet. Wir können das Knochenmark dem lymphatischen Gewebe völlig gleichstellen, obgleich zugegeben werden muß, daß eine spezifische Artverschiedenheit der einzelnen Markzellen besteht. Es existiert fraglos ein reger Zusammenhang zwischen allen blutbereitenden Organen, dabei steht aber fest, daß gewisse Zellformen gerade im Knochenmark ihre Heimat haben; diese Elemente allein könnten höchstens als spezifisches Gewebe aufgefaßt werden, während das Knochenmark als Ganzes in die Reihe der lymphatischen Organe gehört. Das jugendliche Alter ist durch das starke Vorwiegen der Infektionskrankheiten charakterisiert; eine wichtige Rolle spielen dabei die Eiterkrankheiten. Bei den engen Beziehungen, die zwischen den Bakterien und den lymphatischen Geweben bestehen, ist es klar, daß diese Gewebe häufig erkranken müssen. Ich habe nun zu zeigen versucht, daß bei der Osteomyelitis das Wesentliche die Erkrankung des lymphatischen Gewebes ist, sie verläuft genau, wie die Erkrankung dieses Gewebes an anderen Orten. Das Eigenartige, das für die Osteomyelitis
3 VIII V orwort. hinzukommt und sie als spezifische Erkrankung charakterisiert, wird nicht durch die Spezifität des erkrankten Markgewebes bedingt, es findet seine Erklärung in der Tatsache, daß das lymphatische Gewebe hier von starren Knochenwänden eingeschlossen ist, die von dem erkrankten Mark in ganz bestimmter Weise verändert werden. Das Krankheitsbild der Osteomyelitis in toto wird durch die Reaktion des Knochengewebes auf das erkrankte Mark erzeugt. Sämtliche Formen der Osteomyelitis können auf diese Weise erklärt werden. Die meisten Darstellungen der Osteomyelitis berücksichtigen die Erkrankung des Marks zu wenig, sie beschäftigen sich zu ausschließlich und vorwiegend mit den Veränderungen des Knochens. Es wird eine große Reihe von Knochenveränderungen geschildert, ohne daß wir erfahren, wo die treibenden Kräfte stecken. Diese müssen in der Erkrankung der lymphatischen Gewebes gesucht werden. Bei dieser Betrachtung sehen wir, daß scheinbar ganz verschiedene Formen der Knochenerkrankung einen gemeinsamen Boden haben, dem sie entstammen, so daß völlig getrennt Scheinendes als eng zusammengehörig erkannt werden kann. Ich habe nicht die Absicht gehabt, die Frage der Osteomyelitis erschöpfend zu behandeln, es gibt eine große Reihe tüchtiger Arbeiten, die diese Aufgabe erfüllen ; mir lag daran, mein Material von 320 Fällen, das ich in zehnjähriger Arbeit gewonnen habe, in der oben skizzierten Weise zu bearbeiten und die Resultate dieser Untersuchungen hier vorzulegen. Es dürfte vielleicht nicht ganz uninteressant sein, ein solches Material, das aus einer Hand stammt und nach einheitlichen Gesichtspunkten bearbeitet ist, kennen zu lernen. Ich habe in verschiedenen Zeitschriften Teile davon publiziert, hier aber habe ich es zusammengefaßt und zu einem einheitlichen Bilde zu gestalten versucht. So überflüssig manchem ein solcher Versuch scheinen mag, demjenigen, der jahrelang auf einem bestimmten Gebiet gearbeitet hat, kann das Recht nicht abgesprochen werden, den Gegenstand so, wie er ihn sehen und erfassen gelernt hat, darznstellen. Von je mehr Gesichtspunkten ein Ding betrachtet wird, desto mehr bemerken wir an ihm und desto genauer lernen wir seine Natur und Eigentümlichkeiten kennen.
4 Riga, September Paul Klemm. Inh alts verzeich n is. Seite Bedeutung des lymphatischen Gewebes für die Osteomyelitis 1 Welche Teile des Knochens erkranken hei der Osteomyelitis? 4. Das Periost 5. Die verkalkte Grundsuhstanz 7. Das Knochenmark 9. Physiologie und Pathologie des Knochenmarkes 12. Die Leukocytose 15. Das Verhältnis der Entzündung zur Osteomyelitis 19. Das Verhältnis der Osteomyelitis zur Eiterung Gibt es spezifische Eitermikroben? 22. Die Formen der Markentzündung 24. Woher gelangen die Keime ins Mark? 25. Ätiologie und Pathogenese der Osteomyelitis 27 Weiterer Verlauf des entzündlichen Prozesses im Mark 33. Veränderungen der Knochensubstanz 35. Welche Teile des Knochens sind hei der Knochenresorption und -Produktion beteiligt? 36. Knochenresorption 39. Reaktion des Knochengewebes auf die oben aufgestellten fünf Formen der Markentzündung 44. Die akute, schnell verlaufende, progrediente Markphlegmone 44. Die akute, sich allmählich ausbreitende Markeiterung 45. Die Osteomyelitis albuminosa 46. Der Markahszeß 49. Die sklerosierende Osteomyelitis 56. Die diffuse Knochensklerose ohne Eiterung 56. Die diffuse Knochensklerose mit Eiterung 59. Die Knochensklerose mit Nekrose 61. Die diffuse Weichteilsklerose 62. Komplikationen der Osteomyelitis am Skelett 66. Erkrankung der Gelenke 69. Die klinischen Erscheinungen 70. Die schwersten Formen mit Überwiegen der Symptome der Allgemeininfektion 71. Schwere Formen mit Üherwiegen der Symptome der Markinfektion 79. Leichte Formen 83. Die chronische Osteomyelitis 84. Die rezidivierende Osteomyelitis 86. Die bakteriologischen Formen 89. Die Staphylomykose 90. Die Streptomykose 91. Die Pneumomykose 94. Die Typhomykose
5 X Inhaltsverzeichnis. Seite 94. Die Kolimykose 103. Verhältnis der Osteomyelitis zur Allgemeininfektion 106. Die Diagnose der Osteomyelitis 112. Die Prognose der Osteomyelitis 117. Die Therapie der Osteomyelitis 119. Die Einteilung der Osteomyelitis 121. Spezieller Teil 122. Unterschenkel 123. Chronische Erkrankung der Tibia 129. Osteomyelitis der Fibula 130. Osteomyelitis des Oberschenkels 131. Osteomyelitis humeri 138. Osteomyelitis antibrachii 141. Osteomyelitis scapulae 143. Osteomyelitis claviculae 147. Osteomyelitis sterni 150. Osteomyelitis costae 152. Osteomyelitis capitis 152. Osteomyelitis mandibulae 155. Osteomyelitis der kurzen spongiösen Knochen 162. Osteomyelitis des Kalkaneus 162. Osteomyelitis des Talus 165. Osteomyelitis des Metakarpus 166. Osteomyelitis der Phalangen 166. Zusammenfassung 167. Osteomyelitis des Beckens und Kreuzbeins 170. Osteomyelitis des Darmbeins 173. Ausgangspunkt im vorderen Abschnitt des Darmbeins 174. Ausgangspunkt am hinteren Abschnitt des Darmbeins und Ileosakralgelenks 182. Pathologisch-anatomische Befunde 188. Klinischer Verlauf 193. Diagnose 194. Prognose 197. Therapie 198. Osteomyelitis des Kreuzbeins 202. Osteomyelitis der Hüft- und Schambeine 218. Osteomyelitis der Wirbel 221. Die Gelenkosteomyelitis 224 Anatomische Befunde bei Gelenkosteomyelitis 225. Hüftgelenkosteomyelitis 227. Kniegelenkosteomyelitis 255. Osteomyelitis des Sprunggelenks 257. Osteomyelitis des Schultergelenks 258. Die Osteomyelitis des Ellenbogengelenks 260.
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