Silent Killer Wie kann die Unfallgefahr Ablenkung im Straßenverkehr verringert werden?

Größe: px
Ab Seite anzeigen:

Download "Silent Killer Wie kann die Unfallgefahr Ablenkung im Straßenverkehr verringert werden?"

Transkript

1 0 Silent Killer Wie kann die Unfallgefahr Ablenkung im Straßenverkehr verringert werden? Schriftenreihe Verkehrssicherheit

2 2 DVR Schriftenreihe 20

3 Inhalt Vorwort des Herausgebers... 4 DVR-Vorstandsbeschluss Ablenkung bei Fahrzeug Führenden... 6 Empfehlungen des 55. Deutschen Verkehrsgerichtstages Ablenkung im Straßenverkehr: das Problem Ablenkung und Unaufmerksamkeit im Straßenverkehr...9 Prof. Dr. Mark Vollrath, Technische Universität Braunschweig 2 Wie wirkt sich Ablenkung auf das Fahrverhalten aus? Ergebnisse einer Studie am Fahrsimulator Monika Pilgerstorfer, Kuratorium für Verkehrssicherheit, Wien Sofie Boets, Belgian Road Safety Institute, Brüssel 3 Die Psychologie des abgelenkten Fahrens Juliane Brachwitz, Henrik Habenicht, Tobias Ruttke, Prof. Dr. Rüdiger Trimpop, Friedrich-Schiller-Universität Jena Ablenkung im Straßenverkehr: Die Lösungsansätze Ablenkung im System des Deutschen Verkehrsrechts Prof. Dr. Dieter Müller, Institut für Verkehrsrecht und Verkehrsverhalten (IVV) Bautzen 5 Wie kann die Unfallgefahr Ablenkung im Straßenverkehr verringert werden? Vom Gefährlichen des Erlaubten Prof. Dr. Klaus Bengler, Technische Universität München 6 Ablenkung und aufmerksamkeitssteigernde Maßnahmen im Straßenraum ein Spagat? Harald Bode, Landesbetrieb Straßenbau NRW 7 Smartphone & Co (K)ein Thema in der (Fahr-)Aus- und Weiterbildung? Kay Schulte, Referatsleiter: Unfallprävention Wege und Dienstwege, DVR 8 Unfallursache Ablenkung Forschung und Maßnahmen in Österreich Dr. Gregor Bartl, Institut alles-führerschein.at, Wien 9 Ablenkung im Rahmen der BMVI/DVR-Kampagne Runter vom Gas Carla Bormann, Referatsleiterin Kampagnen/Medienarbeit, DVR Zusammenfassung und Fazit Wird Ablenkung gewünscht? Prof. Dr. Bernhard Schlag Schriftenreihe 20 DVR 3

4 Liebe Leserin, lieber Leser, eine aktive Teilnahme am Straßenverkehr erfordert jederzeit die volle Konzentration auf das Verkehrsgeschehen. Durch Ablenkung von der eigentlichen Fahraufgabe geht eine hohe Unfallgefahr aus. Dabei geht es nicht nur ums Telefonieren am Steuer oder die Nutzung von Smartphones. Auch Trinken, Essen, Rauchen oder das Bedienen des Radios führt zu Unaufmerksamkeit. Bei einer Umfrage der Kraftfahrzeug-Überwachungsorganisation freiberuflicher Kfz-Sachverständiger e.v. (KÜS) im Frühjahr 2017 gaben mehr als die Hälfte der Befragten an, am Steuer bereits weitere Tätigkeiten ausgeübt zu haben. 67 % haben getrunken, 63 % haben am Steuer Kleinigkeiten gegessen. 43 % gaben zu, telefoniert zu haben, 31 % haben geraucht und 16 % SMS bzw. Whatsapp verschickt, wobei hier die jüngeren Fahrerinnen und Fahrer eindeutig aktiver waren. Aufgrund der zunehmenden Informations- und Kommunikationstechnologie spielt Ablenkung bei der Verursachung von Unfällen im Straßenverkehr eine immer größere Rolle. Zurzeit fehlt es in Deutschland noch an einer verlässlichen Datenbasis. Eine aktuelle Untersuchung aus den USA ermöglicht einen vertieften Einblick in die Problematik. Bei einer umfassenden Naturalistic driving study 1 konnten bei den erfassten Unfällen mit Sach- und/oder Personenschaden in 68,3 Prozent der Unfälle Ablenkungsfaktoren aufgezeichnet werden. Warum begeben sich die Fahrenden ständig in solch eine große Gefahr? Warum erzielen bestehende Verbote nicht die gewünschte Wirkung? Und warum ist es uns noch nicht gelungen Multitasking am Steuer, ähnlich wie Alkohol, gesellschaftlich zu ächten? Dies sind einige der Fragen denen wir in diesem Band unserer Schriftenreihe nachgehen werden. 4 DVR Schriftenreihe 20

5 Ablenkung ist aktuell eines der drängendsten Themen der Verkehrssicherheitsarbeit. Verkehrssicherheitskampagnen und bestehende Regelungen scheinen nicht auszureichen, um die Verkehrsteilnehmenden ausreichend für die Gefahren zu sensibilisieren. Im Sinne der Vision Zero dürfen wir sie mit diesem Problem auch nicht allein lassen. Das gesamte System Straßenverkehr muss überprüft, alle geeignete Maßnahmen zur Entschärfung dieser Gefahr müssen umgesetzt werden. Die Möglichkeiten, die z.b. das Verkehrsrecht, Fahrerassistenzsysteme und die Automatisierung bieten, müssen genutzt werden. Diese werden in dieser Schriftenreihe beleuchtet und Best-Practice-Beispiele vorgestellt. Die Verkehrsministerkonferenz stellte am 6./7. Oktober 2016 dazu (...) fest, dass gerade Ablenkung während des Fahrens eine erhöhte Gefährdung bedeutet. Es muss daher möglich sein, sämtliche fahrfremde Tätigkeiten (z.b. Video/TV Schauen, Kaffee Kochen, Zeitung Lesen), die zu einer deutlichen Ablenkung der Fahrerinnen und Fahrer und damit zu einer erhöhten Verkehrsgefährdung führen, sanktionieren zu können. Sie bittet daher den Bund, die Straßenverkehrsordnung entsprechend zu überarbeiten und ggf. eine länderoffene Arbeitsgruppe zu diesem Thema einzuberufen. Schwerverletzten oder hohem Sachschaden die unzulässige Nutzung von mobilen Endgeräten als Unfallursache nicht auszuschließen ist, sollen diese sichergestellt und ggf. ausgewertet werden (siehe S. 6). Mit diesem Band der DVR-Schriftenreihe Verkehrssicherheit möchten wir im Sinne der Vision Zero einen weiteren Beitrag zur Bekämpfung der Unfallursache Ablenkung leisten. Viel Spaß bei der Lektüre Dr. Walter Eichendorf Präsident Deutscher Verkehrssicherheitsrat Der 53. Verkehrsgerichtstag hat bereits im Jahr 2015 erste Empfehlungen zu Ablenkung durch moderne Kommunikationstechniken entwickelt. Beim 55. Verkehrsgerichtstag 2017 in Goslar wurden weitere Empfehlungen erarbeitet (siehe S. 8). Der DVR-Vorstand hat im Oktober 2016 Maßnahmen beschlossen, um zukünftig Ablenkung und Unaufmerksamkeit durch moderne Kommunikations- und Informationsmittel im Straßenverkehr einzudämmen. Darin empfiehlt er die Intensivierung präventiver Maßnahmen. Im Rahmen der Fahrausbildung und Fahrerlaubnisprüfung soll Ablenkung von der Fahraufgabe und deren Auswirkungen thematisiert werden. Desweiteren solle die Novellierung des 23 Absatz 1a StVO zügig umgesetzt werden. Technische Lösungen, die eine Nutzung moderner Smartphones durch den Fahrenden während der Fahrt unterbinden, sollen entwickelt und verbindlich vorgeschrieben, die Sanktionen deutlich verschärft werden. Außerdem solle bei Verstößen verstärkt Verkehrsunterricht angeordnet werden können. Diese Maßnahmen sollen so medial unterstützt werden, dass Fahrende den Sinn und Zweck dieser Maßnahmen verstehen und nachvollziehen können. Wenn bei Unfällen mit Toten, 1 A. Dingus et al. Driver crash risk factors and prevalence evaluation using naturalistic driving data, Virginia Tech Transportation Institute, in William J. Horrey, Stanford University PNAS, 8. März 2016 Schriftenreihe 20 DVR 5

6 Ablenkung bei Fahrzeug Führenden Beschluss vom 27. Oktober 2016 auf der Basis einer Empfehlung des Vorstandsausschusses Erwachsene unter Mitwirkung des Vorstandsausschusses Junge Kraftfahrer Erläuterung Ablenkung bei Fahrzeug Führenden von der eigentlichen Fahraufgabe sowie Ablenkung von zu Fuß Gehenden spielt bei der Verursachung von Unfällen im Straßenverkehr eine immer größere Rolle. Ablenkung bei Fahrzeug Führenden ist zum überwiegenden Teil die Beschäftigung mit fahrfremden Tätigkeiten, die einer sicheren und regelkonformen Fahrzeugführung entgegensteht. Ablenkung wird mit wachsender Verbreitung z.b. mobiler oder verbauter Unterhaltungs-, Informations- und Kommunikationstechnologie weiter zunehmen. Maßnahmen gegen Ablenkung beim Führen von Fahrzeugen bzw. beim zu Fuß Gehen müssen daher auf allen Ebenen der Verkehrssicherheitsarbeit eine größere Bedeutung erlangen. Aufgrund der heutigen Forschungserkenntnisse erfolgt hiermit in einem ersten Schritt die Auseinandersetzung mit Verhaltensweisen von Personen, die Fahrzeuge führen. Verhaltensweisen von zu Fuß Gehenden wird der DVR in separaten Empfehlungen behandeln. Zurzeit fehlt es für Deutschland hinsichtlich der Unfallursache Ablenkung an einer verlässlichen Datenbasis über die Unfallursache Ablenkung. Die Datenerfassungen und -auswertungen z.b. aus Österreich, der Schweiz oder den USA sind ein möglicher Ausgangspunkt. Wie häufig Ablenkung bei Führenden von Kraftfahrzeugen vorkommt, ist aus einer großen Zahl verlässlicher Untersuchungen bekannt (vgl. Verkehrsgerichtstag 2015). Auch die Unfallrisiken wurden immer wieder erforscht. Eine aktuelle Untersuchung aus den USA ermöglicht einen vertieften Einblick in die Problematik. In einer umfassenden Naturalistic Driving Study 1 wurden Daten von mehr als Teilnehmenden und 35 Millionen gefahrenen Meilen über einen Zeitraum von drei Jahren betrachtet. Diese Zeitspanne ermöglichte erstmals, anhand einer hinreichenden Zahl beobachteter 6 DVR Schriftenreihe 20

7 Unfallereignisse genaue Risikoberechnungen anzustellen (905 Unfälle mit Sach- und/oder Personenschaden). In 68,3% der Unfälle konnten beobachtbare Ablenkungsfaktoren aufgezeichnet werden. Ablenkung/Unaufmerksamkeit führt im Durchschnitt zu einem zweifach höheren Risiko zu verunfallen. Das Unfallrisiko durch die Nutzung in der Hand gehaltener Kommunikationsmittel liegt durchweg um ein Vielfaches höher: So beinhaltet das Wählen einer Telefonnummer mit dem Mobiltelefon in der Hand ein mehr als zwölffach höheres Risiko. Ablenkung ist zum überwiegenden Teil die Beschäftigung mit fahrfremden Tätigkeiten, die einer sicheren und regelkonformen Fahrzeugführung entgegensteht. Dies wird im zunehmenden Maße anlässlich der Nutzung sogenannter Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) beobachtet. Der Arbeitskreis V des 53. Verkehrsgerichtstags (VGT) hat bereits im Jahr 2015 erste Empfehlungen zu Ablenkung durch moderne Kommunikationstechniken verabschiedet. Beschluss: Unter Berücksichtigung und Würdigung der Empfehlungen des 53. VGT empfiehlt der DVR: Die Verhinderung einer Ablenkung im Straßenverkehr, insbesondere durch Informations-, Kommunikationsund Unterhaltungsmittel erfordert eine Intensivierung präventiver Maßnahmen, z.b. im Rahmen der schulischen Verkehrserziehung oder der Prävention in der Arbeitswelt. Im Rahmen der Fahrausbildung und Fahrerlaubnisprüfung soll Ablenkung von der Fahraufgabe und deren Auswirkungen thematisiert werden. Hierzu sollten insbesondere spezielle Ablenkungsübungen konzipiert werden, die im Rahmen der praktischen Fahrausbildung verpflichtend eingesetzt werden sollen. Diese Ablenkungsübungen sind wissenschaftlich zu entwickeln und zu begleiten. Bei Vorliegen entsprechender wissenschaftlicher Erkenntnisse sollte die Ausweitung des Einsatzes der Übungen in der praktischen Fahrerlaubnisprüfung vorgesehen werden. Unabhängig davon sollten zeitnah mit wissenschaftlicher Begleitung Fragestellungen für die theoretische Fahrerlaubnisprüfung entwickelt werden, um Ablenkung dort frühestmöglich thematisieren zu können. Dem Verordnungsgeber wird empfohlen, die Rahmenbedingungen hierfür zu schaffen. Im Rahmen von Weiter- und Fortbildungen von Kraft Fahrenden sind Ablenkungsübungen ebenfalls zu berücksichtigen. Die Novellierung des 23 Absatz 1a Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) sollte zügig umgesetzt werden. Es sollten technische Lösungen, die eine Nutzung moderner Smartphones (z.b. zum Telefonieren, zum Lesen oder Schreiben von Texten) durch einen Fahrer oder eine Fahrerin während der Fahrt unterbinden, mit Nachdruck entwickelt bzw. bei entsprechender Tauglichkeit Lösungen, die es in den USA auf dem Markt bereits gibt (vgl. z.b. eingeführt oder modifiziert werden. Nach entsprechendem Wirkungsnachweis sollte deren Einsatz verbindlich vorgeschrieben werden. Die weitere Entwicklung und Verbreitung technischer Systeme, die Fahrfehler ausgleichen, sind von der Automobilindustrie zu forcieren. Die Sanktionen für die unzulässige Nutzung von Informations-, Kommunikations- und Unterhaltungsmitteln während der Fahrt sollten deutlich verschärft werden. Der Verordnungsgeber wird gebeten, den Bußgeldkatalog in diesem Sinne zu überarbeiten. Bei unzulässiger Nutzung von Informations-, Kommunikations- und Unterhaltungsmitteln während der Fahrt sollte verstärkt die Anordnung von Verkehrsunterricht gemäß 48 StVO vorgesehen werden. Die Einführung technischer Lösungen zur Verhinderung von unzulässiger Nutzung, die Verschärfung von Sanktionen und/oder die Wiederbelebung von zielgerichteten Nachschulungen (Verkehrsunterricht) soll medial so unterstützt werden, dass Fahrende den Sinn und Zweck dieser Maßnahmen verstehen und nachvollziehen können. Die Auswirkungen von Ablenkungen während des Fahrens sind hinreichend bekannt. Soweit bei Verkehrsunfällen mit Toten, Schwerverletzten oder hohem Sachschaden nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine unzulässige Nutzung von mobilen Endgeräten unfallursächlich war, sind diese sicherzustellen und ggf. auszuwerten. gez. Dr. Walter Eichendorf Präsident Deutscher Verkehrssicherheitsrat 1 A. Dingus et al. Driver crash risk factors and prevalence evaluation using naturalistic driving data, Virginia Tech Transportation Institute, in William J. Horrey, Stanford University PNAS, 8. März 2016 Schriftenreihe 20 DVR 7

8 Empfehlungen des 55. Deutschen Verkehrsgerichtstages 2017 Arbeitskreis II Unfallursache Smartphone Die Gefahren durch die Missachtung des Handyverbots sind unverändert ein in der Gesellschaft unterschätztes Problem. Der Arbeitskreis ist der Auffassung, dass eine gesellschaftliche Ächtung der Nutzung von elektronischen Geräten während des Fahrens erreicht werden muss. Dazu ist eine Kombination von psychologischen, edukativen, technischen und rechtlichen Maßnahmen notwendig. Es fehlen nach wie vor für Deutschland verlässliche Zahlen, in welchem Umfang die Benutzung von elektronischen Geräten bei der Teilnahme am Straßenverkehr zu Unfällen führt. Der Arbeits kreis empfiehlt, eine In-Depth-Unfallstudie in Auftrag zu geben. Die Ablenkung im Straßenverkehr muss Thema der schulischen Verkehrserziehung in allen Alters stufen werden. Für die Fahrausbildung sind geeignete Aufgaben wissenschaftlich zu entwickeln und zu evaluieren. Mit Verkehrsaufklärung, insbesondere Kampagnen, soll der Bevölkerung die Verantwortungslosigkeit dieses Verhaltens bewusst gemacht werden. Es sollen weitere technische Lösungen entwickelt und bei entsprechender Tauglichkeit verbindlich vorgeschrieben werden, die eine rechtswidrige Nutzung von Kommunikations-, Informations- und Unterhaltungsmitteln durch Fahrende unterbinden. Der Arbeitskreis begrüßt die wesentliche Umsetzung der Empfehlungen des Arbeitskreises V des 53. Deutschen Verkehrsgerichtstages im vorliegenden Referentenentwurf zur Änderung des 23 Abs. 1a StVO. In Satz 1 Nr. 1 sollte die Formulierung in aufgenommen oder gehalten wird geän dert werden. In Satz 1 Nr. 2 b) sollte erforderlich ist in erfolgt geändert werden. Hinsichtlich der Tatfolgen empfiehlt der Arbeitskreis, dass der wiederholt innerhalb eines Jahres auffällig gewordene Täter mit einem Regelfahrverbot und/oder einer Teilnahme an einem Ver kehrsunterricht nach 48 StVO belegt wird. Hierneben ist der Verstoß gegen 23 Abs. 1a StVO im Rahmen der Fahrerlaubnis auf Probe als schwerwiegender Verstoß (,,A-Verstoß ) zu werten. Der Arbeitskreis empfiehlt dem Gesetzgeber, sich dem Problem der Ablenkung von Fußgängern durch elektronische Geräte zu widmen. 8 DVR Schriftenreihe 20

9 Ablenkung im Straßenverkehr: das Problem 1 Ablenkung und Unaufmerksamkeit im Straßenverkehr Warum glaubt man als Fahrer eigentlich, dass das Tippen am Steuer nicht schlimm ist? Prof. Dr. Mark Vollrath, Lehrstuhl für Ingenieur- und Verkehrspsychologie, TU Braunschweig Das Problem mit dem Unfallrisiko Im Jahr 2015 gab es in Deutschland 2,5 Millionen Unfälle, davon über Unfälle mit Personenschäden. Bei diesen Unfällen wurden fast Personen verletzt und getötet. Entsprechend liest man in der Zeitung täglich von Unfällen und kann den Eindruck bekommen, dass der Straßenverkehr sehr gefährlich sei. Allerdings starben in Deutschland im Jahr 2015 insgesamt über Menschen. Die häufigsten Todesursachen sind Krebs und Herzkreislauferkrankungen, zusammen über Todesfälle. Der Verkehr ist also gar nicht so gefährlich? Dieser Eindruck verstärkt sich noch, wenn man das Unfallrisiko für einen individuellen Fahrer in Deutschland betrachtet. Den Verletzten oder Getöteten stehen etwa 750 Milliarden Kilometer gegenüber, die 2015 in Deutschland gefahren wurden. Das heißt, statistisch findet man einen Verletzten oder Getöteten nach 1,9 Millionen gefahrenen Kilometer. Betrachtet man alle Unfälle, so findet man einen Unfall nach km. Ein durchschnittlicher Fahrer mit einer Jahresfahrleistung von km kann also statistisch 20 Jahre fahren, bevor ein Unfall passiert. Die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls ist pro Kilometer 0,0003 %. Das heißt für den individuellen Fahrer: Im Erleben des Fahrers ist der individuelle Autoverkehr sehr, sehr sicher. Die Wahrscheinlichkeit, einen Unfall oder gar einen schweren Unfall mit Personenschaden zu haben, geht auf der individuellen Ebene gegen Null. Man erlebt praktisch nie einen Unfall! Das ist die gute Nachricht. Der Straßenverkehr in Deutschland ist zwar noch nicht so sicher wie die Bahn, aber schon sehr sicher. Die Gestaltung der Straßen, die Akzeptanz von Verkehrsregeln (z.b. die Promillegrenze) und die moderne Kfz-Technik (Fahrerassistenzsysteme) haben dazu beigetragen, dass das Unfallrisiko in Deutschland so gering ist. Das Problem ist nur, dass selbst extrem riskante und gefährliche Verhaltensweisen vor diesem Hintergrund kaum als riskant und gefährlich erlebt werden können. Am Beispiel des Alkohols: Bei einer Blutalkoholkonzentration von 0,8 Promille steigt das Unfallrisiko auf das 5-fache einer nüchternen Fahrt. Wenn man alkoholisiert ist, hat man also 5 Mal häufiger einen Unfall als nüchtern. Dies erscheint hoch. Aber wenn man es auf die Kilometer umrechnet, hat man dann einen Unfall auf km und das nur, wenn man diese km komplett mit Alkohol fährt. Die Wahrscheinlichkeit pro Kilometer ist dann 0,0015 %, also immer noch fast Null. Selbst eine deutliche und starke Erhöhung des Unfallrisikos kann vom Fahrer kaum so erlebt werden, da selbst das erhöhte Unfallrisiko immer noch gegen Null geht. Auch mit erhöhtem Unfallrisiko erlebt man fast nie einen Unfall! Das gilt natürlich auch, wenn man abgelenkt fährt. Selbst wenn man häufig mit dem Handy am Steuer fährt, selbst wenn man Apps bedient, chattet oder Spiele spielt und selbst wenn das Unfallrisiko dadurch um das 50-fache steigt: es ist fast sicher (über 99 % Wahrscheinlichkeit), dass man dabei keinen Unfall hat. Schriftenreihe 20 DVR 9

10 Weil der Verkehr so sicher ist, hat man den Eindruck, dass man trotz starker Ablenkung immer noch sehr sicher fahren kann, weil das objektiv deutlich erhöhte Unfallrisiko immer noch so klein ist, dass man fast nie einen Unfall erleben wird. Wenn man immer wieder erlebt, dass man trotz Ablenkung keinen Unfall hat, wird der Eindruck immer mehr verstärkt, dass das nicht gefährlich ist. Das ist das Problem mit dem Unfallrisiko: Man weiß, dass Ablenkung zu einer sehr starken Erhöhung des Unfallrisikos führt. Im nächsten Abschnitt werden einige bedeutende Studien dazu beschrieben. Trotzdem haben Fahrer ein ganz anderes Gefühl. Nach ihrer Erfahrung bleibt das Fahren trotz Ablenkung sicher. Auf gewisse Weise haben sie sogar recht, denn das Unfallrisiko bezogen auf die gefahrenen Kilometer ist immer noch sehr klein. Aber es ist deutlich größer, als wenn man konzentriert und aufmerksam fährt. Aber damit man das als Fahrer wirklich ernst nimmt, muss man das Problem mit dem Unfallrisiko verstanden haben. Dazu sollte dieser erste Abschnitt beitragen. Vielleicht kann man es Fahrer auch gezielt erleben lassen, wie gefährlich Ablenkung ist. Dazu sind Fahrsimulatoren sehr gut geeignet, in denen man entsprechende Situationen beliebig gestalten kann, der Unfall dann aber zum Glück virtuell und ohne Folgen bleibt. Der nächste Abschnitt soll also zeigen, wie gefährlich Ablenkung tatsächlich ist, und welche Art der Ablenkung unter welchen Umständen gefährlich werden kann. Wenn man das Problem mit dem Unfallrisiko verstanden hat, können diese Informationen helfen, sich immer wieder klarzumachen, dass man sich lieber nicht ablenken lassen sollte, um unfallfrei zu fahren, auch wenn das eigene Erleben eigentlich dagegen spricht. Aber so soll es ja auch bleiben: Lebenslang unfallfrei zu bleiben, wäre eine sehr positive Vision. Das Telefonieren ist doch gar nicht so schlimm wie WhatsApp, oder? Das Unfallrisiko durch Ablenkung Wie untersucht man, ob Ablenkung beim Fahren gefährlich ist? Man prüft, ob Unfälle durch Ablenkung entstehen. Dazu muss man erfassen, ob der Fahrer direkt vor dem Unfall abgelenkt war. Wenn dies der Fall war (was gar nicht so einfach nachzuweisen ist), ist damit tatsächlich bewiesen, dass die Ablenkung die Unfallursache war? Auch wenn es plausibel erscheint, könnte es natürlich auch sein, dass die Situation so schwierig war, dass auch ohne Ablenkung ein Unfall geschehen wäre. Wenn der Fahrer sehr dicht hinter einem anderen Fahrzeug herfährt, das plötzlich und ohne äußeren Grund scharf bremst, ist auch ein nicht abgelenkter Fahrer so überrascht, dass der Auffahrunfall nicht vermieden werden kann. Wenn plötzlich ein Fußgänger hinter einem parkenden Fahrzeug unvermittelt die Straße betritt, ist auch ein aufmerksamer Fahrer überfordert, wenn der Fußgänger direkt vor dem eigenen Fahrzeug auftaucht. Es reicht nicht aus, zu zeigen, dass ein Fahrer direkt vor dem Unfall abgelenkt war. Man muss auch beweisen, dass der Unfall ohne Ablenkung nicht geschehen wäre. Dieser Beweis ist schwierig. Natürlich wird es eine ganze Reihe ähnlicher Unfälle geben, bei denen der Fahrer nicht abgelenkt gewesen ist. Zum Beispiel untersuchten Victor und Kollegen (2014) in der bisher größten Naturalistic Driving Study über Fahrer drei Jahre lang bei Fahrten in ihren eigenen Fahrzeugen. Dabei fanden sich 257 Auffahrunfälle oder Beinaheunfälle. Bei 16 % von diesen hatten die Fahrer unmittelbar vor dem Unfall eine Textbotschaft geschrieben oder gelesen. Das heißt aber umgekehrt, 84 % der Auffahrunfälle waren geschehen, ohne dass Fahrer getextet hatten. Aus den Unfalldaten allein ist damit schwierig zu beurteilen, ob und wie gefährlich Textbotschaften tatsächlich sind. Um dies zu beurteilen, muss man zusätzlich unfallfreie Fahrten untersuchen, die den Unfallsituationen möglich ähnlich sind, also von denselben Fahrern in vergleichbaren Verkehrssituationen. Dies war in der Naturalistic Driving Study sehr einfach möglich. Pro Unfallsituation wurden dort zwei unfallfreie Fahrten herangezogen, insgesamt 517 sog. Baseline-Fahrten. Bei diesen waren nur 3 % Fahrten mit Textbotschaften zu finden. Wenn Textbotschaften nichts mit der Unfallentstehung zu tun haben, würde man auch bei Unfällen 3 % erwarten. Da es aber 16 % sind, sind Textbotschaften bei Unfällen deutlich häufiger als bei unfallfreien Fahrten. Als Maß für das Unfallrisiko berechnet man ein sog. Odds Ratio (OR). Dies gibt an, wie viel häufiger Ablenkung bei Unfällen im Vergleich zu unfallfreien Fahrten ist. In der Studie von Victor et al. (2014) ist für Textbotschaften dieses OR = 5,6. Das Unfallrisiko wird durch das Verfassen oder Lesen von Textbotschaften demnach fast 6-fach erhöht. Dieses Beispiel zeigt zunächst methodisch: 10 DVR Schriftenreihe 20

11 Um nachzuweisen, dass eine Ablenkungsart gefährlich ist, vergleicht man die Ablenkung vor Unfällen mit der Ablenkung bei unfallfreien Fahrten. Findet sich eine Ablenkungsart häufiger bei Unfällen als bei unfallfreien Fahrten, kann man davon ausgehen, dass diese Ablenkung das Unfallrisiko erhöht. In der Studie von Victor et al. (2014) wurden auch weitere Ablenkungsarten bei Auffahrunfällen untersucht. Abbildung 1 zeigt die Ergebnisse im Überblick. Links findet man zunächst das erhöhte Unfallrisiko (OR = 5,6) beim Schreiben und Lesen von Textbotschaften. Rechts ist dargestellt, dass die Bedienung des Telefons (Heraussuchen einer Nummer, Wählen) das Unfallrisiko leicht erhöht (OR = 1,7) und auch die Bedienung des Radios eine leichte Erhöhung mit sich bringt (OR = 2,3). Interessant ist das Ergebnis für das Telefonieren: Telefonieren wurde direkt vor Auffahrunfällen 10 Mal seltener gefunden als bei unfallfreien Fahrten. Telefonieren scheint also vor Auffahrunfällen zu schützen. x-faches Unfallrisiko [log] 5 0,5 0,05 5,6 Texting 0,1 1,7 Telefonieren Bedienung Telefon 2,3 Radio Abbildung 1: Veränderung des Unfallrisikos durch verschiedene Arten der Ablenkung nach der Naturalistic Driving Study von Victor et al. (2014) aus den USA. Dargestellt sind die Odds Ratios. Auf der einen Seite erscheint dieses Ergebnis zunächst unplausibel. Beim Telefonieren ist man geistig nicht mehr beim Fahren dabei. Man versteht möglicherweise nicht so recht, was im Verkehr passiert. Auf der anderen Seite schaut man beim Telefonieren weiter auf die Straße und fährt ganz automatisch. Wenn das Fahrzeug vor einem plötzlich bremst oder plötzlich ein Hindernis auftaucht, dann wird man das auch beim Telefonieren auf jeden Fall sehen. Diese Situation ist dann so eindeutig, dass man nicht groß Nachdenken muss, sondern sofort reagieren wird. Die geistige Ablenkung wirkt sich in solchen sehr einfachen Situationen offensichtlich nicht sehr negativ aus. Inzwischen gibt es eine Reihe weiterer Studien zum Unfallrisiko durch das Telefonieren (s. Young, 2013), die auch für andere Arten von Unfällen keine Erhöhung, sondern ein gleichbleibendes oder sogar verringertes Unfallrisiko nachweisen können. Das Lesen und Schreiben auf dem Smartphone erhöht das Unfallrisiko deutlich. Das Telefonieren ist weniger schädlich und kann das Unfallrisiko sogar reduzieren. Man sollte beim Telefonieren allerdings auch berücksichtigen, dass viele telefonierende Fahrer ihr Fahrverhalten anpassen und beim Telefonieren langsamer fahren, größere Abstände halten, auf der Autobahn auf die rechte Spur fahren. Den Fahrern scheint bewusst zu sein, dass sie geistig nicht voll beim Fahren sind und schaffen sich so mehr Zeit, um trotzdem sicher reagieren zu können. Diese Strategie scheint erfolgreich zu sein und die geistige Ablenkung aufzufangen. Man sollte also nicht davon ausgehen, dass Telefonieren überhaupt nicht ablenkt. Man sollte aber auch die Gefahren des Telefonierens nicht fälschlicherweise zu hoch ansetzen. Die wesentliche Gefahr durch das Smartphone im Verkehr entsteht durch das Lesen und Schreiben von Textbotschaften, Bedienen und Ansehen von Apps. Eigentlich ist das auch nicht überraschend. Beim Autofahren werden die wesentlichen Informationen visuell aufgenommen. Man muss sehen, wo die Straße hinführt und wo man sich selbst auf der Straße befindet. Andere Verkehrsteilnehmer müssen rechtzeitig gesehen werden und man muss abschätzen, inwieweit man sie beim Fahren berücksichtigen muss. Verkehrszeichen und Ampeln müssen gesehen werden und man muss entsprechend reagieren. Von dieser Beschreibung der Fahraufgabe her ist klar, dass jede Nebentätigkeit besonders gefährlich ist, bei der die Blicke weg von der Straße gehen. Je stärker die visuelle Ablenkung bei einer Nebentätigkeit ist, umso gefährlicher ist sie beim Autofahren. Diese Überlegung wurde in einer Vielzahl von Fahrsimulatorstudien sehr eindeutig bestätigt. Bei diesen Studien erhalten Probanden die Aufgabe, eine bestimmte Strecke im Simulator möglichst sicher und gut zu fahren. Gleichzeitig sollen sie, soweit es ihnen sicher möglich ist, unterschiedliche Nebentätigkeiten durchführen. Vollrath und Kollegen fassten 2014 über 50 dieser Studien zusammen. Für verschiedene Nebentätigkeiten wurde Schriftenreihe 20 DVR 11

12 dazu ausgezählt, wie viele Studien deutliche Beeinträchtigungen der Leistung beim Fahren nachweisen konnten. Abbildung 2 zeigt die Ergebnisse. SMS lesen/schreiben Navigation Zieleingabe Bedienung Telefon telefonieren Musiksuche Radio bedienen Anteil Beeinträchtigungen [%] Abbildung 2: Anteil von Studien, die bei einer bestimmten Art von Nebentätigkeit Beeinträchtigungen der fahrerischen Leistung fanden (nach der Studie von Vollrath et al., 2014). Besonders stark stört das Lesen und Schreiben von Textbotschaften, die Zieleingabe beim Navigationssystem und die Bedienung des Telefons beim Fahren. Hier finden über 60 % der Studien deutliche Beeinträchtigungen. Dies sind jeweils Tätigkeiten, bei denen man längere Zeit von der Straße wegschaut. Im mittleren Bereich liegt das Telefonieren und die Suche von Musiktiteln. Beim Telefonieren schaut man zwar nicht von der Straße weg, aber scheint doch durch die geistige Ablenkung nicht mehr so gut zu fahren wie ohne Telefon. Die Musiksuche benötigt zwar Blicke weg von der Straße, scheint aber recht schnell zu gehen, sodass diese kurzen Blicke weniger stören. Dies gilt auch für die Bedienung des Radios, wo nur 17 % der Studien negative Effekte finden konnten. Auch die psychologische Grundlagenforschung bestätigt diese Ergebnisse. Die visuelle Aufmerksamkeit ist nicht teilbar. Wenn man Dinge sehen und verstehen möchte, muss man die Aufmerksamkeit darauf konzentrieren. In diesem Augenblick kann man andere visuelle Informationen nur noch teilweise wahrnehmen, wenn sie im peripheren Sichtfeld sehr auffällig sind. Um zu verstehen, was dort passiert, muss man hinschauen. Die starke Ablenkungswirkung von Nebentätigkeiten, die die visuelle Aufmerksamkeit erfordern, liegt daran, dass Menschen immer nur eine visuelle Information pro Zeiteinheit aufnehmen können. Das Autofahren erfordert aber sehr häufig, dass visuelle Informationen aufgenommen werden, da sich die Verkehrssituation ständig ändert. Es ist also eigentlich nicht wirklich überraschend, dass die Bedienung von Apps auf dem Smartphone, Texting und WhatsApp, besonders gefährlich beim Autofahren ist. Eigentlich ist selbstverständlich, dass der Blick weg von der Straße beim Autofahren gefährlich ist. Eigentlich ist klar, dass Bedienung des Smartphones, Texting, Apps und WhatsApp das Unfallrisiko erhöht. Wie oben dargestellt, liegt das Problem darin, dass der sichere Verkehr dazu führt, dass man als Fahrer ständig die gegenteilige Erfahrung macht. Man ist zwar visuell abgelenkt. Trotzdem passiert kein Unfall. Das liegt aber nicht daran, dass die Ablenkung ungefährlich ist, sondern daran, dass der Verkehr so sicher ist. Man muss sich als Fahrer immer wieder klarmachen, dass diese erlebte Sicherheit trügerisch ist. Man fährt nicht sicher, obwohl man abgelenkt ist. Man hat nur Glück, dass meistens nichts passiert! Ablenkung ist ein Problem in Deutschland! Beobachtung und Befragung von Autofahrern Die meisten Studien zum Unfallrisiko durch Ablenkung kommen aus den USA und Australien. Dort ist der Verkehr und auch das Verhalten der Autofahrer ganz anders als in Deutschland. Lange Autofahrten auf leeren Straßen und monotone Fahrten sind dort viel häufiger als in Deutschland. Vielleicht ist es deshalb kein Wunder, dass Ablenkung in diesen Ländern eine solche große Rolle spielt und das Unfallgeschehen prägt. Sind die Fahrer in Deutschland in dem dichten Verkehr in der Stadt und auf Autobahnen nicht so sehr beschäftigt, dass für Nebentätigkeiten kaum Platz bleibt? Bis vor wenigen Jahren fehlten entsprechende Informationen für Deutschland völlig. Inzwischen gibt es einige erste Befragungs- und Beobachtungsstudien, die zeigen, dass gerade die Ablenkung durch das Smartphone auch in Deutschland im Verkehr eine große Rolle spielt. Man weiß zwar noch nicht, bei wie vielen Unfällen eine Smartphone-Nutzung eine Rolle gespielt hat, da dies momentan bei der Unfallaufnahme (noch) nicht erfasst wird. Aber man hat zumindest einen Eindruck davon, wie viele Autofahrer mit dem Smartphone unterwegs sind und wie sie es nutzen. Die erste und größte Beobachtungsstudie wurde in den Städten Braunschweig, Hannover und Berlin durchgeführt (Vollrath et al., 2016). Fast Fahrer wurden beim Fahren und stehend an der Ampel von außen beobachtet. Man konnte dort sehr gut erkennen, ob das 12 DVR Schriftenreihe 20

13 Smartphone genutzt wurde, ob telefoniert wurde oder die Fahrer aßen, tranken oder rauchten. Abbildung 3 zeigt die Ergebnisse. Insgesamt waren etwas mehr als 13 % der Fahrer beim Blick ins Auto abgelenkt. Mit dem Smartphone waren 8,4 % der Fahrer beschäftigt, wobei 1,7 % der Fahrer die Freisprechanlage zum Telefonieren nutzen, 2,2 % mit dem Handy am Ohr telefonierten und 4,5 % auf das Smartphone schauten und es bedienten. 2,9 % der Fahrer rauchten, 1,1 % aßen und 0,0 % tranken. Insgesamt ist damit das Smartphone mit seinen vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten die häufigste Ursache für Ablenkung am Steuer in Deutschland. Summe Smartph. tippen Handy am Ohr Freisprechen Rauchen Essen Trinken 2,2 1,7 1,1 0,9 2,9 4,5 8,4 13, Anteil Fahrer [%] Abbildung 3: Ergebnisse der Beobachtungsstudie in Braunschweig, Hannover und Berlin (nach Vollrath et al., 2016). Es zeigte sich übrigens auch ein Hinweis, dass die Fahrer die Nutzung des Handys ein wenig an den Verkehr anpassen. Im Stand an der roten Ampel waren 14,4 % der Fahrer abgelenkt, beim Fahren 12,9 %. Diese Verhaltensanpassung ist damit leider sehr gering. Sehr viele Fahrer nutzen ihr Smartphone auch beim Fahren im dichten Stadtverkehr, um darauf zu tippen, zu texten, zu chatten usw. Da gerade der Stadtverkehr hohe Anforderungen an die visuelle Wahrnehmung und Aufmerksamkeit stellt, ist davon auszugehen, dass sich diese Ablenkung negativ auswirkt. Allerdings fehlen dazu bislang die entsprechenden Zahlen aus Unfallstatistiken in Deutschlande. Wer sind die Zielgruppen und wer nutzt das Smartphone? Die Handynutzung scheint für Männer und Frauen in gleichem Maße attraktiv zu sein. 8,3 % der Männer und 8,5 % der Frauen nutzen das Smartphone bei der Fahrt. Beim Alter fallen die Senioren positiv auf: Nur 1,4 % der Senioren, aber 9 % der mittelalten und 10 % der jungen Fahrer nutzen das Smartphone bei der Fahrt. Bei diesen Zahlen ist außerdem zu beachten, dass dies nur die Häufigkeiten beim Blick in die Fahrzeuge sind, also bei einzelnen Fahrwegen. Andere Befragungen zeigen, dass vermutlich deutlich über 50 % der einzelnen Fahrer zumindest gelegentlich das Smartphone bei der Fahrt nutzen (z.b. Kubitzki, 2015). Damit scheint das Smartphone ein Problem der breiten Fahrbevölkerung zu sein. Die Nutzung des Smartphones bei der Fahrt ist in Deutschland momentan die häufigste Ablenkung. Dies betrifft Männer und Frauen, junge und mittelalte Fahrer, also bis auf die Senioren den größten Teil der Fahrbevölkerung Gerade das Tippen auf dem Smartphone und das Lesen von Texten sind häufiger als das Telefonieren. Die gefährlichere Art der Ablenkung ist häufiger als die ungefährlichere. Damit ist Ablenkung ein Problem im Verkehr in Deutschland, vor allem Ablenkung durch Smartphones. Auch wenn man momentan nicht weiß, wie viele Unfälle dadurch verursacht werden: Angesichts des nachgewiesenen Unfallrisikos ist Ablenkung durch Smartphones sicherlich eine der wichtigsten Unfallursachen in Deutschland. Strategien für den Fahrer Als Fahrer möchte man mit dem Auto sicher von A nach B kommen. Unser Verkehr ist inzwischen so sicher, dass man auch meistens ganz entspannt und ruhig fahren kann. Es entsteht sogar der trügerische Eindruck, dass man es sich leisten kann, nicht ganz fit oder aber auch abgelenkt zu sein. Es wird schon nichts passieren und es passiert auch meistens nicht. Man muss sich immer wieder klarmachen, dass selbst eine deutliche Erhöhung des Unfallrisikos von einem selbst als individuellem Fahrer kaum erlebt werden kann. Trotz erhöhtem Unfallrisiko ist dies tatsächlich immer noch so klein, dass man in über 99 % der Fahrten sicher ankommen wird. Man kann sich also nicht auf sein Gefühl oder besser sein Risikobewusstsein verlassen. Dabei ist es eigentlich ganz eindeutig: Man muss beim Fahren auf die Umgebung achten, und wenn man ständig auf das Smartphone schaut, wird man Dinge übersehen. Gerade Tätigkeiten, bei denen man von der Straße wegschaut, vertragen sich nicht mit dem Autofahren. Schriftenreihe 20 DVR 13

14 Man sollte also meinen, dass das bei ein wenig Nachdenken für jeden vernünftigen Fahrer völlig klar ist. Wenn man Fahrer befragt, ist ihnen auch durchaus bewusst, dass Ablenkung gefährlich sein kein. Dieses Wissen scheint aber nicht zu genügen. Das beschriebene trügerische Sicherheitsgefühl spielt dabei sicherlich eine Rolle. Viel wichtiger scheint allerdings zu sein, dass das Smartphone so hohe Anreize für die Nutzung bietet (s. den Beitrag von Trimpop in diesem Band). Man bleibt ständig in Kontakt mit seinen Freunden und Bekannten, ist immer auf dem aktuellen Stand, erfährt ständig Neuigkeiten das Smartphone bietet eine Vielzahl von solchen Möglichkeiten. Eine vage Gefahr, die man sich immer wieder bewusst klarmachen muss, steht derartigen Anreizen gegenüber. Kein Wunder, dass sich viele Fahrer für das Smartphone entscheiden, da der Verlust an Sicherheit nur abstrakt zu drohen scheint. Was kann vor diesem Hintergrund der einzelne Fahrer tun? Sich vor jeder Fahrt bewusstmachen, dass die Nutzung des Smartphones beim Fahren gefährlich ist. Im Stand vor der Fahrt nochmal auf dem Smartphone nachschauen, ob irgendwas Wichtiges passiert ist. Dann das Smartphone in den Flugmodus schalten oder besser ganz ausschalten und wegpacken, sodass es nicht in Sichtweite und nicht zu hören ist. Bei langen Fahrten Pausen machen, um gezielt auf dem Smartphone nachzusehen. Sich nach der Fahrt bestätigen, dass man wieder alles richtig gemacht hat und ohne Smartphone gut angekommen ist. Literatur Kubitzki, J. (2015). Mobiltelefone jetzt bitte abschalten. In: Deutscher Verkehrsgerichtstag (Hrsg.), 53. Deutscher Verkehrsgerichtstag (S ). Köln: Luchterhand Verlag Victor, T., Bärgman, J., Boda, C.-N., Dozza, M., Engström, J., Flannagan, C., Lee, J.D. & Markkula, G. (2014). Analysis of Naturalistic Driving Study Data: Safer Glances, Driver Inattention, and Crash Risk. Transportation Research Board of the National Academics. Online: Vollrath, M., Huemer, A. K., Nowak, P. & Pion, O. (2014). Ablenkung durch Informations- und Kommunikationssysteme. Berlin: Unfallforschung der Versicherer Vollrath, M., Huemer, A. K., Teller, C., Likhacheva, A., Fricke, J. (2016). Do German drivers use their smartphone safely? Not really! Accident Analysis and Prevention, 96, Young, R. (2013). Cell Phone Conversation and Automobile Crashes: Relative Risk is Near 1, Not 4: PRO- CEEDINGS of the 3rd International Conference on Driver Distraction and Inattention, September 4-6, 2013, Gothenburg, Sweden (No. 68-P). Retrieved February 07, 2014, from 14 DVR Schriftenreihe 20

15 2 Wie wirkt sich Ablenkung auf das Fahrverhalten aus? Ergebnisse einer Studie am Fahrsimulator Monika Pilgerstorfer, KFV (Kuratorium für Verkehrssicherheit) Sofie Boets, BRSI (Belgian road safety institute) 1 Einleitung 1.1 Hintergrund Ablenkung im Straßenverkehr ist ein bekanntes, aber dennoch zunehmendes Problem für die Verkehrssicherheit. In Österreich sind Ablenkung und Unachtsamkeit die Hauptunfallursache rund eines Drittels aller Unfälle mit Personenschaden. 1 International wird Ablenkung für 5 bis 25% aller Verkehrsunfälle als ursächlich geschätzt. 2 Das KFV (Kuratorium für Verkehrssicherheit) hat sich aus diesem Grund intensiv mit dem Thema Ablenkung im Straßenverkehr auseinander gesetzt und Befragungen, Beobachtungen und Expertendiskussionen durchgeführt. 3 Nebenaktivitäten wurden hinsichtlich Häufigkeit, Dauer sowie der für die Durchführung erforderlichen und damit nicht für die Verkehrsteilnahme zur Verfügung stehenden Kapazitäten bewertet. Im Ergebnis wurden folgende Nebentätigkeiten beim Lenken eines Pkw an vorderster Stelle gereiht: Telefonieren, Schreiben und Lesen von Textnachrichten sowie Essen und Trinken. Die vorliegende Studie hatte zum Ziel, die Effekte dieser Nebentätigkeiten auf das Fahrverhalten zu evaluieren. 1.2 Forschungsfrage Um den Einfluss von Ablenkung auf das Fahrverhalten, und damit auf die Verkehrssicherheit, feststellen zu können, wurden folgende Forschungsfragen gestellt: Welchen Einfluss hat Ablenkung durch Telefonieren mit und ohne Freisprecheinrichtung Lesen und Schreiben von Textnachrichten Essen und Trinken auf die gefahrene Geschwindigkeit? die Abweichung von der Spurmitte? die Reaktion auf plötzlich auftretende kritische Ereignisse? das Blickverhalten? Damit ist die vorliegende Studie eine erweiterte Wiederholung der belgischen Studie über die Auswirkungen von Lesen und Schreiben von Textnachrichten auf das Fahrverhalten junger Fahrer Rahmenbedingungen Die zwischen Juni und Dezember 2015 durchgeführte Studie am Fahrsimulator wurde vom BRSI (Belgian road safety institute) im Auftrag von und in Kooperation mit dem KFV (Kuratorium für Verkehrssicherheit) durchgeführt. BRSI stellte den Fahrsimulator zur Verfügung und war für Organisation, Feldarbeit und Analyse der Fragen sowie Simulationsdaten verantwortlich, das KFV unterstützte das belgische Expertenteam bei der Entwicklung des Untersuchungsdesigns, der Rekrutierung der Probanden, im Rahmen der Feldarbeit in Wien und bei der Auswertung der Blickbewegungsdaten. 2 Methode 2.1 Teilnehmende Für die Teilnahme an der Studie wurden Autofahrer gesucht, die jährlich mindestens km einen Pkw lenken und ein Smartphone besitzen. Insgesamt haben 63 Autofahrer im Alter von 20 bis 63 Jahren, darunter 34 Frauen und 29 Männer, an der Studie teilgenommen und dafür ihr eigenes Smartphone sowie wenn vorhanden Headset und ggf. ihre Brille mitgebracht. Die Teilnahme erfolgte freiwillig gegen eine Entschädigung von Technik Verwendet wurde ein fix montierter Fahrsimulator mit Automatikschaltung. Die Sicht durch Windschutz- und Seitenscheiben wurde auf drei Bildschirmen mit einem Sichtfeld von 120 simuliert. Die Umgebung wurde Schriftenreihe 20 DVR 15

16 zusätzlich über drei simulierte Spiegel (Rück- und zwei Seitenspiegel) auf den Hauptbildschirmen dargestellt. Mit der STISIM3-Software wurden Fahrparameter alle 30 msek aufgezeichnet. Für die Registrierung der Blickbewegungen wurde das Eyetracking-System FaceLAB eingesetzt, mit dem Bewegungen der Augen bis zu 90 und Kopfbewegungen bis zu 180 horizontal registriert werden. Die Kameras wurden so über dem Lenkrad platziert, dass die Sicht auf die Bildschirme nicht behindert wurde. Mit der Eye- Works Premier Analysis Software wurden die Daten des Fahrsimulators mit den Daten des Eyetracking-Systems synchronisiert. dem Sitz rechts neben dem Fahrer (ähnlich einem Beifahrersitz) platziert. Die Teilnehmenden wurden gebeten, so zu fahren, wie sie normalerweise unter ähnlichen Umständen fahren würden. Die zu fahrende Teststrecke führte 5 km mit leichten Kurven bei guter Tagessicht durch das Ortsgebiet (50 km/h). Dabei sollte auf eine gleichmäßige Geschwindigkeit sowie das Halten der Spurmitte geachtet werden. Es musste an keiner Kreuzung angehalten werden, das Verkehrsaufkommen war leicht bis mittel. Jeder Teilnehmende durchfuhr die Teststrecke insgesamt vier Mal. Dabei variierte die Testumgebung durch Änderung der Kurvenrichtung und andere Darstellung der Verkehrsteilnehmer (Geschlecht und Bekleidung der Fußgänger, Art und Farbe der Fahrzeuge). Bei drei der vier Fahrten wurden zusätzlich Nebentätigkeiten durchgeführt (Tabelle 1). Tabelle 1: Szenarien und Nebentätigkeiten Szenario Nebentätigkeit 1 Nebentätigkeit 2 Abbildung 1: Fahrt am Fahrsimulator, Quelle: KFV 2.3 Ablauf Nach einer allgemeinen Instruktion wurde ein Fragebogen zu soziodemographischen Variablen, Fahrerfahrung und -leistung, Smartphone-Nutzung, Nebentätigkeiten während dem Fahren sowie Einstellungen zu Ablenkung im Verkehr ausgefüllt. Danach wurden das Smartphone und Headset überprüft und, um einen störungsfreien und vergleichbaren Versuchsablauf zu gewährleisten, Handy-Covers entfernt, das Display entsperrt und der Ton ausgeschaltet. Text lesen 2 Nachrichten (128 Zeichen), die mit der Aufforderung endeten, eine Antwort zu senden. Telefonieren ohne FSE* Annahme von 2 Anrufen. Probanden wurden vom Anrufer gebeten, jeweils 5 Beispiele zu verschiedenen Kategorien zu nennen (z.b. Automarken, Zootiere) Essen Ein in Folie verpacktes Sandwich auspacken und essen Text schreiben Beantwortung der Frage (5 Vorschläge von Urlaubszielen bzw. Obst/Gemüse) Telefonieren mit FSE* Annahme von 2 Anrufen. Probanden wurden vom Anrufer gebeten, jeweils 5 Beispiele zu verschiedenen Kategorien zu nennen (z.b. Kleidungsstücke, Frauennamen) Trinken Wasserflasche öffnen und trinken Nach Einstellung der Sitzposition am Fahrsimulator und Kalibrierung des Eyetracking-Systems erfolgten zwei Eingewöhnungsfahrten (ca. 10 Minuten gesamt), bei denen auch die Annahme eines Anrufes mit Headset geprobt wurde. Alle in weiterer Folge notwendigen Utensilien (Smartphone, Headset, Sandwich, Wasserflasche) wurden auf Keine Ablenkung * FSE = Freisprecheinrichtung Keine Nebentätigkeit Der Ablauf einer Testfahrt ist in Abbildung 2 am Beispiel Telefonieren beschrieben. Pro Testfahrt gab es vier Streckenabschnitte, die für die Auswertung relevant waren. Den Beginn leitete jeweils ein Start-Signal ein, das den 16 DVR Schriftenreihe 20

17 eingehenden Anruf oder die eingehende Textnachricht andeutet bzw. darauf hinwies, mit dem Essen, Trinken oder Schreiben der Textnachricht zu beginnen. Ein weiteres Signal deutete das Ende der Nebentätigkeit (Beenden des Telefonats, Essens oder Trinkens bzw. Versenden der verfassten Textnachricht) und somit auch des relevanten Streckenabschnittes an. Für die Kontrollbedingung wurden die gleichen vier Streckenabschnitte ohne Ablenkung ausgewertet. Um Lern- oder Ermüdungseffekte zu reduzieren wurde die Reihenfolge der vier Szenarien sowie die Reihenfolge der Nebentätigkeiten innerhalb der Szenarien (mit Ausnahme Textnachrichten hier wurde immer zuerst gelesen und dann geantwortet) zufällig variiert. Abbildung 3: Kritisches Ereignis Fußgänger quert die Fahrbahn, Quelle: BRSI Nach jeder Testfahrt wurde ein Fragebogen ausgeteilt, um subjektive Eindrücke zur jeweiligen Nebentätigkeit und der Fahrleistung zu erfassen. Am Ende des gesamten Experiments wurde ein Nachher-Fragebogen ausgefüllt, mit dem v.a. der Einfluss der Versuchsteilnahme auf die wahrgenommene Auswirkung von Nebentätigkeiten auf das Fahrverhalten erhoben wurde. Der gesamte Versuchsablauf dauerte rund 75 Minuten pro Testperson. 3 Ergebnisse Für die Analyse der Fahrvariablen wurde ein Lineares Gemischtes Modell herangezogen. Mit Hilfe eines solchen Modells können unter Berücksichtigung zufälliger Effekte durch Heterogenität der Stichprobe Auswirkungen verschiedener unabhängiger Variablen auf jede abhängige Variable (hier: Fahrvariablen im Simulator) geschätzt werden. Vereinfacht werden im Folgenden nur die Mittelwerte dargestellt. Abbildung 2: Darstellung des Testverlaufs am Beispiel Telefonieren, Quelle: KFV Pro Teststrecke gab es vier identische kritische Ereignisse (zwei pro Nebentätigkeit: ein Fußgänger überquerte plötzlich die Fahrbahn (Abbildung 3). Abhängig von der gefahrenen Geschwindigkeit war als Reaktion eine Bremsung oder Vollbremsung erforderlich, um einen Unfall zu vermeiden. 3.1 Geschwindigkeit Für die Analyse der Geschwindigkeit wurde der Mittelwert der kontinuierlich aufgezeichneten Geschwindigkeitsdaten innerhalb der definierten Streckenabschnitte berechnet. Es zeigt sich, dass die Teilnehmer in der Kontrollbedingung (ohne Ablenkung) mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 48,4 km/h unterwegs waren. Beim Lesen und Schreiben von Textnachrichten wurde die Schriftenreihe 20 DVR 17

18 Fahrgeschwindigkeit am deutlichsten reduziert. Signifikante Geschwindigkeitsreduktionen wurden zudem beim Essen und Trinken sowie beim Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung festgestellt. Beim Telefonieren mit Freisprecheinrichtung wurde kein Unterschied im Vergleich zur Kontrollbedingung festgestellt (Abbildung 4). mittlere Geschwindigkeit in km/h ,40 48,22 46,93 46,47 46,39 46,08 44,89 ohne Ablenkung Telefonieren mit FSE Essen*** Telefonieren Trinken*** Lesen*** Tippen*** ohne FSE*** Abbildung 4: Durchschnittlich gefahrene Geschwindigkeit nach Testbedingung, n=63, *** p<0,000 Zudem wurde festgestellt, dass Frauen während des Lesens und Schreibens von Textnachrichten, während des Telefonierens ohne Freisprecheinrichtung sowie Trinkens signifikant langsamer fuhren als Männer. Studienteilnehmer über 34 Jahre fuhren während dem Schreiben einer Nachricht signifikant langsamer als jüngere Studienteilnehmer. 3.2 Abweichungen von der Spurmitte Für die Analyse der Abweichung von der Spurmitte wurde die laterale Position des Fahrzeuges kontinuierlich aufgezeichnet. Insgesamt sind die Effekte hier eher gering. Signifikante Abweichungen von der Fahrspurmitte im Vergleich zur Kontrollbedingung wurden beim Lesen von Textnachrichten festgestellt (Abbildung 5). mittlere Abweichung von der Spurmitte in Metern 0,35 0,30 0,25 0,20 0,15 0,10 0,05 0,00 0,18 0,19 0,20 0,21 0,22 0,22 0,25 ohne Ablenkung Telefonieren mit FSE Essen Trinken Telefonieren ohne FSE Tippen Lesen** Abbildung 5: Abweichungen von der Fahrspur nach Testbedingung, n=63, ** p<0,001 Männer und jüngere Studienteilnehmer hielten die Spurmitte generell besser als Frauen bzw. Teilnehmer über 34 Jahre. 3.3 Reaktionszeit Die Reaktionszeit wurde berechnet als Zeitunterschied zwischen Beginn des kritischen Ereignisses (Fußgänger betritt die Fahrbahn) und dem Drücken des Bremspedals. Hier ist anzumerken, dass Reaktionszeiten nur dann in die Auswertung eingingen, wenn sie auch tatsächlich gemessen werden konnten. Im Falle eines Unfalls also bei verspäteter bzw. fehlender Reaktion konnten keine Reaktionszeiten berechnet werden. Abgesehen von Telefonieren mit Freisprecheinrichtung führten alle Nebentätigkeiten zu einer längeren Reaktionszeit, insbesondere jedoch das Lesen und Tippen von Textnachrichten (Abbildung 6). mittlere Reaktionszeit in Sekunden 2,50 2,00 1,50 1,00 0,50 0,00 1,92 1,93 1,98 2,01 2,02 2,24 2,29 Trinken Essen Lesen** Tippen** ohne Ablenkung Telefonieren mit FSE Telefonieren ohne FSE Abbildung 6: Mittlere Reaktionszeit nach Testbedingung, n=63, ** p<0,001 Beim Lesen und Schreiben von Textnachrichten stieg die Reaktionszeit am stärksten, hier zeigten sich auch sehr große Unterschiede zwischen den Studienteilnehmern. Frauen reagierten während des Lesens von Textnachrichten in der Studie signifikant langsamer auf kritische Ereignisse als Männer, tendenziell auch beim Schreiben von Textnachrichten sowie Essen und Trinken. Jüngere Studienteilnehmer reagierten im Vergleich zu Teilnehmern über 34 Jahre signifikant schneller während des Schreibens von Textnachrichten. 3.4 Blickverhalten Daten zum Blickverhalten konnten von 37 Teilnehmenden aufgezeichnet werden. Bei den anderen Teilnehmern war die Kalibrierung ungültig oder die Daten mussten aufgrund geringer Qualität bei der Datenbereinigung aussortiert werden. Die Stichprobengröße variiert zwischen den Bedingungen. 18 DVR Schriftenreihe 20

19 Für die Auswertung des Blickverhaltens wurden sogenannte fahrrelevante Bereiche (zentrales Blickfeld insbesondere auf die Fahrbahn, Spiegel, Tachometer) definiert und der Anteil der Blicke auf diesen Bereich während der Fahrt durch die relevanten Streckenabschnitte berechnet. Die Nebentätigkeiten Essen und Trinken wurden unterteilt in Öffnen und Konsumieren. Aufgrund zu weniger Daten während des Trinkens (hier wurde das Signal häufig durch die Flasche zwischen den Augen und den Kameras unterbrochen) wurde diese Bedingung von der Analyse ausgenommen. Abbildung 7 zeigt den durchschnittlichen Anteil an Blicken auf die fahrrelevanten Bereiche während der unterschiedlichen Bedingungen. Die längsten Blickzuwendungen wurden während der Fahrten ohne Ablenkung aufgezeichnet. Während des Lesens und Schreibens von Textnachrichten sank der Anteil an Blickzuwendungen auf rund die Hälfte der Fahrzeit. Aber auch während des Telefonierens mit Handy am Ohr und des Öffnens einer Flasche war die mittlere Blickzuwendung auf verkehrsrelevante Bereiche signifikant reduziert. ohne Ablenkung (n=33) Telefonieren mit FSE (n=29) Essen konsumieren (n=26) Essen auspacken (n=25) Telefonieren ohne FSE** (n=28) Flasche öffnen*** (n=19) SMS lesen*** (n=24) SMS schreiben*** (n=24) 52,1% 49,3% 76,4% 86,4% 85,7% 83,9% 80,8% 90,7% Abbildung 7: Anteil der durchschnittlichen Blickzuwendung auf verkehrsrelevante Bereiche [in %], n=37, *** p<0,000 ** p<0.01 Hinsichtlich Alter wurden keine Unterschiede festgestellt. Beim Schreiben von Textnachrichten gab es einen Geschlechterunterschied: Männer wendeten mit 52,8% ihren Blick häufiger weg vom fahrrelevanten Bereich als Frauen (42,1%). 3.5 Unfälle Unfälle konnten sich während der gesamten Fahrt (z.b. durch das Abkommen von der Fahrspur) ereignen. Von besonderem Interesse sind jedoch Unfälle, die durch zu späte oder fehlende Reaktion (insbesondere durch Ablenkung) bei einem kritischen Ereignis verursacht wurden. 83 derartige Unfälle wurden aufgezeichnet. Besonders deutlich war der Einfluss auf das Unfallrisiko beim Lesen von Textnachrichten. Nahezu die Hälfte der Studienteilnehmer (47,2%) hatte einen oder sogar mehrere Unfälle während des Lesens einer Textnachricht. Im Vergleich hatte während der Fahrt ohne Ablenkung rund jeder siebente Studienteilnehmer (14,3%) einen Unfall. Essen und Trinken haben in der Studie nicht zu einer Erhöhung des Unfallrisikos geführt. Während des Telefonierens hatten 21,3% (mit Freisprecheinrichtung) bzw. 23,5% (ohne Freisprecheinrichtung) der Teilnehmenden zumindest einen Unfall. 17% der Teilnehmenden hatten einen Unfall während des Schreibens einer Textnachricht. 3.6 Subjektive Einschätzung Einig sind sich die Teilnehmenden vor allem hinsichtlich des Lesens und Schreibens von Textnachrichten. Mehr als 80% der Teilnehmenden, und damit deutlich mehr als bei allen anderen getesteten Nebentätigkeiten, sind der Meinung, dass diese eine negative Auswirkung auf die Aufmerksamkeit haben. Bei der Beurteilung des Fahrverhaltens direkt im Anschluss an die Testfahrten wurde die eigene Leistung während des Lesens und Schreibens insgesamt signifikant schlechter beurteilt als während des Telefonierens, Essens oder Trinkens. Aber auch während dem Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung gaben die Teilnehmenden eine subjektive Verschlechterung im Fahrverhalten an. Außerdem wurde die Anstrengung für das Schreiben der Textnachricht während dem Fahren am höchsten eingestuft, gefolgt von Lesen und Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung. Folglich erforderten diese Nebentätigkeiten auch die meiste Konzentration. Insbesondere beim Lesen und Schreiben von Textnachrichten fühlten sich die Teilnehmenden deutlich weniger aufmerksam. 4 Fazit Insgesamt zeigten sich die deutlichsten Auswirkungen auf das Fahrverhalten und folglich auf das Unfallrisiko beim Lesen von Textnachrichten. Trotz deutlicher Reduktion der Geschwindigkeit wichen die Teilnehmenden signifikant mehr von der Spurmitte ab und reagierten während des Lesens deutlich langsamer oder nicht rechtzeitig auf kritische Ereignisse, was auch zu mehr Unfällen führte. Während dem Schreiben von Textnach- Schriftenreihe 20 DVR 19

20 richten wurde die Geschwindigkeit noch stärker reduziert, die Abweichungen von der Spurmitte waren aber geringer. Auch Farah und Kollegen haben in ihrer Studie festgestellt, dass die durchschnittliche Geschwindigkeit während Ablenkung im Allgemeinen geringer ist als ohne Ablenkung und während dem Schreiben von Textnachrichten am deutlichsten reduziert wird. 5 Ebenso wie das Lesen führte das Tippen zu einer deutlich langsameren Reaktion bei kritischen Ereignissen. Das Unfallrisiko war ebenso wenn auch nicht signifikant erhöht. Zu sehen ist das hohe Risiko auch in den Blickaufzeichnungen. Während dem Lesen und Schreiben von Textnachrichten wurde rund die Hälfte der Blicke vom Verkehrsgeschehen abgewendet. Die Ergebnisse entsprechen damit zum Teil jenen der belgischen Studie von Boets und Kollegen, wo ebenfalls signifikante Auswirkungen auf die durchschnittliche Geschwindigkeit während dem Lesen und Schreiben von Nachrichten und ein signifikanter Anstieg der Reaktionszeit während dem Lesen (nicht jedoch dem Schreiben) von Nachrichten beobachtet wurden. 6 Zusätzlich wurden in der aktuellen Studie signifikante Auswirkungen des Schreibens von Nachrichten hinsichtlich der Reaktionszeit und des Unfallrisikos festgestellt, welche im Einklang mit anderen Studien stehen. 6,7 Beim Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung sowie beim Essen und Trinken wurde die Geschwindigkeit ebenfalls reduziert. Weitere Fahrvariablen unterscheiden sich jedoch nicht signifikant von jenen der Kontrollbedingung. Auswirkungen auf das Fahrverhalten während des Essens und Trinkens waren eher während des Öffnens der Verpackung bzw. der Flasche zu beobachten. Beim Telefonieren mit Freisprecheinrichtung wurden keine signifikanten Effekte festgestellt, was Ergebnissen verschiedener früherer Simulatorstudien entspricht. 8 Die subjektiven Einschätzungen der Teilnehmenden stimmen gut mit dem tatsächlichen Fahrverhalten am Simulator überein. Die meiste Anstrengung erforderten demnach das Schreiben und Lesen von Textnachrichten, gefolgt von Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung. Ein kleiner Unterschied ist dennoch zu beobachten: So wurde laut Teilnehmenden beim Schreiben der Textnachrichten die meiste Aufmerksamkeit vom Fahren abgelenkt, was mit den Geschwindigkeits- sowie den Blickbewegungsdaten übereinstimmt. Dennoch verursacht hinsichtlich des Haltens der Spurmitte, insbesondere jedoch der Reaktionszeit sowie der verursachten Unfälle, das Lesen von Textnachrichten die stärkste Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit. Eine mögliche Erklärung hierfür ist, dass durch das bewusste Wahrnehmen der Anstrengung Kompensationsmechanismen wie das Reduzieren der Geschwindigkeit eingesetzt werden, die dazu führen, dass Auswirkungen auf andere Fahrparameter verringert werden. Unterschiede zwischen Altersgruppen und Geschlecht deuten darauf hin, dass spezifische Ablenkungsquellen das Fahrverhalten von Frauen und Teilnehmenden mittleren Alters zum Teil stärker beeinflusst haben. Frauen zeigten vor allem mehr kompensatorisches Verhalten beim Lesen und Schreiben von Textnachrichten, Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung sowie beim Trinken. Teilnehmende mittleren Alters hatten mehr Probleme beim Halten der Spurmitte während des Lesens und Schreibens von Textnachrichten, Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung sowie Essen. Zudem fuhren sie deutlich langsamer während des Schreibens. Dieses Ergebnis steht teilweise im Einklang mit anderen Studien, die darauf hindeuten, dass ältere Fahrer ihre Geschwindigkeit deutlicher als junge Fahrer verringern, obwohl negative Effekte von Ablenkung auch oft über das Alter und die Geschlechtergruppen hinweg recht stabil zu sein scheinen. 5,9 Anzumerken ist an dieser Stelle, dass die männlichen und jungen Teilnehmenden eigenen Angaben zufolge auch deutlich häufiger während dem Autofahren Textnachrichten lesen und versenden. Zusammengefasst bekräftigen die Ergebnisse bisherige wissenschaftliche Erkenntnisse zur Gefahr der Smartphone-Nutzung während dem Fahren. In Anbetracht der rasanten technologischen Entwicklungen von Kommunikationsgeräten sind Maßnahmen erforderlich, die dem durch Ablenkung hervorgerufenen Risiko im Straßenverkehr begegnen. Einzelne Maßnahmen können hier nur bedingt greifen. Vielmehr ist ein Gesamtpaket an Präventionsmaßnahmen sinnvoll. Das KFV setzt neben Vorschlägen zu gesetzlichen Maßnahmen vor allem auf Bewusstseinsbildung, wie z.b. Workshops zum Thema Ablenkung in Schulen und Unternehmen und die Website 20 DVR Schriftenreihe 20

21 Literatur 1 Statistik Austria: html 2 Hurts, K., Angell, L.S. & Perez, M.A. (2011). The distracted driver: mechanisms, models and measurement (link is external). In: Reviews of Human Factors and Ergonomics, vol. 7, nr. 1, p Pilgerstorfer, M., Kräutler, C., Robatsch, K. (2017). Ablenkung im Straßenverkehr. Ursachen, Ausmaß, Folgen Ergebnisse aus KFV-Projekten. KFV Sicher Leben. Band #6. Wien, Boets, S., Ross, V., Van Belle, G., Vanroelen, G. & Jongen, E. (2015) Effects of texting on driving behaviour of young drivers in urban traffic. Results of a simulator-based study. Road Safety and Simulation Conference, Orlando, USA (Oct ) 5 Farah, H., Zatmeh, S., Toledo, T., et al.: Impact of distracting activities and drivers cognitive failures on driving performance. Advances in Transportation Studies an international Journal RSS2015 Special Issue1, 2016, pp Yannis G., Laiou A., Papantoniou P., et al. : Impact of texting on young drivers behaviour and safety in urban and rural roads through a simulation experiment. Journal of Safety Research, 49, 2014, pp Caird, J.K., Johnston, K., Willness, C., et al.: A metaanalysis of the effects of texting on driving. Accident Analysis and Prevention, 71, 2014, pp Kircher, A., Vogel, K., Törnros, J., Bolling, A., Nilsson, L., Patten, C., Malmström, T., Ceci, R. (2004). Mobile telephone simulator study. Technischer Bericht, VTI 9 Horberry, T., Anderson, J., Regan, M.A., et al.: Driver distraction: The effects of concurrent invehicle tasks, road environment complexity and age on driving performance. Accident Analysis and Prevention 38, 2006, pp Schriftenreihe 20 DVR 21

22 3 Die Psychologie des abgelenkten Fahrens Juliane Brachwitz, Henrik Habenicht, Tobias Ruttke, Prof. Dr. Rüdiger Trimpop, Friedrich-Schiller-Universität Jena Alle Verkehrsteilnehmer/innen machen Fehler! Wissenschaftliche Verhaltensbeobachtungen zeigen ganz deutlich, dass wir alle gegen Regeln verstoßen, beim Lenken über durchgezogene Linien kommen, andere übersehen, manchmal wenig Rücksicht zeigen, andere behindern etc. Warum ist das so? Ablenkung, im Sinne einer Verschiebung der Aufmerksamkeit weg von der primären Fahraufgabe, spielt hier eine sehr bedeutende Rolle. Doch warum lassen wir uns überhaupt ablenken, sind nicht immer bei der Sache oder suchen die Ablenkung sogar bewusst auf? Ist die Zuwendung zu einer fahrfremden Tätigkeit per se gefährlich oder kann dies über einen persönlichen Nutzen hinaus auch aus Sicht der Verkehrssicherheit vorteilhaft sein? Eine Vielzahl von Gründen und Erklärungsansätzen kommt da zusammen, auf die im Folgenden näher eingegangen werden soll. Wenn wir zwischen bewussten Regelverstößen unterscheiden, wie z.b. etwas schneller als die zugelassene Höchstgeschwindigkeit zu fahren, weil es trocken und die Straße frei ist, und unbewussten Regelverstößen, wie z.b. dass wir eine Person, die hinter einem geparkten Auto hervorspringt nicht sehen, aber auch nicht so vorausschauend gefahren sind, dass wir immer damit gerechnet haben, so betrachten wir völlig unterschiedliche psychische Prozesse. Weiterhin, wenn wir beispielsweise befürchten, einen wichtigen Termin zu verpassen und deshalb falsch parken, Geschwindigkeitsüberschreitungen in Kauf nehmen, während der Fahrt telefonieren oder texten, so sind das wiederum andere psychische Prozesse, als ob wir uns im jugendlichen Überschwung für allmächtig und in unserem Fahrzeug für unverletzlich und unbesiegbar halten. Darüber hinaus zeigen wissenschaftliche Untersuchungen, dass wir bei acht Stunden Fahrtätigkeit im Durschnitt so viele Strafpunkte ansammeln würden, dass wir den Führerschein für mindestens einen Monat abgeben müssten 1. Dennoch fahren viele von uns 10 oder 20 Jahre unfallfrei und Studien im Berufsverkehr zeigen, dass es durchschnittlich nur alle km zu einem Unfall kommt. Wir lernen also täglich, dass Regelverstöße selten zu negativen Konsequenzen führen (siehe auch Beitrag Vollrath in diesem Band), sondern oftmals Zeit sparen, bequemer sind oder sogar sozial gefordert. Jede dieser alltäglichen (Verkehrs-)Handlungen ist mit psychologischen Fachbegriffen untersucht und beschrieben worden. Diese erklären, wie Fehler zu Stande kommen, dass und warum wir uns von der primären Fahraufgabe abwenden (ablenken), unter welchen Bedingungen dies die Unfallgefahr deutlich erhöht, aber auch, welche Wechselwirkungen entstehen und worin potentielle Chancen liegen. Modelle, wie die Handlungsregulationstheorie 2,3, die unser normales und unnormales Handeln beschreiben, Fehlermodelle 4, die die Entstehung und Vermeidung betrachten, Motivationsmodelle 5,6, die beschreiben, warum wir unsere Prioritäten oftmals nicht auf die sichere Variante setzen, Stressmodelle 7 ), die zeigen, warum wir unter Monotonie, Überlastung, fehlenden Kompetenzen (= Stress) anders reagieren und warum wir die volle Aufmerksamkeit nur kurz halten können (ca. 20 Minuten), liegen dem zugrunde. Wenn wir uns in falscher Sicherheit wiegen und deshalb weniger aufpassen oder glauben, ohne Gefahr nebenher telefonieren zu können, so wird dies Risikokompensation oder Risikohomöostase 8,9 genannt. Die psychologischen Modelle, Theorien und Annahmen, die sich mit diesen Themen beschäftigen, werden hier überblicksartig dargestellt. Sie stellen einen Streifzug durch die Psyche des Menschen beim Fahren dar, erläutern in diesem Zusammenhang die Rolle von Ablenkung und bieten in diesem Rahmen Ansatzpunkte zur Erhöhung der Verkehrssicherheit. Literatur für ein vertieftes Lesen finden Sie schließlich am Ende dieses Kapitels. Verhalten und Fehlverhalten Zu größten Teilen ist das Fahren eine automatisierte Routine. Es gibt gute Ansätze, solche Routinetätigkeiten zu beschreiben und auf das Fahren anzuwenden, um damit unser Verhalten, Fehlverhalten und in diesem Zusammenhang auch die Rolle von Ablenkung zu verstehen (siehe z.b. 10, 11, 3 ). 22 DVR Schriftenreihe 20

23 Nach der Handlungsregulationstheorie 3 lässt sich das Fahren als Abfolge von verschiedenen hierarchisch geordneten Handlungen und Teilhandlungen verstehen, die dazu dienen, bestimmte Ziele zu erreichen. So kann beispielsweise das übergeordnete Ziel einer Dienstfahrt sein, einen Kunden vor Ort zu besuchen. Hierzu ist eine mehr oder weniger ausführliche Planung der Fahrt notwendig, anschließend sind nacheinander bestimmte Streckenabschnitte zu bewältigen. Innerhalb dieser Streckenabschnitte sind bestimmte Handlungen und untergeordnete Teilhandlungen notwendig. Wird beispielsweise an der Ampel angefahren, lässt sich dies wiederum untergliedern in die Teilhandlungen Gang einlegen, Kupplung kommen lassen, Gas geben. Wenn eine Handlung, oder Handlungssequenz, ausgeführt wurde, wird das erreichte Ergebnis verglichen mit dem gewünschten Ergebnis und ein neues Ziel mit neuen Handlungen gewählt. Bei geübten Fahrern laufen viele dieser Prozesse, beispielsweise das Schalten, unbewusst und automatisiert ab. Andere Handlungen erfordern mehr bewusstes Nachdenken, wie beispielsweise die Planung einer Route zu einem neuen Kunden. Je nachdem, in welchem Ausmaß Routinehandlungen abgerufen oder bewusste geistige Ressourcen benötigt werden, ist zu erwarten, dass unterschiedliche Arten von Fehlern passieren können. Rasmussen 4 beispielsweise unterscheidet auf ähnlichen drei Ebenen fähigkeitsbasierte, regelbasierte und wissensbasierte Fehler. Auf der stark automatisierten Fähigkeitsebene werden kognitive Schemata abgerufen und hier ist besonders mit Aufmerksamkeits- und Gedächtnisfehlern zu rechnen. Dies kann sich beispielsweise darin äußern, dass vergessen wird, die aktuelle Geschwindigkeitsbegrenzung zu überwachen, oder darin, den Scheibenwischer statt des Blinkers zu betätigen. Solche Fehler treten besonders auf, wenn durch eine Nebentätigkeit unaufmerksam gehandelt wird, wie beispielsweise bei der Bedienung des Mobiltelefons oder beim intensiven Nachdenken. Regelbasierte Fehler können darin bestehen, eine gute mentale Regel falsch anzuwenden (beispielsweise einem anderen Verkehrsteilnehmer an einer Kreuzung rechts vor links gewähren zu wollen, obwohl man sich auf der Vorfahrtsstraße befindet) oder eine schlechte Regel zu nutzen (beispielsweise beim Abbiegen nie nach Fußgängern zu schauen). Wissensbasierte Fehler können viele komplexe Formen annehmen, ein Beispiel hierfür wäre eine unangemessene Zeitplanung einer Route, die durch verzerrte heuristische Annahmen über Straßenverhältnisse und Verkehrsfluss zustande kommen. Ein weiteres Fehlermodell 12 beschreibt sehr anschaulich, dass einige Fehler absichtlich, unabsichtlich, durch Abkürzungen etc. entstehen, dass aber ein Unfall nur dann resultiert, wenn diese Fehler genau in einer Situation der Gefährdung, z.b. beim Kontakt mit anderen Fahrzeugen oder Menschen stattfinden und diese ihrerseits nicht unseren Fehler ausgleichen. Das Modell erklärt sehr verständlich, warum trotz vieler Fehler relativ wenig passiert. Ablenkung kann aber zu vielen dieser Fehler und Resultierenden beitragen, beispielsweise indem der Ablauf automatisierter Überwachungshandlungen gestört wird, oder indem auf der wissensbasierten Ebene unser Situationsbewusstsein beeinträchtigt wird, oder dass wir einfach nicht wahrnehmen, dass jemand anderes einen Fehler macht, den wir vielleicht ausgleichen können (z.b. durch Ausweichen). Auch die Informationsverarbeitung auf der intellektuellen Ebene kann unterbrochen werden. Sind wir überfordert oder abgelenkt, stehen gewisse Informationen für weitere Bewertungen und Entscheidungen nicht zur Verfügung. In Anlehnung an das Modell der internalen Fehlfunktion nach Rasmussen 4, welcher strukturelle Fehler, Informationsfehler, Diagnosefehler, Zielsetzungsfehler, Methodenfehler, Schriftenreihe 20 DVR 23

24 Handlungsfehler und Bedienungsfehler sowie die Arbeit von Larsen 13, welcher In-Depth-Analysen spezifischer Unfalltypen in Dänemark durchführte, unterscheiden Vollrath et al. 14 fünf Fehlerursachen bei der Durchführung einer Fahraufgabe: Wesentliche Informationen sind nicht verfügbar. Wesentliche Informationen werden nicht wahrgenommen, z.b. wegen fehlerhafter Richtung der Aufmerksamkeit. Wesentliche Informationen werden falsch interpretiert. Es wird die falsche Entscheidung getroffen. Handlungen werden fehlerhaft ausgeführt. Damit können bei der Fahraufgabe also Fehler beim Informationszugang, bei der Informationsaufnahme, der Informationsverarbeitung, der Zielsetzung und/ oder der Handlungsausführung auftreten, die alle durch Ablenkung beeinflusst werden können. Auf Basis dieser Annahmen müssen Maßnahmen zur Verkehrssicherheit also auf Ebene der Fehlhandlungen ansetzen. Die Ursachen der Fehlhandlungen wiederum bestimmen die Eingriffsstrategie. Dabei ist jedoch noch mehr zu beachten: Wie eingangs beschrieben, suchen Menschen durchaus bewusst riskante Situationen auf und begehen absichtlich Verstöße. Natürlich wollen sie keinen Unfall erleiden, aber durch Ablenkung werden Reservekapazitäten zusätzlich reduziert. Um Ablenkung als Unfallursache bzw. gefährdenden Faktor und dessen tieferliegende Einflüsse und Wechselwirkungen besser verstehen zu können, ist also zudem zu berücksichtigen, dass auch oder gerade dasjenige Verkehrsteilnehmerverhalten einen Einfluss hat, welches über das Begehen von unbeabsichtigten Handlungsfehlern hinausgeht. Es gilt also nicht nur die Fehlerarten zu betrachten, sondern die dahinterliegenden psychischen Ursachen zu erkennen, um (Fahr-)Verhaltensweisen, Fehler und Verstöße, seien es bewusste oder unbewusste, zu verstehen. Viele davon gehen auf motivationale Aspekte zurück. Risikoverhalten und Motivation Ohne die Motivation der Menschen mit ihren Wahrnehmungen, Erfahrungen und ihrer Persönlichkeit einzubeziehen, lässt sich Risikoverhalten, welches sowohl das Fahr- und Verkehrsverhalten als auch die Zuwendung zu Sekundäraufgaben umfasst, also nicht erklären. Ein wichtiger Grundsatz, den es zum Verständnis jedoch zu beachten gilt, ist: Der Mensch ist ein Risikooptimierer 22! Menschen verstehen unter Sicherheit oft zum einen den Schutz vor negativen Erlebnissen, zum anderen die Vorhersagbarkeit von Ereignissen. Das Leben ist jedoch voller Unsicherheiten. Daher gilt: Genau wie die Kontrolle und Sicherheit der Umgebung einen evolutionären Überlebensvorteil bieten, tut dies auch das Risikoverhalten. Ohne Risiko gibt es keinen Fortschritt. Viele Menschen wissen intuitiv, dass Gefahren, aber eben auch Chancen, die zwei Seiten des Risikoverhaltens sind, die damit auch zu einem Teil erklären, warum Ablenkung, z.b. durch das Aufsuchen von Nebentätigkeiten wie das Telefonieren während der Fahrt, zustande kommt. Wie die Risikomotivationstheorie 9 anschaulich darstellt, wird die Wahrnehmung einer jeden Risiko- bzw. Fahrsituation durch situationale und persönliche Komponenten beeinflusst und anschließend auf physiologischer, emotionaler und kognitivrationaler Ebene von uns verarbeitet und bewertet. Je nachdem, ob diese Bewertung zu dem Ergebnis führt, dass der Gesamtnutzen ein zu geringes, zu hohes oder optimales Risikolevel indiziert, entsteht in uns die Motivation, das Risiko durch eine Kompensationshandlung auf ein optimales, als angenehm empfundenes Niveau anzupassen. Wird also eine Diskrepanz wahrgenommen, erwächst aus dieser die Motivation, durch eine Veränderung des Verhaltens das Risikolevel entweder zu senken oder zu erhöhen. Diese Veränderungsmotivation resultiert folgend in einem Handlungsplan, der (wie oben beschrieben) entweder automatisch über Skripte, regelhaft über Schemata oder bewusst überlegt, also strategisch abläuft. Die sich daraus ergebenen Handlungen führen anschließend zu bestimmten Konsequenzen, die letztlich über eine Feedback-Schleife zurückgemeldet werden und so wiederum die persönlichen Erfahrungen, die Situation bzw. deren Einschätzung beeinflussen. Ein Beispiel: Wir fahren auf der Autobahn. Ein in dieser Situation einsetzender Regen oder Schneefall erhöht unsere Risikowahrnehmung (schließlich ist uns bekannt, dass Nässe die Fahrbahn rutschiger macht und das Unfallrisiko erhöht). Da das in dieser Situation wahrgenommene Risiko unser optimales, gewünschtes Risikolevel übersteigt, lösen wir folglich einen Kompensationsmechanismus aus. Wir verringern die Geschwindigkeit. Unter 24 DVR Schriftenreihe 20

25 Annahme des Modells bewirkt die gefährliche Situation (wahrgenommene Diskrepanz) also eine vorsichtigere Fahrweise. Ändert sich die Situation jedoch wieder, z.b. durch Aussetzen des Regens oder Schneefalls, werden wir die Geschwindigkeit wieder erhöhen bis zu einem für uns akzeptablen Niveau, welches durchaus auch über dem Ausgangstempo liegen kann, um beispielsweise die durch das langsame Fahren verlorene Zeit wieder aufzuholen. Diese auf einer wahrgenommenen und bewerteten Diskrepanz zwischen erlebtem und gewünschtem Risiko basierende Verhaltensanpassung wird als Risikokompensation bezeichnet und ist ein grundlegender Prozess im Verständnis des Fahrverhaltens. Im Volksmund heißt es, wenn es dem Esel zu wohl ist, geht er aufs Eis. Einfach ausgedrückt, schätzen wir eine Situation also als sicher ein, verhalten wir uns riskanter, z.b. in dem wir schneller oder unaufmerksamer fahren. Aber auch im umgekehrten Sinne gilt dieser grundlegende Mechanismus. Nehmen wir eine Gefahr wahr, führen wir eine Vorsichtsreaktion aus. Dies kann sowohl bewusst als auch unbewusst erfolgen. Ein weiteres Beispiel ist hierfür das auch im Beitrag von Vollrath in diesem Band beschriebene Phänomen der Mobilfunknutzung während der Fahrt. Dieser berichtet von den Ergebnissen einer Studie von Victor und Kollegen 15, die zeigen, dass zwar das Texten während der Fahrt zu einer deutlichen Erhöhung der Unfallwahrscheinlichkeit führt, das Telefonieren jedoch weniger schädlich ist und das Unfallrisiko sogar reduzieren kann. Dies liegt zu einem Teil auch darin begründet, dass ein Telefongespräch (zumindest) visuell weniger ablenkt und somit der Blick eher auf der Straße bleibt. Zum anderen ist dies jedoch das Ergebnis des beschriebenen Kompensationsprozesses. Fahrer passen in diesen Situationen ihr Fahrverhalten dem wahrgenommenen Risikogehalt an. Sie nehmen die Gefahr wahr und fahren daraufhin während des Gespräches z.b. langsamer, wechseln auf die rechte Spur oder schenken dem Gesprächspartner weniger Aufmerksamkeit. Die Art und Ausprägung der Kompensation ist wiederum, wie auch im erwähnten Beispiel des Fahrens auf der Autobahn bei einsetzenden und nachlassendem Regen ersichtlich wird, durch ganz verschiedene individuelle (z.b. Risikoeinstellungen) und situationsabhängige (z.b. Zeitdruck, Stress) Motive geprägt. Solche motivationalen Determinanten sind auf personenbedingter Seite neben u.a. Risiko- und Unfallerfahrungen, dem Sicherheitsbedürfnis, den individuellen Sensation Seeking-Tendenzen (Suche nach Stimulation und Erregung), dem Wunsch nach Kontrolle oder der generellen Risikobereitschaft auch sogenannte Extramotive, wie z.b. mit Emotionen besetzte Funktionen des Fahrens. Das beinhaltet zum einen, dass Fahrzeugen neben ihrer originären Transport- und Mobilitätsfunktion von ihren Nutzern noch weitere affektive Belegungen zugeschrieben werden, und zum anderen ist gerade auch die Freude am Fahren ein grundlegendes Motiv, welches das Verkehrsverhalten beeinflusst. Bei jugendlichen und jungen, erwachsenen Verkehrsteilnehmern kommt beispielsweise noch der Wunsch nach sozialer Anerkennung (Fahrzeug als Statussymbol, riskantes Fahren als Mutprobe) oder das Austesten von Grenzen hinzu. Auch gesellschaftliche Veränderungen, wie beispielsweise das durch die Technologie geprägte Gefühl der ständigen Erreichbarkeit oder die Angst etwas zu verpassen, spielen eine immer stärker werdende Rolle. Studien zeigen, dass sich mit der Anzahl der Extramotive bei jungen Fahrern auch die Anzahl der begangenen Verkehrsverstöße und die Anzahl der erlebten Unfälle erhöhen 16. Aus risikomotivationstheoretischer Sicht kann dies durch den dem Verhalten zugrunde liegenden kompensatorischen Prozess beschrieben werden. Schriftenreihe 20 DVR 25

26 Extramotive, etwa der Wunsch nach sozialer Anerkennung, Nervenkitzel, Freude am Fahren oder die Befürchtung etwas zu verpassen, wenn man eine SMS nicht gleich liest, erhöhen das individuelle Risikolevel. Geringe Fahr- und Unfallerfahrungen hingegen oder die eingangs erwähnten Lernerfahrungen, dass kleine Fehler und Verstöße (wenn wir sie denn überhaupt wahrnehmen) in der Regel folgenlos bleiben, verringern das wahrgenommene Risiko. Beide Ausprägungen führen wiederum dazu, dass sich die Diskrepanz zwischen der wahrgenommenen und der akzeptierten Gefahr dahingehend vergrößert, dass eine Angleichung durch risikoreiche Verhaltensweisen ausgelöst wird. Motivationale Determinanten des Verkehrsverhaltens auf situationaler Seite sind beispielsweise Kontrollmöglichkeiten, die Fahrumgebung und Rahmenbedingungen. Versuchen wir der Frage auf den Grund zu kommen, warum wir uns ablenken lassen oder Ablenkung suchen, spielen hier insbesondere zwei Faktoren eine bedeutende Rolle: Stress und Monotonie So wie die Angst etwas zu verpassen auf personenspezifischer Seite, so sind auch andere gesellschaftlich geprägte Einflussfaktoren von großer Bedeutung. Leistungsdruck, wachsende Herausforderungen und Stress, im privaten wie im beruflichen Bereich beeinflussen unsere Wahrnehmungsfähigkeiten sowie die von uns akzeptierten Risiken. Selbst und von außen gesetzte zu hohe Vorgaben oder die Furcht vor negativen Konsequenzen, wenn man diesen nicht gerecht wird, erhöhen den Leistungs- und vor allem aus Sicht der Verkehrssicherheit den relevanten Zeitdruck. Dieser kann im Zusammenhang mit Fahrverhaltensentscheidungen dazu führen, dass das akzeptierte Risikolevel steigt bzw. der Nutzen eines riskanteren Verhaltens (z.b. schneller fahren als erlaubt) als höher eingeschätzt wird oder auch die potenziellen Kosten des sichereren Verhaltens (wie das Fahren bei erlaubter Geschwindigkeit) subjektiv steigen (Unpünktlichkeit, Abmahnung vom Vorgesetzten etc.). Auch das Eingehen von Nebentätigkeiten, etwa Arbeitsaufgaben (z.b. Terminabwicklungen) während der Fahrt, die uns von der primären Fahraufgabe ablenken, sind solche Kompensationshandlungen. Zum anderen führt Stress dazu, dass wir die Gefahren nicht mehr adäquat wahrnehmen und bewerten können. Sind wir unter Stress geistig, emotional, visuell oder auditiv abgelenkt, fehlen u.u. Ressourcen, die für eine adäquate Risikoeinschätzung nötig sind. Gefahren werden unterschätzt und unangemessenes Verhalten, welches das Unfallrisiko erhöht, ist die Folge. Salminen und Lähdeniemi (2002) fanden heraus, dass mittelbare ablenkende Faktoren oft beruflich bedingt 26 DVR Schriftenreihe 20

27 sind. Die Autoren befragten sowohl Handelsvertreter als auch Beschäftigte im Bauwesen in Finnland zu Belastungen beim berufsbedingten Fahren und berichten, dass neben Eile, Müdigkeit und der Verkehrssituation Gedanken an Arbeitsinhalte einen der bedeutsamsten Belastungsfaktoren darstellen. Auf organisationaler Ebene haben die Arbeitszeiten einen entscheidenden Einfluss. So steht Arbeitsstress mit Arbeitsunfällen und betriebsbedingten Verkehrsunfällen in Verbindung. Eine belastende Arbeitssituation wirkt auch nach Dienstende nach, woraus eine verringerte Aufmerksamkeit und infolge dessen Unfälle auf dem Arbeitsweg resultieren können 17. Und auch aus dem Privatleben ablenkende Gedanken oder Telefonate spielen eine wichtige Rolle 18. Stress und Überlastung gegenüber steht ein weiterer Faktor, der bei der Frage nach Ablenkungsursachen von großer Bedeutung ist: Monotonie. Wie eingangs erwähnt ist das Fahren eine für uns in vielen Fällen routinierte Tätigkeit. Lange Autobahnfahrten oder immer wiederkehrende gleiche Strecken bei geringem Verkehrsaufkommen fordern weniger Kapazitäten und können in dieser Folge ebenfalls kompensatorische Verhaltensweisen auslösen. Gemeint ist hier, dass eine Verhaltensadaptation in Form von Ablenkung dann auftritt, wenn die Anforderungen an den Fahrer so gering sind, dass die Fahraufgabe mit minimalem Aufwand sicher ausgeführt werden kann. Der Fahrer ist in diesem Falle nicht gefordert und sucht sich üblicherweise weitere Bereiche, denen die Aufmerksamkeit zugewendet werden kann. Dies geschieht aus verschiedenen Gründen. Zum einen versuchen wir wie bereits erläutert ein angemessenes Aktivitäts- oder auch Risikoniveau aufrecht zu erhalten. Andererseits suchen wir aus einem ganz simplen Grund nach weiterer Aktivität: einfach um nicht zu ermüden bzw. sogar einzuschlafen. Musik oder Hörbücher hören, telefonieren, trinken, essen oder rauchen sollen uns dabei helfen, Langeweile und Müdigkeit und die damit einhergehende Gefahr von Unachtsamkeit zu reduzieren. Aus dieser Motivation heraus zeigt sich auch deutlich, dass die Suche nach Sekundäraufgaben durchaus einen Nutzen für die Verkehrssicherheit haben kann und das Unfallrisiko u.u. verringert. Olson et al. 19 fanden beispielsweise heraus, dass Gespräche während der Fahrt (zum Beispiel mit Beifahrern oder über mobile Freisprecheinrichtungen) die Wahrscheinlichkeit, in kritische Verkehrsereignisse verwickelt zu sein, reduziert. Aktivitäten von moderater Komplexität können damit einen stimulierenden Effekt während Langstreckenfahrten oder monotonen Perioden haben, die Leistungsfähigkeit, Aufmerksamkeit und Wachheit (auch und gerade bezüglich der Fahraufgabe) steigern und so die Unfallwahrscheinlichkeit reduzieren. Wichtig ist dabei jedoch zu beachten, dass nicht alle Nebentätigkeiten einen solch positiven Einfluss haben. Zu hohe Komplexitäten oder vorwiegend visuelle Ablenkungen, die den Blick weg von der Straße lenken, können wiederum überfordern und den gegenteiligen Effekt auslösen. Wir merken den Unterschied der Wichtigkeit der Nebenaufgabe z.b. daran, dass man bei komplexen Verkehrssituationen oftmals den Verkehrsfunk, das Hörbuch etc. ausblendet (und dann zurückspulen muss), während man bei wichtigen Telefonaten oftmals die Ausfahrt auf der Autobahn verpasst. Der Inhalt des Telefonats beansprucht also deutlich mehr Kapazität, während Radiobeiträge zu hören etc. in der Regel eher der Monotonie entgegenwirken. Welche Folgen ergeben sich nun für den Fahrer, um das Unfallrisiko durch Ablenkung zu reduzieren? Prävention und Intervention Aktuelle Diskussionen und Beiträge suggerieren, dass durch Fahrerassistenzsysteme oder automatisiertes Fahren all diese Fehler verhindert werden und es zu drastisch weniger Unfällen kommen könnte. Doch können Fahrerassistenzsysteme wirklich halten was sie versprechen? Vor dem Hintergrund der erläuterten Modelle wird schon deutlich, dass diese Annahme nicht ohne Einschränkung gehalten werden kann. Insgesamt zeigt die Betrachtung der Wirksamkeitserwartungen von Fahrerassistenzsystem zwar ein positives und zuversichtliches Bild auf, da diese einen hohen Beitrag zur Unfallreduktion leisten und somit die Sicherheit im Straßenverkehr positiv beeinflussen können. Dass dieser jedoch einer annähernden Eliminierung der Unfälle gleichkommt ist höchst unwahrscheinlich. Denn wie in anderen Lebensbereichen gilt auch hier: keine Wirkung ohne Nebenwirkung. Fahrerassistenzsysteme erhöhen unser Sicherheitsempfinden. Wir wissen, dass sie in Notsituationen oder bei Fehlern eingreifen. In dessen Folge passen wir unser Fahrverhalten jedoch wieder an. Wir nehmen die Situation als weniger riskant wahr als das Fahren ohne technische Unterstützung und kompensieren diesen vermeintlichen Sicherheitsgewinn erneut. Aschenbrenner und Biehl 20 fanden in einer Untersuchung mit Taxifahrern, deren Fahrzeuge mit einem Antiblockiersystem Schriftenreihe 20 DVR 27

28 (ABS) ausgestattet waren, heraus, dass sowohl beim Beobachten des unmittelbaren Fahrverhaltens, als auch bei der Auswertung der Unfallzahlen über einen großen Zeitraum Risikokompensationseffekte zu verzeichnen waren. Die Fahrer mit ABS nahmen Kurven enger, fuhren weniger vorausschauend, hielten die Spur schlechter, hielten geringere Sicherheitsabstände und hatten langfristig etwas häufiger Unfälle. Eine Vielzahl von Studien konnte solche sicherheitsabträglichen Effekte von Fahrerassistenzsystemen nachweisen. In einer aktuelleren Studie zu einem modernen interaktiven Kollisionswarnsystem zeigen Brachwitz et al. 21, dass die technische Unterstützung kurzfristig Sicherheitspotenziale im Sinne einer Unfallreduktion aufweist, jedoch riskantere Fahrverhaltensweisen unter Nutzung des Systems auftreten, die zum einen die Unfallschwere beeinflussen, zum anderen das Unfallrisiko, vor allem nach längerer Nutzungsdauer, erhöhen können. In der Untersuchung mit mehr als 300 Probanden, in welcher computerbasierte und reale Fahrexperimente durchgeführt wurden, zeigt sich, dass Fahrer mit Warnsystem schneller fahren, weniger häufig und weniger stark bremsen, stärker beschleunigen und die Situation als deutlich sicherer einschätzen. Aber können Assistenzsysteme nun ablenkungsbedingte Unfälle reduzieren? Betrachtet man den Effekt der Risikokompensation allgemein und wendet ihn auf Fahrerassistenzsysteme und Ablenkung an, so ist es wahrscheinlicher, dass wir uns gerade den Vorteil der technischen Systeme für unsere anderen Bedürfnisse zu Nutze machen. Wenn das Fahrzeug doch in Notsituationen reagieren kann und Teilaufgaben oder mehr übernimmt, wir uns sicherer fühlen und weniger Risiko wahrnehmen, werden wir uns gerade dann sekundären Aufgaben zuwenden. Der Griff zum Handy oder gar Laptop ist dann nicht mehr weit. Doch wie erläutert, birgt das wiederum Gefahren. Schließlich ist der Fahrer, zumindest solange der gesamte Verkehr mit allen seinen Teilnehmern nicht vollautomatisiert ist, noch in der Verantwortung. Brachwitz et al. 21 untersuchten in ihrer Studie ebenfalls den Einfluss von Ablenkung auf das Fahren mit und ohne Assistenzsystemen. Während sich zeigte, dass die Aufforderung zur Bearbeitung einer Sekundäraufgabe zu einem erhöhten Risikobewusstsein der Fahrer führte, wodurch diese vorsichtiger fuhren, konnte auch nachgewiesen werden, dass diese positiven Verhaltenseffekte abgelenkter Fahrer unter Systemnutzung geringer ausfallen. Umso kritischer sind daher die vermeintlich sicherheitsbringenden Versprechungen der Automobilhersteller und anderer zu sehen, die gerade auch noch damit werben, dass durch die Automatisierung mehr Zeit für andere Tätigkeiten bleibt. Ein weiteres Problem von Fahrerassistenzsystemen ist, dass diese zum Teil selbst zum ablenkenden Faktor werden können. Dies kann beispielsweise darin begründet sein, dass sie zusätzliche Informationen geben, welche neben den eigentlichen Fahraufgaben wahrgenommen, verarbeitet und bewertet werden müssen, was wiederum zu einer Überlastung führen kann. Hier ist es die Aufgabe, die Mensch-Maschine-Schnittstelle so zu konzipieren, dass diese sich ohne zu überfordern in die Fahraufgabe integrieren lässt. Jeder, der in einem Mietwagen auf dienstlicher Fahrt versucht, die Bedienungselemente der Bordcomputer oder der Fahrerassistenzsysteme zu nutzen, kennt dieses Problem genau, das im Ernstfall jedoch gesundheitsschädliche Konsequenzen haben kann. Ein Potenzial liegt jedoch darin, Fahrerassistenzsysteme sinnvoll zu nutzen, um den Fahrer in der Aufmerksamkeitsschleife zu halten. Wenn die Systeme einen Teil unserer Aufgaben übernehmen, kann auch der oben bereits erläuterte Zustand der Monotonie oder Unterforderung eintreten. Solange der Fahrer jedoch noch ein Teil der Aufgaben übernimmt und/oder zumindest die Überwachungsverantwortung hat, kann insbesondere Ereignislosigkeit (d.h. sehr gut funktionierende Assistenzsysteme) zu einem Problem werden. Da das Aufrechterhalten von Daueraufmerksamkeit für den Menschen kaum möglich ist und wenn doch, dann sehr ermüdend ist, könnten technische Unterstützungssysteme auch so konzipiert werden, dass sie hilfreich assistieren, um den Menschen in the loop zu halten. Dazu gehört jedoch, frühzeitig die Grenzen und Möglichkeiten des Systems und der Nutzer zu lernen, sei es in Fahrschulen oder betrieblichen Unterweisungen oder durch das System selbst (lernende Systeme). Zusammenfassend kann festgestellt werden: Fahrerassistenzsysteme können per se das Problem mit der Ablenkung nicht lösen. Technische Veränderung hat immer auch eine Verhaltensänderung zur Folge. Da wir den Gesamtverkehr mit all seinen Teilnehmern nicht vollautomatisieren können (und auch nicht sollten), es also Mischverkehr und Teilautonomie immer geben wird, wird es zukünftig umso wichtiger sein, die Wechselwirkungen zwischen Fahrzeug, Ablenkung und Überforderung durch Technik und Mensch dringend intensiver zu erforschen. 28 DVR Schriftenreihe 20

29 Automatisiertes Fahren erhöht diese Gefahr in vielfacher Hinsicht, weil es die Illusion der Sicherheit vermittelt und zu starkem Abschalten führt, aber dennoch gerade im starken Mischverkehr viele Verkehrsteilnehmer nicht elektronisch verbunden sind. Auf den Grad der neuen Gefahren und wie dagegen gearbeitet werden kann, sollte sich ein wesentlicher Teil der Forschung richten, die derzeit aber nur für die technische Entwicklung finanziert wird. Fazit Das menschliche Denk-, Entscheidungs- und Verhaltenssystem ist zu unglaublichen Leistungen fähig und kann wie kein anderes System improvisieren, ausgleichen, planen und Fehler machen. Wenn man bekannte psychologische Gesetzmäßigkeiten in der Verkehrsgestaltung, der Mensch-Maschine-Schnittstelle, der Gestaltung von Unterweisungen und Schulungen zielgruppengerecht integriert, können die Potenziale optimal genutzet werden. Wenn man jedoch alle notwendigen mentalen Reserven, die wir im Notfall eigentlich aktivieren können, bereits mit anderen Dingen verbraucht und vorher durch Ablenkung auch noch wichtige Hinweise verpasst hat, verschenken wir unsere stärkste Kraft: die Fähigkeit unsere und die Fehler anderer zu erkennen, auszugleichen und sogar noch daraus zu lernen. Ablenkung ist also wie bei vielen Dingen im Leben eine Frage der Dosis. In kleinen Mengen kann sie stimulierend sein und der Monotonie und Müdigkeit vorbeugen. In großen Mengen erzeugt sie sehr große Gefahren für einen selbst und für andere. Literatur 1 Trimpop, R.M. (1999). Organisationaler Wandel im Arbeits-, Verkehrs-, Gesundheits- und Umweltschutz. Göttingen: Nord-West Verlag 2 Miller, G. A., Galanter, E. & Pribram, K. H. (1960). Plans and the structure of behavior. New York: Holt 3 Hacker, W., & Sachse, P. (2014). Allgemeine Arbeitspsychologie: Psychische Regulation von Tätigkeiten (3., vollständig überarb. Aufl.). Göttingen: Hogrefe 4 Rasmussen, J. (1983). Skills, Rules, and Knowledge; Signals, Signs, and Symbols, and Other Distinctions in Human Performance Models. IEEE Transactions on Systems, Man, and Cybernetics, 13(3), 1983, pp Hackman, J. R., & Oldham, G. R. (1975). Development of the Job Diagnostic Survey. Journal of Applied Psychology, 60, Herzberg, F. (1966). Work and the nature of man. Cleveland: World, Lazarus, R.S. & Folkman, S. (1984). Stress, appraisal, and coping. New York: Springer 8 Wilde, G. J. S. (1994). Target risk. Toronto: PDE Publications/Castor & Columba 9 Trimpop, R. (1994). The psychology of risk taking behavior. Amsterdam: North-Holland Elsevier 10 Fuller, R. (2005). Towards a general theory of driver behaviour. Accident Analysis & Prevention, 37(3), Michon, J. A. (1985). A critical view of driver behavior models: what do we know, what should we do?. In Human behavior and traffic safety (pp ). Springer US 12 Reason, J. (1994). Menschliches Versagen: Psychologische Risikofaktoren und moderne Technologien. Spektrum, Akad. Verlag Schriftenreihe 20 DVR 29

30 13 Larsen, L. (2004). Methods of multidisciplinary In-Depth-Analyses of road traffic accidents. Journal of Hazardous Materials, 111 (1-3), Vollrath, M., Briest, S., Schießl C., Drews, J. & Becker, U. (2006). Ableitung von Anforderungen an Fahrerassistenzsysteme aus Sicht der Verkehrssicherheit. In Bundesanstalt für Straßenwesen (Hrsg.), Fahrzeugtechnik; Heft F60. Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW Verlag 15 Victor, T., Bärgman, J., Boda, C.-N., Dozza, M., Engström, J., Flannagan, C., Lee, J.D. & Markkula, G. (2014). Analysis of Naturalistic Driving Study Data: Safer Glances, Driver Inattention, and Crash Risk. Transportation Research Board of the National Academics. Online: 16 Hatakka, M., Keskinen, E., Katila, A. & Laapotti, S. (1994). Tell me about your car I ll tell you about your driving habits! Paper presented at the 23rd International congress of applied psychology, Madrid, Spain 20 Aschenbrenner, K.M. & Biehl, B. (1993). Improved safety through improved technical measures? Empirical studies regarding risk compensation processes in relation to antilock braking systems. In: R.M. Trimpop & G.J.S Wilde (Eds.) Challenges to Accident Prevention: The issue of risk compensation behavior. Groningen, The Netherlands: STYX Publications 21 Brachwitz, J.; Ruttke, T. & Trimpop, R. (2016). Risikokompensationseffekte von motorisierten und nicht-motorisierten Verkehrsteilnehmern unter Nutzung eines adaptiven Frühwarnsystems zur Mensch-Fahrzeug-Erkennung. In: Wieland, R., Seiler, K. & Hammes, M. Eigenstetter, M. (Hrsg.). Psychologie der Arbeitssicherheit und Gesundheit: Dialog statt Monolog / 19.Workshop Heidelberg: Asanger. S Trimpop, R. (2014). Risikooptimierung: Ein Konzept zur Erhöhung angewandter Sicherheitsarbeit durch Risikokompetenzerwerb! In: Eigenstetter, M., Kunz, T., Portune, R. Trimpop, R.(Hrsg. (2014). Psychologie der Arbeitssicherheit und Gesundheit: 18. Workshop. Heidelberg: Asanger. S Trimpop, R., Gericke, G. & Lau, J. (Eds.) (2010). Psychologie der Arbeitssicherheit und Gesundheit: 16. Workshop. Heidelberg: Asanger 18 Stangneth, R., Gericke, G. & Trimpop, R. (2016). Erfassung psychischer Belastung als wesentliches Element bei der Gefährdungsbeurteilung organisationaler Mobilität (GUROM). In R. Wieland, K. Seiler und M. Hammes (Hrsg.). Psychologie der Arbeitssicherheit und Gesundheit: Dialog statt Monolog / 19.Workshop 2016 (S ). Heidelberg: Asanger 19 Olson, R. L., Hanowski, R. J., Hickman, J. S. & Bocanegra, J. (2009). Driver Distraction in Commercial Vehicle Operations. Washington, DC: U.S. Department of Transportation 30 DVR Schriftenreihe 20

31 Ablenkung im Straßenverkehr: Die Lösungsansätze 4 Ablenkung im Straßenverkehr als Problem des Verkehrsrechts Prof. Dr. jur. Dieter Müller 1 Einleitung und aktueller Stand der Wissenschaft Ablenkungen sind im Straßenverkehr eine ernst zu nehmende Unfallursache, die sich unter den derzeitigen Rahmenbedingungen der staatlich geführten Unfallbilanz noch nicht nachweisen lassen. Aber Ablenkungen sind nicht allein ein Problem von Fahrzeugführern. Jeder Verkehrsteilnehmer, ob nun als Fahrzeugführer, als Fußgänger oder als Nutzer eines besonderen Fortbewegungsmittels i.s.v. 24 StVO (z.b. Rollstuhlfahrer, Inline-Skater), muss sich während der Fortbewegung auf öffentlichen Straßen auf seine eigene, sichere Fortbewegung konzentrieren. Lässt sich ein Verkehrsteilnehmer durch Eindrücke welcher Art auch immer in seiner Aufmerksamkeit stören, ist er von seiner Hauptaufgabe der sicheren Fortbewegung abgelenkt, wodurch im Ergebnis Sicherheitsrisiken für ihn selbst und für andere Verkehrsteilnehmer entstehen. Mit der wachsenden Fehlergefahr wächst aber stets auch die Unfallgefahr. Das Verkehrsverhalten auf öffentlichen Straßen wird normativ im Wesentlichen durch die Straßenverkehrsordnung (StVO) gesteuert, die allen Verkehrsteilnehmern neben dem aus 1 Abs. 1 StVO resultierenden Gebot ständiger Aufmerksamkeit auch verkehrssichere, genormte Handlungsabläufe vorschreibt. Wer also von staatlicher Seite her mit Hilfe des Verhaltensrechts eine Problemlösung der Thematik Ablenkung versuchen will, muss die Normen für alle Verkehrsteilnehmer im Auge haben. Diese auf verschiedene Arten der Verkehrsteilnahme bezogene, multikausale Sichtweise wird aktuell durch zwei hervorragende Videoclips verdeutlicht, die zu Präventionszwecken produziert wurden und derzeit von verschiedenen Organisationen, insbesondere dem Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) und der Deutschen Verkehrswacht (DVW) mit Erfolg genutzt werden. 2 Das erste Video, produziert von der National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA) aus den USA zeigt die Gefahren der Nutzung des Smartphones während des Fahrens und das zweite Video, produziert durch die Schweizer Stadt Lausanne, zeigt die Gefahren der Nutzung von Smartphones als Fußgänger. Die NHTSA unterhält zu den Gefahren durch Ablenkung sogar eine eigene Website 3, ein Konzept, das auch der DVR verfolgt. 4 Beide Videos greifen das Thema Ablenkung auf, können allerdings lediglich als Trigger für eine sich anschließende fachliche Diskussion genutzt werden und müssen intensiv ausgewertet werden, um präventiv wirksam werden zu können. Besonders schutzbedürftige Verkehrsteilnehmer wie Kinder, Jugendliche, ältere und hilfsbedürftige Verkehrsteilnehmer, bedürfen auch bei diesem Thema der Ablenkung einer besonderen Fürsorge durch die staatlichen und nichtstaatlichen Sicherheitspartner, weil ihr Gefahrenrisiko gegenüber der Vielzahl der anderen Verkehrsteilnehmer deutlich erhöht ist. Wer sich von seiner aktuellen Verkehrsaufgabe ablenken lässt und dadurch in seiner Konzentration gestört ist, erhöht bewusst oder unbewusst sein eigenes Sicherheitsrisiko und wird dadurch zum unkalkulierbaren Sicherheitsrisiko für andere Verkehrsteilnehmer. Erkennbar sind abgelenkte Fahrer im Extremfall durch ihre Fahrfehler. Bewusst sich ablenken lassende Fahrer reduzieren auch schon einmal ihre Fahrgeschwindigkeit und wechseln den Fahrstreifen, wenn sie z.b. auf der Autobahn fahrend mit dem rasch in die Hand genommenen Smartphone ein Telefonat annehmen. Die aktuelle Forschungslage hinsichtlich der Gefahren durch Ablenkung im Straßenverkehr wird durch drei Untersuchungen gut dargestellt. Die erste Untersuchung wurde von der Europäischen Kommission unter dem Schriftenreihe 20 DVR 31

32 Titel Study on good practices for reducing road safety risks caused by road user distractions im Oktober 2015 publiziert und hat einen präventiven Ansatz. 5 Die zweite Studie, beauftragt von der American Automobile Association (AAA), verfolgt ebenfalls einen präventiven Ansatz, indem sie eine Skala verschiedener Ablenkungsgrade untersucht. 6 Die dritte Studie des Verkehrspsychologen Mark Vollrath u. a. (TU Braunschweig) wurde in Deutschland durchgeführt und beweist eindrücklich das hohe Verkehrsrisiko durch Ablenkung im Straßenverkehr, insbesondere durch Nutzung von Smartphones während der Fahrt. 7 Ablenkung als offiziell unbemerkte Unfallursache Auf Verhaltensfehler durch Ablenkung bei der Verkehrsteilnahme kann die Polizei ggf. im Rahmen der Aufnahme eines Verkehrsunfalls aufmerksam werden. Dazu bedarf sie allerdings der einschlägigen Aussagen von Zeugen, Betroffenen oder Beschuldigten, weil Polizeibeamte erst nach dem Unfallereignis am Unfallort eintreffen und im Regelfall nicht über eine Videoaufzeichnung des Unfallgeschehens verfügen. 8 Wie groß die Unfallgefahren durch Ablenkung sind, wird derzeit im Rahmen der polizeilichen Unfallaufnahme nicht verbindlich erfasst. Dabei schreibt der Gesetzgeber im Straßenverkehrsunfallstatistikgesetz (StVUnfStatG) verbindlich vor, dass die staatliche Unfallstatistik eine zuverlässige Datenbasis liefern muss. 1 StVUnfStatG Über Unfälle, bei denen infolge des Fahrverkehrs auf öffentlichen Wegen und Plätzen Personen getötet oder verletzt oder Sachschäden verursacht worden sind, wird laufend eine Bundesstatistik geführt. Sie dient dazu, eine aktuelle, umfassende und zuverlässige Datenbasis über Struktur und Entwicklung der Straßenverkehrsunfälle zu erstellen. Der Bundesgesetzgeber forderte dazu anlässlich einer Novellierung des StVUnfStatG: Umfang und Art des Erhebungsprogramms ergeben sich aus der Aufgabenstellung der Straßenverkehrsunfallstatistik, durch möglichst umfassende Merkmalsbeschreibung das komplexe Wirkungsgefüge Fahrer Fahrzeug Umwelt darzustellen. Unfallursachen werden nach einer bundeseinheitlich geltenden Systematik von den aufnehmenden Polizeibeamten entsprechend den Feststellungen an der Unfallstelle festgehalten (Unfallursachenverzeichnis). Es kommt das Unfallursachenverzeichnis zur Anwendung, das dem jeweiligen Stand der Straßenverkehrsordnung entspricht. 9 Über das derzeit geltende Unfallursachenverzeichnis trifft das Deutsche Statistische Bundesamt (Destatis) im Rahmen seines Jahresberichts 2015 über die amtlich-polizeilich aufgenommenen Verkehrsunfälle die folgenden Aussagen 10 : Unfallursachen Die Unfallursachen werden nach dem seit 1975 geltenden Ursachenverzeichnis von den aufnehmenden Polizeibeamten entsprechend ihrer Einschätzung in das Erhebungspapier eingetragen. Es wird unterschieden nach allgemeinen Ursachen (u. a. Straßenverhältnisse, Witterungseinflüsse, Hindernisse), die dem Unfall und nicht einzelnen Beteiligten zugeordnet werden, sowie personenbezogenem Fehlverhalten (wie Vorfahrtsmissachtung, zu schnelles Fahren usw.), das bestimmten Fahrzeugführern oder Fußgängern d.h. den Beteiligten zugeschrieben wird. Je Unfall können bis zu zwei allgemeine Ursachen angegeben werden. Beim ersten Beteiligten (Hauptverursacher) und einem weiteren Beteiligten sind jeweils bis zu drei Angaben möglich, so dass je Unfall bis zu 8 Unfallursachen eingetragen sein können. In den Jahren nach 2000 tagte für einen Fünfjahreszeitraum unter der Leitung der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) eine aus Polizeipraktikern, Verkehrspraktikern und Verkehrswissenschaftlern zusammengesetzte Arbeitsgruppe zur Reform des Unfallursachenverzeichnisses. Diese Arbeitsgruppe konnte letztendlich aus den politischen Gründen der Verweigerungshaltung eines Bundeslandes keine Anpassung des Unfallursachenverzeichnisses an die veränderten Rahmenbedingungen der StVO und des Straßenverkehrs erreichen. 11 Hinsichtlich der einzelnen Unfallursachen werden den Polizeibeamten, die für die Eintragungen praktisch verantwortlich sind, in dem bestehenden Katalog seit nunmehr 40 Jahren in sieben Kategorien insgesamt 89 verschiedene Eintragungsmöglichkeiten vorgegeben, von denen an dieser Stelle lediglich die Kategorien 12 erwähnt werden sollen. 32 DVR Schriftenreihe 20

33 Unfallursachenverzeichnis Verkehrstüchtigkeit Fehler der Fahrzeugführer Andere Fehler beim Fahrzeugführer 49 Technische Mängel, Wartungsmängel Falsches Verhalten der Fußgänger Andere Fehler der Fußgänger 69 Allgemeine Unfallursachen Die für die verfahrensleitende Behörde (bei Straftaten die Staatsanwaltschaft, bei Ordnungswidrigkeiten die Bußgeldbehörde) gedachte Unfallanzeige erfolgt regelmäßig in elektronischer Form im Rahmen einer PC-gestützten integrierten Vorgangsbearbeitung, sie kann aber auch auf herkömmliche Weise schriftlich erfolgen, indem das folgende, bundesweit einheitlich in allen 16 Bundesländern gültige Formular genutzt wird. 13 In die folgenden Felder (Ausschnittvergrößerung aus der Unfallanzeige) müssen Polizeibeamte die nach Schlüsselzahlen geordneten Unfallursachen eintragen: 14 Für die Unfallursache Ablenkung existiert in diesem veralteten Regelwerk derzeit kein eintragungsfähiger Tatbestand, sodass diese Unfallursache in Deutschland derzeit polizeilich nicht einheitlich speziell erfasst und bearbeitet werden kann. Entsprechende zusammenfassende Unfallanalysen finden daher mangels passender Normen nicht überall in den Bundesländern automatisch statt. Eine positive Ausnahme bildet jedoch die Bundeshauptstadt Berlin, deren Polizei einen eigenen Katalog von Unfallursachen ermittelt hat und von den Berliner Polizeibeamten anwenden lässt. Es mag durchaus sein, dass inzwischen auch andere Polizeidienststellen in anderen Bundesländern dieser innovativen Praxis folgen. Zahlreiche auf Ablenkung beruhende Unfallschwerpunkte oder Unfallhäufungslinien bleiben jedoch auch weiterhin bundesweit zurzeit noch unerkannt und entsprechende Präventionsmaßnahmen können nicht getroffen werden. 15 Dass es in der polizeilichen Erfassung der Unfallursache Ablenkung auch anders und deutlich besser funktionieren kann, beweist unser Nachbarstaat Österreich. Unter der Leitung des Verkehrspsychologen Dr. Gregor Bartl wurden diverse Verkehrsunfälle in der Tiefe untersucht, indem Verkehrspsychologen die Unfallbeteiligten im Nachhinein befragten, um an die Kenntnis der Handlungs- und Unterlassungsfehler zu gelangen, die schlussendlich Auslöser für die Fahrfehler waren. Die befragten Unfallbeteiligten konnten sich dabei frei und vor allem ehrlich äußern, da ihre Aussagen nicht verfahrensrelevant waren und sie daher keinen Anlass zum Leugnen der wahren Unfallursachen hatten. 16 Die Ergebnisse der in Kooperation mit der österreichischen Bundesanstalt für Verkehr durchgeführten Studie wurden im Jahr 2006 international publiziert, fanden in Deutschland allerdings bislang kein nennenswertes Echo, 17 obwohl genau diese Ergebnisse zum Anlass für eine Reform des vollkommen überalterten deutschen Unfallursachenverzeichnisses hätten genommen werden müssen. Verkehrsunfallanzeige. Bl. - Ausf. f. statistische Aufbereitung Schriftenreihe 20 DVR 33

34 Hauptunfallursachen (Bartl & Hager, 2006a): 100 % 1. mangelnde Aufmerksamkeit / Konzentration 36 % Ablenkende Gedanken beim Autofahren 17,0 % Durch Gespräch mit Mitfahrern abgelenkt 4,6 % Ablenkung durch Handy telefonieren 4,3 % Abgelenkt durch Nebentätigkeiten 3,9 % Abgelenkt, weil man auf etwas anderes schaut 2,8 % Abgelenkt durch mitfahrendes Kind 1,4 % Sonstige Ablenkungen 1,6 % 35,6 % 2. Situationsangepasste Geschwindigkeit Wegen Stress und Eile Wegen Gedankenlosigkeit Rasen wegen Frust, Ärger, Angeberei, Spaß etc. 6,5 % 4,2 % 3,3, % 14,0 % 14 % 3. Falsche Situationseinschätzung 14 % 14 % 4. zu geringer Sicherheitsabstand Wegen Gedankenlosigkeit Wegen Stress und Eile Knapp Auffahren wegen Ärger, Stärke erleben, etc. 4,9 % 4,1 % 1,0 % 10 % 10,0 % 5. Überforderung durch die Verkehrssituation 7 % 7 % 6. Müdigkeit 5 % 5 % 7. Sonstige Risiken wie Alkohol, Drogen etc. 5 % 5 % 8. Restrisiko durch plötzliche kaum vorhersehbare äußere Umstände 9 % 9 % Die Ergebnisse der Untersuchungen beweisen eindeutig, dass die Unfallursache Ablenkung nicht in monokausaler Form existiert, sondern dass es sich bei Ablenkungen um diverse Verhaltensformen handelt, die gedanklich, praktisch oder in Kombination die Aufmerksamkeit von Fahrzeugführern vom realen Verkehrsgeschehen wegund zu verkehrsfremden Aufgaben hinlenken. Auf dieser Grundlage wären vollkommen neue Arbeitsansätze in der Präventionsarbeit möglich, allerdings müssten es Polizeibeamte im Rahmen ihrer Aus- und Fortbildung auch erlernen, zwischen diesen Formen zu unterscheiden, ohne die prozessualen Rechte der Beschuldigten zu verletzen. In den Staaten der USA wird diese Unfallursache ebenfalls erfasst und zeigte im Ergebnis, dass im Jahr 2015 unter den insgesamt Verkehrstoten Personen und damit mehr als 10 % der Unfallursache Ablenkung zum Opfer fielen, während von den verletzten Personen sogar Personen und damit ca. 23 % durch diese Unfallursache verletzt wurden. 18 Ablenkung als Verhaltensfehler und als polizeiliche Überwachungsaufgabe Auf einen Verhaltensfehler durch Ablenkung bei der Verkehrsteilnahme kann die Polizei ebenfalls im Rahmen ihrer zweiten Hauptaufgabe, der Verkehrsüberwachung aufmerksam werden. Die Überwachung des fließenden Verkehrs, ob nun mit Fahrzeugen oder zu Fuß, ist eine gesetzliche Aufgabe der Landespolizei und der Kommunen. Die Quantität, Qualität und Wirksamkeit von Maßnahmen der Verkehrs überwachung ist generell von ausreichendem Personal abhängig, das gut aus- und aktuell fortgebildet sein muss. Wer in einer Polizeiorganisation wie in fast allen Bundesländern in den letzten Jahren geschehen an dem Personal der Verkehrsüberwachung spart, reduziert dadurch auch deren Ergebnisse für die Verkehrs sicherheit. Hinzugefügt werden muss für Außenstehende auch die Erklärung, dass es sich beim Streifendienst der örtlichen Polizeidienststellen nicht um die Verkehrspolizei im eigentlichen Sinne handelt, sondern um Schutzpolizei. Schutzpolizeibeamte nehmen zwar auch Verkehrsüberwachungsaufgaben wahr, sind jedoch auf diesem Gebiet nur selten Spezialisten und verfügen nicht über das dienstliche Zeitbudget, sich in ihrer Tätigkeit auf die verkehrspolizeilichen Aufgaben der Verkehrs überwachung und Verkehrsunfallaufnahme konzentrieren zu können. Für Beamte der Verkehrspolizei und Schutzpolizei gilt aber gleichermaßen, dass sie allenfalls durch Zufall auf abgelenkte Fahrzeugführer aufmerksam werden, indem sie derartiges Fehlverhalten wie z.b. mit dem Handy in der Hand und am Ohr telefonierende Fahrer bei Fahrzeugführern feststellen, die ihnen z.b. während einer Streifenfahrt entgegenkommen. In den seltensten Fällen haben sie dabei die Gelegenheit, sofort eine geeignete Stelle zum gefahrlosen Wenden zu finden und müssen daher auch diese Fahrer in den meisten Fällen tatenlos an sich vorbeifahren lassen. Der Lerneffekt bei den Fahrzeugführern, die durch diese Begegnungen mit einer insoweit ohnmächtigen Polizei in ihrem gefährlichen und ordnungswidrigen Verhalten geradezu bestärkt werden, liegt auf der Hand. Stationäre Verkehrsüberwachungsanlagen, die mit dem Handy am Ohr telefonierende Fahrzeugführer technisch erkennen können und Verstöße beweissicher fotografieren, existieren bislang nicht. Zuweilen gelingt es rein zufällig anlässlich der Betrachtung eines fotografierten Geschwindigkeits-, Rotlicht- oder Abstandstäters, diesem auch einen gleichzeitig begangenen Verstoß gegen das Handyverbot am Steuer nachzuweisen. 19 Ablenkung als verkehrsrechtliches Problem Ablenkungen wären als Verhaltensfehler und Unfallursachen nur dann verkehrsrechtlich relevant, wenn sie in verkehrsrechtlichen Gesetzen und Verordnungen normiert wären. Ohne eine spezielle verkehrsrechtliche Normierung könnten sich Rechtsanwender nur an 34 DVR Schriftenreihe 20

35 in etwa vergleichbaren generellen Normen, an Präzedenzfällen und Erfahrungswerten orientieren. Fehlende Normen führen allerdings nur dann zu Rechtsunsicherheiten, wenn ein Normsetzungsdefizit existiert, das nicht durch Generalnormen kompensiert werden kann. Ablenkungen im Straßenverkehr sind in der Verkehrsrechtspraxis zusammenfassend zu berücksichtigen 1. als Ursachen für Verhaltensfehler, 2. als Ursachen für Verkehrsunfälle, 3. als ordnungswidriges oder gar strafrechtlich relevantes Verhalten, 4. im Rahmen der zivilrechtlichen Haftung nach einem Verkehrsunfall, 5. und bei genereller persönlicher Disposition zu abgelenkter Fahrweise sind sie auch ein Problem der Fahreignung. Spezielle Verkehrsrechtsnormen, die direkt den Begriff der Ablenkung beinhalten, gibt es derzeit im Verkehrsverhaltensrecht nicht. Allerdings existieren zahlreiche Normen, die unter den gegebenen Umständen auch auf eine abgelenkte Fahrweise angewandt werden können. Aktuelle denkbare Rechtsgrundlagen für die Unfallursache Ablenkung wären 1 Abs. 1 und Abs. 2 StVO, 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2a StVO, 23 Abs. 1 und Abs. 1a StVO, 31 Abs. 1 Satz 1 StVO, 33 Abs. 1 StVO, 7, 9, 17, 18 StVG i.v.m. 254 BGB, 222, 229 StGB. Die von ihrer Bedeutung her wichtigste Regelung des Verhaltensrechts ist ihrem normativen Regelungsgehalt nach eine der unbedeutendsten Regelungen. Sie ist in 1 Abs. 1 StVO zu finden und lautet: 1 StVO Grundregeln (1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht. (2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird. Das Merkmal der ständigen Vorsicht bedeutet für sämtliche Verkehrsteilnehmer eine Verpflichtung zu dauerhafter Aufmerksamkeit, ständiger Reaktionsbereitschaft, Sorgfalt und vorausschauendem Verkehrsverhalten, das auch Fehler anderer Verkehrsteilnehmer antizipiert. Fehlverhalten gegenüber dieser Grundnorm ist vom Verordnungsgeber aus heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen nicht als ordnungswidrig klassifiziert worden. Die Rechtsprechung hätte über die Jahre tausendfach die Gelegenheit gehabt, im Rahmen der entschiedenen praktischen Verkehrsfälle den unbestimmten Rechtsbegriff der ständigen Vorsicht verfassungskonform auszulegen und damit dem Bestimmtheitsgebot Genüge zu tun. Auch der Absatz zwei der Vorschrift beinhaltet mit dem unbestimmten Rechtsbegriff des Verhaltens einen gewissen Auslegungsspielraum, um das Thema Ablenkung in die juristische Bewertung einfließen zu lassen. Die zweite mögliche Verhaltensnorm, die für abgelenktes Verkehrsverhalten herangezogen werden kann, ist die allgemeine Geschwindigkeitsvorschrift des 3 Abs. 1 StVO, die lautet: 3 StVO Geschwindigkeit (1) Wer ein Fahrzeug führt, darf nur so schnell fahren, dass das Fahrzeug ständig beherrscht wird. Die Geschwindigkeit ist insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie den persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Das Merkmal des ständigen Beherrschens ihres Fahrzeuges bedeutet für Fahrzeugführer i.v.m. 1 Abs. 1 StVO ebenfalls eine Verpflichtung zu dauerhafter Aufmerksamkeit, Reaktionsbereitschaft, Sorgfalt und Vorausschau, allerdings gekoppelt mit dem stetigen souveränen Beherrschen der Fahrfunktionen ihres Fahrzeugs. Konkretisiert wird diese Pflicht in den beispielhaft formulierten Folgesätzen des Abs. 1 Satz 1, wonach die Fahrgeschwindigkeit insbesondere den persönlichen Fähigkeiten anzupassen ist. Von ihren Fahraufgaben abgelenkte Fahrer unterliegen während der Ablenkungsphasen erheblich eingeschränkten persönlichen Fähigkeiten und haben daher aufgrund dieser Vorschrift verbindlich ihre Geschwindigkeit zu reduzieren. Polizeibeamte werden auf Verstöße gegen diese Vorschrift im Regelfall nicht aufmerksam, weil ein zuvor abgelenkter Unfallbeteiligter im Rahmen der Unfallaufnahme kaum Schriftenreihe 20 DVR 35

36 die Ehrlichkeit besitzen dürfte, seinen Verhaltensfehler zuzugeben, was auch eine Frage der Verkehrsmoral ist. 23 StVO Sonstige Pflichten von Fahrzeugführenden (1) Wer ein Fahrzeug führt, ist dafür verantwortlich, dass seine Sicht und das Gehör nicht durch die Besetzung, Tiere, die Ladung, Geräte oder den Zustand des Fahrzeugs beeinträchtigt werden. Die Beeinträchtigung durch Geräte und die anderen aufgezählten Einflussfaktoren Besetzung, Tiere und Ladung erfordert auf der einen Seite die potenzielle Eignung dieser vier Faktoren zu einer negativen Beeinflussung des Fahrzeugführers und für ein ordnungswidriges Verhalten auch dessen tatsächliche negative Beeinflussung. Aus der Rechtsprechung ist jedenfalls ersichtlich, dass den Fahrzeugführer im Falle des Auftretens von Mängeln aus 23 Abs. 1, die die Verkehrssicherheit beeinträchtigen, die Pflicht trifft, das Fahrzeug unverzüglich und auf kürzestem Wege aus dem Verkehr zu ziehen. 20 Ob und wann einem Fahrzeugführer derartige Mängel auffallen müssen und welche Anforderungen vorab an seine Aufmerksamkeit zu stellen sind, ist dabei jeweils eine Frage des Einzelfalles. 23 StVO Sonstige Pflichten von Fahrzeugführenden (1a) Wer ein Fahrzeug führt, darf ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss. Dies gilt nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist. Die im Rahmen der Ablenkungsproblematik wohl am meisten diskutierte und in der Rechtsprechung am häufigsten herangezogene Verhaltensvorschrift der StVO benennt die ablenkende Wirkung nicht einmal, sondern setzt sie in ihrem Tatbestand stillschweigend voraus. Im Falle der anstehenden Novellierung der Vorschrift sollte die ablenkende Wirkung nicht nur aus Gründen der Prävention für die betroffenen Fahrzeugführer ausdrücklich erwähnt werden. Zudem bedarf es einer beispielhaften Aufzählung der technischen Geräte, deren Benutzung während der Fahrt und der verkehrsbedingten Unterbrechungen der Fahrt untersagt ist. Als schlechthin verkehrsrechtlich vorsintflutlich wirkt jedenfalls die immer noch bestehende Formulierung Hörer des Autotelefons, weil man derartige technische Geräte heutzutage mit Ausnahme des Fundortes der StVO wohl nur noch in Technikmuseen finden kann. Hinsichtlich der zahlreichen bislang von der Rechtsprechung entwickelten und sich teilweise inhaltlich widersprechenden Anwendungsfälle der Vorschrift darf auf eine aktuelle Zusammenstellung der Entscheidungen verwiesen werden, die anlässlich des Verkehrsgerichtstages 2017 erschienen ist. 21 Die einzige Vorschrift der StVO, in der die Ablenkung im Tatbestand ausdrücklich erwähnt ist, findet sich in 33 Abs. 1 StVO, die lautet: 33 StVO Verkehrsbeeinträchtigungen (1) Verboten ist 1. der Betrieb von Lautsprechern, 2. das Anbieten von Waren und Leistungen aller Art auf der Straße, 3. außerhalb geschlossener Ortschaften jede Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton, wenn dadurch am Verkehr Teilnehmende in einer den Verkehr gefährdenden oder erschwerenden Weise abgelenkt oder belästigt werden können. Auch durch innerörtliche Werbung und Propaganda darf der Verkehr außerhalb geschlossener Ortschaften nicht in solcher Weise gestört werden. Immerhin geht die Vorschrift gleich auf zwei Ursachen von Ablenkung ein, nämlich auf akustische (Nr. 1 Lautsprecher, Nr. 3 Ton) und visuelle Reize (Nr. 2, 3), aber eben nur bezogen auf Einflüsse von außen. Auch im Strafrecht kann eine Ablenkung im Rahmen der 222 und 229 StGB bewertend herangezogen werden, wenn sie zur Ursache für eine Körperverletzung oder den Tod eines Menschen geführt oder zumindest dazu beigetragen hat. 222 StGB Fahrlässige Tötung Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Begriff der Fahrlässigkeit bedeutet in seiner einfachsten Form der unbewussten Fahrlässigkeit das 36 DVR Schriftenreihe 20

37 Außerachtlassen der im Straßenverkehr erforderlichen Sorgfalt, wozu auch Verstöße gegen die Regelung der ständigen Vorsicht des 1 Abs. 1 StVO, aber auch Verstöße gegen sämtliche anderen genannten Verhaltensvorschriften gehören. Schließlich werden auch im Zivilrecht Ablenkungen berücksichtigt, wenn die Verursachungsbeiträge der Unfallbeteiligten gegeneinander abgewogen werden. 17 StVG Schadensverursachung durch mehrere Kraftfahrzeuge (1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Gerichte tun sich allerdings unter den gegebenen Umständen der vorhandenen Rechtsvorschriften schwer, mit Ablenkungen juristisch umzugehen. So entschied z.b. das Landgericht Bielefeld: Unaufmerksamkeit vorliegend das Übersehen eines anderen Fahrzeugs beim Fahrstreifenwechsel im Straßenverkehr ist eine häufige Unfall ursache,. 22 Damit würdigte die Kammer juristisch die Vorschrift des 7 Abs. 5 StVO als vordergründige Unfallursache, wonach bei einem Fahrstreifenwechsel die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen sein muss (= Gefährdungsausschluss). Der Ausschluss bedeutet dabei einen ergebnisorientierten Sammelbegriff für alle möglichen Verkehrsverhaltensweisen des betreffenden Fahrzeugführers, die dazu geeignet sind, zu Gefährdungen bei Fahrstreifenwechseln zu führen. In diesem umfassenden Rahmen wird Unaufmerksamkeit als der Grund des Verhaltensfehlers und damit die wahre Unfallursache festgestellt. Diese Hilfsargumentation zeigt die ganze Krux des vom Bundesgesetzgeber und Bundesverordnungsgeber gesetzten Verkehrsverhaltensrechts, das die verschiedenen Formen der Ablenkungen bislang beharrlich ignoriert hat. Dies zeigt schon eine frühe Entscheidung des Bundesgerichtshofes, der über einen Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall zu befinden hatte und argumentierte: Ist ein Fußgänger beim Überschreiten der Fahrbahn mit einem Kraftfahrzeug auf dessen Fahrbahnseite zusammengestoßen, so spricht der Beweis des ersten Anscheins lediglich für eine Unaufmerksamkeit des Fußgängers, nicht aber für ein Verschulden des Führers des Kraftfahrzeugs. 23 In diesem Fall wurde die Bewertung der Ablenkung mangels materiell passender Normen sogar in das zivilprozessuale Beweisrecht verlagert, was von den Instanzgerichten seither übernommen wurde wie die Formulierung des Landgerichts Köln beweist: Bei einem Auffahrunfall spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Auffahrende unaufmerksam gewesen ist, die angemessene Geschwindigkeit oder den erforderlichen Abstand nach 4 Abs. 1 StVO nicht eingehalten und damit den Unfall allein verursacht hat. 24 Eine in jeder Hinsicht sinnvolle juristische Verknüpfung zwischen dem Prozessrecht und dem materiellen Recht nahm unlängst das Oberlandesgericht München vor, indem es entschied: Einem Fahrer ist bei einer zu späten Reaktion auf den unangekündigten Spurwechsel eines Lkw auf die von ihm befahrene linke Fahrspur im Bereich von 1 bis 2 Sekunden ohne vorherige, durch sonstige Umstände hervorgerufene besondere Aufmerksamkeitsaufforderungen haftungsrechtlich kein Schuldvorwurf zu machen. Ablenkungen nach vorne in dieser zeitlichen Dimension werden üblicherweise durch die Pflichten der StVO (Blick in den Rückspiegel, Schulterblick etc.) verursacht. 25 Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Ablenkungen im deutschen Verkehrsrecht derzeit normativ nicht speziell geregelt sind. Juristen behelfen sich bei fehlenden Spezialnormen durch einen, allerdings für alle Beteiligten wenig berechenbaren, Rückgriff auf Generalnormen wie 1 Abs. 1 StVO, diverse Gefährdungsausschlüsse oder eben 17 Abs. 1 StVG. Wie Spezialregelungen aussehen könnten, ist derzeit noch vollkommen unklar und bedarf ggf. einer Analyse der Verortungsmöglichkeiten, der Erprobung von Auslegungsmöglichkeiten und der sorgfältigen Evaluation vorhandener Rechtsprechung. Anstrengungen werden in dieser Hinsicht derzeit allerdings von der Verkehrspolitik und den verschiedenen verkehrswissenschaftlichen Teildisziplinen nicht unternommen. Ein übergreifendes interdisziplinäres Projekt existiert ebenso wenig wie in diese Richtung führende Forschungsprojekte der Bundesanstalt für Straßenwesen. Schriftenreihe 20 DVR 37

38 Ablenkung de lege ferenda Derzeit existieren im deutschen Verkehrsrecht nach alledem keine auf die Unfallursache und das Fehlverhalten der Ablenkung speziell zugeschnittenen Rechtsvorschriften. Die Bearbeitung dieser Sachlage erfolgt, wenn das Problem überhaupt polizeilich erkannt wurde, nach bestem Wissen und Gewissen aufgrund allgemeiner Regelungen. Problematisch ist nicht nur das lückenhafte geltende Verkehrsrecht, sondern auch dessen Fokussierung auf den automobilen Verkehr. Wer das Thema Ablenkung zudem nur auf moderne Kommunikationsmittel reduziert, verengt seinen Blickwinkel in den Aufgaben der Verkehrsüberwachung und der Verkehrsunfallaufnahme. Dadurch leidet die Sicht auf die Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmer. Der Fußgängerverkehr bleibt dabei oft ebenso unberücksichtigt wie die besondere Schutzpflicht für schwächere Verkehrsteilnehmer. Die einseitige Fokussierung des Verkehrsrechts und der Verkehrspolitik wird deutlich an den jüngsten thematischen Empfehlungen des Deutschen Verkehrsgerichtstages. 53. Deutscher Verkehrsgerichtstag Arbeitskreis V Ablenkung durch moderne Kommunikationstechniken I. In einer relevanten Anzahl von Fällen sind schwere Unfallereignisse im Straßenverkehr Folge einer Ablenkung des Fahrers durch Informations-, Kommunikations- und Unterhaltungsmittel. Gleichwohl gibt es in Deutschland hinsichtlich der Art der Nutzung sowie der Häufigkeit solcher Unfälle keine verlässlichen Daten. Es bedarf einer aussagekräftigen Datenbasis, die die Nutzung durch den Fahrer sowohl bei unfallfreien Fahrten als auch bei Unfällen erfasst. Die Grundlagen sind durch eine bei der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) anzusiedelnde Arbeitsgruppe zu schaffen. IV. 23 StVO ist im Hinblick auf die technische Entwicklung nicht mehr zeitgemäß. Das betrifft insbesondere die Begriffe Mobil- oder Autotelefon und den ausgeschalteten Motor sowie die Beschränkung auf Aufnehmen oder Halten des Hörers. Der Arbeitskreis fordert den Verordnungsgeber zu einer Neufassung der Vorschrift auf. Diese sollte an die visuelle, manuelle, akustische und mentale Ablenkung von der Fahraufgabe anknüpfen. Die Geldbuße sollte eine gestaffelte Erhöhung bei Gefährdung sowie bei Schädigung vorsehen. Bei der Neufassung ist auf eine bessere Nachweisbarkeit in der Praxis Rücksicht zu nehmen. Aktuell hat sich die Ständige Konferenz der Innenminister und Innensenatoren (IMK) im Rahmen ihrer Herbstsitzung am 29./ mit dem Thema Verkehrsunfallbekämpfung Ablenkung durch mobile Kommunikation befasst und in diesem Rahmen beim zuständigen Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur eine Konkretisierung der Vorschrift des 23 Abs. 1a StVO inklusive eigener Vorschläge angemahnt. 26 Die IMK war inhaltlich der Verkehrsministerkonferenz gefolgt, die in ihrer Sitzung vom 14./ ebenfalls um eine allgemeinere Formulierung der Vorschrift gebeten hatte. 27 Schließlich hat sich auch der unter der Leitung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) stehende Bund-Länder-Fachausschuss (BLFA) StVO/OWi in seiner Sitzung am 11./ ebenfalls mit der Änderung des 23 Abs. 1a StVO befasst und eine rasche Überarbeitung der Vorschrift im Rahmen der nächstfolgenden StVO-Novelle zugesagt. Die nächstfolgende Novelle wurde am 16. Dezember 2016 in Kraft gesetzt allerdings ohne die versprochene Änderung des 23 Abs. 1a StVO. 28 Im Frühjahr 2017 wurde den Verkehrsverbänden vom BMVI ein Referentenentwurf zugeleitet, zu dessen Intentionen Stellungnahmen abgefordert wurden. Eine zu den eingegangenen Vorschlägen notwendige Expertenanhörung steht zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses dieses Themenheftes (Juli 2017) noch aus, jedoch wurde der Entwurf ohne eine mündliche Anhörung dem Bundesrat zugeleitet, der das Thema allerdings vom 7. Juli auf seine erste Sitzung nach der Sommerpause am 22. September 2017 vertagte. Der derzeit kursierende Referentenentwurf für die Novellierung der Vorschrift lautet: 23 StVO (1a) Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation oder Information dient oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen, wenn 1. hierfür das Gerät nicht aufgenommen oder gehalten werden muss und 38 DVR Schriftenreihe 20

39 2. entweder nur a) eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt wird oder b) zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze Blickzuwendung zum Gerät und kurze Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erforderlich ist, die zeitlich dem Blick über die Schulter beim Abbiegevorgang entspricht. Geräte in Sinne des Satzes 1 sind auch Geräte der Unterhaltungselektronik oder Geräte zur Ortsbestimmung, insbesondere Mobil- oder Autotelefone, Berührungsbildschirme, tragbare Flachrechner, Navigationsgeräte, Fernseher oder Abspielgeräte mit Videofunktion. Handelt es sich bei dem Gerät im Sinne des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, um ein auf dem Kopf getragenes visuelles Ausgabegerät, insbesondere eine Videobrille, darf dieses nicht benutzt werden. Verfügt das Gerät im Sinne des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, über eine Sichtfeldprojektion, darf diese nur für die Nutzung fahrzeugbezogener, verkehrszeichenbezogener oder fahrtbezogener Informationen genutzt werden, Absatz 1b bleibt unberührt. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor vollständig ausgeschaltet ist. Das fahrzeugseitige automatische Abschalten des Motors im Verbrennungsbetrieb oder das Ruhen des elektrischen Antriebes ist kein Ausschalten des Motors in diesem Sinne. Der aktuelle Vorschlag erlaubt demnach eine Ablenkung durch eine kurze Blickzuwendung zum Gerät und normiert damit ein Verkehrsunfallrisiko. Zwar existiert diese Form der Ablenkung in der Realität schon seit langer Zeit, indem z.b. Touchpanels von Navigationsgeräten und Bildschirmen von Car-PC s 29 auch während der Fahrt fleißig von den Fahrzeugführern bedient werden, aber nunmehr wird diese Ablenkung auch ausdrücklich gestattet. Zudem befindet sich die vorgeschlagene Formulierung aufgenommen oder gehalten werden muss nicht auf der technischen Höhe der Zeit, weil ein technisches Gerät bereits vor dem Einsteigen in das Fahrzeug in Gebrauch sein kann und nach diesem Wortlaut dann zu Beginn der Fahrt durchaus in der Hand verbleiben darf. Die Rolle der Verkehrspolitik Die Verkehrspolitik ist in ihren Funktionen als Legislative und Exekutive an die Schutzpflicht des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, gebunden, die Menschenrechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit umfassend zu schützen. Sie muss daher gesetzgeberisch bzw. im Rahmen des Verwaltungshandelns präventiv und repressiv im Sinne einer Berücksichtigung der diversen Implikationen des Verkehrsrechts durch das Phänomen Ablenkung tätig werden. Wie sie dies umsetzen sollte, bedarf einer Erforschung vorhandener gesetzgeberischer Möglichkeiten, bevorzugt beauftragt und begleitet durch die Experten der Bundesanstalt für Straßenwesen. Fazit Fest steht bereits der Reformbedarf hinsichtlich der folgenden Themenfelder: 1. Das geltende Unfallursachenverzeichnis ist dringend zu reformieren. In der Verantwortung stehen die Innenministerien der Bundesländer. 2. Die Unfallursache Ablenkung bedarf einer Schwerpunktsetzung in der polizeilichen Verkehrsüberwachung und Unfallaufnahme sowie interdisziplinär geschulter Polizeibeamter. 3. Zur (vorläufigen) Lösung des zu konstatierenden verkehrsrechtlichen Normsetzungsdefizits könnte das Gebot des 1 Abs. 1 StVO zur ständigen Vorsicht juristisch neu als Ordnungswidrigkeit bewertet werden. Verstöße gegen das Gebot könnten bei allen Verkehrsteilnehmern sowohl als Verhaltensfehler und als Unfallursache bewertet und analytisch sowie präventiv berücksichtigt werden. Eine notwendige Differenzierung könnte wie auch sonst üblich nach Fallgruppen im Bußgeldkatalog/Tatbestandskatalog erfolgen. 4. Es besteht dringlicher Forschungsbedarf hinsichtlich der Praxisrelevanz aktueller und noch zu schaffender verkehrsrechtlicher Verhaltensnormen für die Unfallursache Ablenkung. Die ebenfalls riskante visuelle Ablenkung von Fußgängern durch elektronische Geräte wird von diesem Entwurf nicht erfasst. Schriftenreihe 20 DVR 39

40 Literatur 1 Der Verfasser ist Professor für Straßenverkehrsrecht und Verkehrsstrafrecht an der Hochschule der Sächsischen Polizei und Vorsitzender des juristischen Beirates des DVR. Die Inhalte dieses Aufsatzes wurden der Fachöffentlichkeit vom Verfasser während des DVR-Kolloquiums Ablenkung im Straßenverkehr am in Bonn vorgetragen. Sämtliche Vorträge des Kolloquiums wurden auf der Webseite des DVR zusammengefasst und stehen teilweise im Download zur Verfügung unter presse/informationen/was-hilft-gegen-den-silent-killer_id-4337htm strayeriii_finalreport.pdf 7 S Ausnahmen bilden insofern die Videoaufzeichnungen von Dashcams, die sich allerdings nur dafür eignen, die Auswirkungen abgelenkter Fahrweise zu dokumentieren, weil sie das Verhalten des Fahrers gerade nicht aufzeichnen 9 Begründung zum Gesetz vom 15. Juni 1990 (BT-Drucks. Nr. 11/5464 vom 25. Oktober 1989) 10 Destatis, Verkehrsunfälle 2015, Wiesbaden 2016, S Das betreffende Bundesland (ein Nettozahler im Länderfinanzausgleich) sah sich aus haushalterischen Gründen außerstande, seine Software an die ansonsten einstimmig vereinbarten Verbesserungen anzugleichen 12 Destatis, a.a.o., S. 13 ff 13 Destatis, a.a.o., S. 346 f.; die statistische Zusammenfassung und Auswertung ist Nebenzweck der Unfallanzeige, die in erster Linie als zusammenfassende Tatsachengrundlage für die Verfahrensentscheidungen dient 14 Destatis, a.a.o., ebd 15 Positive Ausnahmen von dieser Regel gestattet zuweilen der Kommissar Zufall aufgrund besonders aufmerksamer Polizeibeamter, die eher zufällig auf massenhaft etwa durch ungünstig gestaltete Verkehrsräume abgelenkte Fahrer aufmerksam werden 16 Das Leugnen und sogar Lügen ist Beschuldigten im deutschen Strafverfahren ausdrücklich erlaubt, vgl. dazu nur BGH, Urteil vom 14. November StR 160/90, juris 17 Bartl, Gregor/Hager, Barbara, Unfallursachenanalyse bei Pkw-Lenkern, auch in Englisch unter dem Titel: Car accident cause analysis A research project in cooperation with the Federal Institute for Traffic, Wien 2006; Bildquelle auf S zur statistischen Datenbasis näher: crashstats.nhtsa.dot.gov/api/public/viewpublication/ In diesen Fällen wird nach 19 OWiG regelmäßig das bedeutendere Delikt geahndet, das aufgrund der im Vergleich niedrigeren Geldbuße gegenüber Rotlichtund Abstandsverstößen regelmäßig nicht der Handyverstoß ist 20 KG Berlin, Beschl. v Ss 140/01-3 Ws (B) 314/01, juris, auch zum Folgenden 21 Müller, Dieter/Rebler, Adolf, Tödliche Telefonate Handy am Steuer, in: Deutsches Autorecht (DAR) 2017, S. 49 ff. 22 LG Bielefeld, Urteil vom 11. Juni O 285/12, juris 23 BGH, Urteil vom 13. April 1953 VI ZR 75/52, juris 24 LG Köln, Urteil vom 10. Juli O 320/13, juris 40 DVR Schriftenreihe 20

41 25 OLG München, Urteil vom 08. April U 5122/10, juris 26 Download des Kurzgutachtens der von der IMK beauftragten Arbeitsgemeinschaft Verkehrspolizeiliche Aufgaben (AG VPA) unter innenministerkonferenz.de/imk/de/termine/to-beschluesse/ _30/nummer%2012%20verkehrsunfallbekaempfung.pdf? blob=publicationfile&v=2 27 TOP 6.1 im Download unter nisterkonferenz.de/vmk/de/termine/sitzungen/ vmk/ beschluss.pdf? blob=publicationfile&v=2 28 BGBl Teil I, S Dazu sehr informativ Rabenstein, Andreas, in seinem Artikel Ablenkung-im-Auto-Unfallursache-Bordcomputer html Schriftenreihe 20 DVR 41

42 5 Wie kann die Unfallgefahr Ablenkung im Straßenverkehr verringert werden? Vom Gefährlichen des Erlaubten Prof. Dr. Klaus Bengler, Technische Universität München Von Anfang an hat die Frage der Verkehrssicherheit und damit die Beherrschbarkeit der Fahrzeugführung durch den Menschen die Interaktion zwischen Fahrer und Fahrzeug geprägt. Zunächst waren es Fragen, die sich mit der primären Fahraufgabe, deren Geschwindigkeit und Komplexität oder auch generell mit der Bedienung einer sehr komplexen Maschine beschäftigten. Dann kamen sehr bald auch die Problemstellungen hinzu, die sich mit der zunehmenden Funktionalität des Automobils ergaben. (Akamatsu et al. 2013) Ein genauerer Blick zeigt, dass Autofahren grundsätzlich vom Multitasking bestimmt ist und auch zusätzliche Aufgaben (sekundäre und tertiäre) beim Autofahren durch den Fahrer ausgeführt werden. Zunächst muss die Fahrzeugführung erledigt werden, darunter das Management von Geschwindigkeit und Spurführung als primäre Fahraufgabe in einer bestimmten Umgebung durch einen gegebenen Fahrer. Diese grundlegende Aufgabe gliedert sich in drei Teilaufgaben: Stabilisieren, Manövrieren und Navigieren. Dazu muss der Fahrer angemessen und rechtzeitig reagieren, ansonsten würde das Fahrzeug innerhalb von wenigen Sekunden die Straße verlassen oder mit anderen Fahrzeugen kollidieren. Aus der Perspektive der Psychologie sind hier anspruchsvolle Wahrnehmungsaufgaben zu erledigen, die Informationen im Kontext zu interpretieren und das Ergebnis dann über Lenkrad und Pedalen weitgehend parallel und möglichst präzise einzugeben. Von Anfang an war es von Interesse, die Mechanismen zu untersuchen, mit denen Fahrer diese komplexe Fahraufgabe lösen können. Zahlreiche Informationen müssen gesammelt und über verschiedene Sinnesmodalitäten kontinuierlich verarbeitetet werden. (Bubb et al. 2015) Aktuelle Forschung besagt, dass die meisten oder sogar alle Multitasking-Phänomene durch sehr schnelle und erfolgreiche Sequenzierung und Taskwechsel erklärt werden können. Dies würde bedeuten, dass keine Parallelverarbeitung im engeren Sinne, sondern sehr effizientes Umschalten zwischen Aufgaben der Fall ist. Daher müssen jedes System und jede Aufgabe, die in das Fahrzeug integriert werden, diese Unterbrechbarkeit unterstützen, um die Hauptaufgabe nicht zu stören. Auch aus Sicht der Ergonomie stand zuerst die Ausgestaltung des Fahrerarbeitsplatzes im Vordergrund. Dann traten immer mehr Fragestellungen rund um die Interaktion mit komplexen Komfortfunktionen, Fahrerassistenzsystemen, Fahrerinformationssystemen und später mobilen Endgeräten (Telefon, Smartphone, Navigationsgerät) hinzu. Spätestens zu diesem Zeitpunkt gehen zwei sehr komplexe Konsumgüter eine Verbindung ein. Mittlerweile wird diese Verbindung gerade wenn es um mobile Endgeräte geht sehr stark vom Benutzer ausgestaltet. Dies betrifft sowohl die Auswahl der Geräte, deren geometrische Integration und auch die Funktionsauswahl. Auch die Gruppe der fahrzeugintegrierten Informationsund Kommunikationsgeräte hat seit ihrer Einführung deutliche Fortschritte bezüglich der Ergonomie gemacht und unterliegt klaren Regelungen und Empfehlungen. (Commission Recommendation 1999, Commission Recommendation 2008, Driver Focus-Telematics Working Group (2006), NHTSA, JAMA) Diese Weiterentwicklung war aber auf technischer Seite von einem deutlichen Funktionszuwachs begleitet, auf Nutzerseite von steigenden Nutzungshäufigkeiten und Nutzungsdauern. So hat beispielsweise die Häufigkeit von Telefonaten während der Fahrt und die Nutzung von Navigations- und Verkehrsinformationsdiensten kontinuierlich zugenommen. (Freymann 2006) Eine Studie des BITKOM Verbandes (2014) zeigt vor allen Dingen für die jüngere Generation eine deutliche Motivation zu intensivem Kommunikationsverhalten und vor allen Dingen die starke Nutzung sozialer Netzwerke, was wiederum mit entsprechenden Texteingaben verbunden ist. 42 DVR Schriftenreihe 20

43 Grundsätzlich ist festzustellen, dass Fahrer unter bestimmten Bedingungen erlaubte Nebentätigkeiten während der Fahrt sicher ausführen können. Allerdings nimmt die Häufigkeit dieser Bedienungen zu und auch die Nutzergewohnheiten ändern sich. Viele Hersteller begegnen dieser Entwicklung im Sinn der Usability mit der Integration weiterer, innovativer Interaktionstechnologien (Sprachbedienung, Gestik, Handschrifteingabe), um die Ablenkungswirkung durch tertiäre Aufgaben zu reduzieren. (Bengler et al. 2012, Bubb et al. 2015) Vor allen Dingen durch Interaktionskonzepte, die an den Erfordernissen der Fahraufgabe orientiert sind. Ziel ist generell eine entspannte, effiziente und sichere Fahrweise zu erreichen. Im Detail spielen aber immer die aktuelle Fahraufgabe mit ihren spezifischen Anforderungen und die individuellen Eigenschaften des spezifischen Nutzers eine wichtige Rolle. Viele Untersuchungen zeigen deutliche Unterschiede in den Leistungen von Probanden in hochstandardisierten Versuchen zur Ermittlung der Fahrerablenkung. Wenn Fahrerablenkung durch fahrfremde Nebentätigkeiten zu kritischen Situationen oder Unfällen führt, dann ist dies häufig nicht in einer einzigen Ursache begründet, sondern im Zusammenwirken mehrerer Faktoren. Somit bestehen für die Verringerung des Risikos durch fahrfremde Tätigkeiten auch mehrere Möglichkeiten. Ein alleiniges Verbot von Nebentätigkeiten würde die Problematik zwar lösen können, würde aber auch den Nutzen der Systeme tilgen. So ist erwiesen, dass Navigationssysteme und zusätzliche (Karten-)Information in sinnvoller Darstellung zur signifikanten Reduktion des Spritverbrauchs und höherer Verkehrssicherheit beitragen können. Begleitend zur technischen Entwicklung wurden sowohl die Vorschriften zur Integration und Nutzung von fahrfremden Funktionen formuliert und standardisierte Methoden zur Bewertung der Ablenkungswirkung entwickelt. (DIN EN ISO 15007, 16673, 17488, 26022; siehe hierzu auch Heinrich, C. 2012) Klar formulierte Empfehlungen zur Gestaltung und Guidelines (ESOP, AAM, JAMA) fassen das gegenwärtige Wissen zusammen und geben Anleitungen zu Gestaltung der Systeme, deren Integration und deren Bewertung. Ein Vergleich der Dokumente zeigt eine große Übereinstimmung in den grundsätzlichen Aussagen, aber auch signifikante Unterschiede, wenn es darum geht Kriterien zu benennen oder gar Funktionsgruppen wie Navigation oder Entertainment gesondert zu behandeln. Bei genauer Betrachtung fällt auf, dass in beiden Fällen Verkehrssituation und Nutzer nicht genauer beschrieben sind, sondern sehr allgemein adressiert werden. Somit können Geräte und Funktionen grundlegend bewertet werden; allerdings im Sinn einer Untersuchung minimal notwendiger Anforderungen. Viele tertiäre Aufgaben dürfen während der Fahrt ausgeführt werden. Entsprechende Absicherungen der Fahrzeughersteller gemäß den gängigen Empfehlungen und Vorschriften stellen sicher, dass die damit verbundene Ablenkungswirkung vertretbar ist. Daneben ist aus guten Gründen eine Vielzahl von Aufgaben eindeutig für die Ausführung während der Fahrt verboten. Im Allgemeinen, weil sie eine oder mehrere Ressourcen des Fahrers über Gebühr bei ihrer Ausführung beanspruchen und weil eine fehlerfreie Ausführung der Fahraufgabe nicht mehr gewährleistet ist. Allerdings spielt auch die aktuelle Verkehrssituation eine wichtige Rolle. Vor allen Dingen spielen die Vertrautheit des Fahrers mit der aktuellen Situation und dem Fahrzeug eine wichtige Rolle. Dem Fahrer stehen für die Ausführung der verschiedenen Aufgaben Fahren mit Unteraufgaben, Nebentätigkeiten nur bedingt viele Ressourcen zur Verfügung, die zeitlich gut verteilt werden müssen, um rechtzeitig und richtig entscheiden und reagieren zu können. Es kann also nicht abgeleitet werden, dass die Nutzung einer der für den Straßenverkehr erlaubten Funktionen in jedweder Verkehrssituation durch jeglichen Nutzer risikofrei sein wird. Hier liegt bei manchem Nutzer eine falsche Interpretation der Situation vor. Denn nicht alles, was erlaubt ist, ist auch immer sicher. Das, was gefährlich ist, ist auf jeden Fall verboten. Es dürfen keine Mobiltelefone bei laufendem Motor und während der Fahrt benutzt werden und es ist sinnvoll, diese Regel als Fahrer für alle Mobilgeräte anzuwenden. Es wird empfohlen, diese Regelung möglichst auf alle Mobilgeräte auszudehnen. Nach wie vor kommt also der Selbstregulation des Nutzers eine ausschlaggebende Rolle zu, die identische Interaktionsvorgänge in ihrem Risiko verstärkt oder abschwächt. Eine Vielzahl von Studien zeigt, dass ver- Schriftenreihe 20 DVR 43

44 antwortungsvolle Nutzer durchaus vermeiden, vor und während komplexer Situationen zu interagieren oder zu kommunizieren. überfordert sein. Vor allen Dingen werden die nicht erlaubten Tätigkeiten häufig nur mit der Telefonie in Verbindung gebracht. So stellt 23(1)(a) StVO zunächst fest, dass es verboten ist, ein Mobiltelefon zu greifen oder halten während das Fahrzeug in Bewegung ist oder der Motor läuft. Dadurch können sich durchaus risikoreiche Situationen ergeben, wenn durch unerfahrene Nutzer in beanspruchenden Fahrsituationen nicht optimal gestaltete Geräte an ungünstigen Orten im Fahrzeug genutzt werden. Durchaus im Bereich des erlaubten jedoch nicht im sicheren Bereich. How to minimize distraction Eine Bedienung nicht befestigter Mobiltelefone ist nur im Stand bei ausgeschaltetem Motor erlaubt. Hinzu kommt die bereits weiter oben angesprochene Möglichkeit, dass Nutzer frei über die Anbringung mobiler Geräte im Fahrzeuginnenraum entscheiden können und damit die Ablenkungswirkung erheblich beeinflussen können. Es geht also um wesentlich mehr als um zum Beispiel die generelle Erlaubnis zu telefonieren oder nicht. Die ergonomische Qualität komplexer Produkte ist mittlerweile für viele Nutzer ein wichtiges Kaufkriterium. Aus diesem Grund sollten ergonomische Erkenntnisse möglichst berücksichtigt werden. Die Erfolge in der ergonomischen Grundlagenforschung in den letzten Jahrzehnten waren sehr hoch und eine Reihe von ergonomischen Kriterien, Benchmark-Werten und Methoden wurden entwickelt, empirisch validiert, und einige von ihnen sind unten in internationalen Standards gelegt. Verschiedene ergonomische Maßnahmen können helfen, die Ablenkungswirkung von Nebentätigkeiten erheblich zu verringern. Das Erlaubte Aus Sicht eines OEM (Erstausrüster) ergibt sich also der erlaubte oder empfohlene Funktionsumfang je nach Region aus den Funktionen, die orientiert an den jeweiligen Empfehlungen und der StVZO eine positive Bewertung erreichen. Dies entspricht auch der Sicht vieler Hersteller mobiler Endgeräte. Diese machen aber häufig keine exakten Aussagen oder Angaben über die Anbringung und den zulässigen Gebrauch in Verbindung mit dem Fahrzeug. Aus Sicht des Fahrers orientiert sich der erlaubte Funktionsumfang an den Aktivitäten, die mit den im Fahrzeug integrierten Geräten unter Berücksichtigung der StVO genutzt werden können. Allerdings ist diese Menge an Funktionen nicht jedem Fahrer zu empfehlen. So könnten beispielsweise Fahranfänger im Vergleich zu fahrerfahrenen Fahrern von der gleichen Aufgabe deutlich Das ESOP (Commission Recommendation 2008) nennt fünf Hauptbereiche: Installation principles Information presentation principles Principles on interaction with displays and controls System behavior principles Principles on information about the system Angesichts dieser Prinzipien können verschiedene Maßnahmen in Betracht gezogen werden: die Optimierung der geometrischen Integration ein verbessertes Interaktionsdesign die Berücksichtigung kognitiver Aspekte. Ausgewählte Beispiele sollen das veranschaulichen: Geometrisch Interaktion Kognitiv Erreichbarkeit des Gerätes aus der Fahrhaltung Aufgabendauer Komplexität der dargestellten Information 44 DVR Schriftenreihe 20

45 Geometrisch Interaktion Kognitiv Sichtbarkeit der Displays Lesbarkeit der dargestellten Zeichen Blend- und Reflexionsfreiheit Konsistenz des Interaktionskonzepts Visuelle Beanspruchung der Interaktion Unterbrechbarkeit der Interaktion Erlernbarkeit der Interaktion Erreichbarkeit und Anbringung: optimiertes geometrisches Layout Im Fall der mobilen Endgeräte ist zu beobachten, dass aus gestalterischen Gründen immer häufiger stark spiegelnde Displays mit zunehmender Größe eingesetzt werden. Diese führen bei ungünstiger Anbringung mittels Saugnapf auf der Windschutzscheibe zu beträchtlichen Verdeckungen der Verkehrsszene. In der Stadt können so durchaus schwächere Verkehrsteilnehmer temporär verschwinden. Ebenso können die Spiegelungen von einfallendem Sonnenlicht gerade bei älteren Fahrern zu empfindlichen Blendungen führen. Viele Nutzer bevorzugen gerade diese Anbringung, da sie den Blick nicht von der Straße nehmen müssen und die häufig zu kleinen Schriften besser ablesen können. Sie unterschätzen dabei aber erheblich die Nebenwirkungen. Hinzu kommt, dass viele der so verbauten Touchscreens außerhalb des Greifraums liegen. Dies führt bei Interaktion mit dem Gerät zu einer starken Beeinträchtigung der Fahrerhaltung, die für sicheres Fahren empfohlen wird. Von Krause & Bengler, 2013 wird eine breit angelegte Befragung vorgestellt, in der die Teilnehmer unter anderem zu ihrem Nutzungsverhalten mit Mobiltelefonen in Zusammenhang mit Fahrzeugnutzung und Straßenverkehr befragt wurden. Aus 694 ausgewerteten Datensätzen ergab sich, dass nur jeder sechste Teilnehmer eine Handyhalterung für sein Fahrzeug besitzt; nur jeder fünfte dieser Gruppe nutzt eine vorhandene Halterung bei jeder Fahrt. Dennoch wird wiederum von vielen Befragten angegeben, dass die Funktionen ihres Smartphones für sie im Fahrzeug wichtig sind. Scholly (nach Bubb 2015) beschreibt sehr gut nachvollziehbar, wie wichtig der unverstellte Blick durch die Windschutzscheibe in Richtung Fahrszene ist. Demnach sind vor allen Dingen die Bereiche der Windschutzscheibe und der Seitenscheiben von Verdeckungen freizuhalten, die für die Bearbeitung der primären Fahraufgabe von besonderer Bedeutung sind. Seitens der Hersteller wurden die Displays für Infotainmentsysteme zunehmend aus dem unteren Teil der Mittelkonsole in Richtung Windschutzscheibe bewegt und zugleich mit reflexarmen Beschichtungen ausgestattet. Dies ermöglicht möglichst kurze Abwendungen von der Fahrszene und blendfreies Fahren. Sicht zur Verkehrsumgebung ohne Verdeckung Sichtverdeckung in relevanten Bereichen durch ungünstig montiertes mobiles Endgerät Der Beitrag von Remlinger und Bengler 2017 zeigt sehr schön, wie mit digitalen Menschmodellen im Verlauf der Schriftenreihe 20 DVR 45

46 Entwicklung eines Fahrzeugs diese negativen Effekte vermieden werden können. Leider sind diese für den Normalnutzer nicht zugänglich, weshalb verstärkte Aufklärung zu einer sinnvollen Anbringung im Innenraum hier unbedingt notwendig ist. Berücksichtigung sensorischer Aspekte: Interfacegestaltung Lesbarkeit und haptische Rückmeldung Für eine zügige und fehlerfreie Informationsaufnahme ist die Qualität der Informationspräsentation ausschlaggebend. (Remlinger & Bengler 2017) Trotz stetig steigender Displayauflösung und -kontraste ist die Größe der dargestellten Informationen und Zeichen nach wie vor von großer Bedeutung. Die ISO (2017) gibt unmissverständlich Auskunft darüber, welche Schriftgrößen in Abhängigkeit der Ablesedistanz im Fahrzeug verwendet werden sollten. Nachdem aber die Menge der anzuzeigenden Informationen auch deutlich zunimmt, bedingen ausreichend große Schriften häufig auch größere Bildschirme, die in einer gut ablesbaren Lage platziert sein sollten (s.u.). Gerade mobile Endgeräte, die als Informationssysteme im Fahrzeug genutzt werden, kommen hier häufig an ihre Grenzen, ausreichend viele Informationen gut lesbar darzustellen. um eine sichere Bedienung und Ablesung zu gewährleisten obwohl nicht verboten. Sinnvoller scheinen die Ansätze, eine Datenverbindung zwischen dem Endgerät und dem Fahrzeugsystem/-bildschirm herzustellen, die eine adäquate Informationspräsentation ermöglichen soll. Learnability Aus dem European Statement of Principles (Commission Recommendation 2008) wird deutlich, dass vor allem auch die Erlernbarkeit eines Systems eine wichtige Eigenschaft darstellt. Weil Fahrer mit zunehmender Kenntnis des Gerätes Strategien bezüglich der Aufgabenteilung zwischen Zusatzaufgabe und Fahraufgabe entwickeln, spielt diese Tatsache für den sicheren Gebrauch eine große Rolle. Daten zu Lernverläufen bei der Nutzung eines sprachbedienten Systems und die entsprechenden Fehleranalysen (siehe hierzu auch Bengler 2001, Bengler & Noszko 2002, Bengler & Mayser 2003) zeigen wie stark die Erlernbarkeit von Dialogen deren Ablenkungswirkung verringern kann. Auch die Aufgabendauer wird häufig als Qualitätsmaßstab für Interaktionskonzepte genannt. In einem Lernexperiment wurden Zieleingabedialoge für Navigationssysteme von Jahn et al verglichen. Es zeigt sich eine deutliche Reduktion der benötigten Dauer für vergleichbare Zieleingaben bei zunehmender Erfahrung mit dem Gerät und im Regelfall auch gezieltere Blickzuwendungen zum Gerät während der Fahrt. Kognitive Aspekte Interaktionsgestaltung Abwendung vs. Ablenkung Integration eines Smartphone mit KOLIBRI App in einem gut ablesbaren Bereich ohne Verdeckung Die rein geometrische Integration des Gerätes reicht also in vielen Fällen und für viele Funktionen nicht aus, Im Zusammenhang mit der Dialoggestaltung des Mensch-Maschine-Systems sollten zwischen Ablenkung und Abwendung unterschieden werden. Wobei Ablenkung bedeutet, dass die Aufmerksamkeit des Fahrers durch äußere Faktoren in die Irre geführt und nicht mehr in angemessener Weise auf die Fahraufgabe gerichtet ist. Dieser Effekt kann durch Reize innerhalb oder außerhalb des Autos verursacht werden. So kommen Animationseffekte auf Displays oder Bildschirmwechsel genauso in Betracht wie andere Verkehrsteilnehmer oder Werbeanzeigen, denen wir uns nicht entziehen können. Lee, J. in Regan (2009) gibt einen hervorragenden 46 DVR Schriftenreihe 20

47 Überblick über die Systematik der verschiedenen Ablenkungen, eine Definition und grundlegende Erklärungen. (Bengler 2014) Abwendung beschreibt hingegen eine geplante Verlagerung der Aufmerksamkeit des Fahrers von der Fahraufgabe weg, die von vorbereitenden Maßnahmen begleitet ist. Diese Maßnahmen dienen dem präventiven Ausgleich der Kosten der Aufmerksamkeitsverlagerung (z.b. intensive visuelles Scannen der Umgebung vor dem Ablesen eines Navigations-Displays). Ungünstige Gestaltung von Information und Interaktion kann dazu führen, dass bei der Interaktion mit einem System aus Abwendung Ablenkung wird. Gründe dafür können nicht lesbare Displays, verzögerte Systemrückmeldung und weitere Fehler in der Gestaltung des Mensch-Maschine-Interfaces sein. Zahlreiche Studien berichten von riskanten Fahrerabwendungen, die durch Essen und Trinken oder andere alltägliche Aktivitäten entstehen und nicht in Verbindung mit technischen Geräten stehen. Auch hier ist zu erkennen, dass zunächst erlaubte und durchaus sicher durchführbare Aktivitäten durch ungünstige Konstellationen sich risikoreich entwickeln können. (Dingus et al. 2006, 2016) Im Allgemeinen dient der Begriff der Fahrerablenkung dazu, die vielfältigen Konstellationen zu beschreiben, dass ein Fahrer nicht über die ausreichende Menge an verfügbaren Ressourcen verfügt, um die Fahraufgabe auszuführen. Eine berechtigte Frage ist in diesem Zusammenhang, ob alle verfügbaren Aufmerksamkeits-Ressourcen des Fahrers immer der Fahraufgabe zugeordnet werden müssen, oder ob messbare Fahrleistungen ausreichen um festzustellen, ob genügend Ressourcen für die Fahraufgabe genutzt wurden. Die inzwischen etablierten Kennzahlen versuchen hier eine Orientierung zu geben. So sollen keine Einzelblickdauern von 2 Sekunden überschritten werden und auch die Spurhaltung soll durch Nebentätigkeiten nicht signifikant beeinträchtig werden. In vielen Fällen dient Fahrerablenkung auch als ultimative Erklärung für die Unfallentstehung. So kommt die 100-Car Study (Klauer et al. 2006) zu der Aussage, dass Blickabwendungen gerade von längerer Dauer das Unfallrisiko erheblich erhöhen. Auch wenn die Argumentation nachvollziehbar ist, dürfte aus Sicht des Fahrers häufig der Eindruck entstehen, dass auch längere Blicke durchaus machbar sind, da nicht jede längere Blickabwendung mit einem kritischen Ereignis oder gar einem Unfall quittiert wird. Es ist also durchaus sinnvoll, gerade erfahrene Fahrer und Systemnutzer immer wieder dafür zu sensibilisieren, dass erfolgreiches Fehlverhalten keinesfalls verstetigt werden darf. Die Versuche von Conti et al zeigen, dass Aufgaben, die vergleichbar sind mit Telefonaten über die Freisprecheinrichtung oder sprachgeführten Interaktionen mit Geräten, durchaus zu messbar längeren Reaktionszeiten führen. Andererseits konnten Mantzke & Keinath (2015) in einem Feldversuch bei vergleichbaren Aufgaben keine messbaren Auswirkungen auf die Fahrleistung und Verkehrssicherheit feststellen. Dies spricht wiederum dafür, dass es für bestimmte Fahrer in geeigneten Situationen durchaus vertretbar und erlaubt ist, freisprechend zu telefonieren. Hoch beanspruchten Fahrern oder solchen in kritischen oder hoch beanspruchenden Verkehrssituationen ist von diesem Verhalten abzuraten. Literatur 2000/53/EC (1999). Commission Recommendation of 21 December 1999 on safe and efficient in-vehicle information and communication systems: A European statement of principles on human-machine interface (notified under document number C(1999) 4786) 2008/653/EC (2008). Commission Recommendation of 26 May 2008 on safe and efficient in-vehicle information and communication systems: update of the European Statement of Principles on human-machine interface (notified under document number C(2008) 1742). ALL/?uri=CELEX: 32008H0653 (accessed 04/16/2016). vi, 7, 9, 10 AAM (2002). Statement of principles: criteria and verification procedures on driver interactions with advanced in-vehicle information and communication systems Schriftenreihe 20 DVR 47

48 Akamatsu, M., Green, P. & Klaus Bengler, K. (2013). Automotive Technology and Human Factors Research: Past, Present, and Future. In International Journal of Vehicular Technology. Volume 2013 (2013), Article ID Bengler, K. (2001): Aspekte der multimodalen Bedienung und Anzeige im Automobil. In: Th. Jürgensohn und K.P. Timpe (Hrsg.): Kraftfahrzeugführung. Berlin, Heidelberg, New York: Springer, S Bengler, K. (2015). Online Offminded Onroad. Objektivierung des Potenzials und Risikos fahrfremder Tätigkeiten. 7. Darmstädter Kolloquium. Always online im Fahrzeug aber sicher! 24./25. März Technische Universität Darmstadt Bengler, K. (2014). Driver Distraction. Encyclopedia of Automotive Engineering Published Online: 29 APR DOI: / Bengler, K., Bubb, H., Totzke, I., Schumann, J., Flemisch F. (2012). Automotive. In: Sandl, P. & Stein, M. Information Ergonomics A theoretical approach and practical experience in transportation. Springer Berlin, Heidelberg Bengler, K., Bubb, H., Totzke, I., Schumann, J., Flemisch, F.: Automotive. In: Sandl, P., Stein, M. (Hrsg.) Information Ergonomics A theoretical approach and practical experience in transportation. Springer, Berlin, Heidelberg (2012) Bengler, K., Mayser, C. (2003). Probandenversuche zur Beurteilung von Fahrerinformationssystemen und Fahrerassistenzsystemen Lerneffekte und Lösungsansätze. Darmstädter Kolloquium Mensch & Fahrzeug. Technische Universität Darmstadt. Darmstadt, 2003 Bengler, K., Noszko, Th., Neuss, R. (2002). Usability of Multimodal Human-Machine-Interaction while Driving. In: Proceedings of the 9th World Congress on Intelligent Transport Systems. 9th World Congress on Intelligent Transport Systems. Dublin, ITS America Bubb, H., Bengler, K., Grünen, R.E., Vollrath, M. (2015). Automobilergonomie. Springer Fachmedien Wiesbaden. ISBN: C. Heinrich, Automotive HMI International Standards, in Proceedings 4th International Conference on Applied Human Factors and Ergonomics (AHFE 12), 2012 Commission of the European Communities (2006). Commission Recommendation of 22 December 2006 on safe and efficient in-vehicle information and communication systems: Update of the European Statement of Principles on human machine interface. Brussels, DIN EN ISO (2003). Road vehicles Measurement of driver visual behaviour with respect to transport information and control systems Part 1: Definitions and parameters (ISO :2002); German version EN ISO : , 112 Driver Focus-Telematics Working Group (2006). Alliance of Automobile Manufacturers. Statement of Principles, Criteria and Verification Procedures on Driver Interactions with Advanced In-Vehicle Information and Communication Systems. ance.org/index.cfm?objectid=d b985-11e1-9e4c000c296ba163 (accessed 04/16/2016). 7, 8, 12, 13, 18, 20, 22, 38, 40, 77, 113 Freymann (2006).HMI: A Fascinating and Challenging Task. IEA - 16th World Congress on Ergonomics. Maastricht ISO (2017) Road vehicles - Ergonomic aspects of transport information and control systems - Specifications and compliance procedures for in-vehicle visual presentation ISO (2007). Road vehicles Ergonomic aspects of transport information and control systems Occlusion method to assess visual demand due to the use of in-vehicle systems. 18, 68, 74, 92, 102, 112, 124 ISO (2010). Road vehicles Ergonomic aspects of transport information and control systems Simulated lane change test to assess in-vehicle secondary task demand. 26, 42, 112 ISO/DIS (2014). Road vehicles Transport information and control systems Detection-response task (DRT) for assessing attentional effects of cognitive load in driving. 43, 93, DVR Schriftenreihe 20

49 Jahn, G., Krems, J.F., Gelau, C.: Skill-development when interacting with invehicle information systems: a training study on the learnability of different MMI concepts. In: In D. de Waard, K.A. Brookhuis, J. Moraal, and A. Toffetti (2002), Human Factors in Transportation, Communication, Health, and the Workplace. Maastricht, the Netherlands: Shaker Publishing JAMA (2004). Japan Automobile Manufacturers Association), Guideline for In-vehicle Display Systems Kempf, D., Holdampf-Wendel, A. (2014). Pressekonferenz Studie»Kinder und Jugend 3.0«, Berlin, 28. April 2014 Klauer, S. G., Dingus, T. A., Neale, V. L., Sudweeks, J. D., & Ramsey, D. J. (2006). The impact of driver inattention on near crash/crash risk: An analysis using the 100-car naturalistic driving study data.(doths810594) Krause, M., & Bengler, K. (2013b). My Phone, My Car and I - And Maybe a Traffic Light Assistant. In R. Ege & L. Koszalka (Eds.), ICONS 2013, The Eighth International Conference on Systems (pp ), 27th January-1st February Seville. IARIA XPS Press Krause, M., Bengler, K. (2013). My Phone, My Car and I - And Maybe a Traffic Light Assistant. In: R. Ege und L. Koszalka (Hg.): ICONS 2013, The Eighth International Conference on Systems. ICONS Seville, Spain, , S Lee, J., Regan, M.A. and Young, K.L. (2009) What drives distraction? Distraction as a breakdown of multilevel control in Driver Distraction: Theory, Effects, and Mitigation (eds M.A. Regan, J.D. Lee and K. Young), Taylor & Francis, London, pp Remlinger & Bengler (2017). RAMSIS kognitiv als Instrument zur Analyse und Auslegung von Sichtbedingungen. In: Bullinger-Hoffmann, Angelika C.; Mühlstedt, Jens (2016): Homo Sapiens Digitalis - Virtuelle Ergonomie und digitale Menschmodelle. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg Schriftenreihe 20 DVR 49

50 6 Ablenkung oder aufmerksamkeitssteigernde Maßnahmen ein Spagat? Ein Thema auch der Infrastruktur Heinrich Bergerbusch, Harald Bode, Ute Erdmann, Alfred Overberg Landesbetrieb Straßenbau NRW Einleitung Auch wenn sich wie die Ausgabe dieser Schriftenreihe zeigt der Schwerpunkt sicherheitssteigernder Kampagnen zum Thema Ablenkung direkt auf die Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer fokussiert und diese zum Subjekt des Problems macht, existieren bei diesem Thema gleichermaßen für den Verkehrsraum Chancen und Gefahren, Vieles richtig aber ebenso falsch zu machen. In jedem Fall sollte es ein ständig begleitendes Thema aller Verkehrssicherungspflichtigen sein. Der maßgebliche Unterschied bei der Annäherung an das Thema Ablenkung besteht darin, dass auf der einen Seite von einer in der Regel bewussten Fehlhandlung des Menschen ausgegangen wird die wir alle trotz besseren Wissens aus eigener Erfahrung kennen. Auf der anderen Seite kann die Infrastruktur sowohl eine ablenkende Wirkung erzeugen als auch eine positive Aufmerksamkeit ohne Überforderung (also Ablenkung). Der Verkehrsraum wird so selber zum Subjekt und hat die Aufgabe, möglichst alle am Verkehr Teilnehmenden dort abzuholen, wo sie sich in ihrer (fehlenden) Konzentration und damit Wahrnehmungsbereitschaft gerade befinden und sie auf ihre folgende Aufgabe vorzubereiten. Dazu müssen Reize (Informationen) gesetzt werden. Gleichzeitig ist der Spagat zu vollziehen, nicht von der eigentlichen Aufgabe abzulenken, sodass wir unsere Aufgaben im Verkehr ungeteilt also selektiv wahrnehmen können. beitragen, dass an den richtigen Stellen sowohl eine erfolgreiche Ansprache durchschnittlich konzentrierter bzw. unkonzentrierter Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer erfolgt, als auch eine von außen gesteuerte Ablenkung von der eigentlichen Aufgabe nämlich sich verkehrssicher (für sich und andere) im Straßenraum zu bewegen durch den Einfluss wohldosierter Maßnahmen im Straßenraum unterbleibt bzw. rechtzeitig aufgegeben wird. Die schematischen Diagramme des Yerkes-Dodson-Gesetzes (Bild 1 und 2) zeigen, worum es grundsätzlich geht, ohne konkrete Lösungen oder besser faktische Grenzen der positiven Aktivation (Erregung/Anregung des menschlichen Nervensystems) zu beschreiben. Der Mensch ist erst dann in der Lage, eine Aufgabe zu bewältigen, wenn sein Gehirn zuvor eine gewisse der Aufgabe angepasste Anregung erfahren hat. Im Wissen um die ebenso notwendige wie vertretbare Entspannung des Gehirns im Falle einer wenig anspruchsvollen Aufgabe (hier im Straßenverkehr) muss es nun selbstverständliche Aufgabe jedes Straßenbaulastträgers als Verkehrssicherungspflichtiger sein, sowohl die Bereiche des Verkehrsraums für eine notwendige Aktivation als auch die Intensität der Aktivation zu bestimmen. Dabei stehen Unterlassen (Vermeiden einer supraoptimalen Leistungsfähigkeit durch Überforderung/Ablenkung) wie Handeln (Vermeiden einer suboptimalen Leistung durch zu geringe Beanspruchung) gleichberechtigt nebeneinander. Realistisch kann man aber nicht von einer stabilen, optimalen Konzentration und Aufmerksamkeit ausgehen. Dazu ist unser Gehirn neben der eigenen bewussten wie unbewussten Ablenkung dauerhaft nicht in der Lage. Phasen der Entspannung sind für eine fehlerfreie Aufgabenerledigung in komplexen Situationen unbedingt vonnöten. Zweifelsohne kann der Verkehrsraum dazu 50 DVR Schriftenreihe 20

51 Bild 1 und 2: Yerkes-Dodson-Gesetz 1 Bild 2 macht deutlich, dass bei schwierigen Aufgaben also einer erhöhten notwendigen Leistungsfähigkeit eine geringe Aktivation und bei leichten Aufgaben eine intensivere Aktivation auch durch den Verkehrsraum sicherheitsfördernd ist. Wie ausgedehnt sich in der Praxis und damit in jedem Einzelfall der tatsächlich verkehrssicherheitsfördernde Bereich der positiven Beanspruchung darstellt, ist wiederum von verschiedenen Einflussfaktoren abhängig. Dabei sind die jeweilige Aufgabe der am Verkehr Teilnehmenden, der Verkehrsraum und der Verkehr selber (Stärke, Ströme, Zusammensetzung) objektiv darstellbar. Gleichzeitig spielen aber auch kaum fassbare und sehr individuelle Faktoren eine nicht untergeordnete Rolle, wobei wir an dieser Stelle schnell wieder bei Fahrerin und Fahrer sind. Letztendlich lassen sich alle Maßnahmen im oder im Umfeld des Verkehrsraums, die sich auf die Prinzipien der optimalen Leistungsfähigkeit der Nutzerinnen und Nutzer stützen, unter dem Begriff der selbsterklärenden Straße subsummieren. Gleichberechtigt daneben steht zweifelsohne, dass die Verantwortlichen für die Gestaltung des Verkehrsraums nach dem Prinzip der fehlerverzeihenden Straße einen möglichst großen Sicherheitsspielraum schaffen. Die nachfolgenden Diagramme aus dem Curriculum der Ausbildung der Unfallkommissionsmitglieder der Unfallforscher der Versicherer (UdV) zeigen dies sehr deutlich: Bild 3 und 4: System Straßenverkehr 2 Neben vielen anderen Maßnahmen zur Wahrung eines Fehler und Defizite abpuffernden Sicherheitsspielraums gehört wie schon erwähnt auch die angemessene und nicht nur auf den Idealzustand (Mensch ist aufmerksam; Sicht und Wetter sind ideal; keine sonstigen unvorhersehbaren Einflüsse) fokussierte Aktivation der Protagonisten. Gleichwohl existieren auch eindeutig grenzüberschreitende, leistungsmindernde, weil ablenkende Einflüsse im Verkehrsraum und auf straßenbegleitenden Flächen. Mit Blick auf das Bundesfernstraßengesetz und die Straßengesetze der Länder laufen die Verantwortlichen Gefahr, gegen die Verkehrssicherungspflicht zu verstoßen. Dabei müssen sich die Straßenbauverwaltungen der Länder sowie die kommunalen Ämter bei der Frage nach Ablenkung oder Aufmerksamkeitssteigerung letztendlich immer mit den altbekannten Begriffen Erkennbarkeit, Begreifbarkeit, Übersichtlichkeit sowie Einheit von Bau und Betrieb auseinandersetzen. Schriftenreihe 20 DVR 51

52 Dass die Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) als Regelwerksersteller dies schon seit einer gefühlten Ewigkeit tut, ist bekannt. Verwiesen sei hier exemplarisch auf die abgelöste RAS-K 3, das aktuelle Planungstriumvirat RAA 4, RAL 5 und RASt 6 sowie die Wegweisungsregelwerke RWBA 7 und RWB 8. Gleichwohl, und daher stammte wohl die kontroverse wie anfangs auch wenig Ziel führende Diskussion zwischen FGSV und einigen Vertretern der sog. Human Factors, bleiben auch in den Regelwerken der FGSV maßgebliche Aspekte unberücksichtigt oder sind zumindest nicht offensichtlich genug als Aspekt der Human Factors herausgearbeitet worden. Sicherlich hat diese zu selten explizite Beschreibung der Wirkung von gestalterischen Maßnahmen im Verkehrsraum auf das Verhalten der Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer mit dazu geführt, dass den Planern und auch Verkehrssicherheitsexperten der Straßenbauverwaltungen, kommunalen Ämtern und hier seien auch gleichermaßen verantwortlich erstmals die Straßenverkehrsbehörden genannt Aspekte der Ablenkung aber vor allem auch der positive Einsatz aufmerksamkeitssteigernder Maßnahmen oftmals nicht ausreichend bewusst sind. Damit gelangen diese noch zu selten in den Fokus des Entscheidens und Handelns. Um hier gegenzusteuern, hat die FGSV unter der Ägide des Lenkungsausschusses 3 und des Arbeitsausschusses 3.9 einen Arbeitskreis Human Factors (HF) eingerichtet. Zu seinen Zielen gehört die Feststellung der bereits in den technischen Regelwerken vorhandenen HF inklusive der Darstellung ihrer Historie als auch die Dokumentation und Herleitung fehlender HF, damit diese bei Regelwerksüberarbeitungen berücksichtigt werden können. Der Landesbetrieb Straßenbau NRW hat sich in den letzten Jahren intensiv mit dem Thema der Ablenkung und Aufmerksamkeitssteigerung auseinandergesetzt, um zu eruieren, welche Möglichkeiten zu einer Verbesserung der Verkehrssicherheit genutzt werden können. Dabei haben viele auch kontroverse Diskussionen trotz oder wegen? ausgiebiger Begleitung durch renommierte Verkehrspsychologen gezeigt, dass es vielfach kein eindeutiges richtig oder falsch bei der Beurteilung einzelner Maßnahmen gibt. Die nachfolgenden Kapitel sollen einen Überblick über einzelne Aktivitäten und die rechtlichen Grundlagen in NRW geben und dazu beitragen, dass auch andere Verantwortliche dieses Thema gleichermaßen der Infrastruktur zuordnen und dadurch motiviert werden, es in die eigenen Entscheidungswege einzubauen oder last but not least besser gewappnet in manchmal schwierige Diskussionen mit denjenigen einzutreten, zu deren Portfolio nicht vorrangig die Verkehrssicherheit gehört. Historie In der Vergangenheit wurden Straßen vor allem durch ihre räumliche Linienführung interessant für die Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer gestaltet. In der jüngeren Vergangenheit wurden Forderungen an die Straßenbauverwaltungen herangetragen, auch die Umgebung der Straßen künstlerisch auszuwerten, wie es in den Nachbarländern von Deutschland durchaus der Fall ist. Hierbei stellte sich immer wieder die Frage: Lenkt die Kunst ab oder erhöht sie die Aufmerksamkeit. Das Thema Wie viele Informationen kann der Autofahrer in bestimmten Situationen aufnehmen? wurde dabei sehr kontrovers diskutiert. Der erste Schritt zu Maßnahmen der Aufmerksamkeitserhöhung auf den Autobahnen wurde dann gegangen im Rahmen der Richtlinie für touristische Beschilderung (RtB) 9 durch die Aufstellung von touristischen Unterrichtungstafeln. Durch Hinweise auf bestimmte Regionen, historische Bauwerke o. ä. sollte die Aufmerksamkeit der Autofahrerinnen und Autofahrern geweckt werden. Mittlerweile werden diese Tafeln aber immer mehr zur Werbung für bestimmte Objekte oder Gegenden genutzt. Die Anzahl der Tafeln und somit der Informationen nimmt zu, so dass sich bereits die Frage stellt, ob nicht zu viele Informationen am Fahrbahnrand bereit stehen. Um die Anzahl der Tafeln und damit der Informationen einzudämmen, wurde die mögliche Anzahl zwischen zwei Anschlussstellen auf zwei Hinweistafeln beschränkt. Um hier eine schnelle Aufnahmefähigkeit der Tafeln zu erreichen wurde zudem festgelegt, dass sich der Inhalt der Tafeln auf die wesentlichen Informationen beschränkt und eine deutliche Abstrahierung des beschriebenen Objektes darstellt. Im Bereich der Knotenpunkte zwischen Ankündigungstafel (Zeichen 448) und Entfernungstafel (Zeichen 453) sind Unterrichtungstafeln nicht zugelassen, da in diesem Bereich der Autofahrende mit vielen Aufgaben und Informationen ausgelastet ist. Zur Aufnahme von Informationen wurden im Bereich der Wegweisung erste Untersuchungen durch die Uni- 52 DVR Schriftenreihe 20

53 versität der Bundeswehr in München (Professor Färber) durchgeführt. Im Rahmen des Projektes Aufnahme von Wegweisungsinformationen im Straßenverkehr 10 wurde Probanden die Aufgabe gestellt, eine bestimmte Fahrroute bis zum Ziel anhand einer vorhandenen Wegweisung durchzuführen. Hierbei stellte sich heraus, dass bei einer Überfrachtung durch zu viele Informationen die Autofahrenden letztendlich die an sie gestellten Aufgaben der Orientierung nicht mehr erfüllen konnten. Die Ergebnisse dieses Forschungsvorhabens flossen dann in die Grundlagen für die Festlegungen der RWBA und der RWB ein. Als Betätigungsfeld hierfür bieten sich u.a. die streckenbegleiteten Lärmschutzwände und oder auch Stützmauern bei Strecken in Troglage an. Untersuchungen belegen, dass attraktiv gestaltete Strecken mit begrenzten optischen Impulsen längs der Straße nicht nur der Gestaltung der Landschaft bzw. des Bauwerks dienen, sondern auch die allgemeine Aufmerksamkeit der Kraftfahrer und damit auch die Sicherheit erhöhen. Straßen.NRW setzte z.b. durch die Bar Code Gestaltung einer Lärmschutzwand sowie Spruchbänder an der A 40 erste unterschiedliche Impulse (Bild 5). Um die Möglichkeiten und Grenzen der psychologischen Beeinflussung der Autofahrenden durch aufmerksamkeitserhöhende Maßnahmen auszuloten, hat Straßen. NRW zusammen mit dem Psychologen Herrn Professor Echterhoff mehrere Seminarveranstaltungen durchgeführt. In diesen wurden die Grundlagen der psychologischen Aktionen und Reaktionen den Straßenbauingenieuren näher gebracht und die Auswirkungen von reizerhöhenden Maßnahmen im Straßenumfeld diskutiert. Hieraus wurden Gestaltungskonzepte entwickelt, die neben den primär aufmerksamkeitserhöhenden Aspekten auch konkrete Maßnahmen zur Verschönerung der Autobahnen enthielten. Durch diese Konzepte wurde den Autofahrerinnen und Autofahrer ein größeres Wohlbefinden auf dieser Autobahn ermöglicht. Außerdem können sich alle durch die unterschiedliche Gestaltung der Autobahnen gerade in dicht besiedelten Gebieten besser zurecht finden. Im Folgenden werden einige Beispiele aufgezeigt. Pilotmaßnahmen Bei den linienhaften Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung des Straßenseitenraumes findet das schon erwähnte Yerkes-Dodson-Gesetz Anwendung. Demnach machen Attraktivitätssteigerungen nur dort Sinn, wo aufgrund fehlender Abwechslung oder Aktivation (Beanspruchung) Verbesserungen erforderlich sind, um Monotonie (Fahrerdeaktivierung) zu vermeiden. Welche Maßnahmen im Einzelnen wo zum Einsatz kommen können, bedarf der genauen Analyse des Verkehrs- und Unfallgeschehen unter Einbeziehung der örtlichen Gegebenheiten. Raum- und strukturbildende Elemente sollten letztendlich für eine abwechslungsreiche Gestaltung sorgen. Bild 5 Die Spruchbänder befinden sich über der Fahrbahn und liegen damit im Fokus der Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer. Da die Texte im Augenblick erfassbar sind, wenig Information und keine Werbung beinhalten, ging man davon aus, dass eine Ablenkung weitgehend ausgeschlossen ist. Der Fahrzeugführer muss den Blick nicht vom Verkehrsgeschehen abwenden. Das Gesamtensemble im Zuge der A 40 wurde primär unter dem Gesichtspunkt Verkehrssicherheit und Identifikation des Raumes konzipiert. Der Bar Code A 40 wurde auf der Architektur Biennale 2009 in Sao Paulo präsentiert und ist 2010 vom Art Directors Club Deutschland ausgezeichnet worden. Eine projektierte Maßnahme beschreibt, wie durch Gestaltungselemente in eine richtige Reihenfolge gebracht ermöglicht wird, die am Verkehr Teilnehmenden vor unfallrelevanten Abschnitten zu warnen bzw. ihr Fahrverhalten positiv zu beeinflussen. Im ersten Schritt gilt es die Aufmerksamkeit auf den Straßenraum zu lenken (z.b. durch eine Warnfarbe, Bild 6). Ein dann folgendes Strichraster soll dem Fahrer signalisieren, langsamer zu werden, bzw. nicht zu beschleunigen (Bild 7). Der anschließende Schriftzug Schriftenreihe 20 DVR 53

54 am Überführungsbauwerk dient dazu seine Aufmerksamkeit auf den Straßenraum und die Fahrtrichtung zu halten (Bild 8). Unbewusst ist der Fahrer so auf den vor ihm liegenden risikobelasteten Streckenabschnitt vorbereitet und kann entsprechend rechtzeitig reagieren. Der eigentliche Bereich der Unfallstelle ist ruhig und ohne zusätzliche Informationen gestaltet (Bild 9). 11 Bild 10 Unbestritten ist, dass Knoten schon an sich durch die baulichen und verkehrlichen Besonderheiten wie z.b. 1 Warnung 2 Geschwindigkeitsanpassung Bild 6 Bild 7 Erkennen der Knoten, Begreifen des Knotens, Inhomogener Verkehrsablauf (Bremsen, Beschleunigen), Spurwechselvorgänge eine besondere Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer einfordern. 3 Polarisierung 4 Reaktionsraum Bild 8 Bild 9 Eine Straßenseitenraumgestaltung anderer Art erfolgte im Zuge des Neubaus des Autobahnabschnittes der A 4 zwischen Düren und Kerpen. Bedingt durch die deutlich gestreckte Linienführung und das Umfeld eines neuen BAB-Teilabschnittes, sollte hier durch eine Attraktion einer drohenden Monotonie entgegengewirkt werden. Hatten doch Verkehrspsychologen genau diese Gefahr durch Untersuchungen erkannt und eine Erhöhung so genannter Reize als Gegenmittel empfohlen um das damit verbundene Unfallrisiko zu minimieren. 240 Bäume, von der Stil-Eiche bis zum Wildapfel, wurden in ausreichenden Abstand bzw. hinter Schutzeinrichtungen am Fahrbahnrand gepflanzt und jeweils mit einem Schild versehen, das erläutert, wie diese Bäume heißen und wann sie zum Baum des Jahres gekürt worden waren (Bild 10). Insofern sind Aktionen bzw. Maßnahmen im Knotenpunktbereich mit einem größtmöglichen Maß an Sensibilität unter Berücksichtigung der Aufnahmefähigkeit der Verkehrsteilnehmer zu beurteilen (s. auch Hinweise zur RtB). Nachfolgend sind Beispiele aufgeführt, die im Vorfeld durchaus kritisch diskutiert wurden: Durch die Installation Wunschtraum Autobahn galt es den komplexen Verkehrsknoten AK Duisburg Kaiserberg als Ausgangspunkt für den Wunschort der vorbeifahrenden Verkehrsteilnehmer zu deklarieren. Für drei Wochen wurden rund 500 bedruckte Liegestühle auf einer unerreichbaren Inselfläche als Skulptur vereint im Kreuz aufgestellt (Bild 11). Aus der Autofahrerperspektive sollte dadurch ein Bild von Urlaub, Ruhe und fernen Orten geschaffen werden. 12 Bild DVR Schriftenreihe 20

55 Aufgrund des kurzen Aufstellungszeitraums sind keine seriösen Erkenntnisse über die Wirkung der Skulptur auf den fließenden Verkehr möglich. Weithin sichtbar für alle Autofahrerinnen und Autofahrer, die das Kamener Kreuz passieren, wurde die 7,5 m große Skulptur Gelber Engel zentral im Knotenpunkt aufgestellt (Bild 12). Die Entwurfskonzepte dazu gelangten bis dato nicht zur Ausführung. Dagegen wurden bereits im Jahr 2001 anlässlich der Landesgartenschau in Oelde im Zuge der A 2 (AS Oelde) einzelne markante Würfel zur besseren Erkennbarkeit der Ausfahrt zur Ausstellung aufgestellt (Bild 14). Negative Auswirkungen auf den Verkehrsablauf und auf die Unfallsituation haben sich durch eine etwaige Ablenkung seit der Installation nicht gezeigt. Bild 12 Die Verantwortlichen sehen in dem Aufmerksamkeit erzeugenden Kunstwerk ein von Engelsfiguren getragener Helikopter einen wertvollen Beitrag für die Verbesserung der Sicherheit auf Autobahnen. Es steht hier die Frage im Raum, inwiefern die Skulptur einen realen Einsatz der gelben Engel suggeriert und ungewollte Reaktionen bei den Fahrzeugführern hervorruft. Des Weiteren wird die Gefahr der Ablenkung aufgrund der langen Fokussierungsmöglichkeit bedingt durch den erhabenen Standort verstärkt. Verkehrssicherheitsanalysen sind aufgrund der komplexen Verkehrsführungen und -situationen im Knoten nicht seriös auf die Maßnahme fokussiert durchzuführen. Ein weiteres Projekt stellt erste Konzepte vergleichsweise weniger risikobehafteter Möglichkeiten dar, additiv die in der blauen Wegweisung versteckte vorhandene Anschlussstellennummerierung durch dreidimensionale Nummernskulpturen zu ergänzen. Hierdurch sollte ein weiterer Beitrag zur Erhöhung der Verkehrssicherheit und zur besseren Orientierung geleistet werden. Zusätzlich sollte den jeweiligen Städten die Möglichkeit der Mitgestaltung als Ihrer Anschlussstelle gegeben werden (Bild 13). Bild 14 Kreisverkehrsplätze (beispielhaft für das nachgeordnete Netz) Knotenpunkte stellen für alle Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer eine besondere Herausforderung dar. Darin unterscheiden sich Kreisverkehrsplätze (KVP) keineswegs von anderen zumindest höhengleichen Knotenpunkten. Tatsächlich sind KVP in Bezug auf die in diesem Artikel thematisierten Aspekte der Verkehrsraumgestaltung mit besonderer Sorgfalt zu planen oder anders gesagt für diesbezügliche Fehler besonders anfällig. Gleichzeitig sind KVP anfällig für Forderungen einer künstlerischen oder städtebaulich wertvollen Kreisinselgestaltung. Dass darin zusätzliche Gefahren lauern, die zu objektivieren sind, ist offensichtlich. Bild 13 Doch erst einmal zurück zu den Besonderheiten von KVP und den Folgen für die Kreiselgestaltung: KVP nehmen allen angeschlossenen Straßen die Vorfahrt. Dies gilt neben den weniger verkehrsbedeutenden Straßen auch für klassische Vorfahrtstraßen, die aufgrund ihrer Schriftenreihe 20 DVR 55

56 Netzfunktion, Verkehrsstärke, der Ausbaumerkmale und nicht zuletzt aufgrund der Sozialisierung der Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer auf der zuvor zurückgelegten Strecke bis zur Annäherung an den KVP auch als solche auf alle Nutzer wirken. In der Annäherung auf den KVP ist es also von besonderer Bedeutung, das Erlernte und vermeintlich Offensichtliche bei den am Verkehr Teilnehmenden zu durchbrechen und sie durch eine wirksame Aktivation (s. Yerkes-Dodson-Gesetz) auf die neue Aufgabe vorzubereiten. Entscheidend hierbei ist im ersten Schritt eine allgemeine Aktivation, um die Bereitschaft eine Veränderung wahrzunehmen, zu schaffen. Daraufhin müssen die Erkennbarkeit des KVP und die Begreifbarkeit der eigenen Unterordnung (ggfls. als neue Erfahrung) sichergestellt werden. Hierfür gibt es verschiedene Möglichkeiten, angefangen mit einer wenn möglich Querschnittseinengung, veränderten Seitenraumgestaltung, die einengend wirkt (beides Aspekte der Einheit von Bau und Betrieb), auffällige aber ungefährliche Kreisinselgestaltung (Erkennbarkeit), Beschilderung und Markierung (Erkennbarkeit und Begreifbarkeit), usw. Dass dabei das alleinige Aufstellen eines mit Kreisel-Symbol versehenen Vorwegweisers aufgrund seines nur punktuellen und wenig dominanten Hinweises wenig selbsterklärend ist, liegt auf der Hand. Dies wird schon durch die über alles signifikanten Fahrunfälle in der Kennenlernphase neuer KVP deutlich, bei denen markante, aufmerksamkeitssteigernde Maßnahmen fehlen. Gleichzeitig weist das Yerkes-Dodson-Gesetz aber auch darauf hin, nicht zu überpacen. Alles was ablenkt von der eigenen Aufgabe, Erkennen, Begreifen und Wahrnehmen also alles was mit zu viel Aktivation belegt ist lädt gleichfalls zum Scheitern ein. Dieser vermeintliche Spagat kann aber an dieser Stelle nachvollziehbar aufgelöst werden: Gelangt man nun nach Bewältigung der ersten Aufgabe an den KVP, stellen sich die Situation und damit die Anforderungen an die Verkehrsraumgestaltung ganz anders dar. Hier haben Kraftfahrzeugfahrerinnen und -fahrer die Aufgabe, allen Bevorrechtigten Vorfahrt bzw. Vorrang zu gewähren. Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Verhaltensweisen und weiterer Aspekte von Kfz-Lenkern im KVP, zu Fuß Gehenden (FG) sowie Rad Fahrenden (RF) aufgrund von Geschwindigkeitswahl, Häufigkeit (Verkehrsstärke), Beachtung der allgemeinen Verkehrsregeln, Wahrnehmbarkeit durch Silhouette, Beleuchtung, etc., Bewegungsrichtungen, gepaart mit den nah aufeinanderfolgenden Konfliktpunkten, liegt hier eine komplexe, also schwierige Aufgabe vor. Gerade innerorts, wo in der Regel (Grundsatz NRW) FG und RF an KVP bevorrechtigt sind, ist die Anforderung (Leistung) für den in den KVP Einfahrenden besonders hoch. Dies belegt auch eine Unfallanalyse über alle innerörtlichen KVP in der Baulast von Straßen. NRW. Deutlich ist die signifikante Zahl an RF-Unfällen, da neben anderen Aspekten RF anders als FG den Knoten mit höheren Geschwindigkeiten umrunden, wodurch eine besondere Konzentration (schwierige Aufgabe = niedrige Aktivation), Vorfahrt zu gewähren, erforderlich ist. Darstellung aus dem bundesweit einheitlichen Unfalltypenkatalog Aufgrund der oben bereits beschriebenen Besonderheiten von KVP ist die erste Aufgabe des Verkehrsraums, den am Verkehr Teilnehmenden wachzurütteln und auf eine für sein Verhalten maßgebliche Veränderung hinzuweisen. Da sich die Handlung Erkennen des KVP und das abgespeicherte Erfahrungswissen um die generelle Unterordnung am Kreisel als wenig komplexe Aufgabe erweist, gleichzeitig aber eine reduzierte Aktivation in der Annäherung aufgrund in der Regel wenig anspruchsvoller Aufgaben auf der Strecke existieren, muss es an dieser Stelle das Ziel sein, die Aktivation signifikant zu erhöhen. Werbung mit dem Ziel der bewussten Ablenkung ist hier selbstverständlich explizit ausgenommen. Bild 15: Unfallgeschehen mit RF an innerörtlichen KVP in der Baulast von Straßen.NRW Ziel dieses Artikels ist es nicht, über die unterschiedlichen Führungsformen für den RF und mögliche Fehler bei der Wahl geschwindigkeitsdämpfender Maßnahmen zu philosophieren. Gezeigt werden soll hier nur, dass mit steigender Komplexität der Aufgabe auch das Unfallrisiko steigt. Hier weitere Reize von außen zu setzen, kann die Gefahr schwerer Unfälle nur erhöhen. Weniger ist an dieser Stelle zweifelsohne mehr. 56 DVR Schriftenreihe 20

57 Dagegen sind alle Maßnahmen, die im unmittelbaren Blickfeld die Bevorrechtigung von RF und FG verdeutlichen, sicherheitsfördernd, da sie die Situation begreifbar machen ohne abzulenken. Überflüssige Maßnahmen (wie z.b. Beschilderungen) dagegen, die örtlich schon eindeutige Situationen oder nach Straßenverkehrsordnung (StVO) klare Regelungen nur noch einmal bestätigen und den Verkehrsraum überfrachten und damit unübersichtlich machen, müssen unterbleiben. Hier würden wir zulasten der Verkehrssicherheit schnell den schmalen Grat in Richtung Ablenkung verlassen. So kann nach StVO mit ihrem Verweis auf die R-FGÜ 13 auf das VZ 350 (Zebrastreifen) genauso verzichtet werden wie auf das VZ 205 (Vorfahrt gewähren) in den KVP-Ausfahrten. Hier geben die im Blickfeld liegenden Markierungen und auch die StVO, 9 Abbiegen, Wenden und Rückwärtsfahren, klare Verhaltensregeln. Die in Bild 16 noch dargestellten Verkehrszeichen wurden aus diesem Grund mittlerweile entfernt. So weit, so gut, und zumindest zwischen den Entscheidungsträgern so ausreichend sensibilisiert händelbar. Schwieriger wird es da schon bei den insbesondere innerorts aufkommenden Forderungen zur künstlerischen Gestaltung der Kreisinsel und zur Aufnahme innerörtlicher (Werbe-) Ziele. An dieser Stelle steigen Vertreterinnen und Vertreter mit in die Diskussion ein, deren Aufgabe nicht die Wahrung der Verkehrssicherheit ist oder die zumindest nicht zwingend als Fachleute auf diesem Gebiet bezeichnet werden können. Zudem sind sie im juristischen Sinne nicht verkehrssicherungspflichtig und damit für Fehler im Verkehrsraum nicht zu belangen. Dabei befinden wir uns noch immer an dem Punkt, anspruchsvolle Aufgaben zu lösen nämlich anderen meist schwächeren Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern Vorfahrt und Vorrang zu gewähren. Zur Erinnerung: Auch bei den Fragen nach Gestaltung der Kreisinsel und der Aufnahme innerörtlicher Ziele (der Wirtschaftsförderung) gelten die Abhängigkeiten von Leistung und Aktivation nach dem Yerkes-Dodson-Gesetz. Um den Verantwortlichen hier mehr Handlungs- und Entscheidungssicherheit zu geben, hat Straßen.NRW zum Thema Kreisinselgestaltung unter Berücksichtigung der Gefährdung durch Hindernisse aber auch der Ablenkung und Wahrnehmungssteigerung ein Merkblatt entwickelt 15. Hieraus ein paar Auszüge (kursiv): Bild 16 Entschlacken wir an dieser Stelle den Verkehrsraum noch weiter, indem wir uns 1. die Verwaltungsvorschrift zur StVO, zu 39-43, I ( Dabei ist nach dem Grundsatz zu verfahren, so wenig Verkehrszeichen wir möglich anzuordnen. ) sowie die VwV-StVO, zu 39-43, III.11 (Ausführungen zur Häufung von Verkehrszeichen) 14 und 2. die Regeln der Richtlinien für die wegweisende Beschilderung (RWB) in Bezug auf die maximale Zielanzahl zu eigen machen, erreichen wir viel für die Verkehrssicherheit gerade der schwächeren Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer. Nicht zuletzt setzen wir dann nur die Dinge um, die uns technische Regelwerke und gesetzliche Regelungen vorgeben (s. auch HF-Diskussion in der FGSV). Die Kreisinsel ist das funktional und gestalterisch wesentliche Element eines Kreisverkehrs. Sie verbessert die Erkennbarkeit des Knotenpunktes als Kreisverkehr unterbricht linienhafte Straßenräume betont die Veränderung der Streckencharakteristik dient der Umlenkung der Kraftfahrzeuge und ist maßgeblich für die Geschwindigkeitsreduzierung verantwortlich begrenzt die Kreisfahrbahn ist Standort für Verkehrszeichen und Leiteinrichtungen und bietet Möglichkeiten für die Gestaltung des Kreisverkehrs. Im Einzelfall kann die künstlerische Gestaltung der Kreisinsel innerhalb sowie im Vorfeld bebauter Gebiete einen wichtigen Beitrag zur Schaffung straßenräumlicher Identität liefern. Die künstlerische Gestaltung der Kreisinsel ist aber nicht bei jedem Kreisverkehr angemessen. Bei der Beurteilung einer möglichen Kreisinselgestaltung ist vorrangig der Verkehrssicherheitsaspekt zu beachten. Schriftenreihe 20 DVR 57

58 Außerhalb bebauter Gebiete unterstützt ein klares Konzept bei der Modellierung und Bepflanzung die perspektivische Wahrnehmung und ist für die Erkennbarkeit des Kreisverkehrs von elementarer Bedeutung. Diese ist insbesondere für einen verkehrssicheren Betrieb der Knotenpunktanlage vonnöten. Dabei ist zu beachten, dass sich die Kreisinsel durch ihre Gestaltung bei der Annäherung optisch deutlich von ihrem Hintergrund abhebt. Im Vorfeld bebauter Gebiete (Ortsrandlage) muss unter Berücksichtigung der Erkennbarkeit des Kreisverkehres und der möglichen Annäherungsgeschwindigkeit aufgrund der Trassierung und des Umfeldes entschieden werden, ob Hindernisse (Bäume, Kunstwerke o. ä.), im Rahmen und unter Beachtung der Verkehrssicherungspflicht, möglich sind. Gestaltungsgrundsätze für Einbauten von Kreisverkehrsinnenflächen im innerörtlichen Bereich und innerhalb des Vorfeldes bebauter Gebiete: nicht überdimensioniert blendfreie Oberflächen keine beweglichen Elemente, keine Wechselillumination Gestaltungselemente sofort erfassbar keine Beeinträchtigung der Sicherheit keine scharfkantigen, spitzen Gestaltungselemente Höhe der Gestaltungselemente beachten Kleinmaßstäbliche, nur im Nahbereich erkennbare Gestaltungsdetails sind im Allgemeinen nicht zweckmäßig, da die Kreisinsel nicht betreten wird und kleinteilige Gestaltungsdetails von den Vorbeifahrenden nicht wahrgenommen und diese daher unter Umstände abgelenkt werden können. In begründeten Einzelfällen können in Anlehnung an die Ausnahmeregelung in 28 Abs. 1 StrWG NRW für nichtamtliche Hinweisschilder auch Sponsorenschilder im Straßenbegleitgrün in einer Größe von 1 m 2 an Landesstraßen zugelassen werden, soweit keine Verkehrsbeeinträchtigung zu erwarten ist. Um mögliche Ablenkwirkungen auszuschließen, sollte sich dann aber die Gestaltung des jeweiligen Schildes an den nichtamtlichen Hinweiszeichen orientieren. Werbung / Sondernutzung Neben bewussten Konzepten zur Verkehrsraumgestaltung haben sich die Straßenbaulastträger fortwährend mit dem Thema Werbung und Sondernutzung auseinanderzusetzen. Diesem Thema der hierdurch verursachten Ablenkung der am Verkehr Teilnehmenden hat sich der Gesetzgeber bereits frühzeitig gewidmet. Neben z.b. baurechtlichen Bestimmungen sind eigene straßenrechtliche Vorschriften erlassen worden, öffentlich-rechtliche Rechtsnormen, mit denen die Rechtsverhältnisse neben den Straßen geregelt werden und mit denen die Ablenkung der Verkehrsteilnehmer so gering wie möglich gehalten werden sollte. Im August 1953 trat das Bundesfernstraßengesetz (FStrG) in Kraft, welches Regelungen für die Bundesautobahnen und Bundesstraßen enthält. Für die übrigen Straßenklassen haben jeweils die Landesgesetzgeber ähnliche Gesetze und Vorschriften erlassen. Konkret dürfen nach 9 Abs. 1 i. V. m. Abs. 6 FStrG 16 Werbeanlagen längs der Bundesfernstraßen in einer Entfernung von 40 Metern, gemessen vom äußeren Rand der befestigten Fahrbahn, nicht errichtet werden. Für Bundesstraßen beträgt diese sogenannte Werbeverbotszone 20 Meter. Auch bedürfen Werbeanlagen der straßenrechtlichen Zustimmung, wenn sie längs der Autobahnen in einem Abstand bis zu 100 Metern bzw. an Bundesstraßen bis zu 40 Metern errichtet oder aufgestellt werden sollen. Die straßenrechtliche Beurteilung erfolgt durch die oberste Landesstraßenbaubehörde. Diese Regelungen gelten uneingeschränkt an Autobahnen sowie an freien Streckenbereichen von Bundesstraßen. Je nach Bundesland gelten diese Einschränkungen auch an freien Streckenbereichen von Landesstraßen 17. Zu einer Definition des Begriffs Anlagen der Außenwerbung wird man allerdings im Straßenrecht nicht fündig, kann hier aber auf das Baurecht zurückgreifen (z.b. 13 BauO NRW 18 ). Danach sind Anlagen der Außenwerbung (Werbeanlagen) alle ortsfeste Einrichtungen, die der Ankündigung oder Anpreisung oder als Hinweis auf Gewerbe oder Beruf dienen und vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbar sind. Hierzu zählen insbesondere Schilder, Beschriftungen, Bemalungen, Lichtwerbung, Schaukästen sowie für Zettel- und Bogenanschläge oder Lichtwerbung bestimmte Säulen, Tafeln und Flächen. 58 DVR Schriftenreihe 20

59 Der Grund für eine Beschränkung der Nutzung der Seitenbereiche z.b. neben den Autobahnen liegt in dem Anspruch des permanenten Aufrechterhaltens der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Die Straße soll als sicherer und tauglicher Verkehrsweg entsprechend der öffentlichen Zweckbestimmung und Widmung zur Verfügung gestellt werden. Dazu gehört zum einen die jederzeitige Möglichkeit des Ausbaus zur Anpassung an geänderte Verkehrsbedürfnisse (z.b. Verbreiterung) und Umsetzung weiterer erforderlicher Einrichtungen (z.b. Mautbrücken, Entwässerungssysteme). Zum anderen soll der Verkehrsteilnehmer möglichst sicher und störungsfrei, auf den Verkehr konzentriert, die Straße nutzen können. Eben dieser Aspekt der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs soll unter anderem durch ein Verbot oder eine Beschränkung der Werbemöglichkeit entlang der Straßen gewährleistet werden. Unnötige Ablenkungen im Straßenverkehr sollen so unterbunden werden. Schon im ersten Kommentar (Marschall) zum Bundesfernstraßengesetz aus dem Jahre wird als amtliche Begründung für das Werbeverbot ausgeführt: Nachdem sich die Außenwerbung in immer stärkerem Maße auch der Fernstraßen als Betätigungsfeld bedient, muss dafür Sorge getragen werden, dass hierdurch die berechtigten Interessen des Straßenbaus und Straßenverkehrs nicht beeinträchtigt werden. Werbeanlagen direkt auf Straßengebiet sind rechtlich noch etwas anders zu bewerten, nämlich als eine so genannte Sondernutzung. Das Straßengebiet wird in dem Moment über den Gemeingebrauch, also über den eigentlichen widmungsmäßigen Zweck hinaus, genutzt. Die Kriterien der straßenrechtlichen Beurteilung nach dem Schutzzweck für alle am Verkehr Teilnehmenden werden jedoch ganz ähnlich beurteilt. Das Straßenverkehrsrecht gibt darüber hinaus den Straßenverkehrsbehörden nach 33 Straßenverkehrsordnung (StVO) eine Einflussmöglichkeit auf die Zulässigkeit von Werbung an Straßen in einem Bereich über die straßenrechtlichen Einflussgrenzen hinaus. Diese Vorschrift könnte umso mehr an Bedeutung gewinnen, wie die Ideen und technischen Möglichkeiten der Werbeindustrie immer phantasievoller und kreativer werden und eine solche Ablenkung im Straßenraum weiterhin unterbunden werden soll. So stoßen also fast täglich die Vorstellungen der Werbeindustrie auf die aufgezeigten gesetzlichen Verbots- und Beschränkungsregelungen. Das Ziel der Werbeindustrie ist es dabei, die Aufmerksamkeit der Autofahrerinnen und Autofahrer möglichst lange auf einem Werbeschild zu belassen und widerspricht damit den Anforderungen der Verkehrssicherheit und damit den Anforderungen der Verkehrspsychologie. Wo könnten mehr Menschen so direkt und unausweichlich und absolut garantiert mit einer Werbeaussage erreicht und beeinflusst werden, wie an einer vielbefahrenen Bundesautobahn mit einer Verkehrsbelastung von bis zu Kfz/24h? Der Verkehrsteilnehmer wird sicher den angezeigten Werbeslogan, das Firmenlogo oder den charakteristischen Schriftzug wahrnehmen. Und wenn nicht auf dem Hinweg, dann spätestens auf dem Rückweg. Große Werbefirmen preisen genau mit dieser Wirkung ihre Werbeanlagen in Form von hohen Pylonen, LED-Wänden und Großflächenplakaten an. Es ist sicher unbestritten, dass solche kommerziellen Werbeanlagen bewusst und zielgerichtet den am Verkehr Teilnehmenden ansprechen sollen. Daher führt in der Praxis eine Beurteilung nach den aufgezeigten straßenrechtlichen Bestimmungen in der Regel zu folgenden Ergebnissen: Klassische Werbeanlagen auf Straßengebiet werden in der Regel nicht genehmigt und ungenehmigt errichtete Anlagen werden dort schnellstens wieder beseitigt. Wenn geplante Werbeanlagen in der straßenrechtlichen Verbotszone errichtet werden sollen, werden diese in der Regel im Verfahren abgelehnt. In den Anbaubeschränkungszonen werden Werbeanlagen nur zugelassen, wenn hier abgeschätzt werden kann, dass die Art, das Ausmaß und die Gestaltung der Werbung sich nicht negativ auf das Verkehrsgeschehen auswirkt. Eine Ablehnung von Werbeanlagen durch die Straßenverkehrsbehörden nach straßenverkehrsrechtlichen Gesichtspunkten erfolgt bisher dagegen eher selten. Das Vorgehen der Behörden, unterstrichen durch die bisherige Rechtsprechung zu einzelnen Fällen, ist zu dieser Thematik bisher eindeutig. Diese ganze Argumentationskette wird jedoch schon schwieriger, wenn es um die Beurteilung einer Anlage neben oder auf der Straße geht, die nicht unmittelbar von der Definition Anlage der Außenwerbung gedeckt ist, z.b. bunte Würfel im Seitenbereich der Anschlussstelle, Liegestühle oder nicht flugfähige Hubschrauber in Autobahnkreuzen. Schriftenreihe 20 DVR 59

60 Vor dem Hintergrund des o.g. Begehrens der Werbeindustrie ist der gesetzlich normierte Wille, den Verkehrs teilnehmer nicht bewusst vom Verkehrsgeschehen durch Werbung abzulenken, eindeutig. Demgegenüber steht der Wille, durch bewusste Verkehrsraumgestaltung den Verkehrsteilnehmer zu aktivieren, wenn beispielsweise eine gerade monotone Streckenführung eher einschläfernd wirkt. Ein Kunstwerk am Streckenrand kann für Abwechslung sorgen, damit die Aufmerksamkeit, eben auch auf den Straßenverkehr, geweckt bleibt. Hier ist der gesetzliche Wille nicht eindeutig. Die anbaurechtlichen Vorschriften können je nach Argumentationsführung zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Die Gerichte haben sich bisher, zumindest in NRW, nicht mit dieser Thematik beschäftigen müssen. Fazit Erkennbarkeit, Begreifbarkeit, Übersichtlichkeit sowie Einheit von Bau und Betrieb als Eckpfeiler der selbsterklärenden Straße müssen allen Fachleuten in Planung, Bau und Betrieb (Straßenbaubehörden und Straßenverkehrsbehörden) ein ständiger Begleiter sein. Dabei dreht sich letztendlich alles um die Wirkung des Verkehrsraums auf die Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrs teilnehmer und damit um seine verhaltensbeeinflussende Gestaltung. Schon eine ausreichende Sensibilität und Priorisierung gegenüber anderen Zielen (z.b. Werbung, künstlerische und städtebauliche Gestaltung aber auf der anderen Seite auch Ressourceneinsparung) bei den Verantwortlichen führt zu einem deutlichen Mehr an sicherer Verkehrsraumgestaltung. Welche Möglichkeiten aber auch Risiken bestehen, sollte dieser Beitrag aufzeigen. Sich in die Rolle der am Verkehr Teilnehmenden zu versetzen und deren Schwerpunkt bei und Komplexität der zu leistenden Aufgabe zu erkennen und richtig einzuschätzen ist der wohl wichtigste Schritt, um das verkehrspsychologische Wissen in der Praxis richtig umzusetzen. Für das allgemeine Verständnis der Zusammenhänge hilft das im Artikel vorgestellte und mehrfach zitierte Yerkes-Dodson-Gesetz ungemein. Dass die Grenzen innerhalb der Aktivationsintensität nicht scharf zu zeichnen sind, zeigen auch die in Teilen kontrovers diskutierten Pilotmaßnahmen bei Straßen. NRW. Es hat sich gezeigt, dass vor allem die linienhaften Maßnahmen wie Barcode, Baum des Jahres und die Spruchbänder an der A 40 bei den Nutzern der Straße eine hohe Akzeptanz hervorrufen. Aufgrund der künstlerisch, positiven Gestaltung entsteht ein anderes Erlebnis und eine Identifikation mit dem Raum bzw. der Region, die gerade in Ballungsräumen häufig triste BAB-Gestaltungen vermissen lassen. Kritisch sind dagegen die Vorhaben zu beurteilen, die eben nicht die Aufmerksamkeit aufrechterhalten oder erst herstellen müssen, weil die Komplexität der Verkehrsaufgabe erkennbar ist und eine ungeteilte Aufmerksamkeit verlangt. In Autobahnkreuzen, ob am Kreuz Kaiserberg oder am Kamener Kreuz, benötigt der Verkehrsteilnehmer keinerlei Aufmerksamkeitsunterstützung und der Freiraum für künstlerische Gestaltung ist eng. Die Beschilderung ist aufzunehmen und zu verarbeiten, der Verkehr bremst, beschleunigt, Spurwechselvorgänge sind ständig zu beobachten und darauf ist zu reagieren kurz die Inhomogenität des Verkehrsablaufs erfordert volle Konzentration. Hierbei ist ein Wecken des Verkehrsteilnehmers nicht notwendig. Hier kann jede Störung und Ablenkung der Autofahrerinnen und Autofahrer zu einer supraoptimalen Aktivation (Kontrollverlust) führen. Doch neben den eher atypischen und nur bedingt kopierbaren Pilotmaßnahmen im Bereich der BAB hält neben einer erforderlichen Sensibilität der Verantwortlichen für die Verkehrssicherheit auch die FGSV in ihren Regelwerken bereits Einiges wenn auch nicht immer auf den ersten Blick erkennbar bereit. Dass die Forschungsgesellschaft sich mit dem Thema der Human Factors zurzeit vertieft auseinandersetzt, um die Regelwerksqualität weiter zu verbessern, ist nur zu begrüßen. Nur so können Verständnis und Sensibilität für die Einflussnahme des gestalteten Verkehrsraums auf das Verhalten der Nutzerinnen und Nutzer bei den Experten geschärft werden und zum integrativen Bestandteil ihres Handelns werden. Die Hinweise zur Gestaltung von KVP sollten dies beispielhaft deutlich machen. Bei allem aufgezeigten Spagat und der nicht vollends abzustellenden Frage nach der richtigen Abgrenzung zwischen Ablenkung und Aufmerksamkeitssteigerung durch die Gestaltung des Verkehrsraums sollte zu jeder Zeit immer im Blick bleiben, dass es zu aller erst um das wertvollste Verkehrsbedürfnis (FstrG, 3 bzw. StrWG NRW, 9) aller am Verkehr Teilnehmenden geht die Verkehrssicherheit. Wir wollen alle unfallfrei am Zielort ankommen. Persönliche, kommerzielle oder politische Erwägungen sollten dabei im Interesse aller zurückstehen. 60 DVR Schriftenreihe 20

61 Literatur 1 Prof. Dr. Thomas Goschke, TU Dresden, Vorlesung Wintersemester 2003, aktivationstheoretische Ansätze 2 Unfallforschung der Versicherer (UdV) (2001): Curriculum für die Ausbildung der Unfallkommissionen. Berlin 3 Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen (Hrsg.) (1988): Richtlinien für die Anlage von Straßen; Teil: Knotenpunkte. Köln 4 Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen (Hrsg.) (2008): Richtlinien für die Anlage von Autobahnen. Köln 5 Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen (Hrsg.) (2012): Richtlinien für die Anlage von Landstraßen. Köln 6 Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen (Hrsg.) (2006): Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen. Köln 7 Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen (Hrsg.) (2000): Richtlinien für die wegweisende Beschilderung außerhalb von Autobahnen. Köln 8 Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen (Hrsg.) (2000): Richtlinien für die wegweisende Beschilderung auf Autobahnen. Köln 12 Michael Heinze, Straßen.NRW, (2008): Vortrag Mehr Sicherheit durch bessere Straßenseitenraumgestaltung 13 Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen (Hrsg.) (2001): Richtlinien für die Anlage und Ausstattung von Fußgängerüberwegen. Köln 14 Straßenverkehrsordnung und Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung in der derzeit gültigen Fassung 15 Landesbetrieb Straßenbau NRW (Hrsg.) (2013): Merkblatt Gestaltungsgrundsätze und Hinweise zu Mittelinseln bei Kreisverkehren. Gelsenkirchen 16 Bundesfernstraßengesetz (FStrG) in der derzeit gültigen Fassung 17 Straßen- und Wegegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (StrWG NRW) in der derzeit gültigen Fassung 18 Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen Landesbauordnung (BauO NRW) in der derzeit gültigen Fassung 19 Marschall, Kommentar zum Bundesfernstraßengesetz, 1. Auflage Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen (Hrsg.) (1988 überarbeitet 2003 und ersetzt durch die Richtlinie für touristische Beschilderung 2009): Richtlinie für touristische Hinweise an Bundesautobahnen. Köln 10 Forschungsberichte der BASt, Aufnahme von Wegweisungsinformationen im Straßenverkehr, Prof. Färber, Universität der Bundeswehr München 11 Gestaltungskonzept für Stützwände der A 40 in Essen (2008); Ing Büro orangeedge, Gelsenkirchen Schriftenreihe 20 DVR 61

62 7 Smartphone & Co (K)ein Thema in der (Fahr-)Aus- und Weiterbildung? Präventionskonzepte gegen Ablenkung im Straßenverkehr (best practice) Kay Schulte, Deutscher Verkehrssicherheitsrat Wenn man heute über Ablenkung im Straßenverkehr redet oder schreibt, handelt es sich in der Regel um die Benutzung eines Smartphones oder Mobiltelefons während des Fahrens. Das Navigationssysteme oder On-Board-Infotainmentsysteme zu nicht hinnehmbaren Blickabwendungen vom Verkehr führen, Telefongespräche mit Freisprechanlage oder intensive Gespräche mit Mitfahrenden die Aufmerksamkeit binden oder Essen und Trinken während der Fahrt eine gewisse Konzentration erfordern, wird vielfach komplett ausgeblendet bzw. sogar fälschlicherweise als normal und erlaubt angesehen. Ablenkungen beim Fahren eines Fahrrades oder beim Laufen werden eher gar nicht als kritisch ein gestuft. nachweisen, dass Ablenkungen beim Fahren ein sehr hohes Risiko beinhalten, einen Unfall, auch mit Toten und Schwerstverletzten, zu verursachen. Dabei wurden über drei Jahre Personen beim Fahren beobachtet. Insgesamt wurden 2 Parabytes (ca Gigabyte) an Daten von gefahrenen 35 Millionen Meilen ausgewertet. Anhand der Videoaufzeichnungen der letzten sechs Sekunden vor einem Unfall konnten sehr genaue Feststellungen über die Art einer Ablenkung und des damit verbundenen Einflusses auf das Unfallrisiko getroffen werden. So beinhaltet das Wählen einer Telefonnummer mit dem Handy in der Hand ein 12,2-fach höheres, das Schreiben oder Lesen eines Textes u.a. auf einem Tablet ein 9,9-fach höheres und das Bedienen eines eingebauten Gerätes ein 4,6-fach höheres Risiko zu verunfallen. Auch die Suche nach einem Objekt führt zu einem 9,1- fach höheren und Essen oder Trinken zu einem 1,8-fach höheren Risiko. Fehlinterpretation von Regelungen Prävention muss sich die Frage stellen, wie man diesem Phänomen zielführend begegnen kann. Dabei stellt das deutsche Rechtsverständnis bereits die erste Schwierigkeit dar. Denn frei nach dem Gedanken, alles, was nicht direkt verboten ist, sei erlaubt, ist in Deutschland eher ein übliches, wenn auch falsches Verständnis von Regelungen und damit wohl die größte Hürde für ein umfängliches Verständnis von sicherem Verhalten.. Erhöhtes Unfallrisiko durch Ablenkungen Dabei liefert die Wissenschaft eindeutige Belege dafür, welche Risiken mit den gesellschaftlich akzeptierten und den gegen geltendes Recht vorgenommenen Ablenkungen beim Fahren verbunden sind. In einer außergewöhnlich groß angelegten Naturalistic Driving Study 1 konnte das Virginia Tech Transportation Institut 2015 Ausgesprochen deutlich wird das z.b. bei der Wahl der Geschwindigkeit. Die allgemeinen und per Verkehrszeichen vorgeschriebenen Geschwindigkeitsbegrenzungen bedeuten eindeutig, dass auch unter günstigsten Voraussetzungen nicht schneller als angezeigt gefahren werden darf. Interpretiert wird dies jedoch in der Richtung, dass Fahren bis zu dieser Geschwindigkeit erlaubt sei, ein Trugschluss, eine Fehlinterpretation sondergleichen. Hinzu kommt dann noch, dass leichte Übertretungen als Kavaliersdelikt angesehen werden. Das Beispiel der alten Formulierung des 23 Absatz 1a der StVO 2 ist ein Paradebeispiel für Fehlinterpretatio- 62 DVR Schriftenreihe 20

63 nen. So hieß es dort: Wer ein Fahrzeug führt, darf ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss. Dies gilt nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist. Mit dieser Formulierung wurde gesellschaftlich interpretiert, dass das Telefonieren mit einer Freisprecheinrichtung erlaubt sei. Weit gefehlt, denn mit der Formulierung wurde beispielhaft nur eine konkrete Handlung ausdrücklich verboten. Beachtet werden musste aber für alle anderen Handlungen auch der 1 der StVO. Dort heißt es eindeutig im Absatz 1: Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht. Der Begriff ständige Vorsicht sagt unmissverständlich, dass Ablenkungen jedweder Art nicht zulässig sind, egal ob unterwegs zu Fuß, auf dem Fahrrad, mit dem Motorrad oder einem Kfz. Genau genommen erlaubt auch der 23 Absatz 1a nicht das Telefonieren mit einer Freisprecheinrichtung, sondern er verbietet ausdrücklich das Telefonieren während der Fahrt, wenn das Telefon aufgenommen und gehalten werden muss. Momentan kann die Nutzung mit Freisprecheinrichtung noch nicht als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, solange nichts passiert ist. Die vorgesehene Veränderung des 23 Absatz 1a der StVO 3 ist da in seinen Formulierungen zwar präziser, aber immer noch nicht konsequent genug, um das Problem richtig in den Griff zu bekommen. Denn dort heißt es: zu einer Initiative einiger Abgeordneter, die Nutzung eines Handys/Smartphones durch zu Fuß Gehende beim Überqueren von Straßen zu verbieten und bei Zuwiderhandlungen mit Bußgeld zu belegen. 4 In Irland führt jede verbotene Nutzung eines Handys während der Fahrt zu einer Gerichtsverhandlung. Im Wiederholungsfalle innerhalb von 12 Monaten kann dies bis zu drei Monaten Gefängnis und/oder führen. An diesen Beispielen wird sichtbar, dass das Problem Ablenkung durch moderne Kommunikations- und Informationssysteme vielfältig ist und in unterschiedlicher Richtung von einzelnen Staaten aufgegriffen wird. Grenzen der Wahrnehmung Viele haben schon mal erlebt, welche Kapazitäten ein Telefongespräch oder ein Gespräch binden kann. Vertieft in Gesprächsinhalte oder Gedanken werden andere Reize komplett ausgeblendet. War die Ampel jetzt grün oder rot? ist eine Frage, die sich so mancher schon mal gestellt hat. In diesen Momenten sind Fahrende nicht mehr frei und können Relevantes nicht mehr wahrund aufnehmen, geschweige denn, relevante von nicht relevanten Dingen unterscheiden. Nicht selten wird nach einem Unfall sogar argumentiert, man hätte andere, am Unfall Beteiligte gar nicht gesehen, sie waren plötzlich einfach da. Da stellt sich die Frage, wie so etwas möglich ist? Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen, wenn 1. hierfür das Gerät nicht aufgenommen oder nicht gehalten wird und 2. entweder a) nur eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt wird oder b) zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitiger Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist, die einen Zeitraum von einer Sekunde nicht überschreitet. Andere europäische Länder gehen da deutlich weiter. So kam es am 22. Juni 2017 im Litauischen Parlament Schriftenreihe 20 DVR 63

64 Das menschliche Auge hat während einer Fixation (Scharfsehen) gerade einmal ein Blickfeld von 2 Grad. Während einer Sekunde können zwei bis drei sogenannte Sakkaden (Neuausrichtungen des Auges zur Fixation) durchgeführt werden. Diese Fixationen können mit dem Begriff Sehen verbunden werden. Etwas sehen bedeutet aber noch nicht, etwas wahrnehmen, denn Wahrnehmung ist das Ergebnis von Informationsgewinnung und verarbeitung, bewusst oder auch unbewusst. Für die Verarbeitung müssen im Gehirn aber entsprechende Kapazitäten vorhanden sein. Dabei kann das Kurzzeitgedächtnis gerade einmal 5 9 sogenannte Chunks verarbeiten. Ein Chunk ist ein kleiner Block sprachlicher Information, je nach persönlicher Kodierung sogar aus mehreren Wörtern bestehend. Wenn also das Gehirn mit der Verarbeitung von intensiven Gesprächen beschäftigt ist, kann es sein, dass zwar das Auge Fixationen durchführt und damit Scharfsehen ermöglicht, aber dennoch eine Wahrnehmung nicht erfolgt. Das Gehirn befindet sich an seinen Grenzen der Informationsverarbeitung. Blindflug durch Ablenkung Egal um welche Form von Ablenkung es sich handelt, ein intensives Gespräch, das Bedienen eines Infotainmentsystems oder die kurze Textnachricht am Smartphone, es führt zu Blickabwendungen vom Verkehrsgeschehen, Blickzuwendungen zu anderen Geräten oder einer Überlastung des Gehirns. Dies kann in manchen Fällen mehrere Sekunden andauern. Darüber sind sich viele Auto oder Fahrrad Fahrende nicht im Klaren. Allein eine Blickabwendung von einer Sekunde beinhaltet bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h eine Blindflugstrecke von etwa 14 m (13,89 m), bei einer Geschwindigkeit von 60 km/h knapp 17 m (16,67 m) und bei 30 km/h gute 8 m (8,34 m), die zurückgelegt werden, ohne etwas zu sehen. Das sind eigentlich beeindruckende Zahlen, die bereits für sich sprechen sollten. Dennoch lassen sich Fahrende und Laufende gerne auf Ablenkungen ein und blenden mögliche Konsequenzen komplett aus. Dies liegt in Persönlichkeitsmerkmalen und fehlerhaften Erfahrungswerten begründet. Der Einfluss von Persönlichkeitsmerkmalen Die Neigung zur Nutzung von Informations- und Kommunikationssystemen während der Fahrt oder beim Gehen wird durch unterschiedliche Faktoren begünstigt. Im Rahmen seiner Masterarbeit stellte Moritz Becker fest, dass ein Smartphone häufiger genutzt wird, je höher die Angst etwas zu verpassen bei Auto und Fahrrad Fahrenden ausgeprägt ist. 5 Es scheint bei diesen Personen wichtig zu sein, immer und überall in Echtzeit Informationen aufzusaugen und ggf. zu kommentieren. Dabei 64 DVR Schriftenreihe 20

65 bildet der begleitende Ton einer eingehenden Nachricht eine Art Schlüsselreiz, der zum sofortigen Nachsehen verleitet und von der Fahraufgabe ablenkt. Der Einfluss von fehlerhaften Erfahrungswerten Ein Großteil von Fahrenden hat keine wirklich konkrete Vorstellung von Entfernungen und verschätzt sich nicht nur beim Fahren selbst, sondern auch beim Gehen, wenn keine klaren Orientierungspunkte vorliegen. Die Wahl des Sicherheitsabstands durch Fahrende zeigt dies eindrucksvoll, besonders innerhalb von Ortschaften. Es ist schwer, während einer Fahrt mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h ohne Orientierungspunkte einen Abstand von 14 m (entspricht bei 50 km/h einer Sekunde) oder 28 m (entspricht bei 50 km/h zwei Sekunden) richtig einzuschätzen. Viele Autofahrende verlassen sich hier eher auf ihr Bauchgefühl und fahren leider viel zu dicht auf. Die konsequente Anwendung der 2-Sekundenregel muss aber immer wieder trainiert werden, mehrmals täglich, um ein einigermaßen sicheres Gefühl für Abstände zu bekommen. Aufgabe von Prävention Die Aufgabe von Prävention ist es, Fahrenden und Laufenden die Risiken von Ablenkungen zu erläutern, verständlich zu machen und vor Augen zu führen, wie beschränkt wir Menschen eigentlich sind und welche Auswirkungen Ablenkungen beim Fahren oder Gehen haben können. Dabei gilt es, die Auswirkungen hautnah erleben zu lassen, damit Fahrende oder Gehende ihr alltägliches Verhalten überdenken und verändern. Kampagnen oder Ratschläge alleine reichen nicht aus, da die thematisierten Auswirkungen nicht unmittelbar spürbar sind. Kampagnen und Ratschläge können begleitend unterstützen. Das konkrete Erleben der Auswirkungen von Ablenkungen muss prioritär in der Prävention behandelt werden. Dabei gilt es, so früh wie möglich anzusetzen und die folgenden Forderungen zu berücksichtigen: 1. Einführung eines verbindlichen Curriculums für die Fahrausbildung In Deutschland sind wir noch in der Situation, dass es im Rahmen der Fahrausbildung zwar eine Fahrschüler-Ausbildungsordnung gibt, jedoch kein verpflichtendes Curriculum. In der Fahrschüler-Ausbildungsordnung tauchen für den theoretischen Unterricht zwar Begriffe wie Ablenkung, Aufmerksamkeitsdefizite und Konzentrationsmängel auf, aber jedem Fahrlehrer und jeder Fahrlehrerin bleibt es überlassen, wie und welche Aspekte behandelt werden. Die International Commission for Driver Testing (CIECA 6 ) hat im Jahr 2015 im Rahmen des Road User Education Projects unter dem Titel FACE 15 (Framework for a Curriculum for Driver Education published in 2015) einen Vorschlag für ein Rahmencurriculum für die Fahrausbildung veröffentlicht. Hier wird nicht nur eine konkrete Verzahnung von Theorie und Praxis beschrieben, sondern es werden themenorientiert die zu vermittelnden Inhalte aufgezeigt und der theoretischen und praktischen Ausbildung zugeordnet. Dabei wird das Thema Ablenkung durch Infotainmentsysteme oder die Nutzung moderner Kommunikationssysteme mehreren zu vermittelnden Inhalten zugeordnet und thematisiert. In FACE 15 wird eine stufenweise Ausbildung mit konkreten Vorgehensweisen für einen zielführenden Unterrichtsaufbau beschrieben und eine Matrix zur Verfügung gestellt, die Hilfestellung für die Auswahl geeigneter Unterrichtsmethoden gibt. FACE 15 wird bereits in europäischen Staaten verwendet und wurde national adaptiert. Warum die deutsche Fahrlehrerschaft über FACE 15 bisher leider keine Informationen bekommen hat, geschweige denn FACE 15 anwendet, ist nicht nachzuvollziehen. Die Gründe dafür liegen im Bereich der Spekulationen. Unabhängig von der Existenz solcher curricularer Vorschläge, ist die Forderung zu erheben, dass Deutschland ein vorgeschriebenes Curriculum für die Fahrausbildung benötigt, indem Ablenkung als ein zentraler Aspekt behandelt wird. 2. Entwicklung von pädagogischen Modulen für den Einsatz in der theoretischen Fahrausbildung Gerade in der Fahranfängervorbereitung, aber auch schon im schulischen Kontext gilt es, das Thema Ablenkung und deren Auswirkung für den Straßenverkehr erlebnisorientiert zu behandeln. Dies erfordert jedoch ein Umdenken in der theoretischen Fahrausbildung. Nicht die Nutzung moderner Medien steht hier im Vordergrund, sondern die Anwendung erlebnisorientierter pädagogischer Methoden ist gefordert, damit die Auswirkungen von Ablenkung erfahrbar werden. Moderne Medien können hier, wie Kampagnen, unterstützend wirken, aber nicht den Schwerpunkt der Auseinandersetzung darstellen. Im DVR-Konzept Aufbauseminar für Fahranfänger und in der Aktion Jugend will sicher-leben 2017/2018 der DGUV-Landesverbände unter Schriftenreihe 20 DVR 65

66 dem Titel Sicher hin und zurück Wege ohne Unfall findet sich z.b. eine erprobte Vorgehensweise, die sofort flächendeckend in den theoretischen Unterricht der Fahrausbildung integriert werden könnte und Ablenkung durch die Nutzung eines Smartphones erlebnisreich und aktiv thematisiert. Hierbei werden im Rahmen eines Rollenspiels im Unterrichtsraum z.b. folgende Aufträge herausgegeben: Fahrer/Fahrerin: Setzen Sie sich auf den Fahrersitz (z.b. Stuhl) und halten Sie das Lenkrad in den Händen. Bitte beobachten Sie den Richtungsgeber und folgen Sie seinen Vorgaben durch Drehungen des Lenkrads (z.b. einen Teller). Sobald Ihr Mobiltelefon eine SMS erhält, lesen und beantworten Sie diese während Sie weiter fahren. Warten Sie im Anschluss, während Sie weiter fahren, die Antwort ab und lesen diese. Richtungsgeber: Stellen Sie sich ca. 2-3 m vor den Fahrer bzw. die Fahrerin und zeigen sie in regelmäßigen Abständen durch kurze Handbewegungen in verschiedene Richtung, in die der Fahrer bzw. die Fahrerin fahren soll. Richtungsbeobachter: Beobachten Sie den Fahrer bzw. die Fahrerin, ob er oder sie den Richtungsanweisungen des Richtungsgebers folgt oder nicht. SMS-Sender: Setzen Sie sich Rücken an Rücken hinter den Fahrer bzw. die Fahrerin. Schreiben Sie etwa 10 Sekunden nach Beginn des Rollenspiels bitte folgende SMS an den Fahrer bzw. die Fahrerin: Wann kommst Du und was hast Du an? Wenn Sie die Antwort bekommen haben, schreiben Sie bitte z.b. Bring bitte noch einen Strauß bunter Blumen mit. Bitte halten Sie sekundengenau fest, wie lange die jeweiligen Blickabwendungszeiten vom Verkehr (Richtungsgeber) hin zum Smartphone dauern, um eine genaue Angabe darüber zu bekommen, wie lange die Blickabwendungszeiten insgesamt dauern. Zeitnehmer: Starten Sie das Rollenspiel und lassen Sie es längstens 90 Sekunden lang laufen. In der Folge dieses recht kurzen Experiments folgt dann eine Auswertung. Dabei sollen die Erkenntnisse möglichst visualisiert festgehalten werden. Zuerst wird der Fahrer bzw. die Fahrerin befragt, wie er bzw. sie diese Situation erlebt hat. Dabei gilt es heraus zu stellen, was eher einfach und was vor allem nicht so einfach war und wie es ihnen dabei ergangen ist. In der Folge berichten dann die Blickabwendungsbeobachtenden, wie oft Blickabwendungen erfolgten. Dies wird durch die genauen Angaben der Blickabwendungszeitenzählenden sowie die Gesamtfahrzeit ergänzt, so dass z.b. das Bild 1 (S. 67) entstehen könnte. Als Ergänzung wird nun noch die vom Fahrenden geschriebene SMS vorgelesen und nach Fehlern untersucht. Mit den nun vorhandenen Angaben lässt sich sehr schnell anhand von verschiedenen Geschwindigkeiten verdeutlichen, welche Auswirkungen z.b. das Schreiben einer SMS während der Fahrt hat. Dies kann noch durch die Beobachtungen des Richtungsbeobachters ergänzt werden, um zu verdeutlichen, dass es im Rahmen der Fahrt schon zu Unfällen gekommen wäre. Blickabwendungsbeobachtende ein oder zwei Beobachtende des Fahrers bzw. der Fahrerin: Bitte beobachten Sie während der Fahrt genau, wie oft der Fahrer bzw. die Fahrerin den Blick vom Verkehr (Richtungsgeber) abwendet und den Blick zum Smartphone führt. Zählen Sie genau die Anzahl der Blickabwendungen. Blickabwendungszeitenzählende zwei bis drei Beobachtende des Fahrers bzw. der Fahrerin: 66 DVR Schriftenreihe 20

67 Bild 1: Nur mal eine SMS... Gesamtzeit: 89 Sekunden Blickabwendungen: 15 Abwendungszeiten: 24 Sekunden bei einer Stadtfahrt mit 50 km/h Gesamtfahrstrecke: m Blind gefahren: 333 m beim Laufen mit 6 km/h Gesamtlaufstrecke: 148 m Blind gelaufen: 40 m Aber, Achtung! Es gibt bereits Konzepte, bei denen eine derartige Übung direkt im Auto beim Fahren durchgeführt wird und Fahrende gebeten werden, während des Fahrens eine SMS zu schreiben. Diese Vorgehensweise muss als klares No go! bezeichnet werden. Es fehlen einerseits die wichtigen Beobachtungen hinsichtlich der Blickabwendungen und der Blickabwendungszeiten, um die Brisanz des Verhaltens zu verdeutlichen. Und andererseits können Fahrende, wenn hierbei nichts passiert, diese Art der Übung fälschlicherweise als Bestätigung empfinden, dass man während der Fahrt eine SMS schreiben könne. Es muss bei jeder zu entwickelnden Übung sichergestellt werden, dass derart kontraproduktive Erfahrungen verhindert werden. 3. Einführung von sogenannten Ablenkungsaufgaben in der Fahrausbildung und Fahrerlaubnisprüfung Um junge Menschen, die die Fahrerlaubnis erwerben wollen, richtig vorzubereiten, ist die Einführung sogenannter Ablenkungsaufgaben für die Ausbildung und die Prüfung dringend geboten. Hierzu wurde in Großbritannien ein Modellversuch im Rahmen der Prüfung 7 durchgeführt. Deutlich hervorgehoben werden muss, dass es sich dabei nicht darum handelt, Ablenkungen zu trainieren, denn Ablenkungen lassen sich nicht trainieren, sie kommen einfach in der jeweiligen Situation. Diese Übungen dienen dazu, den jungen Menschen vor Augen zu führen, wie sich Ablenkungen auswirken können und welche Strategien dazu beitragen, sich nicht ablenken zu lassen. Nachdem 2015 sowohl aus Österreich als auch aus Deutschland 8 die Einführung solcher Übungen vorgeschlagen wurde, kam es aus Kreisen der Fahrlehrerschaft zu ersten Widerständen. Dies kann durchaus daran liegen, dass mit dem Begriff Ablenkungsübung Missverständnisse aufgetreten sind. Um Fahrende und Laufende dauerhaft zu sensibilisieren, ist anzustreben, weitere pädagogisch erlebnisreiche Module zu entwickeln, um Ablenkung und Nutzung von Smartphones zu thematisieren. Gemeint ist hier, dass im Rahmen der Ausbildung und Prüfung kurze Zwischenaufgaben gestellt werden, die von der reinen Fahraufgabe wegführen können, um zu sehen, wie Fahranfänger und Fahranfängerinnen darauf reagieren und zu welchem Zeitpunkt er oder sie das tut, um es anschließend im Gespräch auszuwerten. Hierzu können während einer Fahrt, z.b. einer Orientierungsfahrt mit Zielangabe und Orientierung nach Beschilderung, Lernende gebeten werden, wenn möglich, das Fenster zu öffnen oder die Heckscheibe zu reinigen. Dabei gilt es zu beobachten und anschließend auszuwerten, zu welchem Zeitpunkt die erbetene Handlung erfolgte. Wenn durch diese Nebenaufgabe Unsicherheiten im Handling auftreten, sollte an geeigneter Stelle angehalten und dies ausgewertet werden. Ziel ist, dass die jungen Menschen lernen, entsprechende Nebenaufgaben nur in Situationen durchzuführen, in denen diese Aufgaben sicher durchgeführt werden können, z.b. nach dem Befahren und nicht während des Befahrens einer Kurve. Schriftenreihe 20 DVR 67

68 Weitere, mögliche Aufgabeformate könnten wie folgt aussehen: Können Sie mir bei Gelegenheit sagen, wie diese Straße heißt? Könnten Sie bitte bei Gelegenheit das Radio einschalten? Könnten Sie bitte bei Gelegenheit die Lüftung bzw. Klimaanlage einschalten? Könnten Sie bitte bei Gelegenheit die Lüftung bzw. Klimaanlage ausschalten? Könnten Sie mir bitte bei Gelegenheit den durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch mitteilen? Mit dem DVR-Beschluss vom 27. Oktober 2016 wird zumindest die verpflichtende Einführung von Ablenkungsübungen, die wissenschaftlich entwickelt und begleitet werden, für die Ausbildung empfohlen. In eine vergleichbare Richtung geht auch die Empfehlung des 55. Verkehrsgerichtstags (AK II) im Jahr werden. Diese Übungen wird grundsätzlich mit Beifahrern durchgeführt. Der Beifahrer bzw. die Beifahrerin hat heimlich spezielle Ablenkungsaufträge erhalten. Im ersten Schritt wird ein Slalom so durchfahren, dass Fahrende sich an die Aufgabe gewöhnen und den Parcours mit einer gleichmäßigen Fahrweise bewältigen. Wenn ein gleichmäßiges Durchfahren erreicht wurde, wird in einem zweiten Schritt der Slalom nochmals befahren. In dieser Sequenz hat nun der Mitfahrer bzw. die Mitfahrerin die Aufgabe, die fahrende Person mittels des heimlich herausgegebenen Auftrages abzulenken. Die Ablenkungsaufträge können beispielsweise wie folgt aussehen: Sag mal, was ist eigentlich die Wurzel aus 144? Hey, coole Schuhe. Wo hast du die gekauft? Sag mal, wie spät ist es eigentlich? Sie dir mal diese SMS an. Eine derartige Übung eignet sich auch für die Beobachtungsfahrt im Rahmen des Aufbauseminars für Fahranfänger, insbesondere, da in der überarbeitenden Konzeption aus dem Jahr 2017 das Thema Ablenkung durch Smartphones einen besonderen Stellenwert erhalten hat. Unabhängig davon muss das Thema Ablenkung schnellstmöglich Gegenstand der theoretischen Fahrerlaubnisprüfung werden. Hierfür sind geeignete Aufgabenformate zu entwickeln, die unterschiedliche Formen von Ablenkungen thematisieren (Smartphonenutzung, bordeigene Informations- und Kommunikationssysteme etc.). Dabei muss deutlich werden, dass die Nutzung elektronischer Geräte während der Fahrt gesellschaftlich geächtet werden muss. 4. Ablenkung als Thema in der Weiterbildungen von Fahrenden Im Rahmen des Fortbildungsseminars für Fahranfänger (FSF) 9 aus dem Jahr 2003 wurden spezielle Übungen entwickelt, z.b. Fahrende auf nicht öffentlichen Geländen gezielt abzulenken und die Auswirkungen gruppendynamisch auszuwerten. So lässt sich z.b. das Thema Ablenkung im Rahmen des Befahrens eines Slaloms dahingehend thematisieren, dass während des Befahrens Fahrende direkt abgelenkt In der Regel werden Fahrende dabei aus ihrem Fahrrhythmus gebracht und es kommt dazu, dass Pylonen berührt oder überfahren werden. Dies muss dann in einem Gruppengespräch thematisiert werden. Wichtig bei solchen Übungen ist, dass Fahrende nicht darauf vorbereitet werden, was in der Übung geschehen soll. Kontraproduktiv ist z.b. eine Einführung mit den Worten Wir werden gleich eine Übung zum Thema Ablenkung durchführen. Dann braucht diese Übung nicht mehr gefahren werden, da Fahrende bereits darauf vorbereitet sind. Eine weitere, erprobte Übung verdeutlicht während des Fahrens, wie es zu einer Informationsüberflutung kommen kann. Dabei fahren in einem Fahrzeug drei Mitfahrende mit. Fahrende erhalten z.b. den Auftrag, eine 68 DVR Schriftenreihe 20

69 Gefahrbremsung durchzuführen, wenn sie das Wort Regenwurm hören. Die drei Mitfahrenden haben im Vorfeld auch wieder heimlich entsprechende Aufgaben erhalten, die sie für sich als Geheimnis behalten sollen. Diese Aufträge sehen wie folgt aus: Mitfahrer 1: Sobald der Wagen eine Geschwindigkeit von 40 km/h erreicht hat, lesen Sie laut folgende Wörter vor. Wenn Sie alle Wörter vorgelesen haben, fangen Sie wieder von vorne an. Regenwetter, Regenschirm, Regenbogen, Regenwald, Regenschutz, Regenrinne, Regenwurm, Regenradar Mitfahrer 2: Sobald der Wagen eine Geschwindigkeit von 40 km/h erreicht hat, lesen Sie laut folgende Wörter vor. Wenn Sie alle Wörter vorgelesen haben, fangen Sie wieder von vorne an. Sonnenbrand, Sonnenschutz, Sonnencreme, Sonnenbad, Sonnenfinsternis, Sonnenschein, Sonnenaufgang, Sonnenuntergang. Mitfahrer 3: Sobald der Wagen eine Geschwindigkeit von 40 km/h erreicht hat, lesen Sie laut folgende Wörter vor. Wenn Sie alle Wörter vorgelesen haben, fangen Sie wieder von vorne an. Winterzauber, Winterzeit, Winterurlaub, Winterträume, Winterwetter, Wintergarten, Winterreifen, Winterfreuden Entscheidend für die Übung ist, dass alle drei Mitfahrenden gleichzeitig ihre Worte laut vorlesen. In der Regel sind Fahrende damit überfordert und werden nicht so reagieren, wie sie sollten. Dies muss dann im Anschluss an die Übung mit der Gruppe ausgewertet werden. Literatur 1 Thomas A. Dingusa,1, Feng Guoa,b, Suzie Leea, Jonathan F. Antina, Miguel Pereza, Mindy Buchanan-Kinga, and Jonathan Hankeya; Driver crash risk factors and prevalence evaluation using naturalistic driving data ; Virginia Tech Transportation Institute, Virginia Polytechnic Institute and State University, Blacksburg, VA 24061; and Department of Statistics, Virginia Polytechnic Institute and State University, Blacksburg, VA Stand 31. Mai chen/2017/ / pdf? blob=publication- File&v=1 (26. Juni 2017) 4 (23. Juni 2017) 5 Moritz Becker, Wie beeinflussen Persönlichkeitsmerkmale, situative und soziodemographische Faktoren die Smartphone-Nutzung im Straßenverkehr?, Universität Mannheim, International Commission for Driver Testing, RUE Project, 2015, Working Group 2, verantwortlich DVR 7 Improving the car driving test, DVSA 8 DVR-Kolloquium Ablenkung im Straßenverkehr Probleme und Lösungen 7. Dezember Freiwilliges Fortbildungsseminar für Fahranfänger, Herausgeber DVR, August und Oktober 2003 Da das Thema Ablenkung durch moderne Informations- und Kommunikationssysteme eine immer größere Bedeutung für den Straßenverkehr bekommen wird, sind pädagogische Vorgehensweisen zu nutzen, die Fahrenden erlebbar vor Augen führen, was Ablenkung oder Informationsüberflutung für Auswirkungen bei der Verkehrsteilnahme nach sich ziehen. Hierfür müssen Angebote entwickelt und genutzt werden, die entsprechende Erfahrungen als Auto oder Fahrrad Fahrende und als zu Fuß Gehende möglich machen. Eine kommunikative und mediale Begleitung kann zielführend unterstützen, aber eine persönliche Erfahrung nicht ersetzen. Schriftenreihe 20 DVR 69

70 8 Unfallursache Ablenkung Forschung und Maßnahmen in Österreich Gregor Bartl, Institut alles-führerschein.at, Wien, Abstract Österreichische und internationale Studien belegen, Ablenkung ist Unfallursache Nummer Eins im Straßenverkehr. Seit 2012 wird Ablenkung in Österreich von der Exekutive als Unfallursache erhoben und in der Statistik Austria mit ca. 38% ausgewiesen. Bereits die erste in Österreich durchgeführte Unfallursachenstudie aus dem Jahr 2006 kam zu dem Ergebnis, dass 36% der Unfälle in erster Linie durch Ablenkungen verursacht wurden. Eine Befragungsstudie unter österreichischen Fahranfängern aus 2015 zeigte, dass jeder Dritte Fahranfängerunfall auf Ablenkung zurückzuführen ist. Unabhängig von Unfällen, wird von Fahranfängern Handy telefonieren und SMS schreiben als deren häufigste Ablenkung genannt. Eine weitere Befragungsstudie aus 2017 zeigte, dass im Rahmen des zweistündigen verkehrspsychologischen Gruppengesprächs im Rahmen der verpflichtenden zweiten Ausbildungsphase eine Einstellungsänderung zum Thema Handy am Steuer erzielt werden konnte. Im März 2016 wurden Fragen zur Ablenkung bei der theoretischen Fahrprüfung in Österreich eingeführt. Standardisierte Ablenkungsaufgaben bei der praktischen Fahrprüfung sind in England bereits im Experimentalstadium und in Österreich in Diskussion. 2. Einleitung Mit ca. 38% weist die Statistik Austria Unaufmerksamkeit / Ablenkung als Unfallursache Nummer Eins bei Unfällen mit Personenschaden aus (nach Einschätzung durch die Polizeiorgane nicht gerichtspräjudizierend). Neben weiteren Unfallursachen wird Unaufmerksamkeit / Ablenkung seit dem Jahr 2012 erhoben. Davor wurden Unfälle, bei denen Ablenkung augenscheinlich die Haupt - unfallursache darstellte, sonstigen Unfallursachen oder anderen Unfallursachen insbesondere überhöhte Geschwindigkeit zugeordnet. Jahr 2014: 38,3% Jahr 2015: 37,8% 1. Halbjahr 2016: 37,4% Der Grund, dass Ablenkung als Unfallursache in die Erhebung aufgenommen wurde, lag im Bekanntwerden von Forschungsergebnissen, wonach Ablenkung einen wesentlichen Anteil am Unfallgeschehen hat. In weiterer Folge wurden Maßnahmen in der Fahreraus- und weiterbildung zur Reduzierung der Unfallursache Ablenkung in Österreich ergriffen. 3. Forschung zu Ablenkung in Österreich und international (chronologische Darstellung) Die erste wesentliche Studie zum Thema Ablenkung als Unfallursache stammt aus England. Maycock (1995, 2002) vom TRL (Transport Research Laboratory) befasste sich in einer Befragungsstudie mit Unfallursachen. Es wurden nur männliche Fahrer befragt. Unaufmerksamkeit stellte sich dabei mit 24% als die relativ häufigste zum Unfall beitragende Ursache heraus. Durch Maycocks Ergebnisse angeregt, wurde die erste österreichische Studie von Bartl & Hager (2006b) durchgeführt, wobei sich die Grundaussage von Maycock bestätigte. Verkehrspsychologen führten persönliche Tiefeninterviews durch, wobei 852 verschuldete Sach- und Personenschadensunfälle von Männern und Frauen analysiert werden konnten. Ablenkung als Hauptursache von Straßenverkehrsunfällen mit Personenschaden (Statistik Austria): Jahr 2012: 34,7% Jahr 2013: 37,1% 70 DVR Schriftenreihe 20

71 Unaufmerksamkeit / Ablenkung stellte mit 35,6% die relativ häufigste Unfallursache dar. Diese 35,6% teilen sich folgendermaßen auf: 17,1% der Unfallverursacher waren durch Gedanken abgelenkt, 4,6% durch Gespräche mit Mitfahrern, 4,3% durch das Handy, 3,9% durch Nebentätigkeiten wie Rauchen, Radio, etc., 2,8% durch unaufmerksames Schauen, 1,4% durch Kinder im Fahrzeug und 1,6% durch sonstige Ablenkungen. Des Weiteren wurden folgende Unfallursachen festgestellt: 14% aller Unfälle waren in erster Linie auf für die Situation überhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen. Die meisten von diesen 14% Unfallverursachern fuhren wegen Stress und weil sie gedankenlos waren zu schnell. Aggressivität, Risikofreudigkeit etc. spielten eine geringe Rolle bei der Unfallursache Schnellfahren. Weitere 14% der Unfälle waren primär auf Unerfahrenheit zurückzuführen. Es folgte zu geringer Sicherheitsabstand als Hauptunfallursache mit 10%, ebenfalls in erster Linie wegen Gedankenlosigkeit und Stress. Weitere Unfallursachen waren mangelnde Fähigkeiten mit 7%, Müdigkeit mit 5% und Alkohol sowie Sonstiges mit 5%. 9% blieb Restrisiko im Sinne von unvorhersehbaren externen Unfallumständen. Talbot, R. & Fagerlind, H., (2009) fanden heraus, dass in 32% jener Unfälle, die in die SafetyNet Accident Causation Database aufgenommen wurden, zumindest ein Fahrer oder Fußgänger unaufmerksam oder abgelenkt war. Die SafetyNet Accident Causation Database beinhaltet Unfälle. Diese Unfälle wurden durch sechs Unfallanalyse-Teams in folgenden Ländern (meist direkt vor Ort) aufgenommen: Deutschland, Italien, Niederlande, Finnland, Schweden, Vereinigtes Königreich. In einer deutschen Meta-Analysis (Kühn & Gehlert, 2015), basierend auf 56 Publikationen, wurde das Ausmaß der Ablenkung bewertet. Diese Meta-Analyse wurde vom Gesamtverband Deutscher Versicherer (GDV) und der Technischen Universität Braunschweig durchgeführt. Folgende Rangreihung hinsichtlich der Stärke der Ablenkung ergab sich: 1. SMS schreiben / lesen: 69% 2. Handy bedienen: 62% 3. Navigation: 59% 4. Handy telefonieren: 47% 5. MP3-player Titelsuche: 47% 6. SMS senden: 44% 7. On-board-computer Verwendung: 34% 8. Mitfahrer: 33% 9. Radio Sendersuche: 17% 10. SMS Empfangen: 15% Forscher der University Utah (Strayer et al., 2014, unterstützt durch die AAA Foundation for traffic Safety) fanden heraus, dass selbst sprachgesteuerte Interaktionstechnologien im Auto (SMS etc.) zu einer signifikanten Ablenkung führen, obwohl die Fahrer hierbei die Hände weiterhin am Lenkrad halten können. Zu einem vergleichbaren Resultat kamen deutsche Forscher (Paridon et al., 2015). Sprachgesteuertes SMS-Schreiben, wobei die Hände ebenfalls am Lenkrad verbleiben konnten, führte zu einer signifikanten Beeinträchtigung der Spurführung im Simulator-Experiment, verglichen mit einer Kontrollgruppe ohne Ablenkung. Die stärkste Beeinträchtigung zeigte sich, wenn die Versuchspersonen die SMS manuell tippten, was eine weitere Versuchsbedingung darstellte. Am University College London (Lavie et al., 2014; Rees et al., 1997) konnte mittels Kernspintomografie analysiert werden, dass der visuelle Kortex bei kognitiver Überlastung (schnelles Erkennen und Lesen von zweisilbigen Wörtern) in seiner Aktivität herunterfährt. Dieses Resultat wird von den Autoren als neurologisches Korrelat für die Aufmerksamkeitsblindheit interpretiert (wenn man kognitiv stark gefordert ist, wird man blind für optische Reize). Carney et al. (2015) von der Universität Iowa analysierten Unfälle junger Fahranfänger, die von eingebauten Kameras gefilmt wurden (Ltyx DriveCam in-vehicle video camera system) Unfälle konnten analysiert werden. Das Alter der Fahrer lag zwischen 16 und 19 Jahren. Die Unfälle ereigneten sich zwischen August 2007 und Juli In 58% der Unfälle war der Fahrer unaufmerksam oder mit einer anderen als der Fahraufgabe beschäftigt. Folgende Ablenkungen konnten analysiert werden: 1. Interaktion mit Mitfahrern: 15 % 2. Handy: 12 % 3. Auf etwas im Fahrzeug schauen: 10% 4. Auf etwas außerhalb des Fahrzeuges schauen: 9% 5. Singen / Tanzbewegungen zu Musik: 8% 6. Sich pflegen / Schminken: 6% 7. Nach einem Gegenstand greifen: 6 % 8. Etc. Schriftenreihe 20 DVR 71

72 Einige Crash Videos wurden auf youtube gestellt: Ebenfalls im Jahr 2015 wurde das Ausmaß von Ablenkung als Unfallursache bei österreichischen Fahranfängern analysiert. In Österreich müssen alle Fahranfänger seit dem Jahr 2003 im Rahmen der zweiten Ausbildungsphase u. a. an einem zweistündigen verkehrspsychologischen Gruppengespräch teilnehmen ( 4a,b,c FSG). Dieses Gruppengespräch wird durchschnittlich neun Monate nach Erwerb der Lenkberechtigung besucht (Bartl & Hager, 2006a). Speziell geschulte Psychologen leiten diese Seminare. Es wird in einer offenen Atmosphäre u. a. über bisherige Vorkommnisse der Fahranfänger gesprochen, um Lösungsstrategien für die Zukunft individuell zu entwickeln. In den Monaten März und April 2015 wurden diese Vorkommnisse für die standardisierte Erfassung von den Psychologen systematischer als sonst erfragt und festgehalten (n=2.130, österreichweit, repräsentativ). Dabei ist anzunehmen, dass nicht alle Vorkommnisse berichtet wurden. Auch wenn der Psychologe für eine offene Gesprächsatmosphäre sorgt, hemmt wahrscheinlich Scham in unterschiedlichem und unbekanntem Ausmaß, die Bereitschaft in der Gruppe darüber zu reden. Daraus ist zu folgern, dass die Zahl der tatsächlichen Vorkommnisse eher über als unter der Zahl der in dieser Studie berichteten Vorkommnisse liegt. In Bezug auf Unfälle wurden sowohl Sach- als auch Personenschäden erfragt. Es wurde nicht differenziert. Dies ist dadurch zu rechtfertigen, zumal der menschliche Fehler, also die Ursache des Unfalls, eruiert werden sollte und nicht die Auswirkungen dieses Fehlers, welche zu einem Handy telefonieren vermutlich sehr großen Teil Handy SMS durch Zufälligkeiten determiniert sind. Gedanken Mitfahrer 6,1% dieser Fahranfängerpopulation berichteten, bereits einen Unfall wegen Ablenkung verursacht zu haben, weitere 19,4% einen Beinaheunfall. 5% hatten auch schon einen Sekundenschlaf hinter dem Steuer. Siehe auch obere Grafik. 349 Fahranfänger wurden aus dieser Population zusätzlich befragt, ob sie überhaupt schon Unfälle verschuldet haben. Demnach haben 18,9% bereits Unfälle verursacht. Somit ist ca. jeder dritte verschuldete Unfall auf Ablenkung zurückzuführen (18,9 geteilt durch 6,1 ergibt ca. 3). Berichtete Vorkommnisse beim Autofahren Unfall wegen Ablenkung Beinaheunfall wegen Ablenkung Sekundenschlaf Welche ist Ihre Hauptablenkung beim Autofahren? Musik Schauen Navi Essen/trinken Sonstiges 6,1 5,0 19, Angaben in Prozent: (n=2.130 Sach- und Personenschadensunfälle von Fahranfängern, Datenquelle: verkehrspsychologische Gruppengespräche) Darüber hinaus wurden die Teilnehmer gefragt, welche ihre persönliche Hauptablenkung beim Fahren sei (unabhängig von Unfällen). Laut Selbstwahrnehmung der Fahranfänger führt hierbei eindeutig das Handy, gefolgt von in Gedanken verloren sein und Ablenkungen durch Beifahrer (Details siehe folgende Grafik). 2,6 4,3 6, ,8 15,7 15,4 16, Angaben in Prozent: (n=2.130 Fahranfänger, Datenquelle: verkehrspsychologische Gruppengespräche) DVR Schriftenreihe 20

73 4. Maßnahmen gegen Ablenkung am Steuer in Österreich Auf über die Jahre zunehmende mediale Präsenz und zunehmende Bedeutungsbeimessung in Expertengremien, folgten konkrete Maßnahmen gegen die Unfallursache Ablenkung am Steuer insbesondere durch Handynutzung. Als erste Maßnahme ist die Aufnahme der Unfallursache Ablenkung bei der statistischen Erfassung durch die Polizeiorgane vor Ort ab dem Jahr 2012 zu sehen. Folgende weitere Maßnahmen wurden gesetzt: 1. Handynutzung am Steuer wurde in den Probeführerschein-Deliktkatalog aufgenommen und führt zu einer verkehrspsychologischen Nachschulung. 2. Die Inhalte des verkehrspsychologischen Gruppengesprächs im Rahmen der zweiten Ausbildungsphase wurden adaptiert und erprobt. 3. Fragen zur Ablenkung bei der theoretischen Fahrprüfung wurden eingeführt. 4. Radarfotos kommt ab dem Jahr 2017 Beweiskraft zu, wenn ein Fahrer Handy nutzend fotografiert wurde. 5. Standardisierte Ablenkungsaufgaben bei der praktischen Fahrprüfung sind im Diskussionsstadium. Ad 1. Der Probeführerschein für Fahranfänger trat in Österreich im Jahr 1992 in Kraft. In den Jahren nach der Einführung sank die Zahl der Fahranfängerunfälle doppelt so stark wie die Zahl der Unfälle der übrigen Lenker (Bartl et al., 1997). Angesichts der Tragweite von Ablenkung als Unfallursache, wurde der Probeführerschein nun erstmals novelliert. Die Verwendung des Handys am Steuer ohne Freisprecheinrichtung bzw. ohne fixe Halterung, sofern das Handy als Navigationssystem genutzt wird ( 102 Abs. 3 KFG), wurde in den bisherigen Deliktkatalog des Führerscheins auf Probe zusätzlich aufgenommen. Ein Verstoß führt ab Juli 2017 zu einer verkehrspsychologischen Nachschulung sowie zu einer einjährigen Probefristverlängerung. Unabhängig davon wurde die bisherige allgemeine Probefrist von zwei auf drei Jahre verlängert. Eine verkehrspsychologische Nachschulung dieses Typs wird in vier Sitzungen zu je zweieinhalb Stunden abgehalten. Pro Woche findet eine Sitzung statt. Zusätzlich führt jeder Teilnehmer eine eineinhalbstündige Beobachtungsfahrt mit einem Fahrlehrer durch, welche in einer der Schriftenreihe 20 DVR 73

74 Gruppensitzungen unter Leitung des Verkehrspsychologen und im Beisein des Fahrlehrers analysiert wird. Ad 2. Im Rahmen der zweiten Ausbildungsphase muss jeder Fahranfänger an einem zweistündigen verkehrspsychologischen Gruppengespräch (nicht Nachschulung) teilnehmen. In diesem verkehrspsychologischen Gruppengespräch werden in nur ca. 20 Minuten mittels teilnehmeraktiver Übungen die Phänomene Aufmerksamkeitsblindheit, Multitasking-Illusion sowie die Grenzen der menschlichen Reaktionszeit behandelt, sodass die Teilnehmer anhand dieser Erkenntnisse selbst eine Gefahreneinschätzung vornehmen können. Sie werden auch zu einem Perspektivenwechsel angeregt, um sich in der Opferrolle eines anderen abgelenkten Autofahrers zu sehen. Darauf aufbauend wird gemeinsam die Motivation zum richtigen Verhalten erarbeitet. Diese neuen Module wurden in den letzten Monaten des Jahres 2016 entwickelt und erprobt. Jeder Fahranfänger hat somit in Österreich die Möglichkeit die Grenzen der eigenen Aufmerksamkeitsleistung in spielerischer Form zu erleben. Die Psychologen verzichten dabei auf pädagogisch-belehrende Vorträge. Die teilnehmeraktive Arbeitsweise führt zu eigenen Entdeckungen und Aha-Erlebnissen. Zur ersten Überprüfung der erhofften einstellungsändernden Wirksamkeit dieser Intervention wurde eine Befragungsstudie Anfang 2017 abgeschlossen. Schriftlich anonym wurde die persönliche Meinung zum neuen Gesetz erfragt, wonach Probeführerscheinbesitzer bei Benützung des Handys am Steuer an einer verkehrspsychologischen Nachschulung teilnehmen müssen. 312 Fahranfänger/innen (Besitzer des Probeführerscheins) wurden vor der Teilnahme am zweistündigen verkehrspsychologischen Gruppengespräch befragt. 59% dieser Vorher-Gruppe fanden dieses neue Gesetz gut, 28% schlecht und 13% hatten keine Meinung. Weitere 302 Fahranfänger/innen (ebenfalls Probeführerschein-Besitzer) wurden nach dem zweistündigen verkehrspsychologischen Gruppengespräch mit den bewusstseinsbildenden Modulen befragt. In dieser Nachher-Gruppe fanden 76% das neue Gesetz gut, 15% schlecht und 9% hatten keine Meinung. Diese Einstellungsänderung im Vorher-Nachher-Vergleich ist statistisch hochsignifikant (Mann-Whitney-U- Test für unabhängige Stichproben, p=.000). Sie kann als Hinweis gesehen werden, wonach selbst eine kurze psychologische Intervention mit teilnehmeraktiven Modulen zu mehr Risikobewusstsein in Bezug auf die Gefahren der Ablenkung durch das Handy führt. Geschlechtsunterschiede waren nicht signifikant. Als Kontrollvariable diente eine zweite Frage: Die Verlängerung der allgemeinen Probefrist um ein Jahr. Die Meinung zur Verlängerung der Probezeit von zwei auf drei Jahre wird im verkehrspsychologischen Gruppengespräch nicht thematisiert. Es zeigte sich auch keine (statistisch signifikante) Einstellungsänderung im Vorher-Nachher-Vergleich. Bei den Probeführerscheinbesitzern befürworteten nur rund ein Drittel die Verlängerung der Probefrist (vor dem Gruppengespräch 29%, danach 36%). Für einen weiteren Vergleich wurden Autofahrer aller Altersgruppen an Tankstellen anonym mündlich befragt. 79% der Autofahrer dieser Stichprobe befürworten, dass Handynutzung am Steuer bei Fahranfängern mit Probeführerschein zur Nachschulung führt. 54% dieser Stichprobe befürworteten die Verlängerung der Probefrist. In diesem Zusammenhang ist eine Studie aus Estland interessant: Paaver et al. (2013) evaluierten den Effekt von psychologischen Seminaren zum Thema Impulsivität während der Fahrausbildung. Die durchführenden Psychologen erarbeiteten mit den Fahrschülern nicht allgemeine Einstellungen, sondern konkrete Verhaltensstrategien gegen impulsgeleitetes Verhalten. Für dieses psychologische Seminar standen nur 2 Std. zur Verfügung. Dennoch waren die Teilnehmer am psychologischen Seminar innerhalb des ersten Jahres nach der Fahrprüfung in signifikant weniger passive Unfälle sowie tendenziell weniger aktive Unfälle involviert und sie begingen signifikant weniger Geschwindigkeitsübertretungen als die Teilnehmer der Kontrollgruppe ohne psychologisches Seminar. Das zeigt einerseits, welches Potential selbst in einer Kurzintervention liegt und andererseits, dass diese Kurzintervention wohl nur dann erfolgreich ist, wenn dabei teilnehmeraktiv, standardisiert und fokussiert am Thema gearbeitet wird. Ad 3. Seit Jänner 2017 haben Radarfotos Beweiskraft, wenn der Fahrer während der Fahrt das Handy ohne Freisprecheinrichtung verwendet. Auch die Verwendung des Handys als Navigationsgerät ohne fixe Haltung ist dem Lenker während der Fahrt untersagt. 74 DVR Schriftenreihe 20

75 In Österreich darf das Handy ohne Freisprecheinrichtung an der roten Ampel und im vollständig zum Stillstand gekommenen Stau oder beim Halten verwendet werden; im Stop-and-go-Verkehr und an der Stopptafel hingegen nicht. Ad 4. Seit 7. März 2016 gibt es die drei folgenden Fragen zum Thema Ablenkung am Steuer bei der theoretischen Fahrprüfung am PC: Frage 1412: Sie fahren mit einem Kraftfahrzeug. Welche Tätigkeiten können dabei stark vom Lenken ablenken? AW 1: Telefonieren, vor allem ohne geeignete Freisprecheinrichtung (Richtig) AW 2: Schreiben von SMS (Richtig) AW 3: Lesen von SMS, s, usw. (Richtig) AW 4: Bedienen von Navigationssystemen (Richtig) Frage 3210: Sie fahren mit Ihrem LKW und Ihr Mobiltelefon läutet. Wie verhalten Sie sich? AW 1: Ich muss sofort anhalten um zu telefonieren (Falsch) AW 2: Falls ich mit Freisprecheinrichtung unterwegs bin, kann ich das Gespräch annehmen (Richtig) AW 3: Falls ich ohne Freisprecheinrichtung unterwegs bin, schreibe ich sofort eine SMS (Falsch) AW 4: Falls ich ohne Freisprecheinrichtung unterwegs bin, rufe ich erst zurück, wenn ich einen geeigneten Halteplatz gefunden habe (Richtig) Frage 3211: Welche Auswirkung kann telefonieren während der Fahrt haben? AW 1: Wenn ich mich zu sehr auf das Gespräch konzentriere, könnte es zu einem Unfall kommen (Richtig) AW 2: Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung erhöht das Unfallrisiko auf das Fünffache (Richtig) AW 3: Ich könnte durch Unaufmerksamkeit andere Verkehrsteilnehmer übersehen (Richtig) AW 4: Das Telefonieren mit Freisprechanlage lenkt mich beim Fahren keinesfalls ab (Falsch) Der Lehrplan hat sich nicht direkt geändert. Die Notwendigkeit zur Unterrichtung des Themas Ablenkung geht aus Anlage 10 a KDV (Basislehrplan für die Ersterteilung aller Klassen) Abschnitt 12 hervor: Pflichten des Lenkers, wie Pflichten vor, während und nach der Fahrt, Überprüfung des Fahrzeuges auf Verkehrs- und Betriebssicherheit, soziale und ökologische Verantwortung, zusätzliche Pflichten. Man geht davon aus, dass der Fahrschullehrer insbesondere aufgrund der neuen Prüfungsfragen Ablenkung am Steuer im Rahmen der theoretischen Fahrausbildung bespricht. Ad 5. Es wird diskutiert, in die praktische Fahrprüfung standardisierte Ablenkungsaufgaben zu integrieren. Begründung: Nur was geprüft wird, wird unterrichtet. Ablenkungsaufgaben nur im Fahrschulunterricht vorzuschreiben, wäre demnach nicht ausreichend. Ein Beispiel für eine standardisierte Ablenkungsaufgabe bei der Fahrprüfung wäre folgendes: In einer kritischen Verkehrssituation wird der Kandidat angewiesen, eine Nebentätigkeit im Auto durchzuführen, z.b. die irrtümlich eingeschaltete Heckscheibenheizung abzudrehen. Es ist selbstverständlich nicht Gegenstand der Prüfung, ob der Kandidat die angeordnete Nebentätigkeit ausführen kann, sondern ob er die richtigen Prioritäten dabei setzt. Wenn er die Nebentätigkeit gleich in der kritischen Verkehrssituation ausführt, ist es als Fehler zu werten. Wenn er zuerst die kritische Fahrsituation bewältigt und die Nebentätigkeit erst ausführt, wenn die Situation unkritisch ist, hat er richtig priorisiert. Vorher festzulegende, österreichweit einheitliche standardisierte Ablenkungsaufgaben müssen transparent, lebensnah und den Fahrlehrern bekannt sein. Dadurch müssen die Fahrlehrer diese Ablenkungsaufgaben mit den Fahrschülern üben und diskutieren. Dabei soll eine Auseinandersetzung mit der Unfallursache Nummer Eins im Straßenverkehr in die Ausbildung getragen werden. Wichtig ist die genaue Standardisierung. Ein Wort zu viel und der Sinn der Übung geht verloren. Wenn z.b. der Prüfer das Wort jetzt verwendet, ist die Ablenkungsaufgabe sinnlos. Der Kandidat soll eigenständig priorisieren. Ablenkungsaufgaben dürften nicht vom Fahrprüfer selbst kreiert werden. Gleichzeitig muss Konsens darüber hergestellt werden, welche Situationen typischerweise als kritisch und unkritisch gelten. In England befinden sich standardisierte Ablenkungsaufgaben während der Fahrprüfung laut schriftlicher Mitteilung der DVSA (Driver & Vehicle Standards Agency) bereits im Experimentalstadium. Schriftenreihe 20 DVR 75

76 Literatur Bartl, G.; Esberger, R. & Brandstätter, Ch.: Unfallbilanz nach fünf Jahren Führerschein auf Probe. Zeitschr. f. Verkehrsrecht, 42, 9, 1997 Bartl, G. & Hager, B. (2006a): Evaluation von L 17 und Fahrprüfung. Institut alles-fuehrerschein.at, Wien, Bartl, G. & Hager, B. (2006b): Unfallursachenanalyse bei PKW-Lenkern (car accident cause analysis). Institut alles-fuehrerschein.at, Wien, Carney, C., McGehee, D., Harland, K., Weiss, M. & Raby, M., (March 2015). Using Naturalistic Driving Data to Assess the Prevalence of Environmental Factors and Driver Behaviors in Teen Driver Crashes th Street, NW, Suite 201, Washington, DC 20005, AAAFoundation.org Lavie, N., Beck, D. M. & Konstantinou, N. (2014). Blinded by the load: attention, awareness and the role of perceptual load. Philosophical Transactions of the Royal Society B: Biological Sciences, 369: Paridon, H.; Hofmann, St. & Schreiber, F. (2015). Manuelle versus sprachgesteuerte Bearbeitung von SMS während einer Autofahrt: Effekte auf Leistung, Beanspruchung und physiologische Parameter. Zeitschrift für Verkehrssicherheit, 61, Nr., 1, S Rees, G., Frith, C., & Lavie, N. (1997). Modulating irrelevant motion perception by varying attentional load in an unrelated task. Science, 278 (5343), StatistikAustria, index.html Strayer, D.L.; Turill, J.; Coleman, J.R.; Ortiz, E.V. & Cooper, J.M., (2014). Measuring Cognitive Distraction in the Auotmobile II: Assessing In-Vehicle-Based Interactive Technologies th Street, NW, Suite 201, Washington, DC 20005, AAAFoundation.org Talbot, R. & Fagerlind, H., (2009). Exploring inattention and distraction in the SafetyNet accident causation database. Proceedings of the First International Conference on Driver Distraction and Inattention, September 2009, Gothenburg, Sweden. dspace-jspui/bitstream/2134/6265/1/pub576%20exploring%20inattention%20and%20distraction.pdf Maycock, G. (1995): Driver sleepiness as a factor in car and HGV accidents. TRL Report 169. Crowthorne: TRL Limited Maycock, G. (2002): Novice driver accidents and the driving test. TRL Report 527. Crowthorne: TRL Limited, p 28 Kühn, M. & Gehlert, T., (2015). Ablenkung durch Informations- und Kommunikationssysteme. Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. Wilhelmstraße 43/43G, Berlin, Paaver, M.; Eensoo, D.; Kaasik, K.; Vaht, M.; Maestu, J.; Harro, J. (2013) Preventing risky driving: A novel and efficient brief intervention focusing on acknowledgement of personal risk factors. Accident Analysis and Prevention 50, DVR Schriftenreihe 20

77 9 Das Thema Ablenkung im Rahmen der BMVI/DVR-Kampagne Runter vom Gas Carla Bormann, Deutscher Verkehrssicherheitsrat Initiatoren der Verkehrssicherheitskampagne Runter vom Gas sind das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) und der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR). Seit 2008 machen sich die beiden Institutionen gemeinsam mit dieser bundesweiten Kampagne für mehr Sicherheit auf deutschen Straßen stark. Dabei spielt die Unfallursache Ablenkung im Straßenverkehr bereits seit einigen Jahren eine zunehmende Rolle. Das Thema Ablenkung ist ein gutes Beispiel dafür, dass Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit in der Verkehrssicherheitsarbeit einen bedeutenden Stellenwert hat und haben muss. Denn, so zeigt dieses Thema, Gesetze und Verbote allein reichen oft nicht aus und stellen die Probleme nicht unbedingt ab. Warum ist das so? Schließlich weiß doch (nahezu) jeder Mensch, dass das Handy am Steuer verboten ist. Die Strafen bei Nichteinhaltung werden höher; das Handyverbot auf Tabletts usw. ausgeweitet und dennoch findet es bei vielen Verkehrsteilnehmer/innen viel zu wenig Beachtung. Psychologen sprechen in Zusammenhang mit der mobilen Kommunikation von Abhängigkeit und konditioniertem Verhalten oder gar Sucht; Soziologen beschreiben die gesellschaftlichen und sozialen Komponenten, die die digitale Kommunikation beinhaltet oder vielmehr, wie schwer es ist, sich dem Sog der ständigen Erreichbarkeit, der Echtzeit-Kommunikation und des kontinuierlichen Feedbacks zu entziehen. Das ist sicherlich ein Grund, weshalb sich der eine oder die andere auch im Straßenverkehr nicht an das Handyverbot hält. Der Blick auf das Smartphone ist längst keine bewusste Entscheidung mehr, sondern eine nahezu zwangsläufige Reaktion auf jeden Nachrichten- oder Klingelton. In Deutschland nutzt laut einer Studie der Allianz Versicherung fast jeder zweite Autofahrer das Mobiltelefon während der Fahrt (46 Prozent). Eine repräsentative Befragung im Auftrag von CosmosDirekt ergab Anfang 2016, dass ein Viertel aller befragten Personen beim Fahren auch Textnachrichten auf dem Handy schreibt. Viele auch internationale Studien, Befragungen und Verkehrsbeobachtungen belegen: Dieses Phänomen ist weltweit verbreitet und es nimmt weiter zu statt ab. Bei einer gleichbleibenden Kontrolldichte verzeichnete das Bundesland NRW 2016 einen 20-prozentigen Anstieg der Smartphone-Nutzung am Steuer gegenüber dem Vorjahr. Und neben dem Telefonieren ohne Freisprechanlage wird das Handy immer mehr auch für Selfies am Steuer, für Textnachrichten und Videos genutzt. In einer europaweiten Studie des Automobilherstellers Ford gaben 25 Prozent der befragten 18 bis 24-Jährigen zu, am Steuer Fotos von sich zu machen. Diese Fahrzeuglenker sind somit in jeder Hinsicht, nämlich gleichzeitig motorisch, visuell und mental abgelenkt und keinesfalls auf das Verkehrsgeschehen fokussiert. Härtere Strafen werden ohne die notwendige Kontrolldichte auch künftig zahnlose Tiger bleiben. Denn das ist ein weiterer Grund, warum das Verbot nicht durchgängig greift. Zu wenige Menschen werden bei ihrem Fehlverhalten erwischt bzw. zu aufwändig ist die Beweisführung durch die Polizei und die entsprechende Ahndung. So setzt die Erfahrung ein, dass das regelwidrige Verhalten oftmals straflos bleibt. Fatalerweise wird dann gleich noch etwas gelernt : es scheint zu funktionieren. Das Fehlverhalten wird also positiv verstärkt. Denn wenn nichts passiert, dann überlagert die praktische Erfahrung das Wissen um die grundsätzliche Gefährlichkeit des Tuns. Viele Menschen bilden sich dann tatsächlich ein, sie könnten ihr Auto steuern, die Verkehrssituation im Blick haben und gleichzeitig texten, lesen oder surfen. Es klappt ja, solange zufällig gerade niemand abbremst, niemand über die Straße läuft oder sonst nichts Unerwartetes passiert. In Wirklichkeit wissen wir schon, dass mangelnde Konzentration ein Risiko ist. Das gilt für jeden Bereich. Hantieren wir unkonzentriert und parallel mit mehreren Dingen, dann geht leicht etwas zu Bruch. Im Straßenverkehr kann viel Schlimmeres passieren. Die Schwierigkeit der Präventionsarbeit besteht also darin, die möglichen fatalen Folgen aufzuzeigen und eine Verhaltensänderung zu bewirken ohne den wirksamen Effekt eines Erlebnisses schwerwiegender Unfallfolgen tatsächlich Realität werden zu lassen. Schriftenreihe 20 DVR 77

78 Autobahnplakate und Fußballstadien Im Jahr 2013 griff ein Motiv der Autobahnplakate die Unfallursache Ablenkung auf und machte unter dem Titel Scheinbar schöne Welt deutlich, wie schnell eine glückliche Situation durch einen Unfall zerstört werden könnte. Eine Aktion Ablenkung kommt nicht in die Tüte wurde in Kooperation mit dem Shopping-Center-Betreiber ECE bundesweit in mehr als 40 Parkhäusern durchgeführt. Auffällige Botschaften wiesen die Besucher von Einkaufszentren von der Kasse durchs Parkhaus zum Auto bis hin zur Parkschranke auf Gefahren während der bevorstehenden Weiterfahrt hin. Mit Wortwitz animierten Poster und Aufkleber sowie Fußbodenaufkleber dazu, das Navigationsgerät bzw. die Freisprechanlage für das Handy vor Fahrtbeginn einzustellen oder das Smartphone auszuschalten. Klare Botschaft: Wer sich ablenken lässt, gefährdet sich und andere. Egal, ob man versucht, die Einkäufe am Umkippen zu hindern, den Lieblingsradiosender einzustellen oder das Navigationssystem zu programmieren schon kleine Handgriffe während der Fahrt schwächen die Aufmerksamkeit für den Straßenverkehr. Die Aktion Ablenkung kommt nicht in die Tüte fand im Oktober und November 2014 statt. Im Frühjahr 2014 warben die Motive auch bei knapp Fußball-Fans für mehr Verkehrssicherheit. Bundesligavereine wie Borussia Dortmund, Schalke 04, Borussia Mönchengladbach oder der VfB Stuttgart gaben der Verkehrssicherheitskampagne ihre Stimme im wahrsten Sinne des Wortes: Die Stadionsprecher riefen die Fans im Verlauf der Bundesligapartien dazu auf, nach Spielschluss mit angepasster Geschwindigkeit, konzentriert und nüchtern nach Hause zu fahren. Und sie sensibilisierten für das hohe Unfallrisiko auf Landstraßen. Ablenkung kommt nicht in die Tüte Innerstädtische Plakatierung und Hörfunkkooperationen Wer abgelenkt ist, bekommt das Wesentliche nicht mit. Mit dem Ziel, diese Einsicht bei Fußgängern, Radfahrern und Pkw-Fahrern gleichermaßen zu stärken, startete Runter vom Gas mit drei Motiven zwischen dem 31. Juli und 10. August 2015 eine Plakataktion in 40 Großstädten. Die Plakate sollten Aufmerksamkeit wecken und ein Problembewusstsein schaffen, um das Verhalten der Verkehrsteilnehmer in sicherheitsförderlicher Weise zu beeinflussen. Dass Plakate allein schwerlich eine nachhaltige und langfristige Verhaltensänderung auslösen, war den Initiatoren BMVI und DVR dabei durchaus bewusst. Dennoch ist es in der Aufklärungsarbeit auch wichtig, immer wieder ein sozial erwünschtes Verhalten zu kommunizieren und damit Verkehrssünder auszugrenzen. 78 DVR Schriftenreihe 20

79 Dorothee Bär, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesverkehrsminister, betonte anlässlich der Plakatierung: Aufmerksamkeit im Straßenverkehr verträgt keine Pause. Ein einziger Moment der Ablenkung kann katastrophale Folgen haben. Dank der Unterstützung des Außenwerbers Ströer Medien wurden die Motive im Oktober 2015 noch einmal bundesweit in weiteren rund 240 Städten mit bis Einwohnern gehängt. Studien zufolge wird jeder zehnte Verkehrsunfall maßgeblich durch abgelenktes Verhalten der Autofahrer verursacht. Bei rund einem Drittel der Unfälle spielt Unaufmerksamkeit eine Rolle., erläuterte Dr. Walter Eichendorf, Präsident des DVR, die Bedeutung des Themas. Jemand, der oder die im Gehen SMS schreibe, ignoriere mit viermal so hoher Wahrscheinlichkeit rote Ampeln, so das Ergebnis von Verkehrsbeobachtungen. Die Hörfunkspots Beste Freunde Parallel zu den Plakatierungen wurden im Musik-Streaming-Dienst Spotify drei Audiospots ausgestrahlt, um junge Pkw- und Radfahrer/innen sowie Fußgänger/innen möglichst gezielt im Unterwegs-Bereich anzusprechen. Die Resonanz auf die Spots war sehr positiv. Spot für Pkw-Fahrer/innen (Mann, erzählerisch:) Wir cruisen mal wieder durch die Stadt. Wo du bist, bin auch ich. Wir können stundenlang über alles reden oder uns stille Botschaften schicken. Alle sagen, wir sind unzertrennlich doch das wird sich jetzt ändern (Soundeffekt: Unfallgeräusche.). Mach s gut. Dein Handy. (Sprecher:) Wer beim Autofahren telefoniert, nimmt weniger wahr. Also: Lass dich im Straßenverkehr nicht ablenken! Mehr Infos auf Spot für Fahrradfahrer/innen (Mann, erzählerisch:) Wir kennen uns schon lange eine gefühlte Ewigkeit. Wir haben zusammen geweint, gelacht, die Nächte durchgetanzt. Ich hab für dich gespielt, was du wolltest, und war immer für dich da bis jetzt (Soundeffekt: Unfallgeräusche.). Es tut mir leid. Dein Kopfhörer. (Sprecher:) Wer beim Fahrradfahren Musik hört, nimmt weniger wahr. Also: Lass dich im Straßenverkehr nicht ablenken! Mehr Infos auf Spot für Fußgänger/innen (Frau, erzählerisch:) Wir ziehen wieder gemeinsam um die Häuser. Du hältst mich ganz fest und kannst den Blick nicht von mir lassen. Als ob du nicht wolltest, dass ich dich verlasse. Doch den nächsten Schritt musst du ohne mich gehen (Soundeffekt: Unfallgeräusche.). Sorry. Dein Smartphone. (Sprecher:) Wer beim Gehen chattet, nimmt weniger wahr. Also: Lass dich im Straßenverkehr nicht ablenken! Mehr Infos auf Schriftenreihe 20 DVR 79

80 Gemeinsame Initiative mit den Bundesländern gegen Ablenkung im Straßenverkehr Im Herbst 2015 unterstützte die Präventionskampagne in den Bundesländern gemeinsam mit Landesregierungen, Polizeien, Verkehrswachten und weiteren Partnern zwanzig Veranstaltungen gegen Ablenkung im Straßenverkehr. In Zusammenarbeit mit insgesamt 14 Bundesländern erreichte die Verkehrssicherheitskampagne Auto-, Motorrad-, Fahrradfahrer/innen und Fußgänger/ innen. Der Auftakt der insgesamt 20 gemeinsamen Veranstaltungen fand am 10. September 2015 in Bremen statt. Es folgten Veranstaltungen in Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Schleswig-Holstein, Thüringen und dem Saarland. Ein überdimensionales Handy und ein 14-Meter-Straßenteppich bildeten die zentralen Elemente der Aktionstage und diese werden seit Herbst 2015 bis heute fortlaufend bei zahlreichen Veranstaltungen bundesweit eingesetzt. Auf dem Handy-Display verdeutlicht ein fiktiver Chatverlauf mit einem Unfall-Ende, wie gefährlich es ist, sich nicht auf den Verkehr zu konzentrieren. Der 14 Meter lange Straßenteppich inklusive Passanten-Aufstellern symbolisiert eindrucksvoll den Blindflug, den ein Pkw bei 50 km/h bereits in einer einzigen Sekunde Ablenkung zurücklegt. Aktionsmaterialien wie Handyhüllen und Informationsbroschüren runden das Aufklärungs- und Dialogangebot ab. Wettbewerb Mythos Multitasking mit Kinospot Mit vielen Partnern verbündete sich die Kampagne auch 2016 gegen Ablenkung im Straßenverkehr. Am 18. Juli startete in Kooperation mit dem Kinobetreiber CineStar und dem Automobil-Club Verkehr (ACV) der Foto-/Videowettbewerb Mythos Multitasking. Bis zum 30. September konnten Beiträge unter mythosmultitasking.runtervomgas.de eingereicht werden. So sollten vor allem junge und internetaffine Verkehrsteilnehmer/innen dazu animiert werden, sich mit dem Thema Ablenkung im Straßenverkehr auseinanderzusetzen. Der Wettbewerb wurde über Gastronomie-Postkarten und an Filmhochschulen ausgeschrieben. Die Teilnehmer zeigten auf kreative Weise, dass Multitasking ein Mythos ist und insbesondere Smartphones im Straßenverkehr nichts zu suchen haben ganz gleich, wie man im Straßenverkehr unterwegs ist: zu Fuß, per Rad oder mit einem Kraftfahr- 80 DVR Schriftenreihe 20

81 zeug. Im Internet konnte über die Einreichungen abgestimmt werden. Aus den besten Beiträgen ermittelte dann eine Experten-Jury die Gewinner. Rund sechzig Bild- und Filmbeiträge zeigten auf spannende, unterhaltsame und bewegende Weise, wie schwierig und gefährlich es ist, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun. Die Runter vom Gas -Jury, bestehend aus Staatssekretärin Dorothee Bär, DVR-Präsident Dr. Walter Eichendorf und Schauspieler Raúl Richter, prämierte die Gewinner am 23. November vor rund 200 geladenen Gästen im Berliner CineStar-Kino am Potsdamer Platz. Die Gewinner erhielten Sachpreise und gewannen auch die Reise zur Preisverleihung nach Berlin. Die Wissenschafts-Slammerin Mai-Thi Nguyen-Kim und Poetry-Slammer Julian Heun beleuchteten das Thema Ablenkung auf unterhaltsame Weise. Geschwindigkeit und Sichtbarkeit durch, die für mehr Verkehrssicherheit und Verantwortung sensibilisieren sollten. Auch die 14 Meter langen Straßenteppiche und die überdimensionalen Handys wurden dabei weiterhin eingesetzt, Aufklärungsspots gezeigt und neue Broschüren und Aktionsmittel zu den Themen verteilt. Fast alle Bundesländer führten darüber hinaus selbstständig kontinuierliche Veranstaltungen und Aktionen mit den aktuellen Runter vom Gas -Materialien durch. In 2016 wurden neben den gemeinsamen und durch Promoter unterstützten vierzig Veranstaltungen jeweils weitere rund 100 Veranstaltungen mit dem Aktionstool Teppich und 100 mit dem Handy durch die Kooperationspartner umgesetzt. Aus ausgewählten Fotos und Videosequenzen wurde ein Kinospot zusammengestellt, der ab Ende November 2016 bis Januar 2017 deutschlandweit in CineStar-Kinos ausgestrahlt wurde. Roadshow Lass dich nicht APPlenken Darüber hinaus machte die Kampagne gemeinsam mit dem Auto- und Reiseclub Deutschland (ARCD) auf die gefährliche Unfallursache Ablenkung aufmerksam. Seit Juni 2016 tourte die bundesweite ARCD-Roadshow Lass dich nicht APPlenken! mit einem Fahrsimulator und gestaltete zusammen mit Runter vom Gas erlebbare Präventionsarbeit. Brücken-und Event-Banner Bundesweite Veranstaltungen, Aktionen und Materialien für Verkehrsteilnehmer In Kooperation mit den Bundesländern führte Runter vom Gas 2016 rund vierzig gemeinsame Presse- und Publikumsveranstaltungen zu den Themen Ablenkung, Finger vom Handy. Augen auf die Straße. Finger vom Handy. Augen auf die Straße. runter-vom-gas.de runter-vom-gas.de Finger vom Handy. Augen auf die Straße. Poster runter-vom-gas.de Schriftenreihe 20 DVR 81

82 Interaktive Aufklärung mit Multimediasäulen Für das Jahr 2017 sind mit den Bundesländern zahlreiche Veranstaltungen geplant, die das Thema Ablenkung am Steuer noch personalisierter und interaktiver erlebbar machen sollen. Dazu erhielten die Landesministerien Multimedia-Säulen sowie geschulte Promoter, die unter dem Motto Fahr nicht blind. Augen auf die Straße! eine dialogorientierte Spielsituation mit interessierten Besucherinnen und Besuchern von Infoständen umsetzen. Die Verkehrsteilnehmer/innen werden animiert, vorgegebene Texte in ihr Handy zu tippen und bekommen dann unmittelbar eine Auswertung über die Dauer der Ablenkung und eine entsprechende Umrechnung der Blindflug-Strecke bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten. So soll praktisch vermittelt werden, dass jeder noch so kurze Text die Aufmerksamkeit gefährlich (lange) beeinträchtigt. Mittels umfangreicher Aktionssets können die Verkehrsexperten vor Ort diese Präventionsmaßnahme auch in Eigenregie umsetzen. Auch neue Poster, Broschüren, Aktionsmaterialien und Hintergrundinformationen wurden zum Thema erarbeitet. Zu den Themen Ablenkung, Geschwindigkeit und Innerortssicherheit werden ab Sommer 2017 bis Ende des Jahres mindestens 165 unterstützte Veranstaltungen in den Ländern stattfinden. Spot für Kino und viralen Einsatz Ein Video Streiflichter, das zeigt wie schnell die heile Welt durch mangelnde Konzentration im Straßenverkehr zerstört werden kann spricht durch einen kleinen Jungen als Hauptdarsteller besonders die Emotionen an. Dieser Spot wird im Spätsommer 2017 im Kino geschaltet bzw. TV-Sendern als probono-aufklärungsspot angeboten und zielgruppenspezifisch über soziale Netzwerke im Internet verbreitet. Eine umfangreiche Presse-/ Medienarbeit möglichst mit prominenten Fürsprechern wird der Botschaft Augen auf die Straße. Finger vom Handy. zusätzlich die notwendige Aufmerksamkeit im Internet, in Printmedien, TV und Hörfunk verschaffen. Aktuelle Infos unter: und Eine Sekunde Ablenkung 50 KM/H = 14 METER BLINDFLUG Broschüren Aktionsmaterial 82 DVR Schriftenreihe 20

83 Zusammenfassung und Fazit 10 Wird Ablenkung gewünscht? Prof. Dr. Bernhard Schlag Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat und ähnlich der 55. Deutsche Verkehrsgerichtstag haben wiederholt eine Intensivierung präventiver und repressiver Maßnahmen gegen Ablenkung während der Verkehrsteilnahme gefordert. Maßnahmen in den Bereichen aller vier E sollen entwickelt und umgesetzt werden: Edukation (v.a. Fahrausbildung und umfassende mediale Unterstützung), Enforcement (Novellierung des 23 Absatz 1a StVO und intensivierte Überwachung), Engineering (z.b. technische Lösungen, die eine Nutzung von Smartphones durch den Fahrenden während der Fahrt unterbinden) und Economy. Ein solches Maßnahmenkonzert verspricht die erhoffte Wirkung wenn nicht die Motivation für Nebentätigkeiten während der Fahrt übermächtig ist. Warum begeben sich die Fahrenden also immer wieder in solch eine große Gefahr? Warum ist es uns bisher nicht gelungen, Multitasking am Steuer gesellschaftlich zu ächten, ähnlich wie Alkohol am Steuer? Wie kann also der Silent Killer Ablenkung am Steuer wirksam verringert werden? Das vorliegende Heft 20 der DVR-Schriftenreihe beschreibt das Problem und zeigt geeignete Lösungsansätze auf. Je nach Art der Nebentätigkeiten zeigten sich zunächst äußerst unterschiedliche Fehlerhäufigkeiten (Vollrath). Am gefährlichsten ist der primär visuellen Kontrolle des Fahrens entsprechend eine zusätzliche visuelle Beanspruchung (Texting, Gerätebedienung mit visueller Kontrolle) während der Fahrt, mit einem um bis zum 12-fachen erhöhten Risiko beim Wählen einer Telefonnummer mit dem Handy oder beim Schreiben oder Lesen eines Textes auf dem Tablet. Aber auch das vom Gesetzgeber angenommene niedrige Risiko des hands-free Telefonierens ist spätestens bei kritischer Situationsentwicklung eine Illusion. Der hier bevorzugte Kompromiss zwischen dem Verbot motorisch-operativer Ablenkung und fortbestehender Erlaubnis der kognitiv-perzeptuellen Ablenkung ist auf Dauer nicht tragfähig. Die mit Abwendung verbundenen Probleme werden sich bei zukünftigen hochautomatisierten Fahrzeugen noch verschärfen, solange denn vom menschlichen Fahrer noch irgendeine Übernahmebereitschaft während der Fahrt gefordert werden muss: Er darf sich im Regelfall systematisch von der Fahrtätigkeit abwenden, muss diese jedoch im unerwarteten Problemfall exakt und schnell übernehmen. Ein Dilemma, das schon Wilhelm Busch beschrieben hat: Stets findet Überraschung statt, da, wo man s nicht erwartet hat. Empirisch bestätigt wird dies durch die Studie von Pilgerstorfer und Boets. Gerade das Lesen und Schreiben von Textnachrichten, stärker noch als das Telefonieren, beeinträchtigt das Blickverhalten, das Spurhalten und die Reaktionszeiten und führt darüber zu erhöhter Unfallgefahr, auch wenn die Geschwindigkeit reduziert wird. Wie die Fahrtätigkeit aussieht, warum wir uns ablenken lassen und welche Arten von Fehlern auf unterschiedlichen Handlungsebenen passieren, stellen Brachwitz u.a. differenziert dar. Sie leiten über zur Prävention vor allem durch Fahrerassistenzsysteme, die allerdings in absehbarer Zeit den Menschen nicht aus seiner Pflicht zur aufmerksamen Fahrzeugführung entlassen werden. Aus rechtlicher Sicht ist klar, dass sich alle Menschen, die am Straßenverkehr teilnehmen, auf ihre sichere Fortbewegung konzentrieren müssen: Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht ( 1 StVO (1)). Dennoch sind Ablenkungen im Straßenverkehr eine häufige und vermutlich zunehmende Unfallursache. Umso mehr überrascht es, dass diese Ursache im amtlichen Unfallursachenverzeichnis nicht gesondert ausgewiesen wird. Derzeit existieren im deutschen Verkehrsrecht keine auf die Unfallursache und das Fehlverhalten der Ablenkung speziell zugeschnittenen Rechtsvorschriften. Müller fordert dies wohlbegründet ein, auch um gezielter Prä- Schriftenreihe 20 DVR 83

84 vention und polizeilicher Überwachung eine klarere rechtliche Grundlage zu geben. Bengler erläutert, dass es beim Multitasking weniger um die Gleichzeitigkeit verschiedener Aufgabenerledigungen geht, sondern um ein sehr schnelles Umschalten zwischen Aufgaben. Bei solchen Aufgabenwechseln ist deren Priorisierung gezielt zu unterstützen. Trotz vielfältiger Verbesserungen der Usability konkurrieren fahrfremde Nebentätigkeiten allerdings oft kritisch mit der Fahraufgabe, vor allem wenn sie auf die gleichen Ressourcen zurückgreifen. Bengler stellt hier zur Unterstützung der Selbstregulation des Fahrers vor allem auf die sichere ergonomische Gestaltung der Fahrzeugsysteme und der Mensch-Maschine-Schnittstelle ab. Kann durch die Gestaltung des Verkehrsraumes die Aufmerksamkeit und Wahrnehmungsbereitschaft gezielt auf sicherheitsrelevante Aspekte gelenkt und Ablenkung vermieden werden? Bergerbusch u.a. erläutern anhand einer Vielzahl praktischer Beispiele psychophysische Human Factors, die gezielt sowohl zur Lenkung hin zu erwünschtem wie zur Hemmung unerwünschten Verhaltens im Straßenverkehr eingesetzt werden können. Hierin liegt für die zukünftige Gestaltung des Verkehrsraums ein erhebliches Sicherheitspotenzial, zu dem Schlag u.a. (2017) in einem aktuellen BASt-Bericht in Zusammenarbeit mit der Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) einen Überblick geben. Während verhältnispräventive Maßnahmen auf Verbesserungen des Fahrzeugs oder des Verkehrsraums abzielen, versuchen verhaltenspräventive Maßnahmen unmittelbar das menschliche Verhalten sicherer zu gestalten. Der verbreiteten Fehleinschätzung der Bedeutung von Ablenkungen beim Fahren muss nicht zuletzt mit edukativer Prävention begegnet werden. Dies beginnt in der Fahrausbildung, in der bisher entsprechende Module fehlen. Schulte schlägt konkrete Ablenkungsaufgaben in der Fahrausbildung vor, wie sie z.b. bereits im freiwilligen DVR-Fortbildungsseminar für Fahranfänger erprobt sind. Wie immer, lohnt sich ein Blick auf die Erfahrungen in anderen Ländern. So sind im rechtlichen und im edukativen Bereich einige Maßnahmen aus Österreich auch in Deutschland bedenkenswert. Bartl berichtet über diese Erfahrungen, mit denen der in Österreich statistisch erfassten Unfallursache Nummer 1 Unaufmerksamkeit/ Ablenkung wirksam entgegengewirkt werden soll. So werden Aufmerksamkeitsblindheit und die Multitasking-Illusion in Österreich in der 2. Ausbildungsphase behandelt. Das Thema Ablenkung war in den letzten Jahren ein wesentlicher Inhalt der BMVI/DVR-Kampagne Runter vom Gas. Dabei wird neben Informationen auf emotionale Ansprache gesetzt, die die Umsetzung in alltägliches Verhalten erleichtert. Um eine möglichst große Reichweite zu erhalten, wird gemeinsam mit den Bundesländern eine Vielfalt verfügbarer Kanäle von Autobahnplakaten über Hörfunkspots, Videos, Aufklebern, Wettbewerben, roadshows bis hin zu social media genutzt (Bormann). Warum bleibt der Kampf gegen Ablenkungen bei der aktiven Teilnahme am Straßenverkehr trotz dieser vielfältigen Bemühungen eine schwierige Aufgabe? Einen Hinweis gibt die psychologische Unterscheidung zwischen Ablenkung und Abwendung. Ablenkung ist durch äußere Reize ( bottom-up ) induziert: den eingehenden Telefonanruf, , Twitter oder what s app-nachricht, durch Werbung Daran denken wir zunächst, wenn es um Ablenkung geht. Hier gilt: dies muss auffallen, in unsere Wahrnehmung eindringen, sich Platz bei uns verschaffen. Lautes, Buntes, Bewegtes hat dabei Vorteile. Wichtiges nicht unbedingt, vor allem dann nicht, wenn es schwerer zu entdecken ist und sich nicht vordrängt. Unsere Aufmerksamkeit ist dabei in ihrem Umfang und der Zeitspanne begrenzt. Sie ist eine umkämpfte Ressource, die nur begrenzt verfügbar ist, eine Währung, die gehandelt wird wie Gold. An ihr wird von allen Seiten gezogen: immer mehr, immer schneller, alles zugleich. Wir sollten geiziger werden mit unserer Aufmerksamkeit und sie für die wirklich wichtigen Dinge reservieren. Das jedoch fällt schwer. Schon 8-jährige Kinder im Grundschulalter beherrschen korrektes Verhalten in den meisten Verkehrssituationen solange sie sich in ihrer Rolle als Verkehrsteilnehmerin bzw. Verkehrsteilnehmer sehen (Situationsbewusstsein) und nicht Anderes ihre Aufmerksamkeit beansprucht. Dann jedoch gelingt ihnen auch ein ansonsten gut geübtes, verkehrssicheres Verhalten nicht mehr. Sie können in dieser Situation den ablenkenden Verhaltensimpuls nur schwerlich unterdrücken (mangelnde Inhibitionskontrolle), das Verkehrsfremde gewinnt die Überhand über Wahrnehmung, Kognition und Motorik. Abwendung hingegen kommt von innen, sie ist topdown gelenkt. Wir wollen unsere Aufmerksamkeit 84 DVR Schriftenreihe 20

85 bestimmten Dingen zuwenden. Was ist uns im Moment das Wichtigste? Natürlich die Fahraufgabe wirklich? Oder s checken, Freund oder Freundin anrufen, das Navi einstellen? Da die Fahraufgabe leicht erscheint, scheint Platz für Anderes zu sein, das uns wichtig ist. Wir glauben an unsere Fähigkeit zum Multitasking. Und da die Fahrtätigkeit in ihren motorischen Anteilen teilweise automatisiert abläuft, ist tatsächlich eine verführerische Voraussetzung gegeben, gleichzeitig Anderes zu tun. Wir können beim Fahren mit anderen in Kontakt bleiben, dabei sein, mitmachen und soziale Anerkennung finden. Darauf zu verzichten, sich aus dem fortlaufenden Austausch herauszunehmen und auf soziale Aufmerksamkeit zu verzichten, erscheint als ein nicht zumutbarer Verzicht, ein Verlust an Lebensintensität. Denn Aufmerksamkeit ist die unwiderstehlichste aller Drogen (Georg Frank: Ökonomie der Aufmerksamkeit, 1998). Man kämpft darum, sie zu bekommen, und wenn man sie erhält, möchte man sie immer wieder haben und immer mehr davon. Dies gilt heute nicht mehr nur für Künstler, Schauspieler oder Musiker. Vielfältige Formen der Selbstinszenierung sind breit verfügbar geworden und sie fordern permanente Beachtung. Wir wollen wichtig und immer dabei sein, jederzeit frei sein und uns nicht nur auf Eines festlegen müssen. Etwas vorauszuplanen, frühzeitig zu entscheiden, lässt uns möglicherweise bessere Alternativen versäumen. Ökonomen sprechen von Opportunitätskosten. Die umfassende und jederzeitige Einbindung in soziale Netzwerke wird als Gewinn empfunden, sie erschließt neue Möglichkeiten, denen auf der anderen Seite nur sehr unscharf empfundene Risiken aus einer eventuell verringerten Verkehrssicherheit gegenüberstehen. Mit der umfassenden und mobilen Verfügbarkeit von sozialen Medien steigt jedoch auch die empfundene Verpflichtung, immer mitzumachen bei Strafe eines Verlusts an sozialer Bedeutung, an sozialer Identität. Diese Gefahr gilt es zu vermeiden die Kontrolle der Gefahren aus einer nur beiläufigen Überwachung des Verkehrsgeschehens scheint ja nebenher zu gelingen. Zusätzlich zur Stärkung der Beachtung der Fahraufgabe durch eine breite Palette von Verkehrssicherheitsmaßnahmen sollten wir den so erwünschten Nebentätigkeiten ihre vermeintlich großen Gewinne während der Teilnahme am Straßenverkehr und damit ihren Verstärkungswert nehmen. Schriftenreihe 20 DVR 85

Wovon lassen sich Menschen im Straßenverkehr ablenken? Prof. Dr. Mark Vollrath

Wovon lassen sich Menschen im Straßenverkehr ablenken? Prof. Dr. Mark Vollrath Wovon lassen sich Menschen im Straßenverkehr ablenken? Prof. Dr. Mark Vollrath Wovon lassen sich Menschen im Straßenverkehr ablenken? und ist das eigentlich schlimm? Rasantes Wachstum Statistisches Bundesamt,

Mehr

Ablenkung als Unfallursache Kommunikationstechnologien Prof. Dr. Mark Vollrath

Ablenkung als Unfallursache Kommunikationstechnologien Prof. Dr. Mark Vollrath Ablenkung als Unfallursache Kommunikationstechnologien Prof. Dr. Mark Vollrath Rasantes Wachstum Handyverfügbarkeit Statistisches Bundesamt, 2013 Im Jahr 2000: 30% der deutschen Haushalte haben mindestens

Mehr

aus Sicht der Psychologie Prof. Dr. Mark Vollrath, TU Braunschweig

aus Sicht der Psychologie Prof. Dr. Mark Vollrath, TU Braunschweig aus Sicht der Psychologie Prof. Dr. Mark Vollrath, TU Braunschweig Das Deutsche Roadside Survey Krüger & Vollrath (2004) 1992-1994 PKW PKW PKW Polizeibeamter Die Befragungssituation Feldkoordinator PKW

Mehr

Ablenkung im Straßenverkehr Erkenntnisse aus KFV-Projekten

Ablenkung im Straßenverkehr Erkenntnisse aus KFV-Projekten Ablenkung im Straßenverkehr Erkenntnisse aus KFV-Projekten Fahrschultagung 2015 DI Christian Kräutler Schladming, 08.10.2015 3 4 5 Zusammenfassung Befragung Von 100 Lenkern Telefonier-Verhalten im Auto

Mehr

Ablenkung im Straßenverkehr auch eine Gefahr für Radfahrer und Fußgänger

Ablenkung im Straßenverkehr auch eine Gefahr für Radfahrer und Fußgänger Pressemitteilung Ablenkung im Straßenverkehr auch eine Gefahr für Radfahrer und Fußgänger Ablenkung im Straßenverkehr speziell durch Mobiltelefone kann lebensgefährlich sein. Dennoch wird die Gefahr von

Mehr

Warum ist Autofahren so langweilig, dass man ständig auf das Handy schaut? Prof. Dr. Mark Vollrath

Warum ist Autofahren so langweilig, dass man ständig auf das Handy schaut? Prof. Dr. Mark Vollrath Warum ist Autofahren so langweilig, dass man ständig auf das Handy schaut? Prof. Dr. Mark Vollrath Rasantes Wachstum Statistisches Bundesamt, 2013 Im Jahr 2000: 30% der deutschen Haushalte haben mindestens

Mehr

Eine Sekunde Ablenkung 50 KM/H = 14 METER BLINDFLUG

Eine Sekunde Ablenkung 50 KM/H = 14 METER BLINDFLUG Eine Sekunde Ablenkung 50 KM/H = 14 METER BLINDFLUG AUFMERKSAMKEIT IM STRASSENVERKEHR VERTRÄGT KEINE PAUSE, DENN ABLENKUNG KANN TÖDLICH SEIN Ein schneller Blick auf das Handy, kurz das Navigationsgerät

Mehr

AXAcrashtests DÜBENDORF 2016

AXAcrashtests DÜBENDORF 2016 Seite 1/14 Daten und Fakten Die Risiken von Handys im Strassenverkehr Inhalt 1. Statistische Unfallzahlen... 2 1.1 Die vier häufigsten Unfallursachen im Verlauf der Zeit... 2 1.2 Von Fussgängern verursachte

Mehr

Hier ist gerade nichts los also schnell eine SMS!

Hier ist gerade nichts los also schnell eine SMS! Hier ist gerade nichts los also schnell eine SMS! Ablenkung und ihre Auswirkungen auf das Fahren Prof. Dr. Mark Vollrath, Verkehrspsychologie Die Theorie der Mensch braucht Stress! hoch Leistung Hohe Leistung

Mehr

Verkehrsunfallstatistik 2015 Kreispolizeibehörde Unna Pressekonferenz am

Verkehrsunfallstatistik 2015 Kreispolizeibehörde Unna Pressekonferenz am Verkehrsunfallstatistik 2015 Kreispolizeibehörde Unna Pressekonferenz am 15.02.2016 Grundaussagen zur Verkehrsunfallentwicklung 2015 Gesamtunfallzahl um 1013 gestiegen (2014: 7832 / 2015: 8845) Anzahl

Mehr

Nutzung von Smartphones bzw. Mobiltelefonen im Straßenverkehr

Nutzung von Smartphones bzw. Mobiltelefonen im Straßenverkehr Nutzung von Smartphones bzw. Mobiltelefonen im Straßenverkehr 11. August 2016 n6421/33538 Le forsa Politik- und Sozialforschung GmbH Büro Berlin Schreiberhauer Straße 30 10317 Berlin Telefon: (0 30) 6

Mehr

10. LIEBER NICHT ZU ERREICHEN, ALS NICHT ZU RETTEN MERKSAMKEIT D VOLLE DE ANS LENKRAD OKORREKTUR: WER SCHREIBT, VERLIERT. ZURÜCK.

10. LIEBER NICHT ZU ERREICHEN, ALS NICHT ZU RETTEN MERKSAMKEIT D VOLLE DE ANS LENKRAD OKORREKTUR: WER SCHREIBT, VERLIERT. ZURÜCK. WENN ICH FAHRE LIEBER NICHT ZU ERREICHEN, ALS NICHT ZU RETTEN WER SCHREIBT, VERLIERT. Nur schnell aufs Handy schauen oder eine Nachricht beantworten. Kurz das Navi einstellen oder etwas aus dem Handschuhfach

Mehr

Zentrales Behörden-Seminar November 2016 Stefanie Ritter, DEKRA Unfallforschung. Smombies im Strassenverkehr

Zentrales Behörden-Seminar November 2016 Stefanie Ritter, DEKRA Unfallforschung. Smombies im Strassenverkehr Zentrales Behörden-Seminar November 2016 Stefanie Ritter, DEKRA Unfallforschung Smombies im Strassenverkehr Quelle Foto: Seite 1 DVR Agenda Was ist Ablenkung? Was bedeutet Ablenkung im Straßenverkehr?

Mehr

Unfallursachen Ablenkung: Was wissen wir?

Unfallursachen Ablenkung: Was wissen wir? Unfallursachen Ablenkung: Was wissen wir? Dr. Anja Katharina Huemer & Prof. Dr. Mark Vollrath Verkehrspsychologie Technische Universität Braunschweig Überblick Wie häufig ist Ablenkung Unfallursache? Unfallstatistiken,

Mehr

Verkehrsunfallbilanz 2018

Verkehrsunfallbilanz 2018 Verkehrsunfallbilanz 2018 Verkehrsunfälle insgesamt Gesamtzahl Verkehrsunfälle im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums München (Stadt und Landkreis): 54.558 (2017: 53.229). Entspricht einem Anstieg

Mehr

Car Interaction Safety-Workshop. Status Quo: Rechtliche Rahmenbedingungen StVO, KFG. Dr. Wilhelm Kast. bmvit, Abt. IV/ST1

Car Interaction Safety-Workshop. Status Quo: Rechtliche Rahmenbedingungen StVO, KFG. Dr. Wilhelm Kast. bmvit, Abt. IV/ST1 1 Car Interaction Safety-Workshop bmvit, Abt. IV/ST1 2 - erforderliche Aufmerksamkeit - Ablenkung - Ablenkungsmöglichkeiten vielfältig von außen; Umgebung: zb Natur, Landschaft, Werbung, von innen -- ablenkende

Mehr

I N F O R M A T I O N

I N F O R M A T I O N I N F O R M A T I O N zur Pressekonferenz mit Landesrat Mag. Günther Steinkellner am Dienstag, 15. November 2016, 11:00 Uhr im OÖ. Presseclub, Saal D, Landstraße 31, Linz zum Thema `ABLENKUNG - neue Haupt-Unfallursache

Mehr

Verkehrsunfall-Ursache. Nummer Eins: Ablenkung

Verkehrsunfall-Ursache. Nummer Eins: Ablenkung Verkehrsunfall-Ursache How to deal in the future with Nummer Eins: Ablenkung accident cause number one: Internationaler Stand der Wissenschaft und Inattention Lösungsansätze Gregor BARTL, Wien www.alles-fuehrerschein.at

Mehr

Ablenkung im Straßenverkehr Nach wie vor eine unterschätzte Gefahr VERKEHRSUNFALLSTATISTIK

Ablenkung im Straßenverkehr Nach wie vor eine unterschätzte Gefahr VERKEHRSUNFALLSTATISTIK Ablenkung im Straßenverkehr Nach wie vor eine unterschätzte Gefahr VERKEHRSUNFALLSTATISTIK 2017 Für das Unfallgeschehen im Jahr 2017 zieht das Polizeipräsidium eine gemischte Bilanz. Mit 28.216 Verkehrsunfällen

Mehr

Ablenkung im Straßenverkehr - eine europäische Perspektive

Ablenkung im Straßenverkehr - eine europäische Perspektive Ablenkung im Straßenverkehr - eine europäische Perspektive Jacqueline Lacroix Deutscher Verkehrssicherheitsrat Bonn Referatsleiterin Europa und Verkehrsmedizin Gewerkschaft der Polizei NRW Folie 1 Was

Mehr

Stundenbild Abgelenkt? Teil 2

Stundenbild Abgelenkt? Teil 2 Stundenbild Abgelenkt? Teil 2 Thema Methode Setting Unterrichtsmaterial Fächer Beeinflussung von Konzentration und Aufmerksamkeit, Multitasking Paarübung, Austausch in der Gruppe Turnsaal Schulstufe 7.

Mehr

Assistenzsysteme für ältere Fahrer? Prof. Dr. Mark Vollrath, 18.April 2013

Assistenzsysteme für ältere Fahrer? Prof. Dr. Mark Vollrath, 18.April 2013 Assistenzsysteme für ältere Fahrer? Prof. Dr. Mark Vollrath, 18.April 2013 Sind Assistenzsysteme etwas für Ältere Fahrer? Welche Assistenzsysteme brauchen Ältere? Wie fahren Ältere? Entlastung, Unterstützung

Mehr

DVR-Kolloquium. Ablenkung im Straßenverkehr Probleme und Lösungen. Montag, 7. Dezember 2015 im Derag Livinghotel Kanzler, Bonn

DVR-Kolloquium. Ablenkung im Straßenverkehr Probleme und Lösungen. Montag, 7. Dezember 2015 im Derag Livinghotel Kanzler, Bonn DVR-Kolloquium Neue Adresse: Bahnhofstraße 4 Ablenkung im Straßenverkehr Probleme und Lösungen Montag, 7. Dezember 2015 im Derag Livinghotel Kanzler, Bonn Alles im grünen Bereich. Ablenkung als Ursache

Mehr

SVI-Forschungsarbeit 2010/001: Reklame im Strassenraum

SVI-Forschungsarbeit 2010/001: Reklame im Strassenraum SVI-Forschungsarbeit 2010/001: Reklame im Strassenraum SVI-Fachtagung Forschung 24. September 2015 / Grobplanung / scians / Roland Beer Inhalt 1. Ausgangssituation und Auftrag 2. Methodik 3. Literaturrecherche

Mehr

ablenkungen Les distractions BIZART

ablenkungen Les distractions BIZART 3 ablenkungen Les distractions Telefonieren Le téléphone am au Steuer volant R Le système Navigationssystem de navigation R Februar 2012 BIZART Telefonieren am Steuer Wer beide Hände am Steuer hat, fährt

Mehr

Mensch und automatisches Fahrzeug eine neue Beziehung? Prof. Dr. Mark Vollrath

Mensch und automatisches Fahrzeug eine neue Beziehung? Prof. Dr. Mark Vollrath Mensch und automatisches Fahrzeug eine neue Beziehung? Prof. Dr. Mark Vollrath Was ist überhaupt automatisches Fahren? Vision 1956 Quelle: VDA 21. November 2018 Prof. Dr. Mark Vollrath Mensch und Automation

Mehr

VERKEHRS- RECHT ZVR. Zeitschrift für. Verordnungen im Straßenverkehr

VERKEHRS- RECHT ZVR. Zeitschrift für. Verordnungen im Straßenverkehr www.manz.at/zvr Zeitschrift für VERKEHRS- RECHT ZVR Redaktion Karl-Heinz Danzl, Christian Huber, Beiträge 06 Georg Kathrein, Gerhard Pürstl Juni 2016 181 216 Verordnungen im Straßenverkehr Veronika Krysl

Mehr

Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Bundesautobahnen

Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Bundesautobahnen Gewerkschaft der Polizei LB NRW Postfach 12 05 07 40605 Düsseldorf Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Bundesautobahnen Michael Mertens Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei Landesbezirk Nordrhein-Westfalen

Mehr

Verkehrsunfallentwicklung im Kreis Paderborn 2014

Verkehrsunfallentwicklung im Kreis Paderborn 2014 bürgerorientiert professionell rechtsstaatlich Verkehrsunfallentwicklung im Kreis Paderborn 2014 Pressekonferenz am 09. Februar 2015, 13:00 Uhr Polizeidienststelle Riemekestraße 60-62, 33102 Paderborn

Mehr

Polizeipräsidium Mittelhessen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Polizeipräsidium Mittelhessen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Polizeipräsidium Mittelhessen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit 15. April 2015 Verkehrsunfallzahlen aus dem Landkreis Gießen für das Jahr 2015 Gesamtzahl der Unfälle, der verletzten und getöteten Personen

Mehr

Drogen und Alkohol im Verkehr (noch) ein Problem? Prof. Dr. Mark Vollrath

Drogen und Alkohol im Verkehr (noch) ein Problem? Prof. Dr. Mark Vollrath Drogen und Alkohol im Verkehr (noch) ein Problem? Prof. Dr. Mark Vollrath Immer wieder aktuell Alkohol Tagesschau, 11.5.2017 16. Juni 2017 Prof. Dr. Mark Vollrath Alkohol und Drogen im Verkehr Seite 2

Mehr

Niedrigste Anzahl Verkehrstoter in Niedersachsen seit Einführung der Statistik

Niedrigste Anzahl Verkehrstoter in Niedersachsen seit Einführung der Statistik Presse Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport 14.03.2018 Niedrigste Anzahl Verkehrstoter in Niedersachsen seit Einführung der Statistik 403 Menschen sind bei Unfällen ums Leben gekommen 10

Mehr

Sicherheit und Unfallgeschehen von Radfahrern

Sicherheit und Unfallgeschehen von Radfahrern Sicherheit und Unfallgeschehen von Radfahrern ADAC/BASt-Symposium Sicher Fahren in Europa 11.10.2016 in Berlin Dipl.-Psych. Referat Verkehrspsychologie, Verkehrspädagogik Unfallgeschehen Index (Jahr 2000

Mehr

Unfallforschung. Walter Niewöhner, GMTTB, Konstanz, Unfallforschung. Seite DEKRA

Unfallforschung. Walter Niewöhner, GMTTB, Konstanz, Unfallforschung. Seite DEKRA Unfallforschung Walter Niewöhner, GMTTB, Konstanz, 14.04.2016 Unfallforschung Seite 1 Inhalt Vision Zero in Städten Ablenkung - Handy am Steuer - Fußgänger mit Handy Seite 2 Vision Zero nur Vision? Es

Mehr

bürgerorientiert professionell rechtsstaatlich Verkehrsunfallentwicklung 2016 Polizeipräsidium Köln Direktion Verkehr

bürgerorientiert professionell rechtsstaatlich Verkehrsunfallentwicklung 2016 Polizeipräsidium Köln Direktion Verkehr bürgerorientiert professionell rechtsstaatlich Polizeipräsidium Köln Direktion Verkehr bürgerorientiert professionell rechtsstaatlich Polizeipräsidium Köln Stadtregion Köln/Leverkusen Verkehrsunfallentwicklung

Mehr

Verkehrsklima in Deutschland 2010: 10 Fragen zur Verkehrssicherheit

Verkehrsklima in Deutschland 2010: 10 Fragen zur Verkehrssicherheit Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. Nr. 29 Unfallforschung kompakt Verkehrsklima in Deutschland 2010: 10 Fragen zur Verkehrssicherheit Impressum Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft

Mehr

Verkehrsunfallentwicklung im Kreis Paderborn 2015

Verkehrsunfallentwicklung im Kreis Paderborn 2015 Verkehrsunfallentwicklung im Kreis Paderborn 2015 Pressekonferenz am 15. Februar 2016, 12:00 Uhr, Raum 302 Polizeidienststelle Riemekestraße 60-62, 33102 Paderborn Podium Landrat Manfred Müller Polizeioberrat

Mehr

KOPF-RUNTER-GESELLSCHAFT ALS NEUES SOZIALES PHÄNOMEN: WENN DAS SMARTPHONE DEN ALLTAG AUFFRISST

KOPF-RUNTER-GESELLSCHAFT ALS NEUES SOZIALES PHÄNOMEN: WENN DAS SMARTPHONE DEN ALLTAG AUFFRISST AKTUELLE DEMOSKOPISCHE STUDIEN ZU WIRTSCHAFT & GESELLSCHAFT NR. 1 20 KOPF-RUNTER-GESELLSCHAFT ALS NEUES SOZIALES PHÄNOMEN: WENN DAS SMARTPHONE DEN ALLTAG AUFFRISST Basis: Österreichische Bevölkerung ab

Mehr

Verkehrsunfallstatistik für das Jahr 2018

Verkehrsunfallstatistik für das Jahr 2018 Verkehrsunfallstatistik für das Jahr 2018 1. Unfallentwicklung allgemein Im Jahr 2018 wurden im Zuständigkeitsbereich der 2657 Verkehrsunfälle (2590 im Jahr 2017) bearbeitet. Dies bedeutet ein Plus von

Mehr

Sicher zur Arbeit und nach Hause

Sicher zur Arbeit und nach Hause Sicher zur Arbeit und nach Hause GoalZERO im Berufsverkehr GoalZERO im Berufsverkehr was ist damit gemeint? GoalZERO im Berufsverkehr bedeutet, vor, während und nach jeder Fahrt die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen

Mehr

Frage 1: Ein Radweg ist durch nachstehendes Schild gekennzeichnet. Muss ich ihn zwingend benutzen?

Frage 1: Ein Radweg ist durch nachstehendes Schild gekennzeichnet. Muss ich ihn zwingend benutzen? Quiz Rund ums Radeln Kleine Zeichenkunde Frage 1: Ein Radweg ist durch nachstehendes Schild gekennzeichnet. Muss ich ihn zwingend benutzen? Ja, es gibt keine Ausnahme. Ja, aber geschlossene Verbände, die

Mehr

Verkehrsunfallstatistik Stadt Münster

Verkehrsunfallstatistik Stadt Münster 1 bürgerorientiert professionell rechtsstaatlich Verkehrsunfallstatistik 2018 - Stadt Münster Polizeipräsidium Münster https://muenster.polizei.nrw/ https://www.facebook.com/polizei.nrw.ms/ https://twitter.com/polizei_nrw_ms

Mehr

VERKEHRSUNFALLENTWICKLUNG 2016

VERKEHRSUNFALLENTWICKLUNG 2016 VERKEHRSUNFALLENTWICKLUNG 2016 1. Anzahl der Verkehrsunfälle im 10-Jahresvergleich Diagramm 1 Mit nunmehr 9.015 Verkehrsunfällen im Jahr 2016 wird der Zehnjahresdurchschnitt von 7.886 um 14,3 % übertroffen.

Mehr

Nicht angepasste Geschwindigkeit Untersuchungen zu Lösungen, Hindernissen und Mythen

Nicht angepasste Geschwindigkeit Untersuchungen zu Lösungen, Hindernissen und Mythen Nicht angepasste Geschwindigkeit Untersuchungen zu Lösungen, Hindernissen und Mythen Dipl.-Ing. Klaus Robatsch Bereichsleiter Forschung & Wissensmanagement KFV (Kuratorium für Verkehrssicherheit) 1 Geschwindigkeiten

Mehr

Schülerpraktikum am Institut für Psychologie

Schülerpraktikum am Institut für Psychologie Schülerpraktikum am Institut für Psychologie Veränderung des Fahrverhaltens während der Handynutzung beim Autofahren Philosophische Fakultät: Prof. Dr. Josef F. Krems, Dipl.-Psych. Diana Rösler, Thomas

Mehr

Verkehrsunfälle im Kanton Bern. Accidents de la circulation dans le canton de Berne. Kantonspolizei Bern Verkehr, Umwelt und Prävention

Verkehrsunfälle im Kanton Bern. Accidents de la circulation dans le canton de Berne. Kantonspolizei Bern Verkehr, Umwelt und Prävention Verkehrsunfälle im Kanton Bern Accidents de la circulation dans le canton de Berne Kantonspolizei Bern Verkehr, Umwelt und Prävention Police cantonale bernoise Circulation, Environnement et Prévention

Mehr

Verkehrsunfälle Änderung % insgesamt ,4% mit Personenschaden ,1% Verunglückte

Verkehrsunfälle Änderung % insgesamt ,4% mit Personenschaden ,1% Verunglückte Medieninformation 066 / 2015 Sächsisches Staatsministerium des Innern Weniger Unfälle und Verkehrstote in 2014 Ulbig: Positive Entwicklung ist Ansporn Unfallentwicklung Auf sächsischen Straßen hat es im

Mehr

Volle Konzentration beim Vortritt gefragt

Volle Konzentration beim Vortritt gefragt Medienmitteilung Kampagne «Vorsicht beim Vortritt» misst Stimmung bei Velo- und Autofahrern Volle Konzentration beim Vortritt gefragt Bern, 12. April 2016 Ein Plakat in warnendem Rot zeigt eine Strassenkreuzung

Mehr

Verkehrsunfallbilanz 2018 und Verkehrssicherheitsarbeit. Pressekonferenz

Verkehrsunfallbilanz 2018 und Verkehrssicherheitsarbeit. Pressekonferenz Verkehrsunfallbilanz 2018 und Verkehrssicherheitsarbeit Pressekonferenz Entwicklung der Unfallzahlen (10 Jahre) EUSka-Unfälle Unfälle gesamt Ursache Geschwindigkeit Ursache Alkohol / Drogen Ursache Vorfahrt

Mehr

Multitasking Ablenkungen beim Autofahren

Multitasking Ablenkungen beim Autofahren Seminar Ingenieurpsychologie am 23.06.2014 bei Dr. Romy Müller Multitasking Ablenkungen beim Autofahren Referentin: Teresa Janosch Gliederung 1) Definition Multitasking 2) Formen der Ablenkung beim Autofahren

Mehr

Informationsbroschüre

Informationsbroschüre Informationsbroschüre Mobilität ist ein hohes Gut Mobil sein heißt, Kontakte pflegen, Besorgungen erledigen, Reisen unternehmen und neue Erfahrungen machen kurz gesagt: selbstständig und aktiv am Leben

Mehr

Unfälle älterer Radfahrerinnen und Radfahrer

Unfälle älterer Radfahrerinnen und Radfahrer Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften Fachrichtung Psychologie Professur für Diagnostik und Intervention Unfälle älterer Radfahrerinnen und Radfahrer Carmen Hagemeister Dresden, den 14.7.2012 Fragestellung

Mehr

3 Prozent aller Autofahrer mit Handy am Ohr

3 Prozent aller Autofahrer mit Handy am Ohr Presseinformation Aktuelle DEKRA Erhebung zu Ablenkung am Steuer 3 Prozent aller Autofahrer mit Handy am Ohr Mehr als 10.000 Pkw-Fahrer bundesweit erfasst Moderne Smartphones erhöhen Ablenkung vom Verkehrsgeschehen

Mehr

Verkehrsunfallstatistik 2018 Bundesautobahnen im Zuständigkeitsbereich Polizeipräsidium Münster

Verkehrsunfallstatistik 2018 Bundesautobahnen im Zuständigkeitsbereich Polizeipräsidium Münster 1 bürgerorientiert professionell rechtsstaatlich Verkehrsunfallstatistik 2018 Bundesautobahnen im Zuständigkeitsbereich Polizeipräsidium Münster https://muenster.polizei.nrw/ https://www.facebook.com/polizei.nrw.ms/

Mehr

Immer elektronischer immer abgelenkter. Wie Mediennutzung Unaufmerksamkeit & Ablenkung begünstigt.

Immer elektronischer immer abgelenkter. Wie Mediennutzung Unaufmerksamkeit & Ablenkung begünstigt. Immer elektronischer immer abgelenkter Wie Mediennutzung Unaufmerksamkeit & Ablenkung begünstigt. Eine kleine Recherche Selbst neue Begriffe entstehen: Bompeln (Bodenampeln), Smombies (Smartphone-Zombies)

Mehr

Senioren im Straßenverkehr

Senioren im Straßenverkehr ACE Auto Club Europa e.v. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Verantwortlich: Constantin Hack Schmidener Str. 227 70374 Stuttgart Telefon: 0711 53 03-266/267 ACE-Hintergrundmaterial Daten und Fakten: Senioren

Mehr

Technik statt Mensch?

Technik statt Mensch? Technik statt Mensch? Geschwindigkeitsbeeinflussung durch Fahrerassistenzsysteme Überblick Sicher rasen geht das? Schnelle Unfälle was ist der Fehler? ISA immer intelligentere Technik Technik und Mensch

Mehr

Textblatt zum Film. Zu Fuß unterwegs. Sekundarstufe I

Textblatt zum Film. Zu Fuß unterwegs. Sekundarstufe I Textblatt zum Film Zu Fuß unterwegs Sekundarstufe I 2 Textblatt Zu Fuß unterwegs Sekundarstufe 1 Yara und Rondek gehen in den Park. Unterwegs bekommt Yara eine Nachricht von Darko, Rondek bittet sie stehen

Mehr

Auffahrunfall Das unterschätzte Risiko

Auffahrunfall Das unterschätzte Risiko Auffahrunfall Das unterschätzte Risiko Siegfried Brockmann Leiter Unfallforschung der Versicherer (UDV) Pressegespräch Darmstadt, 6.12.2010 2 Relevanz Unfallgeschehen (destatis 2008) Jeder 7. Unfall mit

Mehr

Ein Blick in die Zukunft Schwerpunkte zukünftiger Verkehrssicherheitsarbeit

Ein Blick in die Zukunft Schwerpunkte zukünftiger Verkehrssicherheitsarbeit Ein Blick in die Zukunft Schwerpunkte zukünftiger Verkehrssicherheitsarbeit TU Dresden, Verkehrspsychologie 1 Trotz der erreichten Verbesserungen bleiben Straßenverkehrsunfälle ein großes gesellschaftliches

Mehr

Anforderungen an eine Verkehrssicherheitsarbeit der Zukunft aus Sicht der Unfallforschung

Anforderungen an eine Verkehrssicherheitsarbeit der Zukunft aus Sicht der Unfallforschung Anforderungen an eine Verkehrssicherheitsarbeit der Zukunft aus Sicht der Unfallforschung Siegfried Brockmann Leiter Unfallforschung der Versicherer (UDV) Fachtagung - Das Verkehrssicherheitsprogramm NRW

Mehr

ICH. und die Anderen

ICH. und die Anderen ICH und die Anderen ICH und die Anderen Wenn es zwischen Auto und Rad auf Baden-Württembergs Straßen kracht, sind hierfür in 63 Prozent der Fälle die Autofahrer verantwortlich. Das sind die häufigsten

Mehr

Sicherheit auf allen Wegen

Sicherheit auf allen Wegen KB 018 kurz & bündig Sicherheit auf allen Wegen 8 LEBENSRETTER für Ihren Arbeitsweg Sicher zur Arbeit und wieder nach Hause zu kommen, ist keine Selbstverständlichkeit. Jahr für Jahr gibt es in den Mitgliedsbetrieben

Mehr

GIDAS-Auswertungen Gefahrenpotenzial für Radfahrer und Fußgänger

GIDAS-Auswertungen Gefahrenpotenzial für Radfahrer und Fußgänger GIDAS-Auswertungen Gefahrenpotenzial für Radfahrer und Fußgänger Deutscher Verkehrsexpertentag 2017 Einleitung Die Verletzungsschwere bei Verkehrsunfällen ist unter anderem von der Kollisionsgeschwindigkeit

Mehr

Vorläufige Verkehrsunfallbilanz 2012

Vorläufige Verkehrsunfallbilanz 2012 Vorläufige Verkehrsunfallbilanz 212 Gemeinsame Pressekonferenz von Innen- und Infrastrukturministerium, 1. Februar 213 Unfallgeschehen 212 im Überblick alle 6,5 Minuten ein Verkehrsunfall jeden 2. Tag

Mehr

KFV - Sicher Leben. Der Einfluss von Ablenkung auf das Fahrverhalten. Ergebnisse einer Studie am Fahrsimulator KFV SCHRIFTENREIHE NUMMER 07

KFV - Sicher Leben. Der Einfluss von Ablenkung auf das Fahrverhalten. Ergebnisse einer Studie am Fahrsimulator KFV SCHRIFTENREIHE NUMMER 07 KFV SCHRIFTENREIHE NUMMER 07 KFV - Sicher Leben ISBN (PDF): 978--7070-06- #7 Der Einfluss von Ablenkung auf das Fahrverhalten. Ergebnisse einer Studie am Fahrsimulator KFV (Kuratorium für Verkehrssicherheit)

Mehr

Neue Herausforderungen für sicheres Verhalten im Verkehr

Neue Herausforderungen für sicheres Verhalten im Verkehr Neue Herausforderungen für sicheres Verhalten im Verkehr Gregor BARTL Fahrlehrertag und Bundesfahrprüfertag 2017 22. bis 24. März 2017 Red Bull Ring, Spielberg www.alles-fuehrerschein.at 11 Unfälle von

Mehr

Vorläufige Verkehrsunfallbilanz 2012

Vorläufige Verkehrsunfallbilanz 2012 Vorläufige Verkehrsunfallbilanz 2012 I. Trends/Entwicklungen Rückgang der Getöteten um 11,2 % Rückgang der Verletzten um 0,4 % aber Anstieg der Verkehrsunfälle um 0,1 % - Rückgang der Getöteten auf Landstraßen

Mehr

Mehr Sicherheit innerorts was sagt die Forschung?

Mehr Sicherheit innerorts was sagt die Forschung? Mehr Sicherheit innerorts was sagt die Forschung? Fachtagung «Suisse Public», 13. Juni 2017, Bern Stefan Siegrist, Dr. phil.; EMBA; Stv. Direktor, bfu s.siegrist@bfu.ch www.bfu.ch Mehr Sicherheit innerorts

Mehr

Problem Radfahrerunfälle Maßnahmen gegen den Abbiegekonflikt Kfz - Radfahrer

Problem Radfahrerunfälle Maßnahmen gegen den Abbiegekonflikt Kfz - Radfahrer Problem Radfahrerunfälle Maßnahmen gegen den Abbiegekonflikt Kfz - Radfahrer Siegfried Brockmann Leiter Unfallforschung der Versicherer (UDV) 01.08.2013 2 Unfallgeschehen 2012 299.636 Unfälle mit Personenschaden

Mehr

Verkehrsunfallbilanz 2013: Weniger Unfälle, weniger Verletzte und weniger Verkehrstote

Verkehrsunfallbilanz 2013: Weniger Unfälle, weniger Verletzte und weniger Verkehrstote Medieninformation 45 / 2014 Sächsisches Staatsministerium des Innern Verkehrsunfallbilanz 2013: Weniger Unfälle, weniger Verletzte und weniger Verkehrstote Ulbig: Die Sicherheit auf Sachsens Straßen war

Mehr

Bin gleich zuha. Willkommene Ablenkung?

Bin gleich zuha. Willkommene Ablenkung? Bin gleich zuha Willkommene Ablenkung? Ablenkung kann Leben kosten! Bitte denken beim Lenken! Achtung Ablenkung! Es gibt heute so vieles, was uns beim Fahren ablenken kann. Telefonieren Zeitdruck SMS/

Mehr

Ältere im Straßenverkehr

Ältere im Straßenverkehr Ältere im Straßenverkehr Siegfried Brockmann Leiter Unfallforschung der Versicherer (UDV) Fachtagung Sicher unterwegs in Brandenburg Oranienburg, 20.04.2015 2 Bevölkerungsentwicklung bis 2060 100% Anteil

Mehr

Wortlaut des 23 Abs. 1a StVO:

Wortlaut des 23 Abs. 1a StVO: Wortlaut des 23 Abs. 1a StVO: Wer ein Fahrzeug führt, darf ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss.

Mehr

Vollgas feiern nüchtern fahren! RUNTER VOM GAS

Vollgas feiern nüchtern fahren! RUNTER VOM GAS Vollgas feiern nüchtern fahren! RUNTER VOM GAS Du fährst nicht allein Alkohol hat am Steuer nichts zu suchen. Denn Alkohol schwächt die Konzentrationsfähigkeit und kann das Seh- und Reaktionsvermögen erheblich

Mehr

Verkehrsunfallentwicklung Verkehrsunfallentwicklung. in der. Kreispolizeibehörde. Märkischer Kreis

Verkehrsunfallentwicklung Verkehrsunfallentwicklung. in der. Kreispolizeibehörde. Märkischer Kreis Verkehrsunfallentwicklung 2014 in der Kreispolizeibehörde Märkischer Kreis 1 Inhalt Inhalt 2 Anlagenübersicht 3 Verkehrsunfallentwicklung 1 Kernbotschaften 4 2 Begriffe 5 3 Verkehrsunfallzahlen ( nach

Mehr

Verkehrsunfallentwicklung im Kreis Paderborn 2016

Verkehrsunfallentwicklung im Kreis Paderborn 2016 bürgerorientiert professionell rechtsstaatlich Verkehrsunfallentwicklung im Kreis Paderborn 2016 Pressekonferenz am 20. Februar 2017, 12:30 Uhr, Raum 302 Polizeidienststelle Riemekestraße 60-62, 33102

Mehr

Pressemitteilung des Polizeipräsidiums Heilbronn vom Verkehrsunfallstatistik 2017

Pressemitteilung des Polizeipräsidiums Heilbronn vom Verkehrsunfallstatistik 2017 POLIZEIPRÄSIDIUM HEILBRONN Pressestelle Pressemitteilung des Polizeipräsidiums Heilbronn vom 16.03.2018 Verkehrsunfallstatistik 2017 Unfallentwicklung 2017 auf den Bundesautobahnen im Zuständigkeitsbereich

Mehr

PRESSEMITTEILUNG 03. April 2014

PRESSEMITTEILUNG 03. April 2014 POLIZEIPRÄSIDIUM TUTTLINGEN PRESSESTELLE PRESSEMITTEILUNG 03. April 2014 Verkehrsunfallbilanz 2013 im Zuständigkeitsbereich des neuen Polizeipräsidiums Tuttlingen für die Landkreise Freudenstadt, Rottweil,

Mehr

I N F O R M A T I O N

I N F O R M A T I O N I N F O R M A T I O N zur Pressekonferenz mit Infrastruktur-Landesrat Mag. Günther Steinkellner ASFINAG Vorstandsdirektorin Mag. a Karin Zipperer Direktor des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) Dr.

Mehr

Ältere Kraftfahrer im ADAC. Unfallursachen & Prävention

Ältere Kraftfahrer im ADAC. Unfallursachen & Prävention Ältere Kraftfahrer im ADAC Unfallursachen & Prävention Fühlen Sie sich jung? 56 Jahre 67 Jahre 83 Jahre Demographischer Wandel Altersstrukturen der Senioren in den nächsten Jahrzehnten Die Alterstrukturen

Mehr

Schriftliche Kleine Anfrage

Schriftliche Kleine Anfrage BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4315 21. Wahlperiode 10.05.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Martin Bill (GRÜNE) vom 03.05.16 und Antwort des Senats Betr.: Unfallstatistik

Mehr

Vorläufige Verkehrsunfallbilanz 2016

Vorläufige Verkehrsunfallbilanz 2016 Vorläufige Verkehrsunfallbilanz 2016 I. Trends/Entwicklungen Verkehrsunfallentwicklung insgesamt um 1,8 % ansteigend Zahl der Verletzten um 4,2 % ansteigend Überproportionaler Rückgang der Getöteten um

Mehr

Verkehrspolizeiliche Statistik 2018 Stadt St.Gallen. Stadtpolizei St.Gallen

Verkehrspolizeiliche Statistik 2018 Stadt St.Gallen. Stadtpolizei St.Gallen Verkehrspolizeiliche Statistik 218 Stadt St.Gallen Stadtpolizei St.Gallen Inhalt 1 Vorwort... 3 2 Polizeilich erfasste Verkehrsunfälle... 4 2.1 Verkehrsunfälle im Monatsvergleich... 5 2.2 Verletzte Personen

Mehr

Deutscher Verkehrsexpertentag 2017 Unangemessene Geschwindigkeit Verspielen von Sicherheitsreserven

Deutscher Verkehrsexpertentag 2017 Unangemessene Geschwindigkeit Verspielen von Sicherheitsreserven Deutscher Verkehrsexpertentag 2017 Unangemessene Geschwindigkeit Verspielen von Sicherheitsreserven 1 Hauptunfallursache Geschwindigkeit in NRW 2 Hauptunfallursache Geschwindigkeit (un-)angemessene Geschwindigkeit

Mehr

Freiwilliges Fortbildungsseminar für Fahranfänger (FSF)

Freiwilliges Fortbildungsseminar für Fahranfänger (FSF) Freiwilliges Fortbildungsseminar für Fahranfänger (FSF) Sehr geehrte Fahrlehrerin, sehr geehrter Fahrlehrer, im April 2003 hat der Bundesrat den Weg geebnet, damit die Bundesländer eine zweite Fahrausbildungsphase

Mehr

Ergebnisse der Befragung der Motorfahrzeuglenkenden 2008

Ergebnisse der Befragung der Motorfahrzeuglenkenden 2008 Eidgenössisches Departement des Innern EDI Bundesamt für Statistik BFS BFS Aktuell Sperrfrist: 25.08.2008, 9:15 19 Kriminalität und Strafrecht Neuchâtel, August 2008 Ergebnisse der Befragung der Motorfahrzeuglenkenden

Mehr

HANDY WEG VOM STEUER

HANDY WEG VOM STEUER HANDY WEG VOM STEUER ABLENKUNG IST URSACHE FÜR JEDEN DRITTEN TÖDLICHEN UNFALL Ihre Gesprächspartner: Alois SCHEDL, Vorstand ASFINAG Klaus SCHIERHACKL, Vorstand ASFINAG Othmar THANN, Direktor Kuratorium

Mehr

Symposium Risiko Raus 2011 Einflussfaktoren auf Fahrer

Symposium Risiko Raus 2011 Einflussfaktoren auf Fahrer Symposium Risiko Raus 2011 Einflussfaktoren auf Fahrer Dr. med. Peter Fuchs Facharzt für Arbeitsmedizin BAD Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH Negative Einflussfaktoren auf Fahrer Verminderung

Mehr

T11 Handy in Bus, Bahn & Auto

T11 Handy in Bus, Bahn & Auto T11 Handy in Bus, Bahn & Auto Inhaltsübersicht Schülerinfo Lehrerinfo Fünf Arbeitsblätter Dazu passend: o Suchbildrätsel, Smart(?)-Peter und Aufdeckspiel Zwei Puzzle Vier Legespiele, Schachtel 1 + 2 T11

Mehr

Sitz des Polizeipräsidiums mit Einsatzzentrale in Ingolsdadt. 27 Polizeiinspektionen. 3 Kriminalpolizeiinspektionen

Sitz des Polizeipräsidiums mit Einsatzzentrale in Ingolsdadt. 27 Polizeiinspektionen. 3 Kriminalpolizeiinspektionen Unfallschwerpunkt Autobahn Aufgaben der VPI Zusammenarbeit 1. Januar 2009 Sitz des Polizeipräsidiums mit Einsatzzentrale in Ingolsdadt 27 Polizeiinspektionen 3 Kriminalpolizeiinspektionen 3 Verkehrspolizeiinspektionen

Mehr

Verkehrsunfallstatistik 2017 Kanton Zürich Medienorientierung

Verkehrsunfallstatistik 2017 Kanton Zürich Medienorientierung Verkehrsunfallstatistik 2017 Kanton Zürich Medienorientierung 2 Verkehrsunfallgeschehen im Gesamtüberblick Der Gesamtüberblick über den ganzen Kanton (inkl. Städte Zürich und Winterthur) zeigt im Fünfjahresvergleich

Mehr

Der Grünpfeil. a) zügig auf die Kreuzung fahren und rechts abbiegen.

Der Grünpfeil. a) zügig auf die Kreuzung fahren und rechts abbiegen. Start Der Grünpfeil Frage 1: Wenn ich mich einer roten Ampel nähere, die über ein Grünpfeil-Schild verfügt und ich rechts abbiegen will, muss ich erst den Blinker setzen und dann a) zügig auf die Kreuzung

Mehr

Polizeipräsidium München

Polizeipräsidium München Sonderbeilage Freitag, 11.05.2018 Gemeinsame Kampagne des Polizeipräsidiums München und der Landeshauptstadt München Gscheid radln aufeinander achten! 2018 Kampagne Gscheid radln aufeinander achten! 2018

Mehr

Pressemitteilung

Pressemitteilung POLIZEIPRÄSIDIUM ULM ÖFFENTLICHKEITSARBEIT Pressemitteilung 14.03.2017 Region Polizeipräsidium Ulm präsentiert Verkehrssicherheitslagebild: Fast zehn Prozent weniger schwere Unfälle, begleitetes Fahren

Mehr

Vorläufige Verkehrsunfallbilanz 2014

Vorläufige Verkehrsunfallbilanz 2014 Vorläufige Verkehrsunfallbilanz 2014 I. Trends/Entwicklungen Verkehrsunfallentwicklung insgesamt um 2,4 % rückläufig Rückgang der Getöteten um 18,2 % aber Anstieg der Verletzten um 4,4 % - Rückgang der

Mehr

Schriftliche Kleine Anfrage

Schriftliche Kleine Anfrage 10. Mai 2016 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Martin Bill (GRÜNE) vom 03.05.2016 und Antwort des Senats - Drucksache 21/4315 - Betr.: Unfallstatistik Radverkehr Mit der Drs. 21/721 wurde die

Mehr

Folie 2 4.406 4.434 4.186 4.315 2.768 7.473 5.574 7.765 8.945 8.444 18.710 28.045 27.850 29.739 28.050 30.000 80 25.000 70 71 69 70 20.000 55 60 50 15.000 42 40 10.000 30 20 5.000 10 0 2008 2009 2010 2011

Mehr