D T : Teilchenabstand (andere Phase) D T. D KG : Korndurchmesser DKG
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- Stanislaus Böhme
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1 1 Theorie: Plastizität 1.1 Steigerung der Streckgrenze Es existieren verschiedene Massnahmen, mit welchen die Festigkeit eines Werkstoffes gesteigert werden kann. Das Grundgitter sollte einen hohen Schubmodul besitzen. Dazu kommen möglichst harte Hindernisse, welche nicht geschnitten werden, die möglichst nahe beieinander liegen. Hindernisse können Fremdatome, Versetzungen, Korngrenzen oder Teilchen einer zweiten Phase sein. σ S : σ : Streckgrenze σ S = σ + σ M + σ V + σ T + σ KG minimale Spannung um die Gleitsysteme zu aktivieren σ M : Mischkristallhärtung; σ M c c: Konzentration Fremdatome σ V : Versetzungshärtung; σ V ρ Vim ρ Vim : Dichte immobiler Versetzungen σ T : Teilchenhärtung; 1 σ T D T D T : Teilchenabstand (andere Phase) σ KG : Korngrenzeneinfluss; σ KG 1 DKG D KG : Korndurchmesser 1.2 Diskontinuierliches Fliessen Der Übergang von elastischer zu plastischer Verformung ist häufig mit einem diskontinuierlichen Fliessen des Werkstoffs verbunden. Die dazugehörige Dehnung wird als Lüders-Dehnung ε L bezeichnet. Zu Beginn blockieren Fremdatome die Versetzungen. Ab einer bestimmten Spannung reissen sich die Versetzungen los und ein Spannungsabfall resultiert. Diese Verformung nennt sich Lüdersband (45 zur Zugrichtung) und überstreicht die gesamte Probenlänge. Sobald die Probe auf der ganzen Länge gleichmässig verformt ist, beginnt die Verfestigung mit ansteigender Fliessspannung und später tritt der Bruch ein. In Abb. 1.1 ist das sich ausbreitende Lüdersband dargestellt, wie es die gesamte Probenlänge überstreicht. Aus diesen Vorgängen resultiert ein ungleichmässiges Fliessverhalten und Fliessfiguren (abwechselnd verformte und unverformte Bereiche), diese sollen verhindert werden. Durch Dressieren (Dressurstich) kann dieses Problem umgangen werden. Dabei wird das Material zuerst über die Lüdersdehnung hinweg gedehnt und wieder entlastet (z.b. durch Walzen). Bei der nächsten Belastung spielt die Lüders-Dehnung keine Rolle mehr, da die Verfestigung mit ansteigender Fliessspannung direkt eintritt. Dieser Effekt ist nur temporär, da die sogenannte Reckalterung ihn rückgängig macht. Dabei diffundieren die interstitiell gelösten Fremdatome 1
2 in die Spannungsfelder der Versetzungen zurück und blockieren diese wieder. Dieser Wechsel zwischen Spannungsanstieg und Spannungsabfall lässt die Fliesskurve sägezahnartig ausschauen (Sägezahnfliessen). Abbildung 1.1: Lüdersdehnung und Lüdersband Abbildung 1.2: Vergleich wahre Spannung und technische Spannung 1.3 Wahre Dehnung Die früher eingeführte Nominalspannung ist eine messtechnische Vereinfachung der Wirklichkeit. Den Bezug auf den aktuellen Querschnitt stellt die wahre Spannung auf. Es wird eine Beschreibung der Dehnung gesucht, bei der die Verlängerung jeweils auf die momentan vorliegende Länge bezogen wird. Diese wird wahre oder logarithmische Dehnung ϕ genannt. Die bis jetzt eingeführte Dehnung wird als lineare Dehnung ε bezeichnet. Makroskopische Dehnungen enstehen durch Aufaddition aller Dehnungsinkremente. ϕ = l1 l 0 1 l dl = ln l 1 l 0 Die zwei Dehnungen lassen sich ineinander umrechnen, unterscheiden sich mit zunehmender Dehnung aber beliebig stark. In Abb. 1.2 ist diese Differenz mit steigender Dehnung deutlich ersichtlich. ϕ = ln(1 + ε) 2
3 2 Theorie: Erholung und Rekristallisation Nach der Kaltverformung befindet sich ein metallischer Werkstoff im Ungleichgewicht. Eingebrachte Gitterfehler erhöhen die innere Energie und freie Enthalpie. Zusätzlich sind makroskopische Eigenspannungen vorhanden. Dieses Ungleichgewicht ist bei tiefen Temperaturen beständig. Bei Erhöhung der Temperatur hat ein Werkstoff die Tendenz, Defekte auszuheilen, dabei werden die durch die Kaltverformung erzeugten Eigenschaftsänderungen rückgängig gemacht. Je nach dem, ob ein Werkstoff dabei sein Korngefüge ändert oder nicht, wird von Erholung (keine Änderung des Korngefüges) oder von Rekristallisation und Kornwachstum (Änderung des Korngefüges) gesprochen. Gefüge nach: a) Kaltumformung b) Erholung c) Rekristallisation d) Kornwachstum 2.1 Erholung Die Kristallerholung zieht keine Änderung der Grosswinkelkorngrenzen nach sich, somit bleibt das Korngefüge bestehen. Sie läuft bei relativ niedrigen Temperaturen ab (ca. 0.3 T S ). Es treten durch thermische Aktivierung stufenweise folgende Effekte auf: 1. Abbau nulldimensionaler Gitterbaufehler Erholung physikalischer Eigenschaften 2. Abbau von Versetzungen durch Annihilation (Auslöschen von entgegengesetzten Versetzungen in einer Gleitebene + = 0) und durch Klettern (am Ende der Stufenversetzung entsteht eine Leerstelle, dadurch zieht sie sich zurück) Erholung mechanischer Eigenschaften 3
4 3. Polygonisation (Abbau und Neuordnung von Versetzungen, zu einer energetisch günstigeren Versetzungsstruktur; führt zur Bildung von Kleinwinkelkorngrenzen) 4. Zellbildung (Neuordnung von Versetzungen führt zur Bildung von Zellen oder Subkörnern) 2.2 Rekristallisation Als Rekristallisation wird die Entstehung und Wanderung von Grosswinkelkorngrenzen bezeichnet. Damit einher geht die Bildung neuen Gefüges. Dieser Vorgang ist abhängig von: Verformungsgrad (Mindestverformung 1-5%) Temperatur (> Rekristallisationstemperatur; ca. 0.4 T S ) Glühzeit (> Inkubationszeit; Zeit, während welcher ein Stoff mit bestimmter Vorverformung der Temperatur T ausgesetzt sein muss, bis die Rekristallisation beginnt) Primäre Rekristallisation Ausgangspunkt sind Zonen grosser Versetzungsdichte und maximaler Gitterstörung. Dort bilden sich Keime mit fehlerarmen Kristallbereichen, die angetrieben durch den Enthalpieunterschied zu wachsen beginnen. Die Aktivierungsenergie für die diffusionsbedingte Umordnung der Atome stammt einerseits aus der zugeführten Wärme und andererseits aus der gespeicherten Verformungsenergie. Je stärker das ursprüngliche Material verformt war, desto feiner ist das neu gebildete Korn. Ist der Verformungsgrad sehr tief oder nicht vorhanden, bleibt das ursprüngliche Gefüge bestehen Kornvergrösserung Nach der Inkubationszeit schliesst sich dieser Vorgang direkt an die Primärkristallisation an. Unter Aufzehrung von kleinen Körnern nimmt die Korngrösse gleichmässig zu. Die Kornvergrösserung erfolgt durch Verkürzung und Begradigung der Korngrenzen (120 -Regel, Bienenwabenstruktur). Kornvergrösserung verringert Zähigkeit, Steckgrenze und Bruchspannung. Grösseres Korn führt aber auch zu weniger Korngrenzen und somit zu besserer Kriechfestigkeit. 4
5 2.2.3 Sekundäre Rekristallisation Einzelne Körner wachsen, so dass im Verlauf des Vorgangs sehr grosse neben relativ kleinen Kristallen vorliegen. Sie tritt bei hohen Temperaturen und hohen Verformungsgraden auf. Rasches Wachstum setzt erst dann ein, wenn ein Korn doppelt so gross wie die benachbarten Körner ist. 5
6 3 Wahr oder Falsch? a) Der Spannungstensor beschreibt den Spannungszustand in einem Körper ganzheitlich. b) Der Spannungstensor eines sehr tief im Meer versenkten Probewürfels, lässt sich mit drei positiven und gleich grossen Normalspannungen beschreiben. c) Der Deformationstensor enthält Informationen über die Verschiebung und Verdrehung eines Verbindungsvektors zwischen zwei Materiepunkten. d) Die Asymmetrie der Potentialkurve beschreibt die Dehnung eines Werkstoffes bei Temperaturerhöhung. e) Der Schubmodul ist die Proportionalitätskonstante, die die Schubspannungen mit dem resultierenden Scherwinkel verbindet. f) Werden die kritischen Schubspannungen überschritten, bricht das Bauteil. g) Das Schmidsche Schubspannungsgesetz lässt sich für die genau gleichen Problemstellungen verwenden wie der Spannungstensor. h) Sind die kritischen Schubspannungen in einem Gleitsystem höher als die auftretenden Schubspannungen, so werden Versetzungen in Bewegung versetzt. 6
7 4 Aufgaben für die Übungstunde 4.1 Plastische Dehnung: Energieaufnahmevermögen Ein Steinfangnetz soll den Absturz von Felsblöcken auf eine Strasse verhindern. Das Netz besteht aus Seilen, die aus Stahldrähten aufgebaut sind. Im Zugversuch wurde mit diesem Draht bei einer Messlänge von L 1 eine Bruchverlängerung von L 1 gemessen, bei einer Probe der Länge L 2 eine solche von L 2. a) Wie gross ist die elastische Energie des Drahtes bei maximaler Kraft (F = A 0 R m ) im Draht aufgenommen werden kann? b) Welche Energie kann ein Draht der Länge L 0 bis zum Bruch durch plastisches Fliessen aufnehmen? Einfachste Näherung: Fliesskurve σ(ɛ) als Gerade zwischen R p0.2 und R m angesetzt. Bessere Näherung: Fliesskurve für den Bereich der Gleichmassdehung zwischen R p0.2 und R m mit der Ludwikgleichung beschreiben. Der Exponent n von ɛ sei n=0.5. (Der Einfluss der Dehngeschwindigkeit werde vernachlässigt). Drahtlänge L 0 = 3 m Drahtdurchmesser d 0 = 2 mm Festigkeit des Drahtes R m = 1400 N/mm 2 Elastizitätsgrenze des Stahldrahtes R p0.2 = 950 N/mm 2 Länge Probe 1 L 1 = 0.1 m Länge Probe 2 L 2 = 0.2 m Totale Verlängerung bis Bruch bei Probe 1 L 1 = m Totale Verlängerung bis Bruch bei Probe 2 L 2 = m Elastizitätsmodul E = MPa 4.2 Rekristallisation Gegeben ist ein Rekristallisationsdiagramm (Abb. 4.1 ). Bei der Temperatur T 1 beginnt ein Werkstück mit dem Verformungsgrad 13% die Rekristallisation zu der Zeit t 1 = 90 s. a) Wie gross ist die Temperatur T 1? 7
8 b) Auf welchen Wert müssen Sie den Verformungsgrad (Temperatur bleibt T 1 ) ändern, damit die Rekristallisation zu diesem Zeitpunkt gerade abgeschlossen ist? c) Auf welchen Wert müssen Sie die Rekristallisationstemperatur T 2 erhöhen, damit die Rekristallisation bei einem Verformungsgrad von 13% gerade abgeschlossen ist? Abbildung 4.1: Verformungsdiagramm bei t 1 = 90s 4.3 Plastizität Ein Stab der Länge L wird langsam mit der wahren Spannung σ auf Zug belastet. a) Wie gross ist die logarithmische Dehnung des Stabes unter dieser Last? b) Wie gross ist die lineare Dehnung? c) Wie gross ist die Verlängerung des Stabes? d) Bei welcher Spannung würde die Brucheinschnürung beginnen? e) Wie gross ist die zugehörige Gleichmassdehnung? f) Geben Sie das Verhältnis an zwischen dem Durchmesser nach dem Bruch, ausserhalb der Einschnürbereiches, und dem Anfangsdurchmesser. R p = 0 MPa L = 1 m C = 1000 MPa σ = 500 N/mm 2 n = 0.5 ϕ r = 0.7 8
9 4.4 Erholung Gegeben ist das schematische Abbild (Abb. 4.2) eines Materials mit Versetzungen. Beschreiben Sie, was passiert, wenn das Material einige Zeit bei einer Temperatur von 0.3T s gehalten wird und zeichnen Sie den Endzustand. Abbildung 4.2: Versetzungen des Materials 9
10 5 Hausaufgaben 5.1 Streckgrenze Gegeben sind der Gesamtspannungswert der Streckgrenze σ s = 440 MPa und die Teilwerte der verschiedenen Verfestigungsarten ( σ M = 5 MPa, σ V = 20 MPa, σ T = 50 MPa, σ KG = 60 MPa). Berechnen Sie: a) Die Versetzungsgleitspannung σ b) σ Sneu, wenn der Anteil an Fremdatomen verdoppelt und der Teilchenabstand halbiert wird. 5.2 Lineare und logarithmische Dehnung 1. Berechnen Sie für eine lineare Dehnung ɛ von 0%, 1%, 10%, 100% die logarithmische (wahre) Dehnung ϕ. 2. Das Werkstoffvolumen bleibt bei plastischer Verformung konstant. Formulieren Sie diesen Sachverhalt mit linearen und logarithmischen Dehnungen. 5.3 Plastizität Ein Blech soll kaltumgeformt werden. Das Material zeigt im Zugversuch ein Verhalten gemäss Abb a) Wie heisst die Erscheinung im Bereich 0 < ɛ p < ɛ l? b) Worauf ist sie zurückzuführen? c) Warum ist dieses Verhalten ungünstig für den Umformprozess? d) Wie können die Nachteile umgangen werden? e) Sind diese Massnahmen nachhaltig, was ist zu tun? Abbildung 5.1: Spannungs-Dehnungsdiagramm 10
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