Verwirrtheitszustände im Alter- Diagnostik und Therapie Themenblock Psyche Basiskurs
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- Karola Kirchner
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1 Verwirrtheitszustände im Alter- Diagnostik und Therapie Themenblock Psyche Basiskurs Caravaggio
2 Fallbeispiel
3 Überblick Definition, Symptomatik Epidemiologie Differentialdiagnosen Risikofaktoren Pathophysiologie Diagnostik, Erfassungsinstrumente Prävention Therapie, nicht- medikamentös, medikamentös Zusammenfassung, Fazit Fallbeispiele
4 Delir Delir (delirare lat. aus der Spur geraten) Andere Begriffe: Verwirrtheit, Durchgangssyndrom Häufigster lebensbedrohlicher Notfall bei älteren hospitalisierten Patienten Postoperativ bis zu 50% bei Älteren Bis zu 80% bei Älteren auf Intensivstation Immer ursächlicher Faktor, häufig dementieller Prozess Erhöhte Morbidität und Mortalität Ökonomischer Faktor, längere Verweildauer, höhere Komplikationsrate, Belastung für die Angehörigen, gehirntoxisch, kürzere Lebenserwartung, vermehrte Immobilität, vermehrter Betreuungsbedarf, Dekubitus, kognitive Einbussen, Wahrscheinlichkeit für Demenzentwicklung erhöht
5 Diagnostische Kriterien für Delir nach DSM Kriterium A Eine Bewusstseinsstörung (d.h. eine reduzierte Klarheit der Umgebungswahrnehmung) mit einer eingeschränkten Fähigkeit, die Aufmerksamkeit zu richten, aufrecht zu erhalten oder zu verlagern Kriterium B Eine Veränderung der kognitiven Funktionen (wie Gedächtnisstörung, Desorientiertheit, Sprachstörung) oder die Entwicklung einer Wahrnehmungsstörung, die nicht besser durch eine schon vorher bestehende, manifeste oder sich entwickelnde Demenz erklärt werden kann Kriterium C Das Störungsbild entwickelt sich innerhalb einer kurzen Zeitspanne (gewöhnlich innerhalb von Stunden oder Tagen) und fluktuiert üblicherweise im Tagesverlauf
6 Diagnostische Kriterien für Delir nach DSM Kriterium D Delir aufgrund eines medizinischen Krankheitsfaktors Es gibt Hinweise aus der Anamnese, der körperlichen Untersuchung oder den Laborbefunden, dass das Störungsbild durch die direkten körperlichen Folgeerscheinungen eines medizinischen Krankheitsfaktors verursacht ist / Substanzinduziertes Delir Substanzintoxikations-Delir Es gibt Hinweise aus Anamnese, körperlichem Befund oder Laborbefunden, für entweder (1) oder (2): (1) Die Symptome in Kriterium A und B entwickeln sich während einer Intoxikation (2) der Gebrauch eines Medikaments steht in einem ätiologischen Zusammenhang zu dem Störungsbild Substanzentzugs-Delir Es gibt Hinweise aus Anamnese, körperlichem Befund oder Laborbefunden, dass sich die in Kriterium A und B beschriebenen Symptome während oder kurz nach einem Entzugssyndrom entwickelt haben.
7 Diagnostische Kriterien für Delir nach DSM Delir aufgrund multipler Ätiologien Es gibt Hinweise aus Anamnese, körperlichem Befund oder Laborbefunden, dass das Delir mehr als eine Ursache hat (d. h., mehr als einen ursächlichen medizinischen Krankheitsfaktor, einen ursächlichen medizinischen Krankheitsfaktor plus Substanzintoxikation oder Nebenwirkung eines Medikamentes) Nicht näher bezeichnetes Delir 1. Das klinische Erscheinungsbild eines Delirs, von dem angenommen wird, dass es auf einen medizinischen Krankheitsfaktor oder eine Substanzeinnahme zurückgeht, ohne dass genügend Hinweise für eine spezifische Ätiologie vorliegen 2. Delir, das nicht auf in diesem Kapitel genannte Ursachen zurückgeht (z. B. sensorische Deprivation) (American Psychiatric Association, 2000; Sass et al., 2003) Hasemann, W., Kressig, R. W., Ermini-Fünfschilling, D., Pretto, M., & Spirig, R. (2007). Screening, Assessment und Diagnostik von Delirien. Pflege, 20(4),
8 Internationale Klassifikation psychischer Störungen ICD F0 Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen F05. Delir, nicht durch Alkohol oder andere psychotrope Substanzen bedingt Ein ätiologisch unspezifisches hirnorganisches Syndrom, das charakterisiert ist durch gleichzeitig bestehende Störungen des Bewusstseins und der Aufmerksamkeit, der Wahrnehmung, des Denkens, des Gedächtnisses, der Psychomotorik, der Emotionalität und des Schlaf-Wach-Rhythmus. Die Dauer ist sehr unterschiedlich und der Schweregrad reicht von leicht bis zu sehr schwer F05.0 Delir ohne Demenz F05.1 Delir bei Demenz F05.8 Sonstige Formen des Delirs Delir mit gemischter Ätiologie F05.9 Delir, nicht näher bezeichnet (Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information DIMDI, 2007)
9 ICD A. Bewusstseinsstörung (Bewusstseinstrübung), d.h. verminderte Klarheit in der Umgebungswahrnehmung, mit einer reduzierten Fähigkeit, die Aufmerksamkeit zu fokussieren, aufrechtzuerhalten und umzustellen. B. Störung der Kognition, manifestiert durch die zwei folgenden Merkmale: 1. Beeinträchtigung des Immediatgedächtnisses (der unmittelbaren Wiedergabe) und des Kurzzeitgedächtnisses bei relativ intaktem Langzeitgedächtnis 2. Desorientierung zu Zeit, Ort oder Person. C. Mindestens eine der folgenden psychomotorischen Störungen: 1. rascher, nicht vorhersagbarer Wechsel zwischen Hypo- und Hyperaktivität 2. verlängerte Reaktionszeit 3. vermehrter oder verminderter Redefluss 4. verstärkte Schreckreaktion D. Störung des Schlafs oder des Schlaf-Wach-Rhythmus, mindestens durch eines der folgenden Merkmale manifestiert:
10 ICD 1. Schlafstörung, in schweren Fällen völlige Schlaflosigkeit, mit oder ohne Schläfrigkeit am Tage oder Umkehr des Schlaf-Wach-Rhythmus 2. nächtliche Verschlimmerung der Symptome 3. unangenehme Träume oder Alpträume, die nach dem Erwachen als, Halluzinationen oder Illusionen weiterbestehen können. E. Plötzlicher Beginn und Änderung der Symptomausprägung im Tagesverlauf F. Objektiver Nachweis auf Grund der Anamnese, der körperlichen, neurologischen und laborchemischen Untersuchungen einer zugrundeliegenden zerebralen oder systemischen Krankheit (außer einer durch psychotrope Substanzen bedingten), die für die klinischen Symptome A bis E verantwortlich gemacht werden kann. Kommentar: Affektive Störungen wie Depression, Angst oder Furcht, Reizbarkeit, Euphorie, Apathie oder staunende Ratlosigkeit, Wahrnehmungsstörungen (Illusionen oder Halluzinationen, meist optische) und flüchtige Wahnideen sind typisch, aber für die Diagnose nicht spezifisch. Der Beginn ist gewöhnlich akut, im Tagesverlauf wechselnd, die Gesamtdauer der Störung beträgt weniger als sechs Monate. Mit der vierten Stelle soll kodiert werden, ob das Delir eine Demenz überlagert oder nicht (Dilling, Mombour, Schmidt & Schulte-Markwort, 2006)
11 ICD F1 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen F10. Störungen durch Alkohol F11. Störungen durch Opioide F12. Störungen durch Cannabinoide F13. Störungen durch Sedativa oder Hypnotika F14. Störungen durch Kokain F15. Störungen durch andere Stimulanzien, einschließlich Koffein F16. Störungen durch Halluzinogene F17. Störungen durch Tabak F18. Störungen durch flüchtige Lösungsmittel F19. Störungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen
12 .3 Entzugssyndrom Es handelt sich um eine Gruppe von Symptomen unterschiedlicher Zusammensetzung und Schwere nach absolutem oder relativem Entzug einer psychotropen Substanz, die anhaltend konsumiert worden ist. Beginn und Verlauf des Entzugssyndroms sind zeitlich begrenzt und abhängig von der Substanzart und der Dosis, die unmittelbar vor der Beendigung oder Reduktion des Konsums verwendet worden ist. Das Entzugssyndrom kann durch symptomatische Krampfanfälle kompliziert werden..4 Entzugssyndrom mit Delir Ein Zustandsbild, bei dem das Entzugssyndrom (siehe vierte Stelle.3) durch ein Delir, (siehe Kriterien für F05.) kompliziert wird. Symptomatische Krampfanfälle können ebenfalls auftreten. Wenn organische Faktoren eine beträchtliche Rolle in der Ätiologie spielen, sollte das Zustandsbild unter F05.8 klassifiziert werden. Delirium tremens (alkoholbedingt) (Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information DIMDI, 2007)
13 Vergleich ICD und DSM ICD strenger, diagnostische Kriterien, geringere Sensitivität (mehr falsch Negative) Bei DSM- Kriterien Anwendung Screening notwendig da keine diagnostischen Kriterien angegeben
14 Hyperaktives Delir Dieser Subtyp tritt am seltensten auf. Hier besteht eine quasi zweckgerichtete, unangebrachte Überaktivität, die zum Umherwandern, Suchen, Nesteln und zu verbal und physisch aggressiven Ausbrüchen führen kann. Die affektiven Reaktionen wie Wut oder Furcht lassen sich durch den negativen Stress als Reaktion auf die Halluzinationen und eingebildeten Verfolgungen erklären. Hyperaktive und furchtsame Patienten befinden sich oft in einem vegetativen Erregungszustand. Der Redefluss kann verstärkt sein. Weitere neurologische und motorische Symptome können verschiedene Bewegungs- und Koordinationsstörungen wie Ataxie, Myoklonien, Tremor, sowie verschiedene Sprach- und Sprechstörungen sein. Bei älteren Patienten kann eine Urin- und Stuhlinkontinenz auftreten. Intranet Stadtspital Triemli, Zürich, Gesamtspitalweisung, Delir/akute Verwirrtheit, Version 03, (2009), S.6/
15 Hypoaktives Delir Diese Erscheinungsform tritt beim älteren Menschen häufiger auf und wird oft verkannt (bis zu 80%) Die zweckgerichtete motorische Aktivität ist herabgesetzt und zeigt sich in verlangsamten, verzögerten Bewegungen wie auch in ebensolchem Sprechen. Die Patienten erscheinen apathisch und zeigen wenig affektive Reaktionen, obwohl sie sich in einem Zustand starken Leidens befinden können. Intranet Stadtspital Triemli, Zürich, Gesamtspitalweisung, Delir/akute Verwirrtheit, Version 03, (2009), S.6/
16 Gemischtes Delir Anteile von hyperaktiven und hypoaktiven Phasen
17 Epidemiologie Häufigkeit 1-2% 14% älter als 85 Jahre 30% aller älteren Patienten 10-40% der älteren hospitalisierten Patienten Hospitalisation: Notfallabteilung 14-24%, postoperativ 15-53%, intensiv 70-80% 20-25% der jährlichen Hospitalisationen Häufigste Komplikation bei Hospitalisationen Mortalität verdoppelt
18 Epidemiologie Delir verlängert Intensivpflicht Unterdiagnostiziert Dauer Wochen bis Monate, länger eher bei Älteren EEG: Verlangsamung Pathomechanismen: Cholinerges Defizit, Dopamin, Cytokine, Stresscortisolismus, Noradrenalin, Serotonin, GABA, Glutamat, Melatonin BMJ Assessment of Delirium
19 Epidemiologie Angaben schwanken wg. diagnostischer Unsicherheit Hypoaktiv: eher hypoxisch, metabolisch, Anticholinergikawirkung 48% (15-71%) Hyperaktiv: eher bei Alkoholentzug, Intoxikationen, unerwünschten Arzneimittelreaktionen (13-46%) JAMA Evidence Care at the Close of Life 2010: Evidence and Experience Stephen J. McPhee, Margaret A. Winker, Michael W. Rabow, Steven Z. Pantilat, Amy J. Markowitz
20 W. 0: Hasemann et al. Screening, Assessment und Diagnostik von Delirien Pflege 2007; 2
21 Prävalenz verwirrter Patienten
22
23 Differentialdiagnosen Das Delir beim geriatrischen Patienten, Christian Walcher 2012
24 Risikofaktoren Delir vor allem Störung der Aufmerksamkeit, Reizdiskrimination vermindert, prämorbides Aufmerksamkeitsdefizit erhöht Risiko Ältere Menschen über 65 Jahre m>f Seh und Hörvermögen beeinträchtigt Prämorbide kognitive Störungen, Demenz, Depression
25 Risikofaktoren Große Operationen oder Traumata Fieber, Schock, Unterkühlung Obstipation, Schmerzen, Palliativ / Terminal In Klinik Narkose, Immobilisierung, Blasenkatheter, Fehlernährung (Gebiss), mehr als 3 neue Medikamente
26 Risikofaktoren Infektionen (Atemwege, Harnwege, gastrointestinal, Weichteile, HIV) Metabolisch (Hypoxie, Elektrolyte, Hyper-, Hypoglykämie) Schwere körperliche Krankheit, neoplastisch, Organinsuffizienz (Lunge, Herz, Leber, Nieren), selten Porphyrie, Karzinoid Vaskulär (Herzinsuffizienz, TIA / Stroke, Thrombose, Embolie) Endokrine Störungen (Diabetes mellitus, M.Cushing, Thyreotoxikose)
27 Risikofaktoren Poly Pharmakotherapie (PRISCUS Liste für Ältere/, Medikamenten NW) Flüssigkeitsmangel, Mangelernährung Vitaminmangel (B1, B6, B12, Folsäure) Toxisch/medikamentös (z.b. Alkohol, Barbiturate, Opiate, Benzodiazepine, Kortikosteroide, Antidepressiva, Anticholinergika) Substanzabhängigkeit vor allem Alkohol und Benzodiazepine Entzugssyndrome (Alkohol, Barbiturate, Sedativa, Hypnotika)
28 Risikofaktoren Medikamente Zentral anticholinerg Analgetika, Antihistaminika, Antiparkinsonmittel (z.b. Amantadin), Antibiotika, Anticholinergika, Antiarrhythmika, Antikonvulsiva, atypische Antipsychotika, Antidepressiva (z.b. Amitriptylin) Mögliche Hyponatriämie Antidepressiva, Antikonvulsiva, Antipsychotika Serotonerg Antidepressiva Dopaminerg Dopaminagonisten, L- Dopa
29 Pathophysiologie Störung des Gleichgewichts der Neurotransmitter Störung der cholinergen Übertragung (z.b. Anticholinergika) Relativer Dopaminüberschuss kann Delir vorausgehen, Dopaminantagonisten verbessern Delir Hyperaktiv Dopaminexzess Hypoaktiv Dopaminmangel Im Alter Verlust an Acetylcholin, bei Demenz pathologischer Verlust Zerebrale Minderperfusion Inflammation Stress, Hypercortisolismus
30 Pathophysiologie PD Dr. med. Thomas Münzer Chefarzt Geriatrische Klinik St. Gallen,
31 Diagnostik In erster Linie klinisch Basale kognitive Funktionen prüfen Fremdanamnese und/oder Vorbefunde prämorbides kognitives Funktionsniveau Quantifizierung der Bewusstseinslage GCS Mehrfach täglich klinisches Bild erfassen Alle Screening und Assessmentinstrumente basieren auf DSM- Kriterien Screening ab 65 Jahren aller Pat., da sonst hypoaktive Delirien leicht übersehen werden können, proaktiv bedeutet Prävention und Früherkennung und -behandlung Hypoaktives Delir am besten erkannt unter Einsatz eines Screeninginstruments z.b. DOS
32 Instrumente zur Delirdiagnostik Instruments for assessment of arousability of the patient RASS[9] Instruments for screening for premorbid cognitive disturbances IQCODE[10,11] Screening instruments NEECHAM Confusion Scale[12] Nursing Delirium Screening Scale[13] Delirium Observation Screening Scale/Delirium Observation Scale[14,15] Intensive care delirium screening checklist[16] Pediatric Anesthesia Emergence Delirium scale[17] Global Attentiveness Rating[18] Diagnostic instruments Delirium Symptom Interview[19] Saskatoon Delirium Checklist[20] Delirium Rating Scale-revised version[21] Memorial Delirium Assessment Scale[22] Confusion Assessment Method[23] CAM-ICU[24,25] Paediatrics CAM-ICU[26] Clinical Assessment of Confusion - A and B[27,28]
33 Instrumente zur Delirdiagnostik Instruments for assessment of cognitive symptoms only Mini Mental Status Examination[35] Cognitive Test for Delirium[36,37] Clock Drawing test[38] Digit Span Test[39,40] Vigilance A Test[40] Mental state Questionnaire[41,42] Short Portable Mental Status Questionnaire[43] Motor symptoms Delirium Motor Checklist, Delirium Motor Symptom Scale[44,45] Richmond Agitation and Sedation Scale[9] Motoric items of Delirium Rating Scale, Delirium Rating Scale-Revised-98, Memorial Delirium Assessment Scale[21,22,29] Etiology, risk factors Delirium Etiology Checklist[46] Distress with delirium experience Delirium Experience Questionnaire[47] World Journal of Psychiatry, Sandeep, Natasha, 22; 2(4):58-60, 2012
34 Instrumente zur Delirdiagnostik Instruments for Assessment of severity of delirium Delirium Rating Scale[29] Delirium Rating Scale-Revised-98[21] Confusion Assessment Method[23] Confusion Assessment Method for Intensive Care Unit assessment tool[24,25] Delirium-O-Meter[30] Delirium Index[31] Memorial Delirium Assessment Scale[22] Confusional State Evaluation Scale[32] Delirium Assessment Scale[33] Delirium Severity Scale[34]
35 RASS ICU Weckbarkeit
36 Delirium Observation Screening Scale (DOS) Beobachtung, Screening
37 DOS Screening DOS (Schuurmans 2003) Beobachtung, sehr rasch anwendbar bei Anstieg des Scores um ab 3 Punkten Intervention Demenz: oft 3-4 Punkte, wenn weiterer Anstieg evtl. beginnendes Delir
38 ICDSC (Bergeron, 2001) Screening, Beobachtung
39 CAM Diagnosestellung, Schweregrad Das von Inouye et al. (1990) entwickelte Assessmentinstrument Confusion Assessment Method (CAM) ist der Goldstandard und zählt zu den am weitesten verbreiteten Delirskalen Dieses erfordert ein strukturiertes Interview, z.b. den Mental Status Questionnaire (Kahn et al., 1960) oder den Mini-Mental-Status (Folstein et al., 1975)
40
41 CAM Diagnosestellung mittels CAM benötigt Interview, z.b. MMS, dauert länger als DOS (Screening) Schweregrad und Verlauf von Delir mittels CAM-ICU für Beatmete, darum vorher Screening sinnvoll CAM: akuter Beginn (Fremdanamnese) und/oder fluktuierender Verlauf (Beobachtung), Aufmerksamkeitsstörung und formale Denkstörung oder veränderte Bewusstseinslage wenn 1a und 1b und 2 und 3 oder 4 dann sicheres Delir, wenn 1a oder 1b und 2 und 3 oder 4 dann wahrscheinliches Delir
42 MDAS Diagnosestellung Schweregrad Motorik
43 Delirium Rating Scale Trzepacz Items >18 Delir Diagnose Schweregrad
44 Prävention Vermeidung von Stress- Schmerzmanagement, Bezugspflege, Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit mit Seh- und Hörhilfen, Vermeiden von Zimmer- und Stationswechseln Malnutrition- Essprotokolle, Zusatznahrung Infektionen- Pneumonie-, Dekubituspropylaxe, vermeiden von Dauerkathetern
45 Prävention Behandlung von metabolischen Entgleisungen, Ausgleich von Elektrolytstörungen, Flüssigkeits-, Vitaminmangel Therapie von neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen Verhaltensmaßnahmen, die die Orientierung des Patienten erleichtern (Cochrane Database Syst Rev, 2001)
46 Prävention Kognitiv stimulierende Tätigkeiten (z.b. Puzzle, Kartenspiel, Brettspiel) und körperliche Aktivität (Kolanowski et al., 2010, Aging ment health) Hobbies und Interessen fördern Vertraute Gegenstände zur Verfügung stellen, mit Photos umgeben
47 Therapie Evidenzbasierte Prophylaxe und Therapie Auch in Palliativsituation behandelbar Frühe Behandlung: Diagnostisch Ursachensuche z.b. Infekt, Harnverhalt Behandlung der Ursache z.b. Antibiose und der Delirsymptome
48 Nicht- medikamentöse Therapie Umgebungsreize wichtigster Faktor für Bildung von Neuronen und Synapsen Orientierungs Förderung (verbal, Kalender, Uhren, Tageszeitungen etc.) Umgebungsgestaltung (Kommunikation, Aufklärung, Lichtgestaltung, Nachtlicht, Lärmreduktion, vermeiden vieler Menschen im gleichen Raum, Mobilisation, Reduktion freiheitseinschränkender Maßnahmen)
49 Nicht- medikamentöse Therapie Visuelle und auditive Hilfen (Brille, Hörgerät) Gefahren Reduktion (Gegenstände f. Eigen oder Fremdgefährdung ) Patienten Begleitung (Empathie, Sitzwache, Angehörige) Bezugspersonenpflege, Gespräch mit dem Patienten, nicht über ihn, Validation bei Demenz Ausreichender Schlaf Cave: Schlaf Unterbrechung
50 Nicht- medikamentöse Therapie Klare, einfache, repetitive Kommunikation, Fremdsprachlichkeit? Bewegungsdrang nachgeben Basis ADL Training, One task at a time (
51 Medikamentöse Therapie Im differentialdiagnostischen Zweifel wie Delir behandeln Neuroleptika In erster Linie Haldol (auch Atypika z.b. Seroquel) Cave EPS Benzodiazepine V.a. bei Alkohol Sedativaentzug Kombination mit Neuroleptika Cave Atemdepression, Muskelrelaxation Für Effekt von Donepezil gibt es keine Evidenz (Overshott R. et al., Cochrane Collaboration, 2009)
52 Therapie Dopaminüberschuss (kann auch relativ sein): Nesteln, motorische Unruhe, Halluzinationen (Haldol, Quetiapin, Absetzen anticholinerger Medikamente)
53 Zusammenfassung Definition Störung des Bewusstseins, der Aufmerksamkeit, der Wahrnehmung, des Denkens, der Orientierung, der Sprache, des Gedächtnisses, der Psychomotorik, der Emotionalität und des Schlaf Wach Rhythmus Nicht besser durch z. B. Demenz oder Koma erklärbar Entwicklung innerhalb kurzer Zeitspanne (Stunden oder Tage) und Fluktuation im Tagesverlauf Verursachung durch medizinischen Krankheitsfaktor
54 Zusammenfassung Differentialdiagnosen Delir Plötzlich, fluktuierend Bewusstsein, Aufmerksamkeit, Psychomotorik beeinträchtigt, Tremor, Koordinationsstörungen, optische Halluzinationen, Suggestibilität Demenz Langsame Entwicklung, 24h Verlauf gleichmässiger (Sundowning) Bewusstsein, Aufmerksamkeit, Psychomotorik meist intakt, beeinträchtigte Wortfindung, selten Halluzinationen, Illusionen Psychose Rasche Entwicklung, 24h Verlauf gleichmässiger Bewusstsein ungestört, Aufmerksamkeit wechselnd, Psychomotorik kann auffällig sein, Halluzinationen akustisch Depression Entwicklung in Monaten, Leistungsschwankung bei Aufgaben gleichen Schweregrads DD hypoaktives Delir, Klagsamkeit, Grübelzwang, Suizidgedanken, Antriebsmangel, psychomotorische Verlangsamung, gute Alltagskompetenz, schlechte Tests, keine Desorientierung, Besserung auf AD und Psychotherapie, keine Fluktuation (Morgentief), Stimmungstief
55 Zusammenfassung Erfassungsinstrumente Weckbarkeit Richmond Agitation and Sedation Scale (RASS) Delirscreening Delirium Observation Scale (DOS) Intensive Care Delirium Screening Checklist (ICDSC) Delirdiagnose Confusion Assessment Method (CAM, CAM-ICU) Schweregrad Memorial Delirium Assessment Scale (MDAS) Schweregrad Delirium rating scale (DRS) Schweregrad
56 Zusammenfassung Prävention Sinnesorgane Kognitive Stimulation Bewegung Vertraute Umgebung, keine Ortswechsel Vermeiden von Stress Ernährung Behandlung somatischer Komplikationen
57 Zusammenfassung Therapie nicht- medikamentös Förderung der Orientierung Klare Kommunikation, Begleitung Gefahrenreduktion Ausreichender Schlaf, Schlaf- Wach- Rhythmus Bewegung und Selbständigkeit fördern
58 Zusammenfassung Therapie medikamentös Bei Dopaminüberschuss Haldol Quetiapin Bei Acetylcholinmangel Absetzen cholinerger Medikamente Benzodiazepine vor allem bei Alkoholentzug
59 Fazit Delir weit verbreiteter Notfall bei Älteren Nach Delir für Monate Risiko erhöht für erneutes Delir Auch nach mehreren Jahren Outcome (Tod, Institutionalisierung, Demenz) schlechter nach Delir Prädisponierende Faktoren nicht alleine erklärend (Alter, Geschlecht, komorbide Erkrankungen, Demenz) Outcome auch ohne diese Faktoren mindestens so schlecht wie mit
60 Fazit Schwere Erkrankung mit ungünstigem Outcome Rasches Erkennen und Behandeln des Delirs Outcome dennoch wenig beeinflussbar Delirvermeidung essentiell Erkennen von Risikosituationen notwendig Risiko für Delir multifaktoriell
61 Vielen Dank für die Aufmerksamkeit
62 Fallbeispiel 1 Herr W.B., 77 J. Im Januar 2014 nach Angaben des ambulant behandelnden Psychiaters und der Lebenspartnerin Entwicklung von Unruhe, Anspannung, Kommunikation mit nicht im Raum anwesenden Personen, nächtliche Unruhe, zunehmende Unselbständigkeit Medikation Ludiomil (Maprotilin), Mianserin, Dormicum bis Januar 2014, trotz Ausschleichen Persistenz der Symptomatik
63 Fallbeispiel 1 Aufnahme im Juni 2014 Rufen, Schreien, zeitweise aggressive Abwehr pflegerischer Massnahmen und der Nahrungsaufnahme, zeitweise apathischer Rückzug, kurze Reaktion auf Ansprache und Wegdriften der Aufmerksamkeit Laborparameter weitgehend unauffällig Im MRT Neurokranium frontal betonte Atrophie
64 Fallbeispiel 1 3 Monate stationär Tagesstruktur, Physiotherapie, Aktivierung Medikation: Haloperidol, Quetiapin ohne deutliche Wirkung Unter Risperidon Verbesserung der deliranten Symptomatik, allmählich wieder Teilnahme am Stationsalltag, aber kognitive Verschlechterung im Vergleich zum prämorbiden Niveau Verlegung ins APH möglich Prolongiertes gemischtes Delir mit Wechsel von hyper- und hypoaktiven Phasen RF anticholinerge Medikation, Benzodiazepinabhängigkeit (in der Vorgeschichte Alkoholabhängigkeit)
65 Fallbeispiel 2 Herr P.C., 82 J. Ehefrau leidet unter dementiellem Syndrom, lebt im APH, Sturz zu Hause mit Handgelenksfraktur Im August 2014 Umzug von zu Hause ins selbe APH, dort massive Unruhe mit Schreien, Lachen, Singen, laut Tochter fluktuierender Verlauf
66 Fallbeispiel2 Stationäre Aufnahme Rasch abklingende Symptomatik ohne neuroleptische Medikation Bei Bedarf bei Unruhe Gabe von Lorazepam
67 Fallbeispiel 2 Zu Hause hatte Alkoholkonsum bestanden, im APH ist von einem Entzug auszugehen, dieser fand ohne Substitution statt Abklingen der massiven Symptomatik innerhalb zwei Wochen Hyperaktives Delir RF prämorbide dementielle Entwicklung, Ortswechsel, Alkoholentzug
68 Fallbeispiel 3 Frau M.N., 87 J. Verlust des Ehemanns vor einem Jahr, der an einem dementiellen Syndrom gelitten und den die Patientin gepflegt hatte, weitgehend selbständig in ihrer Wohnung Schon während Erkrankung des Ehemanns Gedächtnisprobleme Nun Entwicklung von Misstrauen, paranoiden Ideen, Tag- Nacht- Umkehr, optischen Halluzinationen, ist in der Nacht umtriebig, klingelt bei den Nachbarn mehrfach an die Tür, weil sie Angst vor Einbrechern und Diebstahl habe
69 Fallbeispiel 3 Kein Alkohol, keine regelmässigen Medikamente, gelegentlich Torem Zu Beginn Gabe von Risperidon, später Valproat und Lorazepam Entlassmedikation Ebixa, Seroquel, Risperidon Allmähliches Wiedererlangen des Realitätsbezugs Platzierung wegen Progredienz der Defizite
70 Fallbeispiel 3 Ehemann verstorben, keine Kinder, kaum Kontakte, dementielle Entwicklung Hyperaktives Delir RF Deprivation bei dementieller Entwicklung
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