Herzinsuffizienz. Dr. med. P. Anabitarte Leitender Arzt Kardiologie, KSA. Scriptnummer afsain 2014
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1 Herzinsuffizienz Scriptnummer 0405 Dr. med. P. Anabitarte Leitender Arzt Kardiologie, KSA afsain 2014
2 Herzinsuffizienz: - wichtige volkswirtschaftliche Bedeutung, verursacht hohe Kosten bis 1.9% der gesamten Gesundheitskosten
3 Häufigkeit der Herzinsuffizienz - Prävalenz: 20/1000 Einwohner /1000 Einwohner (ab 75 LJ) - CH: ca Patienten
4 Herzinsuffizienz: schlechte Prognose % Mortalität innerhalb 5 Jahre nach Diagnose - Herzinsuffizienz hat eine schlechter Prognose als viele maligne Erkrankungen 3 Monate nach Spitalentlassung müssen 29-47% der Patienten re-hospitalisiert werden! (höchste aller Re-Hospitalisationsraten)
5 Herzinsuffizienz Definition (früher/alt): Unfähigkeit des Herzens, die vom Körper benötigte Blutmenge resp. Herzzeitvolumen (bei normalem enddiastolischem Ventrikeldruck) zu fördern. Pumpleistung des Herzens: Stroke volume (SV): Cardiac output (CO): Cardiac index: ml/Kontraktion 3-7 l/min L/min/m²
6 Klinische Definition (ESC 2008) Typische Symptome + Typische Zeichen + Objektive Befunde einer Herzkrankheit (z.b. in Echokardiographie, BNP)
7 Typ. Symptome einer Herzinsuffizienz + Typ. Zeichen der Herzinsuffizienz + Objektive Befunde einer Herzkrankheit (z.b. in Echokardiographie/BNP)
8 Kompensationsmechanismen bei Herzinsuffizienz 1. Herz: - Frank-Starling-Mechanismus (Kraft-Spannungs-Beziehung) - Bowditch-Effekt (Kraft-Frequenz) - Hypertrophie des Herzens (resp. Dilatation/Remodeling) 2. Autonomes Nervensystem: - sympatho-adrenerge Aktivierung - Reduzierte Vagus-Aktivität 3. Hormonelle Aktivierung: - Renin-Angiotensin-Aldosteron-System - Vasopressin (antidiuret. Hormon) - Katecholamine - Natriuret. Peptide (u.a. BNP) Neuro-endokrine Aktivierung (2.+3.)
9 Kompensationsmechanismen bei Herzinsuffizienz: Herzhypertrophie (1)
10 Kompensationsmechanismen bei Herzinsuffizienz: Neuroendokrine Aktivierung (2) 1. Aktivierung des sympathischen Nervensystems Die Ausschüttung von Katecholaminen Steigerung der Herzfrequenz und der Kontraktionskraft. Mit zunehmender Herzinsuffizienz steigt der Plasma-Noradrenalinspiegel und korreliert mit einer Prognoseverschlechterung. Gleichzeitig vermindert sich die Zahl der kardialen Betarezeptoren (Downregulation). Die Katecholaminen wirken am Herzen weniger, erhöhen aber den peripheren Widerstand und damit die sog. Nachtlast! 2. Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS): Angiotensin II > Vasokonstriktion > Erhöhung der Nachlast Aldosteron > Natrium und Wasserretention > der Erhöhung der Vorlast
11 3. Vasopressin (ADH)-Aktivierung > Wasserretention 4. Freisetzung von kardialen Gewebshormonen ANP( = atriales natriuretisches Peptid) und BNP (bnatriuretic Peptid) infolge Dehnung der Vorhöfe (ANP) und/oder der Kammern (BNP). Beide Hormone wirken vasodilatatorisch und natriuretischdiuretisch. Mit zunehmender Herzinsuffizienz steigt der Spiegel beider Hormone an.
12 Kompensationsmechanismen
13 Beachte: Die am Anfang hilfreichen Kompensationsmechanismen verschlechterten im weiteren Verlauf die Herzinsuffizienz. Die Verbesserung der hämodynamischen Situation in der ersten Phase durch die Kompensationsmechanismen führt langfristig zu einer Verschlechterung dieser. Die medikamentöse Therapie der chronischen Herzinsuffizienz zielt (u.a.) auf eine Unterbrechung der Kompensationsmechanismen.
14 Einteilung Zeitliches Auftreten: - Akute Herzinsuffizienz - Chronische Herzinsuffizienz Nach klinischen Kriterien: - Linksherzinsuffizienz - Rechtsherzinsuffizienz - Globale Herzinsuffizienz ( biventrikulär) Nach zeitlichem Auftreten in der Herzphase: - Systolische Herzinsuffizienz - Diastolische Herzinsuffizienz
15 Herzinsuffizienz: Zugrunde liegende Erkrankungen Koronare Herzkrankheit 60-70% Hypertensive Herzkrankheit (art. Hypertonie) 20-30% Herzklappenerkrankungen (Stenose, Insuffizienz) 3-10% Herzmuskelentzündungen (Myokarditis), 5-10% Kardiomyopathien (HCM, DCM, ARVC u.a.) Speicherkrankheiten (Hämochromatose u.a.) Angeborene Herzfehler 1-2 % Quelle: Schweiz. Herzstiftung
16 Gesundes Herz: - Normale Kontraktion (Systole) - Normale Füllung (Diastole) - Gesunde Klappen - Normaler Herzrhythmus
17 Aorteninsuffizienz (Volumenbelastung des linken Ventrikels) Myokardinfarkt mit Thrombus, Perikard und Pleuraerguss (Kontaktionsschwäche des linken Ventrikel, systol. Herzinsuffizienz, Behinderung der Ventrikelfüllung durch Perikarderguss, diastol. Herzinsuffizienz)
18 ESC 2008
19 Klassifikation der Herzinsuffizienz NYHA = New York Heart Association
20 Klinik der Herzinsuffizienz 1. Linksherzinsuffizienz:
21 Klinik der Herzinsuffizienz - Rückwärtsversagen, Lungenstauung (Lungenödem) : - Dyspnoe (am Anfang Belastungsdyspnoe, im weiteren Verlaufe auch Ruhedyspnoe) - Orthopnoe (= Dyspnoe im Liegen, die durch Aufsetzen gebessert wird) - Paroxysmale nächtliche Dypsnoe (sehr spezifisch) - Asthma cardiale : Nächtlicher Husten und anfallsweise Orthopnoe - Zyanose (pulmonale Funktionsstörung und vermehrte Sauerstoffausschöpfung in der Peripherie) - Vorwärtsversagen ( Low output ): - Leistungsminderung, allgemeine Schwäche, Müdigkeit - zerebrale Funktionsstörung (vor allem bei älteren Patienten) - Nierenfunktionsstörung (prärenale Niereninsuffizienz)
22 Klinik der Herzinsuffizienz 2. Rechtsherzinsuffizienz
23 Klinik der Herzinsuffizienz - Venenstauung (Halsvenen, Venen am Zungengrund) - Oedeme: Am Anfang treten die Oedeme nur am Abend auf. In einem fortgeschrittenen Stadium findet man sie permanent. Anasarka = Oedeme am ganzen Körperstamm - Stauungsleber: vergrößerte, allenfalls schmerzhafte Leber. Im Labor findet man eine Erhöhung der Leberwerte. Bei lang anhaltender Rechtsherzinsuffizienz kann sich eine kardiale Leberzirrhose" mit Ascites (Flüssigkeit im Abdomen ) entwickeln. - Stauungsgastritis: Appetitlosigkeit, Meteorismus, selten Malabsorption, kardiale Kachexie. Gewichtszunahme von mehreren Kilogramm (resp. Liter) möglich Achtung: Medikamente per os werden schlechter resorbiert!
24 Klinik der Herzinsuffizienz 3. gemeinsame Symptome von Linksherzinsuffizienz und Rechtsherzinsuffizienz - Nykturie (gesteigerte nächtliche Diurese durch Rückresorption von Oedemen) - gesteigerte Aktivität des sympathischen Nervensystems: Tachykardie, Unruhe... - Pleuraergüsse (Stauungstransudate) sind häufiger rechts als links (negativer intrapleurale Druck rechts > links).
25 Komplikationen bei Patienten mit Herzinsuffizienz: - Rhythmusstörungen Das Risiko eines plötzlichen Herztodes (resp. letaler Rhythmusstörungen) korreliert eng mit dem Schweregrad der Herzinsuffizienz und der linksventrikulären Funktion. - Kardiogener Schock - Thrombosen (Strömungsverlangsamung, Immobilisation) mit der Gefahr von Lungenembolien
26 Diagnose der Herzinsuffizienz 1. Anamnese 2. Klinische Untersuchung 3. EKG 4. Labor 5. Röntgen Thorax in 2 Ebenen 6. Echokardiographie 7. Herzkatheteruntersuchung, SPECT, MRI u.a.
27 Diagnose der Herzinsuffizienz 1. Anamnese Wichtige Kriterien Orthopnoe Paroxsmale nächtliche Dyspnoe Progressive Belastungsdyspnoe Nebenkriterien Auftreten von Oedemen Müdigkeit Leistungseinbusse Problem: - Lungenerkrankungen - Niereninsuffizienz
28 2. Klinische Untersuchung - Vitalparameter! - Verbreiterter Herzspitzenstoss - 3. Herzton - Herzgeräusch (Klappenvitium) - Gestaute Halsvenen - Diskont. Nebengeräsuche pulmonal ( RGs ) - Oedeme - Problem: - Adipositas
29 3. EKG Normal Bradykardie/Tachykardie Ischämie, Infarkt
30 4. Labor BNP / Nt-Pro BNP: - korreliert mit dem Schweregrad der Herzinsuffizienz - Überprüfung des Therapieerfolges ist möglich - hohe diagnostische Wertigkeit bei unklarer Dyspnoe Nierenfunktion (Elektrolyte, Kreatinin), Blutbild
31 5. Röntgen Thorax in 2 Ebenen (wenn möglich stehend!)
32 6. Echokardiographie Jeder Patient mit der Diagnose Herzinsuffizienz braucht eine Echokardiographie
33 Echokardiographie - Nachweis vergrößerter Herzhöhlen (Hypertrophie, Dilatation) - Bestimmung der Herzfunktion - Systolische Funktion: LVEF (normal > 55%, < 30% schwer eingeschränkt) - Diastolische Dysfunktion Grad I-IV - Bestimmung des pulmonal-arteriellen Druckes (PAPs) - Hinweise zur Aetiologie der Herzinsuffizienz: z. B. Klappenerkrankungen z. B. Störungen der Ventrikelwandbewegung nach Herzinfarkten z. B. Perikarderguss
34 7. Invasive Diagnostik (Herzkatheteruntersuchung) Rechtsherzkatheter - Messung von Druckwerten: Wegde Druck; Pulmolisdruck u.a. - Berechnung der Hämodynamik: Widerstände Linksherzkatheter - Koronarangiographie zur Abklärung der Ursache der Herzinsuffizienz (KHK?) - Bestimmung der Ventrikelfunktion Normwerte in Ruhe: - Linksventrikulärer enddiastolischer Druck: 5 bis 12 mmhg - Pulmonalkapillardruck (wegde Druck): < 15 mmhg - Zentralvenöser Druck (ZVD): 4 bis 10cm H2O - Berechnung des Herzminutenvolumens: > 2.5 l/min/qm/koef - Berechnung der linksventrikulären Auswurffraktion
35 Differentialdiagnose der Herzinsuffizienz: 1. Dyspnoe nicht kardialer Genese Lungenerkrankung, Lungenembolien, Pneumothorax, 2. Oedeme nicht kardialer Genese Hypoalbuminämie, Entzündung, Lymphödeme 3. Nykturie nicht kardialer Genese Blasenentzündung, Prostataerkrankung 4. Halsvenenstauung nicht kardialer Genese obere Einflussstauung (Tumor) 5. Pleuraergüsse nicht kardialer Genese Malignom, Infektion, Trauma 6. Lungenödem nicht kardialer Genese Allergie (anaphylaktischer Schock), toxisch (Reizgas); Postexpansionsödem (zu rasche Abpunktion von Pleuraerguss) Überwässerung bei Niereninsuffizienz 7. Schock nicht kardialer Genese hypovolämischer Schock (Blutung) Sepsis, anaphylaktischer Schock u.a.
36 Therapie der akuten Herzinsuffizienz - Sauerstoffgabe (art. Sättigung > 95%; COPD > 90%) - Nicht-invasive Beatmung mit positiven end-expiratorischem Druck (PEEP) frühzeitig bei akutem kardiogenem Lungenödem Cave: kardiogener Schock - Analgo-Sedation (z.b. Morphin), v.a. bei Unruhe, Angst, Angina pectoris - Vasodilatoren im Frühstadium der akuten Herzinsuffizienz - Positiv inotrope Substanzen bei Patienten mit Low-Output (Vorwärtsversagen) - Schleifendiuretika zur Regulation des Volumenstatus Pocket-Leitlinien DGK/ESC 2009
37
38 Milrinone: Corotrop ; Levosimedan: Simdax ESC Richtlinien 2008
39 ÜBERGANG ZUR CHRON. HERZINSUFFIZIENZ- THERAPIE
40 Therapie der chronischen Herzinsuffizienz Pocket-Leitlinien DGK/ESC 2009
41 1. Nicht-medikamentöse Therapie 2. Pharmakologische Therapie 3. Operative Möglichkeiten 4. Rehabilitation
42 1. Nicht-medikamentöse Therapie Aufklärung: - Krankheit und Therapie verstehen - Symptome erkennen und Konsequenzen ziehen (z.b. Gewichtszunahme) Lebensstil Herzinsuffizienz-Beratung: herzinsuffizienz@ksa.ch, Tel. intern 6376
43 Pocket-Leitlinien DGK/ESC 2009
44 Gründe wiederholter Hospitalisationen: Versagen der nicht-medikamentösen Therapie Vermeidbare Ursachen - Compliance - Salz / Flüssigkeitszufuhr - inadäquate med. Therapie bedingt vermeidbare Ursachen - Hypertonie - Ischämie (KHK) - Arrhythmien - andere Erkrankungen - Elektrolytentgleisungen
45 2. Pharmakologischen Therapie
46
47 Medikamente ACE Hemmer (Zestril, Reniten, Triatec) NYHA I II III IV Anzahl behandelte Patienten pro Jahr um ein Todesfall zu verhindern SOLVD SAVE AIRE CONSENSUS
48 Herzinsuffizienz: Überleben mit ACE-Hemmer Placebo Todeswahrscheinlichkeit p< p< Enalapril CONSENSUS N Engl J Med 1987;316: Monate
49 Medikamente: AT II Antagonisten (Cosaar, Atacand, Diovan) Kein Unterschied zu ACE Hemmer - besser verträglich (Reizhusten: 5% unter ACE-Hemmer) - Preis Nur 66-75% Patienten erhalten ACE-Hemmer 80% ACE Hemmer zu niedrig dosiert
50 Medikamente Diuretika Pocket-Leitlinien DGK/ESC 2009
51 Spironolactone (Aldactone) - Aldosteronantagonist ( kaliumsparendes Diuretikum) - Indikation: sekundäre Hyperaldosteronismus bei Herzinsuffizienz - beeinflusst Symptome unwesentlich - verbessert Prognose - tiefe Dosis genügend: 25mg tgl. - Cave: - Hyperkaliämie bei Niereninsuffizienz NEJM 1999; 341:709-17
52 Betablocker
53 Betablocker Praktische Hinweise - Nebenwirkungen v.a. am Anfang - Symptomatische Besserung erst nach 2-3 Monaten. - Patienten NYHA II IV - kein Medikament in der akuten Phase
54 Medikamente: Digoxin Studien: DIG RADIANCE PROVED -Digoxin verbessert Symptomatik (NYHA III IV) -Digoxin vermindert Hospitalisationsrate -Digoxin hat keinen Einfluss auf die Mortalität - Reservemedikament Nebenwirkungen: Übelkeit, Arrhythmien,...
55 Antikoagulation (Marcoumar) Orale Antikoagulation - Vorhofflimmern - Thrombus nach Myokardinfarkt - ggf. 3-6 Monate prophylaktisch nach grossem Vorderwandinfarkt - nicht grundsätzlich (!) bei Herzinsuffizienz mit schwer eingeschränkter LV-Funktion
56 3. Operative Möglichkeiten - Klappenoperationen (Rekonstruktion, Ersatz): kausal! - Revaskularisation (ACBP, PTCA) - Schrittmacher resp. Resynchronisationstherapie (CRT) - Herztransplantation
57 Resynchronisationstherapie (CRT) Klappenersatz (Bsp.: mechanisch)
58 Algorhythmus Herzinsuffizienz ESC 2012
59 4. Rehabilitation
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